Professor Zamorra 1301 - Thilo Schwichtenberg - E-Book

Professor Zamorra 1301 E-Book

Thilo Schwichtenberg

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Beschreibung

Erneut stand da jemand im Weiß. Eine Gestalt? Etwas Schattiges, Schwarzes? Es machte ihm Angst.
"Wer bist du?", fragte er die finstere Gestalt.
"Erkennst du mich nicht?", fragte das Fremde.
Er stutzte, denn die Stimme war nur in seinem Kopf.
"Nein", antwortete er grübelnd. "Ich habe keine Ahnung, wer du sein könntest." Und gerade das machte ihm erneut eine Heidenangst.
"Ich bin ein Meegh", antwortete die Stimme.
"Was ist ein Meegh?", fragte er. Das Angstgefühl in Zamorra wuchs. Der Begriff löste den heftigen Wunsch in ihm aus zu flüchten ...

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Inhalt

Cover

Personenliste

Die Flammenrose

Leserseite

Vorschau

Impressum

Die Hauptpersonen des Romans sind

Professor Zamorra deMontagne: Der Meister des Übersinnlichen, furchtloser Kämpfer gegen die Ausgeburten der Hölle und Wissenschaftler für parapsychologische Phänomene.

Nicole Duval: seine Sekretärin sowie Lebens- und Kampfgefährtin

Stygia: Herrin der Hölle

Kyra: eine Raub-Fyderra; obwohl sie eine Dämonin ist, lebt sie auf Château Montagne

Thomas: englischer Butler auf Château Montagne

Madame Claire: Köchin und gute Seele von Château Montagne

Teri Rheken: Silbermond-Druidin

Sara Moon: Tochter Merlins und nach dessen Tod die Herrin von Caermardhin

Lama Gyungo Tensöng: ehemaliger tibetischer Lehrmeister; von ihm erlernte Professor Zamorra vor über fünfzig Jahren den »Unsichtbarkeitstrick«; seit der Zerstörung seines Klosters wohnt der Lama auf Château Montagne

sowie: mehrere Überraschungsgäste

Die Flammenrose

von Thilo Schwichtenberg

Erneut stand da jemand im Weiß. Eine Gestalt? Etwas Schattiges, Schwarzes? Es machte ihm Angst.

»Wer bist du?«, fragte er die finstere Gestalt.

»Erkennst du mich nicht?«, fragte das Fremde.

Er stutzte, denn die Stimme war nur in seinem Kopf.

»Nein«, antwortete er grübelnd. »Ich habe keine Ahnung, wer du sein könntest.« Und gerade das machte ihm erneut eine Heidenangst.

»Ich bin ein Meegh«, antwortete die Stimme.

»Was ist ein Meegh?«, fragte er. Das Angstgefühl in Za‍m‍o‍r‍ra wuchs. Der Begriff löste den heftigen Wunsch in ihm aus zu flüchten ...

Château Montagne

Alles war grau.

Schwer drückte das Schloss auf den bewaldeten Hügel. Zu seinen Füßen kauerte die kleine Ortschaft Saint-Cyriac. Dunkle Fichten verdeckten zu großen Teilen die Wehrmauer. Etwas unterhalb schloss sich Mischwald an, durch den die asphaltgraue Serpentinenstraße führte. An den seitlichen Hängen begannen die Weinberge, die schwer und träge bis zum kaum wahrnehmbaren Band der blauschwarz schwappenden Loire hinabführten.

Nebel hockte in den jungen Rebstöcken und versuchte sein Grau in die noch kleinen Trauben zu pumpen.

Château Montagne besaß ein Haupthaus, das von zwei übermächtigen Türmen eingeengt wurde. Seitlich nach hinten flohen der Nord- sowie der Südflügel.

Vor dem Schloss befanden sich linkerhand die Garagen, die ehemaligen Pferdeställe. Vor der Eingangstreppe stand ein alter Ziehbrunnen, und davor war das Tor mit der stets heruntergelassenen Zugbrücke.

Hinter dem steinernen Palais gab es einen Pool, der momentan verwaist schien, und einen kleinen Park mit uralten knorrig-knotigen Bäumen darin.

