OBSKUR - Olaf Clasen - E-Book

OBSKUR E-Book

Olaf Clasen

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Beschreibung

Côte d'Azur Krimi. Rue Obscure in Villefranche. Grausame Serienmorde. Nichts deutet auf den Täter hin. Die Spuren sind extrem verworren. die nationale Sicherheit ist in Gefahr. Die schöne Polizistin Gladys stochert im Dunklen. Die DST mischt mit, die CIA und der BND, selbst Außerirdische. Die vielen Helfer machen das Chaos nur größer. Kann Gladys den Fall entwirren?

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Inhaltsverzeichnis

VORAB

COLETTE

OBDUKTION

100% ARABICA

OHNE UNTIEFEN

FAKTEN

ERSTER TANZ

AM HAFEN

VIER MERKWÜRDIGE

YVES KLEIN

BREITE SCHULTERN

FEUERPAUSE

ZISCHEN

PAPIERKRAM

HAMSTERRAD

STADTRAT

SUPER AGENTEN

DIE UNGEHEUER

GEHEIMAGENTEN

COIFFEUSE

SAUBERES SKELETT

ABEND IN DER ALTSTADT

AUFS HAUS

DUNKLE HAUT

KÖRPERHITZE

KARRIERE

WENIG SCHLAF

KONFLIKT INTERNATIONAL

EINBLICKE

HELD

GUYOT

SOFIE

KAMPFSCHWIMMER

UNTERWASSER WELTEN

SCHWARZES BLUT

SRT

SIEBEN FINGER

SINNLOSER BERICHT

PUZZLETEILE

MORGENLIEBE

OHNE INDIZIEN

CASTEL

IM GLEICHSCHRITT

SATANISCHE WISSENSCHAFTLER

JACQUES BLANC

LA PEROUSE

JACQUES VERKLEIDET

APERITIF

TARNFARBE

PIERRE SOULAGES

NICOLE

VERDÄCHTIGER BAUDELAIRE

BOTSCHAFTERIN

SPIELBERG/ KUBRICK

DER ROCHEN

PLÄNE

GISELA

GEBHARDT

GABRIELLE

TOCHTER

JUGENDFREIER KÖRPER

SCHNEE

KEIN BILD

AURON UND COLETTE

SELIMA

EIN FALL WIE KEIN ANDERER

HIN ZUR REALITÄT

PAVIANE

KRISIS

KRÄFTE BÜNDELN

LEINENANZUG

VILLEFRANCHE SUR MER

STILLE HÖHLE

DAS FEST

EPILOG

VORAB

Es gibt bereits einen Côte d’Azur Krimi.Er ist betitelt 250 Millionen, Geiselnahme im Paradies. Gladys hat dort ihren ersten Auftritt. Es gab Unmengen von begeisterten Reaktionen.

Wäre schade gewesen, Gladys wieder einzumotten. Außerdem bleibe ich gern an dieser berühmten Küste und vor Allem in der schönen Bucht von Villefranche, an der meine Erinnerungen und Fantasien hängen.

Die Rue Obscure in Villefranche sur mer ist Realität und ist ein besonderer Ort, dem ich ein Denkmal setzen möchte. Sicher gibt es in und um Villefranche herum noch einige Sehenswürdigkeiten, auf die ich bei späterer Gelegenheit Gladys loslassen kann.

Aber jetzt erstmal: grausame Serienmorde im Dunklen, ohne irgendwelche Gemeinsamkeiten. Wie soll eine kluge Polizistin die aufklären? Braucht sie Hilfe von allen Seiten CIA, BND, DST oder bringen die vielen Spürhunde noch mehr Chaos ins düstere Bild?

COLETTE

Wieder wurde Gladys vom Telefon aus ihrem Morgenschlaf gerissen. Sie ging unter die Dusche, schlüpfte in einen String, eine leichte Leinenhose und eine knallrote Bluse.

Louis Renaud hatte am Telefon nur gesagt:

„Rue Obscure Nr. 36“.

