10 September Krimis 2023: Krimi Paket - Alfred Bekker - E-Book

10 September Krimis 2023: Krimi Paket E-Book

Alfred Bekker

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Beschreibung

Dieser Band enthält folgende Krimis: (799) Alfred Bekker: Der Kommissar und der Libanese Alfred Bekker: Der Kommissar und die blutigen Hände Alfred Bekker: Der Fall mit der Kunst Alfred Bekker: Kommissar Tegeler und die Selbstgerechten Alfred Bekker: Kubinke und der verschwundene Flüchtling Alfred Bekker: Der Kommissar und die blutigen Hände Alfred Bekker: Commissair Marquanteur und die Nächte von Paris Franklin Donovan: Trevellian und der tausendfache Tod Franklin Donovan: Trevellian, der Teufel und die Tote Earl Warren: Bount Reiniger und die Toten am Tiber Die Kriminalkommissare Ortwin Tegeler und Ludwig Härtl sind bei der Sondereinsatzgruppe der Bundespolizei in München beschäftigt. Doch dann werden beide zu einem Einsatz nach Berlin geschickt. Während Ludwig Härtl ganz offiziell dort als Ermittler auftritt, bekommt Tegeler eine neue Identität, um verdeckt arbeiten zu können. Der Mord an zwei Kriminalbeamten soll aufgeklärt werden, die einer Gruppe auf der Spur waren, die sich ,Justice Warriors' nennen. Da der Verdacht naheliegt, dass auch Kriminalbeamte des BKA involviert sind, ist äußerste Vorsicht geboten … Alfred Bekker ist ein bekannter Autor von Fantasy-Romanen, Krimis und Jugendbüchern. Neben seinen großen Bucherfolgen schrieb er zahlreiche Romane für Spannungsserien wie Ren Dhark, Jerry Cotton, Cotton reloaded, Kommissar X, John Sinclair und Jessica Bannister. Er veröffentlichte auch unter den Namen Neal Chadwick, Henry Rohmer, Conny Walden, Sidney Gardner, Jack Raymond, Jonas Herlin, Adrian Leschek, John Devlin, Brian Carisi, Robert Gruber und Janet Farell.

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Seitenzahl: 1100

Veröffentlichungsjahr: 2023

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Alfred Bekker, Franklin Donovan, Earl Warren

10 September Krimis 2023: Krimi Paket

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Inhaltsverzeichnis

10 September Krimis 2023: Krimi Paket

Copyright

Der Kommissar und der Libanese

Kommissar Jörgensen und der Fall Clarissa Müller

​Der Fall mit der Kunst: Hamburg Krimi

​Kommissar Tegeler und die Selbstgerechten: Kriminalroman

Kubinke und der verschwundene Flüchtling

Der Kommissar und die blutigen Hände

​Commissaire Marquanteur und die Nächte von Marseille

​Trevellian und der tausendfache Tod: Action Krimi

​Trevellian, der Teufel und die Toten: Action Krimi

​Bount Reiniger und die Toten am Tiber

10 September Krimis 2023: Krimi Paket

Dieser Band enthält folgende Krimis:

(799)

Alfred Bekker: Der Kommissar und der Libanese

Alfred Bekker: Kommissar Jörgensen und der Fall Clarissa Müller

Alfred Bekker: Der Fall mit der Kunst

Alfred Bekker: Kommissar Tegeler und die Selbstgerechten

Alfred Bekker: Kubinke und der verschwundene Flüchtling

Alfred Bekker: Der Kommissar und die blutigen Hände

Alfred Bekker: Commissair Marquanteur und die Nächte von Paris

Franklin Donovan: Trevellian und der tausendfache Tod

Franklin Donovan: Trevellian, der Teufel und die Tote

Earl Warren: Bount Reiniger und die Toten am Tiber

Die Kriminalkommissare Ortwin Tegeler und Ludwig Härtl sind bei der Sondereinsatzgruppe der Bundespolizei in München beschäftigt. Doch dann werden beide zu einem Einsatz nach Berlin geschickt. Während Ludwig Härtl ganz offiziell dort als Ermittler auftritt, bekommt Tegeler eine neue Identität, um verdeckt arbeiten zu können. Der Mord an zwei Kriminalbeamten soll aufgeklärt werden, die einer Gruppe auf der Spur waren, die sich ,Justice Warriors‘ nennen. Da der Verdacht naheliegt, dass auch Kriminalbeamte des BKA involviert sind, ist äußerste Vorsicht geboten …
Alfred Bekker ist ein bekannter Autor von Fantasy-Romanen, Krimis und Jugendbüchern. Neben seinen großen Bucherfolgen schrieb er zahlreiche Romane für Spannungsserien wie Ren Dhark, Jerry Cotton, Cotton reloaded, Kommissar X, John Sinclair und Jessica Bannister. Er veröffentlichte auch unter den Namen Neal Chadwick, Henry Rohmer, Conny Walden, Sidney Gardner, Jack Raymond, Jonas Herlin, Adrian Leschek, John Devlin, Brian Carisi, Robert Gruber und Janet Farell.

In Berlin geht ein Serienmörder um, dessen Taten eine ganz bestimmte Handschrift tragen. Er beschmiert die Hände seiner Opfer mit Blut - denn in der Vergangenheit spielten Blutige Hände eine entscheidende Rolle in seinem Leben. Kommissar Kubinke und sein Ermittler-Team machen sich auf die Spur des Wahnsinnigen…

Copyright

Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von

Alfred Bekker

© Roman by Author /COVER A.PANADERO

© dieser Ausgabe 2023 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen

Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.

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Der Kommissar und der Libanese

Alfred Bekker

Kriminalhauptkommissar Oliver “Ollie” Medina machte eine fächernde Handbewegung.

Er verzog das Gesicht.

“Puh, man kann hier ja kaum atmen”, sagte er.

Der Libanese lachte.

“Hör mal zu, Ollie: Was denkst du denn? Das ist einer Shisha-Bar.” Und dann nahm er einen Zug. “Komm setz dich. Wir haben ein paar Sachen zu besprechen.”

“Ehrlich gesagt, da wo wir uns das letzte Mal getroffen haben, das hat mir besser gefallen”, sagte Ollie.

Der Libanese lächelte.”Wegen den schönen Frauen mit den nackten Titten.”

“Ja, deswegen auch. Aber vor allen Dingen konnte man dort atmen.

“Nun stell dich mal nicht so an, Ollie! Wie gesagt, es ist eine Shisha-Bar.”

Ollie setzte sich.

Besonders gemütlich fand er es hier nicht. Aber er war ja auch nicht zum Vergnügen hier.

Er war hier, weil der Libanese ihn her beordert hatte.

Und in dem Fall konnte er nicht nein sagen.

Dafür gab es Gründe.

“Willst du auch?”, fragte der Libanese. “Rauchen, meine ich. Shisha-Rauchen?”

“Nein”, sagte Ollie.

“Ist nicht wie normales Rauchen.”

“Geh mir weg mit diesem Wasserpfeifen-Scheiß”, sagte Ollie.

“Hey, Mann! Warum so aggressiv?”

“Ich bin nicht aggressiv”, sagte Ollie. “Ich bin nie aggressiv.”

“Wallah! Aber schon klar, du bist die Ruhe selbst! Aber wenn du mich fragst, dann könntest du schon so etwas wie eine Wasserpfeife brauchen. Dann würdest du NOCH ruhiger werden, wenn du verstehst, was ich meine.”

“Bin Nichtraucher”, sagte Ollie.

“Wie gesagt: Ist nicht wie normales Rauchen. Ist Wasserpfeife.”

“Kommen wir zur Sache”, sagte Ollie. “Mir ist heute nicht nach Labern. Verstehst du?”

“Wallah, schon gut!”, sagte der Libanese. “Und ich verspreche dir, das nächste mal treffen wir uns wieder bei den Frauen mit den schönen Titten in dem Oben-ohne-Lokal.” Er lachte. “Das scheint ja einen beruhigenden Einfluss auf dich zu haben. “

“Was willst du?”, fragte Ollie.

“Wallah, bist du langweiliger Typ. Du rauchst nicht und du trinkst nicht. “

“Was dagegen?”

“Nein, natürlich nicht.”

“Bin guter Muslim.”

“Ach, red keinen Quatsch.”

Ollie wusste sehr wohl, warum der Libanese die Bemerkung über das Trinken hatte einfließen lassen. Im ersten Moment hatte Ollie sich darüber gewundert, wie er das wissen konnte.

Er will mir zeigen, dass er alles über mich weiß, dachte Ollie. Und deswegen präsentiert er mir jedesmal ein neues kleines Detail, von dem ich eigentlich annehmen muss, dass er es nicht wissen kann.

Ollie beschloss, die Bemerkung des Libanesen einfach zu ignorieren.

“Sag mir, worum es geht”, sagte er.

“Du erinnerst dich an unser kleines Arrangement, nicht wahr?”, sagte der Libanese.

“Wie könnte ich das vergessen”, sagte Ollie.

Der Libanese lächelte.

“Ich sorge dafür, dass deinen Liebsten nichts geschieht und du bringst ab und zu mal jemanden für mich um. So war unser Deal, Ollie.”

“Du brauchst mich nicht daran zu erinnern”, sagte Ollie.

“Und außerdem kriegst du eine ziemlich gute Honorierung dafür, wie du zugeben musst.”

“Man kann es auch anders ausdrücken”, sagte Ollie. “Du erpresst mich und ich muss tun, was du sagst.”

“Ollie! Wallah! Warum siehst du das so negativ! Gib es zu, du hast dich an das Geld doch inzwischen gewöhnt. Für die paar Luschen, die du für mich umbringst, kriegst du doch mehr, als du als Polizist verdienst. Oder? Ich glaube nicht, dass ich mich da so sehr vertue. Die Gehaltstabellen sind ja schließlich öffentlich. Wallah! Kann jeder nachlesen. Im Internet. Auf der Seite der Gewerkschaft der Polizei.”

“Um wen geht es?”, fragte Ollie.

“Also, ich habe einen guten Kumpel”, sagte der Libanese. “Niemand aus der Familie, aber ein sehr guter Kumpel. Ein SEHR guter Kumpel. Ich mache viele Geschäfte mit ihm. Beziehungsweise, ich habe viele Geschäfte mit ihm gemacht. Das ist jetzt leider nicht mehr möglich.”

“Wieso ist das nicht mehr möglich?”, fragte Ollie.

“Weil er im Knast sitzt. Deswegen. Und damit hat die ganze Geschichte nämlich zu tun. Also dieser wirklich sehr gute Kumpel, den ich sehr schätze und dem ich sehr nahe stehe, der ist an eine miese Schlampe geraten.”

“Kann passieren”, sagte Ollie.

“Ja, kann passieren, aber hier hatte das einen ganz besonderen Dreh.”

“So?”

“Ich will’s dir erklären, Ollie.”

