7 verrückte Tage - Wilhelm Ehrmann - E-Book

7 verrückte Tage E-Book

Wilhelm Ehrmann

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Beschreibung

Bei den meisten Männern können kleinere Missgeschicke eine Lawine an nicht steuerbaren Ereignissen auslösen. Gesteuert von Emotionen folgt dann oft eine Serie von Fehlentscheidungen. Meist tritt dieses Phänomen dann auf, wenn auf einen Erregungszustand unbedachtes Handeln folgt. Stresshormone werden freigesetzt, wodurch das Gehirn erst recht außer Kontrolle gerät. Ein langfristiger Ausnahmezustand ist die Folge. Dieses Pech lauert auch schon unserem cholerischem Protagonisten Herrn Wurm auf.

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Seitenzahl: 307

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Impressum

Alle Rechte der Verbreitung, auch durch Film, Funk und Fernsehen, fotomechanische Wiedergabe, Tonträger, elektronische Datenträger und auszugsweisen Nachdruck, sind vorbehalten.

Für den Inhalt und die Korrektur zeichnet der Autor verantwortlich.

© 2023 united p. c. Verlag

ISBN Printausgabe: 978-3-7103-5469-4

ISBN e-book: 978-3-7103-5482-3

Lektorat: Laura Oberdorfer

Umschlagfoto: Photoschmidt | Dreamstime.com

Umschlaggestaltung, Layout & Satz:united p. c. Verlag

www.united-pc.eu

Vorwort

Alles begann an einem Freitag den Dreizehnten. Meistens ist man mit sich und seinem Leben zufrieden. Aber es gibt auch Zeiten, da kann es zu Turbulenzen kommen. Wer demAberglauben zuträglich ist, nimmt solch ein Datum dann zum Anlass, die Ursache allen Übels daran festzumachen.

Wenn sich, sowie in unsere Geschichte,sieben verzwickte Tageaneinanderreihen, kann man schon ins Grübeln geraten.

Aber mit Humor und Selbstkritik sind auch solche Hürden zu überwinden.

Das Hinterfragen des eigenen Handelns und Denkens ist oft hilfreich.

Verzweifeln ist keine Option. Augen zu und durchist die Devise.

LassenSie nun die Ereignissein entspannter Atmosphäre auf sich wirken.

Es könnte jasein, dass Ihnen manches nicht ganz fremd vorkommt.

Nun, viel Spaß undgute Unterhaltung wünscht

Ihr Autor.

Tag 1 – Beginn der unheilvollen Serie

Wir schrieben Freitag den Dreizehnten, es war ein sonniger Nachmittag Mitte September. Ein älterer Mann spazierte durch einen Park im Herzen Wiens.

Nichts Außergewöhnliches in einer Großstadt mit einer solch großen Auswahl an Grünoasen. Doch dieser Spaziergänger strahlte etwas aus, was versprach, dass es sich lohne, ihn genauer zu betrachten.

Der Mannhatte keine alltägliche Erscheinung. Er war etwa hundertachtzig bis hundertneunzig Zentimeter groß und hatte graues,doch schon etwas schütteres Haar. Der dunkle Teint seines Gesichtes erweckte den Anschein, dasses sich um einen Südländer handeln könnte.

DieserEindruck täuschte, wasallerdings dem unbefangenen Beobachter verborgen bleibt. Nur sein näheres Umfeld wusste, dieswar gewollt und ausschließlich durch intensives Sonnenbaden erreichbar.

Die Annahme, bei dem umherWandelnden könnte es sichum einen Bewohner des Mittelmeerraums handeln, unterstützten die gebräuntenHände. Verstärkt wurdeder Eindruck durch sichtbare Körperbehaarung, die aber ebenfalls schon Grau schimmerte.

Dank langer Finger und großer Handflächen, welche von Aderndurchzogen waren, wirkten seine Hände recht mächtig. Sie zeugten davon,dass mit ihnen im Ernstfall nicht zu spaßen war. Bei näherer Betrachtung erkannte man aber, dass siesehr gepflegt waren. Daraus ergab sich der Schluss, dass sie harte Arbeit gewohnt, jedoch schonlänger außer Dienst waren.

Markant stach auch die Augenpartie hervor. Unter dichten, schwarzen Augenbrauen, welche leicht geschwungen, aber sich über dem Nasenrücken nichtzu nahekommend lagen, leuchteten grün-blaue Augen.

Es war, als würde manin einen Alpensee blicken.

Je nach Stimmungslage des Trägers empfand manbeim Anblick eines solchen Kleinodes Wärme oder Eiseskälte. Frauen schmolzen in der ausgestrahltenWärme dahin. Ein Blickso kalt wie ein Blizzard undjedem gefror das Blut inden Adern. Den bekamen meistens Widersacher zu spüren.

Die kleinen Fältchen um die Mundwinkel und die Augenpartie verrieten aber auch, dass er gerne lachte. Die etwas breite Nase vermittelte den Eindruck einer gewissen Grobschlächtigkeit. Dies wurde durchdie Furchen im Gesichtnoch verstärkt. Falten, die von der Lebenserfahrung in sein Gesicht geschnitten worden waren.Der Mund mit seinen vollen, weichen Lippen mit demrosa Farbton schwächte den harten Eindruck etwas ab.Der gepflegte Vollbartverbarg die kleinen Lachfalten in den Mundwinkeln.

Der schlanke Halsverstärkte den Eindruck der breiten Schultern. Darüber ein leinenes Sakko, welches leicht im Wind flatterte. Darunter ein buntes, fröhlich anmutendes Hemd, welches über der Hose getragen wurde und das kleine Bäuchlein hervorragend kaschierte.

