Am Ort der Macht - Alfred Bekker - E-Book

Am Ort der Macht E-Book

Alfred Bekker

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Beschreibung

Nur noch wenige Menschen, an ihrer Spitze Ren Dhark, sind dazu bereit für den Erhalt der Erde als Heimat der Menschheit zu kämpfen. Doch um Terra zu retten, muss Dhark die Synties aufspüren. Einen ersten Hinweis auf ihren Verbleib findet er Am Ort der Macht.

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Ren Dhark

Weg ins Weltall

 

Band 2

Am Ort der Macht

 

von

 

Conrad Shepherd

(Kapitel 1 bis 5)

 

Alfred Bekker

(Kapitel 6 bis 10)

 

Uwe Helmut Grave

(Kapitel 11 bis 15)

 

Achim Mehnert

(Kapitel 16 bis 19)

 

und

 

Hajo F. Breuer

(Exposé)

Inhalt

Titelseite

Prolog

1.

2.

3.

4.

5.

6.

7.

8.

9.

10.

11.

12.

13.

14.

15.

16.

17.

18.

19.

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Impressum

Prolog

Im März des Jahres 2065 steht die Menschheit vor einer Zerreißprobe: Die Bewohner Terras sind nach Babylon evakuiert, wo Henner Trawisheim, der amtierende Commander der Planeten, die Zentrale des neuen Terra schaffen will. Nur noch 20 Millionen Menschen sind auf der mittlerweile völlig vereisten Erde zurückgeblieben.

Doch es ist Ren Dhark und seinen Mitstreitern gelungen, den Abfluß der Materie von unserer Sonne zu stoppen, indem sie die Hyperraumstation zerstörten, die kontinuierlich Masse aus der Sonne abzog und nach Proxima Centauri transferierte.

Als darüberhinaus die Synties, tropfenförmige Energiewesen aus dem All, sich aus alter Freundschaft zur Menschheit und vor allem zu Ren Dhark bereit erklären, die verlorengegangene Masse der Sonne durch neuen interstellaren Wasserstoff zu ergänzen und sie wieder so stark zu machen wie zuvor, scheint der glückliche Ausgang der Katastrophe gewiß.

Trotzdem läßt Henner Trawisheim die Evakuierungsaktion fortsetzen. Traut er den Synties nicht, oder verfolgt er eigene geheime Ziele? Die Frage wird bald überflüssig, als eine unbekannte Kraft die Synties aus dem Sonnensystem absaugt: Ohne die spurlos verschwundenen Helfer ist die Erde nicht mehr zu retten!

Resigniert beteiligt sich Ren Dhark mit seiner POINT OF an der weiteren Evakuierungsaktion. Doch nach ihrem Abschluß will er die Synties suchen, auch wenn er nicht den allerkleinsten Hinweis auf ihren Verbleib hat. Langsam faßt er wieder Mut – als eine bisher unbekannte Spezies aus den Tiefen des Alls auftaucht und die Erde zu ihrer neuen Heimat erklärt! Und dieses Volk scheint wie geschaffen für ein Leben in arktischer Kälte.

Die Eisläufer oder Riiin, wie sie sich selbst nennen, landen an beiden Polen und nehmen die Erde von dort aus in Besitz. Verzweifelt versucht Ren Dhark, auf Babylon Hilfe für die Heimat der Menschheit zu bekommen – doch Henner Trawisheim läßt ihn eiskalt abblitzen. Auch Terence Wallis, der Herrscher von Eden, will seine noch junge Welt nicht in einen Krieg verwickeln.

Auf dem Rückflug nach Terra macht die POINT OF Bekanntschaft mit einer unheimlichen Waffe der Eisläufer: dem Relativitätswerfer, der die Zeit rings um ein getroffenes Schiff um den Faktor 104 verlangsamt.

Trotzdem gelingt Ren Dhark der Durchbruch nach Cent Field. Doch die Invasoren setzen nach, und es bleibt nichts anderes übrig, als das Feuer auf sie zu eröffnen. Ein Großkampfschiff der Riiin wird getroffen und stürzt brennend ab – mitten ins Stadtzentrum von Alamo Gordo…

1.

Terra, Vergangenheit: Oktober 2064

 

»Wie lange noch?« fragte Ren Dhark nervös. Der 1,79 Meter große, weißblonde Commander blickte aus zusammengekniffenen Augen auf die Vorgänge in der Bildkugel.

»Nur noch wenige Minuten bis zum Aufschlag!« antwortete Hen Falluta nicht minder angespannt.

»Was ist mit der Funkverbindung in Bruder Lamberts Hauptquartier?«

»Tut mir leid, Commander, noch immer keine Antwort!« rief Morris aus der Funk-Z.

»Verdammt!« machte Dan Riker seinem Ärger über die Situation Luft. »Was tun wir?«

»Was können wir tun?« stellte Leon Bebir die Gegenfrage.

»Zerstören!« schlug Hen Falluta vor. »Zerlegen wir den Eisläuferkahn durch konzentrierte Nadelstrahlsalven in kleine Stücke!«

»Davor muß ich warnen«, ließ sich der Checkmaster über die Lautsprecher in der Zentrale für alle vernehmbar hören. »Kein weiterer Beschuß! Die Explosion des riesigen Schiffes über der Stadt würde diese nach meinen Berechnungen ebenso verwüsten wie sein Einschlag.«

»Sind wir denn zum Nichtstun verurteilt?« Zornig und ratlos zugleich blickte Dan Riker in die Runde, nur um dann wieder den Fortgang der Katastrophe zu verfolgen.

