11 Spannende Krimis im Bundle Dezember 2025 - Alfred Bekker - E-Book

11 Spannende Krimis im Bundle Dezember 2025 E-Book

Alfred Bekker

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Beschreibung

Dieses Buch enthält folgende Krimis: Nils van Doren: am Sperrwerk Chris Heller: Kommissar Jörgensen und die fromme Frau Alfred Bekker: Hass, der wie Feuer brennt Alfred Bekker: Abendessen mit Konversation Alfred Bekker: Eis in den Bergen Alfred Bekker: Bluternte 1929 Alfred Bekker: Im Visier der Killerin Alfred Bekker: Das Elbenkrieger-Profil Alfred Bekker: Der verlorene Erbe Thomas West/Chris Heller: Kommissar Jörgensen und die mörderische Habgier Thomas West/Chris Heller: Kommissar Jörgensen in der Zwickmühle "Stopp, Lady! Nicht so eilig!" Der Größere der beiden Bodyguards hielt eine Uzi im Anschlag. Die Hand seines Partners glitt instinktiv zur .45er Automatik, deren Griff aus einem Quick-Draw-Holster herausragte. Die junge Frau, die den beiden Gorillas gegenüberstand, stemmte provozierend einen Arm in die Hüfte. "Sagt bloß, ich mache euch Angst, Jungs", hauchte sie spöttisch. Ihr schwarzes Haar war hochgesteckt. Ein wertvoller Nerz umschmeichelte ihre Figur. "Wir sind nur vorsichtig", zischte der Kerl mit der Automatik zwischen den Zähnen hindurch. Die dunkelhaarige Schönheit hob selbstbewusst den Kopf. "Mister Barese erwartet mich. Aber ihr könnt mich gerne durchsuchen, Jungs!" Sie öffnete den Nerz. Darunter war sie vollkommen nackt. "Ich glaube kaum, dass euer Boss gegen meine Bewaffnung etwas einzuwenden hat!" Ein verführerisches Lächeln spielte um ihre vollen Lippen. Aber in ihren Augen glitzerte es kalt. Immerhin wird der große Boss einen schönen Anblick haben, bevor er stirbt, ging es ihr zynisch durch den Kopf.

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Veröffentlichungsjahr: 2025

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Alfred Bekker, Chris Heller, Thomas West, Nils van Doren

11 Spannende Krimis im Bundle Dezember 2025

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Inhaltsverzeichnis

11 Spannende Krimis im Bundle Dezember 2025

Copyright

Mord am Sperrwerk

Kommissar Jörgensen und die fromme Frau

Hass, der wie Feuer brennt

Abendessen mit Konversation

Eis in den Bergen

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Bluternte 1929 - Umgelegt in Chicago

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Im Visier der Killerin

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Das Elbenkrieger-Profil

Der verlorene Erbe

​Kommissar Jörgensen und die mörderische Habgier

​Kommissar Jörgensen in der Zwickmühle

Orientierungspunkte

Titelseite

Cover

Inhaltsverzeichnis

Buchanfang

11 Spannende Krimis im Bundle Dezember 2025

von Alfred Bekker, Chris Heller, Nils van Doren, Thomas West

Dieses Buch enthält folgende Krimis:

Nils van Doren: am Sperrwerk

Chris Heller: Kommissar Jörgensen und die fromme Frau

Alfred Bekker: Hass, der wie Feuer brennt

Alfred Bekker: Abendessen mit Konversation

Alfred Bekker: Eis in den Bergen

Alfred Bekker: Bluternte 1929

Alfred Bekker: Im Visier der Killerin

Alfred Bekker: Das Elbenkrieger-Profil

Alfred Bekker: Der verlorene Erbe

Thomas West/Chris Heller: Kommissar Jörgensen und die mörderische Habgier

Thomas West/Chris Heller: Kommissar Jörgensen in der Zwickmühle

"Stopp, Lady! Nicht so eilig!"

Der Größere der beiden Bodyguards hielt eine Uzi im Anschlag. Die Hand seines Partners glitt instinktiv zur .45er Automatik, deren Griff aus einem Quick-Draw-Holster herausragte.

Die junge Frau, die den beiden Gorillas gegenüberstand, stemmte provozierend einen Arm in die Hüfte.

"Sagt bloß, ich mache euch Angst, Jungs", hauchte sie spöttisch. Ihr schwarzes Haar war hochgesteckt. Ein wertvoller Nerz umschmeichelte ihre Figur.

"Wir sind nur vorsichtig", zischte der Kerl mit der Automatik zwischen den Zähnen hindurch.

Die dunkelhaarige Schönheit hob selbstbewusst den Kopf.

"Mister Barese erwartet mich. Aber ihr könnt mich gerne durchsuchen, Jungs!" Sie öffnete den Nerz. Darunter war sie vollkommen nackt. "Ich glaube kaum, dass euer Boss gegen meine Bewaffnung etwas einzuwenden hat!" Ein verführerisches Lächeln spielte um ihre vollen Lippen. Aber in ihren Augen glitzerte es kalt. Immerhin wird der große Boss einen schönen Anblick haben, bevor er stirbt, ging es ihr zynisch durch den Kopf.

Copyright

Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von

Alfred Bekker

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© dieser Ausgabe 2025 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen

Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.

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Mord am Sperrwerk

Nils van Doren

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Mord am Sperrwerk: Ostfrieslandkrimi

von NILS VAN DOREN

Ein toter Mann in einem alten Taucherhelm, aufgehängt am Emssperrwerk wie eine makabre Trophäe. Für Kommissar Ubbo Norden beginnt ein Fall, der nach Algen, Diesel und Tod riecht. In seiner rauen Heimat Ostfriesland ist er Verbrechen gewohnt, doch dieses ist anders.

Der Mord ist eine Inszenierung, eine kalte Kunstinstallation. Der Geruch von Zyanid und Kleber mischt sich mit der salzigen Luft, und schnell wird klar: Der Täter spielt ein perfides Spiel. Er ist ein Phantom, das seine Taten als Kunst feiert und die Ermittler mit jeder neuen Spur tiefer in ein Netz aus Groll und Wahnsinn zieht. Während der Mörder sein tödliches Theater aufführt, kennt Norden nur eines: unerbittliche Polizeiarbeit.

Ein Wettlauf gegen die Zeit beginnt, denn in der grauen Weite des Nordens ist der nächste Akt bereits in Vorbereitung.

Glossar

Personen (Kernteam)

Ubbo Norden: Kriminalhauptkommissar in Emden; nüchtern, gradlinig, „Emsgrau“-Blick für Details.Jan Slieter: Ubbos fester Partner; ruhig, schnell, treffsicher in Fragen und Timing.Herr Menninga: Leiter der Emder Kripo; klar, pragmatisch, hält Fäden zusammen.Staatsanwalt Tamme Grotekerken: Zuständig für Anklage und Haftfragen; zuverlässig, nüchtern.Dr. Broerke Remmers: Gerichtsmediziner; trockener Humor, präzise Befunde.Tom Haase: Erkennungsdienst/Spurensicherung; akribisch, „Uhrmacher-Hände“.Tadaeus Ulfert: Innendienst/Fahndung, Daten- und Finanzspuren; „Papier- und Leitungsarbeiter“.Johnny Volkert: Kollege im Außendienst; schnell mit Kamera und Funk.

Weitere Personen (ohne Wertung zur Schuldfrage)

Jens Reiners: Chef eines Unterwasser-/Hafenbetriebs in der Region; praxisnah, teamorientiert.Heiner Gronewold: Mitarbeiter im Bauhof/Sielkontrolle; kennt Pfähle, Strömung, Alltag am Wasser.Rouwen Heskamp: Freier Wartungs-/Taucher aus der Region; handwerklich versiert.Volker Dammann: Kran- und Hafenarbeiter; „Macher“ an Kajen und Werften.Thilo Kraak: Handwerker mit „Kleber-Verstand“; kennt Werkstatt, Materialien, Abläufe.Sven Knoop: Zupacker/Läufer; Hände für Besorgungen, wenig Worte.Maik Dreeßen: Bootsbauer/Schreiner; Holz, Werkbank, Hafenhandwerk.Hinnerk Lübs: Kran-/Helfer aus dem Hafenmilieu; nachts abrufbar.„Barthel“/Bernd Lammers: Betreiber eines kleinen „Marine Service“; taucht in Hafenlisten auf.

Orte

Emssperrwerk: Großbauwerk bei Emden; Schleusen, Stahl, Pfähle, Dreh- und Angelpunkt am Wasser.Alte Kaje: Emder Hafenzone; Hallen, Krane, Nebel – Treffpunkt von Arbeit und Wasser.Borssum: Emder Stadtteil; Bauhof, Wohnstraßen, kurze Wege an den Deich.Leer: Nachbarstadt; Gewerbehöfe, Taucher- und Hafenbetriebe, Werftkanten.Schiffahrtsmuseum Emden: Historie von Schiffen, Tauchen, Hafen – Helme, Modelle, Vitrinen.Hafenamt/Wasserschutz: Behördenlandschaft am Wasser – Anmeldung, Genehmigungen, Kontrolle.Nesserlander Straße: Emder Verkehrsachse Richtung Hafen/Gewerbe.Lüttich (Belgien): Auswärtige Ermittlungsadresse in Finanz-/Hintergrundfragen (separate Spur).

Begriffe

Pfahl/Dalben: Holz-/Stahlpfosten im Wasser zur Festmachung; prägen Akustik und Bilder am Hafen.Tauchhelm (klassisch): Schwere, historisch-industrielle Ausrüstung aus Kupfer/Messing; Museums- und Sammlerobjekt.Trockentauchanzug („Trocki“): Moderne Tauchbekleidung; dicht, mit Dichtungen und Reißverschluss.Kette/Karabiner/Schäkel: Hebe- und Sicherungsmittel an Kranen, Kajen, Booten.Kran-Chip/RFID: Zugangssysteme für Hof/Portalkran; protokollieren Nutzungen.Erkennungsdienst (ED): Spurensicherung, Auswertung von Fasern, Chemie, Bildern.Wasserschutzpolizei: Polizei auf dem Wasser; Boote, Absuchen, Absperren, Bergung.Bauhof/Sielkontrolle: Kommunale Aufgabe an Deichen, Schleusen, Sieleinläufen.THF (Tetrahydrofuran): Lösemittel im Handwerk (z. B. PVC-Verklebungen); markanter Geruch.Cyanid: Hochgefährlicher chemischer Stoff; besondere Schutz- und Rechtslage (Kein Umgang ohne Erlaubnis).

Kapitel 1 – Der Mann im Helm

Ich komme aus dem Norden. Und ich heiße so. Ubbo Norden. Kommissar bei der Kripo Emden. Mein Partner: Jan Slieter. Unser Chef: Herr Menninga. Jo.

An dem Morgen stank der Wind nach Algen, Diesel und Metall. Es regnete nicht. Es war grau. Emsgrau. Das ist eine Farbe, die man nur hier kennt.