Die linkeHand in der Hosentasche hatte er zur Faust geballt.Was durch die zum Oberteil passende Hose leicht zu erkennen war, während dieRechte locker mit seinen Schritten mitschwang. Beider Vorwärtsbewegung rückte der Ärmel etwas zurück, dabei wurde einTeil des Unterarmes sichtbar. Zum Vorschein kam eingebräunter, muskulöser, nun klar erkennbarer, von Haaren bedeckter Teil seinesKörpers.

Die an den Händen auftretenden Sehnenund Adern setzten sich hier fort. Das verstärktedie Vermutung, dass Feinmotorik nicht die Hauptaufgabe dieser Körperteile war.

Den Abschluss bildeten die ohne Socken getragenen, weißen, weichen Lederschuhe. Das alles ergab einen modisch sportlichenGesamteindruck.

Wäre da nicht die zur Faust geballte Hand gewesen. Der Blick war auf Gefriermodus eingestellt. Man konnte ihn ansonsteneher als Sympathieträgereinstufen, so wie jetzt sendete er aber eindeutige Signale in Richtung Streit aus. Die Aufmerksamkeit der Parkbesucher richtete sich auf ihn. SeinWeg wurde von vielen Augenpaaren begleitet. Köpfe wurden zusammengesteckt, um hinter vorgehaltenen Händenzu tuscheln.

All dem schenkte er keinerlei Aufmerksamkeit. Mit forschem Schritt und starrem Blick durchquerte er scheinbar zielstrebig die grüne Oase.

Hätten die neugierigen Blicke in seine Augen sehen können, es wäre ihnen ein kalter Schauer über die Rücken gelaufenund die Angst hätte vonihnen Besitz ergriffen.Starr und voller Zorn schienen seine Augen Blitze aus den blauen Pupillen zu verschicken. Man hätte die kleinen Falten auf der Stirn fälschlich als nachdenklich einstufen können. Die Mimik und Gestik dokumentierten aber die Wut, die ihn beherrschte.

Eine auf andere Weise unerfreuliche Erscheinung kam ihm entgegen. Groß war er und kurzärmelig bekleidet, um seine Tätowierungen zu präsentieren. Er hatte ein ungepflegtes Äußeres mitfettem, strähnigem, schulterlangem Haar. Sein grobschlächtiges Gesicht war bedeckt von Bartstoppeln. Die Nase zeugte voneinigen Begegnungen mithärteren Fäusten. Er waralso jemand, dem man im Normal fall großräumig auswich.

Unser erster Herr aber war mit seinem Zorn derart beschäftigt, dasser der Umgebung keinerlei Beachtung schenkte. Das auf ihn zukommende Individuum war von seiner Furcht einflößenden Erscheinung überzeugt und eindeutig auf Konflikt gebürstet.

Ihr Aufeinandertreffen war unvermeidlich. Streit lag in der Luft. Die anwesenden Besucher blickten gebannt auf die sich anbahnende Szene. Beidesteuerten weiter aufeinander zu. Nur noch wenige Schritte trennten sie voneinander. Alle Zuseher hielten den Atem an. Offensichtlich war der bunt Bemalte kein Unbekannter indieser Gegend.

Dann trafen sich ihre Blicke nur für einen kurzen Augenblick, doch dieser reichte aus, um dem Muskelpaket Respekt einzuflößen. Als hätte ihn ein Blitz aus den Augen getroffen, wich er zur Seite und gab somit den Weg frei. Es waren nicht nur die Augen, der Gesamteindruck veranlasste den Bemalten, der Auseinandersetzung auszuweichen. Um nicht ganz seinen Ruf als Wolf einzubüßen, richtete er seinenBlick in Richtung der neugierigen Schafe.

Auf den Gesichtern der beobachtenden Menge machte sich Erstaunenbreit. Als sie sich der Beobachtung durch den ungepflegten Mann gewahr wurden, wandten sie sich geschäftig anderen Dingen zu.

Unbeirrt vonden Vorgängen um ihn herum und mit starrem Blick seiner Umgebung weiterhin keinerlei Aufmerksamkeit schenkend, setzte erSchritt für Schritt seinen Weg fort. Man hatteden Eindruck, die drohende Konfrontation war nichtbis in sein Bewusstsein gedrungen.

Am Ende des Parks angekommen, verhielt er seinenSchritt, blickte linksund rechts, blieb dannaber unentschlossen stehen.

An seinem Minenspiel konnte man ablesen, dass der zornige Ausdruck einer gewissen Ratlosigkeit Platz machte. Seine Augen zukleinen Schlitzen zusammengezogen, blickte er suchendin die Runde.

Hätte man durch Stoff blicken können,hätte man erkannt, wie die Adern an seiner geballten Faust noch stärker hervortraten.

Was löste diese Reaktion aus? Welche Gedanken quälten ihn? Wurde er versetzt, suchte er etwas?Nach einem Schnauben durch die Nase, wie ein nervöses Pferd, fauchte er die Worte in den sonnigen Nachmittag. „Wo verdammt steht mein Auto?“ Das also quälte ihn, seit er die Feier mit seinen Freunden verlassen hatte.

Zu seiner Linken am Ende der Hecke, welche die Grünflächen vom Gehweg abgrenzte, entdeckte er eine Bank. Er lenkteseinen Schritt in diese Richtung.

Die kurze Strecke veränderte sein Verhalten. Die Zornesröte wich von seinem Gesichtund ein matter, ratloser Ausdruck machte sich breit.Nun strahlten seine Augen keine Wut oder Zorn aus, sondern signalisierten Hilflosigkeit.