Die Bildkugel zeigte es in erschreckender Deutlichkeit: Eine lange Wirbelschleppe aus schwarzem Rauch hinter sich herziehend, raste der gewaltige Zylinder des Großkampfschiffes der Eisläufer (oder Riiin, wie sie sich selbst nannten) aus der Stratosphäre geradewegs Alamo Gordo entgegen. Jedem an Bord der POINT OF war klar, daß der Aufprall des Gigantraumers im Zentrum der Stadt eine vernichtende Hölle entfesseln würde.

Zuerst hatte es den Anschein gehabt, als würde das von einer Salve Nadelstrahlen aus der Waffensteuerung Ost mitten ins Herz getroffene Eisläuferschiff mit kollabiertem Schutzschirm in den Raum steigen und sein Heil in der Flucht suchen. Doch dann stoppte es seine Aufwärtsbewegung und begann, dem Sog der Schwerkraft folgend, wieder auf die Oberfläche zurückzufallen.

Mit großer Anspannung verfolgte jeder in der Zentrale das sich abzeichnende Desaster.

»Hat denn niemand eine Idee, wie wir die Katastrophe von der Stadt abwenden können?« fragte Dan erneut, lauter diesmal, aggressiver.

Der Stellvertretende Kommandant der POINT OF war nur unwesentlich kleiner als der Commander; sein breiter Mund war zusammengepreßt, die blauen Augen unter dem schwarzen Haarschopf hatten sich verdunkelt. Auf seinem vorstehenden Kinn zeichnete sich der rote Fleck ab, der immer dann erschien, wenn er in Erregung geriet.

»Ich habe eine Idee«, ließ sich Ren Dhark hören. »Aber dazu müßten wir endlich Kontakt mit dem Hauptquartier Lamberts bekommen.«

Als wären seine Worte ein Signal gewesen, meldete sich Glenn Morris aus der Funk-Z. »Das Büro von Bruder Lambert gibt Antwort.«

»Endlich! Höchste Zeit!« knurrte Ren Dhark. »Auf meine Konsole.«

Der Kurator Terras, ein tiefgläubiger Christ, meldete sich persönlich. »Commander?« begann er, um augenblicklich von Ren Dhark unterbrochen zu werden.

»Hören Sie zu«, sagte Ren hart und scharf. »Die Stadt ist nur zu retten, wenn Sie meine Anweisungen genau befolgen!«

»Ich höre«, antwortete der ruhige Mann mit seiner sanften, fast melodischen Stimme, die keine Rückschlüsse auf die Anspannung durch den bevorstehenden Absturz des riesigen Riiin-Kampfschiffes zuließ, unter der auch Bruder Lambert stehen mußte.

»Geben Sie Ihren um die Stadt verteilten Truppen Befehl, das Eisläuferschiff mit allen zur Verfügung stehenden PressMod-Geschützen anzuvisieren, aber erst dann zu schießen, wenn das Kommando dazu von uns kommt. Verstanden?«

Hen Falluta stieß einen überraschten Laut aus.

»Raffiniert«, murmelte er anerkennend, als er erkannte, was sein Commander damit bezweckte. »Das hätte mir auch einfallen können. Die PressMods! Natürlich!«

Pressorstrahlen waren eine Schwerkraftwaffe aus der Hinterlassenschaft der Giants und in der Lage, enorme Druckeffekte zu erzeugen, die sogar auf Intervallfelder einzuwirken vermochten, wie es sich herausgestellt hatte – obwohl sie nicht wirklich in der Lage waren, diese aufzubrechen. Seit der Entschlüsselung dieser Technik gehörten mobile, auf Schwebeplattformen montierte Pressorgeschütze zur Ausrüstung der terranischen Streitkräfte.

Anfang 2063 waren erstmals modifizierte und dabei erheblich verkleinerte Pressorgeschütze aufgetaucht, die von den sogenannten Gäa-Jüngern, einer politischen Splittergruppe, entwickelt worden waren.

Die hatten diese Kleingeschütze auch an andere Splittergruppen geliefert, darunter die Aufrechten, die mit den Waffen die Intervalle von vier Flash zum Zusammenbruch gebracht und die Beiboote zur Notlandung gezwungen hatten.

Erst durch einen Hinweis von Ren Dhark an Bernd Eylers hatte die GSO von der Existenz dieser im Untergrund modifizierten Waffe Kenntnis erlangt, die inzwischen zur Standardbewaffnung der auf Terra verbliebenen Splittergruppen avanciert war.

»Haben Sie verstanden?« wiederholte der Commander noch einmal mit Nachdruck. »Beeilen Sie sich, Bruder Lambert. Ihnen läuft die Zeit davon!«

Die dunklen Augen über der spitzen Nase des Kurators verengten sich, als er Dharks eindringliche Worte hörte, dann nickte er rasch mehrmals hintereinander. »Ich werde es veranlassen«, sagte er und wandte sich ab, um seinen Worten Taten folgen zu lassen. »Sie hören von mir«, sagte er noch, ehe er sich ausklinkte.

»Hoffentlich«, knurrte Ren Dhark und wurde von dem Gefühl geplagt, daß sein Vorschlag zu spät kam. Aber mitunter trogen Gefühle – zum Glück. Vor allem in diesem Fall. »Wieviel Zeit noch?«

»Vierzig Sekunden«, beantwortete Tino Grappa die Frage.

Dhark preßte die Lippen zu einem schmalen Strich zusammen.

Der mächtige Rumpf des Riiin-Großkampfschiffes füllte die zentrale Bildkugel aus.

