1000 Places To See Before You Die - Harz - Rasso Knoller - E-Book

1000 Places To See Before You Die - Harz E-Book

Rasso Knoller

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Harz - Regioführer Spezial

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Harz
Regioführer spezial
Die Autoren
Rasso Knoller und Christian Nowak arbeiten als freie Reisejournalisten für namhafte deutsche Tageszeitungen und Magazine. Beide Autoren haben mehr als 100 Bücher verfasst, darunter auch viele Reiseführer für den Vista Point Verlag, und gehören dem Journalistennetzwerk »Die Reisejournalisten« (www.die-reisejour nalisten.de) an. Sie betreiben zusammen das Internetmagazin weltreisejournal.de.
Janett Schindler, Sachbearbeiterin an der Universität Düsseldorf, beschreibt in ihrem Blog teilzeitreisender.de viele spannende Kurzreiseziele vor der eigenen Haustür. Sie ist im Südharz/Kyffhäuser aufgewachsen und berichtet heute gern über Reisen in ihre alte Heimat.

Harz

Willkommen

Top 10 – Das müssen Sie gesehen haben

Stadttouren

Ein Rundgang durch die Stadt des Fachwerks

Service-Informationen Quedlinburg

Reiseblog - Harz einmal anders – Insidertipps von Reisebloggerin Janett Schindler

Eine Zeitreise: Mit der Postkutsche durch den Südharz

Allein auf dem Gipfel: Eine Nacht auf dem Burgberg in Bad Harzburg

Burgruine und Queste: Wandern rund um Questenberg

In der Schnapsstadt: Echter Nord­häuser Traditionsbrennerei

Nah an Goslar und doch mitten in der Natur: Steinberg Alm »Zum Rösner«

Vista Points - Sehenswertes – Reiseregionen, Orte und Sehenswürdigkeiten

Westharz

Altenau

Bad Grund

Clausthal-Zellerfeld

Goslar

Hahnenklee-Bockswiese

Lautenthal

Osterode am Harz

Osterwieck

Seesen

Rund um den Nationalpark Harz und den Brocken

Bad Harzburg

Bad Lauterberg im Harz

Bad Sachsa

Braunlage

Brocken

Herzberg am Harz

Ilsenburg (Harz)