Langsam setzte er Fuß vor Fuß, der Weg schien endlos, bis er schließlichmüde die Raststelle erreichte. Er ließ sich kraftlos fallen, fast weinerlich flüsterte er vor sich her: „Ein Achterl Wein, sonst habe ich nur Mineralwasser konsumiert, davon ist mandoch nicht betrunken. Alzheimer wurde auchnicht,noch nicht, diagnostiziert. Warum finde ich dann mein Auto nicht? Diese alte Karre wird doch niemandgeklaut haben, der wäre ja noch blöder als ich. Tja,wäre meine bessere Hälftehier, würde sie mich zwar belächeln ob meiner Gedankenlosigkeit, aber die Notlage fände ein Ende. Ihren Sarkasmus würde ich der momentanen Ratlosigkeit vorziehen.“ Zusammengesunken mit hängenden Schultern saß er auf der Bank. Nichts erinnerte mehr an seinen dominanten Auftritt. Jetzt bot er mehr einenbemitleidenswerten Anblick.

Wie immer in Situationen, die ihn nervten, griff er in die Tasche,um sich mit Nikotin zu beruhigen.

Mit jedem Zug aus dem Glimmstängel wichdie Unsicherheit, seineGedanken kehrten zu demTreffen mit den alten Freunden zurück.

Wie sehrsich alle wie auch er selbst verändert hatten. Diesbezog sich nicht nur auf Äußerlichkeiten. Möglicherweise war diesaber auch nur der langenZeitspanne seit den letzten gemeinsamen Aktivitäten geschuldet. An die vierzig Jahre, das warenzwei Generationen, warenvergangen, ehe ein Zufall ihn auf einen seiner alten Kumpane treffen ließ.In seinem Kopf liefen die Ereignisse noch mal alsKurzfilm ab.

Es war in einem Supermarkt, er war schon am Ende des Einkaufs. Wie immer wollte er noch etwasfür seinen Hund mitnehmen, als Belohnung für dasbrave Verhalten während der langen Abwesenheit seines Herrchens.Noch unschlüssig, was esdiesmal sein sollte. Eine ältere Dame kam in dem Gang auf ihn zu und wand sich dann dem gegenüberliegenden Regal zu, welches gefüllt war mit allem, was eine Katze glücklich machte. Dabei parkte sie ihren Einkaufswagen mittig der Regale, ungeachtet anderer Kunden.

Zwei Menschen standen nun voneinander abgewandt da und studierten angestrengtdie angebotenen Waren. Zwischen ihnen stand verwaist ein prall gefüllter Einkaufskorb auf Rädern. Zumindest sahen sieso aus, deren einzig wahre Aufgabe war es aber, denBenutzer zur Weißglut zutreiben. Denn die Auffassungen der eingeschlagenen Richtung gingen getrennte Wege.

Es kam, wasvorhersehbar war. Ein Mann kam flotten Schrittesauf das Hindernis zu.Sein Blick war aber auf dasQuerregal am Ende desGanges gerichtet. In den Händen ein Säckchenaus der Gebäckabteilung. Dazu passend eine Klarsicht Packung mit Wurstwaren. Was fehlte, war Flüssigkeit, um das offensichtlich schnelle Gabelfrühstück hinunterzuspülen.

Die Fixierung auf das Querregal mit den Milchprodukten, verständlichesObjekt seiner Begierde, wurde jäh unterbrochen,als er unvermittelt auf die Barriere traf.

Die Vorfreude auf ein genüssliches Mal wich aus seinenAugen und wurde durch Zorn ersetzt. Da seineHände mit dem Festhalten dererworbenen Mahlzeit beauftragt waren und er diese nicht für die umsichtige Beseitigung eines Hindernisses zu verwenden gedachte, sprangendie Beine für diesen Zweckein. Der linke Fuß tratin Aktion. Mit einem kräftigen Ruck wurde dasGefährt nach vorne befördert.

Nun haben Rollen von Einkaufswagen, wie schon erwähnt, die unangenehme Eigenschaft, sich nicht in die gewünschte Richtung zu bewegen, vielmehr entwickeln sieein Eigenleben. Sie erwecken oft den Eindruck,jede Rolle wäre einer Himmelsrichtung zugeordnet. Man kann sich nie sicher sein, welchen Weg sie nehmen.

In diesem Fall schien sie die Ferse des Mannes beim Regal für Hundebedarfmagisch anzuziehen.

Mitnicht vermuteter Geradlinigkeit, da sich alle Räder zu einer Einheit formierten, strebte das Gefährt dem angepeilten Ziel entgegen. Die untere Querstrebe traf mit traumwandlerischer Sicherheit auf die rechte Achillesferse. Eine Stelle, die sehr empfindlich, somit auchsehr schmerzintensiv ist. Dieses unerwarteteZusammentreffen von Metall mit menschlichem Gewebe löste Unbehagenaus. Es benötigte nureine zehntel Sekunde, um im Gehirn anzukommen. Dieselbe Zeitspanne war nötig, um eine Reaktion folgen zu lassen.

Die Anweisung zum Gegenschlag kam nicht aus dem besonnenen Teil, sondern ausder Streitecke des Kopfinhalts. Dieser Tat wurde nach Erhalt des Befehles vom getroffenen Körperteil sofort ausgeführt. Die im Moment des Zorns schmerzresidente Ferse schickte mit der gleichen Technik den Auslöser der Unannehmlichkeit in die Ursprungsstellung zurück.

Derhungrige, vor allem auf Flüssigkeit dürstende, ungeduldige Mann war auf dieseEntwicklung nicht gefasst.

Wieder aller Erwartungen war die Einheit des Antriebes noch vorhanden. Die kurze Strecke bis zumAusgangspunkt wurde locker absolviert. Diesmal allerdings war der etwas nach hinten ragende, obere Teil der Konstruktion für den Kontakt auserkoren.

