250 Millionen - Olaf Clasen - E-Book

250 Millionen E-Book

Olaf Clasen

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Beschreibung

Dramatische Geiselnahme an der Côte d'Azur. Die schöne Polizistin Gladys soll den Fall lösen. Die Spuren führen überall hin: nach Villefranche sur mer, nach Genua, nach Sardinien, nach Zürich, nach Frejus und St. Raphael in der Provence. Die Situation wird immer unklarer. Selbst die CIA mischt sich ein. Gladys bleibt nah dran. Sie lässt sich selbst von ihren Liebschaften nicht ablenken. Wird Gladys die junge Anastasia retten? Greller Sonnenschein prallt auf tiefschwarze Finsternis.

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Inhaltsverzeichnis

VORWORT

MONDSCHEIN

POLIZEIARBEIT

TRAUMHAUS

DIE BUCHT

GLADYS

COMMISSARIAT CENTRAL

VATER-TOCHTER

RECHERCHE

ENTFÜHRUNG

DAS GEFÄNGNIS

DIE SUCHE

GENUA

VILLEFRANCHE

ZITADELLE

TELEFON

FAST URLAUB

ÜBERGABE

SPURENSUCHE

DIE PROBE

DURCHKÄMMEN

GOLDENER KÄFIG

PÄSSE

URLAUB

HOBBYWINZER

DUNKLES GEHEIMNIS

ALPHONSE

NEUORGANISATION

NEUES LEBEN

RESTAURIERUNG

WIE MACHT MAN WEIN?

DÜSTERE GEHEIMNISSE

JEAN BAPTISTE

EIFERSUCHT

MORD

ELEKTRONIK

LETZTE STUNDEN

REICHE UND SCHÖNE

DIE YACHT

LANDGANG

BLINDER HASS

LOKALRUNDEN

MATROSENMÄDCHEN

VERLIESS

KONFLIKT

CIA KONFERENZ

DURCHSUCHUNG

AGATHA CHRISTIE

VERTRAUEN

KONFERENZ

FAMILIENDRAMA

EXPANSION

ANBAU

POMPÖS

RACHSUCHT

POLITIK

VERKLEIDUNG

NACHTCLUB

DAS SCHIFF

URLAUB ZU HAUSE

KUNST ZEITGENÖSSISCH

FLUCHEN UND ZERREN

HAHNENKAMPF

WELTMETROPOLE?

NEUE HARMONIE

ENKEL

NORMALITÄT

KUNSTRAUB

NEUER ZWIST

ZURÜCK

VERDÄCHTIGUNG

AUKTION

HORRORFUND

DAS FEST

EPILOG

VORWORT

Dieses Buch musste geschrieben werden. Dann habe ich es eben getan.

Sie werden bemerken, dass im Mittelpunkt nicht die Handlung steht. Es geht mir überwiegend um die legendäre Côte d’Azur.

Seitdem ich einmal 12 Jahre am Stück in Nizza gelebt habe, kehre ich immer wieder dorthin zurück. Auch während ich in New York oder Köln wohnte, blieb die Verbindung zur Côte d’Azur eng. Ein wunderbares Fleckchen Erde, mit einem besonderen Licht, das immer wieder besondere Menschen angelockt hat. Ich denke nur an die Giganten der neuen Kunst seit Paul Cezanne Mitte des 19. Jahrhunderts und darüber hinaus. Ein Fleckchen Erde, auf dem alles, das Mögliche, wie das Unmögliche, möglich ist. Feste, wie es sie sonst nirgendwo gibt. Verbrechen, die völlig aus der Reihe tanzen. Die Verwobenheit von Kunst und Gesellschaft. Ein Museum, in einem stinknormalen Wohngebäude (Terra Amata). Ich war mir bei Beginn des Schreibens selbst nicht klar, wie die Heldin Gladys diese Geiselnahme aufklären könnte. Die Lösung hat mich selbst überrascht. Vielleicht auch Sie?

Im Juli 2022

Olaf Clasen

1

MONDSCHEIN

3Uhr morgens. Das Wasser in der Bucht von Villefranche sur mer so glatt, wie frisch gebügelt.

Nein, der gerade Streifen des Mondreflexes auf dem Spiegel hatte eine wackelige Stelle. Gladys stellte ihr Rasterfernrohr scharf. Ihr Haus war der ideale Beobachtungsposten.

2

POLIZEIARBEIT

Tatsächlich, ein Boot ohne Positionslichter pflügte eine Bugwelle.

Um 3 Uhr morgens?