Gladys brauchte nicht in das Kommissariat in Nizza zu fahren. Es gab keine Vorgeschichte. Keine Erklärung. Es gab ausschließlich diese Adresse.

Louis war kein Freund von allzu vielen Worten.

Sie fuhr also die gewundene Straße hinunter zum Hafen.

Noch eine enge Kurve und die Rue Obscure öffnete ihr gieriges Maul. Es war zu früh für eine Menschenansammlung. Nur die allerletzten Nachtschwärmer waren unterwegs.

Villefranche sur mer ist keine Großstadt. Einfach ein beschauliches Städtchen an der französischen Côte d‘Azur. Vielleicht an der schönsten Bucht der Welt? Jetzt hatte niemand Augen für die Schönheit des glänzenden Wassers, die üppige Vegetation auf den grünen Hügeln oder die farbenprächtigen Häuser unten am Quai.

2 Forensiker und der Arzt in ihren weißen Overalls waren schon da.

Und die Leiche.

Niemand brauchte sich auszuweisen. Jeder kannte jeden.

Es war ungewöhnlich still in der Rue Obscure. Still und dunkel. Es gab keine Diskussionen über die Identität der Toten. Es würde keine komplizierte DNA-Analyse notwendig sein und kein Zahnabgleich.

Jeder kannte Colette Mancini. Vor Allem die Männer. Sie war eine fleißige Arbeiterin im horizontalen Gewerbe gewesen. Sie bediente vor Allem jene, die am Hafen und in der Werft harte körperliche Arbeit leisteten. Die kauften sich für ihr schwer verdientes Geld gern etwas Entspannung. Colette war einfach, beliebt und unkompliziert gewesen. Die, mit 3 Stichen sauber erstochene, Leiche machte Gladys augenblicklich stutzig.

Saubere, fast chirurgische Arbeit.

Wer hätte Interesse daran, eine allgemein beliebte mittelmäßige Nutte zu ermorden? Die Sache roch nach mehr als dem, wonach sie aussah. Ein geheimnisvoller Fall, weil das Opfer keine ungewöhnliche Frau war. Sondern die Mittelmäßigkeit in Person. Colette hatte nichts Schillerndes an sich. Sie war nicht geheimnisvoll. Ein offenes Buch, in dem jeder blättern konnte. Wer sollte eine mittelmäßige, stadtbekannte Nutte ermorden wollen? Es musste mehr dahinterstecken, als auf den ersten Blick zu sehen war.

Motiv?

Geldgier? Was war bei dieser Mittelmäßigen zu holen? Kleine Dienste gegen kleines Geld. Die hatte kein Vermögen angesammelt.

Eifersucht? Wer ist eifersüchtig auf eine Nutte, die jeder für ein paar Euro haben kann?

Familie?

Stimmt, da war ein Ehemann! Gilbert lebte einigermaßen komfortabel von den Einkünften seiner Gattin. Warum diese Quelle versiegen lassen?

Nicht zu Unrecht war Gladys einen Moment verunsichert. Da musste etwas Ungeahntes dahinterstecken. Jeder Mord ist ein Rätsel. Meist war der Ansatz schon so komplett, dass Gladys eine Spur witterte. Aber hier? Colette lag zu offensichtlich auf dem Pflaster. Sollte sie eine Warnung sein? Eine Botschaft, die nur der Tod überbringen konnte? Gab es einen doppelten Boden? Bediente Colette mehr als nur die Einfachsten?

Nicht die üblichen Verdächtigen.

Sie sah sich die Tote genauer an.

Ja, wie es sich für eine Arbeiterin ihres Standes gehörte, war sie unter ihrem Oberkleid nackt. Schließlich wollten die Kunden schnell zur Sache kommen. Keine Zeit vertrödeln mit An- und Ausziehen.

OBDUKTION

Colette sah schlecht aus. Sie war mit drei präzisen Messerstichen getötet worden. Je einer rechts und links im Hals und der dritte ziemlich genau ins Herz. Colette hatte viel Blut verloren. Es war aus ihrem Gesicht gewichen. Die Haut war schneeweiß mit grau/blauen Schatten. Die Augen weit aufgerissen, als hätte sie sich im letzten Moment erschrocken.