Die Waffen der POINT OF hatten den Raumer mitten ins Zentrum seines Antriebs getroffen und Meiler und Konverter hochgehen lassen. Die Explosionen hatten klaffende Wunden in die Flanken gerissen und ganze Sektionen nach außen katapultiert.

Die Spuren der Nadelstrahlsalve waren unübersehbar: Brände loderten, schwarze und graue Rauch- und Dampfsäulen schossen wie aus überbeanspruchten Ventilen in die Atmosphäre. Explosionsblitze entzündeten die Flammen ständig neu, die das Werk der Zerstörung vollendeten.

Wie ein flammender Höllenbote fiel das Wrack auf Alamo Gordo herab; das Ausmaß des Unheils, das vom Himmel tobte, ließ manchem Betrachter in der POINT OF das Blut in den Adern gerinnen.

… und ich sah einen Stern gefallen auf die Erde. Und ihm ward gegeben der Schlüssel zum Abgrund…zitierte Dhark im stillen aus dem Buch der Offenbarung.

Zehn Sekunden vor dem Einschlag meldete Lambert Vollzug, und der Checkmaster gab über die offene Funkphase das Feuerkommando an die Geschützstellungen rings um Alamo Gordo.

»Jetzt!« rief Hen Falluta unterdrückt.

Am Himmel vollzog sich ein merkwürdiges Schauspiel; es war, als würde ein Film angehalten werden.

Der fallende, waidwund geschlagene Riiin-Raumer gefror zu einem Standbild, als hätte ihn die Hand eines Riesen gestoppt; lediglich die ständigen Explosionen machten deutlich, daß es sich nicht um ein Bild handelte.

Dann begann der »Film« rückwärts zu laufen; der halbzerstörte Kampfkreuzer setzte sich wieder in Bewegung, aufwärts diesmal. Fast vermeinte man in der Zentrale der POINT OF ein widerwilliges Kreischen zu hören, mit dem das zu zwei Dritteln zerstörte und ständig weiter in Auflösung begriffene Eisläuferschiff dem ungeheuren Druck der PressMod-Batterien nachgab und sich von der Oberfläche entfernte.

»Beim Jupiter!« Die Stimme klang überrascht. »Es klappt!«

»Warum soll es nicht funktionieren?« erwiderte Falluta auf Bebirs Äußerung. »Ich war…« Er verstummte mit einem betroffenen Laut.

Jemand in der Zentrale sagte voller Inbrunst: »Mist!« Und dann noch einmal: »Mist!«

Dhark verzog das Gesicht, dachte aber das gleiche.

Was da am Himmel über Alamo Gordo geschah, entsprach nicht ganz dem, was Dhark und die anderen sich von der Aktion »PressMod-Beschuß« erhofft und erwartet hatten. Das konzentrierte Feuer aus den Pressorgeschützen trieb den Raumgiganten nicht wie geplant ins All zurück, sondern im hohen Bogen in Richtung der Sacramento-Berge.

»Was ist da schiefgelaufen?« warf Dan Riker die Frage in den Raum, ohne wirklich eine Antwort zu erwarten.

Der Checkmaster hatte dennoch eine.

»Eine Geschützbesatzung hat exakt 0,9846 Sekunden vor allen anderen gefeuert«, kam seine emotionslose Erklärung der Geschehnisse am Himmel über Alamo Gordo. »Deshalb wurde das Schiff nicht wie vorgesehen in gerader Linie in den Raum zurückgeschleudert, sondern aus der berechneten Bahn geworfen.«

»Vermutlich ist die Geschützbesatzung angesichts des auf sie herabstürzenden Raumgiganten nervös geworden und hat deswegen zu früh reagiert«, bemerkte Hen Falluta.

»Irgendwie nachvollziehbar«, kommentierte Dan Riker; der Stellvertretende Kommandant der POINT OF hatte sich vorgebeugt und verfolgte das Ende des Riiin-Raumers aus zusammengekniffenen Augen. Das Eisläuferschiff verschwand aus der Beobachtung, als es hinter einen weit entfernten Bergkamm stürzte, wo es beim Aufprall in einem grellen Aufleuchten explodierte. Als sich das Explosionsgewitter in der Bildkugel legte, nahmen die Umrisse der tief verschneiten Metropole wieder Konturen an; Alamo Gordo war unversehrt dem Armageddon entkommen.

»Das war’s wohl«, sagte einer der Brückenoffiziere.

Dhark runzelte die Brauen. »Glenn – irgendwelche Notrufe aufgefangen?«

»Nichts«, gab der Funkoffizier zurück.

Wonzeff meldete sich aus der 001; sein Flashgeschwader hatte sich zu der Absturzstelle begeben und umkreiste das Areal hinter den Bergen.

»Wie sieht es aus, Pjetr?« erkundigte sich Ren Dhark. »Überlebende?«

»Keine«, versicherte Wonzeff nach einer Sekunde des Zögerns, in der er seine Anzeigen konsultierte. »Meine Instrumente registrieren keinerlei Lebenszeichen mehr in dem Haufen glühenden Metalls, das der Absturz übriggelassen hat. Die Eisläufer sind alle umgekommen.«

»Das kann ich nur bestätigen«, sagte Ortungsoffizier Grappa. »Es gibt keinerlei biologische Impulse mehr aus dem Innern.«

Auf einem Nebenschirm seiner Konsole sah Dhark, wie Wonzeff abdrehte. Die Flash nahmen wieder Kurs auf Alamo Gordo; über die noch offene Phase hörte der Commander die Stimme des Ukrainers, der seinen Geschwaderpiloten befahl, erneut die Jagd auf die Raumjäger der Fischköpfe aufzunehmen.