“Okay…”

“Also diese Schlampe sah hammermäßig aus, hatte schöne Titten, schöne Haare, schönes Gesicht, aber einen miesen Charakter. Und das habe ich meinem Kumpel auch gleich gesagt. Ich habe gesagt: Ein mieser Charakter wird niemals durch Schönheit aufgewogen. Wirklich niemals. “

“Dem würde ich nicht widersprechen”, sagte Ollie.

“Siehst du: Ich sag doch, wir verstehen uns. Sprechen dieselbe Sprache.”

“Naja, wir wollen mal nicht übertreiben.”

Ollie konnte es nicht leiden, wenn der Libanese ihn ankumpelte.

Das machte der allerdings immer wieder.

Ollie war das unangenehm.

Ollie war es auch unangenehm, dass er dem Libanesen im Grunde genommen als Lohnkiller diente.

Aber was hätte er tun sollen?

Was?

Das hatte er sich schon so oft gefragt - und keine Antwort gefunden.

Jedenfalls keine, die eingeschlossen hätte, dass seine Familie geschützt war.

Das Geld, dass Ollie bekam - okay, vielleicht hatte er sich wirklich dran gewöhnt, wie der Libanese sagte.

Vielleicht war an diesem Gedanken etwas dran, aber das wollte Ollie nicht an sich herankommen lassen.

Diesen Gedanken verscheuchte er lieber.

Du denkst, dass wir dieselbe Sprache sprechen, Libanese?, dachte Ollie. Dass wir irgendetwas gemeinsam haben, außer der Herkunft aus dem Berliner Wedding? Nein, das haben wir nicht! Ganz bestimmt nicht, ganz egal, wie oft du mir das auch einzureden versuchst, Libanese! Ich bin nicht wie du! Überhaupt nicht!

Auch wenn du das noch so oft beschwörst, Libanese!

Der Libanese fuhr fort: “Also, wie ich dir gerade schon sagte: Ich habe meinen Kumpel vor dieser Schlampe gewarnt. Die hatte einfach etwas an sich, bei dem man gleich spürt, da stimmt etwas nicht. Da ist etwas falsch. Richtig falsch. Verstehst du, was ich meine?”

“Ja, ich verstehe schon, was du meinst”, sagte Ollie.

“Also jedenfalls hatte diese Schlampe irgend etwas mit einem Typ zu tun, mit dem sie wohl auch mal eine Weile herumgezogen ist. Ein Pole. Angeblich ein Perverser.”

“Angeblich.”

Der Libanese zuckte mit den Schultern. “War ich dabei?”

“Ich vermute nein.”

“Siehst du. Und was für den einen pervers ist, ist für den anderen normal. Wallah, so ist das eben.”

“Okay, hat die Geschichte auch ein Ende?”

“Nicht ganz so schnell. Wie gesagt, nimm auch eine Shisha und du wirst ruhiger.”

“Das Thema hatten wir schon.”

“Also diese Schlampe… Eines Tages behauptet sie, der Pole hätte sie vergewaltigt.”

“Ist sie zur Polizei gegangen?”

“Wer geht schon zur Polizei! Wallah! Nur Idioten. Nein, sie ist zu meinem Kumpel gegangen und hat ihm das erzählt. Sie war grün und blau geschlagen worden. Sah schlimm aus. Und was glaubst, was mein Kumpel gemacht hat?”

“Ich darf dreimal raten, oder?”

“Der ist geradewegs zu dem Polen gegangen und hat ihn umgelegt.”

“Deswegen sitzt dein Kumpel jetzt im Knast.”

“Richtig.”

“Und wen soll ich jetzt umbringen? Die Schlampe?”

“Natürlich.”

“Und warum?”

“Weil sie eine Schlampe ist, deshalb.”

“Irgendwas habe ich ich da jetzt noch nicht so ganz verstanden”, sagte Ollie. “Aber das spielt ja wahrscheinlich auch gar keine Rolle.”

“Das spielt wohl eine Rolle!”

“Ist egal!”

“Doch, ich will , dass du die ganze Geschichte verstehst, Ollie. Denn ich habe dir versprochen, dass du für mich nur Leute töten brauchst, die es verdient haben. Schweinhehunde.”

”Oder Schlampen.”

“Richtig.”

“Okay…”

“Der springende Punkt ist nämlich der: Der Pole hatte die Schlampe gar nicht vergewaltigt. In Wahrheit war es so, dass sie ihm noch Geld schuldete. Verstehst du?”

“Und deswegen hat er sie grün und blau gehauen.”

“Das mache ich auch mit Leuten, die ihr Geld nicht zurückzahlen und mich hängen lassen. Wallah! Ist doch normal, oder?”

“Wenn du das sagst.”

“Der springende Punkt ist, die Schlampe hat das von Anfang an geplant. Sie wollte den Polen loswerden und dazu hat sie meinen Kumpel benutzt, weil sie genau gewusst hat, wie der reagieren würde! Ja, und so ist es dann ja auch gekommen.”

“Und deswegen soll ich die Schlampe umlegen.”

“Wallah, sowas nennt man Gerechtigkeit! Mein Kumpel sitzt im Knast und sie kommt so davon? Das ist ungefähr so, als würde man bei einem Mord nur die Pistole verurteilen aber nicht denjenigen, der sie abgedrückt hat!”

Ollie atmete tief durch. “Okay, sag mir, wo sie wohnt. Ich mach sie bei Gelegenheit kalt.”

“Ich wusste, dass man sich auf dich verlassen kann, Ollie.”

“Schon gut.”

“Du kriegst einen Bonus. Einen extra Bonus auf das Honorar.”

“Warum?”

“Einfach so. Weil du gute Arbeit leistest, und weil ich dir anscheinend vertrauen kann. Das ist sehr wichtig, verstehst du?”

“Ja.”

“Wichtiger, als alles andere. Vertrauen ist das Wichtigste überhaupt.”

Ich hoffe, er fängt nicht wieder mit der Freundschafts-Masche an, dachte Ollie.

Und tatsächlich tat der Libanese das diesmal nicht.

Es war fast, als hätte er Ollies Gedanken telepathisch mitbekommen.

*

“Gibt es irgendetwas Neues?”, fragte Kriminalhauptkommissar Stefan Carnavaro am nächsten Morgen, als sie zusammen im Wagen saßen und ein paar Drogendealer observierten.

Ollies Dienstpartner sah in an.

“Was soll es Neues geben?”, fragte Ollie.

Stefan sagte: “Ach komm, du kannst mir nichts vormachen.”

“Ich mach dir nichts vor.”

“Doch , das machst du. Und vor allem machst du dir selbst etwas vor, Ollie.”

“Was hast du schon für eine Ahnung.”

“Ollie, du kannst mir vertrauen.”

“Ich weiß.”

“Ich meine, ich decke einen Kollegen, der Morde für den Anführer eines Libanesen-Clans begeht!”

“Das tust du nicht ohne Eigennutz”, stellte Ollie klar.

“Niemand tut etwas ohne Eigennutz.”

“So ist es.”

“Du deckst mich bei bei meinen Schweinereien, ich decke dich bei deinen.”

“So läuft das.”

“Trotzdem. Wenn du Schwierigkeiten hast, ganz egal was das für Schwierigkeiten sind, dann komm zuerst zu mir.”

“Natürlich.”

“Wir finden dann eine Lösung.”

“Sicher.”

“Wirklich! Ich meine es ernst!”

“Das weiß ich”, sagte Ollie.

“Wir sind echte Partner.”

“Ja.”

“Und da geht kein Blatt zwischen.”

“Nein.”

*

Am Abend suchte Ollie Medina die Adresse auf, die der Libanese ihm gegeben hatte. Er hatte eine Pistole mit Schalldämpfer dabei.

Er klingelte, aber es reagierte niemand. Allerdings wusste er, dass die junge Frau, die er umbringen sollte, zu Hause war. Er trat einfach die Tür ein. Dann ging er durch den schmalen Flur. Er fand sie im Wohnzimmer. Sie trug nur einen Bademantel und hatte offenbar geduscht.

Als sie Ollie sah, erstarrte sie.

Sie war wirklich schön.

Ollie konnte schon verstehen, dass der Kumpel des Libanesen ihren miesen Charakter einfach übersehen hatte. Das konnte schonmal passieren.

Ollie riss die Waffe heraus und drückte ab.

Ein Schuss, genau in die Stirn und dazu ein Geräusch, dass wie der Schlag mit einer Zeitung klang.

Sie sackte auf den Boden und blieb in eigenartig verrenkter Haltung liegen.

Der Bademantel öffnete sich dabei und gab den Blick auf ihren Körper frei.

Aus den Augenwinkeln heraus nahm Ollie eine Bewegung war. Er wirbelte herum.

Ein Mann stand dort. Ebenfalls im Bademantel. Er hatte wohl auch geduscht und nur etwas länger im Bad gebraucht.

Scheiße, dachte Ollie. Das hat mir jetzt noch gefehlt. Ein völlig Unbeteiligter!

Auf diese Situation hatte sich Ollie nicht vorbereitet.

Was, wenn es bei einem seiner Aufträge für den Libanesen einen Zeugen gab? Jemanden, der mit der ganzen Sache nichts zu tun hatte. Jemand, der einfach nur zur falschen Zeit am falschen Ort war und Dinge mitbekommen hatte, die nicht für seine Augen und Ohren oder was auch immer bestimmt waren.

In Ollies Kopf rasten die Gedanken nur so.

Und in dem Kopf seines Gegenübers wohl auch.

Der Mann sah auf Ollies Pistole. Auf den Schalldämpfer. Er schluckte.

“Verschwinde einfach”, sagte Ollie. “Sofort.”

“Ja, sicher.”

“Und nimm deine Sachen mit.”

“Klar.”

“Und zwar alles.”

“Ja.”

“Lass nichts hier. Sonst wird man denken, dass du damit etwas zu tun hast.” Ollie Medina deutete auf die tote Frau. “Verstanden?”

“Schon klar.”

“Und noch was.”

“Was?”

“Du bist nie hier gewesen. Du hast nie etwas gesehen.”

“Schon klar.”

*

“Wir haben eine Meldung darüber, dass ein gesuchter Profi-Killer sich in Berlin aufhält”, sagte Kriminaldirektor Hoch am nächsten Morgen. Auf dem dem Großbildschirm in seinem Büro erschien ein Gesicht.

Und Ollie Medina erkannte das Gesicht wieder.

Es war das Gesicht des Typen, der bei der jungen Frau gewesen war. Bei der Schlampe, wie der Libanese gesagt hätte.

“Sein Name ist Eric Almanzo”, sagte Kriminaldirektor Hoch. “Zumindest ist das EIN Name, unter denen er bekannt ist. Als Eric Almanzo wurde er als Nachkomme spanischer Gastarbeiter in Paris geboren. Seit den frühen 2000er Jahren verübt er Morde im Dienst verschiedener Syndikate. Aber auch für ausländische Geheimdienste und Terror-Organisationen. Was seine Auftraggeber angeht, ist er nicht wählerisch.”