Oberharz am Brocken

Sankt Andreasberg

Wernigerode

Süd- und Ostharz mit Harzvorland

Ballenstedt

Blankenburg

Lutherstadt Eisleben

Gernrode

Halberstadt

Harzgerode

Kyffhäuser

Nordhausen

Sangerhausen

Stolberg

Thale

Walkenried

Chronik

Service von A-Z

Der Harz in Zahlen und Fakten

Anreise

Auskunft

Einkaufen

Ermäßigungen

Essen und Trinken

Feste, Veranstaltungen

Hinweise für Menschen mit Handicap

Internet

Klima, Reisezeit

Mit Kindern im Harz

Nachtleben

Nationalpark Harz

Notfälle, wichtige Rufnummern

Presse

Sport und Erholung

Unterkunft

Verkehrsmittel

Bildnachweis, Impressum, Karten

Willkommen
Willkommen im Harz
Novalis, einer der bekanntesten deutschen Schriftsteller der Romantik, schwärmte vom Harz als dem »Mutter­gebürg«. Das nördlichste deutsche Mittel­gebirge ist 90 Kilometer lang und 30 Kilometer breit; während der deutschen Teilung verlief hier die unüberwindbare Grenze zwischen Ost und West. Der höchste Berg im Harz, der Brocken, war militärisches Sperrgebiet der DDR. Vom niedersächsischen Goslar reiste man einfacher in die Südsee als zu diesem nur 30 Kilometer entfernten, sagenumwobenen Gipfel. Nur die Brockenhexen kamen damals ungehindert auf den Berg, auf dem sie der Sage nach in der Walpurgisnacht tanzen.
Heute sind die Zeiten der Trennung fast vergessen, der einstige Todesstreifen ist als »Grünes Band« Natur­schutzgebiet und Wandereldorado. Der Harz lädt ein – mit Bergen und Tälern, Stauseen und Höhlen, mit Wanderwegen im Sommer und Loipen im Winter. Zu sehen gibt es nicht nur viel Natur, sondern ebenso viel Kultur: Burgen und Schlösser, alte Städte mit schönen Fachwerkbauten, malerische Dörfer und gleich mehrere Weltkulturerbestätten. Dazu zählen Goslar, dessen Kaiserpfalz einst eines der Zentren des Heiligen Römischen Reichs war, Quedlinburg mit seiner pittoresken Altstadt und Eisleben, Martin Luthers Geburts- und Sterbeort. Außerdem das Bergwerk Rammelsberg und das Oberharzer Wasserregal, die an die lange Bergbaugeschichte des Harzes erinnern.
Kluge Köpfe suchten im Wald des Harzes Erholung und Inspiration. Neben dem schon erwähnten Novalis war auch der Dichterfürst und eingefleischte Wanderer Johann Wolfgang von Goethe mehrmals im Harz unterwegs, Caspar David Friedrich baute hier seine Staffelei auf und Heinrich Heines »Harzreise« ist eine der bekanntesten deutschen Reiseerzählungen überhaupt.
Und so schließen wir uns den Worten des Gelehrten Friedrich Brederlow an, der in seinem Buch »Der Harz, zur Belehrung und Unterhaltung für Harzreisende« schon 1846 schrieb: »Ja, es findet Jeder im Harze seine Gabe; woher sonst die vielen Reisenden, die nach allen Richtungen, zu allen Jahreszeiten den Harz durchstreichen; woher sonst die vielen poetischen Ergüsse über den Harz, so viele schriftstellerische Werke über dieses reizende Gebirge.«
Schauen Sie vorbei!
Die Brockenbahn bringt ­Besucher auf den berühmten Berg
Top 10
Das müssen Sie gesehen haben
Top 10:
Quedlinburger Altstadt
A S. 13 ff. D9
Die Altstadt von Quedlinburg gehört zum Welt­kulturerbe. Wer durch die engen Gas­sen spaziert, glaubt auf einer Zeitreise im Mittelalter zu sein.
Kaiserpfalz Goslar
B S. 62, 67, 68 B4
Der größte weltliche Bau der Romanik in Deutschland war zwei Jahrhunderte eines der wichtigsten Zentren des Heiligen Römischen Reiches.
Rammelsberg
C S. 62, 65, 66 C4
Bis 1988 wurden in dem Bergwerk Millionen Tonnen Erze – vor allem Kupfer, Silber und Blei – abgebaut. Heute ist es eines der bedeutendsten Industriedenkmäler und Welterbe.
Brocken
D S. 99 ff. D6
Höchster Berg Norddeutschlands, mystische Bergkuppe und in der Walpurgisnacht Treff­punkt der Hexen – es gibt viele Gründe den Gipfel zu besuchen.
Rübeland
E S. 117 D7
Wegen der beiden Tropfsteinhöhlen – Bau­manns- und Hermannshöhle – schmückt sich das kleine Rübeland mit dem Zusatz »Höhlenort«.
