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Grainger und das blutige Dutzend von Alfred Bekker Western Grainger begegnet einer Bande von Halunken. Die Banditen haben es auf seinen Kopf abgesehen - nachdem er sich weigerte für sie zu arbeiten. Und dann ist da diese rothaarige, sündhaft schöne Frau, die es aus ganz anderen Gründen auf Grainger abgesehen hat... Alfred Bekker ist ein bekannter Autor von Fantasy-Romanen, Krimis und Jugendbüchern. Neben seinen großen Bucherfolgen schrieb er zahlreiche Romane für Spannungsserien wie Ren Dhark, Jerry Cotton, Cotton reloaded, Kommissar X, John Sinclair und Jessica Bannister. Er veröffentlichte auch unter den Namen Neal Chadwick, Henry Rohmer, Conny Walden, Sidney Gardner, Jonas Herlin, Adrian Leschek, John Devlin, Brian Carisi, Robert Gruber und Janet Farell.
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Seitenzahl: 2052
Veröffentlichungsjahr: 2025
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14 Top Western im Großpaket Mai 2025
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Grainger und das blutige Dutzend
Eine Stadt voll Abschaum
Teil 1
Teil 2
Grainger und der Teufel von Montana
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IM LAND VON EL TIGRE
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Sammelband 12 (Band 89-96)
INHALT
Band 89 Marshal Logan und der ehrliche Kopfgeldjäger
Band 90 Blutige Nuggets
Band 91 Das höllische Rudel
Band 92 Der Tod mischt die Karten
Band 93 Der Marshal von Plainview
Band 94 Marshal Logan gegen Tod und Verderben
Band 95 Marshal Logan und die unerbittliche Jagd
Band 96 Das harte Gesetz der Wildnis
Die Silberwüste
Sundown Slim kommt nach Arizona: Wichita Western Roman
Von Pete Hackett, Alfred Bekker, Barry Gorman, Thomas West, Ernest Haycox, Henry Herbert Knibbs
Männer im Kampf um Recht und Rache.
Romane aus einer dramatischen, harten Zeit.
Dieses Buch enthält folgende Western:
Alfred Bekker: Grainger und das blutige Dutzend
Thomas West: Eine Stadt voller Abschaum
Barry Gorman: Grainger und der Teufel von Montana
Alfred Bekker: Im Land von El Tigre
Pete Hackett: Marshal Logan und der ehrliche Kopfgeldjäger
Pete Hackett: Blutige Nuggets
Pete Hackett: Das höllische Rudel
Pete Hackett: Der Tod mischt die Karten
Pete Hackett: Der Marshal von Plainview
Pete Hackett: Marshal Logan gegen Tod und Verderben
Pete Hackett: Marshal Logan und die unerbittliche Jagd
Pete Hackett: Das harte Gesetz der Wildnis
Ernest Haycox: Die Silberwüste
Henry Herbert Knibbs: Sundown Slim kommt nach Arizona: Wichita Western Roman
Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von
Alfred Bekker
© Roman by Author
COVER EDWARD MARTIN
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Alles rund um Belletristik!
Grainger und das blutige Dutzend
von Alfred Bekker
Western
Grainger begegnet einer Bande von Halunken. Die Banditen haben es auf seinen Kopf abgesehen - nachdem er sich weigerte für sie zu arbeiten. Und dann ist da diese rothaarige, sündhaft schöne Frau, die es aus ganz anderen Gründen auf Grainger abgesehen hat...
Alfred Bekker ist ein bekannter Autor von Fantasy-Romanen, Krimis und Jugendbüchern. Neben seinen großen Bucherfolgen schrieb er zahlreiche Romane für Spannungsserien wie Ren Dhark, Jerry Cotton, Cotton reloaded, Kommissar X, John Sinclair und Jessica Bannister. Er veröffentlichte auch unter den Namen Neal Chadwick, Henry Rohmer, Conny Walden, Sidney Gardner, Jonas Herlin, Adrian Leschek, John Devlin, Brian Carisi, Robert Gruber und Janet Farell.
Grainger lenkte sein Pferd auf den Hügelkamm und ließ es dort anhalten.
Das Tier schnaubte.
Der große Mann mit den dunklen Augen blinzelte gegen die Sonne.
Die Hand stützte sich auf den Colt an seiner Seite.
Er trug zwei Revolver mit Perlmut besetzten Griffen. Im Sattel steckten ein Winchester-Karabiner und eine lange Sharps Rifle.
Grainger war ein Gunslinger.
Ein Revolvermann, den man anheuerte, wenn es Ärger gab. Mal für die Regierung und die geheime U.S. Government Squad.
Mal gegen die Regierung.
Mal für das Gesetz.
Mal auf der anderen Seite dieser Grenze oder in dem zwielichtigen Land dazwischen.
Grainger folgte letztlich nur einem einzigen Gesetz.
Und das schrieb er selbst.
Es war sein Weg.
Auf sich gestellt und einsam.
Da war es besser, gut bewaffnet zu sein. Denn meistens hatte er es mit einer großen Übermacht zu tun.
Grainger hingegen kämpfte meistens allein. Er war ein Einzelgänger.
Sein Hut war so dunkel wie seine Augen.
Die schwarze Lederweste war staubbedeckt.
Grainger nahm sein Fernglas und blickte zu der Farm, die mitten in dem freien Land dastand wie ein Fremdkörper.
Es gab dort einen Brunnen. Und an diesem Brunnen war eine Frau.
Rot wie Feuer war ihr Haar.
Sie war dabei, sich zu waschen.
Die Rothaarige legte nach und noch die Männerkleidung ab, die sie bei der Arbeit auf der Farm getragen hatte. Grainger sah ihr zu. Sie schien ihn aus dieser Entfernung noch nicht bemerkt zu haben.
Große, schwere, aber trotzdem feste Brüste hatte sie und geschwungene Hüften, die Grainger daran erinnerten, dass es schon eine ganze Weile her war, dass er eine Frau gehabt hatte. Schließlich war er wochenlang in der Prärie unterwegs gewesen.
Und so ließ dieser Anblick in ihm Wünsche aufkommen, für die in den letzten Wochen kaum Raum in seinen Gedanken geblieben war.
Zu erbarmungslos war das Land, durch das er geritten war. Zu viel verlangte es jedem ab, der sich in diese Wildnis wagte. Und zu sehr musste man darauf achten, nicht die Beute irgendwelcher Halsabschneider zu werden - oder der Indianer, die jeden Weißen in der Gegend als ihren Feind ansahen.
Letzteres konnte Grainger ihnen nicht einmal verdenken.
Schließlich war das Oklahoma-Territorium eigentlich das Land der Roten.
Und streng genommen hatten die Weißen hier nichts zu suchen.
Aber das hinderte sie nicht daran, wie die Heuschrecken in dieses Gebiet einzufallen.
Oklahoma war ein Land ohne Gesetz.
Und genau das nutzten viele aus, die anderswo für ihre Taten gejagt wurden und nun hofften, jenseits der Territoriumsgrenze ihre Ruhe vor den Sternträgern zu haben.
Wahrscheinlich ging für die meisten dieser Wölfe die Rechnung sogar auf.
Jetzt hatte die Rothaarige ihn bemerkt. Sie raffte schnell ihre Sachen zusammen und hielt sie sich vor den makellosen Körper.
Schade, dachte Grainger.
Grainger hielt auf die Farm zu.
Sein Pferd roch das Wasser und mobilisierte die letzten Reserven, so schien es Grainger.
“ Kommen Sie nicht näher!”, rief die Rothaarige.
“ Ich will nur mein Pferd tränken”, sagte Grainger.
“ Ich habe einen Derringer unter den Sachen!”
“ Ma’am, ich habe nicht vor, Ihnen was zu tun”, versicherte Grainger.
“ Sie wollen mir doch nicht erzählen, Sie seien ein vollendeter Gentleman!”
“ Genau das! Und davon abgesehen habe ich alles von dem, was Sie im Moment verbergen ohnehin schon gesehen - wenn auch leider nur aus der Ferne, wie ich gestehen muss.”
Grainger lenkte das Pferd auf den Brunnen zu.
Er stieg ab.
Das Fernglas baumelte an einem Lederband um seinen Hals.
Mit dem Schöpfeimer holte er Wasser, um das Pferd zu tränken.
Und er selbst nahm auch etwas.
Sie streifte sich ihre Sachen über so schnell sie konnte und hatte dann plötzlich doch einen Derringer in der Hand, den sie wohl wirklich zwischen den Sachen irgendwie verborgen hatte. Der Lauf war auf Grainger richtet, während das hastig zusammengeknotete Hemd immer noch atemberaubende Einblicke gewährte.
Es machte klick, als sie de Hahn spannte.
Grainger erstarrte.
Instinktiv waren seine Hände zur Hüfte gegangen, zu den perlmutbesetzten Griffen der Revolver. Aber er zog es vor, die Eisen stecken zu lassen.
“ Machen Sie das öfter, Mister?”
“ Was?”
“ Frauen beobachten, die sich ausziehen!”
“ Wenn sich die Gelegenheit ergibt. “ Grainger grinste. “Kommt in der menschenleeren Wildnis leider viel seltener vor, als ich es mir wünschen würde.”
“ Was Sie nicht sagen.”
“ Ist leider eine Tatsache,”
“ Jedenfalls sind Sie dafür ja hervorragend ausgerüstet.”
“ Wie soll ich das denn verstehen?”
“ Ich meine Ihr Fernglas.”
“ Normalereise habe ich das, um Indianer und Banditen frühzeitig zu sehen und ihnen aus dem Weg gehen zu können.”
“ Ach, wirklich?”
“ So wie die Bande da hinten am Horizont.”
“ Wie?”
“ Na sehen Sie doch mal hin!”
Völlig ungerührt von dem Derringer der Rothaarigen Schönheit nahm Grainger sein Fernglas und blickte zu dem in ihrem Rücken gelegenen Horizont. Eine Posse aus einem halben Dutzend Reitern näherte sich von dort, war aber noch zu weit weg, um den Hufschlag schon hören zu können.