Dhark sog mit einem scharfen Geräusch die Luft ein, dann wandte er sich an die Funkzentrale. »Schaffen Sie mir eine Verbindung zu Ischko, Glenn«, befahl er, »und machen Sie es dringend!«

»Ich tue mein Bestes, Commander«, versprach Morris.

Auch diesmal ließ sich der Befehlshaber der Riiin-Invasionsflotte unverhältnismäßig viel Zeit mit der Antwort.

»Was glaubt dieser Lametta-Heini eigentlich, wen er vor sich hat?« schimpfte Hen Falluta grimmig.

Die wenig respektvolle Bezeichnung für den Großadmiral der Riiin durch den Ersten Offizier der POINT OF kam nicht von ungefähr; als sich Ischko zum erstenmal in der Bildkugel der Besatzung des Ringraumers gezeigt hatte, war seine farbenprächtige Uniform in Operettenmanier regelrecht überladen mit unzähligen fremdartigen Dekorationen, vermutlich Medaillen und Verdienstorden oder was auch immer. Fortan jedenfalls hatte das Oberhaupt der Riiin seinen wenig schmeichelhaften Titel weg: Lametta-Ischko.

»In der Tat fängt er an, meine Geduld zu strapazieren«, sagte Dhark und blickte finster.

Seine Laune sank noch um einige Grade weiter, ehe sich Ischko schließlich dazu herabließ, auf die Rufe der Terraner zu antworten.

»Was wollen Sie?« übersetzte der Translator die Worte des Wahldiktators. »Kapitulieren?«

Falluta stieß einen Laut aus, der seinen ganzen Unmut zum Ausdruck brachte, und setzte zu einer geharnischten Erwiderung an. Eine Handbewegung Dharks hieß ihn schweigen.

»Sie verkennen die Tatsachen«, behauptete der Commander mit unterkühlter Stimme. »Nein, was ich Ihnen vorschlagen möchte, ist ein Waffenstillstand.«

»Warum sollte ich dieser Forderung nachkommen, Mensch?« ließ sich Ischko zu einer Äußerung herab. »Ihre Bemerkung zeigt doch nur, daß Sie vor einer Niederlage stehen und nur versuchen, Zeit zu gewinnen, um Ihren Rückzug zu sichern.« Beim Sprechen präsentierte er die scharfen, haiartigen Zahnreihen, über die die Riiin verfügten und deren Entblößung sie gern als Drohgebärde einsetzten.

»Sie irren sich«, entgegnete Dhark noch kühler, »wir stehen keineswegs vor einer Niederlage. Auch wenn Sie über eine nicht unbeträchtliche Streitmacht verfügen, so ist allein mein Schiff bereits in der Lage, Ihnen Paroli zu bieten, Ischko.« Bewußt beschränkte sich Dhark auf den Namen und nannte keinen von Ischkos Titeln. Ob das den Riiin störte, war nicht zu erkennen. Die großen Glupschaugen an den Seiten des fischähnlichen Kopfes, die die Eisläufer unabhängig voneinander zu bewegen vermochten, zeigten keine für die Terraner interpretierbaren Regungen. Dhark fuhr fort: »Ich führe Ihnen das gerne vor.« Er wandte den Kopf zur Seite.

»Kommandant an Waffensteuerung West – haben Sie das Ziel auf dem Schirm?«

»Genau im Fokus, Commander!« kam Bud Cliftons markige Stimme.

»Feuern Sie!«

»Mit dem größten Vergnügen.«

Die POINT OF befand sich nach wie vor innerhalb der Atmosphäre. Denn so war sie sicher vor den Relativitätswerfern der Riiin, jener einzigartigen Waffe, die den Zeitverlauf eines jeden davon getroffenen Gegners veränderte und ihn so äußerst verwundbar für den Angreifer machte.

Cliftons Waffensteuerung feuerte einen einzigen Nadelstrahl auf ein Eisläuferschiff in 140 000 Kilometern Entfernung ab. Der Checkmaster brachte das Ziel in den Fokus der zentralen Bildkugel; der Strahl huschte durch das Hologramm und traf das Riiin-Kampfschiff. Die Instrumente der POINT OF – und sicher auch die der gegnerischen Schiffe – zeigten deutlich, wie der Schutzschirm des getroffenen Ziels flackerte und kurz vor dem Zusammenbruch stand.

»Das war nur ein einzelner Strahl«, machte Ren Dhark dem Großadmiral deutlich. »Mein Schiff ist auch in der Lage, volle Breitseiten abzufeuern. Welche Auswirkungen diese haben, können Sie sich an den Fingern abzählen. Was halten Sie nun von einem Waffenstillstand?«

Kommentarlos beendete Ischko die Übertragung und verschwand aus der Bildkugel.

»Hat ihn unsere Demonstration derart beeindruckt«, ließ Leon Bebir verblüfft verlauten, »daß er sich jetzt in sein Zeremonienschwert stürzt?«

»Das glaube ich weniger«, zeigte sich Elis Yogan in seiner Funkerbucht skeptisch.

»Gebt ihm etwas Zeit«, meinte Anja Riker. »Auch ein Diktator möchte sich unter bestimmten Umständen mit seinen Beratern ins Benehmen setzen.«

»So wird es sein«, gab Dan seiner Angetrauten recht, die selbst in der wenig kleidsamen Bordkombination ihre atemberaubende Figur in Szene zu setzen verstand, was bei nicht wenigen Männern der Besatzung für einen trockenen Mund sorgte.