Die Griffstange traf die Magengegenddes als Bremsklotz fungierenden Mannes unvermittelt.Der Einschlag erweiterte seinen Blickwinkel, da seine Augen aus denHöhlen zu treten drohten. Beide, nun sagen wir,ein wenig erzürnte Silberrücken wandten sich dem jeweils anderen mit synchron gesprochenen Worten zu: „Was soll das?“

Nun bemerkte auch die Dame,der eigentliche Auslöser dieses Ungemachs, die Vorgänge. Sie wollte gerade eine Entschuldigung in Richtung der Streithähne aussprechen, als sie zu ihrer Verwunderung bemerkte, dass sich diese lächelnd aufeinander zu bewegten. Etwas verwirrt ergriff sieihren Einkaufswagen,um ihn, aber auch sich selbst unauffällig aus der Schusslinie zu bringen. Beidiesem stillen Rückzug vernahm sie noch den Beginn der Unterhaltung.

„Wurm, bist es du?“ Der Angesprochene zog die Augenbrauen in die Höhe und blickte sein Gegenüber an.Man sah seinen Gesichtszügen das angestrengte Nachdenken an, als sich plötzlich seine Miene erhellte. Vorsichtig formulierte er seine Frage: „KOBER? Hans kann das sein?“

„Gut erkannt, lang nicht gesehen, fast gleich wiedererkannt. Wie gehts, was machst du so? Fest gebaut der Körper, du stehst gut im Futter.“ Ein Lachen begleitete dieWorte. „Na ja, du schaustauch nicht unterernährt aus.“ Sie lachten nun beide. Schlendertenplaudernd zur Kasse. Einer allerdings ein wenig hinkend.

Außerhalb des Geschäftes setztensie die

Unterhaltung fort. Im Verlauf des Gesprächs wurden die Telefonnummern ausgetauscht und vereinbart, sichdoch mal auch mit den früheren Schulkollegen zu treffen.

Man besprach noch einige Details, dann verabschiedeten sie sich wie folgt: „Servus Wurm, wo stehst du denn mit deinem Auto? Meines parkt vor dem Geschäft, ich muss michbeeilen, ist Kurzparkzone und du?“ „In der Tiefgarage, also Servus, wir hören uns.“ Er machte eine Drehung undverschwand in Richtung der Aufzüge, um in die unteren Regionen zu verschwinden.

Dies war der Moment,der ihn aus seinen Gedanken riss. „Richtig, das Parkhaus!“, fiel es ihmwie Schuppen von seinen Augen. „Dort stehe ichheute auch.“ Kurz zuckte etwas durch seinen Kopf: „Doch Alzheimer?“

Er verwarf diese Eingebung und miteinem Seufzer der Erleichterung blickte er sich nach der Einrichtung um. An der nächsten Ecke war das Schild „Parkgarage“ zu erkennen.Nun wieder voller Selbstvertrauen strebte er mitfestem Schritt auf denEingang zu. Doch kaum im Innenraum angekommen, erwartete ihn das nächste Problem. Ein Ableger seinesFeindbildes war zu bewältigen. Ein digitales Monstrum stand zwischen ihmund seinem Auto.

Der Automat verlangte eine Karte, die zur Berechnung und Begleichung der Parkgebühr vonnöten war. Schon die Anwesenheit solch einer kalten, unpersönlichen Anlage bereitete ihm Unbehagen. Nach dem Durchstöbern sämtlicher Taschen des Jacketts ohne gewünschten Erfolg machte sichNervosität breit. Sollte er das Gesuchte im Trubel der Veranstaltung verloren haben? In Gedanken die Zusammenkunft durchspielend, durchsuchten seine Hände ganz automatisch auch sämtliche Taschen derHose. In der Gesäßtascheebendieser befand sich das gesuchte Objekt.

Während der Operation „Suche die Karte“ stand er blockierend vor dem Automaten. Der Supermarkt war an einem Freitaggut besucht und er alsonicht der Einzige, der in dem Untergeschoss parkte. Es hatte sich also eine kleine Menge an Menschen angesammelt. Man beäugte ihn sehr argwöhnisch und etwas genervt.

Ungeachtet dessen führte er die Karte in den gekennzeichneten Schlitz.

Auf dem Display erschien die zu entrichtende Gebühr. „Was, zweiundzwanzig Euro? Das ist Raubrittertum, Beutelschneider, Gesindel!“ Die grantigen Blicke hinter ihm wurdenplötzlich nachdenklicher.Man konnte in den Gesichtern ablesen, wie sie zurechnen begannen und dachten: „Wie lange stehe ich eigentlich schon hier unten?“

„Wie soll ich bezahlen?“, dachte er inzwischen.

„Bar oder mit Karte?“

Er entschied sich für Bar. Ein Fünfzigeuroschein wurde eingeschoben. Der kam postwendend retour. Nach dreiVersuchen und einigenFlüchen startete einen neuen Anlauf, dieses Mal miteiner zwanziger Note. Erstaunlicherweise wurdediese ohne Beschwerden geschluckt. Doch noch hatte dasMonster nicht genug. Auf dem leuchtenden Display erschien, dass zweiEuro fehlten. Mit Zorn in den Augen und Schweiß auf der Stirn verfütterte er einen Fünfer. Jetzt wurde die Annahme wieder verweigert. „Mist Ding vermaledeites“, mit diesen Worten ein neuer Schein aus der Tasche gezogen. Der Automat war nicht bereit, Papier zu akzeptieren.

