4 Krimis Sonderband 1015 - Alfred Bekker - kostenlos E-Book

4 Krimis Sonderband 1015 E-Book

Alfred Bekker

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Beschreibung

Dieser Band enthält folgende Krimis: Die G-men und das Gesetz der Drei (Jay Desmond) Trevellian und das Kopfgeld auf einen Kollegen (Pete Hackett) Central Park Killer (Alfred Bekker) Vermittlung in den Tod (Thomas West) Zwei Menschen werden kurz hintereinander im New Yorker Central Park ermordet. Die Opfer scheinen zunächst nichts gemeinsam zu haben. Als es weitere Tote gibt, kommen die Ermittler schließlich einer krakenhaften Organisation auf die Spur, die von Amerikanern muslimischen Glaubens Schutzgelder erpresst, um damit den heiligen Krieg islamistischer Terror-Kommandos zu finanzieren... Rasanter Action-Krimi von Henry Rohmer (Alfred Bekker)! Henry Rohmer ist das Pseudonym des bekannten Fantasy- und Jugendbuch-Autors Alfred Bekker. Daneben schrieb Bekker an zahlreichen Spannungsserien wie Ren Dhark, Jerry Cotton, Cotton Reloaded, John Sinclair und Kommissar X mit.

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Seitenzahl: 547

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Pete Hackett, Alfred Bekker, Thomas West, Jay Desmond

4 Krimis Sonderband 1015

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Inhaltsverzeichnis

4 Krimis Sonderband 1015

Copyright

Die G-men und das Gesetz der Drei: FBI Krimi

Trevellian und das Kopfgeld auf einen Kollegen: Action Krimi

Prolog

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Central Park Killer

Vermittlung in den Tod

landmarks

Titelseite

Cover

Inhaltsverzeichnis

Buchanfang

4 Krimis Sonderband 1015

Alfred Bekker, Thomas West, Pete Hackett, Jay Desmond

Dieser Band enthält folgende Krimis:

Die G-men und das Gesetz der Drei (Jay Desmond)

Trevellian und das Kopfgeld auf einen Kollegen (Pete Hackett)

Central Park Killer (Alfred Bekker)

Vermittlung in den Tod (Thomas West)

Zwei Menschen werden kurz hintereinander im New Yorker Central Park ermordet. Die Opfer scheinen zunächst nichts gemeinsam zu haben. Als es weitere Tote gibt, kommen die Ermittler schließlich einer krakenhaften Organisation auf die Spur, die von Amerikanern muslimischen Glaubens Schutzgelder erpresst, um damit den heiligen Krieg islamistischer Terror-Kommandos zu finanzieren...

Rasanter Action-Krimi von Henry Rohmer (Alfred Bekker)!

Henry Rohmer ist das Pseudonym des bekannten Fantasy- und Jugendbuch-Autors Alfred Bekker. Daneben schrieb Bekker an zahlreichen Spannungsserien wie Ren Dhark, Jerry Cotton, Cotton Reloaded, John Sinclair und Kommissar X mit.

Copyright

Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von

Alfred Bekker

© Roman by Author

© dieser Ausgabe 2025 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen

Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.

Alle Rechte vorbehalten.

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Die G-men und das Gesetz der Drei: FBI Krimi

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Alles rund um Belletristik!

Die G-men und das Gesetz der Drei: FBI Krimi

von JAY DESMOND

I.DAS SPIEL BEGINNT

Dan Murdoch stand am Fenster seines kleinen Zimmers im vierten Stock des Grand Majestic Hotels in Richmond, Virginia, und blickte auf die feuchten, von Gaslaternen beleuchteten Straßen hinab. Es war ein lauer Frühlingsabend, doch in seiner Brust nagte die Unruhe. Er war groß, schlank, mit dunklem Haar und einem Gesicht, das in jeder Bar für ein paar Sekunden die Gespräche der Damen zum Erliegen brachte. Aber heute Abend war Dan Murdoch nicht wegen seines Aussehens hier – sondern weil ihn das FBI geschickt hatte.

Die Suicide Squad, wie man ihn, Johnny Kerrigan und Stephen Klaw nannte, war berüchtigt für ihren Mut und ihre Skrupellosigkeit. Doch diesmal war Dan allein unterwegs. Kerrigan und Klaw waren mit anderen Ermittlungen beschäftigt, und so lag es an ihm, den mysteriösen Mord an Senator George W. Harlan aufzuklären – einem Mann, der zu viele Feinde und zu viele Geheimnisse hatte.

Dan war erst vor einer Stunde in Richmond eingetroffen, und schon hatte er das Gefühl, dass er beobachtet wurde. Die Schatten auf der Straße bewegten sich zu langsam, zu absichtsvoll. Ein Mann mit Hut stand seit zwanzig Minuten an der Ecke und starrte scheinbar gelangweilt in ein Schaufenster. Dan wusste, dass dies kein Zufall war.

Er wandte sich vom Fenster ab, zündete sich eine Zigarette an und ließ sich auf das Bett fallen. Im Halbdunkel des Zimmers lag auf dem kleinen Tisch ein Umschlag, den ihm ein Page beim Einchecken überreicht hatte. Kein Absender, nur sein Name in krakeliger Handschrift: „Mr. Dan Murdoch, Grand Majestic Hotel, Richmond.“

Dan öffnete den Umschlag. Ein einzelnes Blatt Papier, getippt, mit einer Zeile:

„Wenn Sie die Wahrheit über Senator Harlans Tod erfahren wollen, kommen Sie um Mitternacht zur alten Tabakfabrik am Fluss. Kommen Sie allein.“

Dan lächelte dünn. Es war immer das Gleiche: Die Wahrheit lauerte nie im Hellen, sondern in den Schatten, zwischen Zigarettenrauch und dem Geruch von Angst. Er steckte den Zettel ein, kontrollierte seine beiden Pistolen und trat ans Telefon.

Er wählte die Nummer des FBI-Büros in Richmond. Der Apparat knisterte, dann meldete sich eine Stimme: „FBI, Agent Harris.“

„Hier spricht Murdoch. Ich brauche einen Wagen und einen Mann, der unauffällig in der Nähe der alten Tabakfabrik am Fluss postiert wird. Ich gehe um Mitternacht dorthin. Keine Polizei, keine Uniformen. Und Harris – sagen Sie Kerrigan und Klaw Bescheid, wo ich bin, falls ich nicht zurückkomme.“

„Verstanden, Mr. Murdoch. Viel Glück.“

Dan legte auf, zog seinen Mantel an und verließ das Zimmer. Im Flur begegnete er einer jungen Frau mit blonden Locken und einem nervösen Blick. Sie wich ihm aus, als hätte sie Angst, von seinem Schatten berührt zu werden. Dan registrierte das, wie er alles registrierte: Jede Regung, jedes Zucken, jedes Flackern in den Augen der Menschen.

Er nahm den Fahrstuhl nach unten, ging durch die Lobby und trat hinaus in die Nacht. Der Mann mit Hut war verschwunden. Dafür stand ein schwarzes Auto am Bordstein, mit laufendem Motor. Dan ging daran vorbei, ohne den Fahrer anzusehen. Er wusste, dass er verfolgt werden würde – und er wusste, wie man damit umging.

Er schlenderte durch die Straßen, bog zweimal ab, wechselte die Straßenseite und tauchte schließlich in eine schmale Gasse ein. Das Auto folgte ihm nicht. Offenbar hatte er seinen Verfolger abgeschüttelt – oder sie wollten, dass er das glaubte.

Die alte Tabakfabrik war ein düsterer Klotz aus Backstein, der sich wie ein Mahnmal aus einer anderen Zeit am Ufer des James River erhob. Die Fenster waren zerschlagen, das Dach eingefallen. Dan umrundete das Gebäude, prüfte die Eingänge. Nichts rührte sich.

Er trat durch eine Seitentür ein, die nur angelehnt war. Drinnen roch es nach Moder und altem Rauch. Im fahlen Licht seiner Taschenlampe sah er die Überreste von Maschinen, verrostete Zahnräder, zerbrochene Kisten. Irgendwo tropfte Wasser.

Dan bewegte sich vorsichtig, die Pistole in der rechten Hand, den Daumen am Sicherungshebel. Er hatte das Gefühl, dass ihn jemand beobachtete. Plötzlich knackte es in der Dunkelheit.

„Keine Bewegung, Murdoch“, sagte eine Stimme.

Dan blieb stehen. Aus dem Schatten trat ein Mann, groß, mit schmalen Schultern und einem Gesicht wie aus Granit gemeißelt. In der Hand hielt er eine Pistole, die auf Dans Brust zielte.

„Sie sind pünktlich“, sagte der Mann. „Das gefällt mir.“

„Ich bin ein Freund der Pünktlichkeit“, erwiderte Dan ruhig. „Und Sie sind?“

Der Mann lächelte schief. „Nennen Sie mich Mr. Black. Sie wollen wissen, wer Senator Harlan getötet hat?“

„Deswegen bin ich hier.“

Mr. Black trat näher. „Senator Harlan war ein toter Mann, lange bevor ihn jemand erschossen hat. Er hat sich mit Leuten eingelassen, mit denen man sich nicht einlässt. Mit Leuten, die keine Zeugen dulden.“

„Namen“, verlangte Dan.

Mr. Black schüttelte den Kopf. „So einfach ist das nicht. Sie sind nicht der Einzige, der Fragen stellt. Es gibt andere – Leute, die nicht wollen, dass Sie zu viel erfahren.“

Dan spürte, wie sich die Luft veränderte. Jemand war hinter ihm. Er drehte sich blitzschnell um, doch zu spät – ein harter Schlag traf ihn am Hinterkopf, und die Welt versank im Schwarz.

Als er wieder zu sich kam, lag er auf dem kalten Betonboden. Seine Hände waren gefesselt, die Pistolen weg. Über ihm beugte sich ein Gesicht – die blonde Frau aus dem Hotel.