Das kommt gleich erst, wusste Grainger.
Er kannte sich aus.
Die Rothaarige war versucht, sich ebenfalls umzudrehen.
Aber sie traute sich nicht.
Sie musterte Grainger. In ihren Augen blitzte es.
“ Das ist doch ein verdammter Trick.”
“ Wenn Sie meinen…”
“ Hören Sie…”
“ Vielleicht sind diese Gunslinger da am Horizont ja tatsächlich Ihre Freunde und Sie haben nichts zu befürchten.”
Jetzt drehte sie sich doch um.
“ Oh Gott!”, flüsterte sie, als die die herannahende Posse sah. jetzt konnte man auch langsam den dumpfen Hufschlag auf dem weichen, grasbewachsenen Grund hören.
“ Scheint, als müssten Sie sich entscheiden, ob Sie den zwei Kugeln Ihres Derringer immer noch für mich reservieren wollen oder lieber für die Dreckskerle da!”
Die Entscheidung fiel ihr offenbar nicht schwer.
Sie ließ den Derringer in den Taschen ihrer viel zu weiten Männerhose verschwinden.
Grainger sah unterdessen der herannahenden Bande ruhig entgegen.
Sein Pferd schnaubte etwas.
Grainger strich ihm beruhigend über den Hals.
“ Kein Grund zur Aufregung, mein Guter”, flüsterte er dem Tier zu.
Grainger hatte sich angewöhnt, mit den Pferden zu reden, die er ritt. Zumindest, wenn er lange und allein unterwegs war. Und genau das war in letzter Zeit der Fall gewesen.
Der Reitertrupp kam heran. Die Männer zügelten ihre Pferde. Der Anführer war ein hochgewachsener, grauer Wolf. Alles an ihm war grau wie Asche.
Seine Kleidung, die zum Teil wohl noch aus ausgebleichten Uniformteilen der Konföderierten-Armee bestand, sein struppiger Bart, das Haar, dass ihm bis zu den Schultern herabfiel.
Selbst seine Augen waren grau.
Grau, wie die Augen eines Falken.
Und genau so wurde er auch von allen genannt.
Hawk.
Falke.
Ein Name, der in diesem wilden, ungezähmten Land einen gewissen Klang hatte.
Auch Grainger hatte schon von Hawk gehört. Und er wusste vor allem, dass mit Hawk nicht zu spaßen war.
Während des Bürgerkriegs war Hawk ein berüchtigter Guerilla-Anführer in Missouri gewesen. Im Dienst des Südens hatten sie gekämpft, geplündert und gemordet.
Zwei Dinge hatten dazu geführt, dass damit auch nach dem Krieg nicht aufgehört hatten.
Erstens konnten sie es nicht verwinden, dass nicht die Konföderierten Staaten von Amerika den Krieg gewonnen hatten, sondern der Norden.
Die vermaledeiten Yankees, die sie hassten wie die Pest.
Und zweitens?
Der zweite Grund war sehr einfach.
Der simpelste Grund, den man sich überhaupt denken konnte.
Das Plündern und rauben war einfach ein zu einträgliches Geschäft.
Und vor allem war es viel leichter, jemand anderem etwas wegzunehmen, als es sich selbst zu erarbeiten. Und so hatten Hawk und seine Gunslinger einfach immer weitergemacht.
Die Reitergruppe formierte sich zu einer Reihe. Wie eine Phalanx kamen die Revolverschützen näher. Sie zogen diese Phalanx etwas auseinander, bildeten schließlich einen Halbkreis und verharrten.
Grainger registrierte, dass die Rothaarige vollkommen blass geworden war.
Der letzte Rest an Farbe war aus ihrem Gesicht verschwunden.
Und Grainger war nun es klar: Sie kennt diese Bastarde. Vielleicht hat sie nur von ihnen gehört, aber wahrscheinlicher ist, dass sie ihnen schon begegnet ist.
Laut fragte er: “Wie heißen Sie eigentlich?”
“ Ich glaube, dass ist nicht der geeignete Zeitpunkt, um sich vorzustellen”, fand sie.
“ Finden Sie?”
“ Allerdings.”
“ Und was haben sie diesen Schweinehunden getan, dass die hinter Ihnen her sind?”, hakte Grainger nach, dessen Hände inzwischen herabgeglitten waren.
Zu den Colts.
Er zählte insgesamt dreizehn Mann.
Und zwölf Patronen steckten in den Drehtrommeln der beiden 45er Colts, deren Perlmutgriffe aus den Holstern herausragten.
Das bedeutete erstens, er konnte sich keinen Fehlschuss leisten.
Und es bedeutete noch etwas anderes.
Eine Kugel zu wenig!
Er war entweder auf die beiden Kugeln angewiesen, die im Derringer der rothaarigen Lady steckten - oder auf gut Glück und darauf, dass es ihm gelang, schnell genug die Winchester aus dem Futteral an seinem Sattel herauszureißen.
Und das eine behagte ihm so wenig, wie das andere.
Und dann griff der Erste von ihnen zum Colt. Grainger war schneller. Seine Bewegung war gleitend und geschmeidig. Die Hand riss die Waffe heraus und feuerte. Ein makelloser Bewegungsablauf, ohne Ansatz, ohne Unterbrechung. Wie viele Male musste er das schon getan haben, um es in dieser Vollendung ausführen zu können!
Er traf den Kerl an der Schulter.
Das Pferd des Mannes stellte sich wiehernd auf die Hinterhand.
Grainger wirbelte blitzschnell in Hawks Richtung. Der hatte seinen Colt noch noch nicht einmal richtig aus dem Leder herausbekommen.
So schnell war Grainger gewesen.
“ Lass es!”, rief Grainger.
Hawk verzog das Gesicht zu einer Grimasse. Er hatte gesehen, wie schnell Grainger mit dem Revolver war. So schnell, dass keiner seiner Männer gegen ihn eine Chance hatte. Nicht einmal den Hauch einer Chance.
Einen Augenblick lang hing alles der Schwebe.
“ Immerhin bist du kein Dummkopf”, sagte Grainger. “Du weißt, dass du ein Loch im Kopf hättest, bevor du das Eisen auch nur richtig angefasst hast. Und deine Männer sind offenbar auch nicht so dämlich wie der Eine da, der gezogen hat und jetzt den Preis für euch alle zahlt.”
Der Kerl, der zuerst gezogen hatte, hing angeschossen im Sattel. “Worauf wartet ihr!”, keuchte er. Seinen Colt hatte er verloren. Der lag im Gras. Sein Gesicht war schmerzverzerrt. “Ballert ihn doch nieder!”, rief er.
“ Halt’s Maul”, sagte Hawk.
“ Hey Mann, wir sind ein Dutzend und der Kerl ist nur einer!”
“ Ich sagte: Halt’s Maul!”
“ Bin ich euer Kugelfänger oder was? Verdammt, tut das weh!”
“ Und der nächste Arzt ist 500 Meilen entfernt”, mischte sich Grainger ruhig ein. “Du solltest schonmal losreiten, damit dort noch lebend ankommst”, fügte er noch hinzu.
“ Ich habe noch nie jemanden so schnell ziehen sehen wie dich”, sagte Hawk. “Wo hast du das gelernt?”
“ Bin eben in Übung”, sagte Grainger.
“ Hast du Lust, für mich zu arbeiten?”
“ Nein.”
“ Das kommt ein bisschen übereilt, würde ich sagen.”
“ Das finde ich nicht.”
“ Du weißt doch gar nicht, mit wem du es zu tun hast!”
Jetzt mischte sich der Angeschossene ein. Dessen Hemd hatte sich inzwischen am Ärmel deutlich dunkelrot verfärbt. “Knall ihn ab, Boss! Knall ihn ab, diesen verfluchten Hund!”
“ Sei still”, knurrte Hawk. “Dieser Gunslinger hat Recht. “Du solltest losreiten, damit man deine Wunde noch rechtzeitig versorgen kann!”
“ Verdammt, ich lass mich nicht für dumm verkaufen!”
Hawk griff jetzt seinerseits zum Eisen, drehte sich herum und schoss. Er traf den Verletzten mit einem Kopfschuss. Einen Augenblick lang saß der Kerl noch im Sattel. Sein Gesicht war eine erstarrte Maske der Empörung.
Dann rutschte er zu Boden. Er fiel weich auf das Gras. Wie ein nasser Sack Mehl.
Es gab ein dumpfes Geräusch dabei und sein Pferd machte einen Schritt nach vorn. Das Tier schnaubte.
“ Nehmt das Pferd mit”, sagte Hawk und steckte den Revolver wieder ein.
“ Ein guter Schuss”, sagte Grainger.
“ Danke. Wie gesagt, mein Angebot steht noch immer. Du kannst für mich arbeiten, Fremder.”
Grainger schob sich den Hut in den Nacken.
Er spürte die Blicke der Männer auf sich.
Abwartetende Blicke.
Blicke von Männern, die ihn auf ein Zeichen ihres Anführers hin sofort töten würden.
Vorausgesetzt, sie waren dazu schnell genug. Und an letzterem zweifelten sie vermutlich inzwischen. Gut so, dachte Grainger.
Es war besser, wenn das so blieb. Sehr viel besser. Ihre Furcht ist mein Verbündeter, dachte Grainger.
Einen anderen hatte er im Moment nicht, also konnte er in dieser Hinsicht nicht wählerisch sein.
“ Ein guter Schuss - aber ein mieser Charakter”, nahm Grainger den Faden noch einmal auf. “Ich arbeite nicht für Schweinehunde”, fügte er hinzu.
“ Grundsätze sollte man sich leisten können”, sagte Hawk.
“ Ich kann es”, sagte Grainger.
“ Na gut. Man sieht sich immer zweimal im Leben.”
“ In Ihrem Fall hoffe ich auf eine Ausnahme von dieser Regel - falls es denn eine sein sollte.”
“ Jedenfalls werde ich Ihnen so ein Angebot nicht nicht noch einmal machen.”
“ Ich würde es auch beim zweiten Versuch nicht annehmen.”