Doch unter dem Gemäuer, da setzte sich das Grau fort. Hier begann das Reich der Stollen, Gänge, Höhlen und Tunnel, ein tristes, bisher fast gänzlich unerforschtes Labyrinth.

Lama Gyungo Tensöng saß trotz seiner fünfundachtzig Lebensjahre im Schneidersitz und hielt die Augen geschlossen. Fürwahr, das ewige leichte Lächeln, das fiel ihm dieser Tage schwer. Zu gedrückt war die Stimmung im Château. Die düstere Zukunft schien ausweglos. Das war auch für ihn neu. Nein, nicht ganz, musste er sich eingestehen, denn nach der Vernichtung seines tibetischen Klosters durch den Hungergeist hatte er sich in einer ähnlichen ausweglosen Situation befunden.

Da war ihm Professor Zamorra zu Hilfe geeilt.

Gyungo Tensöng fand auf Schloss Montagne eine neue Heimat. Und vor allen Dingen hatte er Lehrmeister bleiben dürfen. Nur waren es keine Mönche mehr, die er ausbildete, sondern Jugendliche, die mit übernatürlichen Phänomenen in Berührung gekommen waren.

Sein Zimmer erinnerte ihn an Asien. Vorherrschend waren die Farben Orange und Bordeauxrot. Im Buddhismus galt Orange als Farbe der höchsten Erleuchtung und der Weisheit, aber auch als Farbe der Ergebenheit und Askese. Er hatte sich Holz und ein paar Steine von seinem ehemaligen Kloster mitgebracht, je eine Buddha- und Padmasambhava-Figur sowie die Glocke, Ghanta genannt, die das weibliche Prinzip darstellte, und den Donnerkeil, Vajra oder Dorje genannt, der für das männliche Prinzip stand. Die beiden rituellen Instrumente wurden von den Mönchen in den Händen gehalten und in der Höhe des Herzens gekreuzt. Die Haltung symbolisierte die Vereinigung der beiden Attribute: Weg und Ziel waren eine Einheit von Yin und Yang.

Auch im Park hatte er einige tibetische Skulpturen aufstellen dürfen. Doch nicht nur das. Im kleinen Park stand, natürlich in einem großen Pflanzkübel, ein Bodhibaum. Nicole hatte ihm den Baum bei seinem Einzug geschenkt, denn der Heilige Feigenbaum war das traditionelle Symbol des Buddhismus. Laut der buddhistischen Lehre hatte Siddhartha Gautama, der erste Buddha, sein Bodhi, also sein Erwachen, unter genau solch einer Feige erlebt. Der schnell wachsende Baum hatte zügig Luftwurzeln entwickelt und trug weiche, herzförmige Blätter.

Den ganzen Sommer über stand der Heilige Feigenbaum im Freien und wurde nur in der kalten Jahreszeit in den Wintergarten gebracht.

Der Tibeter holte seine ausschweifenden Gedanken zurück und widmete sich wieder dem aktuellen Problem. Nun drehte sich die Meditation darum, wie er, Lama Gyungo Tensöng, Professor Zamorra, seinem ehemaligen Schüler und jetzigen Freund, helfen konnte, denn ... der Meister des Übersinnlichen hatte den Verstand verloren!

Dem Unglück war eine Verkettung seltsamer Umstände vorausgegangen.

Der Schlossherr wie auch Butler Thomas, der vor einiger Zeit LUZIFER in sich getragen hatte und seither die Anwesenheit des HÖLLENKAISERs spüren konnte, hatten eine Präsenz wahrgenommen, die das gesamte Château vereinnahmte.

Zamorras Partnerin, Nicole Duval, hatte sich unterdessen eingehender mit ihrem Dhyarra beschäftigt, einem Sternenstein, der seine Kräfte aus den Tiefen des Weltraums bezog.

Um die Kristalle anwenden zu können, musste der Benutzer sie mit unmittelbarem Hautkontakt berühren und eine klare, bildhafte Vorstellung von dem haben, was durch die Magie bewirkt werden sollte. Was speziell bei abstrakten Geschehnissen einer starken Konzentration und Fantasie bedurfte.