„Sie sollten nicht so neugierig sein, Mr. Murdoch“, sagte sie leise. „Neugier ist tödlich.“

Dan blinzelte. Sein Kopf dröhnte. „Wer sind Sie?“

Die Frau lächelte traurig. „Mein Name ist Evelyn Harlan. Ich bin die Tochter des Senators. Und ich will, dass Sie verschwinden, bevor Sie noch mehr Unheil anrichten.“

Dan lachte, obwohl es wehtat. „Unheil? Ich bin nicht der, der Leute erschießt.“

Evelyns Augen funkelten. „Sie wissen nicht, was hier auf dem Spiel steht. Mein Vater war in Dinge verwickelt, die Sie sich nicht vorstellen können. Wenn Sie weitergraben, werden Sie sterben – wie er.“

Dan richtete sich auf. „Sie schützen jemanden. Wer ist es?“

Evelyn sah ihn an, als wolle sie etwas sagen, doch dann schüttelte sie den Kopf. „Sie verstehen nicht. Sie werden es nie verstehen.“

In diesem Moment krachte es draußen. Schritte, Stimmen, ein Schuss. Evelyn zuckte zusammen, dann rannte sie zur Tür und verschwand.

Dan rollte sich auf die Seite, suchte nach etwas, mit dem er seine Fesseln lösen konnte. Da hörte er eine vertraute Stimme:

„Dan? Bist du hier, du alter Schönling?“

Es war Johnny Kerrigan, groß, breit, mit einem Gesicht wie aus Granit und einem Grinsen, das selten etwas Gutes verhieß. Neben ihm tauchte Stephen Klaw auf – klein, drahtig, mit scharfen, wachen Augen.

„Na, du siehst ja aus wie das Opfer beim Preisschießen“, sagte Klaw und schnitt die Fesseln durch.

Dan rappelte sich auf. „Ihr seid schnell.“

„Wir haben den Anruf von Harris bekommen. Und wir haben gesehen, wie eine Blondine hier reinging, gefolgt von zwei Männern mit Knarren. Da dachten wir, wir schauen mal vorbei“, sagte Kerrigan.

Dan rieb sich die Handgelenke. „Evelyn Harlan. Sie weiß mehr, als sie zugibt. Und irgendein Mr. Black hat mir erzählt, dass der Senator in etwas Großes verwickelt war.“

Klaw zog die Augenbrauen hoch. „Mr. Black? Klingt wie ein billiger Roman.“

„Er hat es ernst gemeint“, erwiderte Dan. „Und ich glaube, wir sind nicht die Einzigen, die nach Antworten suchen.“

Kerrigan grinste. „Dann sollten wir uns beeilen, bevor die Konkurrenz uns aus dem Rennen schießt.“

Sie verließen die Fabrik durch einen Hinterausgang. Draußen war es still. Kein Zeichen von Evelyn, kein Zeichen von Mr. Black.

Dan blickte zu seinen Partnern. „Jungs, ich glaube, wir haben es hier nicht mit gewöhnlichen Gangstern zu tun. Senator Harlan war in einen politischen Skandal verwickelt, der bis nach Washington reicht. Und irgendjemand ist bereit, für sein Schweigen zu töten.“

Klaw nickte. „Dann sollten wir uns mal im Hotel umsehen. Vielleicht hat die Dame etwas hinterlassen.“

Sie machten sich auf den Weg zurück zum Grand Majestic. Im Foyer war alles ruhig, doch als sie Dans Zimmer betraten, fanden sie es durchwühlt vor. Die Schubladen waren herausgerissen, die Matratze aufgeschlitzt.

Kerrigan pfiff leise. „Jemand sucht nach etwas.“

Dan durchsuchte die Reste. In einer Ecke fand er einen Zettel, den jemand offenbar übersehen hatte. Darauf stand:

„Treffen um 2 Uhr früh, Zimmer 307, Hotel Bellevue. Kommen Sie allein. – E.H.“

Dan sah seine Partner an. „Evelyn Harlan will reden. Oder es ist eine Falle.“

Klaw grinste. „Fallen sind unser Spezialgebiet.“

Kerrigan knirschte mit den Zähnen. „Ich hoffe, sie hat wenigstens guten Whiskey.“

Dan steckte den Zettel ein. „Wir gehen hin. Aber diesmal nehmen wir die Initiative. Klaw, du sicherst den Hintereingang. Kerrigan, du bleibst im Flur. Ich gehe rein.“

Klaw salutierte spöttisch. „Jawohl, Chef.“

Sie machten sich auf den Weg zum Hotel Bellevue, einem alten, ehrwürdigen Gebäude am Rande der Altstadt. Es war kurz vor zwei, als Dan die Treppe zu Zimmer 307 hinaufstieg. Er klopfte dreimal, dann zweimal, dann wieder dreimal – das alte Zeichen, das sie in gefährlichen Situationen benutzten.

Die Tür öffnete sich einen Spalt. Evelyn Harlan stand da, blass, die Augen gerötet.

„Kommen Sie herein. Schnell.“

Dan trat ein. Evelyn schloss die Tür und drehte den Schlüssel um.

„Sie dürfen nicht hier sein“, flüsterte sie. „Sie sind in Gefahr.“

Dan setzte sich auf einen Stuhl. „Ich bin immer in Gefahr. Erzählen Sie mir, was Sie wissen.“

Evelyn zitterte. „Mein Vater war Teil eines Komplotts. Es ging um Regierungsverträge, Bestechung, Erpressung. Er wollte aussteigen, aber sie haben ihn nicht gelassen. Dann hat er angefangen, Beweise zu sammeln – Dokumente, Briefe, Fotos. Er wollte alles an die Presse geben.“

Dan nickte. „Und jemand hat ihn zum Schweigen gebracht.“

Evelyns Stimme brach. „Ich habe die Beweise. Sie sind in einem Schließfach am Bahnhof. Aber ich werde verfolgt. Mr. Black – er arbeitet für sie. Sie werden mich töten, wenn sie erfahren, dass ich Ihnen das gesagt habe.“

Dan stand auf. „Wir holen die Beweise. Dann bringen wir Sie in Sicherheit.“

Plötzlich krachte die Tür auf. Zwei Männer stürmten herein, Pistolen im Anschlag. Dan warf sich zur Seite, zog seine Waffe und feuerte. Einer der Männer ging zu Boden, der andere schoss wild um sich. Evelyn schrie, duckte sich hinter das Bett.

Kerrigan stürmte herein, die Waffe im Anschlag, gefolgt von Klaw. Ein kurzes, heftiges Feuergefecht, dann war alles vorbei. Die beiden Angreifer lagen reglos am Boden.

Dan kniete sich zu Evelyn. „Alles in Ordnung?“

Sie nickte, Tränen liefen ihr über das Gesicht.

Kerrigan schloss die Tür. „Wir sollten verschwinden, bevor noch mehr von denen auftauchen.“

Klaw grinste. „Ich liebe dieses Spiel. Immer wenn man denkt, es ist vorbei, geht’s erst richtig los.“

Dan half Evelyn auf. „Wir gehen jetzt zum Bahnhof. Holt die Beweise. Dann bringen wir das alles ans Licht.“

Sie verließen das Hotel durch den Hinterausgang, tauchten in die Schatten der Nacht. Das Spiel hatte begonnen – und für Dan Murdoch und seine Partner war es das, was sie am besten konnten: Mit dem Tod tanzen, bis einer von beiden aufgab.

II.DAS SPIEL DER MASKEN

Die Nacht war noch jung, als Dan Murdoch, Evelyn Harlan, Johnny Kerrigan und Stephen Klaw in einem gestohlenen Ford Coupé durch die leeren Straßen von Richmond rasten. Regen hatte eingesetzt, ein feiner, kühler Schleier, der die Laternenlichter auf dem nassen Asphalt in flirrende Streifen verwandelte. Das Auto war von einem der Angreifer im Bellevue gewesen – ein Glücksfall, denn niemand würde nach einem gestohlenen Fluchtwagen suchen, der dem Feind gehörte.

Evelyn saß auf dem Rücksitz, zusammengerollt wie ein verängstigtes Tier, die Hände fest um eine kleine schwarze Handtasche gekrallt. Dan warf ihr im Rückspiegel einen Blick zu. Ihr Gesicht war bleich, aber ihre Augen hatten einen entschlossenen Glanz. Sie war nicht das schwache, hysterische Mädchen, das sie auf den ersten Blick zu sein schien. In ihrer Angst lag eine Art von Mut, der Dan beeindruckte.

Kerrigan fuhr, die Kiefer angespannt, die Hände wie Schraubstöcke am Lenkrad. Klaw, auf dem Beifahrersitz, hatte eine Pistole auf dem Schoß und musterte jede dunkle Einfahrt, jeden geparkten Wagen mit misstrauischem Blick.

„Wie weit noch, Dan?“ fragte er leise.

„Noch zwei Blocks bis zum Hauptbahnhof,“ antwortete Dan. „Evelyn, sind Sie sicher, dass die Beweise dort sicher sind?“

Sie nickte. „Schließfach 47. Ich habe den Schlüssel hier.“ Sie zog ihn aus der Handtasche, ein unscheinbarer, abgenutzter Messingschlüssel, an einem Band um ihren Hals.

Kerrigan bog in die breite, leere Bahnhofstraße ein. Das Gebäude lag wie ein schlafender Riese im Nebel, die Uhr am Turm zeigte zehn nach drei. Kein Mensch war zu sehen, nur ein Nachtwächter, der unter dem Vordach seine Runden drehte.

„Wir gehen zu zweit rein,“ sagte Dan. „Klaw, du kommst mit mir. Johnny, du bleibst mit Evelyn im Wagen. Wenn wir nicht in zehn Minuten zurück sind, verschwindet ihr.“

Kerrigan nickte, ohne Widerrede. Klaw schob sich die Pistole in die Jackentasche und folgte Dan und Evelyn zum Haupteingang.

Drinnen war der Bahnhof in fahles Licht getaucht. Die Halle war leer, nur das Echo ihrer Schritte hallte von den hohen Gewölben wider. Evelyn führte sie zu einer Reihe von Schließfächern am Ende des Ganges. Ihre Hände zitterten, als sie den Schlüssel ins Schloss steckte.

Dan spürte, wie sich seine Nackenhaare aufstellten. Irgendetwas stimmte nicht. Es war zu ruhig, zu einfach. Er warf einen Blick über die Schulter – nichts als Schatten.

Das Schloss klickte. Evelyn zog die Tür auf. Im Inneren lag eine große, braune Dokumentenmappe, mit einem roten Band verschnürt. Sie griff danach – im selben Moment schob sich eine Gestalt aus dem Schatten hinter den Schließfächern. Ein Mann, mittelgroß, mit schmalem Gesicht und kalten, grauen Augen. In der Hand hielt er eine Pistole, auf Dan gerichtet.