“ Na gut. Hör zu, dies ist unser Gebiet. Treib dich hier nicht herum. Du bist hier nicht willkommen, wenn du nicht für mich arbeiten willst.”
“ Gut zu wissen. Ich werde darüber nachdenken, weiter zu ziehen.”
Hawk deutete auf die Rothaarige. “Und nimm dich vor der da in Acht!”
“ Ich werde schon auf mich aufpassen”, sagte Grainger.
“ Sie ist nicht die, für die Sie sie vielleicht halten.”
“ Wer ist das schon?”
“ Ich weiß nicht, was sie auf dieser Farm zu suchen hat. Vermutlich hat ihr niemand gestattet hier zu kampieren. Ihr gehört sie jedenfalls nicht.”
“ Wem dann?”
“ Einem Kerl, der in diese Gegend kam und es bereut hat. Die Indianer hatten etwas gegen ihn, wir mochten ihn auch nicht.” Hawk zuckte die Schultern. “Ich nehme an, dass ihn nichtmal jemand begraben hat, bevor ihn die Geier gefressen haben.”
Graingers Augen wurden schmal. “Was Sie nicht sagen”, zischte er zwischen den Zähnen hindurch.
“ Aber zurück zu der da!”, fuhr Hawk indessen fort. Und dabei deutete er noch einmal auf die Rothaarige. “Ich habe sie schon einmal gesehen.”
“ Ach, ja?” Grainger hiob die Augenbrauen.
“ In einem Bordell. In Wichita.”
“ Sie sind sich sicher mit dem, was Sie da sagen?”
“ Ihr Gesicht ist es nicht, was den den größten Eindruck auf mich gemacht hat.”
“ Es sollen schon Leute wegen derartig respektloser Bemerkungen erschossen worden sein”, sagte Grainger.
“ Ich meine es gut mit dir, Fremder. Auch, wenn du das vielleicht nicht glaubst.”
“ Ist es wirklich wahr?”
“ Frag Sie doch einfach. Sie hat doch einen Mund. Und der kann sogar reden - obwohl er sicher auch für was anderes taugt.”
“ Für was denn?”, fragte Grainger trocken.
Hawk grinste. “Bist du ein Mönch, oder was?”
Grainger ließ sich nicht provozieren. “Ich habe gehört, was du gesagt hast”, erklärte er ruhig.
“ Ich wünsche dir viel Glück mit der Hure”, sagte Hawk. “und falls du es dir vielleicht doch nochmal überlegen solltest und du dir ein paar Dollar verdienen willst: Ich habe dir ja schon einmal gesagt, dass ich Männer gebrauchen kann, die mit dem Eisen umgehen können.”
“ Ich habe es gehört”, sagte Grainger.
“ Nichts für ungut”, murmelte Hawk.
Grainger und Hawk sagen sich dann in die Augen.
Zwei Männer, die vielleicht ahnten, dass sie sich irgendwann nochmal über den Weg laufen würden.
Zwei Männer, von denen jeder wusste, dass sein Gegenüber ein harter Knochen war, den man nicht so einfach aus dem Weg räumen konnte.
Zwei Männer, die Respekt voreinander hatten.
In gewisser Weise zumindest.
“ Adios, Amigo”, sage Hawk schließlich.
“ Das Oklahoma-Territorium ist groß genug für uns alle”, meinte Grainger.
Hawk hob die Augenbrauen.
“ Denkst du?”
“ Denke ich.”
Hawk grinste schief. Aber er erwiderte nichts darauf. Stattdessen gab er seinen Männern ein Zeichen und wenige Augenblicke später war die ganze Horde von Revolverschwingern wieder in Richtung Horizont unterwegs. Sie ritten in jene Richtung, aus der sie gekommen waren.
“ Schweinehunde”, knurrte Grainger zwischen den Zähnen hindurch. “Verdammte Schweinehunde.”
“ Aber ich glaube, Sie haben denen mehr Angst eingejagt, als umgekehrt die Ihnen”, sagte die Rothaarige.
Grainger wandte den Kopf in ihre Richtung. Das herausfordernde Lächeln in ihrem Gesicht gefiel ihm. Die geschwungenen Kurven sowieso.
“ Sie sehen auch nicht gerade ängstlich aus.”
Sie kam näher. Ihre Bewegungen waren geschmeidig wie die Bewegungen einer Katze. “Na, dann tun wir zwei uns doch zusammen. Wie wäre das? Zwei Furchtlose…”
Grainger sagte nichts.
Sie drängte sich gegen ihn. Er spürte den Druck ihrer großen Brüste an seinem Arm. Voll und üppig waren sie.
“ Ich höre keinen Widerspruch”, sagte sie.
“ Es gibt auch keinen Grund für Widerspruch”, sagte Grainger.
Die Rothaarige öffnete ihr Hemd.
Provozierend langsam tat sie das.
Als sie es dann über ihre Schultern zurückgleiten ließ, reckten sich zwei große, schwere, aber dennoch feste Brüste Grainger entgegen. “Du willst es doch auch”, murmelte sie, “und zwar hier und jetzt! Oder ist das vielleicht nur ein hartes Eisen, was deine Hose spannt?”
“ Vor allem ein heißes Eisen”, grinste Grainger.
“ Das will ich wissen”, meinte sie.
“ Wirklich?”
“ Natürlich…”
Einen Augenblick später sanken sie zusammen ins Gras. Graingers Pferd musste ein paar Schritt zur Seite weichen, als sie sich übereinander wälzten.
Grainger konnte es kaum erwarten, ihr auch die letzten Kleider vom Leib zu reißen.
Dann nahm er sie mit heftigen Stößen von hinten.
Ihre Brüste schwangen im immer schneller werdenden Takt ihrer Lust. Als sie laut zu stöhnen anfing, hielt er ihr den Mund zu.
“ Du willst doch nicht, dass Coyoten angelockt werden”, raunte er ihr ins Ohr.
“ Ehrlich gesagt..”, hauchte sie, nachdem er die Hand wieder fortgenommen hatte, weil er lieber ihre Brüste umfassen wollte, “...ist...mir… das vollkommen egal!”
“ Mir aber nicht!”
“ Ich fürchte mich nicht vor Coyoten!”
“ Und wenn sie auf zwei Beinen laufen?”
“ Ach, komm!”
“ Das lass ich mir nicht zweimal sagen!”
“ Na los, gib’s mir!”
Später betrachtete er ihren vollendeten Körper, als sie dahingegossen im Gras lag und ein Lächeln um ihren Mund spielte. Ihre Augen waren geschlossen, die Brüste hoben und senkten sich mit jedem Atemzug.
Eine außergewöhnliche Frau, dachte Grainger. Und sehr geschickt… Eine Frau mit viel Erfahrung in jungen Jahren, ging es Grainger dann durch den Kopf.
Und sehr geschickt.
Es hatte ihm gefallen, mit ihr zu schlafen.
Aber jetzt kam Grainger ins Grübeln. Es war nichts Fassbares. Nur ein eigenartiges Gefühl.
Ein Gefühl, dass vielleicht bisher von der Tatsache überlagert worden war, dass sie einfach eine außergewöhnlich anziehende Erscheinung war.
Ihre Brüste, ihr dahingegossenes Haar, die geschwungene Linie ihrer Hüften…
Allein sie jetzt so zu sehen, reichte schon aus, damit seine Männlichkeit sich wieder aufzurichten begann.
Sie räkelte sich und blinzelte. Dann sah sie an ihm empor.
“ Bleib so”, sagte sie.
Dann stand sie auf. Ihre Brüste schwangen im Takt ihrerer Schritte. Sie kniete vor ihm nieder. Dann rieb sie sein Glied an ihren Brüsten. Es dauerte nur Augenblicke, bis er sich ergoss.
“ Da ist anscheinend noch viel zu holen”, sagte sie.
“ Darauf kommt es dir an, nicht wahr?”
“ Was dagegen?”
“ Nein.”
Sein Schwanz zuckte noch, als sie ihn erneut umfasste.
“ Ich glaube nicht, dass du eine lange Pause brauchst.”
Er beugte sich zu ihr herab und strich über ihre steil aufgerichteten Brustwarzen.
“ Das hast du richtig erkannt”, sagte Grainger.
In den frühen Morgenstunden brachen sie auf. Grainger bemerkte, dass sie Schwierigkeiten dabei hatte, ihr Pferd zu satteln.
Eine schwache Frau eben, dachte er.
Er wollte ihr helfen.
“ Ich kann das schon”, sagte sie. “Lass mich!”
“ Einem Gentleman macht es nichts aus…”
“ Lass es”, wies sie ihn ab und nahm all ihre Kräfte zusammen um den Sattel dorthin zu bekommen, wo er hingehörte.
Sie atmete tief durch, keuchte. Fast so, wie Grainger es schon in anderer Situation bei ihr gesehen hatte. Ihre großen Brüste drängten gegen das grobe Männerhemd, dass sie wieder nur mit einem Knoten geschlossen hatte.
Einem lockeren Knoten.
Du legst es auch wirklich darauf an, einen Mann um den Verstand zu bringen!, dachte Grainger.
“ Wohin willst du eigentlich?”, fragte Grainger die Rothaarige, nachdem sie schon eine ganze Weile geritten waren.
“ Hauptsache weg”, sagte sie und lachte. “Und Hauptsache nach Süden.”
“ Weg von Wichita?”, fragte Grainger.
“ Wie kommst du auf Wichita?”
“ Der Kerl, der uns mit seiner Meute unangenehm in die Quere gekommen ist, erwähnte diesen Ort im Zusammenhang mit dir”, sagte Grainger.
“ Hawk?”
“ Du erinnerst dich an seinen Namen.”
“ Du solltest dir nicht zuviele Gedanken machen”, meinte sie.
“ Ach, nein?”
Sie reckte sich im Sattel.
Und der Knoten, mit dem sie das Männerhemd verschlossen hatte, wurde dabei durch ihre üppigen Brüste auf eine harte Belastungsprobe gestellt.
Aber genau das wollte sie offenbar auch.