Wäre auf dem Monitor ein Gesicht erschienen, hätte man auf diesem mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit einbreites Grinsen erkennenkönnen. Dieses Bild vor seinem geistigen Auge und die verzweifelte Suche inseinen Taschen nach Münzen überstiegen seine Grenze der ertragbaren Demütigung. Ungeachtet der hinter ihm Wartenden musste Frust abgebaut werden. Sein rechter Fuß schwang zurück,um dann mit Schwung nachvorne auf den unwürdigen Blechkasten zu treffen. Natürlich mit derAbsicht, ihm eine Delle zuverursachen, in jedem Fallaber Ungemach zu bereiten. DerWinkel des Aufpralles warjedoch physikalisch ungünstig gewählt, die Beschädigung erlitt der Knöchel. Zum zweiten Mal andiesem Tag breitete sich körperlicher Schmerz aus, aberdafür kam das Kleingeldzum Vorschein. Es fielbeim Zusammenstoß aus einer der Taschen. Mühsam täuschte er Beherrschung vor, hob die Münzen aufund überreichte den Restbetrag an das Monster.

Nachdem nun der Obolusentrichtet war, begann erneut die Suche nach demFahrzeug. Doch diesmal ließihn seine Erinnerung nicht im Stich.

Er humpelte rechtslastig inRichtung der Aufzüge, dauernd vor sich hinmurmelnd: „Das war die zweite Etage.“

Zum Glück für seine angeschlagene Gehfähigkeit stand seinFahrzeug direkt vorder Tür des kleinen Vorraumes in der Etage. Endlichsaß er wieder in seinem fahrbaren Untersatz. „Jetzt aber nichts wie nach Hause, das könnte mitder Zeit knapp werden, wir haben heute noch soein Treffen mit Freunden.“ Schnell noch einen Glimmstängel zwischen dieLippen und los ging die unheilvolle Fahrt.

BeimVerlassen war er noch mitdem Gedanken beschäftigt, dass eigentlich für denEinkauf eine gratis Abstellfläche zur Verfügung stehen sollte, als er das unauffällige Schild bemerkte. Es wies darauf hin, mit zwei Pfeilen gekennzeichnet, das linke mehrstöckigeParkhaus war für langes Stehen angelegt. Somit auch gebührenpflichtig. Rechts war der Raum für die Einkäufer.

Mit einem gequältenLächeln dachte er: „Wenigstens bin ich nicht als Einziger darauf reingefallen.“

Warum auch immer, vielleicht war es den vergangenen Ereignissen geschuldet, aber besonders bei Männern, die ein Auto starten, stellen im Gehirn manche Funktionen ihre Tätigkeiten ein. Testosterongesteuert mit einem eingeschränkten Wortschatz scheinen sie dannzu sein. Anscheinend löst das Blechgehäuse magnetische Felder aus, die denSprachschatz auf ein Minimum reduzieren. Auf verbale Attacken beschränkt, werden sie auf die Menschheit losgelassen. Hier unterschied sich HerrWurm in keinem Punkt von der Mehrheit. Anfänglich noch ruhig, begünstigt durchden blauen Dunst, aber auch durch den in den Seitenstraßen gemächlich, aber durchaus flüssigen Ablauf des Verkehrs. DasErreichen der für ihn notwendigen Hauptverkehrsader brachte das Adrenalin in seinen Adern aufdas nächsthöhere Level.Das nun Folgende würde auch an einem Donnerstag, dem Zwölften nicht andersablaufen. Der Albtraumbegann.

Mit steigenderAnzahl anderer Verkehrsteilnehmer wurde der Griff am Lenkrad fester. Seine Gesichtszüge wurden ernst. Selbst der Konsum von Nikotin konnte kein Gefühlder Entspanntheit mehr erzeugen.

So dauerte es auchnur bis zur ersten Ampel, dann brachen die Emotionen los. Allein mit sich und der Unzufriedenheit auf überfüllten Straßen von Unwürdigen dahin zu kriechen, zumindest seiner Meinung nach, fiel alle Zurückhaltung von ihm ab. „Fahr endlich Depperter, grüner wirdsnimmer.“ Die Lautstärke seinerWorte überstiegen die imöffentlichen Raum erlaubten Dezibel. Scheinbar glaubte er dadurch den Vordermann erreichen zu können.

„Warum bremst du Wappler! Blinkt ja erst grün.Die Fußgänger sollen warten!“, waren noch die harmlosen Aussagen. Das Zweiräder sich zwischen den Autosdurchwanden, brachte sein Blutnoch mehr in Wallung. Die Versuchung, beim nächsten die Fahrer Türe zu öffnen, war groß.

Beim Blick aufdie im Armaturenbrett blauleuchtende Uhr wurde derTon noch rauer.

„Arschloch fahr auf die Seite, ichmuss vorbei.“

Gleichzeitig mit den Worten betätigte er auch die Lichthupe.

Jetzt hatte seinAdrenalin den Höchststand erreicht. Das Blut in den Adern kochte. Im Gehirn kam nur mehr roter Dampf an. Was die Rhetorik weiter einschränkte.

Doch die gewünschte Reaktion bliebaus, was die nächsteEruption zu Folge hatte.„Lauter Idioten unterwegs, aus dem Weg, ich habe meine Zeit net gestohlen. Wenns zu deppertseids zum Autofahren,fohrts mit die Öffis.Aber do nehmts wahrscheinlich ah den falschen Bus.“

Endlich, die Abfahrt zu Schnellstraße war erreicht. Damit waren zweiHindernisse nicht mehr zuerwarten, nämlich Fußgänger und Radfahrer.

Wieder der Blick zur Uhr. „Mist, schon siebzehn Uhr, in einer halben Stunde wäre schon der nächste Termin.“ Ein unheilvoller Gedanke machte sich breit: „Na,dann werden wir die Schlagzahl erhöhen.“ DieEntscheidung, mit mehr Geschwindigkeit etwas Zeit aufzuholen, solltesich als unglücklich herausstellen.