„Stehen bleiben, Murdoch,“ sagte er leise. „Und Sie, Miss Harlan, lassen die Mappe fallen.“

Dan hob langsam die Hände. Klaw tat es ihm nach, aber seine Augen blitzten vor Zorn.

„Sie haben uns erwartet,“ sagte Dan ruhig.

Der Mann lächelte dünn. „Wir wissen mehr, als Sie glauben. Die Mappe, bitte.“

Evelyn zögerte, dann ließ sie die Mappe auf den Boden gleiten. Der Mann trat vor, hob sie auf und steckte sie unter den Arm.

„Sie sind Mr. Black?“ fragte Dan.

Der Mann nickte. „So nennt man mich. Und jetzt werden Sie beide ganz ruhig mitkommen. Keine Tricks, Murdoch. Ich weiß, wie schnell Sie sind.“

Dan musterte ihn. Er war kein gewöhnlicher Gangster, das sah man an der Art, wie er die Waffe hielt, an der Kälte in seinen Augen. Ein Profi – einer, der für Geld alles tat.

„Wohin?“ fragte Dan.

„Zum Ausgang. Mein Wagen steht bereit. Sie beide steigen ein. Miss Harlan bleibt hier.“

Evelyns Augen weiteten sich. „Nein!“

Mr. Black lächelte. „Keine Sorge, Miss. Ihnen wird nichts geschehen – solange Sie sich ruhig verhalten.“

Dan und Klaw tauschten einen Blick. Klaw zuckte kaum merklich mit den Schultern – ein Zeichen, dass er bereit war, zu handeln, wenn sich eine Gelegenheit bot.

Sie gingen langsam zum Ausgang. Draußen stand ein schwarzer Packard, der Motor lief. Ein zweiter Mann saß am Steuer, das Gesicht im Schatten verborgen.

Mr. Black öffnete die hintere Tür. „Einsteigen.“

Dan stieg ein, Klaw folgte. Mr. Black setzte sich neben sie, die Pistole auf Dans Rippen gerichtet. Die Mappe lag auf seinem Schoß.

„Fahren Sie,“ sagte er zum Fahrer.

Der Packard setzte sich in Bewegung, bog in eine Seitenstraße ein und verschwand im Regen.

Im Ford Coupé wartete Kerrigan ungeduldig. Die Minuten zogen sich. Evelyn saß neben ihm, die Hände im Schoß gefaltet, das Gesicht angespannt.

„Sie hätten nicht allein gehen sollen,“ sagte sie leise.

Kerrigan warf ihr einen Seitenblick zu. „Dan weiß, was er tut. Aber ich mag es nicht, wenn er zu lange wegbleibt.“

Er griff zum Handschuhfach, holte eine zweite Pistole heraus und reichte sie Evelyn.

„Können Sie damit umgehen?“

Sie nickte, überraschend ruhig. „Mein Vater hat es mir beigebracht.“

Kerrigan lächelte schief. „Guter Mann, Ihr Vater.“

Plötzlich hörten sie quietschende Reifen. Ein schwarzer Packard bog aus der Seitenstraße und raste davon. Kerrigan erkannte Dan und Klaw auf dem Rücksitz, einen fremden Mann neben ihnen, eine Pistole auf sie gerichtet.

„Verdammt!“ knurrte Kerrigan. „Sie haben sie.“

Er startete den Motor, schaltete die Lichter aus und folgte dem Packard im Abstand von zwei Blocks. Evelyn saß stocksteif neben ihm, die Pistole im Schoß.

„Was machen wir jetzt?“ flüsterte sie.

Kerrigan grinste. „Wir spielen unser eigenes Spiel.“

Im Packard herrschte angespannte Stille. Mr. Black hatte die Mappe geöffnet und blätterte durch die Dokumente. Dan beobachtete ihn aus den Augenwinkeln. Der Fahrer bog in ein Industriegebiet am Rand der Stadt, hielt vor einem niedrigen Lagerhaus.

„Aussteigen,“ befahl Mr. Black.

Sie wurden durch eine Nebentür ins Innere geführt. Das Lagerhaus war spärlich beleuchtet, Kisten stapelten sich bis zur Decke. Am hinteren Ende stand ein Schreibtisch, dahinter ein Mann in einem hellen Anzug, das Gesicht im Schatten.

Mr. Black salutierte knapp. „Wir haben die Mappe, Sir. Und Murdoch.“

Der Mann trat ins Licht. Er war älter, mit scharf geschnittenen Zügen, silbergrauem Haar und kalten, blauen Augen. Dan erkannte ihn sofort: Senator Charles D. Morton, einer der mächtigsten Männer in Washington – und ein alter Rivale von Harlan.

„Willkommen, Mr. Murdoch,“ sagte Morton ruhig. „Sie sind hartnäckiger, als ich erwartet habe.“

Dan setzte sich auf einen Stuhl, Klaw blieb stehen, die Fäuste geballt.

„Sie haben Harlan getötet,“ sagte Dan.

Morton lächelte dünn. „Ich? Nein, Mr. Murdoch. Harlan hat sich selbst getötet – durch seine Dummheit. Er wollte aussteigen, wie Ihre kleine Freundin Ihnen sicher erzählt hat. Aber niemand steigt aus. Nicht, wenn er zu viel weiß.“

Er nahm die Mappe, blätterte durch die Dokumente. „Das hier hätte mich viel Geld gekostet, wenn es an die Öffentlichkeit gelangt wäre. Aber jetzt…“ Er warf die Mappe ins Feuer, das in einem alten Ofen brannte. Die Papiere fingen sofort Flammen.

Dan sprang auf, doch Mr. Black drückte ihn mit der Pistole zurück auf den Stuhl.

„Sie sind erledigt, Murdoch. Niemand wird Sie vermissen. Und Ihre Freunde auch nicht.“

In diesem Moment krachte es draußen. Schüsse, Schreie. Mr. Black riss die Pistole hoch, Morton fuhr herum.

Die Tür flog auf. Johnny Kerrigan stürmte herein, Evelyn hinter ihm, die Pistole in der Hand. Kerrigan feuerte zweimal, traf den Fahrer am Arm und Mr. Black in die Schulter. Klaw warf sich auf Morton, riss ihn zu Boden.

Dan hechtete zur Tür, griff nach Mr. Blacks Pistole und schlug ihn nieder. Kerrigan sprang über den Schreibtisch, packte Morton am Kragen.

„Das war’s, Senator,“ knurrte er. „Das Spiel ist aus.“

Morton keuchte, das Gesicht verzerrt vor Wut. „Ihr wisst nicht, mit wem ihr euch anlegt! Ich bin mächtiger, als ihr euch vorstellen könnt!“

Dan lächelte kalt. „Nicht mehr. Die Polizei ist unterwegs. Und wir haben genug, um Sie für den Rest Ihres Lebens hinter Gitter zu bringen.“

Evelyn trat zu Dan, Tränen in den Augen. „Danke. Sie haben mein Leben gerettet.“

Dan legte ihr die Hand auf die Schulter. „Sie haben selbst Mut bewiesen.“

Klaw grinste. „Nicht schlecht für eine Nachtarbeit, was, Johnny?“

Kerrigan lachte. „Ich hab schon ruhigere Nächte erlebt. Aber selten spannendere.“

Sirenen heulten in der Ferne. Dan sah seine Partner an, dann Evelyn.

„Es ist vorbei. Zumindest für heute Nacht.“

Draußen begann es wieder zu regnen. Doch diesmal war es ein Regen, der die Spuren des Blutes und der Lügen fortwusch – zumindest für einen Moment.

III.DAS SPIEL UM DIE WAHRHEIT

Der Regen hatte aufgehört, als die ersten Sonnenstrahlen über Richmond krochen. Die Stadt erwachte langsam, doch in der kleinen Polizeistation an der Broad Street herrschte bereits reges Treiben. Senator Morton, bleich und schweigend, saß in einer Zelle, während Mr. Black mit verbundenem Arm von zwei Polizisten bewacht wurde. Die verbrannten Überreste der Dokumentenmappe lagen als traurige Beweisstücke auf dem Schreibtisch des diensthabenden Inspektors.

Dan Murdoch lehnte an der Wand des Vernehmungsraums, die Arme verschränkt, das Gesicht nachdenklich. Kerrigan saß auf dem Tisch und balancierte einen Bleistift zwischen den Fingern. Klaw stand am Fenster, beobachtete die Straße und sog die Morgenluft ein. Evelyn Harlan saß in einem Stuhl, die Hände im Schoß, und blickte abwesend auf den Boden.

„Sie werden ihn nicht halten können, Dan“, sagte Kerrigan leise. „Morton ist zu mächtig. Seine Anwälte werden in einer Stunde hier sein, und dann ist er draußen. Die Beweise sind Asche.“

Dan nickte. „Ich weiß. Aber wir haben noch nicht verloren. Wir wissen jetzt, dass Morton hinter allem steckt – und dass er nicht allein handelt.“

Klaw drehte sich um. „Du meinst, es gibt noch mehr?“

Dan trat ans Fenster. „Harlan hat nicht nur gegen Morton gearbeitet. Es gibt einen ganzen Kreis von Männern, die sich an den Staatsaufträgen bereichert haben. Morton war nur der Kopf der Hydra.“

Evelyn hob den Blick. „Mein Vater hat mir einmal von einer Liste erzählt. Namen, Konten, alles. Aber er hat sie nie gefunden. Er sagte, sie sei irgendwo sicher versteckt.“

Kerrigan grinste schief. „Klassisch. Die berühmte Liste. Immer gibt es eine Liste.“

„Vielleicht ist sie diesmal echt“, sagte Dan. „Und vielleicht ist sie unser einziger Trumpf.“

Ein Polizist klopfte an die Tür. „Mr. Murdoch? Telefon für Sie. Washington.“

Dan nickte und ging hinaus. Im Flur nahm er den Hörer ab.

„Murdoch.“

„Hier ist Director Hoover“, kam die kühle, autoritäre Stimme. „Ich habe den Bericht gelesen. Gute Arbeit, aber der Fall ist noch nicht abgeschlossen. Senator Morton hat mächtige Freunde. Wir brauchen Beweise, keine Vermutungen. Finden Sie diese Liste. Sie haben Carte blanche, Murdoch. Und passen Sie auf sich auf. In diesem Spiel gibt es keine zweite Chance.“

Dan legte auf und kehrte in den Vernehmungsraum zurück.