Der Nutznießer all dieser betörenden Einzelheiten hatte kaum zu Ende gesprochen, als Tino Grappa an den Ortungen lauthals bekanntgab, daß sich Ischko allem Anschein nach dem unwiderlegbaren Argument des Commanders gebeugt hatte. Auf breiter Front zog er seine Schiffe und Raumjäger von Alamo Gordo ab und ließ sie auf Wartepositionen weiter draußen im All Stellung beziehen.

»Er scheint vernünftig geworden zu sein«, merkte Leon Bebir an.

»Es hat wenig mit Vernunft zu tun«, machte Dhark unmißverständlich klar, »wenn man die Überlegenheit eines anderen anerkennt.« Der Commander räusperte sich unmerklich, als er das spöttische Lächeln seines Freundes und Kampfgefährten sah, verzichtete aber darauf, seine Bemerkung zu relativieren, sondern fügte seinen Worten lediglich hinzu: »Zumindest zeugt es von strategischer Einsicht, wenn man in gewissen Situationen vorerst nachgibt. Wir dürfen uns keinerlei Illusionen hingeben, Ischko wird nur auf den Moment warten, in dem er wieder zuschlagen kann. Aber genug geredet… Hen, bringen Sie die POINT OF nach Cent Field. Wir haben eine Verabredung mit Bruder Lambert.«

*

Kurz nach der Landung des Ringraumers auf dem verlassenen, unter Schnee und Eis erstarrten größten Raumhafen des Planeten begaben sich Ren Dhark und Dan Riker über den Ringtransmitter ins Regierungsgebäude von Alamo Gordo, das Bruder Lambert sich als Befehlszentrale und Operationsbasis auserkoren hatte.

In dem schmucklosen Betonklotz mit seinen vierzig Etagen war außer den Büros für den Commander der Planeten auch das Zentrale Flottenkommando untergebracht gewesen. Die Betonung lag auf »war«, denn jetzt präsentierten sich diese Einrichtungen so gut wie aufgelöst; die zahlreichen Maßnahmen zur Sicherung gegen terroristische Anschläge wie Energiebarrieren, Wachmannschaften und Sicherheitsschleusen waren außer Kraft gesetzt, die Kampfroboter abgezogen und auf die Auswandererschiffe verteilt.

So wie Alamo Gordo waren auch die anderen Metropolen der Erde zu Geisterstädten geworden, verlassen, verwaist, schutzlos den eisigen Naturgewalten der anhaltenden Kälteperiode ausgeliefert, den Schnee- und Eisstürmen, die jeden Aufenthalt im Freien zu einer tödlichen Gefahr werden ließen.

Nahezu gespenstisch hallten die Schritte der beiden Männer durch die kaum frequentierten Korridore, als sie sich den Räumen näherten, in denen sie einmal selbst zu Hause gewesen waren: Dhark als Commander der Planeten – und Dan Riker als Chef der Terranischen Flotte.

»Merkwürdiges Gefühl, findest du nicht?« sagte Dan halblaut, als hätte er Angst, die Geister der Vergangenheit auf den Plan zu rufen.

»Wie meinst du das?« fragte Ren zurück. Sein Atem bildete kleine Wölkchen; im Gebäude war es rund null Grad kalt, wie Dhark mit einem raschen Blick auf sein Multifunktionsgerät am Handgelenk feststellte. Eine fast tropisch zu nennende Temperatur im Gegensatz zu den im Freien herrschenden Werten von minus 35 Grad Celsius.

Immerhin, seit ihrem letzten Besuch in diesen Räumen hatten es die wenigen, rund um die Uhr arbeitenden Heizungstechniker geschafft, die Temperatur um satte fünf Grad anzuheben. Ein immenser Fortschritt im Kampf gegen die feindliche Natur.

»Hier haben wir einmal residiert. Schon vergessen?«

»Wie könnte ich?« Dhark lächelte halbherzig.

»Wenngleich du allerdings hier weit weniger Zeit verbracht hast, als du eigentlich solltest«, spöttelte sein seit den gemeinsamen Tagen auf der Raumakademie bester Freund. Diesen Seitenhieb auf Dharks ständige Abwesenheit von der Regierungsarbeit konnte sich Riker nicht verkneifen.

Der Commander runzelte die Stirn und setzte zu einer Erwiderung an, doch dann gestand er sich ein, daß Dans Bemerkung mehr als nur einen gewissen Grad an Wahrheit enthielt. Als ihn die Menschen aus diesem Amt abwählten, geschah dies viel weniger, weil sie ihn nicht mochten, sondern hauptsächlich deswegen, weil er viel lieber seiner Abenteuerleidenschaft frönte, das Geheimnis der Worgun zu lüften, als sich um die lästigen Regierungsgeschäfte zu kümmern.

Das tat jetzt an seiner Stelle sein damaliger Vertreter Henner Trawisheim. Ren bedauerte es nicht, wie er sich erneut eingestand. Henner war der richtige Mann am richtigen Platz für diese Art von Regierung, die die Menschheit offensichtlich seinen Vorstellungen von der Führung des terranischen Volkes vorzog.

Es waren auffallend wenige Wachen zu sehen. An den Kreuzungspunkten standen zwar in dicke Parkas gehüllte und mit schweren Waffen ausgestattete Sicherheitsposten, aber sie machten keine Anstalten, die beiden Raumfahrer aufzuhalten, und winkten sie einfach weiter.

»Verstehst du das?« sagte Dan halblaut und wirkte erstaunt.

