50 Jahre Systematische Heuristik - Peter Koch - E-Book

50 Jahre Systematische Heuristik E-Book

Peter Koch

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Beschreibung

Die Systematische Heuristik (SH) ist eine wichtige Methode zur Effektivierung und Rationalisierung gedanklicher Arbeitsprozesse in Forschung und Entwicklung. Sie ist eng verbunden mit dem Wirken des Chemnitzers Hochschullehrers Johannes Müller und hatte Einfluss auf mehrere Generationen von Ingenieuren in der DDR, vor allem im Bereich von Konstruktionstechnik und Maschinenbau. Ihre Blütezeit erlebte die SH Anfang der 1970er Jahre, wo sie zwei Jahre als "Abteilung Heuristik" die Chemnitzer Außenstelle der AMLO massiv staatlich gefördert wurde. Mit dem Erstarken von Honeckers Einfluss wurden diese Strukturen allerdings aufgelöst. Auch danach spielte die SH in der studentischen Ausbildung eine wichtige Rolle und hatte großen Einfluss auf Gedankengut zu systematischen Innovationsmethodiken, etwa in den DDR-Erfinderschulen der 1980er Jahre. Die Autoren nehmen 50 Jahre SH zum Anlass, diese inzwischen gut vergessenen Ansätze genauer darzustellen und in Erinnerung zu rufen. Das Manuskript ist im Kontakt mit vielen ehemaligen "Heuristikern" entstanden, die eigene Biographien im Kontext der durch die SH erhaltenen Impulse darstellen. Daraus leiten die Autoren eine Reihe von "Denkanstößen" ab, mit denen auf Defizite der heutigen technischen Ausbildung im Bereich heuristischer Methoden in Schule und Hochschule hingewiesen wird.

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Inhaltsverzeichnis

Zum Geleit

Vorwort

Komplex 1: Zielsetzung, Gegenstand, Grundlagen und Inhalt der Systematischen Heuristik (Koch)

Komplex 2: Die Institutionalisierung der Systematischen Heuristik, ihre Nachfolgeprozesse und gewonnene Erfahrungen (Stanke)

Komplex 3: Sammlung von Aussagen von Zeitzeugen zur Systematischen Heuristik

Komplex 4: Denkanstöße - 50 Jahre nach Gründung der Abteilung Heuristik

Stichwortverzeichnis

Literatur

Zum Geleit

50 Jahre zurückdenken ist gar nicht so einfach; manches ist aufgehoben worden, aber eben nicht methodisch-systematisch - und schon zeigt sich, intuitives Vorgehen beim Wegwerfen ist für eine spätere Aufbereitung eben nicht optimal.

Aber hier hat die große Breite an Mitmachern und Interessierten geholfen, trotzdem ein nützliches Zeitdokument zu erarbeiten, was einen geeigneten Rückblick und wichtige Ausblicke aus dieser Zeit fürs Heute ermöglicht.

Somit ist auch hier erkennbar, der „systematische Weg“ ist der „Gute“, aber in der Not hilft auch die Intuition. Das ist ein großes Zugeständnis von einem Vertreter der Systematischen Heuristik (SH), aber auch ein Eingeständnis, dass wir den gedanklichen Arbeitsprozess in Forschung und Entwicklung und anderen Bereichen mit den Mitteln und Methoden der Systematischen Heuristik nicht soweit umgestalten konnten, dass sie heute diese Arbeitsprozesse dominieren.

Da kann man als Entschuldigung begründet anführen, die Systematische Heuristik hat nur zwei Jahre eine hauptamtliche Einrichtung erlebt, dann wurde ihre Anwendung ziemlicht abrupt abgebrochen. Trotzdem ist erstaunliches in dieser kurzen Zeit geleistet und auch danach wichtiges partiell weiter geführt worden. Darüber wird auch berichtet.

Aber klar ist heute, insbesondere aus den weiterentwickelten Aktivitäten und aus den ersten Schlussfolgerungen noch während der aktiven Zeit der Abteilung Heuristik, es reicht nicht aus, mit heuristischen Programmen den optimalen Weg zu beschreiben. Zur Förderung der Kreativität ist mehr nötig, darunter auch ein qualifiziertes Anwenden der Methoden gemäß einem „definierten Bearbeiter“, den wir unterstellt haben, aber nur in Ansätzen gestalten konnten (z.B. durch die Moderatoren).

Den Schub, den die Systematisiche Heuristik (SH) in vielen Bereichen und mit Anwendungs-Aktivitäten ausgelöst hat, macht aber klar: ein methodisch-systematischer Weg ist der richtige, Kreativitätstechniken helfen, Kreativität kann und muss gefördert werden. Für die Effektivierung und Rationalisierung der gedanklichen Arbeit in dem entscheidenden Zukunftsfeld Forschung und Entwicklung hat die SH Pionierarbeit geleistet und heute ist ein neuer Schub nötig, soll Deutschland nicht deutlich Zurückbleiben. Auch dazu gibt das Vorliegende Denkanstöße. Aber das reicht leider nicht aus, ein größerer Kreis sollte weitere hinzufügen können. Dazu ist am Schluss dieses Geleits ein Aufruf angefügt.