„Washington will die Liste“, sagte er knapp. „Und sie geben uns freie Hand.“

Klaw pfiff leise. „Das klingt nach Ärger.“

Evelyn stand auf. „Ich weiß vielleicht, wo mein Vater sie versteckt haben könnte. Er hatte ein kleines Haus am Rande der Stadt, eine Jagdhütte. Dort hat er sich oft zurückgezogen, wenn er nachdenken musste.“

Dan nickte. „Dann fahren wir hin. Aber wir müssen vorsichtig sein. Morton hat noch Leute auf freiem Fuß – und sie wissen jetzt, dass Sie mit uns zusammenarbeiten, Evelyn.“

Kerrigan grinste. „Ich liebe es, wenn ein Tag so anfängt.“

Die Fahrt zur Jagdhütte führte sie aus der Stadt hinaus, durch Wälder, in denen der Nebel noch zwischen den Bäumen hing. Das Haus lag einsam am Ufer eines kleinen Sees, versteckt hinter dichtem Gebüsch. Es war ein einfaches Gebäude, aus groben Balken gezimmert, mit einer Veranda und einem Schornstein, aus dem kein Rauch mehr stieg.

Dan parkte den Wagen im Schatten. „Wir gehen zu Fuß weiter. Klaw, du sicherst den Rückweg. Johnny, du bleibst bei Evelyn. Ich sehe mich um.“

Sie näherten sich dem Haus vorsichtig. Nichts rührte sich. Dan schlich zur Veranda, prüfte die Tür – sie war verschlossen, aber nicht verriegelt. Er trat ein.

Drinnen roch es nach altem Holz und kalter Asche. Ein Jagdgewehr hing über dem Kamin, auf dem Tisch lag ein Stapel Zeitungen. Dan durchsuchte das Zimmer systematisch: Schubladen, Bücherregal, der alte Sekretär. Nichts.

Er ging hinaus auf die Veranda. „Evelyn, hat Ihr Vater jemals erwähnt, wo er Dinge versteckt?“

Sie trat zu ihm. „Er hatte einen alten Wandsafe, hinter dem Bild von Präsident Lincoln im Arbeitszimmer.“

Dan nickte und ging zurück ins Haus. Das Bild hing schief an der Wand. Dahinter fand er tatsächlich einen kleinen Safe, altmodisch, aber robust. Er rief Evelyn herein.

„Kombination?“

Sie überlegte. „Mein Geburtstag. 14. Mai 1920.“

Dan drehte die Scheibe, hörte das Klicken der Mechanik, und der Safe sprang auf. Drinnen lag ein Umschlag, dick und schwer, mit dem Namen „Für den Fall meines Todes“ darauf.

Dan öffnete ihn. Darin: eine Liste von Namen, Bankverbindungen, handschriftliche Notizen, Quittungen. Alles, was man brauchte, um einen Skandal von nationalem Ausmaß auszulösen.

Er pfiff leise. „Das ist es. Das ist die Bombe.“

Klaw kam herein, die Pistole in der Hand. „Wir haben Gesellschaft. Zwei Wagen auf dem Weg, mindestens sechs Männer.“

Dan steckte die Liste ein. „Zeit zu verschwinden.“

Sie rannten zum Wagen, doch schon knirschten Reifen auf dem Kies. Zwei schwarze Limousinen blockierten die Einfahrt. Männer mit Hüten und langen Mänteln sprangen heraus, Waffen im Anschlag.

Dan, Kerrigan und Klaw warfen sich hinter den Wagen, Evelyn duckte sich ins Gras. Die ersten Schüsse peitschten durch die Luft, splitterten Holz und Glas.

„Wir sind eingekesselt“, knurrte Kerrigan. „Was nun, Chef?“

Dan lugte über die Motorhaube. „Wir halten sie auf, bis wir einen Ausweg haben. Klaw, nimm die rechte Flanke. Johnny, die linke. Ich halte die Mitte.“

Die drei Männer feuerten gezielt, ruhig, wie sie es hunderte Male getan hatten. Zwei der Angreifer gingen zu Boden, die anderen suchten Deckung.

Evelyn kroch zu Dan. „Da hinten, am See, ist ein Boot. Mein Vater hat es immer benutzt, um zu fischen.“

Dan nickte. „Gut. Johnny, Klaw – Rückzug zum Boot. Ich decke euch.“

Sie rannten gebückt durch das hohe Gras, Schüsse zischten an ihnen vorbei. Klaw erreichte als Erster das Boot, half Evelyn hinein. Kerrigan sprang hinterher, Dan zuletzt, immer noch feuernd.

Sie stießen das Boot ab, ruderten hinaus auf den See. Die Angreifer schossen ihnen nach, aber die Kugeln schlugen nur ins Wasser. Nach ein paar Minuten waren sie außer Reichweite.

Am anderen Ufer versteckten sie das Boot im Schilf und liefen zu Fuß durch den Wald zurück zur Straße. Dort hielt ein alter Farmer mit seinem Pickup an, als er die Gruppe sah.

„Brauchen Sie Hilfe?“ fragte er misstrauisch.

Dan lächelte. „Unser Wagen ist liegengeblieben. Können Sie uns in die Stadt bringen?“

Der Farmer nickte, und sie kletterten auf die Ladefläche. Während der Fahrt überprüfte Dan die Liste. Namen, die er kannte – und Namen, die ihn überraschten. Senatoren, Richter, Geschäftsleute. Es war ein Abgrund aus Korruption.

„Das reicht, um Washington in Brand zu setzen“, murmelte Klaw.

„Wir müssen vorsichtig sein“, sagte Dan. „Wenn wir damit an die Öffentlichkeit gehen, werden sie alles tun, um uns aufzuhalten.“

Evelyn sah ihn an. „Was werden Sie tun?“

Dan blickte in die aufgehende Sonne. „Wir bringen die Liste zu Hoover. Und dann gehen wir an die Presse. Dieses Mal gibt es kein Zurück.“

Im FBI-Büro in Richmond herrschte gespannte Erwartung, als Dan, Kerrigan, Klaw und Evelyn eintrafen. Agent Harris, ein junger, ehrgeiziger Mann, nahm sie in Empfang.

„Director Hoover erwartet Sie im Fernschreiberraum.“

Dan übergab ihm die Liste. „Das ist alles. Die Namen, die Beweise. Morton kann nicht mehr entkommen.“

Harris blätterte durch die Papiere, seine Augen wurden groß. „Mein Gott… das ist…“

Dan nickte. „Ja. Und es wird noch schlimmer, wenn Sie die Bankverbindungen prüfen.“

Kerrigan grinste. „Ich schätze, Washington wird heute eine Menge Kaffee brauchen.“

Klaw lehnte sich an die Wand. „Was ist mit Morton?“

Harris wurde blass. „Er… ist verschwunden. Seine Anwälte kamen, und plötzlich war er weg. Niemand weiß, wie.“

Dan knirschte mit den Zähnen. „Dann wird er versuchen, die Liste zurückzubekommen. Wir müssen schneller sein.“

Die nächsten Stunden waren ein Wirbel aus Verhören, Telefonaten, hektischen Berichten. Die Liste wurde nach Washington geschickt, Kopien an die wichtigsten Zeitungen des Landes. Die Namen sickerten durch, und schon am Nachmittag überschlugen sich die Schlagzeilen:

„Korruptionsskandal erschüttert Washington – Senatoren und Richter unter Verdacht!“

Dan, Kerrigan und Klaw saßen in einem Büro und hörten den Radiosendern zu, die die Namen verlasen. Evelyn saß still daneben, Tränen in den Augen.

„Mein Vater… er hat alles riskiert, um das ans Licht zu bringen. Und jetzt…“

Dan legte ihr die Hand auf die Schulter. „Er hat das Richtige getan. Ohne ihn hätten sie weitergemacht.“

Kerrigan stand auf, streckte sich. „Was jetzt, Chef?“

Dan lächelte müde. „Jetzt warten wir. Morton wird nicht aufgeben. Er wird versuchen, uns zu finden. Aber diesmal sind wir vorbereitet.“

Klaw zog seine Pistole, überprüfte das Magazin. „Ich hoffe, er bringt ein paar Freunde mit. Es wird langweilig hier.“

Dan lachte leise. „Du hast recht, Shrimp. Aber diesmal spielen wir nach unseren Regeln.“

Die Nacht brach herein, und mit ihr kam die Unruhe zurück. Das FBI-Büro war schwer bewacht, doch Dan wusste, dass Morton noch einen letzten Trumpf ausspielen würde. Er konnte nicht zulassen, dass die Liste ihn zu Fall brachte.

Kurz nach Mitternacht klingelte das Telefon. Harris nahm ab, hörte zu, wurde bleich.

„Das war Morton. Er hat Evelyns Mutter entführt. Er will die Liste zurück – oder er bringt sie um.“

Evelyn schrie auf, sprang auf. „Nein!“

Dan packte sie an den Schultern. „Wo ist Ihre Mutter?“

„Sie… sie lebt in einem Haus am Stadtrand, westlich der Stadt. Mein Vater hat sie dort versteckt, als die Drohungen begannen.“

Dan wandte sich an Kerrigan und Klaw. „Wir gehen. Harris, alarmieren die Polizei, aber halten Sie sie zurück, bis wir drin sind. Morton will uns – nicht die Polizei.“

Kerrigan grinste. „Endlich ein bisschen Action.“

Klaw lächelte dünn. „Bis dass der Tod uns scheidet, Chef.“

Dan nickte. „Bis dass der Tod uns scheidet.“

Das Haus lag einsam am Waldrand, nur von einer einzelnen Laterne beleuchtet. Dan, Kerrigan und Klaw schlichen sich durch den Garten, die Waffen bereit. Im Wohnzimmer brannte Licht. Durch das Fenster sahen sie Morton, der eine Pistole auf eine ältere Frau richtete – Evelyns Mutter. Zwei Männer standen Wache.

Dan gab ein Zeichen. Kerrigan schlich sich zur Hintertür, Klaw zum Seitenfenster. Dan trat durch die Vordertür, die Waffe im Anschlag.