Dinge, die durch die Kraft des Dhyarras erschaffen wurden, hörten nach der Konzentration auf zu existieren. Dinge, die jedoch mittels der Kraft des Dhyarras verändert wurden, blieben hingegen so bestehen.

Warum auch immer, vielleicht aber unter dem Einfluss dieser übermächtigen Präsenz, hatte Nicole mit der Aufstockung ihres Dhyarras begonnen. Ja, eigentlich musste es so sein, schlussfolgerte der Tibeter, denn Nicole wusste sehr wohl, dass Zamorra und sie die achte Ordnung beherrschen konnten, nicht jedoch die neunte. Und wenn sie den Kristall aufstockte, konnte ihn der Meister des Übersinnlichen nicht mehr anwenden.

Um einen Dhyarra zu benutzen, bedurfte es eines entsprechenden Para-Potentials, was nicht gleichbedeutend mit Para-Fähigkeiten oder magischen Kräften war. Ein zu starker Kristall brannte dem Nutzer geradezu das Gehirn aus und tötete ihn – günstigenfalls. Schlimmer jedoch war unheilbarer Wahnsinn.

Mit der ersten Ordnung konnte mühelos ein Sack Zement mehrere Etagen nach oben gehoben werden. Mit der dreizehnten Ordnung konnten Planeten zerstört werden.

Seit Zamorras Dhyarra in die Hände von Stygia gefallen war, mussten sich die beiden Dämonenjäger den verbliebenen Sternenstein teilen, obwohl es Nicole war, die den Kristall perfekt beherrschte und ihn deswegen meistens an einer Kette um den Hals trug. Der Parapsychologe besaß dafür Merlins Stern.

Das Amulett, die wichtigste Waffe des Meisters des Übersinnlichen, war vor etwa 1000 Jahren von Merlin dem Zauberer aus der Kraft einer entarteten Sonne geschaffen worden, indem er in Zamorras Beisein »einen Stern vom Himmel holte«.

Das Artefakt war eine handtellergroße Silberscheibe aus unbekanntem Material, die normalerweise an einer silbernen Halskette vor der Brust getragen wurde. Zur Benutzung rief man es einfach in die Hand. In der Mitte befand sich ein stilisierter Drudenfuß, der bei der Zeitschau auch als Mini-Bildschirm diente. Um ihn zog sich ein Kreis mit den Symbolen der zwölf Tierkreiszeichen. Den äußeren Rand bildete ein Silberband mit bisher unentzifferbaren hieroglyphischen Zeichen.

Lama Gyungo Tensöng öffnete einen Spalt breit die Augenlider und betrachtete die kleine vergoldete Statue des Padmasambhava. Er schaffte es nicht, sich zu konzentrieren.

Die beiden Dämonenjäger waren im Zauberzimmer gefunden worden. Nicole war bewusstlos und Zamorra saß bei ihr, ihren Kopf in seinem Schoß. Dabei summte er ein altes Kinderlied und wiegte den Oberkörper hin und her. Sie hatten in ihrer Not erst Teri Rheken und dann Sara Moon kontaktiert, wobei Letztere die beiden umgehend mit nach Caermardhin genommen hatte.

Madame Claire und Butler Thomas durften die beiden als Pflegekräfte in die Burg des mittlerweile verstorbenen Zauberers Merlin begleiten.

Inzwischen wussten die restlichen Bewohner nicht nur, dass Nicole mit der Aufstockung ihres Dhyarras begonnen hatte, sondern dass sie sie auch zu Ende führen musste. Denn sonst würde sie ein ähnliches Schicksal wie Zamorra ereilen: Sie würde vom Sternenstein geistig aufgezehrt werden.

Problematisch, oder wohl besser verständlich, dass sich Nicole dagegen wehrte und erst Zamorra helfen wollte.

Alles war ziemlich vertrackt, zumal niemand wusste, wer die Entität war, die das gesamte Château ausgefüllt hatte. Was wollte sie? Eine feindliche Invasion vorbereiten? Aber hätte dahingehend nicht längst etwas passieren müssen?