“Ich nehme nicht an, dass Almanzo sich bei uns melden wird”, sagte Kriminalhauptkommissar Stefan Carnavaro.

“Natürlich nicht”, sagte Kriminaldirektor hoch. “Er benutzt vermutlich gefälschte Papiere, eine unauffällige Identität, vielleicht reist er sogar mit einem Diplomatenpass irgendeines kleinen Landes, wo diese Dinger käuflich sind.”

“Warum ist er hier in Berlin?”, fragte Ollie Medina.

Kriminaldirektor Hoch sah Ollie an. “Genau das ist der springende Punkt, Kollege! Genau das! Wir wüssten das gerne.”

“Gibt es irgendwelche Vermutungen?”, fragte Stefan.

Herr Hoch hob die Augenbrauen.

“Dieser Kerl reist normalerweise nicht zum Spaß nach Berlin. Und auch nicht, weil er hier Urlaub machen will.”

“Das bedeutet, er hat irgendetwas vor”, stellte Stefan Carnavaro fest.

“Er hat einen Killer-Job”, nickte Kriminaldirektor Hoch. “Leider wissen wir nicht, wem wir jetzt das Leben retten könnten, indem wir ihn warnen.” Hoch atmete tief durch. “Und davon abgesehen ist es die Frage, ob der Betreffende überhaupt von uns gewarnt werden möchte…”

“Sie meinen, wenn es sich um jemanden aus dem organisierten Verbrechen handelt”, schloss Stefan Carnavaro.

Kriminaldirektor Hoch nickte.

“Genau.” Dann wandte er sich an Ollie. “Sie sind heute so schweigsam, Herr Medina.”

Ollie sah auf.

“Bin ich das?”

“Nach meinem Gefühl ja.”

“Hatte irgendwie eine schlechte Nacht”, sagte Ollie.

“Sonst nichts?”, fragte Kriminaldirektor Hoch.

Ollie schüttelte den Kopf. “Sonst nichts”, sagte er.

ENDE

Kommissar Jörgensen und der Fall Clarissa Müller

Alfred Bekker

Copyright

Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Bathranor Books, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von

Alfred Bekker

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Alles rund um Belletristik! xx

Kommissar Jörgensen und der Fall Clarissa Müller: Hamburg Krimi

von ALFRED BEKKER

Prolog: Die stillen Momente

An einem frischen Morgen stand ich an der Außenalster und beobachtete die Segelboote, wie sie ruhig über das klare Wasser glitten. Die ersten Sonnenstrahlen des Tages tanzten auf den Wellen, und ein leichter Wind blies mir ins Gesicht. Es war einer dieser seltenen Momente der Ruhe, bevor die Hektik des täglichen Lebens mich wieder einholen würde.

Ich atmete tief ein und ließ meinen Blick über die funkelnde Wasseroberfläche schweifen. Die Segel der Boote blähten sich majestätisch, und ihre Rümpfe schnitten elegant durch die Wellen. Hier an der Außenalster war die Welt noch in Ordnung, fernab der Schattenseiten von Hamburg, in denen ich täglich arbeitete.

Seit Jahren arbeitete ich jetzt bei der Kriminalpolizei. Jeder Fall, den ich erlebte, brachte seine eigenen Herausforderungen und Eigenheiten mit sich, und ich musste immer tief in die Abgründe der menschlichen Seele hinabtauchen. Die Konfrontation mit Mord und Verbrechen war ein Teil meiner täglichen Routine geworden, aber diese stillen Momente an Orten wie der Alster erinnerten mich daran, wie wertvoll Frieden und Normalität sind.

Ich dachte an meine Kollegen, die unterschiedlicher nicht sein konnten. Roy Müller, mein treuer Partner, war mein Fels in der Brandung. Sein Humor und seine Entschlossenheit halfen mir durch viele schwierige Situationen. Wir hatten schon einige eigenartige Fälle zusammen durchgestanden, die von bizarren Diebstählen bis hin zu mysteriösen Mordfällen reichten. Unser Humor war oft das einzige, was uns davor bewahrte, an der Dunkelheit zu verzweifeln.

Dann gab es da noch Dr. Dr. Friedrich G. Förnheim, den Forensiker. Förnheim war eine faszinierende und zugleich enervierende Persönlichkeit. Seine hohe Intelligenz und seine Fähigkeit, selbst die feinsten Spuren zu entdecken, retteten uns oft den Tag. Aber seine Arroganz war manchmal schwer zu ertragen. Er machte keinerlei Hehl daraus, wie wenig er von anderen hielt. Ich musste oft schmunzeln, wenn er wieder einmal mit hochmütiger Miene seine wissenschaftlichen Erkenntnisse präsentierte – stolz wie ein Pfau, der seine prachtvollen Federn zur Schau stellt.

Ein besonders skurriler Fall, an den ich denken musste, war der Fall des Schachmordes. Ein Serienmörder hatte es auf Schachspieler abgesehen und hinterließ an jedem Tatort eine Schachfigur. Förnheim und sein Team hatten die Verbindung zwischen den Figuren und den Mordfällen hergestellt, und es war beängstigend, wie akribisch der Täter vorging – fast so, als würde er selbst ein Schachspiel orchestrieren. Es war schließlich ein langes und anspruchsvolles Katz-und-Maus-Spiel, bevor wir den Täter schnappten.

Und dann war da noch Dr. Gerold Wildenbacher, unser Rechtsmediziner und Pathologe. Sein Umgang mit den Toten war stets respektvoll, auch wenn seine Ansprache manchmal das Gegenteil vermuten ließ. Hemdsärmelig und direkt wie er war, machte er bei seinen Obduktionen keine Umschweife. Sein Können war unbestritten, auch wenn seine wenig mitfühlende Art bei manchen für Stirnrunzeln sorgte. Es war oft sein nüchterner, aber präziser Bericht, der uns letztlich die entscheidenden Hinweise lieferte.

Während ich weiterhin den Anblick der Segelboote genoss, dachte ich an die vielen unerklärlichen Dinge, denen ich in meiner Karriere begegnet war. Fälle, die selbst nach Jahren des Ermittelns noch fassungslos machten. Doch in all dieser Zeit hatte ich gelernt, auf mein Team zu vertrauen und die kleinen Lichtblicke im Leben zu schätzen.

Genau wie diese stillen Momente am Wasser, die mir halfen, meinen Kopf zu klären und mich auf das Wesentliche zu besinnen. In Hamburg wechselten Licht und Schatten schnell, aber es waren solche Orte wie die Außenalster, die mir halfen, mein Gleichgewicht zu bewahren.

Ich nahm einen letzten tiefen Atemzug, bevor ich mich umdrehte und langsam auf mein nächstes Abenteuer zuging. Die Fälle, die uns noch erwarteten, würden sicher nicht leichter werden, doch ich wusste, dass wir bereit waren. Jeder von uns hatte seinen Platz, und gemeinsam machten wir Hamburg ein kleines bisschen sicherer – Tag für Tag, Fall für Fall.

Die Boote glitten still weiter über das Wasser, während ich mich von der friedlichen Szene verabschiedete und in die geschäftigen Straßen der Stadt zurückkehrte, wo die nächste Herausforderung bereits auf mich wartete.

Kapitel 1: Das Pulsierende Herz der Dunkelheit

Die Luft in Hamburg war an jenem Abend so schwer wie ein nasser Wollmantel, der sich unangenehm auf die Schultern legt. Ein leicht salziger Duft wehte vom Hafen herüber und vermischte sich mit dem scharfen Aroma von Bratwurst und gebrannten Mandeln, das von den Ständen auf der Reeperbahn heraufzog. Das neongetränkte Viertel erwachte gerade erst, als die letzte goldene Sonne über die Elbe glitt und der Abend in die Nacht überging.

Luis warf einen Blick über die Schulter und zog seine abgewetzte Lederjacke enger um sich. Er war ein Taschendieb, aber er mochte es, sich als Lebenskünstler zu bezeichnen. Mit seinen flinken Fingern entledigte er unachtsame Touristen ihrer Geldbörsen und Smartphones. Heute hatte er eine besonders erfolgreiche Ausbeute gehabt – genug, um sich für den Rest des Monats durchzuschlagen. Neben ihm schlenderte Nino, ein Klein-Ganove und sein bester Freund seit der Kindheit. Die beiden hatten ihren Treffpunkt vor "Johnnys Jukebox", einer Bar, die seit Jahrzehnten fest im Kiez etabliert war und einen runden Raum für alle Schattenexistenzen bot.

Johnny selbst, ein bulliger Mann Mitte fünfzig mit einem grauen Vollbart, der aussah wie eine Wildschweingräte, lehnte lässig an der Tür und grüßte die beiden flüchtig mit einem Kopfnicken. "Luis, Nino – wieder gut verdient, was?" brummte er, während er an seiner Zigarre zog. Seine Augen blitzen wissend, und er wies mit seinem Daumen ins Innere der Bar. "Da drin warten ein paar Jäger auf Beute."

Sie traten ein und wurden sofort von der flirrenden Atmosphäre verschluckt. Im schummrigen Licht der Bar, zwischen den Röhren des dicken Tabaknebels, saß eine bunte Mischung aus Gestalten – die Gestrandeten und Verlorenen, die Geschäftsleute und Drahtzieher, die diese Welt von innen heraus kannten.

Am anderen Ende der Bar, an einem besonders dunklen Tisch, saß Roxie, eine Stripperin im mittleren Alter, deren Augen Geschichten von Verführung und Verrat erzählten. Ihr engster Vertrauter, ein Türsteher namens Lars, stand wie eine lebendige Statue in der Nähe. Beide wussten mehr über die Schattenseiten der Reeperbahn, als sie je preisgeben würden. Roxie war in tiefes Gespräch mit einem ältlichen Mann vertieft, der aussah, als wäre er gerade aus einem halbseidenen Geschäft heraus geschlüpft.

An einem anderen Tisch diskutierte Paul "der Pfarrer", ein ehemaliger Priester und jetziger Hehler, leise mit zwei düster dreinblickenden Gestalten, deren Rockerkutten auf eine Verbindung zum "Phoenix MC" hindeuteten. Hier wurden Deals geschlossen, die das Gleichgewicht zwischen Freiheit und Gefängnis bestimmten.

Eine Ebene darüber, im verrauchten VIP-Raum, schmiedete der smarte Geschäftsmann Friedrich Kronau neue Pläne. Seine weiße Seidenkrawatte und das maßgeschneiderte Jackett ließen nicht erahnen, dass er der Drahtzieher eines Netzwerks von Edelbordellen war, in dem auch minderjährige Mädchen zur Ware wurden. Neben ihm saß Luna, eine Edelprostituierte, deren Schönheit nur durch ihre Traurigkeit übertroffen wurde. Sie war seine Investition und sein Gewinn, seine Muse und Verachtung zugleich.