Nach dem Einordnen, natürlich auf derlinken Spur, war die logische Folge der etwas festere Tritt aufs Gaspedal. Erlaubte Geschwindigkeit war achtzig Kilometer die Stunde, also waren laut seinen Überlegungen hundertvertretbar. Der Plan schienaufzugehen, alles wich bei seinem Herannahenbrav zur Seite, so entspannte sich der Fahrer zusehends. Relativ beruhigt brauste er mit den Gedanken schon zu Hause und seine Umwelt völlig ignorierenddahin. Das moosgrüne Auto in seinem Rückspiegel, welches schon seitgeraumer Zeit sein konsequenter Begleiter war, wurdemit Verachtung bedacht. Erst als es dichter heranfuhr, rückte es in sein Bewusstsein. Noch etwazehn Kilometer bis zum trauten Heim, somit gerade mal noch fünf auf der Schnellstraße, da konnte man schon mal einen vorbeilassen. Blinker rechts gesetzt, kein Verkehr auf dieser Spur, also schnell eingeordnet. Ein Blick inden Seitenspiegel, kein grünes Auto erkennbar. Er fuhr aber nicht anihm vorbei. „Wo ist der?“ Er lenkte das Augezum Rückspiegel und sah dasAuto wieder hinter sich.

„Waswill er?“ Er drosselte dieGeschwindigkeit etwas, vielleicht würde der andere dann verschwinden. „Nein er bleibt konsequent und knapp an der Stoßstange. Der nervt.“ Egal welcheAktion auch eingeleitet wurde, als würde einMagnet den Kontrahenten anziehen, klebte dieser an seinem Heck. Das auf einen Normalstand gesunkeneHormon begann wieder zusteigen. Was dazu führte, überlegtes Handeln außer Kraft zu setzten.

Vorihnen tauchte eine Kolonne von unterschiedlichen Fahrzeugen auf. Sie bestand aus Lkws, dazwischen waren aber auch Kleinfahrzeuge. Er setzte zum überhohlen an und betätigte den Blinker. BeimBlick in den Seitenspiegelnahm er das bis dahinhinter ihm fahrende Vehikel auf seiner linken Seite wahr. Nun artete die Begegnung zu einem Kräftemessenaus.

Was nun folgte, war nicht auf den Zeitdruck zurückzuführen. Vielmehr auf eingeschränkte Intelligenz, hervorgerufendurch körperliche Veränderungen. Männliches Konkurrenzdenken standim Vordergrund.

Hier aber mitungleicher Chancenverteilung, wie sich später herausstellte.

Im festen Glaubender Silberrücken zu sein, klopfte er sich gedanklichauf die Brust, schickte ein Grollen in Richtungdes vermeintlichen Kontrahenten. Das unvermeidliche Unheil nahm seinenLauf.

Die Ausfahrt zur Bundesstraße war fast erreicht. Ein Überholen auf der linken Spur war nicht möglich, da sie vom Widersacher blockiert wurde. Die fürihn in diesem Moment geistiger Verwirrung einzige Möglichkeit war der Pannenstreifen. Somit der äußerst rechte Fahrstreifen,allerdings eine unerlaubte Alternative. Daranverschwendete er in diesemAugenblick keinen Gedanken.

Das hintere Ende der Kolonne war erreicht. Ein Blick nach linkswar nicht mehr erforderlichin seinem Kopf, wäre aber hilfreich für die kommenden Ereignisse gewesen. Ein Schwenk nach rechts, kurz ein Tritt aufs Gaspedal, er zog an den Fahrzeugen vorbei und schonwar die Ausfahrt erreicht. Der Widersacher war nicht zu erblicken. Er nickte sich selbst zu. „Somacht man das.“ Zufrieden und entspannt zurückgelehnt lächelte er, jetzt konnte nichts mehr die Heimreise stören. Er wusste, nur noch eine Ampel und ein paar Kilometer trennten ihn von seinem Ziel.Ein kurzer Blick zum Chronometer bestätigte ihm,dass er etwas Zeit gutgemacht hatte, die Verspätunghielt sich also in Grenzen.

Schon kam die elektronische Verkehrsregelung in sein Blickfeld. Das Rotwar weithin sichtbar, was Stillstand bedeuten würde. Also reduzierte er die Geschwindigkeit, um das Umspringen der Ampel auf Grün in Bewegung abzuwarten. Der Planschien aufzugehen, der Querverkehr kam zum Stillstand, was nur bedeuten konnte, für ihn würde gleich freie Fahrt angezeigt werden. Gerade änderte sich das Lichtzeichen auf die erwartete Farbe. Ein ihm bekannter,immer wiederkehrenderTon veranlasste ihn zueinem Blick in den Rückspiegel. Dieser zeigte, wie vermutet, dass der Lärmvon einem Einsatzfahrzeugausging. Er konnte auch erkennen, dass es sichdabei um ein Polizeifahrzeug handelte.

Nach demÜberqueren der Ampel hielt er sein Fahrzeug auf der dort noch breiteren Straße so weit rechts, dass er kein Hindernis darstellte. Der Einsatzwagen fuhr ohne Probleme anihm vorbei, setzte aber zuseinem Erstaunen die Fahrt nicht in derselbenGeschwindigkeit fort, sondern wurde vor ihm langsamer.