Rappbodetalsperre
F S. 119 D7/8
Die höchste Staumauer Deutschlands, die längste Hängebrücke der Welt und die schöne Aussicht lohnen einen Ausflug.
Wernigerode mit Schloss und Altstadt
G S. 126 ff. C7
Hoch über der Stadt thront das Schloss, Stammsitz der Grafen zu Stolberg-Wernige­rode, ihm zu Füßen lockt die Altstadt mit ihren Fachwerkhäusern.
Stiftskirche St. Cyriakus in Gernrode
H S. 153 f. D9
Die Stiftskirche aus dem 10. Jahrhundert gilt als eines der Highlights auf der Straße der Romantik. Aus architektonischer Sicht ist sie das beste Beispiel ottonischer Bauweise in Deutschland.
Kyffhäuser mit Reichsburg und Denkmal
I S. 161 ff. G/H7–9
Im Kyffhäuser befindet man sich auf den Spuren deutscher Geschichte. Da man in Deutschlands kleinstem Mittelgebirge auch ausgezeichnet wandern kann, eröffnet sich Besuchern hier die perfekte Kombination von Natur und Kultur.
Teufelsmauer bei Thale
J S. 180 D8–10
Von der Teufelsmauer ­schwärmte schon Johann Wolfgang von Goethe. Die Wande­rung entlang der steilen Felsenwände führt zu Dutzenden pittoresker Fotospots.
Bergwerk Rammelsberg
Stiftskirche St. Cyriakus in Gernrode
Teufelsmauer bei Thale
Stadttouren
Ein Rundgang durch die Stadt des Fachwerks
Vormittag
Tourist Information am Marktplatz – Rathaus – Marktstraße – Kornmarkt – Marktkirche – Mausoleum der Familie Götze – Salfeldtsches Palais – Höllenhof – Schuhhof – Marktplatz – Wordspeicher – Fachwerkmuseum Ständerbau –Blasiikirche – Eisenbahn- und Spielzeugmuseum –Münzenberg mit Museum
Mittag
Schillers, Lange Gasse 32, (039 46) 52 80 52 (vgl. S. 29 f.) aB/aC2
NachmittagKlopstockmuseum – Lyonel-Feininger-Galerie – Schlossberg – Dom – Schlossmuseum – Abteigarten – Brühlpark – St. Wiperti
Ohne Übertreibung darf sich Quedlinburg (24 500 Ein­wohner) zu den schönsten Städten Deutschlands zählen. Wegen der nahezu unzerstörten mittelalterlichen Bausubstanz hat die UNESCO 1994 die A Altstadt zusammen mit Stiftskirche und Schloss auf die Liste des Weltkulturerbes gesetzt. Mit seinen 2069 Fachwerkhäusern gilt Quedlinburg als größtes Flächendenkmal Deutschlands. Der Aufstieg der Stadt begann im 10. Jahrhundert, als sie zur Königspfalz wurde – und zu einem der Lieblingsorte von König Heinrich I. und seiner Gemahlin Königin Mathilde, die hier ein Damen­stift gründete.
Quedlinburgs Fachwerkhäuser werden von den Kirchtürmen der Stadt überragt
Den Rundgang durch Quedlinburg beginnt man am besten an der Tourist Information auf dem Markt und versorgt sich hier vorab mit Informationsmaterial und einem Stadtplan. Das Rathaus aB3an der Nordseite des Platzes lohnt einen ausführlichen Blick, erzählt es doch viel über die Geschichte der Stadt. Erbaut um 1290 ist es eines der ältesten Rathäuser Deutschlands, das noch seine ursprüngliche Funktion erfüllt. Das Portal auf der Marktseite stammt aus dem 17. Jahrhundert, der Eingang befand sich zunächst an der Rückseite des Gebäudes. Das Stadtwappen über dem Portal zeigt die Burg, wer genau hinsieht, kann im offenem Burgtor einen kleinen Hund, den Quedel, sitzen sehen. Wie der Hund ins Stadtwappen kam, weiß niemand so genau. Eine Legende berichtet jedoch von einem Hund, der sich bellend ins Stadttor stellte, als feindliche Truppen auf die Stadt zukamen, womit er die Bewohner ­warnte, die so in allerletzter Sekunde die Tore schließen konnten. Über dem Stadtwappen wacht die römische Göttin Abundantia über Quedlinburg. Sie steht als Symbol für den Überfluss und damit für den Reichtum der Stadt. Die beiden Steinschemel links und rechts des Eingangs waren für wartende Bittsteller gedacht, die hier in durchaus absichtsvoller Unbequemlichkeit sitzen sollten, bis sie vorgelassen wurden.
Das im 13. Jahrhundert erbaute Rathaus atmet Geschichte