„Es ist vorbei, Morton. Lassen Sie die Frau gehen.“

Morton drehte sich um, das Gesicht verzerrt vor Hass. „Murdoch! Sie haben alles zerstört!“

„Nein, Morton. Sie haben sich selbst zerstört.“

Kerrigan stürmte durch die Hintertür, Klaw durch das Fenster. Ein kurzes, heftiges Feuergefecht. Die beiden Wächter gingen zu Boden, Morton versuchte zu fliehen, doch Dan war schneller. Ein Schuss, und Morton brach zusammen.

Stille. Evelyn stürmte herein, fiel ihrer Mutter in die Arme. Dan, Kerrigan und Klaw standen nebeneinander, die Pistolen noch in den Händen.

Draußen dämmerte der Morgen. Die Stadt erwachte zu einem neuen Tag – und mit ihr begann ein neues Kapitel für Dan Murdoch und seine Freunde.

IV.DIE SCHATTEN DER SIEGER

Der Morgen nach der Befreiung von Evelyns Mutter begann mit einer seltsamen Stille. Richmond war wie betäubt von den Enthüllungen der Nacht, und die Zeitungen, die am frühen Morgen ausgeliefert wurden, trugen Schlagzeilen, die das Land erschütterten. Namen, die gestern noch für Integrität und Macht standen, waren heute Synonyme für Verrat und Gier. Senatoren, Richter, hohe Beamte – alle standen sie auf der Liste, die Dan Murdoch, Johnny Kerrigan und Stephen Klaw aus den Schatten der Korruption ans Licht gezerrt hatten.

Im FBI-Büro herrschte Ausnahmezustand. Telefone klingelten ununterbrochen, Telegramme aus Washington trafen im Minutentakt ein, und Reporter belagerten die Türen. Doch in einem der hinteren Büros, fernab vom Trubel, saßen Dan, Kerrigan, Klaw und Evelyn Harlan zusammen mit ihrer Mutter, Mrs. Margaret Harlan. Die beiden Frauen hielten sich an den Händen, als könnten sie sich so gegenseitig vor der Vergangenheit schützen.

Dan stand am Fenster, den Blick auf die graue Stadt gerichtet. Er hatte in den letzten Stunden kaum geschlafen. Die Ereignisse der Nacht, das Feuergefecht, Mortons Tod – all das lag wie ein schwerer Schatten auf seiner Seele. Er wusste, dass der Fall damit nicht zu Ende war. Zu viele Fragen waren noch offen, zu viele Feinde noch auf freiem Fuß.

Kerrigan, der wie immer auf einem Stuhl balancierte, kaute an einem Streichholz und beobachtete Dan. „Du bist heute Morgen schweigsam, Dan. Denkst du an Morton?“

Dan nickte langsam. „Er war ein Bastard, aber kein Dummkopf. Ich frage mich, ob er wirklich der Kopf der Schlange war – oder nur ein weiterer Körper.“

Klaw, der am Schreibtisch saß und die Liste der Namen studierte, hob den Blick. „Die Spur führt weiter, Chef. Morton war mächtig, aber diese Konten hier… sie zeigen Verbindungen nach New York, Chicago, sogar nach Europa.“

Evelyn sah auf. „Mein Vater hat immer gesagt, dass es ein Netzwerk gibt. Morton war nur das Gesicht, das die Öffentlichkeit sehen durfte. Die wahren Drahtzieher bleiben im Dunkeln.“

Mrs. Harlan legte eine Hand auf Evelyns Arm. „George hat mir nie alles erzählt, aber ich wusste, dass er Angst hatte. Er sagte immer, dass die Gefahr nicht von den Männern kommt, die man kennt, sondern von denen, die man nie zu Gesicht bekommt.“

Dan wandte sich um. „Wir müssen tiefer graben. Die Liste ist nur der Anfang. Wir brauchen Beweise, die nicht verbrannt werden können – Aussagen, Kontobewegungen, Zeugen.“

Kerrigan grinste. „Das klingt nach einer langen Woche, Chef.“

Klaw blätterte weiter. „Hier ist ein Name, der mir auffällt: Victor Lemaire. Französischer Industrieller, angeblich ein Wohltäter, aber sein Name taucht auf drei der größten Überweisungen auf. Und dann ist da noch ein gewisser Salvatore Greco – Chicago, angeblich Bauunternehmer. Beide haben direkte Verbindungen zu Morton.“

Dan nickte. „Wir konzentrieren uns auf Lemaire. Wenn er wirklich der internationale Verbindungsmann ist, kann er uns zu den Hintermännern führen. Johnny, du kümmerst dich um Greco. Steve, du und ich nehmen Lemaire ins Visier.“

Evelyn sah Dan an. „Sie werden euch jagen. Diese Männer haben Geld, Macht, Einfluss. Sie werden nicht zögern, euch zu töten.“

Dan lächelte schwach. „Das ist unser Job, Miss Harlan. Wir sind die Suicide Squad – wir tanzen mit dem Tod, bis einer von uns aufgibt.“

Kerrigan stand auf, streckte sich und klopfte Dan auf die Schulter. „Dann lass uns tanzen, Chef. Aber vorher brauche ich einen Kaffee. Und du solltest auch was essen, sonst fällst du beim ersten Kugelhagel um.“

Wenige Stunden später saßen Dan und Steve Klaw in einem Zug nach New York. Die Stadt war das Tor zur Welt, und Victor Lemaire hatte dort sein Hauptquartier. Während die Landschaft am Fenster vorbeizog, studierten sie die Unterlagen, die sie aus dem FBI-Büro mitgenommen hatten.

„Lemaire ist ein Geist“, murmelte Klaw. „Er taucht auf Wohltätigkeitsbällen auf, spendet Millionen für den Wiederaufbau Europas, aber niemand weiß, womit er sein Geld verdient.“

Dan nickte. „Er ist der perfekte Mittelsmann. Morton hat ihn benutzt, um Geld zu waschen und internationale Kontakte zu knüpfen. Wenn wir ihn finden, finden wir vielleicht auch die anderen.“

Klaw grinste. „Ich hoffe, er ist nicht so langweilig wie sein Ruf. Ich habe Lust auf ein bisschen Action.“

Dan lachte leise. „Du bist unverbesserlich, Shrimp.“

Als der Zug in New York einfuhr, war es früher Abend. Die Stadt vibrierte vor Leben, und doch lag ein Hauch von Gefahr in der Luft. Sie nahmen ein Taxi zum Hotel Astoria, wo Lemaire laut ihren Informationen ein ganzes Stockwerk gemietet hatte.

Im Foyer herrschte reges Treiben. Männer in teuren Anzügen, Frauen in Pelzen, Diener, die Koffer trugen. Dan und Klaw mischten sich unter die Gäste, beobachteten die Aufzüge. Nach wenigen Minuten erschien Lemaire – ein großer, schlanker Mann mit silbernem Haar, teurem Anzug, begleitet von zwei Leibwächtern.

„Da ist er“, flüsterte Klaw. „Was jetzt?“

Dan überlegte. „Wir brauchen einen Vorwand, um an ihn heranzukommen. Du gehst hoch und siehst dich auf dem Stockwerk um. Ich versuche, ihn in der Bar abzufangen.“

Klaw nickte und verschwand in der Menge. Dan schlenderte zur Hotelbar, bestellte einen Scotch und setzte sich an den Tresen. Nach wenigen Minuten betrat Lemaire die Bar, ließ sich an einem Ecktisch nieder. Die Leibwächter postierten sich diskret in der Nähe.

Dan nahm seinen Drink und setzte sich an den Nebentisch. Er bestellte eine weitere Runde, ließ sich Zeit, beobachtete Lemaire aus den Augenwinkeln. Schließlich stand Lemaire auf, ging an Dan vorbei – und Dan ließ wie zufällig seine Brieftasche fallen.

„Oh, entschuldigen Sie“, sagte Lemaire höflich und hob die Brieftasche auf.

Dan lächelte. „Danke, Monsieur Lemaire.“

Lemaire blinzelte. „Kennen wir uns?“

Dan reichte ihm die Hand. „Dan Murdoch. FBI.“

Lemaire erstarrte, setzte sich dann langsam. „Das ist ungewöhnlich, Mr. Murdoch. Was kann ich für das FBI tun?“

„Es geht um Senator Morton. Sie standen mit ihm in Verbindung.“

Lemaire lächelte dünn. „Geschäftlich, ja. Ich habe ihm bei Hilfsprojekten geholfen. Aber wenn Sie annehmen, ich hätte mit seinen… dunklen Geschäften zu tun, irren Sie sich.“

Dan lehnte sich vor. „Sie haben Millionen bewegt, Lemaire. Geld, das aus Bestechung, Erpressung und Mord stammt. Sie können uns helfen, das Netzwerk zu zerschlagen – oder Sie gehen mit unter.“

Lemaire schwieg einen Moment, dann seufzte er. „Sie sind mutig, Mr. Murdoch. Aber Sie spielen mit dem Feuer. Diese Männer sind gefährlich. Sie haben Freunde in höchsten Kreisen.“

„Ich habe auch Freunde“, erwiderte Dan ruhig. „Und ich habe nichts zu verlieren.“

Lemaire musterte ihn. „Was wollen Sie?“

„Namen. Konten. Verbindungen. Und Schutz für Sie, wenn Sie auspacken.“

Lemaire lachte leise. „Schutz? Niemand kann mich schützen, Mr. Murdoch. Aber vielleicht kann ich Ihnen einen Hinweis geben. Es gibt heute Abend ein Treffen im Club Orpheus. Die Männer, die Sie suchen, werden dort sein. Aber seien Sie vorsichtig. Wenn Sie auftauchen, sind Sie ein toter Mann.“

Dan stand auf, reichte Lemaire die Hand. „Danke. Ich werde vorsichtig sein. Und Sie sollten es auch sein.“

Im Club Orpheus herrschte eine Atmosphäre aus Rauch, Jazzmusik und gedämpfter Konspiration. Dan und Klaw betraten den Club durch den Hintereingang, den Lemaire ihnen beschrieben hatte. Sie trugen dunkle Anzüge, Pistolen unter den Jacken.

Im hinteren Salon saßen etwa ein Dutzend Männer an einem langen Tisch. Dan erkannte Greco, den Bauunternehmer aus Chicago, zwei New Yorker Politiker, einen deutschen Industriellen und – zu seiner Überraschung – einen ehemaligen FBI-Agenten, der vor Monaten spurlos verschwunden war.

