Statt auf den großen Tag zu warten - Robert Jungk - E-Book

Statt auf den großen Tag zu warten E-Book

Robert Jungk

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Beschreibung

Das Kursbuch 217 ist ein Kursbuch über alternative Fakten. Es geht allerdings nicht darum, sich die Dinge so zurechtzulegen, wie man sie gerne hätte, nicht um fake news. Es geht um die Frage danach, ob die Dinge nicht nur anders denkbar, sondern auch anders sein können. Mit Robert Jungks Bericht aus »Zukunftswerkstätten« – ein Kursbuch-Clässix-Beitrag aus dem Kursbuch 53 aus dem Jahre 1978, wird eine interessante Kontinuität dokumentiert. Seine Zukunftswerkstätten sollten alternative Entwicklungswege beschreiten – und haben auf einen besonderen Beobachter gesetzt, auf Betroffene nämlich, die eine »Befreiung von der ›Expertokratie‹« ermöglichen sollten, um damit zu besseren Alternativen zu kommen. Der Versuch und seine Begrenzung dauern an.

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Seitenzahl: 20

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Inhalt

Robert JungkStatt auf den großen Tag zu wartenÜber das Pläneschmieden von unten. Ein Bericht aus »Zukunftswerkstätten«

Der Autor

Impressum

Robert JungkStatt auf den großen Tag zu wartenÜber das Pläneschmieden von unten. Ein Bericht aus »Zukunftswerkstätten« 1

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Die Utopie, wie wir sie bisher kennen, ist fast ausnahmslos das gedankliche Produkt Einzelner oder weniger. Auch wenn diese wenigen, wie das meist der Fall ist, das Glück der vielen entwerfen, haben eben diese vielen daran keinen unmittelbaren Anteil. Man denkt für sie, aber nicht mit ihnen, über eine andere Zukunft nach. Die »Wünsche der Bürger« werden von Eliten formuliert, die die Menschen erst nachträglich für Ideen zu gewinnen versuchen, deren Verwirklichung sie angeblich selber wollen oder wollen sollen.

Gewiss, gelegentlich werden in Parteizirkeln, auf Klubabenden, in Arbeitsgruppen Programme und Visionen diskutiert, die von den Fachleuten formuliert wurden. Aber dann sind die grundsätzlichen Entscheidungen meist schon längst gefallen. Die wichtigste Etappe auf dem Weg zu einer Gestaltung der Zukunft, der gesellschaftliche Schöpfungsakt, bleibt immer noch denen vorbehalten, die für besonders qualifiziert gehalten werden, den Planern. Die »Betroffenen« – in diesem Wort wird ihre Passivität nicht nur suggeriert, sondern auch zementiert – kommen stets zu spät zu Wort. Sie regieren nicht, sie reagieren.

Diese Vorgehensweise gilt als ganz selbstverständlich. Sie wird auch von denen praktiziert, die sich für »bürgernah« und »demokratisch« halten. Dabei sollte es sie doch beunruhigen, dass die von ihnen »zur Mitarbeit« Aufgerufenen diesen Appellen so wenig Aufmerksamkeit entgegenbringen, dass der Mann oder die Frau von der Straße oder der »Lohnabhängige«, wie die Objekte geplanter Wohltaten herablassend genannt werden, nicht hinhören wollen.

Wie könnte das auch anders sein? Die geistige Vorbereitungsarbeit für eine künftige Gesellschaft ist ebenso autoritär gelenkt und fremdbestimmt wie die Arbeit im gegenwärtigen Produktionsprozess. Die Entfremdung des Bürgers gegenüber der Zukunft ist sogar eher noch größer als die gegenüber seiner Arbeit, denn er kommt sich »zu klein«, »zu unwissend«, »zu ohnmächtig« vor, um über so »ferne« und »hohe« Ziele mitreden zu können. Und dies, obwohl doch gerade seine Erfahrungen und die daraus erwachsenden Wünsche für die Formulierung dieser Ziele unverzichtbar sind. Aber wo und wie könnte er sie einbringen? Wer fragt ihn danach? Wann und mit wem könnte er darüber sprechen?