Wir standen auf dem Beton des Sperrwerks. Emssperrwerk. Eine riesige Klappe gegen Sturmfluten. Heute war Flut ohne Sturm. Trotzdem drückte das Wasser. Unten schäumte es an die Pfeiler. Möwen diskutierten so laut, als müssten sie einem etwas beweisen.

Der Anruf war eine halbe Stunde alt. Leiche in der Schleusenkammer, hieß es. Fischer hatten ihn gesehen. Dann war die Wasserschutz da. Dann wir.

„So was habe ich noch nicht gesehen“, sagte der Wasserschutz-Oberkommissar, der uns abholte. Er trug Ölzeug, das schon zu viele Saisons erlebt hatte. Sein Gesicht war lederig, die Augen rot vom Wind. „Einer von diesen alten Helmen. Wie im Museum.“

„Ein Tauchhelm?“, fragte ich. Ich musste nicht fragen. Ich roch Metall und altes Gummi, das wie kaputte Dichtungen riecht. Ich hatte so einen Helm als Kind in Greetsiel im Museum gesehen, zwischen Schiffsmodellen und Netzen. Kupfer, Messing, Glas. Schwer. Todesschwer.

„Ein alter Helm“, sagte der Wasserschützer. „Aber der innen drin ist neu.“

„Der Tote“, sagte ich, und schmeckte Metall in der Luft.

„Der Tote“, bestätigt er.

Jan neben mir zog die Kapuze fester. Die Ems knurrte. Die Möwen schwiegen kurz. Das war mir lieber. Wenn Möwen schwiegen, hörte man besser, was die Stadt sagte.

Wir stiegen runter. Metalltreppe. Nass. Glatt. Meine Schuhe kannten das. Meine Knie auch. Der Geruch wurde schärfer, je näher wir kamen. Algen. Öl. Und etwas Süßliches, das nicht hierher gehörte. Etwas, das nach einem Labor roch, nicht nach Wasser. Das setze ich mir ins Hinterhirn. Dinge, die nicht dahin gehören, sind meine Freunde.

Er hing an einer Kette. Etwa einen Meter über dem Wasser. In der Nische zwischen Pfeiler und Wartungsgang. Jemand hatte ihn aufgehängt wie einen schlechten Witz. Ein Bergungshaken war durch einen Ring am Helm gezogen. Die Kette lief über eine Rolle, die eigentlich für Tore war, nicht für Menschen.

Der Helm war alt. Kein Zweifel. Kupfer, die grünen Spuren von Zeit und Salz. Auf dem Glas der Frontscheibe klebten Algen. Der Körper darunter trug keinen Gummianzug aus den dreißiger Jahren. Er trug einen modernen Trocki. Schwarz, mit Reflexpaspeln. An der Hüfte hing eine Lampe. Auf dem Rücken – die Umrisse eines abgenommenen Atemgeräts. Das fehlte.

„Die hatten schon dran rumgezuppelt“, sagte der Wasserschützer. „Die Fischer. Sie wollten ihn runterlassen. Aber dann kamen wir. Wir haben ihn hängen lassen. Für euch. Ich dachte, ihr wollt ihn so sehen.“

Ich nickte. „Gut. Keiner packt was an, außer haase.“ Haase ist Tom Haase, Erkennungsdienst. Er liebt sowas. Und ich mag Haase, wenn er arbeitet. Er hat die Hände eines Uhrmachers und den Kopf eines Zahlenmenschen. Er redet, wenn er muss. Heute musste er.

„Die Kette“, murmelte Jan. Er sah hoch. Ich sah hoch. Es war eine gute Kette. Nicht alt. Mit Muttern, die nicht zusammenrosteten. Jemand hatte sie hier angebaut. Nicht während der Kaiserzeit. Sondern gestern. „Die Rolle ist gefettet“, sagte Jan. „Frisch.“

„Tja“, sagte der Wasserschützer. „Man hat sich Mühe gegeben.“

Ich trat einen Schritt näher. Das Wasser unter uns war trüb. Weiße Spitzen auf grauer Haut. Ich roch noch immer das Labor. Etwas wie Lösungsmittel. Nicht viel. Ein Hauch. Nicht genug, um eine Geschichte allein zu erzählen. Aber genug, dass ich sie nicht vergesse.

„Hat jemand eine Idee, wie lange er hängt?“, fragte ich.

„Seit heute Morgen, spätestens“, sagte der Wasserschützer. „Die Fischer sind um sechs raus. Da war er noch nicht da. Um siebenfünfzig war er da.“

Ich nickte. Jan schaute auf die Uhr. Wir standen seit achtzehn Minuten hier. Unsere Zeitrechnung. Die der Toten ist anders.

„Haase ist unterwegs“, meldete sich Kollege Johnny Volkert über Funk. „Dr. Remmers hat’s mitbekommen. Der kam freiwillig.“

„Er kommt immer freiwillig, wenn’s interessant ist“, sagte Jan. Remmers ist Gerichtsmediziner. Freundlicher Zyniker. Ich mag seine Sätze. Sie passen in die Welt, ohne sie schön zu reden.

Der Helm glänzte unter einer Möwenwolke kurz in einem Nichtlicht, das kein Licht war. Dann war es wieder grau. Ich trat an den Rand der Nische. „Können wir ihn einen halben Meter runterlassen?“, fragte ich den Wasserschützer. Der zuckte mit den Schultern. „Wir können. Aber nichts verkanten. Wenn er ins Wasser plumpst, haben wir Arbeit.“

„Wir brauchen vielleicht die Handschuhe mit den Noppen“, sagte ich.

„Die hab ich“, sagte eine Stimme hinter uns. Tom Haase. Blaue Kiste in der Hand, Schutzanzüge unterm Arm, Gesicht, das nichts verriet und alles sah. „Guten Morgen“, sagte er. „Stinkt.“

„Du stinkst auch“, sagte Johnny und grinste. Er trug schon den weißen Anzug, der aussah wie eine Fehlfarbe in der Landschaft.

„Jungs“, sagte Haase. Er schaut uns an, als wäre er eine Mischung aus gütigem Onkel und Chirurg. „Keiner redet. Alle gucken. Dann arbeite ich. Dann reden wir.“

Er zog Handschuhe an, die aussahen wie für Ofenhandschuhe, nur besser. Der Wasserschützer stellte sich an die Kurbel und ließ sie ein halbes Mal kreisen. Der Körper senkte sich mit einem leichten Quietschen. Ich roch es: Metall auf Metall. Alt. Nur die Rolle war frisch. Ich merkte mir das Fett. Ich merkte mir den Geruch. Ich merkte mir die Art, wie das Wasser sich spiegelte.

Haase trat vor, legte die Hand sachte auf den Helm. Als würde er jemanden wecken. Die Kette vibrierte, ganz leicht. Er legte die andere Hand an das Schaubild aus Metall, das die Frontscheibe hält. „Das Glas ist heil“, murmelte er. „Kein Bruch. Keine Gewalt von außen. Wenn innen Blut ist, dann ist es innen.“

„Innen“, sagte Jan. „Schön.“

„Ich brauche eine Leiter“, sagte Haase. „Und Johnny, du machst Fotos. Viele.“

„Wie immer“, sagte Johnny.

„Und ihr bleibt aus dem Bild“, sagte Haase. Er lächelte kurz. „Ich weiß, ich kann mich darauf nicht verlassen. Aber ich sage es.“

Jan hob beschwichtigend die Hände. Ich trat einen Schritt zurück.

Ich sah mich um. Stahl, Beton, Wasser. Ein Vogel, der kein Glück hatte, landete, sah den Helm, flog wieder hoch. Ich roch Diesel. Ich roch Algen. Ich roch das Labor. Ich roch etwas, das ich nicht identifizieren konnte. Ein Parfum? Nein. Etwas anderes, flüchtig, süß und bitter zugleich. Ich setzte es neben das Lösungsmittel. Vielleicht gehörte es zusammen. Vielleicht nicht.

Der Helm war einer von denen mit drei runden Sichtfenstern. Front, Seiten. Die Frontscheibe hatte Beschläge, die man aufschraubt. Haase nickte Johnny zu. „Wenn du uns jetzt den Reißverschluss in Großaufnahme gibst…“ Er zeigte auf den Hals des Anzugs. „Trocki. Marke?“ Er sah hin. „Santi. Nicht billig.“ Er fuhr mit zwei Fingern an der Dichtung entlang. „Die ist intakt.“

„Die Flasche fehlt“, sagte Johnny. „Kein Doppelgerät, keine Kreislaufanlage. Er ist ohne Flasche aufgehängt worden. Oder man hat sie abgenommen.“

„Beides gut möglich“, murmelte Haase. „Er hängt friedlich. Das mag ich nicht.“ Er sah mich an. „Das magst du auch nicht.“

„Ich mag, was lebt“, sagte ich, und es klang pathetischer, als ich es meinte. Haase nickte. Man durfte pathetisch sein, wenn man Helmgesichter ansah.

Dr. Remmers kam, als die Sonne so tat, als würde sie existieren. Er war nicht groß, aber seine Gegenwart füllte Räume. Er trug seinen grauen Mantel, als sei er eine Rüstung. „Ubbo“, sagte er. „Jan.“ Er nickte Haase zu. „Thomas.“

„Walter“, sagte Haase. Das sagte er selten. Heute war es richtig.

Remmers trat an die Kette. Sein Gesicht änderte sich nicht. Seine Augen taten es. Er beugte sich, roch. „Nicht ertrunken“, sagte er.

„Nein?“, fragte ich. „Und wie?“

„Warte“, sagte er. „Ich will nicht klug tun, bevor ich es bin.“ Er kniete, legte die Hand an den Helm, als würde er segnen. „Hol ihn runter. Aber nicht ins Wasser. Auf das Brett da.“ Er zeigte auf eine alte Bohle, die am Rand lag. Jemand hatte sie vergessen. Heute war sie nützlich.

Die Wasserschützer kurbelten. Johnny fotografierte. Haase hielt. Der Helm blieb ruhig. Dann lag der Körper auf der Bohle, die Bohle auf rutschigem Beton, der rutschiger wurde. Ich roch alte Gummis und Metall. Und den süß-bitteren Geruch, der jetzt deutlicher war. Etwas wie Mandel. Bittermandel. Blausäure. Aber anders. Ich sah Remmers an. Er hatte dieselben Falten in der Stirn wie immer, wenn etwas stimmte und er nicht wollte, dass es stimmt.

„Wir machen ihn auf“, sagte er. „Haase, willst du? Ich bin alt. Meine Hände sind müde. Und ich will nicht, dass mir eine Niete in die Finger reißt. Sieh mich nicht so an. Ich mag meine Finger.“

Haase lächelte wieder kurz. „Du magst auch deine Worte“, sagte er.