Klaw flüsterte: „Das ist die halbe Unterwelt von Amerika und Europa.“

Dan nickte. „Wir müssen sie auf frischer Tat erwischen.“

Sie schlichen sich näher, hörten Gesprächsfetzen: „…die Liste ist in Murdochs Händen…“, „…Morton ist tot, aber der Plan geht weiter…“, „…Lemaire hat uns verraten…“

Plötzlich wurde es still. Greco stand auf, blickte in die Dunkelheit. „Wir haben Gäste.“

Dan trat ins Licht. „Guten Abend, meine Herren. Das FBI bedankt sich für die Einladung.“

Ein Raunen ging durch die Runde. Waffen blitzten auf. Klaw sprang vor, feuerte zweimal, traf einen der Leibwächter. Dan zog seine Pistole, schoss auf Greco, der mit einer Maschinenpistole auf sie zielte.

Chaos brach aus. Schüsse, Schreie, zerbrechende Gläser. Dan und Klaw kämpften sich durch die Menge, deckten sich gegenseitig. Zwei Männer gingen zu Boden, andere flohen durch die Hintertür.

Als der Rauch sich legte, lag Greco tot auf dem Boden, drei weitere Männer waren verwundet. Die Polizei, von Dan im Voraus alarmiert, stürmte den Club und nahm die Überlebenden fest.

Dan atmete schwer, Blut an der Schläfe. Klaw grinste schief. „Nicht schlecht für einen Abend, Chef.“

Dan nickte. „Aber es ist noch nicht vorbei. Diese Männer sind nur die Spitze des Eisbergs.“

Zurück im FBI-Büro in New York saßen Dan und Klaw erschöpft an einem Tisch. Die Verhöre dauerten die ganze Nacht. Lemaire, der sich nach dem Clubbesuch gestellt hatte, packte aus. Er lieferte Namen, Konten, Pläne – alles, was Dan brauchte, um das Netzwerk zu zerschlagen.

Als die Sonne über Manhattan aufging, lächelte Dan müde. Kerrigan rief aus Chicago an – auch dort war Grecos Organisation zerschlagen worden.

Evelyn Harlan schickte ein Telegramm: „Sie haben es geschafft. Mein Vater wäre stolz. Danke.“

Dan legte den Hörer auf, sah Klaw an. „Es ist vorbei, Shrimp. Zumindest dieses Mal.“

Klaw grinste. „Bis dass der Tod uns scheidet, Chef.“

Dan lachte leise. „Bis dass der Tod uns scheidet.“

Und draußen begann ein neuer Tag – für das Land, für die Gerechtigkeit und für die Männer, die den Mut hatten, in den Schatten zu kämpfen.

V.DAS LETZTE SPIEL

Die Morgensonne warf lange Schatten über die Straßen von New York, als Dan Murdoch, Stephen Klaw und Johnny Kerrigan im FBI-Hauptquartier am Foley Square zusammensaßen. Die vergangenen Tage hatten ihre Spuren hinterlassen: Die Gesichter der drei Männer waren von Müdigkeit gezeichnet, ihre Anzüge zerknittert, die Augen gerötet. Doch in ihren Blicken lag eine Mischung aus Zufriedenheit und Spannung – das Gefühl, dass sie kurz davor standen, den letzten Stein in das Mosaik des Falls zu setzen.

Die Verhöre der vergangenen Nacht hatten das Netzwerk der Korruption endgültig ans Licht gezerrt. Lemaire hatte ausgepackt – und wie. Namen, Konten, Treffpunkte, sogar geheime Chiffren, mit denen die Verschwörer kommunizierten. Die Polizei hatte in Chicago, Washington, Boston und sogar in Paris Razzien durchgeführt. Die Zeitungen überschlugen sich mit Schlagzeilen, die das Land erschütterten. Es war das größte Beben, das die amerikanische Politik seit Jahrzehnten erlebt hatte.

Doch Dan wusste, dass noch ein letzter, entscheidender Schritt fehlte. Die Drahtzieher, die im Schatten geblieben waren, hatten sich noch nicht gezeigt. Und solange sie frei waren, war der Fall nicht abgeschlossen.

Es war kurz vor Mittag, als Agent Harris mit schnellen Schritten das Büro betrat. Er hielt ein Telegramm in der Hand, das er Dan wortlos reichte. Dan überflog die Zeilen, seine Augen verengten sich.

„Was steht drin?“ fragte Kerrigan und rieb sich die Stirn.

„Eine Einladung“, sagte Dan leise. „Von einem Mr. X. Er will sich mit mir treffen – heute Nachmittag, im alten Lagerhaus an der Pier 17. Er behauptet, er sei der letzte, der noch fehlt. Und er will einen Handel.“

Klaw pfiff leise. „Das klingt nach einer Falle.“

Dan nickte. „Natürlich ist es eine Falle. Aber es ist auch unsere einzige Chance, den Fall wirklich abzuschließen.“

Kerrigan grinste schief. „Du gehst nicht allein, Chef. Nicht diesmal.“

Dan lächelte. „Keine Sorge. Wir gehen zu dritt. Aber wir müssen vorsichtig sein. Wenn Mr. X wirklich der Kopf der Schlange ist, wird er nicht zögern, uns alle zu töten.“

Die Sonne stand tief, als die drei Männer in einem unscheinbaren Ford an der Pier 17 vorfuhren. Das alte Lagerhaus war ein düsterer Klotz aus Backstein, von der Zeit gezeichnet, die Fenster mit Brettern vernagelt. In der Ferne hörte man das Tuten der Schiffe, Möwen kreischten über dem Wasser.

Dan, Kerrigan und Klaw stiegen aus, prüften ihre Waffen. Sie gingen langsam auf das Lagerhaus zu, die Sinne geschärft, die Muskeln gespannt. Die Tür war angelehnt. Dan stieß sie vorsichtig auf.

Drinnen war es kühl und dunkel. Staub tanzte im Licht, das durch einen Spalt in der Decke fiel. Kisten stapelten sich zu beiden Seiten, und in der Mitte des Raumes stand ein einzelner Stuhl. Darauf saß ein Mann – elegant gekleidet, das Gesicht im Schatten. Neben ihm standen zwei bewaffnete Männer, die Gewehre locker in den Händen.

Dan trat vor. „Sie wollten mich sprechen?“

Der Mann hob den Kopf. Ein schmales, blasses Gesicht, kalte graue Augen, ein dünnes Lächeln.

„Willkommen, Mr. Murdoch. Sie sind pünktlich. Das gefällt mir.“

Kerrigan und Klaw stellten sich links und rechts von Dan auf, die Hände in den Jackentaschen, bereit zu ziehen.

„Wer sind Sie?“ fragte Dan.

Der Mann lächelte. „Nennen Sie mich Mr. X. Namen sind in meinem Geschäft unwichtig. Aber Sie wissen, was ich tue. Ich bin der, der die Fäden zieht. Der, der Männer wie Morton, Lemaire und Greco benutzt hat wie Schachfiguren.“

Dan nickte langsam. „Und jetzt wollen Sie einen Handel.“

Mr. X breitete die Hände aus. „Sie haben alles, was ich aufgebaut habe, zerstört. Mein Netzwerk ist am Ende. Aber ich habe noch etwas, das Sie interessieren könnte.“

„Was?“ fragte Klaw scharf.

Mr. X blickte ihn an. „Die Namen der Politiker, die noch nicht auf Ihrer Liste stehen. Die Männer, die sich bisher im Schatten gehalten haben. Ich gebe Ihnen alles – im Tausch gegen meine Freiheit.“

Kerrigan lachte hart. „Sie wollen uns erpressen? Nach allem, was Sie getan haben?“

Mr. X zuckte die Schultern. „Sie können mich töten oder verhaften. Aber dann werden Sie nie erfahren, wer die anderen sind. Und glauben Sie mir, sie werden weitermachen. Sie werden neue Netzwerke knüpfen, neue Männer kaufen. Sie können mich nicht alle erwischen.“

Dan trat einen Schritt näher. „Sie irren sich. Wir werden sie alle erwischen – mit oder ohne Ihre Hilfe.“

Mr. X lächelte dünn. „Sie sind ein Idealist, Mr. Murdoch. Das gefällt mir. Aber Sie sind auch ein Realist. Sie wissen, dass Sie ohne meine Informationen nur die halbe Arbeit getan haben.“

Dan schwieg einen Moment. Dann sagte er leise: „Sie werden reden. Aber nicht für Ihre Freiheit. Sie werden reden, weil Sie wissen, dass Sie am Ende sind. Und weil Sie vielleicht noch einen Funken Anstand besitzen.“

Mr. X lachte leise. „Anstand? In diesem Spiel?“

Dan trat noch einen Schritt näher. „Sie haben eine Wahl. Sie können als Mann gehen, der alles zerstört hat – oder als Mann, der geholfen hat, das Land zu retten. Entscheiden Sie sich.“

Mr. X blickte Dan lange an. Dann seufzte er. „Sie sind wirklich gut, Mr. Murdoch. In Ordnung. Ich rede. Aber ich will Schutz. Und ich will, dass mein Name nie in den Zeitungen steht.“

Dan nickte. „Das kann ich Ihnen nicht versprechen. Aber ich kann Ihnen Schutz bieten. Und vielleicht… Gnade.“

Mr. X winkte seine beiden Männer zurück. „Setzen wir uns.“

Sie setzten sich an einen alten Tisch, der in der Ecke stand. Mr. X begann zu reden – und was er sagte, ließ selbst Dan und seine Partner erbleichen. Namen, Verbindungen, Pläne, die bis in die höchsten Kreise reichten. Männer, die im Kongress saßen, in den Vorstandsetagen der größten Banken, in den Redaktionen der wichtigsten Zeitungen. Es war ein Netz, das das ganze Land umspannte.

Als Mr. X geendet hatte, herrschte einen Moment lang Stille. Dann stand Dan auf, reichte ihm die Hand.

„Sie haben das Richtige getan.“

Mr. X lächelte traurig. „Vielleicht. Aber es wird nie enden, Mr. Murdoch. Es wird immer Männer geben wie mich.“

Dan nickte. „Vielleicht. Aber solange es Männer gibt, die dagegen kämpfen, wird es auch Hoffnung geben.“

Die Verhaftung von Mr. X und seinen Männern war der letzte Akt in einem Drama, das das Land in Atem gehalten hatte. Die Namen, die er genannt hatte, führten zu weiteren Festnahmen, zu Rücktritten, zu Prozessen, die das politische System der USA erschütterten. Die Zeitungen sprachen vom „großen Reinemachen“, vom „Sturz der Schattenmänner“.