Die Gerichtsmediziner nahmen die Leiche mit. Die Obduktion würde wenig Überraschungen bringen. Oder vielleicht schon die Lösung?

Die Neugierigen verliefen sich. Gladys fuhr nach Nizza ins Büro, um ihren Bericht zu schreiben.

Kaum war der Bericht ihres ersten Eindrucks geschrieben, da kam der Obduktions- Bericht. Immerhin lieferte er ein paar Anhaltspunkte.

Die Obduktion hatte ergeben, dass Colette mit einer sehr ungewöhnlichen Waffe getötet worden war. Eine lange Klinge (38 cm), sehr schmal, nur 7 mm. Auf beiden Seiten gezackt, so dass sie im durchgestoßenen Gewebe ein Maximum an Schaden angerichtet hatte. Colette war elendiglich verblutet. Das Blut war in die Hohlräume ihres Körpers gelaufen und war dort zu dicken Klumpen geronnen.

Joycelyn, die Gerichtsmedizinerin hatte niemals etwas so Furchtbares gesehen. Irgendjemand hatte gewollt, dass Colette während ihres Sterbens furchtbar litt. Für Gladys wurde dieser Fall immer rätselhafter. Warum hatte sich jemand so viel Mühe mit einer so unbedeutenden Frau gemacht?

Natürlich hatte tief in Gladys Gehirn ein Verdacht gekeimt:

Und wenn Colette gar nicht so unbedeutend gewesen war, wie es schien?

Alles nochmal durchleuchten. Vergangenheit, Gegenwart, Gewohnheiten? Alles genau abtasten!

Gladys entschied sich zuerst für eine außergewöhnlich gründliche Hausdurchsuchung beim Ehemann. Dazu holte sie sich Verstärkung im Kommissariat in Nizza.

Gab es in der gemeinsamen Wohnung irgendeinen Gegenstand, der nicht passte? Irgendetwas das auf ein Doppelleben hinweisen konnte? In der kleinbürgerlichen Wohnung einer Strassennutte und ihrem faulen Ehemann sollte alles nett und bieder aussehen. Praktisch und etwas kitschig. Einfache, preiswerte Möbel, ein paar überflüssige Schnörkel, kleine Teppiche, Bettvorleger als Stolperfallen. Häkeldeckchen auf den Tischen und die übliche Zahl von überflüssigen Staubfängern, Vasen, Figürchen, Nippes Kram, Kunst- und Dekorationsgegenstände aus dem 19.Jahrhundert. So wie sie auf Flohmärkten als Antiquitäten angeboten werden. Dinge, die überall herumstehen und niemanden stören.

Was nicht in diesen Rahmen passte, sollten Albert

und Aldo im Nebenzimmer stapeln und auflisten.

Die Obduktion brachte mehr Überraschungen zu Tage, als man von durchschnittlichem Mord einer durchschnittlichen Hure erwarten konnte:

Colette hatte eine zweite Vagina unter der linken Achsel. Gut versteckt aber in vielen Positionen nutzbar. Die rechte Achsel war völlig normal. Spärlich behaart. Kein Aufreger.

Die Gerichtsmedizinerin staunte nicht schlecht, als sie die Schädeldecke abhob. Es war nur ein vager Verdacht gewesen, aber der lohnte sich. Im Schädel gähnte ein leerer Hohlraum. Keine Gehirnmasse. Auch keine Flüssigkeit. Vollkommen trocken. An vier elastischen Fäden wurde, genau in der Mitte, eine violett schimmernde Kugel in der Schwebe gehalten. Die Pathologen machten Fotos. Ein schriftlicher Bericht wäre zu unglaubwürdig.

Gladys hatte keine Meinung. Sie fuhr sich mit den Fingern durchs lange Haar. Dann bestellte sie den Ehemann zum Verhör.

100% ARABICA

Der Verhörraum des Kommissariat Zentral war in einem neutralen mittleren Grau gehalten. Gleichmäßig ausgeleuchtet. So dass durch den Einwegspiegel jeder Gesichtsausdruck des Verhörten gut erkennbar war.