Die Statue links am Rathaus zeigt den Roland, den die Hansestädte einst als gemeinsames Zeichen verwendeten. Er stammt etwa aus dem Jahr 1430 und damit aus der Zeit, als Quedlinburg der Hanse beitrat. Mit einer Höhe von nur 2,75 Metern zählt die Figur aus Buntsandstein zu den kleinsten noch erhaltenen Rolandstatuen, zugleich jedoch auch zu den ältesten. Der Quedlinburger Roland hat es übrigens schon einmal auf eine Briefmarke geschafft: 1987 war er auf einer von der DDR herausgegebenen Marke abgebildet. Im Turm hinter dem Roland befand sich einst die Stadtkasse, davor ist in den Boden eingelassen nochmals das Stadtwappen zu sehen.
Nur aufmerksame Besucher entdecken den Quedel im Stadtwappen am Quedlin­burger Rathaus
Auf der linken Seite des Rathauses biegt man in die MarktstraßeaB3ein. Rechter Hand liegt dort der ­kleine Laden von Katrin Ruhnau, die in »Papier im siebten Himmel« kleine Geschenke und große Kunst aus Papier verkauft. Auf der anderen Straßenseite geht es in einen Hinterhof zum Kunsthandwerkerhof/Quartier 7 aB3. Hier haben ein Glasbläser – ihm kann man bei der Arbeit zusehen −, eine Papierkünstlerin und ein Fotograf, der sich auf Silberfotografie, eine Technik aus dem 19. Jahrhundert, spezialisiert hat, ihre Werkstätten.
»Modernes Fachwerk« am Kornmarkt
AmKornmarktaB3stehen eine paar Fachwerk­imitationen im DDR-Stil. Aus Rohstoffmangel hat man sich hier der altbewährten Plattenbautechnik bedient. Ob Ihnen das gefällt, können Sie sich ganz in Ruhe überlegen. Am Platz liegen nämlich zwei sehr ­schöne Restaurants, die sich beide für eine kleine Pause anbieten. Die Bruschetteria Fachwerq, das Q am Ende steht für Quedlinburg, offeriert kleine Snacks und den vielleicht besten Kaffee der Stadt. Gegenüber, am Kornmarkt 3, befindet sich der Biergarten Ruinen­romantik. In der Silvesternacht 2004/05 brannte hier die ehe­malige Residenz eines adligen Freiherrn ab. Die Ruine blieb danach lange sich selbst überlassen, bis ihr 2020 neues Leben eingehaucht wurde. Ist es draußen unter den Sonnenschirmen auch noch so einladend, das richtige Ruinengefühl kommt erst auf, wenn man drinnen auf bequemen Stühlen sitzt und durchs offene Dachgebälk in den Himmel schaut.
Vom Lindenbeinturm, auch »Sternkiekerturm« genannt, ist St. Benedikti besser zu sehen als aus der Nähe, da das Zentrum so dicht bebaut ist
DieMarktkirche St. BenediktiaB3wurde 1233 erstmals urkundlich erwähnt. Ihren Ursprung hat sie jedoch bereits im 10. Jahrhundert, als an selber Stelle, am Kreuzungspunkt alter Handelsstraßen, ein früh­romanischer Vorgängerbau stand. Schauen Sie mal nach oben: Die beiden Türme der Marktkirche sind unterschiedlich hoch. Während der Nordturm 60 Meter misst, ist der Südturm ein paar Meter niedriger. Der »Helm« des kürzeren wurde durch einen Blitzschlag zerstört, für den Wiederaufbau fehlte aber das Geld.
Der Mühlgraben durchquert das Stadtzentrum von ­Quedlinburg
Um die Kirche herum stehen im MarktkirchhofaB3einige der schönsten Fachwerkhäuser der Stadt. In der Hausnummer 9 wohnten einst städtische Bedienstete, nämlich der Büttel, also der Stadtpolizist, die Hebamme und der Stadtpfeifer. Letzterer war übrigens nicht dazu da, die Bevölkerung mit seiner Trompete zu unterhalten, er war vielmehr der »Nachrichtensprecher« der Stadt. Wenn er in seine Trompete blies, wusste jeder: »Aufpassen, jetzt kommt eine wichtige Durchsage!« An dieser Stelle ein praktischer Hinweis: Im Marktkirchhof befindet sich auch eine öffentliche Toilette.
Winterliches Quedlinburg
AmMausoleumder Familie GötzeaB3vorbei folgt man dem Kornmarkt. Das Grabmal wurde 1726 im barocken Stil errichtet und ist heute der einzige Hinweis auf den Friedhof, der sich früher hier befand. Auf der linken Straßenseite passiert man das Salfeldtsche Palais aB3, erbaut zwischen 1734 und 1737, in dem heute die Deutsche Stiftung Denkmalschutz ihre Büros hat.