Für Dan, Kerrigan und Klaw war es das Ende einer langen, gefährlichen Jagd. Sie saßen an einem Abend in einer kleinen Bar in der Nähe des Central Parks, die Gläser vor sich, die Gesichter entspannt.

Kerrigan prostete den anderen zu. „Auf den Tod der Schlange.“

Klaw grinste. „Und auf die nächste, die nachwächst.“

Dan lächelte. „Wir haben gewonnen. Für heute.“

Evelyn Harlan trat an ihren Tisch, ein Lächeln auf den Lippen. „Ich wollte mich verabschieden. Meine Mutter und ich fahren nach Kalifornien. Ein Neuanfang.“

Dan stand auf, nahm ihre Hand. „Sie haben Mut bewiesen, Evelyn. Ihr Vater wäre stolz.“

Sie errötete leicht. „Ohne Sie hätte ich das nie geschafft.“

Kerrigan zwinkerte. „Passen Sie auf sich auf, Miss Harlan. Und wenn wieder jemand Ärger macht – Sie wissen, wo Sie uns finden.“

Sie lachte. „Ich hoffe, ich brauche Sie nie wieder.“

Sie verabschiedete sich, und die drei Männer blieben zurück, blickten in ihre Gläser.

„Was jetzt, Chef?“ fragte Klaw.

Dan lehnte sich zurück, sah hinaus auf die Lichter der Stadt. „Jetzt? Jetzt ruhen wir uns aus. Bis der nächste Fall kommt.“

Kerrigan lachte. „Du meinst, bis der nächste Wahnsinnige versucht, das Land zu verkaufen?“

Dan grinste. „Oder bis uns der Tod wieder einlädt.“

Klaw hob sein Glas. „Bis dass der Tod uns scheidet.“

Sie stießen an, und für einen Moment war alles ruhig. Die Stadt schlief, und die Schatten waren für einen Tag vertrieben.

Doch Dan wusste, dass sie nie ganz verschwinden würden. Aber solange es Männer wie ihn, Kerrigan und Klaw gab, würde es immer jemanden geben, der das Licht zurückbrachte.

Die Suicide Squad hatte wieder einmal gewonnen – und war bereit für das nächste Spiel.

ENDE

Trevellian und das Kopfgeld auf einen Kollegen: Action Krimi

Krimi von Pete Hackett

Einfluss in Politik und Wirtschaft zu haben, bedeutet außer der Möglichkeit Reichtum zu erwerben auch unbegrenzte Macht. Mit Mord und Erpressung will sich das Syndikat diese Möglichkeiten sichern. Einziger Störfaktor ist dabei die Polizei und so tauchen plötzlich Ermittlungsbeamte auf, die Anschuldigen gegen die führenden Männer des FBI überprüfen wollen. Die beiden FBI-Agenten Trevellian und Tucker müssen ihr ganzes Können aufbieten, um die falschen Anklagen zu entkräften und nicht selbst in Verruf zu geraten.

Prolog

»Blacky ist nicht zum Dienst erschienen, Sir«, sagte Clive Caravaggio. »Hat er vielleicht angerufen und sich entschuldigt?«

Der Assistant Direktor warf einen Blick auf seine Armbanduhr. Es war kurz vor neun Uhr. Dann schüttelte er den Kopf. »Nein, Clive, hat er nicht.« Mr. McKee zuckte mit den Schultern. »Nun, vielleicht hat er verschlafen. So etwas soll vorkommen. Oder er wurde auf dem Weg zur Arbeit aufgehalten – aus welchem Grund auch immer.«

»Ich habe bei ihm angerufen, Sir. Auf seinem Festnetzanschluss meldet er sich nicht. Sein Handy ist ausgeschaltet. Irgendwie kommt mir das komisch vor.« Clive atmete durch. »Blacky hat in all den Jahren nicht ein einziges Mal verschlafen. Außerdem müsste ihn das Telefon geweckt haben.«

»Jetzt machen Sie sich mal keine Sorgen, Clive«, sagte der AD. »Das alles hat sicher eine ganz profane Erklärung. Wahrscheinlich marschiert Blacky gleich zur Tür herein und erklärt uns, dass er nach all den Jahren zum ersten Mal verschlafen hat. Eine andere Frage, Blacky: Ist für den Besuch des Gouverneurs in New York alles vorbereitet? Ich meine, werden die beschlossenen Sicherheitsmaßnahmen umgesetzt.«

»Natürlich, Sir. Es wird so sein, wie wir es besprochen haben. An strategisch wichtigen Stellen werden Agents oder Leute aus dem Police Departement postiert sein. Jesse und Milo werden im Auto hinter dem Gouverneur fahren. Im Wagen vor dem Gouverneur befinden sich Sicherheitskräfte. Der Flughafen wird abgesichert. Bei seiner Ankunft vor der City Hall wird der Gouverneur von mir und Blacky übernommen. Wir geleiten ihn zusammen mit seinen Leibwächtern in das Rathaus, wo der offizielle Empfang stattfinden wird. Es ist alles geregelt, Sir.«

»Beten wir, dass nichts schief geht«, murmelte der AD.

Clive Caravaggio verabschiedete sich von Mr. McKee, kehrte in sein Büro zurück und wählte noch einmal Blackfeathers Telefonnummer. Das Freizeichen ertönte. Der automatische Anrufbeantworter war nicht eingeschaltet. Nach dem fünften Klingelton legte Clive auf. Er nagte an seiner Unterlippe. Versonnen starrte er auf die Tischplatte. Schließlich nahm er sein Handy und drückte den Wahlwiederholungsknopf, dann hob er das Telefon vor sein Gesicht.

Nichts!

Blackfeather meldete sich nicht. Es war neun Uhr fünfzehn. Clive schnappte sich noch einmal den Hörer seines Diensttelefons und tippte eine Kurzwahl. Eine Stimme meldete sich: »Trevellian.«

»Blacky ist nicht zum Dienst erschienen und hat auch nicht angerufen«, erklärte Clive. »Ans Telefon geht er nicht. Er ist auch nicht per Handy erreichbar. Könnt ihr mal zu seiner Wohnung fahren und nachsehen?«

*

Ich legte den Daumen auf den Klingelknopf. Das Ding-dong der Glocke war durch die geschlossene Wohnungstür zu vernehmen. Ich legte mein Ohr an die Tür. In der Wohnung blieb es jedoch ruhig. Ich nahm mein Handy und holte Blackys Nummer aus dem elektronischen Telefonbuch auf das Display, dann stellte ich eine Verbindung her. Blacky hatte sein Handy ausgeschaltet. Milo und ich wechselten einen viel sagenden Blick. Milo sagte:

»Ich könnte aufsperren.«

»Ich weiß nicht, ob wir befugt sind, einfach in seine Wohnung einzudringen«, gab ich zu bedenken.

»Irgendetwas stimmt nicht«, bemerkte Milo knurrig.

»Ich rufe den Chef an.« Gleich darauf hatte ich Mr. McKee an der Strippe. »Wir stehen vor Blackys Wohnungstür, Sir. In der Wohnung rührt sich nichts. Telefonisch ist Blacky nicht erreichbar. Nun wissen wir nicht, ob wir in die Wohnung eindringen sollen.«

»Gehen Sie hinein, Jesse. Agent Blackfeather wird es verstehen.«

»Danke, Sir.«

Ich beendete das Gespräch und nickte Milo zu. Mein Partner holte das Etui mit den Spezialdietrichen aus der Innentasche seiner Jacke. Er brauchte nicht mal zwanzig Sekunden, um die Tür zu öffnen. Wir betraten die Wohnung.

Von Blacky keine Spur. Die Wohnung war aufgeräumt. Wir schauten in sämtliche Räume; Schlafzimmer, Küche, Badezimmer. Blacky schien die Erde verschluckt zu haben.

Ich rief erneut den AD an. »Blacky befindet sich nicht in seiner Wohnung.«

»Was denken Sie?«

»Ich habe keine Ahnung, Sir. Jedenfalls mutet es mich sehr seltsam an. Normalerweise müsste er sein Handy eingeschaltet haben. Tut mir leid, Sir, aber ich habe keine Erklärung.«

»Na schön. Verlassen Sie sie Wohnung wieder und kommen Sie ins Field Office zurück. Wir müssen abwarten.«

*

Blacky tauchte auch am nächsten und übernächsten Tag nicht auf. An diesem Tag war der Besuch des Gouverneurs in New York angesagt. Er sollte um die Mitte des Vormittags auf dem La Guardia Airport landen.

Wir machten uns Sorgen wegen des spurlosen Verschwindens von Blacky. War er entführt worden? Oder hatte er einen Blackout und sich einfach abgesetzt. So etwas sollte es geben. Nein! Blacky war einer der ruhenden Pole im Field Office New York. Ich glaubte nicht daran, dass er sich abgesetzt hatte.

Milo und ich kamen um neun Uhr auf dem Airport an. Ein Rudel Reporter von Funk, Fernsehen und Presse wartete bereits. Ich sah einen Übertragungswagen von New York One. Menschen, die die Ankunft des Gouverneurs live erleben wollten, hatten sich eingefunden. Sie befanden sich hinter einer Absperrung.

Der Wagen, der den Gouverneur abholen sollte, stand bereit. Es handelte sich um ein Mercedes-Cabriolet. Der Gouverneur wollte mit offenem Verdeck fahren. Es standen die Neuwahlen bevor und er wollte sich den Menschen New Yorks zeigen. Wir waren wenig begeistert von dieser Idee. Aber der Wunsch des Gouverneurs war uns Befehl.

Der Wagen stand inmitten eines ganzen Aufgebots an Fahrzeugen, in denen Sicherheitskräfte saßen, die für eine reibungslose Beförderung des Gouverneurs zur City Hall verantwortlich waren. Wir reihten uns hinter dem Wagen ein, in dem der Gouverneur chauffiert werden sollte. Alles war minutiös geplant. Wir standen per Funk mit Clive in Verbindung, der zusammen mit Leslie Morell und Jay Kronburg den Gouverneur nach der Ankunft an der City Hall übernehmen sollte. Nachdem Blacky nicht mehr aufgetaucht war, waren Leslie und Jay ins Spiel gekommen.