Auch wenn sie nicht arbeitete blieb Gladys Gehirn auf Lauerstellung. Einmal Polizistin, immer Polizistin.

Gladys arbeitete viel und schlief wenig. Aus ihrer Sicht führte sie das ideale Leben. Warum Zeit vergeuden? So lange sie ausreichend schlief, um tagsüber fit für Arbeit und Vergnügen zu sein, war alles top.

Sie fuhr die Extension ihres Fernrohrs aus und fokussierte auf die schwarze Riva. Eine Sightseeing-Tour mitten in der Nacht? Gut, dies war eine Region der Exzentriker, in der fast alles möglich war. Trotzdem: was sieht man von der Schönheit dieser außergewöhnlichen Bucht in tiefschwarzer Nacht? Das müssten Verrückte sein. Fischer in einem schnittigen Luxusboot? Exzentrische Millionäre, die Hobby-Fischer spielten? Ach was, wird schon eine einfache Erklärung geben.

Gladys Spürsinn siegte doch.

Fokus nochmal nachjustieren:

4 Männer ganz in Schwarz mit schwarzen Masken überm Gesicht. Was lag auf der, sonst leeren, Rückbank? Fokus! Tatsächlich ein paar Kalaschnikows. Wild durcheinander.

Terroristen? Übers Meer aus Libyen? Tunesien, Marokko? Von Osten aus Italien? Den beiden, immer verdächtigen, Inseln Korsika und Sardinien?

3

TRAUMHAUS

Gladys bewohnte dieses Traumhaus allein. Viel zu viel Platz für eine alleinstehende Frau. Aber eine Erbschaft, die sie nicht hatte ausschlagen können. Ihr wohlhabender Vater und sein Architekt hatten sich diesen kompromisslosen Traum erfüllt. Klare puristische Linien, schnörkellos, kein Bauhausstil, sondern frühes 21. Jahrhundert. Riesige Fensterflächen zum Meer. Bis zu 6 Meter hoch. Das Haus stand auf einem Hügel auf dem Hügel Das Adlernest zur Beobachtung des Golfs von Villefranche.

Als ihr Vater es entwerfen und dann bauen ließ, hatte Gladys dieses Haus für eine Verrücktheit gehalten. Jetzt war sie ihm dankbar, dass er an nichts gespart hatte. Alles war vom Feinsten: der Schnitt der Räume, die elegant ineinander übergingen. Mal 4, mal 6 Meter hoch. Sie gaben der Bewohnerin das Gefühl von Raum und Großzügigkeit. Sie Klimaanlage war reversibel, sie heizte im Winter und kühlte im Sommer. Auch die kleinsten Details hatten Stil, Türklinken Wasserhähne, Steckdosen, Leuchten. Nur das Beste war für Gladys Vater gut genug gewesen. Dies hätte die Villa eines prominenten Millionärs sein können.

Aber nein, hier hauste eine alleinstehende Polizistin. Die riesigen Fensterflächen waren doppelt verglast. Sie hielten die Sonnenhitze im Sommer draußen und die Wärme der Heizung im Winter drinnen. Außerdem waren sie UV beschichtet, was die schädlichen Anteile der Sonnenbestrahlung herausfilterte. Traumhaus für alle, die Gladys besuchten und für sie selbst eine Wohlfühloase. Die Fensterflächen zur Poolebene fuhren in voller Breite auf. Um den Pool herum ein Deck aus geöltem Teakholz. Gladys liebte das Gefühl, gleichzeitig drinnen und draußen zu leben.

Das Haus war nicht nur eine ideale Behausung. Gleichzeitig war es der Schrein für die hervorragende Kunstsammlung, die ihr Vater ihr hinterlassen hatte. Avantgardistische Kunst war nicht nur ihres Vaters Hobby gewesen, sondern auch sein Beruf. Der Vater war ein erfolgreicher Kunsthändler gewesen mit Galerien in New York City und Nizza. Einige der Stars der École der Nice hatte er zum ersten Mal in die USA gebracht. Die großen Sammler dort bestimmten die Preise auf dem Weltmarkt. Während der Ausstellungen in der eigenen Galerie hatte der Vater auch für die eigene Sammlung eingekauft. Manchmal auch, um mit den roten Pünktchen die Kauflust der anderen zu stimulieren.