„Jo“, sagte Remmers. „Und ich mag, wenn wir nicht im Wasser stehen, wenn der Helm aufgeht.“

Wir waren nicht im Wasser. Nicht richtig. Ein Spritzer hier, eine Welle da. Haase schraubte. Es ging langsamer als im Film. Der Helm war gemacht, um schwer aufzuschrauben. Er war gemacht, um dicht zu sein. Er war gemacht, um zu schützen. Er tat es nicht.

Die Schrauben gaben nach. Der Ring löste sich. Ein Hauch entwich. Nicht viel. Nicht unsichtbar. Nicht sichtbar. Remmers hielt die Nase hin, als wäre er ein Hund. Er blinzelte. „Ja“, sagte er. „Das habe ich erwartet.“ Er musste es nicht sagen. Er sagte es. „Cyanide. Nicht pur. Was man in einem kleinen Waldlabor zusammenrührt, wenn man zu viel Google hat. Kein Gas, das dich umhaut. Ein Nebel. Du schläfst. Du wachst nicht wieder auf. Und dann hängst du jemanden in einen Helm und lässt ihn aussehen, als wäre die See schuld.“

„Hängt mit dem Helm zusammen“, murmelte Jan. „Er ist ein Symbol.“

„Symbol?“, fragte ich. „Wofür?“

„Wofür immer der Täter ihm dieses Symbol gibt“, sagte Jan. „Oder wofür die Stadt es ihm gibt. Tauchen. Wracks. Ems. Emder Hafen. Wussten alle im letzten Fall nicht, wie sie Emder Hafen schreiben? Heute wissen sie es wieder.“

„Rede weniger“, sagte Remmers. Er nahm seine Pinzette. „Gib mir Licht“, sagte er an Johnny. Der hielt die Lampe. „Und du, Ubbo, du nimmst die Hand. Nicht drücken. Nicht ziehen. Nur halten.“

Ich nahm die Hand des Toten. Sie war kalt. Nicht eiskalt. Nicht steif. Die Haut unter dem Neopren war bleich. Ich fühlte das Gewicht eines Menschen. Ich hasse das Gefühl. Es ist anders als bei einem Sack Zement. Es ist immer anders.

„Wir haben Zeit“, sagte Remmers. „Er ist nicht seit gestern tot. Er ist seit einigen Stunden tot. Vielleicht in der Nacht. Vielleicht später. Die Ems erzählt es mir später. Wir haben Zeit.“

„Jemand hat den Helm geputzt“, sagte Haase. „Die Fingerprints auf dem Messing sind nicht alt. Sie sind gar nicht da.“

„Nicht jeder putzt Finger“, sagte Remmers. „Manche tragen Handschuhe. So wie wir. Sollen sie doch.“

„Die Handschuhe vom Helm sind ab“, sagte Jan. „Die am Anzug sind da. Und die Handgelenke…“ Er beugte sich. „Fixiert. Kabelbinder. Schwarz. Zwei übereinander. Einer durchtrennt. Einer nicht.“

„Er hat versucht, sich zu befreien“, sagte ich. „Und es nicht geschafft.“

„Oder jemand hat ihm die Hoffnung gegeben, er könnte“, sagte Remmers. „Das machen manche.“

„Warum im Sperrwerk?“, fragte der Wasserschützer. Er stand seit zehn Minuten schweigend da. Jetzt sprach er. „Warum nicht irgendwo, wo keiner guckt?“

„Weil man es sehen soll“, sagte ich. „Und weil man es sehen kann. Hier gucken die Leute. Fischer, Jogger, Touristen. Und ich. Und du. Das wollte er.“

„Er?“ Der Wasserschützer sah mich an. Ich hob die Schultern. „Sie. Es. Leute. Ein Mensch. Einer, der zu viel Google hat, hat Remmers gesagt.“

„Es ist nicht Google“, sagte Remmers. Er hatte jetzt den Helm ein Stück angehoben. Ein Gesicht erschien. Blass. Augen halb geöffnet. Schaum an den Lippen? Nein. Nichts. Nur die Ruhe des Todes. „Es ist eine Mischung von Dummheit und Fachwissen. Das mag ich nicht. Das macht Mörder gefährlich.“

Er zog die Seitenverschlüsse. Der Helm löste sich. Er war schwer, als er in den Händen von zwei Wasserschützern landete, die vorsichtig taten, als wäre er aus Glas. Haase hielt den Kopf, ich die Hand. Johnny hielt die Lampe.

„Kennt einer den?“, fragte Jan. Er hat ein gutes Gedächtnis für Gesichter. Ich auch. Aber tote Gesichter sind anders. Manche werden anonym. Manche werden zu jeder Leiche, die man kannte.

Ich kannte ihn nicht. Jan auch nicht. Der Wasserschützer sah ihn an, als hätte er ihn mal beim Bier gesehen. Remmers sah Gesichter als Karte. „Zirka vierzig“, sagte er. „Fit. Keine Zahnarzt-Goldschäden. Kein Alkohol im Geruch. Cyanid überdeckt viel. Aber das rieche ich. Und dieses hier…“ Er beugte sich, roch an dem Mund des Mannes. „Mandeln. Ja. Aber da ist noch etwas.“ Er sah mich an. „Du riechst es, Ubbo.“

„Süß. Bitter. Ein wenig ätherisch“, sagte ich. „Kein Parfum. Eher Klebstoff.“

„Ich liebe es, wenn du redest“, sagte Remmers. Das war sein Humor. „Klebstoff. Oder ein Lösungsmittel. Er war in einer Werkstatt. Oder an etwas, das man klebt.“ Er sah auf die Hände. „Keine Schleifspuren, keine Bänder, keine Fugen im Fingernagelschmutz, die ich jetzt sehen würde, wenn es da wäre. Das mache ich später. Heute nicht. Heute wissen wir, er ist nicht lang im Wasser gewesen. Die Haut hat nicht die Falten, die ich sehen möchte, wenn ich ertrunkene Menschen sehe.“

„Er ist auf dem Land gestorben. Und wurde hier aufgehängt“, sagte ich. „Warum unter einem Tauchhelm? Weil der Täter die See hasst? Oder weil er sie liebt?“

„Oder weil er glaubt, sie redet zu ihm“, sagte Jan. „Wie Benny in Bremen geglaubt hat, dass der Teufel redet.“

„Ich bin nicht in Bremen“, sagte ich. „Ich bin in Emden. Und ich denke, der Helm erzählt uns etwas.“

„Die Marke“, sagte Haase. „Es ist ein klassischer Siebe Gorman. Englisch. Acht Schäube. Die Frontscheibe mit sechs Schrauben. Museumsteil. Kein Nachbau.“ Er sah mich an. „Woher kriegt man sowas in Emden?“

„Museum“, sagte der Wasserschützer. „Bei uns im kleinen Schiffahrtsmuseum sind zwei. Einer steht im Foyer. Den anderen guckt keiner. Oder Auktionen. Oder aus einer alten Werftschublade. Wir haben viel alte Werft.“

„Wir rufen das Museum an“, sagte ich. Johnny nickte. Er tippt schneller, als ich rede. „Und wir rufen gleichzeitig alle Tauchshops an. Und die Tauchvereine. Und die, die Wracks plündern. Es gibt immer welche, die Wracks plündern.“

„Über das Internet kriegt man den Helm in drei Tagen aus England“, murmelte Haase. „Aber nicht mit grüner Patina. Diese hier ist alt. Und echt. Lass uns nachsehen, ob jemand seit gestern an einem Helm herumschraubt.“

„Die Ems nimmt nicht alles mit“, sagte Remmers. „Manchmal bringt sie es her. So wie heute.“

„Was ist das hier?“, fragte Jan. Er hatte die Lampe an der Hüfte abgemacht. Ein Karabiner hing daran. Der Karabiner war nicht alt. Edelstahl. Darauf – eine Gravur mit Laser. Drei Buchstaben. J, R, K. „J-R-K“, sagte Jan. „Sagt dir das was?“

„J. R. K.“, sagte ich. „Initialen. Club. Firma.“

„Jansen Rüst & K-Kran?“, sagte der Wasserschützer und grinste. Niemand lachte. Er zuckte die Schultern. „War ’n Scherz.“

„Es gibt eine Firma JRK Subsea in Leer“, sagte Johnny, immer noch am Handy. „Die machen Unterwasserarbeiten. Hafen, Schleusen, Inspektionen. Ich hab mal mit denen einen Kaffee getrunken, als wir in Leer waren. Netter Typ mit Bart.“

Ich sah Remmers an. Er sah mich an. Jan sah Johnny an. „Wir fahren gleich nach Leer“, sagte ich. „Aber vorher will ich, dass ihr den Helmrückblick fertig habt.“ Ich sah zu Haase. „Thomas?“

„Wir nehmen alles mit“, sagte er. „Und lassen alles da, was nicht schreit. Der Helm schreit. Der Anzug schreit. Die Schlaufe schreit. Die Kette schreit. Die Rolle flüstert. Ich mag flüstern.“

„Ich rufe Menninga an“, sagte ich. Ich tat es. Er hob beim zweiten Klingeln ab.

„Norden“, sagte er. „Sie klingen, als würden Sie frieren.“

„Ich friere immer, wenn Leute aufgehängt werden“, sagte ich.

„Das ist eine gesunde Reaktion“, sagte er. „Berichten Sie.“

Ich berichtete. Kurz. Unpathetisch. Er mochte das.

„Wir machen Leer“, sagte er. „Und wir machen Museum. Und wir machen Öffentlichkeit, aber nur die halbe. Ich will keine Fotografen am Sperrwerk. Ich will Ruhe. Ich will Täter, keine Leser. Tjark kümmert sich um JRK und deren Geld. Tadaeus checkt die alten Fälle mit Tauchern. Es gab da in den letzten Monaten ein paar Diebstähle von Bronzepropellern. Und die Welt ist klein zwischen Propeller und Helm. Ich rufe den Bürgermeister an. Der will wissen, wenn was hängt.“

„Der hängt nie“, sagte ich.

„Heute mal nicht“, sagte Menninga. „Rufen Sie mich, wenn Remmers was sagt, das ich verstehen kann.“

„Ja“, sagte ich.