Im Hinterhof der Bar tauschte ein drahtiger Obdachloser namens Max, der sich mit Gelegenheitsarbeiten über Wasser hielt, Informationen mit einem hageren Typen, der unter seinem langen Mantel nicht nur Drogen, sondern auch das letzte Flüstern der Straße verbarg. Jeder Atemzug dieser Unterwelt trug zur größeren Geschichte bei, die sich tief in den Gedärmen Hamburgs abspielte.

Währenddessen ließ ein Clan-Krimineller mit dem Spitznamen "Der Bulle" seinen schwarzen SUV vor dem Lokal ruhen, beobachtete das Treiben und überlegte, wie er seinen nächsten Coup landen würde, ohne die falschen Leute gegen sich aufzubringen.

Nebst all den Akteuren, deren Leben auf der Reeperbahn miteinander verwoben waren, lief ein Mädchen von gerade mal sechzehn Jahren und träumte von einem besserem Leben – vielleicht für sie alle hier. Es war ein Ort, an dem das Licht der Sehnsucht immer durch die dichte Dunkelheit schimmerte.

Hamburg war ein wacher Gigant – belebt von Kriminellen und Verzweifelten, die hier ihre letzte Zuflucht fanden, und erschüttert von den Wellen jener, die das Gesetz wankten.

Diese Lebensexistenzen webten das Gitter, das zur Dunkelheit der kommenden Tage führte.

Clarissas hochhackige Schuhe klackerten leise auf dem blank polierten Marmorboden ihres Penthouse-Flurs, als sie zur Tür schritt. Ihr Herzschlag war ruhig, unerbittlich gleichmäßig, während sie den geheimen Tresor hinter einem falschen Bücherregal öffnete. Das leise Klicken des Tresorrads kündigte an, dass sich der massive Stahlmechanismus drehte und schließlich zur Ruhe kam. Darin befanden sich nicht nur wertvolle Dokumente und Juwelen, sondern auch ein unscheinbares, braunes Kuvert. Vorsichtig zog sie es heraus, ihre Finger zitterten vor Spannung, nicht aus Angst.

Sie wusste, dass der Inhalt dieses Umschlags weitreichende Konsequenzen haben würde. Verträge, detaillierte Absprachen, Bankkontoinformationen und Kontaktdaten – alles, was es brauchte, um den bevorstehenden Drogendeal zu dokumentieren. Diese Dokumente waren mehr als nur Papier. Sie waren Macht, Kontrolle und – für die richtigen Leute – ein Fluchtweg.

In ihrem gut beleuchteten Arbeitszimmer setzte sich Clarissa an ihren schweren Mahagonischreibtisch und begann, die Dokumente sorgfältig zu prüfen. Jeder Name, jede Zahl und jede Klausel musste perfekt sein. Ihr Client, ein internationaler Drogenhändler und Kopf eines weitreichenden Netzwerks, hatte keine Fehltritte erlaubt. Das Geschäft, das sie zwischen ihm und einer rivalisierenden Bande vermittelte, war eines der größten in den letzten Jahren.

Sie legte das Kuvert beiseite und hob einen feinen Kristalltrinkbecher, ihren Martini, an die Lippen. Ein gedämpftes Lächeln huschte über ihr Gesicht. Klar und scharf hatte sie ihre Ziele immer im Blick, hielt jeden Schritt in der Hand und war sich sicher, dass ihre Beteiligung nie ans Licht kommen würde. Sie trank einen Schluck und betrachtete die funkelnden Lichter der Stadt, die sich im Glas brachen.

Später an diesem Abend, in einem verlassenen, stillgelegten Lagerhaus am Hafen, würde der Deal über die Bühne gehen. Clarissa liebte die Ironie des Ortes – ein Ort, der für den ehrlichen Handel geschaffen war, wurde nun zur Bühne für das Verbrechen. Ihre Aufgabe bestand nicht nur in der logistischen Planung, sie war auch die stille Wächterin, die sicherstellte, dass alles reibungslos lief. Sie hatte die Lagerhalle selbst bei Tageslicht inspiziert, hatte die Zugangspunkte und Fluchtwege analysiert. Und nun bereitete sie sich vor, um den Operationen den letzten Schliff zu geben.

Die Uhr in ihrem Wohnzimmer schlug Mitternacht, als sie sich von ihrem Platz erhob und überlegte, was sie als nächstes tun musste. Sie griff nach ihrem Handy und wählte die Nummer von Leon, einem ihrer Vertrauten und Hauptorganisatoren des Deals. Sein tiefer, beruhigender Bass erfüllte die Leitung.

"Wir sind in Position, Clarissa. Alles wie geplant?" fragte er.

"Ja. Stellt sicher, dass die Ware überprüft wird, bevor die Zahlung erfolgt. Keine Unachtsamkeiten. Und vergiss nicht – wir haben Augen auf uns.", antwortete sie.

"Verstanden. Wir halten uns an den Plan."

Bevor sie auflegte, fügte sie noch hinzu, "Und Leon, wenn irgendetwas schiefgeht, erinnerst du dich daran, dass niemand weiß, dass ich beteiligt bin. Niemand."

"Natürlich, Clarissa. Alles wird wie immer glatt laufen."

Sie legte auf und nahm einen tiefen Atemzug. Es war ein seltsamer Moment zwischen der Ruhe vor dem Sturm und der gewissen Erregung, die sie jedes Mal verspürte, wenn sie die Fäden zog. Gewalt war eine Form der Kunst, eine, die sie gerne beobachtete, aber selten selbst handhabte.

Eine Stunde später fuhr Clarissa in einem schwarzen SUV zum Hafen. Sie hielt sich im Schatten, ihr katzenhafter Blick stets wachsam. Das Lagerhaus war nur durch die matten Scheinwerfer einiger Autos beleuchtet, und als sie näher kam, konnte sie die Umrisse der Menschen und Fahrzeuge erkennen. Die Luft war kalt und feucht, und ein leichter Regen begann, die Szenerie zu benetzen.

Leon stand an der Seite, wie ein General, der seine Truppen beaufsichtigte. Sie trat aus dem Fahrzeug, ihren Mantel eng um sich geschlungen, und ging auf ihn zu. "Ist alles in Ordnung?", fragte sie leise.

"Ja, sieh selbst," antwortete er und führte sie zu einem Tisch, der vor den Scheinwerfern eines Lastwagens standen. Darauf lag die Ware – sorgfältig verpackte Päckchen mit einem weißen Pulver, das für Millionen an Gewinn stand.

Clarissa nickte zufrieden und trat einen Schritt zurück, beobachtete, wie die Bandenmitglieder der rivalisierenden Gruppe ebenfalls ihre Bestätigung gaben. Es war wie ein Tanz, die Bewegungen präzise und geübt.

Die Zahlung erfolgte in digitalen Währungen, ein unsichtbarer Transfer, der in Sekunden abgeschlossen war. Ein leises Pfeifen erklang, als Leon sein sicheres Handy zur Bestätigung abzog. "Alles gut," sagte er.

Es war vollbracht. Clarissa konnte die elektromagnetische Spannung der Nacht förmlich spüren, als sie sich wieder von Leon verabschiedete und zu ihrem Auto zurückkehrte. Der Deal war abgeschlossen, und ihre Spur war wie immer unantastbar, verborgen hinter einer Fassade der Perfektion.

Während sie durch die regennassen Straßen zurück zu ihrem Penthouse fuhr, konnte sie endlich loslassen. Ein weiteres perfektes Verbrechen, ein weiterer makelloser Plan, eine weitere stille Nacht in Hamburg, die sie mit geheimen Triumphen füllte.

Clarissa Müller war der Inbegriff gepflegter Eleganz und unerschütterlicher Kontrolle. Geboren in einer wohlhabenden Familie aus Blankenese, wuchs sie in einer Welt des Privilegs auf – eine Welt, die sie vom ersten Moment an als Bühne für ihre Ambitionen sah. Ihr Vater, ein angesehener Richter, und ihre Mutter, eine erfolgreiche Galeristin, hatten ihr früh vermittelt, dass Macht und Kontrolle im Leben alles waren. Clarissa lernte schnell, dass die Spielzüge des Lebens strategisch zu wählen waren, um immer am gewinnenden Ende zu stehen.

Schon in ihrer Jugend zeigte sie ein herausragendes Talent für Manipulation und ein unfehlbares Gespür dafür, wie man Menschen für sich gewinnen konnte. In der Schule war sie die Anführerin der Debattierklubs, organisiert und charmant. Ihre Intelligenz und ihr Charisma öffneten ihr viele Türen, aber es waren ihr scharfer Verstand und ihre skrupellose Art, die ihr einen unverkennbaren Ruf einbrachten. Sie war stets die Beste in ihrer Klasse, nicht aus Leidenschaft zum Lernen, sondern aus dem unbändigen Wunsch heraus, zu gewinnen.

Das Jurastudium an der Universität Hamburg war für Clarissa nicht nur eine Ausbildung, sondern ein weiteres Sprungbrett. Sie nutzte ihre Zeit dort, um Netzwerke zu knüpfen und sich vorteilhaft zu positionieren. Es war auch hier, dass sie erkannte, wie dünn die Grenze zwischen Recht und Unrecht wirklich war, und wie sehr sie davon profitieren konnte, diese Grenze nach Belieben zu überschreiten.

Ihre erste Anstellung in einer renommierten Kanzlei festigte ihren Weg. Sie bewies, dass sie eine brillant juristische Denkerin war, aber es war ihre Fähigkeit, Informationen zu extrahieren und Netzwerke zu manipulieren, die sie wirklich von den anderen abhob. Schnell fiel sie auf in der Kanzlei, zuerst negativ durch ihr zielsicheres Ambitionieren jedes nur erdenklichen Aufstiegszenarios, doch bald auch positiv, als ihre Erfolge das Unternehmen auf unvergleichliche Höhen trieben.

Aber es war nicht die Aussicht auf einen glänzenden juristischen Werdegang, die sie in den Schoß der Unterwelt trieb. Es war die schiere Faszination für die Macht der Schattenseiten des Lebens. Während ihrer ersten Jahre als Anwältin lernte sie Klienten kennen, die an der Schnittstelle von legalen und illegalen Geschäften operierten. Sie freundete sich mit den verschleierten Geistern an, die über die Spielregeln fast aller Geschäfte in Hamburg entschieden. Ihre Beziehungen wuchsen in tiefenklaren Vernetzungen in dieser nebulösen Sphäre.

Clarissas Motivation speiste sich nicht aus Geld oder bloßer Gier. Sie war getrieben von einem inneren Verlangen nach absoluter Kontrolle und Bestätigung ihrer Überlegenheit. Jedes erfolgreiche Verbrechen, das sie orchestrierte, war eine Bestätigung für ihren scharfsinnigen Intellekt und ihre Fähigkeit, unbemerkt zu bleiben. Ihre moralischen Kompasse waren längst verschwunden; Erfolg und Macht waren die einzigen Ziele, die zählten.