Die hohen Räume, zum Teil bis 6 Meter hoch, mit ihren glatten weißen Wänden hätten klinisch kalt sein können ohne die wunderbaren Werke, die sie trugen. Absolut hervorragend war der große Max Charvolen, der den Salon dominierte. Und auch die beiden horizontalen „Sniper“ von Noel Dolla und sein quadratisches „Plis et Replis“ im Esszimmer. Genau in der geografischen Mitte des Salons stand auf seinem schlanken Stahlstift ein blaugefärbter Schwamm von Yves Klein. Arman hatte eine schöne „Akkumulation“ beigesteuert und Sosno einen gelochten Klassiker. Auf der Poolebene zwei hervorragende Skulpturen:

Frantas „Afrikaner“ in Bronze, nahe den Büschen des Gartens. Dann ein Matera Sassi Stone People mit uneingeschränktem Blick hinaus aufs legendäre Meer, zusammen gesetzt von dem deutschen Aktionskünstler H.A. Schult. aus den Steinen des ältesten Steinbruchs der Menschheit in Matera in Süditalien. Hier prallten 9. Jahrtausend vor Chr. und 21. Jahrhundert nach aufeinander. Pure Magie.

4

DIE BUCHT

Das Wasser im Golf von Villefranche gehört zum legendären Mittelmeer. Alle hatten es befahren, im Laufe der Jahrtausende. Die ägyptischen Pharaonen reisten auf ihren Sonnenbarken, Odysseus hatte es bis in die letzte Bucht besegelt, Hannibal, der große Seefahrer. Phönizier, Griechen und Römer hatten sich epische Schlachten geliefert, die Karthager hatten das römische Reich vielfach an den Rand des Untergangs getrieben. Überbleibsel aus allen Epochen gab es rund um das riesige Wasserbecken.

Am Wunderbarsten strahlte das Wasser in seiner besonderen Türkisfarbe, die der Côte d’Azur ihren Namen geschenkt hatte.

Nachts strahlte nichts. Da war auch dieses besondere Meer schwarz, wie es sich für jedes Meer gehört. Mondreflexe ja, vorhersehbar je nach Mondfülle und Standpunkt des Betrachters.

Die Bucht von Villefranche war von 2 Landzungen eingefasst. Der langgezogene Hügel mit dem Kai, den Restaurants und Geschäften, den Wohnhäusern, die in Sommerfarben strahlten. Weit vorn an der Landzunge die grauen Überbleibsel der Zitadelle aus dem 16. Jahrhundert. Weiter oben an den Hängen die Luxusvillen in ihren üppigen Gärten. Die weiche Kurve der Bucht endete in einem schönen Sandstrand. Auf der gegenüberliegenden Seite streckte sich das Cap Ferrat mit den Villen der superreichen Prominenz.

Sie war in diese gesegnete Landschaft hineingeboren worden. Gladys genoss die endlosen Sommer und die Übergangszeiten mit ihren changierenden Farben.

5

GLADYS

Gladys hatte schmale Hüften und gerade Schultern. Der Körper einer Athletin. Das rote Haar fiel ihr in lockeren Kaskaden bis auf die Schultern. Die grünen Augen blitzten, wenn die Sonne schien und wurden sehr dunkel, wenn Gladys wütend wurde.

Sie ging noch unter die Dusche, bevor sie sich schlafen legte. Die Klimaanlage war auf eine gleichmäßige Temperatur tags und nachts eingestellt.

Wenn Gladys einen Raum betrat, fiel sie zuerst durch ihre Schönheit auf. Der stählerne Charakter in der schönen Hülle war nur ihren Kollegen, den Vorgesetzten und den Verbrechern, die sie hinter Gitter gebracht hatte, bekannt.

Gladys war randvoll gefüllt mit Rationalität, das brachte schon ihr gefährlicher Beruf mit sich, und doch konnte sie sich dem legendären Charme ihrer Heimatstadt Villefranche sur mer nicht entziehen. Sie liebte diese Stadt und wo immer auf der Welt sie sich gerade aufhielt, sehnte sie sich zurück.

Dieser Ort verdankte seinen mythischen Charme zuerst der wundervollen Bucht in der er gelegen war. Hier wetteiferten Himmel und Meer um das schönere Blau. Das Klima favorisierte eine üppige Vegetation. Hier gedieh alles besser. Auch ein besonders freundlicher Menschenschlag entwickelte sich über die Jahrtausende der Besiedlung.

Unten an Quai und Hafen quirlte das farbige südländische Leben. Die gut erhaltenen Überreste der Zitadelle Saint Elme, aus dem 16. Jahrhundert, zieren immer noch die Spitze der Landzunge. Auf den Hügeln, im Halbkreis um die Bucht, standen die Prachtvillen derer, die es sich leisten konnten dort zu leben.