„Ubbo?“

„Ja?“

„Passen Sie auf sich auf. Da oben ist es glatt.“

„Immer“, sagte ich. „Jo.“

Ich legte auf. Ich sah Jan an. „Leer“, sagte ich. Er nickte. „Aber erst: Remmers.“

„Ich will ihm nicht die Zeit stehlen“, sagte Remmers. „Aber ich kann euch jetzt sagen, was ich sehe. Kein Wasser in der Lunge. Keine klassischen Zeichen eines Strangulationstods vom Aufhängen. Keine Frakturen am Kehlkopf. Keine Stauchungen, die an den Nacken erinnern. Die Kordel…“ Er zog den Reißverschluss des Anzugs ein Stück. Haase hielt die Kante. „Die Kordel ist zu. Nicht zu eng. Aber fest. Da ist keine Dichtung in die Haut eingedrückt. Er ist nicht erstickt. Er ist vergiftet worden. Und dann hat jemand ihn hübsch gemacht.“

„Wer?“, sagte der Wasserschützer. „Warum hübsch?“

„Weil jemand will, dass wir denken“, sagte Remmers. „Denkt ihr?“ Er sah Jan an. Er sah mich an. Er lächelte. „Ihr seid gute Denker. Denkt differenziert. Ich mag Differenz.“

„Cyanid“, sagte Jan. „Bittermandel. Ein bisschen Lösungsmittel. Vielleicht ein Kleber. Und die Initialen am Karabiner. JRK. Leer. Ein Helm aus dem Museum. Oder aus einer Auktion. Oder aus einem Keller. Jemand hat eine Geschichte gebaut. Eine Geschichte, die an alte Taucherei erinnert. Wracks. Ems. Hafen. Vielleicht will er uns von woanders wegholen. Vielleicht will er, dass wir dorthin sehen, wo wir ohnehin immer hinsehen.“

„Oder er will uns zeigen, wohin wir nie gucken“, sagte ich. „Weil wir denken, da sei nur Romantik. Alte Helme. Alte Propeller. Alte Männer. Ich mochte alte Männer. Bis Bremen. Danach auch.“

„Bremen“, sagte Jan. „Das ist noch nicht durch. Norinsky sitzt. Aber die Wellen dauern. Ich mochte keine Wellen. Heute auch nicht.“

„Heute sind wir hier“, sagte ich. „Und holen uns die Leute, die uns den Helm verkauft haben. Und dann fragen wir die, die ihn aufgehängt haben. Und dann fragen wir die, die den Kleber mischen.“

„Die, die Chemie machen“, sagte Remmers. „Ich sage Ihnen nachher, ob es Blausäure war. Oder Salze. Oder was, das nur so riecht. Ich nehme Proben. Ich nehme alles. Ich nehme heute sogar das Wasser. Nur so zum Spaß.“

„Du hast komischen Humor“, sagte Haase.

„Ich weiß“, sagte Remmers. „Deshalb mögen Sie mich.“

Sie mögen sich. Ich mochte beide. Das hilft.

Wir ließen den toten Mann nicht allein. Wir ließen ihn den Wasserschützern. Und den Erkennungsdienstlern. Die wussten, was sie taten. Jan und ich stiegen die Metalltreppe rauf. Ich rief Johnny zu, dass er den Helm fotografieren soll, als wäre er ein Bild von Rembrandt. Er sagte „Chef“, sagte ich „Ich bin nicht dein Chef“, sagte er „Rembrandt auf der Ems“, lachte und hielt die Kamera richtig.

Leer. JRK Subsea. Ein flaches Gebäude in einem Gewerbegebiet. Blaue Schrift auf weiß. Ein Kran in der Ecke, der kleinen Kram hob. Ein Container, der nach Schlamm roch. Eine Halle, die nach Gummi und Öl roch. Zwei Transporter mit Signalfarben. Einer hatte Salzspuren wie Kriegsnarben. Ich mochte das. Es war echt. Keine Hochglanzfirma.

Ein Mann mit Bart und einem Gesicht, das man mochte, kam uns entgegen. Blaue Jacke. JRK-Logo drauf. Hände, die mehr konnten, als an einem Computer tippen. „Moin“, sagte er. „JRK Subsea. Jens Reiners. Was kann ich tun?“

„Kommissar Norden. Kripo Emden. Das ist mein Kollege Slieter. Wir hätten ein paar Fragen zu einem Karabiner.“

„Wir verkaufen keine“, sagte er und grinste. „Wir verlieren nur.“

„Der da“, sagte ich und zeigte ihm auf dem Handy ein Foto von dem Karabiner. JRK. Lasergravur.

Sein Gesicht wurde ernst. „Das ist unserer. Oder einer, der mal uns gehört hat. Der Laser ist neu. Den haben wir seit zwei Jahren. Davor war es Stempel. Die Lasergravur hat diese kleinen Mikroschlieren, die ich kenne. Warum liegt unser Karabiner bei Ihnen in Emden?“

„Weil jemand einen Mann im Helm aufgehängt hat“, sagte Jan. „Emssperrwerk.“

„Scheiße“, sagte Reiners. Er meinte es. „Kommt rein. Ich hole unsere Listen.“

Listen. JRK war eine kleine Firma, aber keine schlechte. Reiners holte einen Ordner. „Wir gravieren nicht jeden Karabiner. Aber wenn sie rausgehen, dann kriegen sie eine Nummer. Eine Chargennummer. Hier.“ Er zeigte auf eine Tabelle. „JRK-22-07-14. Das war Sommer letztes Jahr. Wir hatten einen Auftrag an der Schleuse Leer. Ein Fischer hat sich beschwert, und wir mussten tauchen. Zwei Karabiner sind weg. Wir haben’s bezahlt.“

„Die Gravur auf dem Karabiner hat keine Nummer“, sagte ich. „Nur JRK.“

Reiners nickte. „Das war früher. Der Laser hatte erst später Spaß. Davor hat uns der Lieferant die gelasert, wenn wir genug abnahmen. Die hatten nur JRK. Das ist so einer. Es gab…“ Er zog eine Liste. „Fünfzig Stück in der Lieferung. Drei sind verloren gegangen. Einer in Papenburg. Einer bei Lütetsburg. Einer wussten wir nicht. Ich mag das nicht.“

„Wer arbeitet bei Ihnen?“, fragte Jan.

„Zehn Leute. Zwei fest. Der Rest projektweise. Wir haben auch freie. Subunternehmer. Ich gebe die Liste. Aber eins: keiner von uns hängt Leute auf.“

„Das hat niemand behauptet“, sagte ich. „Aber jemand hat ihre Teile. Und jemand hat Ihren Namen. Und jemand hat ein Problem mit uns.“

„Jeder hat ein Problem mit euch“, sagte Reiners, und grinste wieder, leicht, kurz. „Macht euren Job.“

„Tun wir“, sagte ich. „Sie auch.“

„Ich dachte immer, ich rette Sachen, bevor sie kaputt gehen“, sagte er. „Heute ist anders.“ Er atmete durch. „Wollen Sie ’nen Kaffee?“

„Später“, sagte Jan. „Wir fahren zum Museum.“

Emder Stadtmuseen sind viele, wenn man es genau nimmt. Schiffahrtsmuseum. Bunker. Turm. Heute: Schiffahrtsmuseum. Ein Mann mit grauem Zopf, der aussah, als hätte er seit vierzig Jahren denselben angenehmen Job, öffnete uns. „Moin“, sagte er. „Museumsaufsicht. Ich rufe mal den Leiter.“

Der Leiter war der Typ, der Helme mochte. Er sah uns an, als wären wir Helme, die reden. „Polizei“, sagte er. „Ich habe schon gehört.“

„Was?“, fragte ich.

„Dass sich unten alles staut“, sagte er. „Was wollen Sie von uns?“

„Ein Helm“, sagte Jan.

„Wir haben zwei“, sagte er. „Einer hängt da. Der andere steht unten im Depot. Beide sind sicher. Es sei denn…“ Er sah mich an. „Es sei denn, jemand hat einen Schlüssel.“

„Hat jemand?“, fragte ich.

„Ich habe einen. Frau Kremer hat einen. Der Hausmeister hat einen. Nur für den Raum. Nicht für die Vitrine. Die hat ein anderes Schloss. Der ist in meinem Büro. Und wenn ich nicht da bin, bei Frau Kremer. Und wenn die nicht da ist, beim Hausmeister. Ich mache vieles anders. Das nicht.“

„Der Helm im Depot“, sagte ich.

„Basteln wir an ihm rum? Nein. Er hat keine Vitrinen. Er hat Staub. Er hat eine Inventarnummer. Er hat keine Beine.“

„Zeigen Sie ihn“, sagte ich.

Er zeigte ihn. Kupfer. Grün. Dick. Unter einer Decke, die mal weiß war. „Hier“, sagte er. „Echt. Alt. Schwer. Mehr kann ich Ihnen sagen. Sie brauchen den Helm von heute. Nicht den von gestern.“

„Manchmal ist gestern heute“, sagte ich. Ich hob die Decke. Ich roch Metall. Ich roch Staub. Ich roch den Geruch, den ich am Sperrwerk nicht roch. Gut. Der Depothelm war nicht der Helm vom Sperrwerk. Weniger Arbeit für uns. Mehr für andere.

„Der Helmfetischist“, sagte Jan leise.

„Nicht lustig“, sagte ich.

„War nicht lustig gemeint“, sagte er.

Ich rief Haase an. „Thomas?“

„Ja.“

„Der Depothelm ist da. Der andere oben auch. Nicht zahlungsrelevant.“

„Ich habe dir eine gute Nachricht“, sagte er. „Wir haben im Helm Haare. Nicht viele. Aber ich habe eine. Blond. Farbe. Und ich habe was anderes. Ein kleines Plastikteil in der Dichtung. Ein Mikrofaserriss. Ich liebe Mikrofaserrisse.“ Er klang fast glücklich.

„Kleber?“, fragte ich.

„Ja“, sagte er. „Cyanid ja. Kleber ja. Und was anderes ja. Habe ich aber nicht identifiziert. Ich gebe es dem Labor. Die mögen so was. Es riecht nach Klempner.“

„Klempner?“, fragte ich.

„Ja“, sagte er. „Diese Kleber, die man für PVC nimmt. Für Rohre. Kaltverschweißung. Ich mag das. Ich kann damit Fische erschrecken.“

„Was soll ich damit?“, fragte ich.

„Fahr zu einem Baumarkt“, sagte er. „Frag, wer gestern fünf Dosen gekauft hat. Oder zehn. Oder vielleicht hat er nur eine.“

Ich lachte. „Ja, Thomas“, sagte ich. „Ich fahre zu einem Baumarkt. Und im Baumarkt warten die Mörder auf uns.“

„Manchmal ja“, sagte er. Er meinte es.

Ich rief Tjark an. „JRK Subsea“, sagte ich. „Holi uns alles, was man aus ihren Geldströmen lesen kann.“

„Ich bin nicht Amazon“, sagte er. Aber ich hörte ihn tippen. „JRK sind sauber. Kleine Firma, die sich plagt. Sie kriegen ihr Geld, sie zahlen ihre Leute. Keine Cayman Islands. Keine Dudelsäcke. Ihr Chef hat einen Kredit auf die Halle. Das ist eher langweilig. Und ich liebe langweilig.“

„Gut“, sagte ich. „Dann lies mir was Spannendes.“ Ich legte auf. Ich mochte Tjark. Ich mochte, wenn er langweilig war. Ich mochte, wenn wir langweilige Menschen aus den Fällen lassen konnten.