Sie wohnte alleine in ihrem Penthouse, ihre Privatsphäre unantastbar geschützt durch das höchste Sicherheitsniveau, das man haben konnte. Keine Freunde, keine Familie, die sie in ihren Angelegenheiten störten. Ihr Leben war eine kalkulierte Reihe von Ereignissen, jede Bewegung strategisch platziert wie bei einem Schachspiel. Ihre einzigen wahren Verbündeten legte sie sich so zurecht, dass sie lediglich Werkzeuge für ihre Ziele waren.

Doch tief im Inneren, in Momenten der Stille und Einsamkeit, spürte Clarissa manchmal eine unbestimmte Unruhe. Ein unartikuliertes Bedürfnis, sich zu beweisen, das über das hinausging, was sie erreichen konnte. Vielleicht war es eine Art Einsamkeit, die weder durch Erfolg noch durch Macht gemindert werden konnte, eine Leere, die ihr nie gänzlich bewusst wurde, weil sie sie immer wieder mit neuen Plänen und taktischen Siegen füllte.

Für Clarissa war jeder Tag eine neue Gelegenheit, die Zügel enger zu ziehen, die Kontrolle auszuweiten und ihre Macht zu festigen. Die Welt im Schatten der Gesetze, die sie so gut kannte, war ihr Spielplatz – ein Ort, an dem Regeln gebrochen und Grenzen überschritten wurden, um einem einzigen Ziel zu dienen: unerschütterliche, absolute Dominanz. Und so lenkte sie ihre Schritte durch die untiefen Gewässer des Hamburger Nachtlebens, jede Herausforderung ein weiter Beweis für ihre überlegene Finesse und Entschlossenheit, ihr eigenes Imperium der Schatten zu erhalten und zu erweitern.

*

Eines Abends, während sie in ihrem Arbeitszimmer saß und durch die Fensterscheiben auf die funkelnden Lichter Hamburgs blickte, überlegte Clarissa, wie weit sie bereit war zu gehen. Ihre Stellung hatte ihr viele Türen geöffnet, aber hinter jeder neuen Tür lauerte auch eine neue Gefahr – und eine neue Herausforderung. Sie ließ ihre Gedanken schweifen und erinnerte sich an jene, die ihr auf ihrem Weg begegnet waren.

Da war Tobias, ein ehemaliger Geschäftspartner und Anwalt, der einst versuchte, ihren Netzwerk von innen heraus zu sabotieren. Seine Naivität und sein Unvermögen, Clarissas Weitsicht zu erkennen, hatten ihn teuer zu stehen gekommen. Sie erinnerte sich an sein überraschten Gesicht, als er erkannte, dass sie jedes seiner Bewegungen geplant und vorausgesehen hatte. Es war ein Lehrstück in Überlegenheit – und in der völligen Ausschaltung eines Gegners. Tobias war ein weiterer Stein in ihrem Weg, und sie hatte ihn beseitigt, ohne auch nur einen Moment zu zögern.

Doch trotz ihrer Erfolge und ihrer nahezu makellosen Fassade fühlte Clarissa eine stetig wachsende Unruhe. Es war, als ob die Dunkelheit, die sie so geschickt ihrer Kontrolle unterworfen hatte, nun langsam an ihr zerrte. Manchmal dachte sie an ihre Familie, an den aktuellen Zustand ihres Vaters, der in einen frühen Ruhestand gezwungen worden war aufgrund von "gesundheitlichen Gründen", die Clarissa in Wahrheit selbst verursacht hatte, um seine Position in der Rechtswelt zu übernehmen. Seine schwindende Gesundheit war ein Nebenprodukt ihrer ehrgeizigen Pläne gewesen.

In jenen stillen Stunden, wenn die Stadt um sie herum zu schlafen schien, kämpfte Clarissa gegen einen Anflug von Zweifeln. Waren es die ständigen Gefahren und die allgegenwärtige Risikobereitschaft, die ihren Verstand schärften und sie antrieben? Oder war sie dabei, in eine Spirale der Unkontrollierbarkeit zu geraten, die ihren Untergang bedeuten könnte? Sie schüttelte den Kopf, als ob sie diese Gedanken abwehren könnte, und konzentrierte sich wieder auf das hier und jetzt.

In den kommenden Tagen würde ein weiterer großer Deal abgeschlossen werden. Dieser war anders als die üblichen Drogendeals oder Waffenschiebereien; es ging um Einfluss und politische Macht. Es war der lukrativste und gefährlichste Plan, den sie je geschmiedet hatte. Ein internationaler Menschenhändlerring hatte angefragt, und die Verhandlungen verliefen bereits seit Wochen im Verborgenen. Clarissas Rolle war klar: Sie würde die rechtlichen Schritte orchestrieren und Schutz bieten, um sicherzustellen, dass nichts und niemand den Deal behindern konnte.

Für dieses Vorhaben musste sie neue Kontakte knüpfen und alte erneut aktivieren. Einer dieser Kontaktpersonen war Victor, ein Diplomat mit einem geheimen Nebenjob als Vermittler im Menschenhandel. Ihr gemeinsames Spiel war subtil, und jedes Treffen ein Tanz auf Messers Schneide. Victor war clever, aber in Clarissas Augen noch lange nicht clever genug, um ihre wahren Absichten zu durchschauen. Die Gesetze, die er so oft verdrehte, waren auch die Fäden, die er an Clarissas Händen spürte.

Als sie sich zur nächsten – und vielleicht entscheidendsten – Phase ihres Plans vorbereitete, wusste Clarissa, dass ein einziger Fehler sie alles kosten könnte. Ihre Verbündeten wären dann ihre größten Feinde, und jene, die sie einst kontrollierte, würden sich auf sie stürzen wie Geier auf einen toten Kadaver. Doch der Rausch der Macht und das unersättliche Verlangen, erneut zu triumphieren, ließen keine Zurückhaltung zu.

Eine letzte Überprüfung ihrer Pläne, ein Anruf an Leon, um sicherzustellen, dass jedes Detail bedacht war, und eine tiefe Konzentration auf die bevorstehenden Ereignisse – dies alles war Teil ihrer Routine, ein Ritual, das sie festigte und in ihrer Sicherheit wiegte.

Am Abend des Deals betrat Clarissa ein verstecktes, erlesenes Restaurant am Rande der Stadt. Das Licht war gedämpft, die Atmosphäre gehoben und diskret. Hier traf sie auf Victor und den Kopf des menschlichen Netzwerks, einen Mann, der nur als "Der Schatten" bekannt war. Ihre Gespräche waren höflich, doch jedes Wort war eine sorgfältig platzierte Bewegung in einem lebensgefährlichen Spiel. Sie schlossen den Deal ab, tauschten notwendige Informationen, und Clarissa verließ das Treffen mit klarem, fokussiertem Blick.

Zurück in ihrem Penthouse ließ sie sich in ihrem Ledersessel nieder und schloss die Augen. Die Stadt, ihr Königreich der Dunkelheit und Sünde, pulsierte unter ihrem Kommando. Wie lange würde sie das Netz der Manipulation und Kontrolle aufrechterhalten können? Diese Frage blieb unbeantwortet, verschluckt von der Stille der Nacht, die ihr unheimlich vertraut war.

Aber tief in ihrem Inneren wusste sie, dass sie, solange sie die Fäden in der Hand hielt, niemals aufgeben würde. Nicht aus Stolz, nicht aus Angst. Sondern weil die Macht, die der Schatten über sie ausübte, ihr Lebenselixier war. Das Herz von Hamburg schlug weiter in der endlosen Spirale von Intrigen und Verrat – und Clarissa Müller war fest entschlossen, dass es ihre Hand war, die den Takt vorgab.

Die kommende Woche war ein Wirbel aus präzise orchestrierten Handlungen und stillen Abmachungen. Clarissa bewegte sich durch die Schatten der Stadt wie eine Marionettenspielerin, die ihre Puppen meisterhaft tanzen ließ. Das Netz, das sie spannte, war aus Intrigen gewebt, und jede einzelne Faser davon beherrschte sie mit einer solchen Perfektion, dass es keine Chance auf einen Fehler gab.

Doch trotz ihres äußeren Erfolgs – oder vielleicht gerade deshalb – begann Clarissa, eine Veränderung in ihrer Umgebung wahrzunehmen. Es waren zunächst keine klaren Anzeichen, sondern eher subtile Verschiebungen in den sozialen Gefügen, denen sie sich so sicher geglaubt hatte. Ein Blick zu viel, eine Bemerkung, ein Lächeln, das nicht bis zu den Augen reichte – all das setzte in ihr Alarmglocken in Gang.

Ein Abend auf der Reeperbahn, an dem sie sich mit Lars und Roxie "zufällig" in Johnnys Jukebox-Bar traf, wurde zu einer wichtigen Informationsquelle. Sie hörte, wie Lars beiläufig erwähnte, dass neue Spiele auf der Straße auftauchten, und wie Roxie von unbewiesenen Verbindungen zwischen den Clan-Mitgliedern und neuen Geschäftemachern sprach. Clarissas scharfer Verstand kombinierte und analysierte jede Information in Echtzeit, ohne dass die anderen es bemerkten. Sie wusste, dass dies keine Zufälle waren.

Die Spannung erreichte einen Höhepunkt, als sie erfuhr, dass Max, der drahtige Obdachlose, der gelegentlich Informationen gegen ein wenig Bares tauschte, brutal zusammengeschlagen worden war. Man hatte ihn bewusstlos neben einem Container am Hafen gefunden, sein Gesicht zum Unkenntlichen verprügelt. Max lag im Krankenhaus, seine Lippen fest verschlossen durch die Schläge – und durch die Angst. Dieser Angriff war eine Botschaft, eine deutliche Warnung, dass unbekannte Kräfte in Hamburg tätig waren, die bereit waren, ihre Macht zu zeigen.

Clarissa entschloss sich, das Wechselspiel der Mächte zu durchbrechen und die Kontrolle wieder vollends an sich zu ziehen. In einer Nacht, in der Hamburg von einem Sturm heimgesucht wurde, wanderte sie auf leisen Sohlen durch die neonbeleuchteten Gassen. Ihr Ziel war eine verfallene Lagerhalle westlich des Hafenviertels, ein Ort, den sie für ein geheimes Treffen ausgewählt hatte. Sie war nicht alleine; Leon und ein paar ausgewählte Verbündete warteten bereits in der Dunkelheit.

Als sie dort ankam, verschränkte sie die Arme vor der Brust und schaute sich die Gruppe an. "Wir haben ein Problem", sagte sie, ihre Stimme ruhig und eiskalt. "Neue Akteure versuchen, unsere Macht zu untergraben. Geschäfte, von denen wir nichts wussten, und Bedrohungen, die auf unseren Stufen lauern."

Leon trat einen Schritt vor und nickte verständnisvoll. "Was hast du vor, Clarissa? Wir können sie aufspüren und zeigen, wer hier wirklich das Sagen hat."