Ein paar Schritte weiter beeindruckt die Adler- und Ratsapotheke aB3von 1578. Sehen Sie die Kanonenkugel in der Hauswand? Diese ist zwar kein Original, erinnert aber an ein wichtiges Ereignis in der Stadtgeschichte: den »Aufstand« der Stadt gegen die übermächtige Äbtissin Hedwig von Sachsen im Jahr 1477. Damals lag die Stadt schon seit Langem im Zwist mit dem mächtigen Damenstift. Quedlinburg, das 1426 der ­Hanse beigetreten war und freie Reichsstadt werden wollte, versuchte die Macht des Stifts abzuschütteln. 1477 kam es schließlich zum Aufstand. Die Quedlinburger wollten die Äbtissin aus der Stadt vertreiben. Doch da hatten sie die Rechnung ohne deren Brüder gemacht. Die Wettiner Herzöge Ernst und Albrecht eilten ihrer Schwester mit einer großen Streitmacht von 400 Reitern und 200 Mann Fußvolk zu Hilfe. Die Städter hatten keine Chance – 80 von ihnen fielen in dem ungleichen Kampf, während von den Angreifern niemand zu Schaden kam. Die Stadt musste sich unterwerfen und fortan jährliche Strafsteuern ans Kloster entrichten. Außerdem zwang die Äbtissin Quedlinburg aus der Hanse auszutreten. Die Figur des Rolands, das äußere Zeichen der Hansemitgliedschaft, wurde gestürzt. In der Folge wurde die Äbtissin zu einer Art Alleinherrscherin. Ohne ihre Zustimmung konnte die Stadt weder einen Rat noch einen Bürgermeister wählen. Auch die Stadtmauer durfte nur ausgebessert werden, wenn es der Äbtissin passte. Für Quedlinburg brachen nach 1477 wirtschaftlich schwere Zeiten an und die aufstrebende Hansestadt schrumpfte wieder auf den Rang einer kleinen Provinzstadt.
Quedlinburg ist auf Touristen eingestellt
Auf dem Stadtspaziergang geht man jetzt nach rechts und einige Schritte die Breite Straße hinunter, um dann links in den winzigen Stieg aB3/4abzubiegen. Nun geht es einmal um die Kurve in die Pölle aB3/4und schließlich ist man in der HölleaB3/4gelandet. Keine Angst, Schlimmes haben Sie hier nicht zu befürchten. Der kleine Schlenker zur Hölle lohnt sich, weil hier einige der schönsten Fachwerkhäuser der Stadt stehen. Voraus sieht man schon den Höllenhof  aB3, leicht zu erkennen an dem Schild mit dem sitzenden Raben. Das Haus – so hat die Baumring­datierung ergeben – wurde in drei Bauphasen zwischen 1215 und 1301 errichtet. Im 16. Jahrhundert war der Höllenhof eine Brau­stube, später wohnten die Quedlinburger Stadtschreiber und Kämmerer hier und im 19. Jahrhundert wurde der Höllenhof zur Gaststätte. Auch heute befindet sich ein Restaurant in der Hölle, allerdings im Haus mit der Nummer fünf. Es trägt den passenden, aber auch erwartbaren Namen »Himmel und Hölle«.
Die Hölle führt direkt in den Schuhhof aB3, die kleinste Straße Quedlinburgs. Die winzigen Häuser hat einst die Schuhmachergilde für verarmte Mitglieder ihrer Zunft erbaut. Jetzt den Kopf einziehen, denn zurück zur Breiten Straße geht es durch einen niedrigen Fußgängerdurchgang. An seinem Ende steht man wieder vor dem Rathaus, dem Ausgangspunkt der Tour.
Die vier Münzenberger ­Musikanten aus Bronze spielen auf dem Marktplatz
Zu Ende ist der Stadtrundgang jedoch noch lange nicht. Nach dem Überqueren des Marktplatzes aB3steht eine Entscheidung an: einkaufen oder an­schauen. Wer sich fürs Shopping entscheidet, biegt in die Fußgängerzone in der Steinbrücke ein, ansonsten geht man in Richtung WordaB3weiter. Der Name darf übrigens getrost deutsch ausgesprochen werden, mit dem Computerprogramm hat das alles hier nichts zu tun – vielmehr ist der Name der Straße vom Wortstamm »wurd« abgeleitet, was so viel wie Grund oder Boden heißt.
Nach ein paar Schritten steht man vor dem Word­speicher aC3. Am Eisstand von Blumenbunt im Innenhof des beeindruckenden Fachwerkgebäudes (Zugang auch über Blasiistr. 5) kann man sich mit dem vielleicht besten Eis der Stadt für die bisherigen Anstrengungen belohnen.