Erstaunlich ist, auf welches Interesse das Erarbeiten des Manuskriptes gestoßen ist. Das zeigt, es war reif, ein solches Material vorzulegen. Hoffen wir, dass die Erwartungen erfüllt werden. Großen Dank allen Mitmachern!

Besonderer Dank gilt dem Lektor und Herausgeber, Prof. Dr. Hans-Gert Gräbe, für die kompetente, intensive Mitwirkung bei der Gestaltung des Beitrages. Dabei hat er sich mit großem fachlichen Verständnis und seiner Objektivität in die nicht einfache Thematik eingebracht und damit bedeutend zur Qualifizierung des Beitrages beigetragen. Weiterhin danken wir der Hans-Sauer-Stiftung, welche mit einer Spende die Drucklegung dieses Bandes der Rohrbacher Manuskripte unterstützte.

Aufruf zu Benennung weiterer Denkanstöße zur Effektivitätssteigerung durch Kreativitätstechniken

Nicht ohne Grund hat die Bundesregierung die „Agentur für Sprunginnovationen“ gegründet und mit einer Milliarde Euro ausgestattet. So generiert z.B. China ca. 30 Mal so viele Patente wie Deutschland pro Jahr und auch mehr pro Kopf bei weiter steil steigender Tendenz. Obwohl mit viel theoretischem Vorlauf viele unterschiedlichen Systeme von Kreativitätstechniken in Deutschland bekannt sind, stagniert deren Anwendung, ist sie nach wie vor kein Selbstläufer und oft - trotz potentieller Inselerfolge - kaum verbreitet. Sie fehlen selbst großflächig in den einschlägigen Ausbildungsgängen.

Die vorliegende Ausarbeitung befasst sich mit der in der DDR entwickelten Systematischen Heuristik (SH) und deren Weiterentwicklung in den vergangenen 50 Jahren und analysiert dabei Erfolge und Fehlschläge. Das Befassen mit dieser Entwicklung in den vergangenen 50 Jahren hat uns zu einigen Schlussfolgerungen und Anregungen geführt, die für das Heute und die Weiterentwicklung bedeutend sein können - wir haben sie Denkanstöße genannt.

Dabei sind nur die von den beiden Hauptautoren generierten erfasst und im Teil 4 dieses Hefts zusammengetragen worden. Wir stellen uns vor, andere haben weitere, evtl. gravierendere oder einfach neue Vorschläge, die beim Lesen entstehen oder schon potentiell vorliegen. Es wäre schade, diese nicht breiter wirksam zu erfassen und mit den schon vorliegenden nach Diskussion an die richtigen Adressen weiter zugeben. Warum nicht?

Dazu haben wir folgendes Vorgehen vor: Die erste Auflage dieser Broschüre wird einem potentiell interessierten Kreis von Experten zugesandt mit dem Aufruf, weitere Vorschläge einzubringen und auch Vorhandenes zu kritisieren. So kann gegebenenfalls zum obigen Thema ein Extrakapitel in einer zweiten Auflage der Broschüre hinzugefügt und damit weiter verbreitet werden. Das ganze Vorhaben erfolgt aus verständlichen Gründen mit Haftungsausschuss und ohne Zusage der Aufnahme des Vorschlages, aber der Zusicherung einer qualifizierten Bearbeitung.

Die Denkanstöße sind nicht nur an die Fachkollegen gerichtet, sondern sollen auch staatlichen Stellen, wissenschaftlichen Einrichtungen und z.B. der o.g. Sprungagentur bereifgestellt werden. Auch kann - wenn das Gesamtbild der Denkanstöße das erfordert - gegebenenfalls LIFIS mit gewissem zeitlichen Abstand ein Kolloquium oder einen Austausch in geeigneter anderer Form durchführen, um eine hinreichende Verallgemeinerung zu erreichen.

Bitte reichen Sie Ihre Denkanstöße an die Autoren ein.

Die Autoren, im Juni 2021

Die Drucklegung wurde durch eine Spende der Hans-Sauer-Stiftung unterstützt.

Vorwort

Die Systematische Heuristik (SH) ist eine wichtige Methode zur Effektivierung und Rationalisierung gedanklicher Arbeitsprozesse in Forschung und Entwicklung. Ihre Blütezeit erlebte sie Anfang der 1970er Jahre. Mit dem Übergang zu Erich Honeckers Einheit von Wirtschafts- und Sozialpolitik wurden entsprechende Strukturen - wie 1973 die Akademie der Marxistisch-Leninistischen Organisationswissenschaften (AMLO) - aufgelöst; der Bedarf an systematischen Organisationswissenschaften schien sich erledigt zu haben.

In jüngster Zeit wurde mehrfach aus Fachkreisen angeregt, dass ehemalige Mitbegründer und Anwender der Systematischen Heuristik als Zeitzeugen das fachliche Konzept der Systematischen Heuristik sowie die vor 50 Jahren gemachten Anwendungserfahrungen und aktuell interessante Schlussfolgerungen darstellen. Eine Kurzstudie zur SH erscheint auch deshalb sinnvoll, da die vor 50 Jahren erarbeiteten Unterlagen zur SH heute nur noch schwer und wenig vollständig verfügbar sind.