Im 20. Jahrhundert wurde die Stadt zum Treffpunkt der kulturellen Elite. Villefranche zog Künstler an, wie Jean Cocteau und Jean Marais. Cocteau malte die Fischer Kapelle am Hafen aus. Picasso, Henri Matisse, Fernand Leger, ebenso wie Brigitte Bardot und Charlie Chaplin kamen zum Essen in das berühmte Restaurant am Quai.

Irgendein Dichter hatte gesagt Villefranche sei die Quintessenz der Côte d’Azur.

6

COMMISSARIAT CENTRAL

Das Telefon riss Gladys aus dem Tiefschlaf.

Louis Renaud, ihr Chef:

„Tut mir leid. Muss aber sein. Ich brauche euch alle um 9:30 im Kommissariat. Extrem wichtige Sache. Sei bitte hellwach.“

„D’accord, Louis. Guten Morgen wünschen wir uns später.“

Das Meer war nicht mehr schwarz am frühen Morgen. Als die Sonne langsam über den Horizont, hinter dem Felsen von Eze kroch schimmerte es zuerst silbern, dann setzte sich, sehr langsam die blaue Farbe durch. Bis es strahlte unter der Sonne, am immer blauen Himmel. Ein „gesegnetes“ Klima? Das glaubten die religiös angehauchten Menschen. Ein besonderes, ja, auf jeden Fall. Vor ihrem Schlafzimmer hatte Gladys eine kleine private Terrasse. Dort trank sie ihren ersten Morgenkaffee.

Beobachtungsposten auch hier. Ihr Blick schweifte von Eze über die Bucht von Beaulieu und die langgestreckte Halbinsel des Cap Ferrat auf das blaue Wasser der Bucht von Villefranche. Und dann nach rechts: die langgezogene Baie des Anges von Nizza, dahinter waren Antibes und Cannes. Der Horizont wurde begrenzt durch die roten Berge des Esterel. Dort sah Gladys abends die Sonne untergehen, wenn das Meer sich vergoldete.

Aber jetzt war morgens, hell, freundlich, silbrig und türkis.

Duschen, anziehen. Leichtes Oberteil, String, Helle Leinenhose. Gladys mochte die frische Kühle des Leinens, die ihre langen Schenkel umspielte. BH? Wer trägt einen BH bei der Hitze, die man erwarten konnte?

Angenehme kurze Fahrt über die Basse Corniche in die Innenstadt von Nizza. Gladys freute sich immer wieder an der Schönheit der Perle der Côte d‘Azur. Die vielen gut erhaltenen Gebäude aus der Belle Époque harmonierten mit dem neuen Teil der Großstadt. Alle architektonischen Details wurden durch das klare Sonnenlicht gut zur Geltung gebracht. Dass der Autoverkehr weitgehend aus der Stadt herausgehalten wurde, seit es die neue Tram gab, machte alles nur noch besser.

Im Commissariat Central, av. du Maréchal Foch in Nizza gabs keine Parkprobleme. Jeder Mitarbeiter hatte seinen reservierten Standplatz. Schließlich musste die Eingreiftruppe rasant schnell abfahren und ankommen können.

Im Büro des Chefs waren alle versammelt:

Louis, der Boss. Er war im Dienst für die Gerechtigkeit ergraut. Noch sah man ihm an, dass er in jungen Jahren Boxer gewesen war. Sein Gesicht war eckig mit eingebeulter Nase und abstehenden Blumenkohlohren. Der Körper massiv und athletisch. Er bewegte sich, als könne er vor überschüssiger Kraft nicht gehen Auch wenn Louis nicht immer Recht hatte, setzte er sich doch meist durch.

Albert, mit den zu langen Haaren, hatte einige Semester Psychologie studiert. Das war kein Handicap, sondern sein Vorteil. Er wurde meist als Profiler eingesetzt. Er schlüpfte in die Psyche des Gegners.

Gilbert, in allen Kampfsportarten der Größte, schoss so schnell, als sei seine Pistole doppelläufig.

Aldo, aus dem nahegelegenen San Remo, war Praktikant. Seine Cesaren Locken und eine ebensolche Nase, beeindruckten die jungen Mädchen an der Côte d’Azur. Aldo fand sich selbst witzig. Er nahm das Leben nicht so ernst. Die Kollegen hofften, dass sie trotzdem einen brauchbaren Polizisten aus ihm machen könnten.

Gladys nahm keine Sonderstellung ein, obwohl sie die einzige Frau war. Sie wurde weder zum Kaffee kochen abgestellt, noch zum Akten ablegen.

Gladys hatte sich den Respekt der Kollegen erworben. Nach ihrem Studium in Paris war sie ein paar Jahre zu Scotland Yard gegangen, von dort zum FBI nach New York City.