Thomas hatte davon gesprochen, dass sie LUZIFER nicht unähnlich war. Also musste ein weiteres Machtwesen auf der Bildfläche erschienen sein. War es vielleicht sogar MICHAEL? Doch der Erzengel war den Dämonenjägern bisher freundlich gesinnt gewesen. Sollte sich das jetzt geändert haben?

Musste man eigentlich beim christlichen Glauben bleiben? Oder konnte es nicht ein anderes kosmisches Machtwesen sein?

Gyungo Tensöng nickte. Seine Gedanken blieben verworren. Es brachte nichts, weiter zu spekulieren. Es brachte aber auch nichts, die verbliebenen Bewohner des Châteaus noch länger in ihrer betrübten Stimmung zu belassen. Er musste sie auf andere Gedanken bringen.

Nicole hatte es, so schlimm das auch war, am Ende selbst in der Hand, wieder zu genesen. Thomas war bei ihr. Und Gyungo Tensöng traute Thomas viel zu. Sehr viel sogar.

Bei Zamorra dagegen wusste auch der Tibeter nicht so richtig weiter.

Der Lama erhob sich, schob einen Wimpel zu Seite und betrachtete das Visofon.

Dann betätigte er die Ruf-Taste. »Ich bitte alle in die Aula des Châteaus zu kommen. Sagen wir in zehn Minuten.«

Er betrachtete noch eine Weile das Bildnis des Padmasambhava, der ehrenvoll auch Guru Rinpoche, »Kostbarer Lehrer« genannt wurde und als der wichtigste tantrisch-buddhistische Meister der Himalayaregion galt. Gyungo Tensöng nickte, lächelte dankbar für die Eingebung und begab sich zur Zusammenkunft.

Als der Tibeter die Aula betrat, tigerte Henry bereits auf und ab. Der Fünfzehnjährige war einer von zwei verbliebenen Schülern auf Château Montagne. Er besaß drei Gehirne und konnte Prozesse schneller denken als mancher Computer. Das einzige, was die Gedankengänge etwas verbiegen konnte, war seine noch nicht vollständig ausgeprägte Lebenserfahrung.

Brittany Adair, seine Freundin, die nur zu Gast auf Château Montagne war, saß auf einem Stuhl und betrachtete sorgenvoll den Freund.

Hinter Lama Gyungo Tensöng folgten Pascal und Faolan. Pascal war ein menschlicher Bibliothekar, Faolan ein ehemaliger teuflischer Archivar.

Pascal Lafitte und Professor Zamorra verband bereits eine weit über dreißigjährige Freundschaft. Doch während der Meister des Übersinnlichen von Anfang an ununterbrochen gegen die finsteren Mächte kämpfte, hatten Pascal und Nadine sich erst einmal mit der Familienplanung beschäftigt. Nun waren beide Kinder aus dem Haus und er immer mal wieder in das eine oder andere Abenteuer eingebunden.

Faolan war ein ehemaliger teuflischer Archivar, der die Seiten gewechselt und nun schon seit vielen Jahren im Château Zuflucht gefunden hatte. Er sah aus wie ein aufrecht gehender, dürrer Wolf und trug im Gegensatz zu seinen unsauberen Artgenossen ein seidig glänzendes Fell.

Kurz darauf kam Butler William in die Aula. Steif und würdevoll wie immer, obwohl sein Gesichtsausdruck sehr deutlich verriet, welche Sorgen auch er sich um die Herrschaften machte.

William, dessen vollständiger Name William James Griswood MacKenzie lautete, war schottischer Herkunft, besaß schütteres, dunkelgraues und zurückgekämmtes Haar und war bereits unglaubliche einhundertdreizehn Jahre alt, obwohl er optisch als Mittsechziger durchging. Er verdankte sein Aussehen dem Mondtau-Serum, das seinen Alterungsprozess seither sehr verzögerte.

Lama Gyungo Tensöng hieß sie alle Platz zu nehmen.