Was konnte das bedeuten? Noch kam der Gedanke, dass sie es auf ihn abgesehen hatten, nicht inBetracht. Das änderte sich mitdem Erkennen der Schriftin der Heckscheibe: „Bitte folgen!“

Nun machte sich ein flaues Gefühl in seiner Magengrubebemerkbar, welches sichdurch das Erkennen der Farbe und der Ähnlichkeitdes Gefährts von der Schnellstraße noch verstärkte. Der kleine Parkplatzkurz vor der letzten Ortschaft war schon in Sicht. Nur noch diese Ortsdurchfahrt, dann wäre er am Ziel gewesen.

Sein Gehirn suchte nach der möglichen Ursache der Anhaltung, um daraus eine Strategie für das Aufeinandertreffen zu entwickeln.

Sie bogen in den Rastplatz ein und reihten sich mit Abstand hintereinander ein.

Als er zumStillstand kam, wurde ausdem Gefühl Gewissheit, das war der Komiker von der Schnellstraße! „Natürlich, die haben mich provoziert, aber was nun?“ ZweiUniformierte entstiegen vor ihm dem Gefährt. „Mist“, dachte er, „dass mir die nicht früher aufgefallen sind, ärgerlich.“

Er verließ ebenfalls seinen fahrbaren Untersatz. Man konnte erkennen, dass der, welcherallem Anschein nach derFahrer gewesen war, sehr aufgebracht zu sein schien.

Dieser Eindruck bestätigte sich beim Aufeinandertreffen. Mit den Worten „San Sie irre?“, begann er die Amtshandlung. Loses Mundwerk war eineseiner Schwächen.

Seine Antwort trug also nichtzur Entspannung bei. „Manche sagen so andere wieder so.“

„Witzig sind wirauch noch, aber ich lache dann später, wenn wir mitIhnen fertig sind.“ Der zweite Beamte versuchte beruhigend auf seinen Kollegeneinzuwirken: „Langsam, langsam.“

Dann wandte er sich Wurm zu: „Führerschein und Fahrzeugpapiere, bitte.“ Wurm griff indie Innentasche seiner Jacke und beförderte die gewünschten Unterlagen heraus.

Während also der ruhige Polizist die Papiere studierte, motzteder andere weiter vor sich hin.

„Na, wie viel haben wir so inhaliert?“ Einmal den Weg der Provokation eingeschlagen, gab es kein Zurück mehr. „Na, ich habe drei Zigaretten geraucht, wie viele es bei Ihnenwaren, kann ich nicht sagen.“ Mit dieser Antwortwurde der Siedepunkt seines Gegenübers überschritten. Die Gesichtsfarbe würde jeden Sonnenbrand neidisch machen, dieAugen quollen fast ausden Höhlen, seine Stimmeüberschlug sich. „Dasinteressiert mich nicht,was haben Sie getrunken?“ „Nau, so ein bis zweiLiter.“

„Was, angsoffen iser a no?“, er hatte sich nun nicht mehr unter Kontrolle. „Lass ihn blasen.“

„Moment, so lang kennen wir unsauch wieder nicht.“ Fürdas uniformierte Rumpelstilzchen war die höchste Stufe der Eskalation überschritten. „Nimm ihm sofort den Führerschein ab.Danach ab mit dem auf die Wache.“ Fauchte er mit geballten Fäusten und weit nach vorne gestrecktem Kopf. Gelassen kam die Erwiderung: „Genauer definiert wars Orangensaft.“ Dastraf den Uniformiertenoffenbar am Gesprächsnerv,denn außer einem Schnaubenkam kein weiterer Ton über seine Lippen.

Dieser Wortwechsel entlockte dem anderen ein kleines Lächeln. Er kannte seinen Kollegen waren sie dochschon einige Jahre Partner.Es passierte schon ab undan daß er die Kontrolleüber sich verlor. Er konnte dann schon Cholerisch und sehr Impulsiv reagieren. Aber Mental waren keineDefizite zu erkennbar. Dann übernahm er das Gespräch. „Also Herr …“, suchend blickte er dabei auf die Papiere. Provokant, dem nervösen Mann in dieAugen blickend, antwortete er „Wurm.“ Die ohnehin schon entstellten Gesichtszüge entglitten dem Angesprochenen nun vollends. „Was, was hat der gesagt. Was!“, bellte er mit sich überschlagender Stimme. Er stand kurz vor dem Herzinfarkt.

Mit zusammengepressten Lippen, um sein Lachen zu unterdrücken,dabei beruhigend den Arm auf seinen Kollegen legend, sagte er: „Ganz ruhig, so heißt er.“ Die Augenbrauen nach oben gezogen undetwas entspannter, aber immer noch an der Schwelle eines Schlaganfalles kam prompt die Antwort: „Achso, komischer Name, aber passt zu ihm.“ Die Situationentschärfte sich vorerst.

Dann kam die Frage, die er schon öfters vernommen hatte. „Sie wissen, warum wir Sie angehalten haben?“ „Noch nicht so genau, möglicherweise war ich ein wenig zu schnell unterwegs. Aber das war, glaube ich, nicht so extrem.“ „Ja dasauch noch dazu über eine längere Strecke. Wäre mit einem Organmandat abzuhandeln. Aber die Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer durch das unerlaubte Benutzen des Pannenstreifensist ein schwerwiegendes Vergehen. Welche Folgen daraus entstehen können, darüber waren Sie sichoffensichtlich nicht bewusst.“ Da kam wieder die Stimme aus dem Hintergrund:„Führerschein weg, meinBester.“

„Leider muss ichin diesem Fall dem Kollegen beipflichten. Alle zwei Delikte zusammengefasst bedeuten Führerscheinentzug. Die da wären Überhöhte Geschwindigkeit, Unerlaubte Benutzung desPannenstreifens zum Verkehrswidrigen rechts überholen.“ Ein flaues Gefühl machte sich in der Magengegend des Delinquenten breit. Mit leiser Stimme formulierte er die Frage: „Sofort? Oder gibts die Möglichkeit, das mit einer Anzeige abzuwenden? Vielleicht geht auch noch die Variante der Bahrzahlung?“