Louis Renaud sah zu, während Gladys arbeitete.

Noch war der Ehemann kein Verdächtiger. Gladys wollte nur tief in seine Psyche eindringen, um mehr, wenn möglich alles, über das ungewöhnliche Mordopfer zu erfahren.

Die Ehe schien durchschnittlich verlaufen zu sein. Gilbert und Colette waren seit 22 Jahren zusammen. Sie hatten zwei- bis dreimal pro Woche Sex. Mal zwischen den Beinen, mal unter der Achsel. Gilbert kannte es nicht anders. Colette trank Unmengen von Kaffee von 100% Arabica Bohnen. Sie bestand darauf, den Kaffee selbst zu brauen. Immer. Außer Haus, in den Cafés oder Restaurants am Quai Courbet trank Colette niemals Kaffee. Menthe á l’eau war dort ihr Lieblingsgetränk.

Colette aß wenig Fisch. Am liebsten war ihr Hüftsteak vom Charolais Rind. Gemüse, naja, Kartoffeln, Tomaten, Zucchini. Aber bloß keine Pilze. Niemals. Gladys näherte sich auf Zehenspitzen Colettes Persönlichkeit. Gilbert gab unbewusst mehr preis, als er ahnte. Wegen der Essgewohnheiten erfuhr Gladys viel über Colettes Vorurteile und darüber, welche Leute Einfluss auf sie hatten.

Fingerspitzengefühl.

Gladys hatte ihre persönliche Verhörmethode. Sie redete von Allem und von Nichts. Ruckartig verließ sie ein Thema und fing etwas völlig anderes an. Gilbert geriet ins Schlingern. Er verstand nicht, worauf er sich einstellen musste. Wohin sollte dieser Weg führen? Gilbert war völlig verunsichert.

OHNE UNTIEFEN

Gladys zog eine dichte Nebelwand auf. So, als hätte sie keinen Plan. Der Verhörte bemerkte nicht, in welche Richtung er geführt wurde. Aus den vielen banalen Details in Colettes Leben ergab sich langsam ein unscharfes Bild dieser unbedeutenden Frau. Gleichzeitig ergaben sich Anhaltspunkte, um an bestimmten Stellen weiterzugraben. Gladys notierte diese Punkte in einem abgelegenen Areal ihres Gedächtnisses.

Gladys war das Verhör extrem vorsichtig angegangen. Sie hatte die Lebensumstände der Toten abgesteckt. Nichts war eindeutig. Es gab keine Spur, die in irgendeine Richtung führte. Colette schien diese mittelmäßige Hure gewesen zu sein, für die sie alle hielten.

Der erste Eindruck täuschte nicht. Da waren keine geheimnisvollen Untiefen. Keine unerklärlichen Abwesenheiten, keine heimlichen Interessen. Colette hatte ein paar Tricks aus ihrem Gewerbe draufgehabt, aber sie war ohne starke Persönlichkeit. Sie hatte nie gelesen, sie hatte keine besonderen Kenntnisse zu irgendeinem Thema.

Sie sah fern, wie alle anderen. Sie glaubte, was sie in der Glotze sah, sei die wirkliche Welt. Das Staatsfernsehen bestätigte ihre Welt. Sie glaubte alles, was die Nachrichten erzählten. Sie traute sich nicht, eine eigene Meinung zu haben. Was die Fernsehbilder ihr sagten, das war ihre Welt.

Das schmale Haus in der Rue Obscure hatte kleine Fenster. Es herrschte ein ständiges Dämmerlicht. Ähnlich wie in Colettes Hirn. Die Straße war eine Sehenswürdigkeit für Touristen.

Zwischen dem 13. und 18.Jahrhundert war sie vollkommen überbaut worden. Als Schutz vor den Piratenüberfällen. Hierher flüchteten die Bewohner von Villefranche. Es gab nur 2 Zugänge, die gut zu verteidigen waren. Wer aus der ständigen Dämmerung hinaus in das gleißende Sonnenlicht des Quai Courbet trat, war erst einmal geblendet, bis die Augen sich gewöhnt hatten.