"Das werden wir", bestätigte sie. "Aber vorher müssen wir herausfinden, wer das ist. Wir können uns keine Fehler leisten. Jeder von euch hat seine Aufgaben. Leon, du wirst deine Kontakte in der Unterwelt nutzen, um Informationen zu sammeln. Sabrina, ich brauche dein Geschick, um in die höchsten Etagen der neuen Rivalen einzudringen und herauszufinden, wer hinter den Machenschaften steckt."

“Okay…”

“Warte es ab!”

“Du bist ene Optimistin!”

“Nein. Ich bin einfach nur jemand, der sorgfältig plant.”

“So kann man das auch sehen.”

Sie hob die Augenbrauen.

“So sehe ich das.”

“Versehe.”

Die Versammlung verlief diszipliniert und zielgerichtet. Jeder wusste, was auf dem Spiel stand, und keiner wagte es, Clarissas Weisungen in Frage zu stellen. Mit jedem Schritt, den sie plante, festigte sie ihre Kontrolle und bereitete sich auf den unvermeidlichen Konflikt vor.

Während ihre Verbündeten sich an die Arbeit machten, verbrachte Clarissa viele Nächte in ihrem Penthouse, über den makellosen Akten und Dokumenten gebeugt, während das gleißende Licht der Stadt durch die Fenster floss. Sie kalkulierte, analysierte und antizipierte jeden möglichen Zug ihrer unbekannten Gegner. Schlaflosigkeit war eine vertraute Begleiterin, doch erholsame Ruhe interessierte sie nicht, solange das Schicksal ihrer Macht auf dem Spiel stand.

Informationen flossen schließlich zusammen. Leon zeigte, dass ein rivalisierender Clan, geführt von einem Mann namens Viktor "Der Wolf", der aus Osteuropa eingewandert war und sich schnell in den oberen Rängen der Unterwelt etabliert hatte, hinter den neuen Bewegungen steckte. Seine Operationen waren geschickt und brutal, und seine Ambitionen kannten keine Grenzen. Sabrina bestätigte, dass Viktor Unterstützung von mächtigen, politischen Figuren erhielt, die nach ihrer Macht griffen und die rechtliche Deckung boten.

Das Treffen zur Entscheidung kam, als die Nacht am dunkelsten und die Stille am drückendsten war. In einer luxuriösen Hotelsuite hatte Clarissa alle Schlüsselspieler zusammengebracht. Sie standen um einen großen, ovalen Tisch, auf dem die Karten des Spiels ausgebreitet waren. Inmitten der strategisch angeordneten Dokumente, Plänen und Taktiken erläuterte sie die finale Operation.

"Viktor ist unser Ziel," begann sie, ihre Augen blitzten vor Entschlossenheit. "Sein Netzwerk muss zerschlagen werden, und seine Unterstützer müssen verstehen, dass Hamburg nicht aufgeteilt wird. Wir greifen präzise und mit tödlicher Effektivität an. Dies ist kein Chaos, sondern chirurgische Präzision."

Die Pläne wurden gemacht. Ein koordiniertes Zusammenspiel aus Erpressung, Bestechung, und, falls notwendig, gezielter Gewalt sollte Viktors Organisation in die Knie zwingen. Clarissa wusste, dass dies den gefährlichsten Teil ihrer Karriere darstellen würde. Doch in den Abgründen ihrer Selbst sah sie nur die glänzende Vision eines endgültigen Sieges.

Als das Treffen endete und die Mitstreiter sich verstreuten, blieb nur Leon zurück, der Clarissa in die eisigen Augen blickte. "Und was, wenn wir scheitern?" fragte er leise.

Sie lächelte kalt. "Scheitern ist keine Option, Leon. Wir haben zu viel zu verlieren. Und ich, mehr als jeder andere, bin bereit, alles zu tun, um sicherzustellen, dass es nicht soweit kommt."

In jener Nacht, in ihrem Penthouse, blendeten die Lichter der Stadt Clarissas Blick. Noch nie hatte sie sich so lebendig gefühlt. Jede Faser ihres Seins pulsierte mit der bevorstehenden Konfrontation. Ihr Schachspiel aus Macht, Intrigen und Verrat erreichte seinen Höhepunkt. Triumph oder Niederlage, Freiheit oder Fall – alles wurde zu einer Frage des Willens. Und Clarissa Müller würde nicht aufgeben, bis sie entweder alles gewonnen oder alles verloren hatte. So war sie, eine Herrscherin des Schattens, bereit, ihrer Stadt den Takt vorzugeben, solange sie das Spiel kontrollierte.

Kapitel 2: Die Schatten des Lichts

Es war ein regnerischer Hamburger Morgen, als das Telefon in unserem Büro klingelte. Roy und ich saßen gerade über den Akten eines anderen Falls, einer Einbruchsserie in der Hafencity, als das vertraute Summen die drückende Stille zerbrach. Ich nahm den Hörer ab, ohne wirklich darauf zu achten. Die Uhr über dem Türrahmen zeigte zehn nach acht.

"Kommissar Jörgensen," brummte ich.

Die Stimme eines Kollegen war am Telefon.

"Uwe, wir haben einen Mord in einem Penthouse in Blankenese. Opfer ist weiblich, Name Müller, Clarissa. Schuss in den Bauch. Tatort wurde abriegelt. Ganz oben in der Levenstraße. Schicken Sie Förnheim hin, und kommen Sie sofort."

Ich spürte, wie meine Nackenhaare sich aufstellten. Blankenese – das war nicht das Viertel, in dem man oft auf Mordopfer stößt. Reicher Spross anscheinend. Das versprach Komplikationen.

"Verstanden," erwiderte ich knapp und legte auf. "Roy, wir haben einen Mord in Blankenese. Eine gewisse Clarissa Müller."

Mein Kollege und Dienstpartner Kommissar Roy Müller setzte sich abrupt auf. "Müller? Verwandschaft?"

Ich schüttelte den Kopf. "Keine Ahnung. Aber lass uns losfahren."

Wir sprangen in unseren alten Dienstwagen, dessen Motor aufbrüllte, als ich den Schlüssel drehte. Dr. Dr. Friedrich G. Förnheim wurde bereits informiert und würde vor Ort erwartet. Ich mochte Förnheim nicht besonders, und ich hatte keine Lust auf seine Arroganz, aber er war ein verdammt guter Forensiker. Es nieselte, und die Straße glänzte schwarz im morgendlichen Licht, als wir durch den Verkehr Richtung Blankenese fuhren.

Als wir Levenstraße 12 erreichten, parkte ich den Wagen und wir stiegen aus. Ein Streifenwagen und ein Krankenwagen waren bereits vor Ort. Eine Polizistin führte uns zum Tatort, das Penthouse des Hochhauses. Die gesamte Auffahrt wirkte wie aus einem Architekturmagazin, stilvoll, modern – und jetzt grausam entweiht durch den blanken Mord. Oben angekommen begegnete uns Förnheim, der gerade mit einem Assistenten sprach. Er sah zu uns herüber, sein Gesichtsausdruck wie immer herablassend.

"Uwe, Roy," begann er ohne Umschweife, "beschränkt euch darauf, nicht im Weg zu stehen."

"Förnheim," entgegnete ich trocken, "erzählen Sie uns, was passiert ist."

Er seufzte theatralisch und wies auf den makellosen Marmorboden, auf dem eine Blutlache langsam trocknete. "Das Opfer, Clarissa Müller, wurde mit einem Schuss in den Bauch getötet. Einschusswinkel deutet darauf hin, dass der Schütze von vorne kam, möglicherweise während eines Nahkampfes oder eines kurzen Gesprächs. Die Waffe war klein, wahrscheinlich eine Pistole vom Kaliber 9 mm. Eine tödliche Bauchverletzung durchschlug die Arterie; der Tod trat durch Verbluten innerhalb weniger Minuten ein."

Während Förnheim weitersprach, gingen Roy und ich weiter in den Raum hinein. Clarissa Müllers Körper lag dort, elegant in einem Kostüm gekleidet, das nun von ihrem Blut gefärbt war. Ihr Gesicht war entspannt, fast friedlich – ein seltsamer Kontrast zur Brutalität ihres Todes.

"Wir müssen alle möglichen Kontakte und Verbindungen des Opfers durchsuchen," sagte ich zu Roy. Er nickte zustimmend. "Wie sieht es mit verdächtigen Bewegungen um das Gebäude herum aus? Gibt es Aufnahmen von Überwachungskameras?"

Die Polizistin, die uns hereingeführt hatte, trat vor. "Die Überwachungskameras sind wegen Wartungsarbeiten seit zwei Wochen außer Betrieb, Kommissar."

"Natürlich," murmelte ich. "Ganz typisch." Mein Blick wanderte zu einem Laptop auf dem Schreibtisch. "Was ist mit digitalen Spuren? Emails, Nachrichten?"

Förnheim schob seine Brille zurecht und fuhr fort. "Ich habe meine Assistenten bereits angewiesen, die digitalen Geräte zu analysieren. Wir werden die Ergebnisse bald haben," sagte er gelassen. Es war das erste informierte – und informierende – Mal, dass ich ihm für seinen professionellen Eifer dankbar war.

Kurz darauf traf Dr. Gerold Wildenbacher ein. Sein Auftreten wirkte wie immer robust, sein Hemd zerknittert, aber seine Hände sicher und präzise. "Mahlzeit," grummelte er, als er das Blut um den Körper herum untersuchte. "Klassischer Fall einer inneren Verblutung. Sie muss sehr schnell gestorben sein."

"Gab es Anzeichen von Abwehrverletzungen oder Kampfspuren?" fragte ich.

"Nichts Offensichtliches," antwortete Wildenbacher. "Aber ich werde genauer nachsehen. Komm spätere wieder, dann weiß ich mehr."

Ich nickte. "Alles klar. Danke."

Nachdem wir alles notiert hatten, was wir vor Ort erfahren konnten, machten Roy und ich uns auf, mögliche Zeugen im Gebäude zu befragen. Im Fahrstuhl runzelte Roy die Stirn. "Blankenese also. Was denkst du, Uwe? Ein Liebhaber, ein Konkurrent, oder jemand, der aus dem Schatten kommt?"

"Keine Ahnung, Roy. Aber wir werden es herausfinden." Ich nahm einen tiefen Atemzug und versuchte, diesen leisen Anflug von Sorge zu verdrängen. Klar, wir hatten schon viele Fälle gelöst, aber es gab immer einen ersten Schritt. Jeder Meisterdieb hinterlässt ein Muster, und wir würden Clarissa Müllers letzten Tanz lüften.

Unser erstes Ziel war der Hausmeister, ein älterer Mann namens Herr Mertens, Mitte sechzig, der seit Jahren im Komplex arbeitete. Er putzte gerade das Treppenhaus, als wir ihm begegneten.

"Entschuldigen Sie, Herr Mertens," begann ich formell. "Ich bin Kommissar Jörgensen, und das ist mein Kollege Kommissar Müller. Wir möchten Ihnen einige Fragen stellen."