Die Autoren dieses Bandes der Rohrbacher Manuskripte und die ehemaligen Angehörigen der Abteilung Heuristik der AMLO waren nach der Einstellung der Arbeiten zur SH im Jahr 1972 primär in ihren angestammten Fachgebieten (z.B. Maschinenbau, Chemie, Elektronik, Ökonomie) in der Industrie und an Hochschulen tätig und haben zum Teil nebenbei weiterhin an der Weiterentwicklung und Anwendung der methodisch-systematischen Arbeitsweise für die Industrie sowie in der Aus- und Weiterbildung mitgewirkt. Durch diese Tätigkeiten und viele andere bisher entwickelte Konzepte haben sich die Erkenntnisse und Erfahrungen, die Begriffe, Darstellungen und Sichtweisen usw. tiefgreifend weiterwickelt, siehe dazu z.B. [61], [31], [22], [47].

In dieser Studie zur SH wurde angestrebt, weitestgehend im „Original“ zu berichten und damit die Erkenntnisse, Ergebnisse, Darstellungen, Begriffe und Zeichen möglichst korrekt und unverfälscht mit dem Stand der 1970er Jahre zu erfassen. Allerdings wurden kritische Anmerkungen aus heutiger Sicht eingefügt. Für die vorliegende Studie zur SH wurden folgende Schwerpunkte bearbeitet:

Der wissenschaftliche Ansatz der SH und die Bestandteile der Systematischen Heuristik.

Die Institutionalisierung der SH, ihre Nachfolgeprozesse und gewonnene Erfahrungen.

Aussagen von Zeitzeugen zur SH.

Denkanstöße für Gegenwart und Zukunft.

Die Systematische Heuristik wurde als Methodensystem für die Effektivierung und Rationalisierung gedanklicher Arbeitsprozesse zur Lösung naturwissenschaftlicher und technischer Aufgaben- und Problemstellungen Ende der 1960er Jahre von Prof. Dr. habil. Johannes Müller entwickelt. Das erfolgte in einer Zeit, in der die Förderung schöpferischer gedanklicher Tätigkeit in der DDR als bedeutend für die Zukunft betrachtet wurde. Die Entwicklung der SH ging aus von Erkenntnissen der Methodologie, Systemwissenschaft, der Theorie von J. Müller zu Verfahren des problemlösenden Denkens und von umfangreichen wissenschaftlichen Analysen zu Abläufen konkreter, repräsentativer Forschungs- und Entwicklungsprozesse.

1970 wurde durch ein von Johannes Müller geleitetes interdisziplinäres Team das Methodensystem der SH in der realen Praxis großer Forschungs- und Entwicklungs-Institutionen mehrerer Branchen erfolgreich angewendet und weiterentwickelt. Das Team arbeitete in der dafür gebildeten Abteilung Heuristik. Es bestand aus jungen, erfolgreichen Wissenschaftlern und Ingenieuren aus der Praxis. Mit der Anwendung der SH konnten durch die neue Denk- und Arbeitsweise für Problemlösungsprozesse ein bedeutender Leistungssprung mit hervorragenden fachlichen Ergebnissen nachgewiesen werden. Nach zweijähriger Tätigkeit wurden die Arbeiten zur SH aus wirtschaftspolitischen Gründen beendet. Die gebildete Arbeitsgruppe SH wurde wieder aufgelöst. Die Arbeitsgruppenmitglieder gingen meist wieder in ihre angestammten Fachgebiete zurück. Die notwendige Weiterentwicklung der SH konnte dadurch nicht erfolgen.

In der Anwendungsphase der SH wurde einerseits sehr deutlich, welche Effektivitäts- und Kreativitäts-Potentiale durch eine methodisch-systematische Denk- und Arbeitsweise bei interdisziplinärer Teamarbeit unter Mitwirkung von methodisch kompetenten Fachleuten und mit geeigneter Förderung des Umfeldes erreichbar sind. Andererseits wurde erkennbar, dass das Methodensystem der SH allein für eine effektive Anwendung, vor allem für den einzelnen Bearbeiter, zu komplex und noch nicht hinreichend praxisgerecht gestaltet ist, und dass algorithmische Darstellungen von Methoden allein trotz erläuternder Grundlagen und verwendeter Fallbeispiele eine nachhaltige Wirkung und die Verinnerlichung nicht hinreichend unterstützen.

Für Methodologen, die an einem modernen, allgemein anerkannten Methoden-Angebot mit einem Intensivtraining im Team für eine kreative, methodisch-systematischen Denk- und Arbeitsweise arbeiten, kann die SH und das Methodensystem im Zusammenhang mit den dargestellten Grundlagen in der SH-Literatur und den gewonnenen Anwendungserfahrungen ein anregender, nützlicher Fundus sein. In diesem Sinn ist die hier vorgelegte Studie zur SH als Anregung und Diskussionsbeitrag gedacht.