Hier draußen war es immer hell. Das gleißende Meer reflektierte die Sonne des Südens. Die bunten Häuserwände strahlten. Die Brise vom Meer milderte die Hitze.

FAKTEN

Gladys hatte genug Unbedeutendes erfahren. Sie beschloss, im Verhör die Zügel anzuziehen.

„Gilbert, ich möchte ein paar Fakten. Um wieviel Uhr standen sie morgens auf?“

Gilbert: „Wie bitte?“

Gladys: „Ich möchte herausfinden, wie ihr durchschnittlicher Tag hier in der Rue Obscure ablief?“

Gilbert, ein schmaler sehniger Mann, mit 2 harten Nasenfalten bis hinunter zum Kinn, wurde ärgerlich:

„Ich bewundere ihren Mangel an Mitgefühl, Frau Polizistin. Sie scheinen zu vergessen, dass meine Colette das Opfer und keine Täterin ist.“

Irgendwie hatte dieser Gilbert recht. Gladys fand keinen Ansatzpunkt, der zu dem Täter, den Tätern führte. Sie stocherte im Dunkeln. Irgendwie symbolisch für diese Rue Obscure.

ERSTER TANZ

Wer das Tageslicht scheut, liebt die Rue Obscure. Die ersten Häuser säumten diese Militärstraße schon 1260. Aus Platz und Sicherheitsgründen wurde die Straße nach und nach überbaut mit zusätzlichen Häusern. Die Arbeiten zogen sich bis ins 18. Jahrhundert hin. Die Straße wurde dunkler und dunkler. Bis sie zu einem Tunnel, mit Hauseingängen, wurde. Heute sind rund 130 Meter vollkommen überbaut. Die Bewohner haben sich an die Dunkelheit gewöhnt. Manche sind sogar stolz darauf, an einem so ungewöhnlichen Ort zu wohnen. Mancher Besucher erschauert.

Gladys: “Wann und wo haben Sie ihre Frau Colette kennengelernt?“

„Oh das war fröhlich. Ein Tanz in den Mai. Jeder trug ein Sträußchen Maiglöckchen, die bringen ja Glück in der Liebe. Es war vor ungefähr 22 Jahren. Die ganze Stadt tanzte vor der Darse. Es gab Life Musik und auch Musik aus der Konserve:

Die süße Colette fiel mir auf, weil sie Rhythmus im Blut hatte. Sie ließ sich gehen. Wir tanzten mal wild, mal eng umschlungen.

Wein gab es gratis an jeder Schänke.

Colette zog mich in die dunkelste Ecke der Rue Obscure. Dort knutschten wir. Colette wollte mehr als nur Knutschen…Tanzen und Knutschen waren ihr nicht genug. Sie wollte gleich ALLES.“

„Interessiert Sie das wirklich?“

Gladys: „Sehr sogar, bitte erzählen sie weiter.“

Gilbert: …“In einem der dunklen Hauseingänge hob Colette ihren Rock. Sie trug nichts darunter. Sie ließ mich hinein… So lernten wir uns kennen…“

„Sie hatten Sex beim ersten Tanz?“

Jaaa und wie, weder Colette noch ich waren Spießer.

Ich blieb dran und traf sie auch die nächsten Tage.

Wann immer es möglich war. Ein so wildes Mädchen trifft man nicht jeden Tag.“

Gladys:

„Und Colettes Eltern?“

„Eltern? Die habe ich nie getroffen. Colette sprach mit einem merkwürdigen Akzent. Vielleicht Korsika?

Vielleicht lebten ihre Eltern dort? Was weiß ich?“

„Plötzlich war Colette weg. Ich weiß nicht wie. Ich weiß nicht wohin. Eines Abends, wir saßen nahe am Hafen, wollte Colette pinkeln gehen. Es gab ein grelles weißes Licht und ein Zischen, das alles übertönte.