Das verneinende Kopfschütteln des besonnenen Beamten stärkte dem erzürnten das Selbstvertrauen. Hinzu kam noch das Erkennen der Unsicherheit von Wurm, das Ganze machte dem Rumpelstilzchen offensichtlich Spaß. „Nein, Herr Gescheit, der wird hier und sofort eingezogen. Das Scheinchen wird auf der Bezirkshauptmannschaft Quartier nehmen.“ Der Ruhigere nickt dazubeifällig. „Na ja, da kann man nichts machen.“

Der Verlust der Fahrerlaubnis schien unabwendbar.Aber wie die letzten Meter bis zum Eigenheim absolvieren? Er startet einen zaghaften Versuch.

„Es wären nur noch vier Kilometer bis zu meinem Domizil. Außerdem warten dort schon eine Menge Leute auf mich, deshalb auch die etwasunkonventionelle Fahrweise. Kann man den Ortder Abnahme vielleicht umdiese Entfernung verschieben?“ „Sonst nochWünsche? Vielleicht Reifenwechsel oder Motorwäsche?“ Sowohl der Uniformierte alsauch Wurm konnten sicheinfach nicht beherrschen, der verbale Schlagabtausch ging in die Verlängerung. „Danke hat schon der Tankwart erledigt.“

Doch es kam eineüberraschende Wendung. Der Sympathischere der beiden unterbreitete einen Vorschlag. „Wir nehmen also die Vergehen auf, da wir aberohnehin auf dem Weg zurDienststelle sind, die unsin dieselbe Richtung führt, machen wir eine Ausnahme.Verlegen wir die Amtshandlung um diese Distanz.“ „Nein, das kannst nichtmachen, nicht mit dem.“ Nun wandte sich seine Stimme ins Weinerliche. Aber auch Herr Wurm war etwas überrascht.

„Das wäre natürlich ganz super, da fällt mir gar nichts ein, wie ich mich Bedanken könnte.“ Er winkte ab undwandte sich seinem Kollegen zu. Es gab eine kurze Diskussion.

Der Polizist,der augenscheinlich das Kommando hatte, setzte sich erfreulicherweise durch. Nach dem Erledigen derDatenaufnahme setzte man sich in Bewegung.

Die Fahrt dauerte nur wenige Minuten, dann war das Ziel erreicht.

Beim Einbiegen in die Einfahrt sah manan der gegenüberliegenden Straßenseite einige Personen, die in ein Gespräch vertieft waren, stehen. Bei genauerer Betrachtungwar zu erkennen, dass es sich ausschließlich um Frauen handelte. Dorftratsch also.

Die Ankunft desungleichen Trios zogsofort die Aufmerksamkeit der Damen auf sich.

Das Gespräch verstummte, alle Blicke richteten sich auf dasEreignis. Die Entfernung war für das Verstehen des Gesprochenen zu weit. Also verharrten die Damen in einer Haltung, die Sprinterinnen in den Startblöcken glich. SieKnieten sich dabei nicht auf dem Boden, lediglich Ihre Oberkörper warenleicht nach vorne gebeugt. Was den Eindruck erweckte sie warteten nur auf den richtigen Moment um los zu Starten. Ungeduldig warteten sie, bis man sich nach offensichtlichintensiver Unterhaltung aufder anderen Straßenseite trennte. Das wilde Gestikulierendes einen Beteiligtenwurde interessiert vermerkt.

Bei den scharf Beobachteten lief alles wie folgt ab.

Nachdem Wurm sein Fahrzeug abgestellt hatte, entstieg er selbigen. Dies taten auch die beiden Polizisten. Man bewegte sich aufeinander zu. Die Fahrerlaubnis wechselte den Besitzer, was der beobachtenden Gruppe jedochverborgen blieb. Mit den Worten: „Alles Weitere erfolgt schriftlich“, machten sich die Uniformierten davon.

Kaum war dasEinsatzfahrzeug um dieEcke gebogen, kam Bewegung in die Inquisition. Schon von Weitem war zu erkennen, wie die Neugierdein den Augen blitzte.Hintereinander aufgereiht,einer Schlange gleichend,mit seiner Gattin ander Spitze. Sie repräsentierte sozusagen den Kopf mit den Giftzähnen,so bewegten sie sich aufihr Opfer zu.

Kurz darauf hatte die Meute hechelnd undvoller Wissbegier das Objekt ihrer Begierde erreicht. Mit zu Schlitzen zusammengekniffenen Augen wurde die vermeintliche Beutefixiert.

Die Enttäuschung, durch eine massive Übermacht,die sich in der Anzahl von wissbegierigen DamenManifestierte, ein nicht eingeschüchtertes männliches Objekt vorzufinden, war deutlich indie Gesichter geschrieben.

Männer, wenn sie alleine einer Gruppe von Frauen Gegenüberstehen, fühlen sich dann ein wenigunwohl. Sie wissen nicht wie sie sich verhalten sollen. Dieses unsichere verhalten erweckt den Eindruck als seiensie eingeschüchtert. Nicht so Wurm, kannte er doch die meisten von Ihnen Persönlich

An der Spitzeder Prozession marschierte seine Frau. Es gelangihr aber nicht als erstes ihren Mann zu erreichen.Die Neugierde war bei den anderen zu groß, als dass sie ein Normales verhalten an den Tag legten. Jede wollte als erste anInformationen gelangen.

Mit verschränkten Armen und einem Lächeln aufden Lippen wurden sie empfangen. Diese Haltungentsprach aber nicht der wir