Sie schien den Blick, mit dem Grainger sie bedachte, regelrecht herauszufordern.
Und zu genießen.
Was für eine Frau, dachte Grainger nicht zum erstenmal. Aber man muss aufpassen! Die weiß genau, was sie tut. Und sie spielt ihr eigenes Spiel!
*
Später machten sie ein Feuer und kampierten. Sie war gut ausgestattet. Auch was den Proviant anging.
“ Was ist mit Wichita?”, fragte Grainger.
“ Was soll damit sein?”, fragte sie.
Aber ihr Lachen dabei wirkte gezwungen. Sie strich sich das Haar zurück.
“ Hawk sagte, dass er dich dort gesehen hat.”
“ Vielleicht hat er nicht so genau hingesehen.”
“ Das glaube ich nicht.”
“ Ist das jetzt so wichtig?”
“ Es ist eine Frage.”
“ Und du erwartest ernsthaft eine Antwort?”
“ So bin ich nunmal.”
“ Du bist hartnäckig.”
“ Das stimmt.”
“ Und du gibst nie auf, was?”
“ Worauf du dich verlassen kannst.”
Sie drückte sich an ihn. Ihre Hand wanderte seine Schulter entlang, dann tiefer.
“ Das wird ganz schön eng in deiner Hose”, stellte sie fest.
“ Ja, das stimmt.”
“ Dann nimm mich jetzt nochmal.”
“ Das lasse ich mir nicht zweimal sagen”, lächelte Grainger.
Sie lächelte auch, während sich ihre Brüste beim Atmen hoben und senkten. “Das dachte ich mir!”
“ Aber wenn du glaubst, dass ich deswegen meine Frage vergesse, dann irrst du dich!”
“ Das werden wir sehen!”, lachte sie. “Ich kann dir eins versprechen: Du wirst allesvergessen. Alles!”
In der nächsten Nacht kampierten sie an einem Flusslauf. Es war verhältnismäßig kühl. Aber sie legten sich unter die Decken, die sie dabei hatten und davon abgesehen sorgte die Hitze ihrer erregten Körper dafür,dass sie nicht froren.
“ Du kannst nicht genug bekommen, was?”, meinte sie.
“ Da haben wir was gemeinsam, schätze ich”, sagte Grainger.
“ Wenn du das sagst…”
“ Ich sage es.”
“ Dann wird es sicher stimmen.”
“ Ich frage mich, was mit dir nicht stimmt”, sagte Grainger.
Die Rothaarige schien verwundert zu sein. Sie sah Grainger an. Ihre großen Augen musterten ihn fragend.
“ Was soll denn mit mir nicht stimmen?”
“ Sag du es mir!”
“ Du bildest dir etwas ein!”
“ Nein, das glaube ich nicht.”
“ So?”
“ Ich habe einen Instinkt für so etwas.”
“ Was du nicht sagst.”
*
In der Nacht stand Grainger auf. Er ging zu ihrem Sattel, was nicht so ganz einfach war, denn sie hatte ihn in die Nähe ihres Kopfes gelegt, sodass sie eigentlich merken musste, wenn jemand sich daran zu schaffen machte.
Der Sattel und diesen Taschen waren ihr anscheinend verdammt wichtig.
Das hatte Grainger schon kapiert.
Und er hatte auch kapiert, dass er herausfinden musste, was damit los war.
Es hatte mit Sicherheit mit dem zu tun, was mit ihr nicht stimmte.
Und Grainger hatte da auch schon eine Vermutung.
Er nahm die Taschen an sich. Sie hatte sich im Schlaf zur Seite gedreht. Normalerweise berühre immer ein Körperteil von ihr die Tasche, wenn sie schlief. Entweder die Hand, oder der Kopf… Was auch immer.
Jetzt nicht.
Sie schlief zu tief.
Zu tief, um ihren Schatz zu bewachen.
Gut so, dachte Grainger.
Schon als er die Satteltaschen anhob, begriff er, was damit nicht stimmte. Sie waren viel zu schwer. Viel zu schwer für Proviant oder irgend etwas von den anderen Sachen, die man normalerweise in einer Satteltasche so mit sich führte. Es waren Beutel darin. Grainger nahm einen davon heraus. Er öffnete ihn.
Gold-Nuggets!, erkannte Grainger sofort. Dicke, fette Gold-Nuggets, wie man sie nur an sehr wenigen Orten fand.
“ Jetzt weißt du es also”, sagte sie. Denn sie war inzwischen wach geworden.
Grainger sah in die Mündung ihres Derringers, der auf ihn gerichtet war.
Der Schein des Feuers ließ Schatten auf ihrem Gesicht tanzen. Auf ihrem Gesicht und ihren Brüsten, denn das Hemd, dass sie trug, war offen.
“ Jetzt weiß ich es”, sagte Grainger.
“ Und was wolltest du jetzt tun? Mir die Nuggets wegnehmen?”
“ Kein Gedanke.”
“ Ach, wirklich?”
“ Mir bedeutet so etwas nichts.”
“ Alle, die das sagen, sind Lügner.”
“ Ich nicht”, sagte Grainger. Er tat die Nuggets zurück in die Satteltasche. DAnn warf er sie ihr zu.
Er sagte: “Selbst wenn du mich mit dem Derringer treffen würdest, hätte ich in jedem Fall noch Zeit genug, meine Eisen zu zu ziehen und dich voll Blei zu pumpen”, sagte er. “Also tu das nicht noch einmal.”
“ Was?”
“ Eine Waffe auf mich richten.”
“ Tut mir Leid, ich dachte, du wolltest mich beklauen”, sagte sie.
Er lächelte kühl.
“ So, wie du jemand anderen beklaut hast.”
“ Was geht dich das an?”
“ War das in dem Bordell in Wichita? Sind deshalb all diese Coyoten hinter dir her?”
“ Grainger!”
“ Ich würde gerne die volle Wahrheit wissen.”
“ Grainger, lass uns das Gold teilen. Und dann gehen wir damit irgendwohin, wo uns keiner kennt.”
“ Ich glaube, die Meute, die hinter dir her ist, wird dich überall finden.”
“ Hör mir zu…”
“ Der Geruch des Goldes ist einfach zu stark.”
“ Grainger!”
“ Er wirkt ungefähr so, wie der Geruch von frischem Blut auf Wölfe.”
Sie schluckte. Dann setzte sie sich auf, kniete auf schlanken Beinen und sorgte dafür, dass das Gold zurück in die Satteltaschen wanderte. Den DErringer hatte sie weggelegt. Dann sah sie ihn an. “Das ist so viel Gold, davon kann man eine endlos lange, schöne Zeit haben, Grainger!”
“ Hast du den Typen umgebracht, dem es gehörte?”
“ Nein, so war das nicht?”
“ Hast du mit Typen zusammengearbeitet, die ihn umgebracht haben?”
“ Nein, nein…”
“ Du warst der schöne Lockvogel und bist dann mit der Beute durchgebrannt. Und jetzt wunderst du dich, dass die Geier über dir kreisen.”
“ Nein, nein…”
“ Wie war es denn dann?”
“ Ganz anders!”
“ Aber lüg mich nicht an!”
“ Grainger, ich…”
“ Ich mag Lügnerinnen nicht. Ich habe kein Problem mit Huren. Ich habe auch kein Problem mit ehrlichen Arschlöchern. Aber ich hätte ein Problem mit einer Lügnerin. Also überleg dir, was du sagst.”
“ Grainger, ich würde dich niemals anlügen!”
“ Das hast du schon. Und wenn du es das nächste Mal tust, dann sollte deine Lüge wenigstens so plausibel sein, dass ich wenigstens so tun kann, als würde ich sie glauben, ohne wie ein kompletter Idiot dazustehen.”
Sie holte tief Luft.
Vielleicht deshalb, weil sie viel zu sagen hatte.
Vielleicht auch deshalb, weil sie Zeit brauchte, um sich etwas auszudenken.
Grainger sah sie an.
Durchdringend.
Ein Blick wie aus messerscharfem Stahl.
“ Er ist gestorben, als ich auf ihm geritten bin.”
“ Es gibt wahrscheinlich schlimmere Todesarten.”
“ Sein Gold brauchte er nicht mehr, da habe ich es behalten. Er sagte, er hätte es in den Black Mountains geschürft.”
“ Und hast dir gedacht: Das ist deine Chance!”
“ Unglücklicherweise hat der Kerl wohl nicht nur bei mir über sein Gold geredet…”
“ Ich verstehe.”
“ Lass uns zusammen bleiben, Grainger. Wir sind ein unschlagbares Paar, findest du nicht?”
“ Wenn du das sagst…”
“ Und das Gold reicht für uns beide!”
“ Ich will nichts davon”, sagte Grainger.
“ Was?”
Sie sah ihn ungläubig an. Sie kniete da neben dem Sattel. Die kühle Briese sorgte dafür, dass ihre Brustwarzen hart wurden. Ihr Gesichtsausdruck glich einer einzigen Frage. Sie schien einfach nicht glauben zu können, was sie gehört hatte.
Graingers Gesicht blieb unbewegt.
“ Du hast richtig gehört, ich will nichts von dem Gold.”
“ Aber…”
“ Du kannst alles behalten - so lange die Geier es dir lassen, die hinter dir her sind.”
“ Ich verstehe dich nicht!”
“ Was ist so schwer daran, es zu begreifen? Ich will das Gold einfach nicht.”
“ Warum nicht?”
“ Weil Blut daran klebt.”
“ Das macht dir wirklich was aus? Du tötest Leute für nichts! Du schießt dich mit diesen Schweinehunden und legst sie reihenweise um und jetzt bist so sensibel?” Sie schüttelte den Kopf. Ihre Brüste wackelten dabei. Sie warf das dichte, rote Haar nach hinten. “Du bist ein Spinner!”, fand sie.
“ Sowas nennt man Ehre”, sagte Grainger. “Ist schon klar: Für manche Leute ist das ein Fremdwort.”
“ Du meinst, jemand wie ich hat so etwas nicht!”
“ Das hast du gesagt.”