In der Folgezeit sind die Erkenntnisse und Erfahrungen der SH nur partiell in spätere Arbeiten und Ansätzen zur Effektivitätsund Kreativitätsförderung von Problembearbeitungs-Prozessen eingegangen. Auch heute ist die Anwendung in anderen bekannten Methoden trotz guter Grundlagen nur in Einzelfällen zu verzeichnen. Eine breite Anwendung von Kreativitätstechniken mit bedeutenden Effektivitäts- und Kreativitätseffekten ist in der F/E-Praxis sowie Aus- und Fortbildung dringend geboten, jedoch leider nicht in der notwendigen Intensität erkennbar.

Die Erfahrungen und Ergebnisse der SH der 1970er Jahre lassen extrapolierend den Schluss zu, dass in Gegenwart und Zukunft mit einer angemessen geförderten Anwendung des heute in der Literatur bestehenden, wesentlich weiterentwickelten Methodenschatzes und neuen Erkenntnissen und Wegen zur Verinnerlichung der Methoden eine strategisch bedeutende Verbesserung der Effektivität und Kreativität in der F/E ohne materielle Investitionen erreichbar wäre.

Im Komplex 1 dieses Bandes werden Gegenstand, Ziel, Zielgruppen, Theorie, Bestandteile und ausgewählte Anwendungserfahrungen der SH möglichst originalgetreu dargestellt.

Im Komplex 2 stehen die Institutionalisierung der SH, die Rahmenbedingungen und Arbeitsweise der SH in der Industrie und bei der Weiterbildung sowie die Ergebnisse und Erfahrungen der Anwendung in Wirtschaft, Industrie, Forschung, Aus- und Fortbildung mit Schlussfolgerungen im Mittelpunkt. Eingegangen wird in diesem Teil auch auf den Einfluss der SH auf die späteren Bemühungen zur Förderung wissenschaftlich-schöpferischer Denk- und Arbeitsweisen in der F/E.

Im Komplex 3 berichten Mitglieder des Heuristik-Teams von Johannes Müller und Zeitzeugen aus ihrer persönlichen Tätigkeit Anfang der 1970er Jahre, nehmen zur vorgelegten Darstellung Stellung und benennen ihre Schlussfolgerungen für heute.

Im Komplex 4 werden daraus Denkanstöße für die Gegenwart und Zukunft abzuleiten.

Komplex 1: Zielsetzung, Gegenstand, Grundlagen und Inhalt der Systematischen Heuristik

Prof. Dr.-Ing. habil. Peter Koch

Inhaltsverzeichnis

1. Gegenstand, Zielsetzung, Zielgruppen der SH

2. Das Verfahren und die Genese zur Entwicklung der Systematischen Heuristik von Johannes Müller

3. Theoretische Grundlagen der SH

3.1 Inhalt und Abgrenzung der SH3.2 Das Grundprinzip der SH3.3 Das Wesen der heuristischen Programme

4. Die Bestandteile des Methodensystems der SH

4.1 Das Oberprogramm der SH4.2 Die erweiterte heuristische Methode zum Präzisieren von Aufgabenstellungen4.3 Die heuristische Programmbibliothek4.4 Aufgabenklassen und Speicherspalten4.5 Die system wissenschaftliche Arbeitsweise (SWAW)

5. Zusammenfassung

1. Gegenstand, Zielsetzung, Zielgruppen der Systematischen Heuristik (SH)

Die SH wurde entwickelt als ein komplexes Methodensystem zur Förderung der Effektivierung und Rationalisierung schöpferischer gedanklicher Arbeitsprozesse für das Finden und Lösen innovativer, naturwissenschaftlich-technischer Aufgaben- und Problemstellungen.

Die SH ist im Rahmen der Methodologie als wissenschaftliche Disziplin in der Analogie zu materiellen technischen Prozessen als ein Bestandteil einer „Technologie der geistigen Arbeit“ einzuordnen.

Für das Methodensystem der SH wurden erfolgreiche Denk- und Arbeitsweisen, heuristische Methoden und Prinzipien, Regeln und informationelle Arbeitsmittel systematisch gesammelt, an repräsentativen Bearbeitungsprozessen beobachtet, abgehoben, analysiert, geordnet, weiterentwickelt, als heuristische Programme aufbereitet und in Form einer systematisch strukturierten Programmbibliothek für die praktische Nutzung in den Bereichen Naturwissenschaft und Technik bereitgestellt.

Das Methodensystem der systematischen Heuristik ist durchgängig systematisch strukturiert:

Die methodischen Bestandteile der SH sind im Sinne einer Baumstruktur systematisch geordnet und vernetzt.

Die heuristischen Methoden sind algorithmisch als heuristische Programm gestaltet (etwa

Bilder 1.5

,

1.13

und

1.17

).

Die zu entwickelnden Systeme und Zwischenergebnisse des Problembearbeitungsprozesses werden dabei systemwissenschaftlich betrachtet und behandelt (etwa

Bild 1.16

).