Colette fehlte mir sehr. Plötzlich, 6 Monate später, stand sie wieder vor mir. Sie hob den Rock und fragte: willst Du?

Und ob ich wollte!“

Gladys: „Verschwand Colette öfter mal?“

Gilbert: „Das kam schon vor. Sie hatte ihren eigenen Charakter. Ich nannte sie Sturkopf. Sie bestimmte selbst, was sie tat oder nicht. So auch mit ihrem Beruf. Ich sah es nicht so gern, dass sie mit ihrer Muschi Geld verdiente. Sie aber sagte:

„Das kann ich. Das mach ich.“

Und da sie gut verdiente und alles Verdiente nach Hause trug, war ich einverstanden.“

Gladys: „Gab es andere merkwürdige Verhaltensweisen bei Colette?“

„Naja, da war das kleine Problem, dass ich ihren Dialekt schlecht verstand. Daher redeten wir nicht viel. Und ich brauchte einige Monate, um mich an die Vagina unter ihrer Achsel zu gewöhnen. Ehrlich, das hatte ich noch niemals erlebt. Es war bereichernd und störte nicht.“

Gilbert lehnte sich zurück. Sein Gesicht entspannte sich.

„Sie haben niemals herausgefunden, wo ihre Frau war, wenn sie so plötzlich verschwand?“

„Keine Ahnung. Vielleicht bediente sie einen exzentrischen Kunden, auf Korsika?“ Geld brachte sie immer reichlich mit. In beiden Vaginas war sie immer voll einsatzfähig.

Ich sehe nicht, wie ihnen dies weiterhelfen könnte.“

Gladys selbst sah das auch nicht. Sie kam nicht voran. Sie hatte ein Sammelsurium von nichtssagenden Fakten zu einer nichtssagenden Frau. Ein Opfer, an dem einiges nicht normal war.

Aber einen Grund sie zu ermorden, schien es nicht zu geben.

Nur gut, dass Louis Renaud, ihr Boss, gelassen blieb. Er hatte durch das Einweg Spiegelglas das Verhör mitgehört. Louis war mit Gladys einer Meinung. Gilbert war unverdächtig. Auch Louis sah kein Motiv, dieses langweilige Frauenzimmer zu ermorden. Außer der zweiten Vagina und den unvorhersehbaren Abwesenheiten war an ihr nichts Besonderes. Sie mussten aus einer anderen Perspektive erfahren, was es mit Colettes häufigem Verschwinden auf sich hatte.

Fazit: zu viele Fragen, zu wenige Antworten.

AM HAFEN

Genug mit dem sterilen Geschwafel, entschied Gladys. Sie verlegte das nächste Gespräch an den Quai Amiral Courbet, direkt unten am Hafen.

Obwohl es schon Abend war, glänzte das Wasser noch. Es war die Zeit zwischen Tag und Nacht. Für die Sonnenanbeter war es bereits Dämmerung. Für die Nachtschwärmer war es zu früh. Die Sonne strahlte nicht mehr grell, aber man sah noch gut, was vor sich ging.

Gladys hoffte, außerhalb des grauen Verhörraums stärkere Aussagen bei Gilbert provozieren zu können. Sie saßen in einem Café nah am Wasser. Es war kein Wind. Die Wellen hatten sich geglättet. Auf der Promenade bahnten sich die ersten Bentleys einen Weg durch die Fußgänger. Die guten Restaurants erwarteten ihre Gäste. Gladys hatte ihre Augen überall. Das feine Restaurant La Mere Germaine zeigte seine Auslage mit fangfrischem Fisch. Aus dem Augenwinkel beobachtete Gladys, wie sich auf der anderen Seite der Bucht ein ungewöhnliches Fahrzeug löste. Flach wie eine Flunder, grau gefärbt, so dass es im unsicheren Abendlicht fast unsichtbar war. Keine Positionslichter. Das war nicht gut. Gäste für das exklusive Restaurant? Exzentrische Millionäre, die durch Unsichtbarkeit auffallen wollten? Das ultraflache Rennschiff war irrsinnig schnell. Es hielt