Fast nebenan vermittelt das Fachwerkmuseum im StänderbauaB3alles Wissenswerte zum Fachwerkbau in der Weltkulturerbestadt und wieder nur ein paar Schritte weiter kann man mit der BlasiikircheaB3ein Musterbeispiel für nordische Barockarchitektur bewundern. Als Kulturkirche ist diese heute Veranstaltungsort für Konzerte, Ausstellungen und Kleinkunst. Ihrem Eingang gegenüber liegt das private Eisenbahn- und Spielzeugmuseum aB3, in dem selbst Erwachsene wieder zu Kindern werden. In der Blasiistraße lockt auch das Lüdde, das ältestes noch erhaltene Brauhaus der Stadt.
Der Münzenberg hat den Berg nicht umsonst im Namen
Durch die Hohe Straße verlässt man die Altstadt – leider nicht mehr stilecht durch ein Stadttor, denn die damaligen Stadtoberen ließen es im 19. Jahrhundert wegen der engen Durchfahrt abreißen. Bevor man über die Lange Gasse hinauf zum Schlossberg geht, lohnt ein Abstecher zum Münzenberg aB/aC1/2 im Südosten der Altstadt. Über Altetopf- und Wipertistraße erreicht man den Stadtteil mit den vielen Fachwerkhäusern, heute ein gefragtes Wohngebiet, während früher hier die armen Leute lebten, denen die Äbtissin ab 1580 erlaubt hatte, sich am Berg vor der Stadt anzusiedeln. Einen wirklichen Plan, wer wo wohnen sollte, gab es nicht. Jeder baute da, wo er Platz fand. So erklärt sich auch der wirre Lauf der Gässchen – besonders am Abend ist der Spaziergang hier ein Highlight für Romantiker. Der Blick auf die Stadt ist ausgezeichnet und im MünzenbergmuseumaC2sind die Überreste einer alten Stiftskirche zu besichtigen.
Wieder unten in der Stadt ist vor dem Anstieg zum Schlossberg womöglich ein guter Zeitpunkt für eine kleine Stärkung im Schiller’saC2gekommen. Durch den Finkenherd gelangt man anschließend zum Klopstockhaus aC2, dem Geburtshaus des Dichters Friedrich Gottlieb Klopstock (1724−1803). Heute ist hier ein Museum beheimatet, das über Leben und Werk dieses wichtigen Vertreters der klassischen deutschen Literatur informiert, gleichzeitig aber auch an andere Quedlinburger Persönlichkeiten erinnert – so an die erste deutsche promovierte Ärztin Dorothea Christiane Erxleben (1715−1762), den Pädagogen und Verfechter des Turnunterrichts Johann Christoph Friedrich GutsMuths (1759−1839) und an Carl Ritter (1779−1859), den Begründer der wissenschaftlichen Geografie.
Gleich nebenan liegt, etwas zurückgesetzt, die Lyonel-­Feininger-Galerie aC2. Die weltweit einzige Ausstellung zu Ehren des Künstlers ist ein Muss für alle Feininger-Fans, aber auch für jeden, der sich für die Kunst des frühen 20. Jahrhunderts interessiert. Einige Werke von Feiningers Zeitgenossen wie Lovis Corinth, Wassily Kandinsky, Paul Klee und Emil Nolde runden die Sammlung ab.
Wer nach zwei Ausstellungen am Stück eine kleine Pause braucht, der verwöhnt sich im Vincent aC2,bekannt für seine Käsekuchen, oder im Café Am Finkenherd aC2. Hier am Finkenherd soll der Sage nach Heinrich I. gesessen und Vögel gefangenen haben, als er die Nachricht erhielt, dass er zum deutschen König gewählt wurde. Einen Blick lohnt auch das mit Ranken bemalte Fachwerkhaus am Schlossberg 9. Es zählt zu den schönsten Häusern aus dem 17. Jahrhundert in der Stadt und war Wohnort des Schriftstellers Nikolaus Dietrich Giseke, der von 1754 bis 1760 in Quedlinburg lebte und ein guter Freund Klopstocks war.
Märchenhaft: Blick über Schloss und Stadt im Zwielicht
Weiter den Schlossberg hinauf (schöne Fotomotive) erreicht man die Stiftskirche aC2mit dem Domschatz und das Schlossmuseum aC2. Der Dom – den Ehren­titel erhielt die Stiftskirche aus Respekt vor der Macht der Äbtissinnen – beherbergt viele reiche Kirchen­schätze. Auf dem Schlossberg wird gerade umfassend renoviert, weshalb es zu Einschränkungen bei den Besichtigungen kommt. Ganz ohne Einschränkungen genießt man den Rundblick über die Stadt.