»Vielleicht ein Vertrauensbeweis Bruder Lamberts uns gegenüber«, bemerkte Dhark.

»Glaube ich nicht«, blieb Dan Riker skeptisch. »Mir ist der Kurator nach wie vor suspekt. Sicher führt er nur wieder etwas Neues im Schilde!«

»Wir werden es gleich erfahren«, antwortete Dhark und schritt energisch auf die Tür zu, hinter der die Schaltzentrale der terranischen Verwaltung einstmals gelegen hatte; jetzt residierte der neue Machthaber des Planeten in den Räumen.

Der Kurator war allein, als Dhark und Riker eintraten. Er saß hinter dem großen hufeisenförmigen Schreibtisch, hinter dem auch der Commander manche Stunden und Tage zugebracht hatte.

Das riesige Panoramafenster in seinem Rücken gab den Blick auf die Kulisse von Alamo Gordo mit dem sich westlich der Innenstadt über der Sam-Dhark-Plaza erhebenden Forschungsministerium frei.

»Nanu«, wunderte sich Dan Riker unverhohlen und sah sich um. »Keine Leibwächter diesmal, auch kein Brauni im Nebenzimmer mit einer großkalibrigen Kanone hinter seinem Rücken? Überhaupt keine Angst, daß wir Ihnen an den Kragen gehen könnten?«

Lambert lächelte unergründlich. Der mittelgroße, ein wenig zur Fülligkeit neigende Mittvierziger mit den schütteren dunklen Haaren, einer etwas zu spitzen Nase, den dunklen Augen und seiner unaufgeregten Sprechweise blieb wie stets undurchschaubar.

»Sie reden Unsinn, Mister Riker«, sagte er mit seiner kraftvollen und dennoch melodischen Stimme, die sich auf einer Kanzel sicher gut anhörte. »Ich habe niemals angenommen, daß Sie oder Mister Dhark mir ein Leid antun wollten.«

Riker runzelte unmerklich die Brauen, sagte aber nichts dazu. Dennoch war zu sehen, daß er Lambert kein Wort glaubte.

Auch Dhark stand dem evangelikalen Christen nach wie vor mit einer gehörigen Portion Mißtrauen gegenüber. Seit ihrem ersten Zusammentreffen war ihm der Führer der evangelikalen Gläubigen suspekt geblieben.

Inzwischen stellten sie die stärkste Macht auf der Erde dar und hatten die anderen Gruppierungen wie Aufrechte oder Gäa-Jünger unter der Leitung des Kurators Terras – wie sich Lambert nun bezeichnete – zusammengeschlossen. Obwohl sein Äußeres bestenfalls Durchschnitt war, verfügte er über eine ausgeprägte Überzeugungskraft, die aus seiner extremen Glaubensfestigkeit resultierte. Es war diese Eigenschaft, die es ihm ermöglichte, nach der Evakuierung der Menschheit von der Erde alle religiösen, naturnahen und pseudoklerikalen Splittergruppen um sich zu scharen.

Es handelte sich dabei um eine nur schwierig einzuschätzende Gefolgschaft, die ihm, wie Dhark und vor allem Dan Riker befürchtete, vermutlich blind gehorchte.

Falsche Propheten hatte es zu allen Zeiten gegeben; ihre Thesen mündeten meist alle im Extremismus. Vor allem dann, wenn sie neben der religiösen auch noch die weltliche Macht in sich vereinten.

Lambert fuhr fort: »Und was Ihre Frage nach Isidor angeht – mein Assistent befindet sich an der Front, wenn Sie so wollen.«

»Isidor?« dehnte Dan und grinste spöttisch.

»Was soll ich machen?« Lambert zuckte mit den Achseln. »Braun hat nun einmal diesen Vornamen. Aber setzen Sie sich doch, meine Herren.«

Die beiden Raumfahrer nahmen auf der anderen Seite des Schreibtisches Platz.

Ein Blick auf Bruder Lambert verriet Dhark zweierlei. Zunächst war nicht zu übersehen, daß der Kurator ziemlich nervös war. Und dann war da noch eine starke Unsicherheit zu bemerken, wie er sie bei dem Mann so noch nicht gesehen hatte. Etwas schien ihn gehörig zu bedrücken. Sicher nicht der verfrühte PressMod-Einsatz eines seiner Geschützführer, dachte Dhark und ließ es nicht zu, daß seine Gedanken jetzt in diese Richtung abschweiften.

»Sie wirken nicht besonders fröhlich, Bruder Lambert«, sagte er statt dessen und beugte sich ein wenig vor; draußen vor der Panoramascheibe begann es in diesem Moment heftig zu schneien.

Die unvergleichliche und unverwechselbare Silhouette Alamo Gordos mit ihren futuristischen Stielhäusern verschwand hinter wirbelndem Schneetreiben, das Lamberts Büro von der Außenwelt abschnitt. Die Zusammenkunft hätte genauso gut auf einem fremden Eisplaneten stattfinden können, dachte Dhark, um sich dann erneut auf den Kurator zu konzentrieren.

»Angesichts der schlechten Nachrichten von allen Fronten habe ich keine Veranlassung dazu«, bekannte Lambert mit seiner Predigerstimme.

»Tatsächlich? Ist es so schlimm?« fragte Dan Riker ohne jegliches Mitgefühl in der Stimme. Seinem Gesichtsausdruck war nicht zu entnehmen, was er dabei dachte.

»Noch viel schlimmer. Also…« Einen Augenblick schienen dem Kurator die Worte zu fehlen, aus welchen Gründen, blieb den beiden Freunden verborgen.