Die algorithmisch strukturierten heuristischen Programme stellen allgemeingültige, nicht deterministische, jedoch plausibel strukturierte und vernetzte, häufig genutzte und bewährte heuristische Methoden dar, die für eine große Klasse von Bearbeitern und für repräsentative Tätigkeitskomplexe bzw. Aufgabenklassen der gedanklichen Arbeit in einem hohen Grad ausreichen, um innovative Problembearbeitungsprozesse zielführender, effektiver und kreativer, gestützt auf das notwendige Wissen, zu vollziehen. Sie nutzen die damals bekannten und erkannten Gesetzmäßigkeit, Methoden, Regeln und beobachteten Prinzipien der schöpferischen gedanklichen Tätigkeit.

Schon in der Gründungszeit der SH wurde angestrebt, für die heuristischen Programme einen günstigen Grad für die Algorithmierung zu finden, der nicht alle Verzweigungen, Verknüpfungen und Rückkopplungen darstellt,

um für den Nutzer in der Praxis den Überblick zu erleichtern und

um die flexible, schöpferische Anwendung zu fördern.

Heuristische Programme sind trotz der algorithmischen Darstellung demnach kein Rezept für formales Arbeiten wie etwa Algorithmen zur Berechnung von Maschinenelementen. Sie sollen und können bei einer schöpferischen Anwendung und bei einer Spezifikation auf den eigenen, konkreten Fall und mit dem erforderlichen Fachwissen die Erfolgschancen und Effektivität von Aufgaben- und Problemlösungsprozessen maßgeblich fördern. Das gilt vor allem, wenn der Anwender die methodisch systematische Denk- und Arbeitsweise, bezogen auf seinen Fachbereich, verinnerlichen konnte und/oder bei einer fachlich fundierten methodischen Anleitung/Moderation und interdisziplinären Teamarbeit.

Das Methodensystem ist ausgelegt für typische, häufig wiederkehrende, repräsentative Aufgabenklassen von Problemlösungsprozessen in der Forschung und Entwicklung. Dazu gehören die Aufgabenklassen:

Aufgabenfindung,

Präzisieren/Klären von Aufgabenstellungen,

Entwicklung von technischen Verfahren und Gebilden,

Modellverfahren und experimentelle Methode,

Bildung von Gesetzesaussagen,

Bildung und Entwicklung von Zeichen- und Zeichensystemen und die Begriffsbildung,

Entwicklung gedanklicher Verfahren.

Die SH wurde nicht isoliert und losgelöst von anderen Maßnahmen und Möglichkeiten zur Effektivierung der geistigen Tätigkeit betrachtet und betrieben, sondern als ein Bestandteil der Gesamtheit aller Möglichkeiten in einer wohl abgewogenen Symbiose in der F/E-Praxis genutzt. So wurde etwa damit begonnen, Regeln und Methoden der Verhaltenspsychologie in die praktische Teamarbeit bei Workshops einzubeziehen.

Die Hauptzielgruppen für die Anwendung der SH waren anfangs

Führungskräfte, die als Moderatoren und als Anwender wirkten,

Mitarbeiter nachgelagerter F/E-Bereiche, vor allem Ingenieure und Naturwissenschaftler, die in komplexen Aufgaben- und Problemlösungsprozessen tätig sind.

Die Hauptanwendungsfelder waren vor allem die

Verfahrens- und Produktentwicklung,

Produktionstechnik und Logistik sowie

Organisation und das Projektmanagement.

So waren etwa Anfang der 1970er Jahre die F/E-Bereiche der damaligen Großforschungszentren der Industrie ein bedeutendes Betätigungsfeld für die SH-Anwendung. Mit der Anwendung konnte nachgewiesen werden, dass die SH mit der Anleitung durch methodisch erfahrene Fachleute sehr gute Ergebnisse erzielt hat.

2. Das Verfahren und die Genese zur Entwicklung der Systematischen Heuristik von Johannes Müller

Das Bemühen, Methoden zur Effektivierung der geistigen Arbeit zu finden, begann schon im Altertum. Die Heuristik hat somit eine lange Geschichte. Zu nennen sind etwa der Philosoph Sokrates, der Mathematiker Archimedes mit seinem Ruf „Heureka“, PAPPOS, der den Begriff für methodische Aussagen nutzte und in neuerer Zeit LEIBNIZ, OSTWALD, ZWICKY, HANSEN, KOLLER, PHAL, BEITZ, SCHLICKSCHUP und viele andere bedeutende Autoren.

Prof. Johannes Müller untersuchte als Philosoph, Methodologe und Wegbereiter der Ingenieurmethodik 1964, ausgehend von den Anfängen der Konstruktionswissenschaften und den umfangreichen Quellen zur Theorie der gedanklichen Arbeit, das methodische Vorgehen von Ingenieuren und Naturwissenschaftlern an Hand konkret vollzogener Forschungs- und Entwicklungsaufgaben im Bereich der Technik. In seiner Habilitationsschrift [39] entwickelte er seine Erkenntnisse zum theoretischen Ansatz der SH.