Via Schlossberg, Wassertorstraße und Rittergasse geht es hinab zum aD2 Abteigarten, den einst schon die Äbtissinnen nutzen und der einen schönen Blick zurück zum Dom erlaubt. Der BrühlparkaD1/2, eine Mischung aus Stadtpark und Barockgarten, schließt sich direkt an. Auf zahlreichen Wegen kann man durch die 10 000 Quadratmeter große Anlage spazieren.
Den Abschluss der Stadtbesichtigung bildet der Besuch der WipertikircheaC/aD1mit ihrer beeindruckenden Krypta aus romanischer Zeit. Auch die 55 Gruftgräber auf dem Friedhof stellen eine Besonderheit dar. Zum Ausgangspunkt des Spaziergangs, dem Marktplatz, ist man von St. Wiperti aus knapp 15 Minuten unterwegs.
Am von Fachwerkhäusern gesäumten Schlossplatz lassen sich Durst und Hunger stillen
»Enzyklopädie der Fachwerkkunst«
Altstadt von Quedlinburg
Quedlinburg, Sachsen-Anhalt
Sechs Jahrhunderte Fachwerkkunst, Kopfsteinpflaster, moderne Kunst hinter jahrhundertealten Mauern, malerische Gassen mit kleinen Cafés und Restaurants, überragt von der weithin sichtbaren romanischen Stiftskirche: Quedlinburg, nur einen Hexensprung vom Brocken am nordöstlichen Rand des Harzes gelegen, ist eine lebendige UNESCO-Weltkultur­erbestadt. Mit ihren rund 2000 Fachwerkhäusern und einer Reihe von Jugendstilbauten in der Altstadt, der historischen Neustadt, auf dem Schlossberg und dem Münzenberg ist die Stadt ein Gesamtkunstwerk von außergewöhnlicher Geschlossenheit.
In Quedlinburg wurde deutsche Geschichte geschrieben: 919 soll am Finkenherd unterhalb des Burgberges der Sachsenherzog Heinrich seine Königskrone empfangen haben. Der Glanz und der Reichtum des ottonischen Königshauses sind heute dank der Kostbarkeiten des Domschatzes in der Stiftskirche St. Servatii sichtbar. Das Schlossmuseum im ehemaligen Stift präsentiert in den Audienzsälen und im romanischen Kellergewölbe die Stadt- und Stiftsgeschichte sowie eine Ausstellung zur deutschen Herrscherdynastie der Ottonen.
Die verwinkelten Gassen, die idyllischen Plätze und der imposante Sandsteinfelsen des Burgberges inmitten der Stadt geben Quedlinburg einen einzigartigen Charakter. Wo einst Könige Hof hielten und starke Frauen Geschichte schrieben, treffen Besucher heute auf eine lebendige Stadt mit abwechslungsreichen Facetten. Künstler öffnen den Besuchern ihre Ateliers, Konzerte und Ausstellungen beleben die historischen Gemäuer. Zudem sorgt das Drei-Sparten-Theater für ein abwechslungsreiches Bühnenprogramm mit Musik, Schauspiel und Tanz. Bei einer der täglichen Stadtführungen oder einem abendlichen Rundgang mit dem Nachtwächter lassen sich Quedlinburgs schönste Plätze am besten entdecken. ln der Adventszeit erstrahlt die Stadt in einem besonderen Glanz und lädt mit zahlreichen Veranstaltungen ein, sich stimmungsvoll auf die Weihnachtszeit vorzubereiten.
Im nahen Gernrode gehört die Stiftskirche St. Cyriakus zur Straße der Romanik. Erbaut im 10. Jahrhundert ist sie ein ottonisches Bauwerk von höchstem baugeschichtlichem Rang. Die Hallenkrypta gilt als eine der ältesten in Deutschland. Im südlichen Seitenschiff befindet sich zudem die älteste Nachbildung des Grabes Christi nördlich der Alpen, wahrscheinlich aus dem Jahr 1080.
Info:Quedlinburg liegt ca. 60 km von Magdeburg entfernt. Info Quedlinburg:Quedlinburg Information, Markt 4, 06484 Quedlinburg, Tel. (039 46) 90 56 24, www.quedlinburg-info.de, www.adventsstadt.de, www.nachtwaechter-quedlinburg.de.
UNESCO-Weltkulturerbe: die Altstadt von Quedlinburg.
Service-Informationen Quedlinburg
5 Quedlinburg Tourist Information aB3
Markt 4, 06484 Quedlinburg
(039 46) 90 56 20, www.quedlinburg-info.de
Mo–Sa 9.30–18, So 10–15 Uhr
In diesem schönen Fachwerkhaus ist die Tourist Information Am Finkenherd untergebracht