Er wirkte nervös, nickte aber zustimmend. "Natürlich, fragen Sie nur."

"Wissen Sie irgendetwas über Frau Müller? Ist Ihnen in den letzten Tagen etwas Ungewöhnliches aufgefallen?"

"Clarissa Müller war immer sehr freundlich, wenn auch verschlossen," antwortete er. "Sie hatte selten Besuch, zeigte nie viel von ihrem Privatleben. Aber gestern Abend... ich erinnere mich an Stimmen. Laute Stimmen, die aus ihrer Wohnung kamen. Es klang wie ein Streit."

Roy und ich tauschten einen Blick. "Können Sie sich erinnern, zu welcher Uhrzeit das war?" fragte Roy.

"Es muss kurz nach sieben gewesen sein," sagte Mertens nachdenklich. "Vor dem Regen. Ich dachte mir nichts dabei, aber... es war ungewöhnlich für sie."

Wir verabschiedeten uns und machten uns auf den Weg, weitere Bewohner des Gebäudes zu befragen. Ein Mosaik aus fragmentarischen Informationen begann sich vor unseren Augen zu formen. Ein Mosaik, das hoffentlich ein Bild ergeben würde. Wer war Clarissa Müller wirklich? Und wer profitierte von ihrem Tod?

Zurück im Präsidium gingen wir in unser Büro, das grelle Neonlicht spiegelte sich in den gestapelten Akten. Kriminaldirektor Jonathan Bock wartete schon mit einem kritischen, aber geduldigen Blick.

"Was habt ihr herausgefunden?" fragte er ohne Umschweife.

"Ein komplexer Fall, Chef," begann ich. "Möglicherweise war ein Streit als Auslöser. Keine klaren Täterhinweise bisher, aber wir arbeiten daran."

Bock nickte. "Setzt alles daran, den Fall zu lösen. Die Presse sitzt uns im Nacken."

"Dafür sind wir hier," fügte Roy trocken hinzu, und ich wusste, dass der Marathon zur Lösung dieses Mordes gerade erst begonnen hatte. Hamburg - seine Schatten und Geheimnisse - würden uns sichtbar machen, was in der Dunkelheit schlummerte.

*

Roy und ich saßen gerade wieder in unserem Büro, die Köpfe voll mit fragmentarischen Informationen und Fragen, als mein Magen laut knurrte. Es war klar: Wir brauchten eine Pause, um unsere Gedanken zu ordnen und uns etwas zu essen zu holen.

"Uwe, ich kann mich kaum konzentrieren, wenn mein Magen so laut protestiert," sagte Roy lachend. "Lass uns 'ne Pause machen und ein Fischbrötchen schnappen. Wie wär’s mit der Fischbrötchenbude an den Landungsbrücken? Die haben die besten hier in der Stadt."

Ich nickte. "Gute Idee. Ein Fischbrötchen klingt perfekt. Vielleicht bringt das auch ein wenig Klarheit in die Gedanken."

Die Fahrt zu den Landungsbrücken war wie ein kleiner Kurzurlaub. Das Panorama des Hafens öffnete sich in seiner majestätischen Weite vor uns, die Schiffe schaukelten sanft im Wasser und Möwen kreischten über unseren Köpfen. Selbst an einem regnerischen Tag wie heute hatte dieser Ort seine Magie.

Wir parkten das Auto und gingen zur uns wohlbekannten Fischbrötchenbude. Die Schlange war mittelmäßig, aber ich hatte das Gefühl, dass unsere Ermittlerabzeichen uns in Hamburg so manche Wege öffneten, also stellten wir uns an und warteten.

"Zwei Matjesbrötchen, bitte," bestellte Roy, während ich den Blick über das fröhliche Treiben gleiten ließ. Hier, an diesem Ort, war alles so friedlich. Der Gegensatz zu dem blutverschmierten Marmorboden in Clarissa Müllers Penthouse könnte kaum größer sein.

Als wir schließlich unsere Brötchen in den Händen hielten, setzten wir uns auf eine der Bänke in der Nähe, mit Blick auf die Elbe. Jeder Bissen war eine willkommene Ablenkung von den düsteren Gedanken des Morgens, eine Chance, kurz durchzuatmen und Energie zu tanken.

"Was denkst du, Uwe?" fragte Roy zwischen zwei Bissen. "Wer könnte ein Motiv gehabt haben, Clarissa Müller zu töten? Sie schien gut vernetzt zu sein, aber meistens auf der rechten Seite des Gesetzes. Gab es vielleicht etwas, das wir nicht kennen?"

Ich kaute langsam und überlegte. "Das ist die Frage, nicht wahr? Wir wissen, dass sie als Anwältin hoch angesehen war. Aber was, wenn sie mehr als nur ehrliche Klienten hatte? Vielleicht hat sie sich mit den falschen Leuten eingelassen. Mertens hat von einem Streit gesprochen, und dieser Viktor 'Der Wolf' könnte eine heiße Spur sein."

Roy nickte und sah nachdenklich über das Wasser. "Du hast recht. Wir sollten auch herausfinden, ob es Verbindungen zwischen ihr und Viktors Organisation gibt. Und was ist mit Förnheims Analyse der digitalen Geräte? Vielleicht finden wir dort Hinweise auf ihre letzten Kontakte und Aktivitäten."

"Genau," stimmte ich zu. "Und wenn es diese digitale Spur gibt, dann wird Förnheim sie finden."

Während wir weiter aßen, ließ ich meinen Blick erneut über die Elbe schweifen. Dieser Job brachte uns oft an die dunkelsten Orte der Stadt, aber es waren auch diese kleinen Momente, die uns an die Schönheit von Hamburg erinnerten. Den Moment genießen, bevor wir zurück in die Schatten tauchten.

Nachdem wir unsere Fischbrötchen gegessen hatten, fühlte ich mich gestärkt und bereit für den nächsten Schritt. Wir machten uns auf den Weg zurück zum Präsidium, um Förnheims Bericht abzuwarten und unsere Ermittlungen fortzusetzen.

Zurück im Büro ließ sich auf Anfrage schnell ein Termin mit Förnheim arrangieren, und kaum angekommen, begrüßte uns wie erwartet sein überheblicher Gesichtsausdruck.

"Ah, die Herren Kommissare. Sie sind also noch immer mit der Aufklärung beschäftigt? Wie schön." Dabei schnipste er mit den Fingern und wies mit einem schnippischen Handzeichen auf einen Laptop. "Ich habe alle relevanten Daten von Frau Müllers Geräten extrahiert. Interessanterweise gibt es da einiges, was Ihre Aufmerksamkeit verdienen könnte."

Förnheims Bericht war wie ein Pulverfass im Gerichtsgebäude. Emails, verschlüsselte Nachrichten und akribisch geführte Notizen, die ihre Verbindungen zu verschiedenen Akteuren der Dunkelwelt aufzeigten – darunter auch Viktor 'Der Wolf'. Es war klar, dass Clarissa Müller tiefere Verbindungen zu den kriminellen Strukturen Hamburgs hatte, als wir ursprünglich vermutet hatten.

"Sehen Sie hier, das sind Protokolle von Nachrichtenaustauschen mit einem Absender unter dem Namen 'Lupus'. Ich war so freundlich, das für Sie zu entschlüsseln – um keine Zeit mit Ihrer mangelnden Technikkenntnis zu verschwenden." Förnheim grinste überlegen.

Ich überflog die Entschlüsselungen. "Danke, Förnheim. Das war tatsächlich nützlich," sagte ich, während ich mir Notizen machte und die Details verdaut.

Roy lehnte sich zurück und seufzte. "Das eröffnet eine ganze neue Dimension, Uwe. Wir müssen dringend Viktor finden und befragen. Und vielleicht auch nachsehen, wer sonst im Dunstkreis ihrer geschäftlichen Machenschaften existiert."

"Auf jeden Fall," stimmte ich zu. "Lasst uns sehen, was wir aus Viktor herausholen können – und was noch an Daten im Schatten lauert. Hamburg hat seine Geheimnisse, und wir sind hier, um sie zu lüften."

“Kommen Sie nachher nochmal vorbei, dann habe ich vielleicht noch mehr für Sie”, sagte Förnheim.

Mit diesen neuen Informationen machten wir uns wieder an die Arbeit. Der Fall wurde tiefer und komplizierter, aber auch umso herausfordernder. Und hier draußen, in der Weite der Stadt, wartete irgendwo die Wahrheit darauf, von uns ans Licht gebracht zu werden.

*

Dr. Gerold Wildenbacher war nicht nur ein Veteran im Rechtsmedizinischen Institut, sondern auch ein Mann, der es schaffte, seine Arbeit so effektiv wie möglich zu erledigen, ohne viel Reden zu verlieren. Als Roy und ich sein Büro betraten, fand ich ihn tief über einem Leichnam gebeugt, dessen Identität glücklicherweise nicht ins Rampenlicht unserer aktuellen Ermittlungen trat.

„Ah, die Herrschaften,“ brummte er zur Begrüßung, ohne seine Arbeit zu unterbrechen. „Müller liegt bereit. Folgt mir.“

Er führte uns in einen gekühlten Nebenraum, wo Clarissa Müllers Körper auf dem Seziertisch lag, bedeckt mit einem weißen Laken. Dr. Wildenbacher zog es mit einer routinierten Geste zurück und zeigte auf den sauber genähten Schnitt in ihrem Bauch.

„Hier haben wir’s. Der Schuss ging durch die Bauchdecke und hat die Aorta getroffen. Innerhalb weniger Minuten hat sie massive innere Blutungen erlitten, und es war vorbei. Todesursache ist offiziell verbluten.“

„Gab es Anzeichen von Kampfspuren oder Abwehrverletzungen?“ fragte ich, während ich die Notizen in meinem Block überprüfte.

„Nein,“ antwortete er knapp. „Keine Abwehrverletzungen, keine Kampfspuren. Entweder sie wurde überrascht, oder sie kannte den Angreifer gut genug, um keinerlei Widerstand zu leisten.“

Roy furchte die Stirn und nickte langsam. „Also jemand, den sie in ihrer Nähe toleriert hat. Gab es sonstige Auffälligkeiten?“

Dr. Wildenbacher hob die Hand und deutete auf einige weitere Stellen am Körper. „Es gibt leichte Prellungen an ihren Handgelenken und ein paar alte Narben. Nichts besonders Aufschlussreiches, aber sie hatte offensichtlich ein paar kleinere Auseinandersetzungen in der Vergangenheit. Die Substanzanalysen zeigen auch eine erhöhte Konzentration von Koffein und Spuren von Benzodiazepinen in ihrem Blut. Die Benzos könnten ein Hinweis darauf sein, dass sie unter Stress stand, vielleicht leichte Schlafmittel.“

„Interessant,“ murmelte ich. „War sonst irgendetwas Ungewöhnliches?“

„Nun, wenn man den unschönen Zustand der inneren Organe durch das Verbluten außer acht lässt, nichts weiter Außergewöhnliches. Die Kugel, die sie getötet hat, war sauber. Keine Hinweise auf Gift, keine sonstigen Verletzungen. Ganz professioneller Job, könnte man sagen. Die Kugel ist übrigens intakt. Ihre Leute von der Spurensicherung haben sie schon.“

Ich nickte und machte mir eine Notiz. „Danke, Doktor. Das hilft uns weiter.“

Wildenbacher nickte kaum merklich. „Jederzeit, Kommissare. Ach, und eine Sache noch – sollte etwas noch Unvorhergesehenes auftauchen, melde ich mich sofort.“

Wir verließen die kalte Stille der Gerichtsmedizin und traten hinaus auf die Straßen Hamburgs, wo der Regen mittlerweile aufgehört hatte, nur um eine kalte, klare Luft zu hinterlassen.