Das Handy vibrierte. Tadaeus Ulfert. „Norden“, sagte er. „Ich habe die Vermisstenakten aus dem Landkreis, die zu Tauchen passen.“

„Zu Tauchen?“ Ich war wieder in Bremen in meinem Kopf. Den Roten-Haare-Mörder hatte ich abgeschlossen, so weit man Dinge abschließen kann. Er hatte mich nicht abgeschlossen. „Wir haben einen Toten im Trocki.“

„Nur durchhören“, sagte Tadaeus. „Herr Menninga will, dass ihr nichts vergesst. Vor drei Monaten: Wartungstaucher vermisst. Arbeiten am Siel bei Gandersum. Name: Rouwen Heskamp. Fünfundvierzig. JRK Subsea hatte auch eine Ausschreibung, den Auftrag bekam eine andere Firma. Der Mann war selbstständig, Subunternehmer. Es gab Probleme wegen Unfallversicherung. Der Fall ist aus unserer Sicht: vermisst. Keine Leiche. Keine Spur. Und: vor zehn Monaten, Baggersee Hinte. Freitauchunfall. Name: nicht relevant. War eine Party. Der Mann tauchte in einem Karpfenteich. Er tauchte nicht wieder auf. Man fand ihn drei Tage später. Ein dummer Unfall. Und: vor sechs Wochen, Einbruch im Schifffahrtsmuseum. Der Versuch. Nichts weg. Vitrine beschädigt. Werkszeug vergessen. Sieht nach Leuten aus, die keine Ahnung hatten.“

Ich sah Jan an. „Hast du zugehört?“, fragte ich. Er nickte.

„Rouwen Heskamp“, sagte Jan. „Subunternehmer. Wir holen uns die Akte.“

„Schon in deinem Postfach“, sagte Tadaeus. „Ich bin dein Gehirn.“

„Du bist mein Albtraum“, sagte ich.

„Ich weiß“, sagte er.

Ich fuhr das Auto. Jan las. Heskamp. Leer, hat in einem Reihenhaus gewohnt. Frau. Kind. Konten. Er arbeitete für JRK. Manchmal. Und für andere. Sein letzter bekannter Auftrag: Privat. Irgendein Landwirt wollte seine alte Drainage im Siel wieder frei. Heskamp ist rausgefahren. Er hat eine Rechnung gestellt. Er hat sie nicht bekommen. Dann war er weg. Kein Auto. Kein Telefon. Kein Helm. Nichts.

„Sein Helm“, sagte Jan. „Er hatte auch so einen alten. Hobbymäßig. Zeugs. Vielleicht hat er mit altem Helm posiert. Instagram. Zwei Likes. Ich rede, damit ich nicht denke, das weißt du.“

„Ich weiß“, sagte ich. „Wir fahren seine Frau besuchen.“

Leute besuchen. Es gibt Sachen, die ich kann. Es gibt Sachen, die ich hasse. Leute besuchen. Ich kann es. Ich hasse es. Aber ich tue es.

Das Reihenhaus roch nach Pflegemittel und Kindershampoo. Eine Frau Mitte vierzig, die ausgesehen hätte wie dreißig, wenn sie nicht heute hätten vierzig Jahre auf ihrem Gesicht gelegen, öffnete. „Polizei“, sagte ich. „Kripo Emden. Kommissar Norden. Das ist mein Kollege Slieter. Können wir kurz…?“

Sie ließ uns rein. Sie hatte die Augen von jemandem, der lang gewartet hatte. Sie hatten keine Tränen. Sie hatten Salz.

„Geht es um Rouwen?“, fragte sie.

„Ja“, sagte ich. Ich log nicht. Ich schwieg. Ich ließ sie reden. Nicht, weil ich mitleidig war. Weil ich es brauchte.

„Er ist nicht mehr nach Hause gekommen“, sagte sie. „Ich habe gewartet. Ich rufe ihn an. Ich schreibe. Ich fahre die Sielwege ab. Ich finde nichts. Die Polizei sagt: Er ist erwachsen. Ich sage: Er ist pünktlich. Ich habe keine Zeit, die zeigen, wie man weint. Ich habe ein Kind. Ich habe Miete.“

„Wir haben einen Mann gefunden“, sagte ich. Nicht ich. Die Ems. Aber ich sagte ich. „Im Sperrwerk.“

Sie sah mich an, als hätte ich gesagt, dass das Meer aufgehört hat. Ich sagte ihr nicht, wie er aussah. Ich sagte ihr, dass wir ihn identifizieren würden. Ich sagte ihr, dass Dr. Remmers gut ist. Ich sagte ihr, dass wir den Helm mögen, in dem er nicht gehört. Ich sagte alles, was man sagt, wenn man nicht lügen will und trotzdem.

„Er trug seinen Helm?“, fragte sie. Sie wusste etwas.

„Einen Helm“, sagte ich. „Alt.“

„Er hat ihn geliebt“, sagte sie. „Nicht, um ihn zu benutzen. Um ihn anzusehen. Er sagte, er hat Gewicht. Er sagte, er erinnert ihn daran, dass der Mensch unter Wasser klein ist. Ich habe gelacht. Ich habe gesagt, er ist auch an Land klein. Er hat gelacht. Das war bevor…“ Sie brach ab.

„Wer war sein letzter Auftrag?“, fragte Jan. Er stellte Fragen, die man stellen muss.

„Eine Firma“, sagte sie. „Nicht JRK. Die wollten ihn nicht nehmen, weil er denen zu teuer war. Eine aus Oldenburg. Aber der letzte Auftrag war privat. Ein Mann aus Borssum. Ich weiß, weil die Rechnung an eine Privatadresse ging.“

„Name?“, fragte Jan.

„Eiben“, sagte sie. „Hinnerk Eiben.“

Ich dachte an zwei Dinge. An einen alten Mann und an eine Ems. Ich dachte an Bremen. Ich dachte an Borssum. Ich dachte an Protokolle, die man nicht zu früh führen darf, um nicht zu vergessen, wie Menschen reden.

„Wir kommen wieder“, sagte ich. „Ich verspreche nichts. Aber ich verspreche, dass wir kommen.“

Wir gingen. Wir fuhren. Hinnerk Eiben. Borssum. Ein Haus, in dem seit zwanzig Jahren eine blaue Markise hing, die nie eingefahren wurde. Ein Garten, in dem eine Plastikfigur stand, die lachen sollte. Ein Mann, der nicht alt war, aber alt aussah. Er war nicht der Eiben von Bremen. Er war ein anderer. Die Welt ist klein. Aber nicht so klein. „Polizei?“, fragte er. „Habe ich was falsch gemacht?“

„Kommissar Norden. Kripo Emden. Rouwen Heskamp?“

Er sah uns an, sah an uns vorbei, sah auf seine Hände. „Er war hier“, sagte er. „Er hat die Drainage gemacht. Dann ist er gegangen. Er hat noch gescherzt. Er hat gesagt, er bekommt die Rechnung sein Leben lang zu hören. Ich habe gelacht. Ich habe gesagt: Sehr witzig. Ich habe nicht bezahlt. Nicht, weil ich nicht wollte. Weil er nicht die Kontonummer drauf hatte. Er sagte, er bringt sie. Er hat sie nicht gebracht. Ich habe gewartet. Ich habe gebacken. Kuchen. Ich habe Kuchen. Wollen Sie Kuchen?“

Jan nickte. Ich nickte. Er brachte Kuchen. Er zitterte ein wenig. „Ich baue daran mit“, sagte er. „Am Siel. Ich bin Rentner. Sie lassen mich, weil ich aufpasse. Keiner hängt bei uns was auf.“

„Wer war noch da, als Heskamp da war?“, fragte ich.

Er sah mich an, als hätte ich ihm etwas genommen. „Ein Mann mit Bart“, sagte er. „Nicht wie eurer. Schöner. Sauberer. Er hat Rouwen gekannt. Er hat Hallo gesagt. Ich habe Hallo gesagt. Er hat gesagt, er muss ihn was fragen. Ich weiß nicht, was. Ich habe nicht gehört. Ich habe einen Kuchen gebacken.“

„Name?“, fragte Jan.

„Johnny?“, sagte er.

„Wir haben einen Johnny“, sagte Jan.

„Nicht den“, sagte ich. „Wissen Sie noch was?“

„Er hatte einen Karabiner an der Hosentasche“, sagte er. Ich sah ihn an. Er war wirklich da gewesen. Ein Karabiner. „Und…“, sagte er, „er hat anders gerochen. Nicht wie ein Mann. Wie eine… Werkstatt. Kleber. Ich habe mal Kleber genommen, um den Abfluss zu kleben. Der war so. Ich habe gesagt: das ist ungesund. Er hat gelacht.“

„Wie lange her?“, fragte Jan.

„Drei Monate“, sagte er. „Ich mache keine Kalendersprüche. Aber ich merke es, wenn meine Kuchen nicht aufgehen.“ Er sah seine Hände an. „Und damals sind sie nicht aufgegangen.“

Wir gingen. Wir fuhren. Jan fuhr. Ich dachte. Haase rief an. „Ubbo?“

„Ja.“

„Das Labor hat sich gemeldet. Cyanidspuren. Kein Gas. Salze. Und PVC-Lösemittel. Tetrahydrofuran. Das mögen Klempner. Das mögen auch Leute für Bootsreparaturen. Und da ist noch etwas. Ein winziges Partikel von Glas. Grünes Glas. Flaschenglas. Lawson-Import. Das ist so Brühe. Aber ich mag es. Und in dem Helm – an der Dichtung – war eine dünne Schicht von einem Film. So wie man es macht, wenn man etwas abdichtet. Jemand hat den Helm dicht gemacht, bevor er ihn angezogen hat. Er hat ihn also nicht verwendet, um zu tauchen. Er hat ihn verwendet, um zu sterben.“

„Er sollte sterben“, sagte ich.

„Er ist gestorben“, sagte Haase. „Möglicherweise war es jemand, der denkt, dass die alten Helme etwas erzählen. Und uns was erzählen sollen. Mach was draus.“

„Ich mache“, sagte ich.

„Und noch eins“, sagte er. „JRK? Die haben mal was von euch geholt. Propeller in Lütetsburg. Offiziell. Und da gab es Ärger mit einem anderen, der nicht genommen wurde. Name: Heskamp.“

„Ich weiß“, sagte ich. „Ich sitze im Auto.“

„Ich auch“, sagte er. „Nur im Falschen.“

Das Telefon vibrierte erneut. Menninga. „Norden.“

„Chef“, sagte ich.

„Wir haben den Bürgermeister beruhigt. Das Museum hat keine Lücke. JRK ist klein, aber sauber. Remmers sagt Cyanid. Tom sagt Kleber. Tjark sagt: Subunternehmer von JRK hat Streit mit einem Menschen aus Oldenburg. Der Mensch aus Oldenburg heißt Sommer, aber er ist nicht unserer. Ich will, dass ihr uns bis heute Abend einen Namen bringt, der nicht Heskamp ist.“

„Ja“, sagte ich.

„Und?“, fragte er.