Wie ein Rausch: Fachwerk und noch mehr Fachwerk
Das neugotische Empfangsgebäude des Quedlinburger Bahnhofs von 1862
8 Fachwerkmuseum im Ständerbau aB3
Wordgasse 3, Quedlinburg
(039 46) 90 56 81, www.quedlinburg-info.de
Tägl. außer Do 10–13 und 13.30–17 Uhr, Eintritt € 3/2
Nirgends könnte ein Museum, das sich mit der Fachwerkbauweise befasst, einen passenderen Standort finden als in Quedlinburg, der am besten erhaltenen mittelalterlichen Stadt Deutschlands, in der fast jedes Haus im Stadtzentrum in Ständerbauweise errichtet wurde. Von Ständerbau spricht man übrigens deshalb, weil aufrecht stehende Balken, die Ständer, das Grundgerüst für ein Haus bilden.Im Museum können sich die Besucher über die Geschichte des Fachwerkbaus in Quedlinburg informieren. Wer es ganz genau wissen will, dem wird anhand von Modellen die Entwicklung der Stile im Fachwerkbau im Laufe der Jahrhunderte erklärt.
Fachwerkmuseum im ­Ständerbau
8 Klopstockmuseum aC2
Schlossberg 12, Quedlinburg
(039 46) 90 56 81, www.quedlinburg-info.de
April–Okt. Mi–So 10–17 Uhr, Eintritt € 3,50/2
Das Geburtshaus des Dichters Friedrich Gottlieb Klopstock (1724−1803) wurde um 1560 erbaut und bereits 1899 zum Museum umgestaltet. Hier wird das Leben des Dichters nachgezeichnet, aber auch an andere berühmte Quedlinburger erinnert.
8 Lyonel-Feininger-Galerie aC2
Schlossberg 11, Quedlinburg
(039 46) 68 95 93 80, www.feininger-galerie.de
Tägl. 10–18 Uhr, Eintritt € 8/5
Lyonel Feininger (1871–1956) hatte keinerlei Verbindungen zu Quedlinburg. Dass das weltweit einzige Museum, das diesen bedeutenden Künstler der Klassischen Moderne würdigt, ausgerechnet hier steht, liegt an dem Quedlinburger Hermann Klumpp. Als der Deutsch-Amerikaner Feininger, dessen Werk von den Nazis als »entartet« betrachtet wurde und der zudem mit einer Jüdin verheiratet war, in die USA zog, musste er einige seiner Kunstwerke zurücklassen. Er überließ sie seinem Schüler und guten Freund Klumpp. Auch nach dem Krieg wurde Feiningers Werk zunächst wenig wertgeschätzt. In der DDR galt seine Kunst als »bürgerlich« und »dekadent«. Wer Feiningers Werke sehen wollte, wurde zur »Ausstellung« in Klumpps Privatwohnung eingeladen. Im »sozialistischen Staat der Arbeiter und Bauern« entdeckte man das Interesse an Feininger erst, als man glaubte mit seinen Bildern Geld machen zu können. Nach dem Tod von Feiningers Frau im Jahr 1970 stellten die Nachkommen des Malers Rückerstattungsansprüche und die DDR-Regierung sah eine Chance zur Devisenbeschaffung – Feininger wurde zum angesehenen Künstler erklärt. 1986 eröffnete in Quedlinburg die Feininger Galerie. Im Eigentumsstreit kam es nach langen Jahren zu einem Kompromiss, acht Ölbilder Feiningers wurden an dessen Nachkommen in New York zurückgegeben, während der Rest der Sammlung in Quedlinburg zu sehen ist. Hier sind alle Schaffensperioden Feiningers in Deutschland von den 1890er Jahren bis 1937 zu sehen.
89P Münzenbergmuseum/Museum Klosterkirche St. Marien auf dem Münzenberg aC2
Münzenberg 16, Quedlinburg
(0178) 804 25 92, www.quedlinburg-info.de
Tägl. 10–17, Jan./Feb. nur Fr–Mo, Eintritt frei
Neben 65 schmucken Fachwerkhäuschen befinden sich auf dem Münzenberg auch die Reste einer ehemaligen Klosterkirche. Diese kann man im Münzenberg-­Museum besichtigen. Lohnend ist der kurze Aufstieg hinauf zum Münzenberg auch wegen der hervorragenden Aussicht.
8 Schlossmuseum aC2
Schlossberg 1, Quedlinburg
(039 46) 90 56 81, www.quedlinburg-info.de
Wegen Baumaßnahmen bis voraussichtlich Ende 2022 geschl.
Das Städtische Museum im Quedlinburger Schloss bietet einen Überblick über die Entwicklung der Region, des Stifts und der Stadt, beginnend mit der Ur- und Frühgeschichte.
Auf dem Weg zum Schloss
98 Dom und Domschatz aC2
Schlossberg 1 G, Quedlinburg