„Also, was haben wir?“ fragte Roy.

„Wir haben eine Person, die Clarissa Müller nahe genug stand, um sie zu überraschen, aber auch professionell genug, um keine unnötigen Spuren zu hinterlassen,“ antwortete ich. „Ein bisschen zu ordentlich für einen zufälligen Angreifer. Wenn wir diese Person finden, sind wir dem Täter ein ganzes Stück näher.“

Roy nickte zustimmend. „Lassen wir Förnheim weiter die digitalen Spuren durchsuchen und konzentrieren uns auf Viktors Verbindungen. Wir müssen mehr darüber herausfinden, was Clarissa in die kriminellen Netze hineingezogen hat.“

„Genau,“ bestätigte ich und trat entschlossen in Richtung unseres unersetzlichen Dienstwagens. Hamburgs Straßen warteten darauf, durchkämmt und durchdrungen zu werden – immer auf dem schier endlosen Streben nach Antworten in einem Spiel, das komplexer war, als wir es je erwartet hatten.

*

Zurück im Polizeihauptpräsidium gingen Roy und ich direkt in unser Büro. Kriminaldirektor Jonathan Bock wartete bereits auf uns, sein Gesichtsausdruck war ernst und aufmerksam. Er stand vor dem großen Fenster, das einen Blick auf die graue Hamburger Skyline bot, schien jedoch tief in Gedanken versunken.

„Direktor Bock,“ begann ich, als wir eintraten. „Wir haben einige neue Erkenntnisse aus der Gerichtsmedizin und von Förnheim.“

Bock wandte sich um, und sein kritischer Blick fiel auf uns. „Setzen Sie sich und erzählen Sie.“

Roy und ich nahmen Platz, und ich begann mit den Berichten. „Dr. Wildenbacher hat bestätigt, dass das Opfer durch einen Schuss in den Bauch getötet wurde, der die Aorta traf. Der Tod trat innerhalb weniger Minuten durch Verbluten ein. Es gab keine Kampfspuren oder Abwehrverletzungen, was darauf hindeutet, dass sie den Angreifer kannte oder zumindest nicht mit einem Angriff rechnete.“

„Ein sauberer Job also,“ murmelte Bock und strich sich nachdenklich über das Kinn. „Weiter.“

„Förnheim hat die digitalen Geräte des Opfers untersucht,“ fuhr ich fort. „Mehrere Nachrichten und Emails deuten darauf hin, dass sie tiefer in kriminelle Netzwerke verstrickt war, als wir ursprünglich vermutet hatten. Eine regelmäßige Kommunikation mit einem gewissen ‚Lupus‘ – einem Decknamen für Viktor ‚Der Wolf‘, der in Hamburgs Unterwelt eine bekannte Größe ist. Es scheint, als hätte sie für oder gegen ihn gearbeitet.“

Roy ergänzte: „Wir haben auch Hinweise gefunden, dass sie unter erheblichem Stress stand – Spuren von Benzodiazepinen in ihrem Blut. Sie könnte dabei gewesen sein, etwas Großes aufzudecken oder war möglicherweise erpresst worden.“

Bock nickte bedächtig. „Das fügt sich allmählich zusammen. Aber wir haben noch keine direkten Beweise, die uns zu Viktor führen oder die beweisen, dass er der Täter ist.“

„Nein,“ bestätigte ich. „Aber wir arbeiten daran. Wir müssen mehr über Clarissas Verbindungen zu Viktor und ihrem persönlichen Umfeld herausfinden. Vielleicht gibt es jemanden, der mehr über ihren Zustand in den letzten Tagen weiß.“

„Gut,“ sagte Bock und lehnte sich gegen seinen Schreibtisch. „Ich habe den Bürgermeister und die Presse im Nacken, die Antworten fordern. Und zwar schnell. Deshalb setze ich alles daran, dass wir diesen Fall so schnell und effektiv wie möglich lösen. Verstehen Sie?“

„Ja,“ antworteten Roy und ich einstimmig.

„Was haben Sie als Nächstes vor?“ wollte Bock wissen.

„Wir werden Viktors Umfeld genauer unter die Lupe nehmen und versuchen, jemanden zu finden, der bereit ist, uns Informationen zu geben. Außerdem werden wir uns umsehen, wer in Clarissas Kreisen einen Grund hatte, sie aus dem Weg zu räumen,“ erklärte ich.

„Tun Sie das,“ sagte Bock. „Und informieren Sie mich regelmäßig über Ihre Fortschritte. Ich erwarte Ergebnisse.“

Mit diesen Worten entließ er uns, und Roy und ich machten uns wieder auf den Weg. Die drückende Schwere des Falles lag wie eine unsichtbare Last auf unseren Schultern. Aber wenn es eines gab, auf das wir uns verlassen konnten, dann war es die Tatsache, dass wir uns durch jedes Detail arbeiten würden, bis wir die Wahrheit ans Licht brachten.

Auf dem Flur stoppten wir kurz und tauschten einen Blick aus. „Also, was zuerst? Nochmal Förnheim oder das Umfeld von Viktor?“ fragte Roy.

„Lass uns nochmal Förnheim einen Besuch abstatten und sehen, ob er noch etwas Nützliches gefunden hat. Danach nehmen wir uns Viktor und sein Netzwerk vor,“ entschied ich.

Wir machten uns auf den Weg zum Forensiker-Labor, wo der gleichermaßen geniale wie arrogante Dr. Dr. Friedrich G. Förnheim bereits auf uns wartete. Die Räume seines Labors waren kühl und klinisch, mit einer sterilen Genauigkeit, die seine Persönlichkeit widerspiegelte.

Förnheim erhob kaum seinen Blick von seinen Bildschirmen, als wir eintraten. „Ah, die Herren Kommissare schon wieder. Was kann ich für Sie tun?“

„Haben Sie noch etwas Interessantes auf den Geräten der verstorbenen Clarissa Müller gefunden?“ fragte ich, bemüht, meine Ungeduld zu unterdrücken.

„Nun,“ begann Förnheim mit einem selbstgefälligen Grinsen, „es scheint, dass Frau Müllers Leben reich an dunklen Geheimnissen war. Neben der Kommunikation mit Viktor gibt es Hinweise auf finanzielle Transaktionen, die nicht ganz legal erscheinen. Verschlüsselte Überweisungen und verdeckte Investments in diverse Schattenfirmen. Interessanterweise taucht immer wieder der Name ‚Lupus‘ auf.“

„Können Sie diese Transaktionen zu bestimmten Personen zurückverfolgen?“ fragte Roy.

„Das ist nicht trivial,“ gab Förnheim zu, ohne seine Überheblichkeit zu verlieren. „Aber ich habe bereits begonnen, die Fäden zu entwirren. Es dauert jedoch noch ein wenig.“

„Gut, lassen Sie es uns wissen, sobald Sie etwas Handfestes haben,“ sagte ich. „Und, Förnheim, dankeschön. Das ist wirklich hilfreich.“

Förnheim grinste. „Ich bin mir sicher, dass Sie das denken.“

Mit den neuen Informationen machten Roy und ich uns auf, Viktor und sein Netzwerk tiefer zu durchleuchten. Es war Zeit, in die tiefsten Schatten Hamburgs einzutauchen, wo Machtspiele und Verrat alltäglich waren. Gemeinsam gingen wir dem Mysterium auf den Grund, das tief in den versteckten Gassen dieser Stadt verborgen war. Ein neuer Tag, eine neue Spur, und eine unersättliche Jagd auf die Wahrheit – die endlich ans Licht kommen musste.

*

Roy und ich entschieden uns, als nächstes das Umfeld von Viktor "Der Wolf" unter die Lupe zu nehmen. Wir hatten bereits einige Namen aus unseren früheren Ermittlungen, die in Viktors Dunstkreis operierten. Einer der vielversprechendsten war Hassan, der Besitzer von "Aladdin's Höhle", einem Shisha-Bistro, das als Treffpunkt für verschiedene Clan-Mitglieder und zwielichtige Gestalten bekannt war.

"Aladdin's Höhle" lag in einer belebten Seitenstraße, nicht weit entfernt von der Reeperbahn. Die knallbunte Fassade und die silbrigen Rauchschwaden, die aus der Tür kamen, strahlten einen exotisch-verführerischen Reiz aus. Innen war die Atmosphäre dunkel, dicht und gesättigt mit dem schweren Duft von Shisha-Tabak. Menschen saßen an niedrigen Tischen, nippten an Minztee und sprachen in gedämpften Stimmen.

Hassan, ein muskulöser Mann in den Vierzigern mit einem kantigen Gesicht und einer goldenen Kette um den Hals, stand hinter der Theke und beobachtete das Treiben im Lokal argwöhnisch. Als er uns sah, verzog er keine Miene. Wir schoben uns durch das Gewusel direkt auf ihn zu.

"Herr Hassan," begann ich, während ich meinen Ausweis zeigte. "Kommissar Jörgensen und das ist mein Kollege Kommissar Müller. Wir brauchen ein paar Minuten Ihrer Zeit."

Hassan nickte knapp. "Kommissare. Wie kann ich helfen?"

"Wir ermitteln im Mordfall Clarissa Müller," sagte ich. "Sie hatten offenbar Kontakt zu Viktor ‚Der Wolf‘. Wir brauchen Informationen über die letzten Aktivitäten von Clarissa Müller und wissen, ob sie in den letzten Tagen hier war."

Sein Gesicht blieb ausdruckslos, doch ein Funken von Nervosität flackerte in seinen Augen auf, den er schnell zu unterdrücken versuchte. "Clarissa Müller... ja, sie war ein paar Mal hier. Häufiger in den letzten Wochen, um genauer zu sein."

"Was war der Grund für ihre Besuche?" fragte Roy.

Hassan zögerte einen Moment, bevor er antwortete. "Geschäftliche Angelegenheiten. Sie hat sich mit Viktor und einigen seiner Leute getroffen. Es ging immer um diskrete Unterhaltung, nichts, was öffentlich gemacht werden sollte."

Ich beugte mich ein Stück weiter vor. "Wissen Sie, worum es in diesen Gesprächen ging?"