“ Aber du hast es gemeint.”
“ Gesagt hast du es”, beharrte Grainger. “Jeder trifft seine eigenen Entscheidungen, Lady. Und niemand sollte sich hinter wundern, wenn er dafür zur Rechenschaft gezogen wird.”
“ So?”
“ Du auch nicht!”
“ Du willst mir also erzählen, wie das Leben ist, Grainger!”
“ Ich will dir nur erzählen, was richtig ist”, gab Grainger zurück. “Und was falsch ist.”
Sie stand auf.
Dann ließ sie ihr Hemd zurückgleiten.
Das Mondlicht schmeichelte ihrem formvollendeten Körper.
“ Du bist so verdammt ernst”, sagte sie.
“ So bin ich nunmal.”
“ Ich hoffe, all das Gold verdirbt uns jetzt nicht die gute Laune”, sagte sie. Sie näherte sich ihm. Ihr Busen drückte gegen sein Hemd. Sie begann mit der Hand seinen Arm empor zu fahren. Das Mondlicht glitzerte in ihren Augen.
“ Wir sollten früh aufbrechen”, sagte Grainger. “Sehr früh…”
Mit dem ersten Sonnenlicht zogen sie weiter. Die Nacht war kurz gewesen.
Sie kamen über grasbewachsene Ebenen, dann folgte hügeliges Land - ebenfalls grasbewachsen. Man sagte, dass die Siedler, die mit den ersten Planwagen diesen Weg gezogen waren, seekrank geworden waren, weil die Hügellandschaft, in der das Gras durch den Wind ständig in Bewegung war, eine ähnliche Wirkung hatte wie der Anblick hoher Wellen auf einem Schiff.
Sie erreichten schließlich einen Wasserlauf.
Da konnten sie die Pferde saufen lassen.
Die Rothaarige stieg aus dem Sattel. Sie benetzte sich das Gesicht und die Hände.
Grainger hingegen blieb im Sattel, während sein Gaul soff. Er ließ den Blick schweifen. Seine Augen wurden zu schmalen Schlitzen, als er gegen die tiefstehende Morgensonne blinzelte.
“ Du würdest mich doch nicht allein lassen, oder?”, fragte sie.
Grainger schwieg. Er blickte angestrengt in die Ferne.
Dann sagte er, ohne sie dabei anzusehen: “Alle Wege trennen sich irgendwann mal.”
“ Mein Angebot steht immer noch.”
“ Angebot?”
“ Du kannst die Hälfte des Goldes haben. Und dafür bringst du mich in die nächste größere Stadt.”
“ Und du denkst, dass du da sicher bist?”
“ Sicherer als hier.”
“ Du wirst sicher überall durchkommen, wie ich dich so einschätze.”
“ Ich meine es ernst, Grainger!”
“ Ich auch.”
“ Was heißt das?”
“ Mein Weg führt nach Süden. Und deiner sollte dorthin führen.” Grainger deutete mit der Hand zum Horizont. “Wenn du die Richtung einigermaßen hältst, kommst du irgendwann in das nächste Rindernest.”
“ Das tust du nicht wirklich!”
“ Weißt du, ich hätte kein Problem mit der Sache, wenn es wirklich so gewesen wäre, dass der Kerl, den du geritten hast, dabei über den Jordan gegangen wäre.”
“ Sowas passiert, Grainger!”
“ Ja, aber in deinem Fall glaube ich das nicht.”
“ Ach, nein?”
“ Ich denke, es war anders.”
“ Du warst nicht dabei, Grainger!”
“ Aber ich habe Verstand und kann eins und eins zusammenzählen.”
“ Da bin ich mir nicht so sicher…”
“ Ich denke, jemand hat dir gesagt, dass du den Kerl gezielt ansprechen sollst. Und ich denke, es war auch nicht dein Ritt, der ihn über den Jordan geschickt hat, jedenfalls nicht allein. Ich schätze, da hat jemand nachgeholfen. Vielleicht mit einer Flasche auf den Kopf. Oder einer Kugel. Oder es war was im Whisky.”
Ihr Gesicht veränderte sich.
“ Du hältst dich wohl für ganz schlau, was?”
“ Ich denke, du hattest hinterher keine Lust, mit deinem Komplizen zu teilen. Und der ist jetzt hinter dir her. So wird es sein.”
“ Du weißt gar nichts!”
“ Das Einzige, was ich nicht weiß ist die Antwort auf die
Frage, ob du einen oder mehrere Komplizen hattest. Ich tippe auf mehrere, denn mit einem Hättest du ja wahrscheinlich notfalls genauso geteilt, wie du es mit mir vorhattest.”
“ Das ist alles… ein Missverständnis!”, behauptete sie.
Der Knoten, mit dem sie ihr Hemd zusammenhielt, saß ja ohnehin immer recht locker. Jetzt konnte man fast den Eindruck haben, dass er sich von selbst zu lösen begann.
Aber Grainger ließ sich davon nicht weiter beeindrucken.
Er sah sie an.
“ Eine Hure, die auch noch einen Klumpen Gold drauflegen muss, damit der Preis stimmt.” Er schüttelte den Kopf. “Ich habe schon eine Menge erlebt - aber sowas noch nicht.”
“ Das hast du nicht gesagt, Grainger!”, zischte sie.
“ Doch, das habe ich gesagt.”
Sie lief rot an.
Die Farbe ihres Gesichts passte jetzt zu der ihrerer Farbe.
Es war keine Röte der Scham - sondern des Zorns.
Grainger sagte: “Mach’s gut!” Und dann lenkte er sein Pferd nach Süden.
“ Du verdammter Schweinehund!”, rief sie ihm hinterher. “Du gottverdammter Hurensohn!”
Sie nahm ihren Derringer und feuerte auf Grainger.
Zweimal.
Denn zwei Schüsse hatte die kleine Pistole.
Grainger drehte sich nichtmal um.
Er war längst viel zu weit weg, als dass ihn die Kugel des Derringers hätte treffen können.
ENDE
Western von Thomas West
Ein CassiopeiaPress E-Book
© by Author
© der Digitalausgabe 2014 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen
www.AlfredBekker.de
Bear River, Wyoming, September 1868
Wie ein großer, schmutziger Fleck schmiegte sich die Ansammlung grauer Holzhäuser an den bewaldeten Hang. Virgil Potter lenkte seinen Schimmel durch den Fluss und ritt in den schmutzigen Fleck hinein.
Die einzige Straße des Ortes war erfüllt vom Hufschlag vieler Pferde und Maultiere, vom Geschepper Dutzender Karren und vom Gelächter und Geschrei unzähliger Männer. Lauter abgerissene, schmutzige Gestalten in fleckigen, blauen Nietenhosen mit Picken und Schaufeln auf den Schultern und großen Blechpfannen unter den Armen. Goldsucher, die aus ihren Claims in die Stadt zurückkehrten.
Das Goldfieber hatte Bear City in jenen Tagen im Griff. Die Stadt pulsierte vor Geschäftigkeit und vor Gier.
Virgil Potter ritt langsam durch die Menge der Pferde, Gespanne und Goldsucher. Kaum jemand nahm Notiz von dem jungen Reiter, dessen blonde Lockenpracht unter einem schwarzen Hut hervorquoll. Die wachen, blauen Augen in seinem glattrasierten, sonnenverbranntem Gesicht spähten aufmerksam über die Menge und zu den grauen Fassaden der aus dem Boden gestampften Häuser. Virgil Potter war damals, als die vier sich zum ersten Mal begegneten, gerade mal sechsundzwanzig Jahre alt.
Saloons, Hotels, Stores und Friseurläden wechselten sich ab. Die Goldsucher zogen eine Menge Geschäftemacher in die nördlichen Rockys.
Virgil zog die Zügel an, der Schimmel blieb stehen. Er blickte über die Dächer der Häuser links und rechts der Straße. Wolken hingen über den Gipfeln der Rocky Mountains. Das Licht der untergehenden Sonne lag auf ihnen, wie ein rötlicher Seidenschleider.
Unschlüssig blickte Virgil von einer Straßenseite auf die andere. In welchem Saloon sollte absteigen? >Riverside Billard Room< oder >Mountain Hall<. Er entschied sich für den >Riverside Billard Room<, der ihm größer erschien und nach ein paar Zimmern aussah.
Eine schicksalsträchtige Entscheidung, wie sich zeigen sollte. Zwei Jahre später würde Virgil sich an diesen Augenblick erinnern.
Er band den Schimmel am Geländer des Bürgersteigs fest, warf sich seine abgeschabte Mochila über die Schulter und zog seinen Sattelkarabiner aus dem Holster. Seine Sporen klirrten, als er den Bürgersteig hochstieg und über die staubigen Holzbohlen schritt.
Er stieß die Schwungtür auf und betrat den Saloon. Auf dem kurzen Weg zur Theke wanderten seine Augen über Tische, Barhocker und Wände.
Sechs Männer hockten an der Theke, Goldsucher in schäbiger Kleidung zumeist. Nur die Hälfte der Tische war besetzt. An einem, nicht weit von der Schmalseite der Theke, saß eine junge Frau - blond, scharfgeschnittene Nase, schmales Gesicht. Sie trug ein dunkelblaues Reisekleid mit weißem Rüschenkragen. Neben ihr stand ein großer, geflochtener Bastkoffer.
In der linken Ecke des quadratischen Raumes, am Pokertisch, sah er vier Männer sitzen. Drei weitere standen hinter ihren Stühlen und sahen ihnen beim Pokern zu.
Virgil registrierte beiläufig den konzentrierten Blick eines der Männer. Ein wuchtiger Bursche mit dichten, schwarzen Brauen und einem gewaltigen Schnurrbart. Und Virgil registrierte die angespannte Körperhaltung des Spielers, von dem er nur den Rücken sehen konnte. Ein Mann mit langem, etwas schütterem Blondhaar. Er trug einen eleganten Frack, ein weißer Hut lag neben ihm auf dem Tisch, und er mischte die Karten so flink, dass man Hände und Karten kaum unterscheiden konnte.