„Und ich bringe Ihnen einen Ort“, sagte ich. „Einen Keller. Eine Werkstatt. Eine Halle. Eine, die notdürftig gelüftet ist. Es riecht dort nach Kleber, nicht nach Holz. Und es gibt dort ein Foto von einem Helm. Und einen Karabiner. Und eine Rolle Fett, die nicht alt ist. Und draußen ist ein Gully, der etwas hat, das man nicht sieht.“

„Liefern Sie“, sagte er. Er legte auf.

„Keller“, sagte Jan. „Werkstatt.“

„Leer“, sagte ich. „Oder Emden. Oder dazwischen.“

„Oder Borssum“, sagte Jan.

„Oder all das“, sagte ich. „Und das Sperrwerk.“

Wir fuhren zurück nach Emden. Am Sperrwerk war Ruhe. Die Möwen hatten wieder angefangen, uns zu belehren. Johnny stand immer noch mit der Kamera. Er knipste nicht mehr. Er sah auf das Wasser, als würde es ihm etwas sagen. „Chef“, sagte er, als ich neben ihm stand. „Die Ems erzählt was.“

„Und?“, fragte ich.

„Sie sagt, wir sind langsam“, sagte er.

„Sie hat recht“, sagte ich.

Dr. Remmers kam mit einem kleinen Beutel. „Ich mag schöne Beutel“, sagte er. Er war in Stimmung. „Ich gebe Ihnen heute keine große Lehre. Ich gebe Ihnen nur das. Cyanid. Ja. Keine Ertrinkungszeichen. Ja. Fixierung an den Handgelenken. Ja. Abschürfungen an den Handgelenken. Ja. Kämpfen. Ja. Abwehrspuren an den Unterarmen. Ein paar. Nicht viele. Er war schwach, als er kämpfte. Cyanid geht schnell. Und in seinem Haar habe ich Spuren von…“ Er schnüffelte. „Einem Schmierstoff. Fett. Wie an einer Rolle. Frisch. Und da ist ein winziges Haar von einem anderen Menschen in der Anzugdichtung. Kurz. Dunkel. Ich presse es für Tadaeus. Er soll es mit den Subunternehmern abgleichen. Und noch eins. Ich habe einen Abdruck. An der Halsdichtung. Eine leichte Linie. Nicht vom Anzug. Von einem dünnen Band. Vielleicht hat man ihm etwas darum gelegt. Und später abgenommen. Vielleicht ein Kabel. Nicht den Kabelbinder. Etwas wie ein…“ Er suchte das Wort. „Band. So wie bei jetzt modernen Atemreglern. So eine Schlaufe. Ich mag die nicht.“

„Ich auch nicht“, sagte ich.

„Ihr seid müde“, sagte er.

„Das ist unser Beruf“, sagte Jan.

„Ich gehe jetzt schlafen“, sagte er. „Ich bin alt. Ich habe ein Bett. Sie haben Autos. Gehen Sie in Ihre Autos. Fahren Sie in Keller. Bringen Sie mir den Menschen, der Helme liebt.“

„Und du?“, fragte ich.

„Ich träume von nichts“, sagte er. „Ich bin ein kalter Mensch.“

Er ist es nicht.

Ich stand auf dem Sperrwerksbeton und sah auf das Wasser. Der Wind hatte gedreht. Ein anderer Ton. Ich roch die Stadt. Es roch nach Kleber. Nach Metall. Nach altem Helm und neuem Fett. Nach Cyanid und Kaffee. Nach Emden.

Ich komme aus dem Norden. Ich heiße so. Ubbo Norden. Kommissar bei der Kripo Emden. Mein Kollege Jan ist neben mir. Unser Chef ist am Telefon. Da ist ein Helm im Wasser und ein Name auf einem Karabiner. Und eine Frau, die sagt, dass sie Kuchen gebacken hat, und der Kuchen ging nicht auf.

Manche Tage sind schwer. Manche sind nur grau.

Wir fuhren. Wir hatten eine Liste von Subunternehmern. Wir hatten einen Namen. Wir hatten Zeit. Noch. Und die Ems hatte uns die Richtung gegeben. Richtung Werkstatt. Richtung Kleber. Richtung Lösemittel. Richtung JRK. Richtung Heskamp. Richtung etwas, was wartet. Ich mochte nicht warten. Ich mag fahren.

Bevor wir losfuhren, klingelte mein Handy. „Norden“, sagte ich.

Es war Herr Menninga. „Ach, noch eins“, sagte er. „Bevor Sie nach Leer fahren: Schauen Sie sich in Emden einen Keller an. Das Ordnungsamt hat angerufen. Geruchsbeschwerde. Ein Nachbar hat angerufen. Kleber, hat er gesagt. Ich liebe Kleber.“

„Adresse?“, fragte ich.

„Kleikamp, Borssum. Nummer zwölf.“

„Wir fahren“, sagte ich.

„Tun Sie das“, sagte er. „Und bringen Sie mir keinen Helm. Bringen Sie mir einen Menschen.“

Ich fuhr. Jan sass neben mir. Er las die Liste. „Kleikamp“, sagte er. „Borssum. Eiben wohnt in Borssum. Du liebst Zufälle“, sagte er.

„Ich liebe sie nicht“, sagte ich. „Aber ich nehme sie. Und ich hoffe, dass die Türen offen sind.“

„Die Türen sind nie offen“, sagte Jan.

Er irrt sich oft. Heute nicht.

Der Kleikamp war ein Stück Straße, das zu klein war für große Geschichten. Ein Mehrfamilienhaus, das zu viele Fahrräder im Hausflur hatte. Ein Keller, der roch wie Fixierbad und Kleber. Eine Tür, die nur angelehnt war. Und hinter der – Werkbänke, PVC-Rohre, Dosen mit Klebstoff. Eine Rolle mit Fett. Eine Kette. Ein Karabiner mit JRK. Und an der Wand – ein Foto. Ein alter Helm. Aufgenommen vor einem grauen Hintergrund, der aussah wie das Sperrwerk.

Und mitten im Raum – auf dem Tisch – ein Helm. Kein alter. Ein neuer. Ein Nachbau. Ein Spielzeug. Und in der Luft – der Geruch, den ich den ganzen Tag gerochen hatte. Süß. Bitter. Lösungsmittel. Kleber. Cyanid.

„Niemand tut uns was Gutes“, sagte Jan.

„Doch“, sagte ich. „Er hat die Tür offengelassen.“

Und vielleicht, dachte ich, hat er auch den Helm offengelassen. Für uns. Oder für sich. Oder für Rouwen.

Wir hielten die Pistolen nicht in der Hand. Wir hielten die Luft an. Denn manchmal redet die Luft. Heute tat sie es. Ich hörte es. Ich höre das oft. Und ich liebe es. Wenn die Luft redet, sagt sie uns, wo wir hinsehen sollen. Heute sagte sie: hier. In Emden. In Borssum. In einem Keller mit Kleber.

Ich trat einen Schritt rein. Und der Boden knarzte. Und das war das einzige Geräusch. Bis die Treppe über uns knarzte.

Und jemand sagte: „Sie sind zu früh.“

Ich drehte mich um. Ich hob die Waffe. Ich sah ein Gesicht. Es war nicht das der Ems. Es war das einer Stadt. Einer kleinen. Einer, die alles sieht. Und nichts sagt. Und vielleicht heute doch.

Ich atmete aus. Und ich stellte die Füße richtig. Denn die Linien auf dem Boden führten in eine Richtung. Und ich folgte ihnen.

Soviel zum Anfang. Alles der Reihe nach. Ich bin kein Geschwätzer. Aber manche Sätze muss man sagen, bevor man sie aufschreibt. Damit man später nicht vergisst, wie sie klangen, als die Luft noch roch.

Und hier roch es nach Kleber.

Kapitel 2 – Kleber und Ketten

„Sie sind zu früh.“

Die Stimme kam von oben. Holzstufen. Leichter Hall. Kein Echo. Ein Mann stand im Treppenrahmen. Schatten hinter ihm. Eine Hand an der Wand, die andere frei. Kein Helm. Keine Waffe sichtbar. Jeans. Grauer Hoodie. Haarschnitt wie Baumarkt: praktisch, nicht schön. Drei Tage Bart, der keiner werden wollte. Alter Mitte dreißig, vielleicht vierzig. Augen, die zu groß waren.

Ich hob die Waffe nicht höher. Ich hob sie nur so, dass er sie sah. Jan stand neben mir, schräg, Deckung an der Kellerwand. Er hob auch. Er redete zuerst.

„Polizei. Kripo Emden. Stehen bleiben. Hände zeigen.“

Der Mann zeigte die Hände. Offen. Dann lächelte er schmal. „Ich dachte, das dauert länger“, sagte er. „Normalerweise seid ihr langsamer.“

„Normalerweise hängen auch keine Leute im Sperrwerk“, sagte ich. „Name?“

„Kai Kraak“, sagte er. „Thilo eigentlich. Aber alle sagen Kai.“

„Warum?“, fragte Jan.

„Weil sie’s können“, sagte er. Er trat einen Schritt runter. Langsam. Hände oben. „Nicht schießen“, fügte er hinzu. „Hier riecht’s eh schon schlimm genug.“

Er hatte recht. Es roch nach THF, nach PVC, nach altem Staub und neuem Fett. Aus einer Ecke summte ein kleines Gebläse, das nicht lüften konnte, was es lüften sollte. Auf dem Tisch lag der glänzende Nachbau-Helm. Daneben Karabiner. JRK. Kette. Fett. Dosen mit abgerissenen Deckeln. Pinsel in Glas. Eine Rolle mit Teflonband.

„Wen erwarten Sie?“, fragte ich.

„Sie“, sagte er. „Nur später.“

„Und warum?“, fragte Jan.

„Weil ich dachte, ich wäre mit einem Kaffee fertig, bevor ihr mir das Leben verramscht“, sagte Kraak. „Wollt ihr einen?“

„Nein“, sagte ich. „Ich will was anderes. Rouwen Heskamp.“

Sein Gesicht zuckte kurz. Links. Nicht rechts. Ich merke mir solche Dinge. „Der Taucher?“, fragte er. „Der war nett. Zu nett.“

„Was ist passiert?“, fragte ich. „Rouwen war bei Eiben. Sie auch. Es roch nach Kleber.“

„Wir sind in Ostfriesland“, sagte er. „Hier riecht vieles nach Kleber. Tür, Boot, Rohr.“

„Und Helm“, sagte ich. Ich deutete auf den Tisch.

„Das ist Spielzeug“, sagte er. „Für Fotos. Für Instagram. Für Deko. Für die dummen Touristen, die finden, dass das romantisch ist.“

„Und der im Sperrwerk?“, fragte Jan. „Auch Deko?“

Kraak schwieg. Seine Hände sanken zwei Zentimeter. Dann hob er sie wieder. „Ich war da“, sagte er. „Ich hab’s gesehen. Nicht gemacht.“

„Wer?“, fragte ich.