In der Folgezeit analysierte Müller zur Verifikation und Konkretisierung seiner Theorie das methodische Vorgehen in von ihm betreuten Problemlösungsprozessen an Hand ingenieur- und naturwissenschaftlicher Dissertationen und ebenso in Problemlösungsprozessen im Zentralinstitut für Schweißtechnik ZIS Halle/Saale in Zusammenarbeit mit den Bearbeitern. Er konnte sich dabei u.a. auf die von ihm initiierten methodischen Ausarbeitungen von Promovenden stützen, die sie als methodologische Studien für die notwendige Philosophiearbeit im Promotionsverfahren erarbeitet hatten. Damit wurden vor allem methodische Erkenntnisse und Erfahrungen für die Entwicklung technischer Lösungen, die Modellmethode, die experimentelle Methode, die wissenschaftliche Begriffsbildung und Klassifikation sowie die Bildung von wissenschaftlichen Gesetzesaussagen gewonnen.

Darauf aufbauend entwickelte Müller 1967 das Konzept der Systematischen Heuristik (SH). Die Erprobung und Weiterentwicklung gelang ihm im Zentralinstitut für Schweißtechnik (ZIS) Halle/Saale, mit Unterstützung des Institutsdirektors, Prof. Werner Gilde. Das ZIS Halle entwickelte neue Schweißverfahren, Schweißtechnik, Schweißtechnologien, neue Schweißzusatzstoffe usw. Werner Gilde entwickelte unter Nutzung der SH eine hoch effektive wissenschaftliche Arbeitsorganisation für sein Institut.

Besonders erfolgreich waren im ZIS Halle die heuristischen Methoden zur Aufgabenfindung, zur Aufgabenpräzisierung und Problemerkennung, zur Entwicklung von technischen Verfahren, Produkten, Werkstoffen und die Modellmethode. In einigen erfolgreichen Jahren wurden bis zu 90 Patente pro Jahr von ZIS Halle angemeldet, nicht zuletzt gefördert auch durch die SH.

Im Ergebnis dieser Phase entstanden 1969/1970 die Veröffentlichung von Johannes Müller zur Programmbibliothek der SH [42]. Ab 1970 wurden die Methoden der SH in der F/E-Praxis der Industrie breit angewendet und erprobt. Eine neu gegründete „Abteilung Heuristik“ nutzte sehr erfolgreich die Methoden der SH unter Leitung von Johannes Müller in enger Zusammenarbeit mit den Fachkräften der F/E-Zentren. Es entstanden gute fachliche Ergebnisse bei der Bearbeitung komplexer, anspruchsvoller Problemstellungen in verschiedenen Großforschungsprojekten der Industrie.

Die Methoden und Arbeitsweise der SH waren besonders bei Teamarbeit und unter Anleitung durch einen Methodiker in den Problemlösungsprozessen wirksam. Dazu wird im Komplex 2 ausführlicher berichtet.

Die Erfahrungen und Erkenntnisse mit der methodisch-system-wissenschaftlichen Arbeitsweise der SH führten bis 1972 durch ihre Anwendung und durch kritisch-schöpferische Diskussionen zur Weiterentwicklung der SH

in der F/E-Praxis und aus dem ZIS Halle/Saale,

in den wissenschaftlichen Problemseminaren zur SH mit Spitzenkräften aus der Industrie und Wissenschaft sowie

aus der in dieser Zeit breiten Weiterbildungstätigkeit für die Industrie.

Es wurden Stärken und Schwächen erkannt und Aufgaben zur Weiterentwicklung ermittelt. Ein Teil der Ergebnisse ist in die dritte Auflage zur Programmbibliothek für Naturwissenschaftler und Ingenieure [45] eingegangen.

Nach dem wirtschaftspolitisch bedingten Abbruch der Arbeiten der 1970 gegründeten Abteilung Heuristik und ihrer Auflösung im Jahr 1972 wurde das Gedankengut in anderen Folgeprojekten von den Erfahrungsträgern dezentral und partiell angewendet und erfolgreich weiterentwickelt, vor allem unter dem Aspekt der Kreativitätsförderung für Innovationsprozesse und für die Hochschulausbildung. Dazu wird im Komplex 2 berichtet.

Schon 1971 zeigte sich bei der Weiterbildung und in den Problemseminaren zur SH, dass einerseits die Darstellung heuristischer Methoden durch Algorithmen durchaus Transparenz und Systematik bewirkt, jedoch für die individuelle Nutzung in der Praxis zur Gewinnung und Verinnerlichung einer methodisch systematischen Arbeitsweise nur bedingt geeignet ist. Es wurde erkannt, dass heuristische Methoden und Regeln tief verinnerlicht sein müssen, bevor sie eine nachhaltige Effektivitäts- und Kreativitätssteigerung im individuellen Arbeitsprozess bewirken können.

Andererseits War anhand der Ergebnisse zu beobachten, dass die algorithmische Methodendarstellung bei methodisch gut moderierter Teamarbeit sehr förderlich sein kann. Der methodisch kompetente Moderator kann das notwendige methodische Know how, unterstützt durch die heuristischen Methoden, in die Teamarbeit des Problembearbeitungsprozesses, verbunden mit der konkreten Aufgabenstellung, unmittelbar einbringen.