Es war Virgil Potter zur zweiten Natur geworden solche Einzelheiten wahrzunehmen. Sie hatte ihm mehr als einmal das Leben gerettet, diese zweite Natur - als Scout und Jäger in der Wildnis, als Späher bei der sechsten US-Kavallerie während des Bürgerkriegs.
Das, was am äußersten Rand seines Blickfeldes lag, sah er genauso scharf, wie die Dinge im Zentrum seines Gesichtskreises. Die Shoshonen hatten ihm das beigebracht. Er hatte eine Zeitlang Pferde an die Indianer im Norden Wyomings verkauft.
Der silberbeschlagene Kolben seines Revolvers schlug gegen den Barhocker, als er sich auf die Sitzfläche schwang. Ein .32er Smith&Wesson Armeerevolver, Modell No. 2. "'Nabend, Ma'am." Er lüftete seinen schwarzen Hut und setzte sein charmantestes Lächeln auf. Die Frau nickte, doch ihr schmales Gesicht blieb verschlossen.
"'N Kaffee würd mich glücklich machen", wandte er sich an den Wirt. "Und 'n Teller Bohnen wär auch nicht verkehrt."
"Kein Problem", knurrte der Wirt - ein ziemlich gewichtiger Bursche mit langem, weißem Bart.
"Na prächtig! Und wie stehts mit 'nem Zimmer?"
Der Wirt musterte ihn aus kleinen, verschlagenen Augen. "Schwein gehabt, Mister - hab nur noch ein freies Bett. Für einen Quarter können Sie's haben."
Virgil grinste die Frau an. "So gehts mir immer, Ma'am - ich komm in irgendein Kaff am Ende der Welt, und das Glück ist schon da und drückt mich an seinen Busen." Er wandte sich wieder dem Wirt zu. "Darauf trink ich doch glatt einen Whisky!"
Die Frau dachte nicht daran zu reagieren. Kühl und ohne Scheu taxierte sie ihn. Virgil bemerkte den energischen Zug um ihre grünen Augen und um den großen Mund. Er schätzte, dass sie ein, zwei Jahre jünger sein mochte, als er. Vielleicht auch drei. Was treibst du in diesem schmutzigen Bergnest, dachte er...
Sein Blick wanderte zum Pokertisch. Immer noch die stechenden Augen des großen Mannes mit dem Walrossschnauzer. Trotz des mächtigen Schädels und der buschigen Brauen hatte sein Gesicht etwas Mildes, fast Kindliches. Er war merkwürdig korrekt frisiert und trug ein Jackett aus dunkler, grober Baumwolle.
Unablässig beobachtete er sein Gegenüber, den Mann mit dem dünnen, langen Blondhaar und dem teuren Anzug. Der wandte plötzlich den Kopf zur Seite. "Einen Doppelten, Jason!", rief er dem Wirt zu.
In dem Augenblick sah Virgil den blonden Schnurrbart des Mannes und sein Raubvogelprofil. Und in dem Augenblick wusste er, dass er den Mann kannte - Bill Henning, ein Kartenhai von der übelsten Sorte.
O Mann..., dachte Virgil, grast du seit neustem die Goldgräbersiedlungen ab?
Er hatte vor noch nicht einmal einem Jahr zwanzig Dollar an Henning verloren. Ein ausgekochter Fuchs. Unten, in Santa Fe. Auch in Denver und in Fort Smith war er ihm schon begegnet.
Seine Augen wanderten zwischen dem glühenden Blick des Schwarzhaarigen und dem drahtigen Rücken des Kartenhais hin und her. Virgil bedauerte schon Essen und Trinken bestellt zu haben. Fast körperlich konnte er jetzt die Spannung spüren, die sich vom Pokertisch aus im Saloon ausbreitete. Und er begriff, dass es Ärger geben würde...
Virgil rutschte vom Hocker und schlenderte an der kühlen Schönheit vorbei zum Pokertisch. Dort lehnte er sich vor einem leeren Stuhl gegen die Wand und beobachtete die vier Kartenspieler. Einer der drei Männer, die hinter ihnen standen, musterte ihn feindselig. Ein unrasierter, struppiger Bursche mit einem Strohhut und einer zu großen, speckigen Jacke. Virgil grinste ihn an. Die Augen des Typs verengten sich.
Der Perlmuttgriff von Hennings .45er Colt ragte aus dessen Holster. Virgil spähte zu den Hüften des Schwarzhaarigen mit den glühenden Augen. Er konnte keinen Waffengurt entdecken. Seh ich recht, oder trägt das Rindvieh keinen Revolver...?
*
Tom Smith warf einen Blick auf seine Münzen. Die letzten beiden Türme schrumpften jetzt auch schon zusammen. Gut dreißig Dollar hatte er in den letzten beiden Stunden verloren. Dass die Männer links und rechts von ihm noch mehr Federn hatten lassen müssen, tröstete ihn wenig. Im Gegenteil - es machte ihn misstrauisch. Der drahtige Mann ihm gegenüber mischte die Karten. Ein Wirbel aus Fingern und Karten tanzte vor Toms Augen.
Links sah er die Gestalt eines jungen Burschen auftauchen. Ganz in schwarz gekleidet und dichte, blonde Locken. Tom beachtete ihn nicht weiter. Auch die in kleinen Gruppen hereinströmenden Goldsucher und Minenarbeiter nahm er kaum wahr.
Er starrte die Hände des Mannes an, der ihm gegenüber saß. Das Gefühl, der propere Gentleman könnte falsch spielen, hatte ihn beschlichen. Doch so aufmerksam er ihn auch beobachtete - er konnte keine faulen Tricks erkennen.
Wie er die Karten mischte! Wie ein Profi. Aber dass er hier mit keinem Greenhorn am Tisch saß, wusste Tom schon seit zwei Stunden. "Sie machen einen unglücklichen Eindruck, Smith", sagte der Spieler. Er hieß Bill Henning, und sein Gesicht erinnerte Tom an einen Habicht. "Der Abend ist noch lang, und das Glück eine launische Frau." Ein spöttisches Grinsen flog über das hagere Gesicht des blonden Gentlemans.
"Da mögen Sie Recht haben", grollte Tom mit seinem tiefen Bass. Er ließ den Mann keinen Moment aus den Augen. Der Kerl schien gut bei Kasse zu sein. Jedenfalls sprach seine teure Garderobe dafür. Und seine hohen Einsätze. Tom schätzte, dass Henning in seinem Alter war, Ende dreißig also.
Tom konnte den Bewegungen seiner Hände kaum folgen, als Bill Henning austeilte. Nacheinander nahm er die Karten auf. Die vierte, die Henning ihm über den Tisch warf, rutschte über die Tischkante und fiel zugedeckt auf den Boden.
Blitzschnell stieß sich der blonde Lockenkopf von der Wand ab, bückte sich und griff nach der Karte. Mit dem Bild nach unten legte er sie auf den Tisch. Langsam schob er sie zu Tom. Der sah auf, und für Sekunden begegneten sich ihre Blicke. Tom sah in blaue, listige Augen. Eindringlich hielten sie seinen Blick fest, als wollten sie ihm etwas sagen.
"Danke, Mister", brummte Tom und wollte sich die Karte greifen. Der junge Bursche hielt sie fest, und Tom betrachtete die Hand des Mannes auf dem Kartenrücken. Der Zeigefinger war ausgestreckt, und sein schmutziger Nagel schien auf eine ganz bestimmte Stelle im unteren Viertel des Kartenrandes zu deuten.
Tom sah genauer hin - und dann entdeckte er die kleine, kaum sichtbare Kerbe am Rand der Karte. Endlich ließ der Mann los, und Tom steckte die Karte in sein Blatt. "Wollen Sie eine andere, Smith?", erkundigte Henning sich höflich.
Tom schüttelte stumm seinen mächtigen Schädel. Aufmerksam flogen seine Augen über die Karten der Mitspieler. Und plötzlich entdeckte er auf vier Karten die haarfeinen Kerben. Immer in einem anderen Abschnitt des Kartenrandes, mal unten, mal oben, mal in der Mitte.
Schweigend ordnete er seine Karten. Er hatte drei Damen. Die anderen beiden warf er auf den Tisch. "Ich kauf zwei", knurrte er. Nacheinander kauften die Männer ihre Karten. Henning nahm nur eine neue.
Von der Seite spürte Tom den Blick des Blonden. Der Bursche musste Augen wie ein Adler haben, dass er die gezinkten Karten entdecken konnte. Tom nahm die erste der neuen Karten auf. Eine Pik Sieben. Und dann die zweite. Eine Karo Sieben. Foulhouse.
Gespannt beobachtete er Henning. Noch immer das hintergründige Grinsen auf seinem Habichtgesicht. Vermutlich grinste der Mann selbst im Schlaf.
Tom schob zwei Dollar in den Pott. Der Spieler links von ihm zog mit, Henning legte noch einmal fünf drauf, und der vierte Mann stieg aus. Ohne Henning aus den Augen zu lassen, warf Tom eine Fünf-Dollar-Note in die Mitte. Jetzt stieg auch der Spieler links von Tom aus. Henning aber zog gleich und legte gleich noch einmal zwanzig Dollar drauf.
Tom betrachtete seine beiden Münztürme. Dann zählte er sie durch. Zweiundzwanzig Dollar, fast der Wochenlohn eines Cowboys. Er nahm zwei Dollarmünzen von dem Turm und schob den Rest in den Pott. "Ich will sehen."
"Wie Sie wünschen, Smith", grinste Henning und legte sein Blatt auf den Tisch. Vier Asse und eine Herzacht. Tom ließ sein Foulhouse fallen. "Wirklich schade." Henning mimte den Mitfühlenden. "Aber das reicht wohl nicht ganz." Er streckte die Arme aus, um das Geld einzustreichen.
"Sie spielen falsch, Sir." Toms dunkler Bass dröhnte durch den ganzen Saloon. "Es tut mir leid, dass ich das sagen muss. Sie markieren die Karten mit dem Fingernagel." Er griff nach den drei Damen seines Foulhouse', drehte sie um und reichte sie seinem Nachbarn. "Sie werden uns unser Geld zurückgeben müssen."