„Jemand, der euch mag“, sagte er. Das war sein Humor. Ich mochte ihn nicht.

„Hände weiter hoch“, sagte Jan. „Runter die Treppe. Langsam.“

Er tat es. Seine Sohlen quietschten. Oben im Treppenhaus knarrte eine andere Stufe. Geräusch von links. Eine Tür. Ein Schlüssel. Ich sah zu Jan. Er nickte. Ich hob die Waffe ein paar Grad. Ich roch plötzlich Luft, die nicht nach Keller roch. Ein Hauch draußen. Nasses Gras. Borssum. Jemand betrat das Haus. Stimmen? Nein. Nur schwere Schritte. Dann Stille.

„Wer ist da?“, fragte Jan.

„Nachbar“, sagte Kraak. „Oder der Vermieter.“

„Sie lügen“, sagte ich. „Der vermietet nicht mit diesem Geruch.“ Ich trat zwei Schritte zurück, bis ich die Sicht auf die Treppe und den Flur hatte. Jan blieb bei Kraak.

„Polizei!“, rief ich. „Hier runter.“

Keine Antwort. Noch mal Schritte. Nicht auf uns zu. Weg. Hintertür. Kellertür. Ich hörte ein metallisches Klacken. Ein Außenverschluss? Ein Riegel? Ich sah Jan an. Er sah mich an. „Bleib bei dem“, sagte ich.

Ich rannte los. Treppe hoch, drei Stufen auf einmal. Flur. Rechts Küche. Links Wohnraum mit Linoleum und einem Schrank, der so alt war, dass er wieder modern war. Geradeaus Tür. Halb offen. Ein Schimmer Tageslicht dahinter. Hof. Eine Gestalt stob weg. Kapuze über dem Kopf. Schlank. Schnell. Ich sprintete. Ich spüre mein Alter auf den ersten zwei Schritten. Danach nicht mehr.

„Stehen bleiben! Polizei!“, rief ich. Die Gestalt bog in den Hinterhof, sprang über zwei Mülltonnen, brachte eine zum Kippen. Sie rollte. Ich sprang drüber. Es klappte. Ich mochte meinen Job in solchen Momenten. Adrenalin macht freundlich.

„Stopp!“, rief ich, weniger freundlich. Die Gestalt war schon an der Gartenpforte. Riegel, hoch, raus auf den Grünstreifen. Ich war drei Meter dahinter. Dann zwei. Dann einer. Ich packte ihn am Kapuzensaum. Es riss. Der Stoff knirschte. Er riss sich frei. Ich trat zu, nicht hart, gegen die Wade. Er verlor das Gleichgewicht. Er fiel nicht. Er riss sich.

Die Straße war schmal. Zwei Autos am Rand. Ein Fahrrad lehnt. Ein alter Mann schiebt. Er flucht, als die Gestalt an ihm vorbei fegt. Ich packe wieder. Diesmal den Rucksackgurt. Der Gurt riss nicht. Ich zog. Der Mann stolperte. Er fiel. Ich war drauf. Wir rollten über nassen Asphalt. Ich hatte seine Hand. Er hatte meinen Arm. Er griff. Ich spürte etwas Kaltes. Metall. Ich sah einen glatten kurzen Zylinder. Elektroschocker. Ich riss meinen Arm weg. Er blitzte. Er traf nichts. Ich schlug mit dem Ellenbogen. Hart. In seinen Unterarm. Es knirschte. Der Schocker fiel. Ich stieß ihn mit dem Fuß weg. Schritte. Jan. Er war schneller, als ich dachte. Er war immer schneller, als ich dachte.

„Waffe weg!“, rief Jan wie immer in solchen Situationen, obwohl da keine Schusswaffe war. Er drückte den Mann in den Boden. Handschellen klickten. Mann keuchte. Er fluchte. Ostfriesisch. Das war neu.

„Name“, sagte ich. Ich war außer Atem. Ich tat, als wäre ich es nicht.

„Lasst mich“, sagte er. „Ich hab nichts gemacht.“

„Name“, wiederholte ich.

„Sven Knoop“, sagte er. „Und ich weiß nicht, wer ihr seid. Ich bin nur der, der hier putzt.“

„Putzt“, sagte ich. „Mit THF?“

Er schwieg. Er biss sich auf die Lippe. Blut. Ich roch es. Ich roch es in diesem ganzen THF-Laborgemisch wie ein Anker.

Jan führte ihn ab, zurück ins Haus. Ich hob den Schocker vom Boden. Standardmodell. China. Die Seriennummer war ausgerieben. Ich mochte solche Leuten nicht. Aber Schocker waren modisch geworden. Das mochte ich auch nicht.

Im Keller stand Kraak mit den Händen noch oben. Er hatte nicht versucht, sich zu bewegen. Das rechnete ich ihm an. Jan drückte Knoop in einen Stuhl. Kraak sah zu ihm. Zwischen ihnen ging eine Bewegung durch den Raum, die man nur sieht, wenn man Leute anschaut, die wissen, was die anderen denken. Sie kannten sich. Kein Zweifel.

„Sven ist die Hand“, sagte Kraak. „Ich bin der Kopf.“

„Sie sind nicht der Kopf“, sagte ich. „Sie sind der Kleber. Und er ist der Läufer. Der Kopf ist woanders.“

„In Leer?“, fragte Kraak. Er grinste. „Oder in Bremen?“

„Geben Sie sich keine Mühe“, sagte Jan. „Wir wissen, was wir nicht wissen.“

„Kreativ“, sagte Kraak. Er nickte. „Wir haben uns vergriffen. Wir hätten ihn nicht aufhängen sollen. Wir hätten ihn schwimmen lassen sollen. So wie die anderen. Aber einer hat gesagt: Es soll schön werden.“

„Wer?“, fragte ich. Ich hielt die Luft an.

„Der mit dem Bart“, sagte Kraak. „Ihr mögt Bärte, oder?“

„Jens Reiners?“, fragte Jan.

„Nein“, sagte Kraak. „Jens ist nett. Ich mag Jens. Der andere. Der nicht nett ist.“ Er sah mich an. „Ihr wisst doch, wer nett ist.“

Ich schwieg. Ich sah Jan an. Er schwieg. „Wer hat den Helm?“, fragte ich.

„Ich“, sagte Kraak. „Den da.“ Er deutete auf den Nachbau. „Und den anderen hat er. Der mit dem Bart. Der den Museumsmann kennt. Der für das Foto gesorgt hat. Damit es echt aussieht. Ihr mögt echt. Nicht?“

„Nehmen Sie die Hände runter“, sagte ich. „Langsam.“ Er tat es. Ich trat näher. „Was ist mit Rouwen?“

Er schluckte. Zum ersten Mal. „Er hätte nicht nett sein sollen“, sagte er. „Er wollte mir die Hand geben. Er hat mir die Hand gegeben. Er hat gelacht. Ich hätte nicht lachen dürfen. Er hat gesagt: Kai, du bist ein guter. Er hat nicht gesehen, was vor ihm stand.“

„Was stand vor ihm?“, fragte Jan.

„Eine Rolle Kette“, sagte Kraak. „Eine Rolle Fett. Eine Flasche. Ein Helm. Ein Bild. Ein Mann. Ein Arsch.“

Ich mochte, dass er Arsch sagte. Ich mochte nicht, dass er das Nötige nicht sagte. „Wo?“, fragte ich. „Wo ist der Bart? Wo ist der Helm? Wo ist die Rolle?“

„Nicht hier“, sagte Kraak. „Nicht in Leer. Nicht im Museum. Nicht in eurer Nähe. Er ist da, wo ihr nicht hinguckt.“

„Hinter Leer ist nichts“, sagte Jan.

„Doch“, sagte Kraak. „Da ist viel. Leute, die Boote bauen. Leute, die Boote reparieren. Leute, die Boote versenken. Leute, die Boote mögen. Und dazwischen wir.“

„Wer ist er?“, fragte ich.

„Er sagt, er heißt Barthel“, sagte Kraak. „Ich glaube ihm nicht. Ich höre schlecht. Er riecht nach Leuten mit Geld.“

„Gregor Sommer?“, fragte Jan.

„Zu fein“, sagte Kraak. „Zu sauber. Dieser hier ist dreckig. Er hat THF in den Fingerrillen. Er hat Ketten an der Wand. Er hat Karabiner. JRK. Und er hat gelacht, als er ihn aufgehängt hat. Er sagte, es ist Kunst.“

„Kunst“, sagte ich. Ich atmete aus. Remmers mochte Worte. Ich weniger. Kunst mochte ich gar nicht, wenn ich an Helme dachte.

Ich rief Menninga. „Chef“, sagte ich. „Wir haben zwei. Kraak und Knoop. Kraak redet und redet nicht. Er gibt uns einen Namen, der nicht seiner ist. Er gibt uns einen Bart. Er gibt uns Leer und doch nicht Leer.“

„Geben Sie mir was ich brauche“, sagte Menninga. „Eine Adresse.“

„Geben Sie mir fünf Minuten“, sagte ich.

Ich ging durch den Keller. Ich sah nicht nur. Ich roch. Ich fühlte mit den Fingerspitzen über die Kette. Fett. Frisch. Ich sah die Fettbüchse. Eine Marke, die man im Bootsbau nutzt. Ich sah die Pinsel. THF an den Borsten. Ich sah den Helm. Die Dichtung hatte einen grauen Film. Ich sah in die Ecke. Ein Stapel Kartons. Darauf ein Lieferschein. JRK. Nicht graviert. Nicht Karabiner. Schäkeln. Ich zog ihn raus.

Lieferschein JRK Subsea. Adresse: Lieferant an „Barthel Marine Service“. Handschrift: „Abholung: Reiners“. Datum vor acht Wochen. Ich fotografierte. Ich rief Reiners. „Jens“, sagte ich. „Barthel Marine Service?“

Er schnaufte. „Der Schuppen an der alten Kaje“, sagte er. „Eine Bude. Nicht wir. Der Kerl mietet sich gelegentlich bei uns an den Kran. Wir hassen uns. Er zahlt spät. Er redet schnell. Er hat die beste Presse. Er ist keiner von uns.“

„Adresse“, sagte ich.

Er gab sie. Alte Kaje 3. Ein gemauerter flacher Bau. Graues Blechdach. Eine Halle, die aussieht wie hundert andere, die man nicht sieht.

„Danke“, sagte ich.

Ich hielt Kraak den Lieferschein hin. „Hier?“, fragte ich.

Er nickte. „Da“, sagte er. „Und da ist auch der Helm.“

„Warum sagst du das?“, fragte Jan.