Deshalb wurde für die heuristischen Programme ein möglichst günstiger Algorithmisierungsgrad angestrebt, der weniger Verzweigungen, Rückkopplungen, Verknüpfungen mit anderen Programmen, Prorammsubstitutionen im Algorithmus darstellt. Weiterhin wurde eine flachere Hierarchie des Methodensystems angestrebt.

So wurde etwa das sehr bedeutende heuristische Programm zum Präzisieren von Aufgabenstellungen A2 (Bild 1.5) weiterentwickelt, indem das Oberprogramm (Bild 1.4) mit dem Programm A2, dem Programm zur Defektanalyse zu einem Arbeitsablauf integriert wurde. Durch die Integration und die Senkung des Algorithmierungsgrades wurde das erweiterte Präzisierungsprogramm (Bild 1.6) auf wenige komplexe Arbeitsschritte (AS 1 bis AS 7) beschränkt, deren Ausführung durch Modelle, Regeln und Erläuterungen unterstützt wird.

Weiterhin wurde deutlich, dass die SH-Anwendung für einfache, klare Aufgabenstellungen, die mit Routine und Standardverfahren gelöst werden können, weniger vorteilhaft ist, sondern dass die SH für die Bearbeitung innovativer, komplexerer Problembearbeitungs-Prozesse besonders effektiv und nützlich ist.

Das Methodensystem der SH von 1972 war, abgesehen von der weiterentwickelten Präzisierungs-Methode und den Analyseprogrammen, trotz erster Vereinfachungen nicht zuletzt auf Grund der großen Komplexität des Systems für die praktische selbstständige Nutzung und Lehre an den Hochschulen nur bedingt mit nachhaltigem Erfolg zu vermitteln.

Auf Grund der Erfahrungen aus der SH-Anwendung wurde in den folgenden Jahrzehnten die algorithmische Darstellung der Methoden weiter zurückgenommen und vor allem auf die wirksamsten Methoden und Bestandteile aufgabenklassenspezifisch beschränkt. Beispiele für Ergebnisse hierzu sind im Komplex 2 unter Punkt 4 zusammengestellt. Durch diese Entwicklung wurden in den 1980er Jahren, etwa bei den Erfinderschulen, den Kreativitätsseminaren ctc und nicht zuletzt bei der Ausbildung von Konstrukteuren deutlich bessere Ergebnisse erzielt.

Johannes Müller arbeitete auch nach 1972 an der Weiterentwicklung der Grundlagen zur Theorie und Anwendung von heuristischen Methoden, vor allem auf dem Gebiet der technischen Entwicklungsprozesse, der Konstruktionswissenschaften und bei der Ermittlung des notwendigen und hinreichenden Informationsbedarfs für Problembearbeitungsprozesse.

Er war aktiv und bekannt sowohl im nationalen als auch im internationalen Rahmen. 1990 veröffentlichte Müller u.a. eine umfassende Monografie zu diesem Themenkomplex im Springerverlag [47], in der er den Erkenntnisstand der vergangenen Jahrzehnte aus Ost und West zum Themenkreis „Technologie der geistigen Arbeit“ wissenschaftlich fundiert in einer ganzheitlichen Betrachtung schöpferisch aufbereitet, systematisiert und mit Schlussfolgerungen und Denkanstößen zusammengefasst hat.

3. Theoretische Grundlagen der Systematischen Heuristik

Mit der SH wurde ein wissenschaftlich fundiertes Methodensystem angestrebt, das besonders durch empirisch-phänomenologische Untersuchungen gewonnen wurde. Es waren zur damaligen Entstehungszeit die Abgrenzungen zu den bekannten Möglichkeiten zur Effektivierung der geistigen Arbeit vorzunehmen, das Grundprinzip der SH zu formulieren und eine Möglichkeit zu entwickeln, mit der heuristische Methoden etwa in Programmform, gut strukturiert und nachvollziehbar für die Nutzer aufbereitet und dargestellt werden können.

3.1 Inhalt und Abgrenzung der Systematischen Heuristik

Der Ansatz zur SH von Johannes Müller behandelt den gedanklichen Arbeitsprozess als Transformations- und Informationsverarbeitungs-Prozess im Sinne der Black Box Darstellung in Bild 1.1. In diesem Prozess wird eine Menge Eingangs-Informationen aus dem Anfangszustand (Eingangsgröße E) in die Ausgangs-Informationen, den Endzustand (Ausgangsgröße A), überführt. Die Eingangsgröße E beinhaltet die Aufgabenstellung und die anfangs verfügbaren Informationen.

Die Ausgangsgröße A beinhaltet die Lösung des gedanklichen Prozesses sowie Erfahrungen und methodische Erkenntnisse des Bearbeitungsprozesses. In diesem Prozess muss das Informationsgefälle zwischen E und A reduziert werden, indem die objektiv notwendige und hinreichende Menge der Informationen „Inh“ für das Lösen der Aufgabenstellung zugeführt und generiert wird.