Totenstille im Saloon. Alle Gäste reckten die Hälse und stierten zum Pokertisch. Die Hände auf dem Geld verharrte Bill Henning mitten in der Bewegung. Er machte ein Gesicht, als würde er sich zum ersten Mal im Spiegel sehen. Dann lehnte er sich zurück und lachte. Lachte laut und wiehernd...
*
Virgil sah das dreckige Grinsen der drei Kerle hinter Bill Henning. Besonders der Struppige mit dem Strohhut gefiel sich darin wie ein Gockel zu krähen, während er feixte. Smith war jedenfalls nicht allein.
Virgil blickte sich um. Der Saloon hatte sich inzwischen gefüllt. Unzählige Augenpaare hingen an dem lachenden Kartenhai. Und an Smith, der ihn ungerührt betrachtete. Die blonde Frau war aufgestanden. Langsam wich sie ans andere Ende der Theke zurück. Plötzlich standen alle auf, die an den Nachbartischen saßen und versuchten möglichst viele Schritte zwischen sich und den Pokertisch zu bringen.
Auch die beiden Pokerspieler zwischen Henning und Smith erhoben sich, und selbst Hennings feixende Parteigänger suchten das Weite. Schließlich saßen der Kartenhai und Smith allein an dem runden Tisch. Henning lachte noch immer.
"Ich bin erleichtert, dass meine Feststellung ihre Laune hebt." Smiths Bass dröhnte durch den Saloon. Henning hörte auf zu lachen. "Ich hatte schon befürchtet, Sie würden mir böse sein." Smith wirkte so ungerührt und gelassen, dass Virgil sich fragte, ob der Mann überhaupt Nerven hatte.
"Machen wir's kurz." Smiths Hände lagen völlig entspannt neben seinen Karten auf dem Tisch. "Sie geben uns unser Geld zurück, und wir vergessen das Ganze."
Hennings Lippen wurden schmal. Wut zerrte an seinen Gesichtszügen. Ohne Vorwarnung glitt seine Rechte zum Griff seines Colts hinab und riss ihn aus dem Halfter. Im gleichen Moment prallte Smiths Stuhl an die Wand und sein wuchtiger Körper schoss über den Tisch. Noch bevor der Kartenhai seine Waffe in Anschlag bringen konnte, packte Smith ihn an den Aufschlägen seines Jacketts und zerrte ihn zu sich über den Tisch.
Karten fielen herunter, Münzen klimperten auf dem Holzboden, Gläser zersprangen vor Virgils Stiefelspitzen. Er spannte den Hahn seines Revolvers.
Smith zog Hennings Oberkörper ein Stück hoch und schlug ihm die Faust mit solcher Wucht gegen die Wangenknochen, dass der Mann vom Tisch geschleudert wurde und zu Virgils Füßen am Boden aufschlug. Sofort war Smith bei ihm, riss ihm den Revolver aus der Hand und schleuderte ihn Richtung Theke. Dort schlug er im Flaschenregal ein.
Smith zog den Mann auf die Beine, als wäre er ein mit Stroh ausgestopfter Sack. Ein rechter Haken landete in der Magengrube des Kartenhais. Ächzend krümmte er sich zusammen. Eine linke Gerade traf ihn an der Stirn und schleuderte ihn weit in den Saloon hinein.
Die Leute wichen zurück, Virgil hörte die ersten Bravo-Rufe. "Mach Maisbrei aus dem Ganoven!", schrie eine raue Männerstimme aus der Menge der Goldgräber.
Mit Fausthieben trieb Smith den Falschspieler vor sich her Richtung Ausgang. Vorbei an Tischen und Stühlen, vorbei an Goldgräbern und Minenarbeitern, vorbei auch an den drei Gefährten Bill Hennings. Virgil sah, wie der Struppige seinen Revolver zog und auf Smith anlegte.
Es ging blitzschnell. Virgil zog, ein Schuss explodierte, eine Waffe polterte auf den Boden, und der Kerl mit dem Strohhut hielt sich schreiend den Unterarm fest. Die anderen beiden starrten Virgil an wie eine Erscheinung.
Mit einem letzten Fausthieb beförderte Smith den Kartenhai durch die Schwungtür. Virgil hörte den dumpfen Aufprall seines Körpers draußen auf dem Bürgersteig. Den Rest erledigten die Bürger Bear Rivers - die Goldgräber und Geschäftsleute. Sie legten den bewusstlosen Henning auf sein Pferd und trieben es mitsamt seinen drei Kumpanen aus der Stadt.
Tom Smith kam zurück an die Theke. "Vielen Dank, Sir." Er meint mich, dachte Virgil, den noch nie jemanden mit >Sir< angesprochen hat. Er grinste.
"Bringen sie uns zwei Doppelte, Jason!", rief Smith dem Wirt zu. "Einen für den Gentleman und einen für mich!"
"Und einen dritten für die Lady!", schickte Virgil hinterher. Die blonde Frau in dem blauen Reisekleid tauchte plötzlich neben ihm auf. Sie war aschfahl. "Sie sehen aus, als könnten sie einen gebrauchen auf diesen Schreck!"
Diesmal lächelte sie...
*
Am nächsten Morgen saßen sie zusammen beim Frühstück. Genau wie Virgil Potter hatte Tom Smith im >Riverside Billard Room< übernachtet. Er beugte sich über seinen Teller und sog genießerisch den Duft gebratener Eier ein. "Ohne dich hätte ich gestern mein letztes Frühstück gegessen." Er hängte sein Jackett über die Stuhllehne. Sein graues Hemd und seine schwarze Lederweste wirkten gepflegt, fast wie neu. "Und ich hätte es nicht mal gewusst." Der Anblick eines Mannes ohne Revolver befremdete Virgil.
"Du kannst verteufelt gut mit deinen Fäusten umgehen", sagte er.
"Hatte auch eine hervorragende Ausbildung."
"Ausbildung?" Fragend runzelte Virgil die Stirn. "Wo?"
"In den Slums von New York City." Tom Smith sagte das ohne Anflug von Sarkasmus. "Dort lernt ein kleiner Junge seine Fäuste gebrauchen, oder er verhungert." Er brach sich ein Stück Maisfladen ab, griff zur Gabel und begann die Eier in sich hineinzustopfen. "Was treibt dich in diese gottverlassene Gegend?"
"Ich hörte, man könnte hier zwischen Sonnenaufgang und Sonnenuntergang fünfzig Dollar machen, wenn man eine Pfanne hat und bereit ist auf den Knien durch den Bear Creek zu rutschen." Er sah den Älteren an. "Und was willst du hier?"
"Das Gleiche. Gold." Schritte auf der Treppe ließen sie aufhorchen. Sie sahen sich um. Schmale Stiefel wurden auf den Stufen sichtbar, dann eine weite Reithose und schließlich ein schwarzes Baumwollhemd um der engen Taille einer Frau. Suzanne Jefferson. So hatte sich die blonde Frau gestern Abend vorgestellt. Virgils Herzschlag beschleunigte sich.
Ohne zu zögern kam sie zu ihnen an den Tisch. "Guten Morgen." Die Männer grüßten zurück. Zu Virgils Verblüffung stand Tom sogar auf.
Sie bestellte Milch und gebratene Eier, dann setzte sie sich. "Ich habe eine große Bitte an Sie, Mr. Smith."
Aus seinen großen dunklen Augen blickte der Mann sie an. "Jetzt bin ich gespannt."
"Ich war hier in Bear River verabredet..." Sie unterbrach sich, als würde sie nach Worten suchen. "Mit meinem Bruder. Er schürft seit zwei Jahren nach Gold in dieser Gegend. Gestern wollten wir uns hier treffen. Er ist nicht gekommen."
"Und wie kann ich Ihnen da helfen, Miss Jefferson?"
Sie zog einen Bogen Papier aus ihrer Stofftasche. "Henry hat mir eine Karte geschickt, auf der sein Claim eingezeichnet ist." Virgil fiel der flehende Ausdruck auf ihrem sonst so selbstbewussten Gesicht auf. "Ich bin völlig fremd hier. Sie wissen ja - ich komme aus Boston... ich wollte Sie bitten, mich durch die Wildnis zum Claim meines Bruders zu begleiten..."
Smith betrachtete die Karte. Ein steile Falte erschien zwischen seinen dichten, schwarzen Brauen.
"Aber natürlich bringen wir Sie dorthin", sagte Virgil. "Gar keine Frage. Ist doch so, Tom, oder?" Er erntete einen rätselhaften Blick des Älteren. Virgil fühlte sich durchschaut.
"Ich würde Sie selbstverständlich bezahlen..."
"Der Claim liegt zwei bis drei Tagesritte flussaufwärts", sagte Tom. "Ziemlich zerklüftete Gegend dort."
"Kein Problem für uns, Ma'am", beteuerte Virgil. Die Aussicht zwei oder gar drei Tage mit der berauschend schönen Frau zusammen zu sein, hatte ihn hellwach gemacht. Smith musterte ihn aus dunklen Kinderaugen, während er sein Okay gab. Virgil meinte ein spöttisches Funkeln in diesen unergründlichen Augen zu sehen.
Eine Stunde später standen sie vor dem Saloon und packten ihre Sachen auf die Pferde. Suzanne hatte sich von ihrem letzten Geld einen Rappen gekauft. Und ein nicht mehr ganz neues Spencer-Gewehr. "Lernt man in Boston denn, mit so einem Schießprügel umzugehen?"
"Nein", sagte sie kühl. "In Boston nicht."
Die Morgensonne schob sich schon über die Bergrücken, und die Stadt schien wie ausgestorben. Die meisten Männer waren längst unten am Fluss, um dem Traum vom schnellen Reichtum nachzujagen.
Um so mehr wunderte sich Virgil, als er plötzlich eine Gruppe von etwa vierzehn Männern die Straße herunterkommen sah. Angeführt wurden sie von einem dürren Greis in dunkelbraunem Frack und Zylinder gleicher Farbe. Vor Smith, der schon im Sattel saß, blieben sie stehen.