Ihre Auslandserfahrungen hatten ihr geholfen den Mafiasumpf in Marseille auszutrocknen. Die Sizilianer war Gladys Sieg. Ihre Erfolge in der Hafen-Großstadt waren von den Medien lautstark begleitet worden. Von Marseille nach Nizza war es ein richtiger Schritt. Es passte alles zusammen: sie bekam den Job als rechte Hand von Louis Renaud, sie erbte das Haus in Villefranche s/mer. Die 15 bis 20 Minuten, um morgens ins Büro zu kommen, waren ein Kinderspiel. Gladys fasste schnell Fuß an der Baie des Anges.

Ein solcher Beruf ließ kein beschauliches Eheleben zu. Also blieb es bei wechselnden Männerbekanntschaften. Sie glaubte sowieso nicht an den Einen für „Immer und ewig“. Es musste ja nicht jedes Mal die ganz große Liebe sein. Unregelmäßige Arbeitszeiten und lebensgefährliche Einsätze ließen keine Beschaulichkeit zu. Selbst für Haustiere blieb kein Platz in ihrem hektischen Leben.

Louis Renaud eröffnete die Konferenz auf seine informelle Art:

„Herrschaften, Ruhe bitte. Ich brauche eure Aufmerksamkeit. Der Präfekt hat mich in aller Frühe herausgeklingelt.

Es geht um unseren guten Ruf. Ihr kennt die Villa „Sun Palace“ nahe der Villa Rothschild auf dem Cap Ferrat. Dort residiert seit 3 ½ Jahren der russische Oligarch Igor Popov der Milliardär. Er hat sich in seiner Festung eingeigelt. Trotz aller Security wurde diese Nacht seine Tochter Anastasia entführt.

Eine Katastrophe, nicht nur für die Familie, auch für uns.

Unsere schöne Region lebt vom Tourismus. Die Menschen, die zu uns kommen, wollen die schönen Landschaften und das herrliche Klima genießen. Außerdem freuen sie sich darüber, dass es hier so viele kulturelle Anreize gibt. Aber vor Allem wollen sich hier in Sicherheit fühlen. Die Schönen und Reichen bekommen Falten, wenn sie Angst haben müssen. Von diesem Verbrechen darf nichts an die an die Öffentlichkeit dringen.

Wir müssen Anastasia wiederfinden, das hat oberste Priorität. Das muss absolut lautlos geschehen, ohne Wellen zu machen. Bisher ahnen die Medien nichts von dieser Katastrophe. So muss es bleiben.

Der Präfekt besteht darauf, dass ein Teppich der Lautlosigkeit über diese Affäre gebreitet wird.“

Renaud blätterte seine Papiere um:

„Hier ist, für jeden von euch, ein Foto des Mädchens und ihre Beschreibung. Größe, Gewicht, spezifische Merkmale. Lernt das alles auswendig und tragt trotzdem die Papiere bei euch. Ständig“.

7

VATER-TOCHTER

Igor Popov hatte, bereits vor vielen Jahren, seine Frau an den Krebs verloren. Jetzt blieb ihm die Tochter Anastasia. Sie war sein Ein und Alles. Igor hütete sie, buchstäblich, wie seinen Augapfel. Das Mädchen sollte, nach einer behüteten Kindheit eine absolut sorgenfreie Jugend erleben und gleichzeitig auf ein großartiges Leben vorbereitet werden. Es durfte ihr nichts passieren.

Für Anastasia war diese Fürsorge zu viel. Sie wurde in Watte gepackt. Wünsche wurden ihr von den Augen gelesen, noch bevor sie die überhaupt gedacht hatte. Anastasia fühlte sich eingesperrt. Über den Fernseher und ihre Lektüre kam die Außenwelt zu ihr. Sie hätte gern teilgenommen und wie andere Teenager aus reichen Elternhäusern gern mal über die Stränge geschlagen.

Ihr Vater hatte alles. Er konnte kaufen, was er wollte. Aber nein, den flotten Sportwagen, von dem sie träumte, bekam sie nicht.

„Viel zu gefährlich, bei diesem verrückten Autoverkehr“ sagte ihr Vater. „Denk an Prinzessin Grazia, die im Auto zu Tode gestürzt ist. Lass Dich chauffieren von meinen Leuten. Es stehen genügend Autos in der Garage.“

„Freiheitsberaubung!“ Schnaubte Anastasia. Überall zwischen Monaco und Cannes gab es tolle Partys.

„Nein, Du bist dort nicht sicher. Außerdem bist du zu jung für so etwas.“