Dhark nahm zu Gunsten des Predigers an, daß es wegen der prekären Situation der auf der Erde Zurückgebliebenen war. Und als Bruder Lambert wieder zu sprechen begann, bestätigten seine Worte den Eindruck.

»Überall sind wir in Rückzugsgefechte verwickelt«, gestand der Kurator in unerwarteter Offenheit. »Wir haben keine Chance gegen unseren Feind. Wie meine Kuriere übereinstimmend berichten, dringen die Eisläufer von den Polen her in unüberschaubaren Massen vor. Der Zeitpunkt ist abzusehen, an dem sie uns überrannt haben werden.«

Dhark nickte in Gedanken; das deckte sich mit der Analyse des Checkmasters über die Zukunft der Erde.

Von der einst über 36 Milliarden zählenden Bevölkerung Terras waren mit den Gäa-Jüngern, den Aufrechten und Bruder Lamberts Evangelikalen sowie den anderen Verweigerern einer Umsiedlung nur noch 20 Millionen zurückgeblieben, die sich in einem verzweifelten Abwehrkampf gegen die unerbittlich voranpreschende Flut der Eisläufer stemmten.

Wie lange würden sie diesem Ansturm wohl widerstehen können?

»Übrigens«, sagte Lambert unvermittelt, »Ihren Einfall mit den PressMod-Geschützen fand nicht nur ich genial. Ich sah Alamo Gordo bereits in Schutt und Asche liegen. Vielen Dank dafür.«

»Keine Ursache«, wiegelte Dhark ab. »Alamo Gordo ist auch meine Stadt. Es widerstrebte mir, sie dieser Gefahr ausgesetzt zu sehen.«

Dan Riker blickte Lambert in die Augen und sagte: »Übrigens, nach unseren Berechnungen wäre der Eisläufer-Gigant direkt ins Regierungsviertel gestürzt und hätte mit neunundneunzigprozentiger Wahrscheinlichkeit Ihnen und Ihrer Regierung den Garaus gemacht.«

Lambert zeigte sich wenig beeindruckt. »Es war Gottes Wille, daß dies nicht geschah«, erwiderte er. »Die Wege des Herrn sind unergründlich.«

»Amen«, sagte Dan Riker salbungsvoll.

»Bitte?« Lambert blickte irritiert.

»Sie haben vergessen, Amen zu sagen.«

Bruder Lambert brauchte etwas Zeit, bis sein Befremden abgeklungen war. »Sie scheinen ein unverbesserlicher Atheist zu sein«, sagte er schließlich.

»Nein«, widersprach Dan Riker. »Ich bin nur Realist und nenne die Dinge gerne beim Namen.«

»In früheren Zeiten landeten Männer wie Sie auf dem Scheiterhaufen.«

»Dank Männern wie Ihnen, Bruder Lambert. Verstehen Sie jetzt, weshalb ich wohl niemals Ihr größter Fan werde?« Der schwarzhaarige Flottenchef a. D. verzog grimmig das Gesicht.

Die Temperatur im Raum schien sich der im Freien herrschenden anzunähern.

Es entstand eine kurze und sehr frostige Pause.

»Ich glaube nicht«, sagte Dhark an beide Seiten gerichtet, »daß uns Vorwürfe dieser Art weiterbringen. Wir sind eigentlich gekommen, um einen Ausweg aus der verfahrenen Lage zu finden. Können wir uns darauf einigen, uns wie zivilisierte Menschen zu benehmen?«

Riker hob die Hand und signalisierte damit seine Zustimmung.

Auch Lambert nickte schließlich und atmete tief und langsam durch. »Dann lassen Sie mal hören, Commander Dhark, wie Sie sich unser gemeinsames Vorgehen vorstellen, denn darauf läuft es ja wohl hinaus, nicht wahr?«

»Ja. Als erste Maßnahme unserer konzertierten Aktion schwebt mir eine direkte Kontaktaufnahme mit Ischko vor, aber die möchte ich nicht ohne Ihr Einverständnis in die Wege leiten.«

»Zu welchem Zweck?« erkundigte sich Lambert lauernd und runzelte die Stirn. Ein mißtrauischer Zug nistete plötzlich in seinem Gesicht, der so gar nicht zu seinem bisherigen weltmännischen Auftreten passen wollte. »Wollen Sie ihm vielleicht einen Handel zur Beilegung der Feindseligkeiten auf unsere Kosten vorschlagen?«

Dhark straffte sich; seine Augen verdunkelten sich vor Ärger, als er schroff antwortete: »Sie vergreifen sich im Ton, Prediger. Nehmen Sie sich nicht zuviel heraus! Ich bin der letzte, der mit Ischko einen Handel eingehen würde, welcher der Menschheit schaden würde, merken Sie sich das. Auch auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen: Ich werde auf keinen Fall die Eroberung der Erde hinnehmen, auch nicht auf Ihre Kosten oder auf die eines anderen Menschen, falls Sie derartiges befürchten sollten.«

Lambert rang sich ein verunglücktes Lächeln ab. »Commander, verzeihen Sie, wenn ich den Eindruck erweckt haben sollte, an Ihrer Loyalität der Menschheit gegenüber zu zweifeln. Es war nicht beabsichtigt, glauben Sie mir. Ihre Integrität ist über jeden Verdacht erhaben.«

»Dann ist es ja gut«, brummte Dhark und lehnte sich wieder zurück. Er hatte seinen Blick noch immer fest auf den Kurator gerichtet. »Was ist nun mit meinem Vorschlag?«

Lambert zögerte sichtlich. Mehrmals schien es, als setze er zu einer Ankündigung an, die letztendlich nur in einer Ablehnung münden würde. Doch dann atmete er erneut tief durch. »Also dann«, sagte er zur Überraschung Dharks und Rikers – die mit wesentlich mehr Widerstand gerechnet hatten –, »ich bin einverstanden, wenngleich ich nicht damit rechne, daß Ischko überhaupt darauf antworten wird.«

»Wenn Ischko wirklich so intelligent ist, wie er immer behauptet, wird er es schon tun«, sagte Riker.