Bild 1.1: Der gedankliche Prozess als Informationsverarbeitungs-Prozess

Für die interne Informationsverarbeitung werden im Ansatz der SH die Methoden und Verfahren, die informellen und technischen Arbeitsmittel sowie die Fachsprache als relevante Komponenten betrachtet.

Für die Effektivierung des gedanklichen Arbeitsprozesses waren für den Ansatz der SH vor allem drei Schwerpunkte relevant:

Effektive Vorgehensweisen und gedankliche Verfahren zur Informationsverarbeitung für das Finden, Präzisieren und Lösen von Aufgaben- und Problemstellung. Hier stehen für die SH die Programminformationen (Methoden) im Mittelpunkt.

Effektive Verfahren zur Informationsbeschaffung und -bereitstellung von Ziel-, Sach- und Kontrollinformationen, verbunden mit dem Wissen und den Fähigkeiten der Bearbeiter. Dieser Schwerpunkt 2 kommt für die SH besonders zur Geltung bei den Methoden zur Analyse, Defektermittlung, Lösungsfindung und Bewertung.

Das gezielte Einbinden des zu entwickelnden Systems als Einheit von gedanklicher Operation und den Zwischenergebnis im gedanklichen Prozess mit geeigneten Arbeitsmitteln. Dazu gehören für die SH u.a. die systemwissenschaftlichen Arbeitsmittel, die Theorie technischer Systeme, z.B. dargestellt durch ein allgemeines Erzeugnismodell, aber auch eine jeweils wissenschaftliche Fachsprache mit einem wirksamen Zeichenbestand und Begriffssystem.

Es gibt weitere bekannte Möglichkeiten zur Effektivitätsförderung der geistigen Arbeit. Die SH orientierte sich in der Anfangsphase (1966 bis 1971) primär auf den Schwerpunkt 1. Dabei war bewusst und wurde beachtet, dass der Schwerpunkt 3 mit den Komponenten Wissen, Fähigkeiten, Organisation und Motivation ebenso maßgeblich für den Erfolg ist und dass der Systemaspekt im Methodensystem ein sehr wirkungsvolles Potentiale hat. Ebenso ist Schwerpunkt 2 mit der Informationsgewinnung ein für die Methoden zwingender Bestandteil.

Der Schwerpunkt 1 wurde für die Entwicklung der SH mit dem Ziel bearbeitet,

wissenschaftlich begründet darzustellen,

wie

der Bearbeiter vorgehen sollte, um eine zielführende, planvolle, schöpferische, methodisch-systematische Arbeitsweise im gedanklichen Bearbeitungsprozess zu erreichen,

eine geeignete Aufbereitung und systematische Strukturierung der effektiven heuristischen Verfahren zu gewinnen und ihre Bereitstellung in einem Methodenbaukasten zu generieren.

Dabei war der Fokus auf die Anwendung in schöpferischen, innovativen Aufgaben- und Problembearbeitungsprozessen für naturwissenschaftliche und technische Aufgabenstellungen gerichtet.

Die SH verfolgte demnach nicht in erster Linie die Frage, warum der Bearbeiter sich im Bearbeitungsprozess in welcher Weise verhält. Das ist vor allem das Feld der Philosophie, Erkenntnistheorie, Denkpsychologie u.a. Allerdings wurde angestrebt, ausgewählte Ergebnisse dieser Forschungen zu nutzen. So sind etwa kybernetische Methoden wirksam als systemwissenschaftliche Arbeitsweisen in die SH eingegangen und ebenso Regeln für die Moderation durch den methodologischen Betreuer und die produktive Konfliktbewältigung in interdisziplinären Kollektiven.

Ein weiterer Abgrenzungsaspekt der SH zu anderen Möglichkeiten zur Effektivierung gedanklicher Prozesse wurde durch den unterschiedlichen Grad der Zuverlässigkeit des Übergangs von der Aufgabenstellung zur Lösung mit dem Begriff der Übergangswahrscheinlichkeit von der Aufgabenstellung zur Lösung genutzt.

Hierzu wurden drei Fälle unterschieden.

Die determinierten Verfahren, mit denen der Fachmann mit Wissen und Erfahrungen sicher zur Lösung der Aufgabenstellung kommt. So z.B. Algorithmen zur Berechnung technischer Lösungen. Diese Verfahren hatten und haben für F/E eine sehr große Bedeutung.

Das Vorgehen, bei dem die Lösung durch Probieren, Entdeckungen oder Zufall gewonnen wird, z.B. die Entdeckung des Röntgenverfahrens.

Die Verfahren für gedankliche Prozesse, bei denen der Übergang von der Aufgabenstellung zur Lösung mehrdeutig und unbestimmt ist, d.h. die Erfolgswahrscheinlichkeit sehr wesentlich größer als Null, aber auch kleiner als 1 ist.

Bild 1.2: Informationsklassen am Beispiel technischer Entwicklungsprozesse hier des Entwurfsprozess

Fall 3 kann vorliegen,