„Weil ich nicht kann, was er kann“, sagte er. „Weil ich nur kleben kann. Und er Leute. Weil ich in meiner Werkstatt sitze und ihr kommt. Weil er jetzt schon nicht mehr da ist, wenn ihr fahrt.“

„Er ist da“, sagte ich. „Weil er uns sehen will.“

„Vielleicht“, sagte Kraak. „Oder er will deinen Helm sehen.“

„Den Helm meines Opas hängt in Neermoor“, sagte ich. „Nicht in Leer.“

Kraak grinste. „Ich mochte dich kurz“, sagte er. „Kurz.“

Ich ließ Haase kommen. Er sah den Raum an, als wäre es eine Bestandsaufnahme seines Lebens. „Das ist meiner“, sagte er. „Das ist eurer. Und das ist seines.“ Er zeigte auf die Kette. „Ich nehme alles.“

„Nimm auch ihn“, sagte ich und deutete auf Knoop. „Und ihn auch.“ Ich sah Kraak an. „Du kommst mit“, sagte ich.

„Ach“, sagte er. „Ich dachte, wir trinken Kaffee.“

„Später“, sagte ich. „Wenn es den noch gibt.“

Wir fuhren Alte Kaje 3. Jan fuhr. Ich roch die Stadt. Ich roch die Kaje. Ich roch den Fettgeruch, bevor ich die Halle sah. Ich roch die Ems, die hier nur noch Gerücht war. Das Tor war offen. Das ist in Ostfriesland ein Zeichen. Entweder da ist jemand. Oder es ist jemand gewesen.

Wir gingen nicht rein wie Helden. Wir gingen rein wie Leute, die wissen, dass Helden tot sind. Jan links, ich rechts. Die Pistole in der Hand. Nicht auf die Brust. Nicht in den Boden. Mittig. Wie man es macht. Ich sah Schiffe in Teilen. Propellerblätter. Eine Ankerkette, die nie mehr an einem Anker hängt. Regale. Pinsel. Fett. Aushänge mit Versicherungen. Werbeschild vom Dichtungsmittel.

„Polizei“, rief ich. „Herr Barthel.“

Keine Antwort. Nur das Klicken einer Heizung, die nicht lief. Eine Taube flatterte auf, die nicht klug war. Ich sah am Ende der Halle eine Tür. „Büro“, stand dran. Deutsch und innenarchitektonisch falsch. Ich drückte. Offen. Innen ein Tisch. Ein Computer. Kaffee, alt. An der Wand – Bilder. Tauchgänge. Ein Helm. Ein alter. Nicht der von eben. Ein anderer. Ein schöner. Ich mochte ihn nicht.

„Niemand“, sagte Jan.

„Jemand war hier“, sagte ich. „Vor fünf Minuten. Der Kaffee ist alt, aber nicht alt genug. Und das Fenster hinten ist offen. Und da ist ein Riegel, der zu schnell auf ist.“

Wir gingen raus. Hinter der Halle. Ein schmaler Weg zum Wasser. Eine Leiter. Eine alte. Eine neue. Ein Boot. Klein. Außenborder. Warm. Ich hielt die Hand an den Motor. Warm.

„Er ist raus“, sagte Jan. Er sah aufs Wasser. „Aber nicht weit.“

„Er will nicht weit“, sagte ich. „Er will uns sehen.“

Mein Handy vibrierte. Menninga. „Norden.“

„Sind Sie da?“, fragte er.

„Ich bin da“, sagte ich.

„Ich schicke Ihnen die Wasserschutz“, sagte er. „Und ich schicke Ihnen Haase. Und Remmers können Sie nicht haben. Der schläft. Und ich will, dass Sie leben.“

„Ich lebe“, sagte ich. „Und ich sehe etwas.“

Auf der anderen Seite der kleinen Bucht stand ein Mann. Er winkte. Mit beiden Armen. Als wollte er ein Flugzeug einweisen. Er war nicht weit. Er stand auf einem Pfahl, der mal ein Dalben war. Er hatte einen Bart. Natürlich.

„Er winkt“, sagte Jan.

„Er mag Dramaturgie“, sagte ich.

Wir gingen nicht auf ihn zu. Wir riefen die Wasserschutz. Die brauchen Zeit. Der Mann winkte weiter. Dann hob er etwas. Es glitzerte. Es war ein Helm. Der alte. Er hielt ihn hoch, als wäre er ein Pokal. Dann ließ er ihn fallen. Ins Wasser. Der Helm sank langsam. Schwer. Der Mann grinste. Er sprang nicht. Er ging einfach wieder zurück, als wäre er in einer Tür verschwunden. Er war in einer Tür verschwunden. Eine Blechplatte. Eine zweite Halle. Eine, die wir nicht gesehen hatten. Eine, die unter dem Kai lag.

„Ich hasse diese Leute“, sagte Jan.

„Ich weiß“, sagte ich. „Ich auch.“

Die Wasserschutz brauchte sechs Minuten. Sie war schnell. Wir waren auch schnell. Wir konnten nur nicht schwimmen. Nicht, wie es nötig gewesen wäre. Ich sah den Helm im Wasser. Ich sah, wie er drehte. Ich sah, dass die Ems ihn nicht liebte. Ich sah, dass sie ihn trotzdem nahm. Ich sah, wie er verschwand.

Ich sah mich um. Ich sah den schmalen Spalt in der Blechwand, in den der Mann verschwunden war. „Da“, sagte ich. „Wir gehen da rein.“

„Vorsicht“, sagte Jan.

„Immer“, sagte ich.

Wir rissen an der Platte. Sie gab nach. Dahinter ein schmaler Gang. Beton. Nass. Schmierig. Eine Lampe. Ich roch THF. Ich roch Cyanid. Ich roch Metall. Ich roch nicht Kaffee. Ich roch einen Mann, der gerade gegangen war. Und ich roch Kälte.

Ich hielt die Waffe. Ich ging. Ich hörte meinen Atem. Ich hörte Jans. Ich hörte das Tropfen von Wasser. Ich hörte nichts, was mir sagte, dass ich erschrecken muss. Ich erschrak trotzdem, als die Taube, die dumm war, auch hier runter flog. Sie flatterte wie wild. Ich fluchte. Das tat ich selten. Ich tat es heute zweimal.

Am Ende der Röhre ein Raum. Groß für eine Röhre. Klein für eine Halle. An der Wand – Fotos. Helme. Männer im Helm. Frauen. Nein. Keine Frauen. Nur Männer. Einer lachte. Einer nicht. In der Ecke – Ketten. In einer anderen – Kartons. Auf dem Tisch – zwei Dosen. Eine leer. Eine halb. Cyanid-Salze. Ich sah das Etikett. Ich mochte es nicht. Ich fotografierte. Ich stieß mir den Kopf an dem Lampenschirm. Ich mochte den Mann mit Bart, der das aufgehängt hatte, noch weniger. Ich nahm die Dose. Ich packte sie in einen Beutel. Ich rief Haase. „Ich habe dein neues Spielzeug“, sagte ich. Er freute sich nicht. Das mochte ich.

„Er ist weg“, sagte Jan. „Aber nicht weit. Er braucht seine Helme. Er braucht sein Wasser. Er mag Zuschauer.“

„Er mag Kunst“, sagte ich. „Und er mag Männer, die Helme mögen.“

„Und er mag Kleber“, sagte Jan.

„Unter uns“, sagte ich, „mag er, wenn wir ihn mögen.“

„Das wird nicht passieren“, sagte Jan.

„Nein“, sagte ich.

Wir gingen raus. Die Wasserschutz hatte den Helm nicht. Ich nahm es ihr nicht übel. Ich sah den Kran. Ich sah das Schild „Barthel Marine Service“. Ich sah, dass die Buchstaben aufgeschraubt waren. Ich zog an einer Ecke. Sie lösten sich. „Barthel“, sagte ich leise. „Wie Bart. Wie Hel.“ Ich machte Witze, wenn ich müde war. Ich war müde.

Wir packten, was wir konnten. Dosen. Fotos. Karabiner. Lieferscheine. Eine Liste. JRK. Anderes. Ich rief Menninga. „Chef“, sagte ich. „Wir haben seine Höhle. Er ist weg. Aber er wird wiederkommen. Er hat Helme verloren.“

„Wir nehmen ihm den Rest“, sagte Menninga. „Und wir nehmen ihm seine Leute. Kraak. Knoop. Eiben?“

„Eiben ist Kuchen“, sagte ich. „Eiben ist nicht Bart. Eiben ist traurig.“

„Traurig ist kein Alibi“, sagte Menninga.

„Ich weiß“, sagte ich.

„Sagen Sie Remmers, dass ich ihm eine Flasche bringe, wenn er uns den Cyanid zeitlich eingrenzt“, sagte er.

„Remmers will nichts trinken“, sagte ich. „Er will schlafen.“

„Er soll schlafen“, sagte Menninga. „Wir nicht.“

Ich legte auf. Ich sah Jan an. Er sah mich an. „Wir brauchen Jens“, sagte ich.

„JRK“, sagte ich. „Und Heskamp. Und…“

„Und vielleicht Silke vom Teekontor“, sagte Jan.

„Falscher Fall“, sagte ich. Er grinste. Ich auch. Kurz.

Wir fuhren. Borssum blieb hinter uns. Leer vor uns. Und dazwischen die Ems. Sie roch noch immer. Sie war noch immer grau. Sie war noch immer da. Ich mochte das. Konstanz. In einem Fall, der nach Helm und Kleber roch, brauchte man etwas, das immer bleibt.

Ich komme aus dem Norden. Ich heiße so. Ich mache meinen Job. Manchmal reden die Dinge zuerst. Heute taten sie es. Ein Helm. Eine Kette. Eine Dose. Ein Mann, der „Sie sind zu früh“ sagt. Und ein anderer, der winkt.

Das war zu viel für einen Vormittag. Und zu wenig für einen Fall. Wir waren nicht fertig. Wir fingen an.

„Jo“, sagte ich in den Wagen hinein. Jan nickte. Ich fuhr. Ich sah das Straßenschild. Alte Kaje wurde klein. Ich machte es mir groß in meinem Kopf. Es würde wieder groß werden. Ich konnte darauf wetten.

Ich hasse Wetten. Ich mache sie trotzdem. Ich hatte heute keine Wahl.

Kapitel 3 – Bart, Kaje, Knoten

Wir fuhren. Leer blieb links, das Wasser rechts, Emden vor uns. Ich mag, wenn Dinge eine Richtung haben. Heute hatten sie eine. Alte Kaje. Bart. Helm. Kleber.

„JRK zuerst“, sagte Jan.

„Ja“, sagte ich. „Reiners weiß, was er nicht weiß. Das hilft.“

JRK Subsea roch nach Öl und ehrlichem Schweiß. Reiners kam uns entgegen, die Jacke offen, der Blick wach. „Ihr wart bei Barthel“, sagte er, ohne Fragezeichen.

„Wir waren bei einer Blechplatte“, sagte ich. „Dahinter war Luft. Und Cyanid.“

Er verzog das Gesicht. „Schöne Mischung.“

„Ihr Kranlog?“, fragte Jan. „Wer hat in den letzten acht Wochen den Kran abends genutzt, wenn keiner gucken sollte?“