Die restlichen Bewohner des Châteaus hatten ihn zu ihrem Sprecher erwählt, ohne dass groß Federlesen daraus gemacht worden war.

Vielleicht verströmte der Lama auch eine ähnliche Aura wie der aktuelle Dalai Lama, der bis auf wenige Ausnahmen in der ganzen Welt sehr respektiert wurde.

Henry, der sich endlich neben Brittany niedergelassen hatte, stieß den rechten Arm nach oben. Dabei schnippte er mit den Fingern.

Noch bevor der Lama »Bitte« sagen konnte, sprudelte es aus dem Jungen bereits heraus: »Wir wären vollzählig, wenn Kyra ebenfalls anwesend wäre.«

»Bin ich doch!« Eine Gestalt schälte sich neben ihm aus der Unsichtbarkeit.

»Ha!«, machte der Junge und sprang auf.

»Ha!«, machte die Raub-Fyderra und blieb sitzen.

Henry hatte noch leichte Schnappatmung. Trotzdem wies er seine Nachbarin zurecht. »Seit Lucia weg ist, hast du mich als neues Opfer auserkoren. Unterlass das bitte!«

Kyra hielt ihren Kopf schräg. »Okay.« Dann wurde sie unsichtbar.

Kyra war eine Mischung aus Katze, Vogel und Mensch mit gewissen Chamäleon-Eigenschaften. Die Gliedmaßen ähnelten einer Katze und endeten in geschmeidigen gelbbraunen Hühnerkrallen. Aus Kyras Fingerspitzen konnten sich scharfe und mit Giftdrüsen besetzte Krallen drücken. Ein Katzenschwanz, den sie etwas ausfächern konnte, erschien dann wie ein prähistorischer Reptilvogelschwanz. Er konnte sogar mit dem Körper verschmelzen. Außerdem besaß die Raub-Fyderra Adlerflügel, die sie mit dem Rücken verschmelzen lassen konnte, wobei sie zusätzlich Steuerfedern an den Armen aufwies.

Sie trug ein zartes Gefieder, das seidig und metallisch zugleich schimmerte. Das Gefieder konnte sie anlegen, dann wirkte es wie eine Rüstung. Im Original schillerte es in Grün und Türkis und Blau. Doch es konnte jede beliebige Farbe annehmen, wie ein Chamäleon.

Die Augen leuchteten schwarz und saßen seitlich, sodass sie zwei geteilte Sichtbereiche besaß. Ihr Kopf war rund und glatt und besaß keine sichtbaren Ohren, wohl aber Ohrlöcher, die durch die Federn verdeckt wurden. Das winzige Kopfgefieder spross überall hervor. Einzig Nase, Mund und Kinn bildeten eine verhornte Partie. Wie ein vorgebogener Buckel mit Nasenlöchern. Oder besser: Wie ein eng an das Gesicht gelegter Vogelschnabel. Die Lippen waren verhornt. Und bei Erregung bildete sich ein Raubkatzengebiss aus.

»Ich sehe, wir sind vollständig.« Lama Gyungo Tensöng lächelte fein, auch in Richtung einer der hellen Ecken, in der sich ein Schemen befand. Raffael Bois, der verstorbene Butler, hatte sich dafür entschieden nicht ins Licht einzugehen, sondern als guter Geist des Hauses im Schloss zu bleiben. Die anderen schienen ihn in ihrer Trauer noch gar nicht mitbekommen zu haben.

Henry rutschte unruhig auf seinem Stuhl herum. Er wollte sich nicht wieder wie ein kleines Kind abspeisen lassen. Er wollte endlich helfen. Außerdem schwirrten ihm so viele Fragen im Kopf herum. »Was sagen wir eigentlich, wenn jemand Zamorra zu sehen wünscht und ihn sprechen möchte?«

Gyungo Tensöng nickte. »Das ist eine sehr gute Frage.« Bedächtig redete er weiter. »Wir werden wie immer folgendes sagen: Zamorra befindet sich auf einer Mission. Sie kann sehr lange dauern.«

»Was ja auch stimmt«, warf Kyra traurig ein.