Der Gouverneur landete pünktlich. Wir wussten, dass ihn der Stellvertreter des Bürgermeisters empfing und zusammen mit einer Reihe von Sicherheitskräften zum Konvoi begleiten würde. Es war ein warmer Tag im Mai. Die Sonne schien und der Himmel war kaum bewölkt. Blackys Verschwinden war an diesem Tag in den Hintergrund gerückt. Wir waren voll und ganz auf die Ankunft des Gouverneurs fixiert. Schließlich kam er. Seine Frau begleitete ihn. Milo sagte in sein Funkgerät: »Er ist da, Clive. Wir werden in den nächsten Minuten losfahren. Ich halte dich auf dem Laufenden.«

Ein Bodyguard öffnete die Tür des Mercedes, in dem der Gouverneur befördert werden sollte. Ringsum standen Menschen; sie schrien und winkten. Der Gouverneur lachte und winkte zurück.

Jack Wallace war ein sympathischer Mann. Bei der letzten Wahl konnte er die überwiegende Mehrheit der Stimmen auf sich vereinen. Jetzt war ihm Konkurrenz erwachsen. Emmy Bancroft von den Republikanern war bei der Bevölkerung beliebt und sie stellte eine ernsthafte Gefahr für Wallace bei der nächsten Wahl dar. Es gab noch einen weiteren Kandidaten: Ed Swanton von den Demokraten, aus den eigenen Reihen des Gouverneurs also. Swantons Chancen jedoch, Gouverneur zu werden, waren gleich null.

Ein Mädchen durchbrach die Absperrung und rannte mit einem Strauß roter Rosen auf den Gouverneur zu. Ein uniformierter Polizist folgte dem Kind, aber der Gouverneur winkte ab, nahm das Kind auf den Arm und winkte in die Runde. Beifall kam auf. Dann übergab er das Kind dem Cop, nahm den Strauß Rosen, und winkte erneut.

Der Gouverneur setzte sich auf den Rücksitz des Mercedes. Seine Frau nahm neben ihm Platz, der Bodyguard schloss die Tür und platzierte sich auf den Beifahrersitz. Der Vertreter des Bürgermeisters und der Stab, der ihn begleitete, verteilten sich auf die anderen Fahrzeuge, die für sie bereit standen.

Dann ging es los. Der Konvoi rollte an. Ich folgte dem Mercedes mit dem Gouverneur. Er hatte sich erhoben und winkte wieder den Menschen zu.

»Mir wäre es lieber, er hätte einen gepanzerten Wagen gewählt«, knurrte Milo. »Sicher hat er nicht nur Freunde.«

»Mal nur nicht den Teufel an die Wand«, erwiderte ich.

Die Fahrt ging zum Grand Central Parkway. Wenig später bogen wir auf den Brooklyn Queens Expressway East ein und gelangten auf den Highway 278. Durch den Queens Midtown Tunnel sollten wir nach Manhattan gelangen. Sobald wir den Tunnel verlassen haben würden, sollte sich der Konvoi nach Süden bewegen.

Solche Einsätze waren nicht nach meinem Geschmack. Viel zu viele Unbekannte konnten eine Rolle spielen. Vor allen Dingen, wenn man sich wie der Gouverneur ziemlich schutzlos präsentierte.

Er wollte ein Politiker zum Anfassen sein. Darauf legte Jack Wallace großen Wert.

Menschen säumten die Straßenränder und brachen in Jubel aus, wenn der Wagen mit dem Politiker an ihnen vorbeirollte. Sie winkten mit kleinen Fähnchen und Sprechchöre ertönten: »Wallace, Wallace, Wallace for Gouverneur!«

Der Konvoi bewegte sich im Schritttempo. Der Weg, den er zu nehmen hatte, war genau festgelegt. Es ging durch Wohngebiete. Aus den Fenstern der Wohnhäuser lehnten sich Menschen. Die Straßen waren für den öffentlichen Verkehr gesperrt.

»Wir sind jetzt auf dem Brooklyn Queens Expressway«, hörte ich Milo sagen. »Die Fahrt geht in Richtung Long Island Expressway.«

Ich verspürte Anspannung. In mir war Beklemmung. Warum das so war, vermochte ich selbst nicht zu sagen. Es entzog sich meinem Verstand. Nichts deutete darauf hin, dass dem Gouverneur Gefahr drohte. Es waren im Vorfeld weder Drohbriefe eingegangen noch irgendwelche Drohanrufe zu verzeichnen gewesen, die ursächlich für dieses unheilvolle Gefühl hätten sein können. Aber es war da und ließ sich nicht verdrängen.

Wir kamen nur langsam voran. Immer wieder brachen die Menschen zu beiden Seiten der Straße in Jubelrufe aus. Schließlich fuhren wir durch den New Calvary Cemetery. Auch hier säumten Menschen die Straße. Der Gouverneur hatte sich wieder einmal erhoben und präsentierte sich in seiner vollen Größe. Ich sah seinen Rücken und sah, wie er beide Arme erhob.

Und plötzlich bäumte er sich auf. Seine Arme sanken nach unten. Er fiel auf den Sitz zurück. Sofort kam der Mercedes zum Stehen. Ich bremste den Sportwagen und sprang ins Freie. Auf der anderen Seite des Wagens wuchs Milos Gestalt über das Dach hinaus. Ich rannte zu dem Mercedes. Die Gattin des Gouverneurs war über ihren Mann gebeugt. Der Bodyguard, der auf dem Beifahrersitz saß, hatte den Wagen verlassen und schaute sich um. Ich sah, dass er seine Pistole gezogen hatte …

*

Der Gouverneur starb im Krankenhaus. Trotz aller ärztlichen Bemühungen war es nicht gelungen, sein Leben zu retten. Das FBI wurde mit den Ermittlungen beauftragt. Milo und ich, Clive, Jay Kronburg, Leslie Morell und einige weitere Agents hatten sich im Besprechungsraum eingefunden. Mr. McKee ergriff das Wort. »Wir sind gefordert, Ladies and Gentlemen. In Washington erwartet man von uns eine lückenlose Aufklärung des Mordes. Wir stehen im Blickpunkt der Öffentlichkeit …«

Milo und ich fuhren im Anschluss an die Besprechung zur SRD. Auf dem Friedhof waren einige Spuren gesichert worden. Der Killer hatte aus dem Schutz eines großen Grabsteins geschossen. Er benötigte nur einen Schuss. Es musste sich um einen Profi handeln. Die Spuren, die gesichert worden waren, gaben jedoch nicht viel her. Die Bevölkerung war zur Mithilfe aufgerufen worden.

Der Mord hatte im ganzen Land Wellen geschlagen. Sogar der Präsident hatte sich eingeschaltet. Es gab Pressekonferenzen. Wir warteten darauf, dass sich irgendjemand zu dem Mord bekannte. Das Motiv für den Mord konnte unterschiedlicher Art sein. Wir tappten im Dunkeln. Presse, Funk und Fernsehen unterrichteten die Öffentlichkeit, dass das FBI mit den Ermittlungen betraut worden war.

Wie es Mr. McKee treffend ausgedrückt hatte: Wir waren gefordert!

Wir sprachen mit einem Beamten von der SRD. Der Mann sagte: »Wir wissen fast nichts. Die Kugel, die den Gouverneur tötete, ist vom Kaliber .308 Winchester. Die Patronenhülse wurde nicht gefunden. Am Grabstein wurden einige Fingerabdrücke festgestellt, ob der Abdruck des Mörders dabei ist, ist fraglich. Das gleiche gilt für die Fußspuren, die wir hinter dem Grab gefunden haben.«

Wir fuhren zum Friedhof. Der Beamte von der SRD begleitete uns. Er zeigte uns das Grabmal, aus dessen Schutz der Killer auf den Gouverneur geschossen hatte. Es handelte sich um einen großen Stein, auf dessen Krone ein Engel mit ausgebreiteten Armen stand. Der Beamte sagte: »Es gibt einige Augenzeugen. Nach dem Schuss sahen einige Menschen in der Nähe einen Mann davonlaufen. Er war schwarzhaarig und dunkelhäutig …«

»Ein Schwarzer?«, fragte Milo.

»Nein, eher ein Indianer. Vielleicht war er auch nur solariengebräunt.«

»Haben Sie die Namen und Adressen der Leute, die den Mann gesehen haben?«

»Natürlich.«

Einer der Augenzeugen hieß Brad Seymour. Er wohnte in Queens, Shiloh Avenue. Wir fuhren zu seiner Wohnung. Seine Frau sagte uns, dass er sich in der Arbeit befand. Es handelte sich um einen Baustoffhandel, in dem der Mann als Lagerist tätig war. Wir suchten ihn an seinem Arbeitsplatz auf.

»Wie sah der Mann aus, den Sie sahen?«, fragte ich, nachdem ich uns vorgestellt und unser Anliegen erklärt hatte.

Er beschrieb ihn uns.

Wir suchten weitere Augenzeugen auf. Sie beschrieben den Mann übereinstimmend. Danach handelte es sich um einen Mann mit indianischem Aussehen. Er hatte einen Koffer bei sich getragen, in dem sich wahrscheinlich das Gewehr befand, mit dem er den Gouverneur tötete. Er hatte die Zeit genutzt, als sich die Aufmerksamkeit aller auf den Gouverneur richtete. Ein Schuss war nicht zu hören gewesen. Der Mörder hatte einen Schalldämpfer benutzt.

Wir ließen ein Phantombild von dem Killer anfertigen.

Der Killer glich – Blacky.

»Das kann nicht sein«, murmelte Milo.

»Auch ich weigere mich, daran zu glauben«, sagte ich. »Aber die Aussagen sind übereinstimmend.«

Wir besorgten uns ein Bild von Blacky und fuhren damit zu den Zeugen. Und bald war klar, dass es Blackfeather gewesen war, den die Augenzeugen auf dem Friedhof gesehen hatten.

Im Field Office herrschte tiefe Betroffenheit. Aber es war so. Wir mussten die Fahndung nach Blacky veranlassen. Belohnungen wurden ausgesetzt. Zum Schluss waren es eins Komma fünf Millionen Dollar, die für die Ergreifung Blackfeathers geboten wurden.

Eins Komma fünf Millionen für Blacky.

Beim Gedanken daran drohte mein Verstand auszusetzen.