Der Greis stellte sich als Bürgermeister von Bear River vor. "Sind Sie Thomas J. Smith?", wollte er wissen.
"Der bin ich, Sir."
"Wir haben gehört..." Der Alte fuchtelte mit seinen dürren Fingern in der Luft herum. "Nun ja... wie sie diesen Schurken gestern verdroschen haben. Viele solcher Scheißkerle kommen bei uns vorbei, und machen Schwierigkeiten... Viel zu viele. Nun ja... was soll ich sagen...?" Er drehte sich zu seinen grimmig dreinschauenden Begleitern um. Die nickten ihm ermutigend zu. "Jedenfalls bräuchten wir einen Mann wie Sie, Mr. Smith."
"Einen Mann, wie mich?" Smith schien sich auf den Wortschwall des Bürgermeisters genauso wenig einen Reim machen zu können, wie Virgil.
"Ja. Als Townmarshal." Der greise Bürgermeister hakte die Daumen im Hosenbund ein und machte ein wichtiges Gesicht. Die Blicke seiner Begleiter hingen erwartungsvoll an Smith.
"Ich danke Ihnen für Ihr Vertrauen, Gentlemen", sagte Smith. "Ich habe gerade einen anderen Auftrag angenommen. "In einer Woche bin ich zurück, dann teile ich Ihnen meine Entscheidung mit..."
*
Am Ufer des Bear Creek entlang ritten sie in die Wildnis der Rocky Mountains hinein. Sie kamen langsam voran, und am zweiten Tag mussten sie die Pferde oft stundenlang über schmale Felspfade entlang des Steilufers führen.
"Womit haben Sie in New York City Ihr Geld verdient?", wollte Suzanne von Tom wissen, als sie in der Abenddämmerung um ein Feuer saßen. Vier ausgenommene Fische garten auf Steinen, die sie in die Glut gelegte hatten.
"Ich war ein paar Jahre lang bei der Polizei", sagte Tom. Beiläufig registrierte er Virgils Blicke. Seit sie von Bear River aufgebrochen waren hingen seine Augen an der schlanken Gestalt der Frau. "Danach habe ich meine Dollars als Boxer verdient."
"Als Boxer!?" Sie schlug sich auf die Schenkel und lachte. "Ich glaub es nicht!"
"Seh ich so harmlos aus?"
"Nein." Übergangslos wurde sie ernst. "Ich weiß, dass Sie alles andere als harmlos sind, Tom." Er bemerkte die Heiserkeit in ihrer Stimme. Wenn er bloß gewusst hätte, wie er all diese kleinen Zeichen zu deuten hatte - die versehentlichen Berührungen, wenn sie nebeneinander gingen, die respektvolle Art, mit der sie ihn behandelte, das weiche Lächeln auf ihrem sonst so energischen Gesicht, wenn er sie anschaute.
"Warum sind Sie nicht in New York geblieben", fragte sie. "Als Polizist verdient man doch nicht schlecht und ist ein angesehener Mann?"
"Das ist eine lange Geschichte." Virgils Schweigen gefiel ihm nicht. Tom wusste genau, dass der blonde Junge es auf Suzanne abgesehen hatte. Und zwar ernsthaft. Mindestens so ernsthaft, wie er selbst. "Vielleicht erzähle ich Sie Ihnen gelegentlich."
"Und warum tragen Sie keinen Revolver?" Suzanne musterte den großen Mann mit prüfendem Blick. "Alle Männer im Westen tragen Waffen." Sie lachte. "Das ist einfach gesünder."
"Auch das gehört zu dieser langen Geschichte." Tom senkte unwillig den Kopf. "Ich erzähl sie nicht jedem. Aber Ihnen erzähle ich sie vielleicht mal." Sein Blick blieb an ihrer Brust hängen. Unter dem Stoff des Hemdes zeichneten sich ihre Brustwarzen ab. Als wären sie hart geworden. Als würde das Gespräch mit ihm sie erregen...
Ihre Augen begegneten sich. Tom sah die Röte über ihr Gesicht fliegen. Und er sah die Sehnsucht in ihren Augen.
"Und nun machen wir ein Spielchen!", mischte Virgil sich ein. Er holte Würfel heraus und setzte sich neben Suzanne. Etwas zu dicht für Toms Geschmack. Bis zur Dunkelheit würfelten sie. Virgil ließ seinen Charme spielen, gab sein ganzes Witzrepertoire zum Besten und sorgte dafür, dass Suzanne eine Menge Grund zum Lachen hatte. Zwei oder dreimal legte er sogar den Arm um sie.
Tom mochte den blonden Burschen. Er war jünger als er. Und sah besser aus, ohne Zweifel. Aber er dachte nicht daran, ihm die Frau zu überlassen.
Später, als die Nacht über den Wald und die Berge gefallen war, lauschte er Suzannes Atemzügen. Sie lag so nah bei ihm, dass er sie trotz des Rauschens des Flusses hören konnte. Lange fand er keinen Schlaf. Sein Schwanz pochte ihm unter der Decke.
Am nächsten Morgen war Suzannes Lager leer. Etwas abseits hockte Virgil im Gras und spähte hinunter zum Fluss. Tom schälte sich aus seinen Decken und setzte sich neben ihn. Etwa zweihundert Schritte entfernt von ihnen badete Suzanne im Fluss. Nackt.
"Sie ist schön", flüsterte Virgil. "Unglaublich schön." Tom schwieg. Wie gebannt blickte er auf den nackten Körper der Frau. Auf ihre schmalen, festen Schenkel, auf ihren runden Hintern, auf ihr blondes Haar, das in der Morgensonne schimmerte. Ihre Brüste konnte er auf diese Entfernung kaum erkennen. Aber in seiner Fantasie hatte er sie mehr als einmal geküsst.
"Du bist scharf auf sie, stimmts?" Virgils Blick hatte etwas Lauerndes.
"Wie kommst du darauf?"
"Ich hab Augen im Kopf." Virgil hob den Zeigefinger, als wollte er drohen. "Wenn du sie mir wegschnappst, bring ich dich um." Es war wohl scherzhaft gemeint, aber ganz sicher war Tom nicht.
Eine halbe Stunde später brachen sie auf. Gegen Mittag kamen sie an eine brüchige Hängebrücke, auf der sie den Fluss überqueren mussten. Die Steilufer links und rechts waren gut fünf Meter hoch oder mehr. Und glatt wie die Wand eines Fabrikschornsteins. Sie waren nicht sicher, wie viel Gewicht sie der Brücke noch zumuten konnten.
Suzanne tastete sich als erste über die Brücke. Dann kamen die Pferde an die Reihe. Tom schug ihnen mit der flachen Hand auf die Flanken und trieb sie über den Abgrund. Eines nach dem anderen. Nach den Pferden ging er selbst über die Brücke. Er hörte es Knarren, und seine Nackenhaare stellten sich auf.
"Vorsicht, Virgil - sie hält nicht mehr viel aus!", schrie er, um das Tosen des Wassers unter ihnen zu übertönen.
Virgil stellte es ganz geschickt an - wie ein junger Hengst spurtete er über das alte Ding. Als er gerade die Mitte hinter sich gelassen hatte, brach sie krachend zusammen und riss ihn in die Tiefe.
"Virgil!" Suzanne schlug die Hände vors Gesicht. Tom warf sich auf den Boden, kroch an den Rand des Abgrunds und spähte in die Tiefe. Virgil klammerte sich an einem großen Stein fest und zog sich hinauf.
"Bist du okay?!" Tom brüllte gegen das Tosen der Fluten an.
"Sieht so aus, was?!" Virgil hockte sich auf den Stein. Die Seile der Brückenreste hingen in einem verkrüppelten Baum in der Steilwand. Unerreichbar für ihn.
"Warte!", rief Tom. "Ich werf dir ein Lasso hinunter."
"Kein Problem!", winkte Virgil. "Ich verlass mich auf dich!"
Tom stand auf. Suzanne stand vor ihm. Wieder dieser sehnsüchtige Blick. Toms Augen wanderten zwischen ihrem Gesicht und dem Lasso hinter dem Sattel seines Pferdes hin und her. Sekundenlang standen sie sich gegenüber. Keiner sprach ein Wort. Das Rauschen des Flusses erfüllte die Luft.
Langsam ging Tom auf sie zu. Er strich ihr zärtlich über das Haar. Sie ließ es geschehen. Er küsste sie auf den Mund. Sie ließ es geschehen. Er küsste ihren Hals und ihre Augen. Sie schlang die Arme um seinen Nacken und ließ es geschehen.
"Du bist die schönste Frau, die mir begegnet ist, seit ich den Mississippi überquert habe", flüsterte er ihr ins Ohr. "Und das ist verdammt lange her."
Er zog ihr das Hemd aus der Hose. "Wie nennt man das, wenn einem beim Anblick einer Frau das Herz klopft, wenn einem in ihrer Nähe die Hände feucht werden, wenn man nicht einschlafen kann, weil ihr Bild einem vor Augen steht." Knopf für Knopf löste er. "Ich glaub man nennt das Liebe, oder täusch ich mich?"
Sie antwortete nicht. Er streifte ihr das Unterhemd über die Brüste. Brüste wie heiße, geschwollene Pfirsiche - rund und prall. Er berührte sie, wie man wertvolles Porzellan berührt, oder empfindliche Blüten. Sie schloss die Augen und bog ihren Körper zurück, als wollte sie ihre herrlichen Brüste seinen Lippen darbieten.
Tom beugte den Kopf. Seine Zunge leckte zärtlich über die braunen, harten Stiele der großen Pfirsiche. Sie stöhnte. "Als ich dich am Pokertisch sah..." Er schloss seine großen, starken Hände um ihre Brüste. "...als ich sah, wie du den Mistkerl verprügelt hast..." Sie drängte ihr Becken an ihn heran, und endlich knetete er ihre Brüste durch, als wollte er das Geheimnis ihre Anziehungskraft ergründen. "...da wusste ich, dass du es bist..."