»Zumindest können wir mit seiner Neugierde rechnen«, fügte Dhark an. »Vielleicht wird der Großadmiral der Riiin wissen wollen, was wir ihm anbieten.« Daß er ihm schon von der POINT OF aus einen Waffenstillstand vorgeschlagen hatte, verschwieg er dem Kurator gegenüber.

Lambert musterte den Commander abwägend. »Na gut, versuchen können wir es. Funken wir ihn an. Gordian«, sagte er in Richtung des aktivierten Tischviphos, »stellen Sie eine Funkverbindung mit Ischko her. Wie bitte? Natürlich sofort. Und, Gordian, wenn Sie sich beeilen würden – wir warten!«

Dhark lächelte unbestimmt. Wie selbstverständlich übernahm der Kurator die Initiative. Sollte er – offensichtlich gefiel er sich in der Rolle des höchsten Repräsentanten der Erde.

Ren sah auf seinen Freund; Dan schien ähnlich zu empfinden. Macht, so signalisierte sein Blick, korrumpiert.

Minuten vergingen, ohne daß der Wahldiktator der Riiin auf die Kontaktversuche durch die Terraner reagierte – was keinen wirklich wunderte.

Nach weiteren zehn Minuten hieß Lambert seinen Sekretär, Schluß zu machen mit den fruchtlosen Versuchen.

Der Prediger rieb sich das Kinn. »Was nun?«

Dhark blickte ihn von der anderen Seite des Schreibtisches an. »Jetzt«, sagte er mit einem unbestimmten Lächeln, »kommt Plan B.«

Er aktivierte sein Armbandvipho.

Hen Falluta zeigte sich auf dem winzigen Karree der Bildfläche. »Nummer Eins«, sagte der Commander, »informieren Sie Chris und die anderen. Plan B tritt in Aktion.«

»Wollen Sie mich nicht aufklären, was Ihr ominöser Plan B zu bedeuten hat?« verlangte Bruder Lambert.

»Später, Kurator«, erwiderte Dhark. »Später werden Sie alles erfahren. Versprochen. Jetzt würde es zu lange dauern. Und Zeit ist etwas, das wir im Augenblick zu wenig haben.«

Lambert schaute ihn an, mit gerunzelter Stirn und leiser Mißbilligung. »Ich denke…«

Dhark schnitt ihm das Wort ab. »Jetzt möchte ich Sie nur darum bitten, daß Sie mir alle Funkspezialisten und Kommunikationstechniker, die Sie entbehren können, zur Verfügung stellen. Bitten Sie Ihre Männer…«

»So viele sind es gar nicht, die ich entbehren könnte«, unterbrach Lambert.

»… sich zur Regierungsfunkzentrale in Cent Field zu begeben«, ließ Dhark sich nicht beirren. »Sie werden dort meine eigenen Techniker und Wissenschaftler antreffen, von denen sie darüber informiert werden, was sie zu tun haben.«

Lambert rang mit sich, das war nicht zu übersehen. Offenbar dachte er darüber nach, ob er den Anordnungen des Commanders Folge leisten und sich so de facto dessen Autorität beugen sollte.

Dhark, der den inneren Kampf des Predigers verstand, sagte eindringlich: »Es ist zum Wohle der Menschheit, glauben Sie mir.«

»Also dann«, zeigte sich Lambert schließlich einverstanden. »Aber seien Sie versichert, Commander Dhark, ich weiche Ihnen bei allem, was Sie unternehmen, nicht von der Seite.«

»Davon gehe ich aus, Bruder Lambert«, sagte Dhark und nickte. »Ich habe nichts anderes erwartet.«

2.

Alamo Gordo, Oktober 2064

Die beiden Männer wurden allgemein »Butch« und »Cassidy« genannt.

Was nicht ihre richtigen Namen waren.

Tatsächlich hieß Butch Jonas Metzger. Er war ein fünfzigjähriger Elektronikexperte, ehemals beschäftigt bei Terra-Press, dem größten Medienkonzern der Erde, und bekennender Christ. Seit dem Exodus der Menschheit arbeitete er permanent für den Führer der evangelikalen Gläubigen und dessen Ziele; Bruder Lambert hielt ihn für einen seiner besten Leute und hatte ihm die Leitung seiner Öffentlichkeitsarbeit übertragen.

Cassidys wirklicher Name lautete Ban Cascade. Er war Ton- und Viphotechniker. Mit seinen vierundzwanzig Jahren war er noch recht jung und wurde von dem engeren Kreis der Führung um Bruder Lambert als noch nicht trocken hinter den Ohren angesehen. Niemand wollte so recht mit ihm zusammenarbeiten. Butch Metzger hingegen erkannte in Cascade jene Neugier und Wißbegierde, die ihn an den jungen Mann erinnerte, der er selbst einmal gewesen war. Er hatte ihn unter seine Fittiche genommen, als er bei den Evangelikalen aufgetaucht war. Ihm war sofort klar, welches Potential in Cascade steckte.

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