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Dieser Band enthält folgende Krimis: Alfred Bekker: Commissaire Marquanteur und der tote Geistliche: Frankreich Krimi Alfred Bekker/Pete Hackett: Trevellian - Schaum vor dem Mund Alfred Bekker: Tot und blond Alfred Bekker: Erstschlag Berlin Alfred Bekker: Kubinke und die Verschwundenen Pete Hackett: Trevellian und das schmutzige Spiel Pete Hackett: Trevellian und die Satanisten Thomas West: Alte Leichen Earl Warren: Bount Reiniger und die schwarze Witwe Berlin wird von einer Serie von Sprengstoffattentaten heimgesucht. Die Hintergründe erscheinen rätselhaft. Ein geheimer Code und ein mysteriöses Symbol scheinen damit in Zusammenhang zu stehen. Kommissar Kubinke und sein Team nehmen die Ermittlungen auf und stehen vor einem Rätsel. Was ist der teuflische Plan der unbekannten Verschwörer? Alfred Bekker ist ein bekannter Autor von Krimis, Fantasy-Romanen, Science Fiction und Jugendbüchern. Neben seinen großen Bucherfolgen schrieb er auch an zahlreichen Spannungsserien mit wie z. B. Jerry Cotton, Ren Dhark, John Sinclair, Kommissar X, Jessica Bannister, Bad Earth und andere mehr.
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Seitenzahl: 1141
Veröffentlichungsjahr: 2025
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9 Tolle Krimis im Sommerpaket für die Strandliege 2025
Copyright
Commissaire Marquanteur und der tote Geistliche: Frankreich Krimi
Trevellian - Schaum vor dem Mund
Tot und blond
Erstschlag Berlin: Ein Harry Kubinke Thriller
Kubinke und die Verschwundenen
Trevellian und das schmutzige Spiel
Trevellian und die Satanisten
Alte Leichen
Bount Reiniger und die schwarze Witwe
Dieser Band enthält folgende Krimis:
Alfred Bekker: Commissaire Marquanteur und der tote Geistliche: Frankreich Krimi
Alfred Bekker/Pete Hackett: Trevellian - Schaum vor dem Mund
Alfred Bekker: Tot und blond
Alfred Bekker: Erstschlag Berlin
Alfred Bekker: Kubinke und die Verschwundenen
Pete Hackett: Trevellian und das schmutzige Spiel
Pete Hackett: Trevellian und die Satanisten
Thomas West: Alte Leichen
Earl Warren: Bount Reiniger und die schwarze Witwe
Berlin wird von einer Serie von Sprengstoffattentaten heimgesucht. Die Hintergründe erscheinen rätselhaft. Ein geheimer Code und ein mysteriöses Symbol scheinen damit in Zusammenhang zu stehen. Kommissar Kubinke und sein Team nehmen die Ermittlungen auf und stehen vor einem Rätsel. Was ist der teuflische Plan der unbekannten Verschwörer?
Alfred Bekker ist ein bekannter Autor von Krimis, Fantasy-Romanen, Science Fiction und Jugendbüchern. Neben seinen großen Bucherfolgen schrieb er auch an zahlreichen Spannungsserien mit wie z. B. Jerry Cotton, Ren Dhark, John Sinclair, Kommissar X, Jessica Bannister, Bad Earth und andere mehr.
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Alfred Bekker
© Roman by Author
© dieser Ausgabe 2025 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen
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von ALFRED BEKKER
Die Sonne ging unter über Marseille und tauchte die alte Hafenstadt in ein goldenes, fast malerisches Licht. Doch hinter dieser Fassade lauerten die Schatten des Nachtlebens, die mit jedem Dämmerungsstrahl länger und intensiver wurden. Das Vieux-Port, der alte Hafen, war das pulsierende Herz dieser Stadt. Hier begannen die schmalen Gassen der Quartiers, hinter deren vom Flair bröckelnden Fassaden sich das wahre Gesicht der Stadt verbarg.
In der Rue de la République, einem Schmelztiegel aus prunkvoller Vergangenheit und trübseliger Gegenwart, saß Philippe "Le Renard", ein alter Fuchs im Geschäft, vor seinem kleinen Café. Mit einer Kippe, die zwischen seinen gelben Zähnen hing, und einem Cappuccino, um den Schlafmangel zu kompensieren, richtete er seinen Blick auf die Menschenmasse. Philippe kannte jeden und alles, was hier vorbeiströmte. Nichts entging seinem aufmerksamen Auge.
Nur ein paar Schritte weiter, in einem halb verfallenen alten Theater, das zum Nachtclub mutiert war, empfing Mina "La Sirène" ihre Gäste mit einem betörenden Lächeln. Mina war nicht nur die Hauptattraktion des Etablissements, sondern hielt sich durch viel Geschick und eine eiserne Hand die Kontrolle über die verschiedenen Geschäfte. Ihr kurzes Kleid und ihre langen Beine waren ihr Kapital, doch ihre eigentliche Macht lag in ihren schnellen Gedanken und ihrer unerschütterlichen Entschlossenheit.
"Was soll's, Luc? Ich brauche die Kohle bis morgen!" knurrte Jean-Claude, ein kleiner Ganove mit großem Mundwerk, zu seinem Kumpan. Der schmuddelige Hinterhof, in dem sie standen, war ihr tägliches Revier. Heute hatte ihre Beute jedoch nicht den gewünschten Betrag gebracht, und sie wussten, dass die Konsequenzen nicht unerheblich sein würden.
Im Club "Le Mirage" warf sich Ledet "Le Patron", ein bulliger Typ mit Narben aus vergangener Zeit, in seine Rolle als Besitzer und Türsteher gleichermaßen. Er wusste, wer heute Nacht welche Geschäfte machte, wer die besten Posen warf und wer nur Ärger suchte. In seinem Club wurden Deals abgeschlossen, Schicksale entschieden und manchmal auch Leben beendet.
Eine Straße weiter feuerte Marcello, ein schmieriger Drogendealer italovenezischen Ursprungs, Mascha an, ein junges Mädchen von kaum 18 Jahren, das ihre ersten Schritte im Drogenhandel wagte. "Vergiss nicht, kleine Mascha, Vertrauen ist deine stärkste Waffe, aber misstraue jedem, der dir zu sehr vertraut," sagte er mit einem Grinsen, das einem Schakal glich.
Selbst einige geschäftstüchtige Geschäftsleute träumten in den Kellern ihrer geräumigen Büros von den Reichtümern, die das illegale Gewerbe brachte. Einer von ihnen war Antoine "Le Blanchisseur", der seinen Reinigungsbetrieb als Tarnung für seine Geldwäsche-Operation nutzte. An der Oberfläche ein aufrichtiger Bürger, hinter den Kulissen ein gerissener Manipulator.
Der Strand von Prado, der tagsüber ein Ort der Erholung war, verwandelte sich nachts in den Spielplatz der Verlorenen Seelen. Homeless Jean, ein alter Mann, der den Großteil seines Lebens hier verbracht hatte, kannte die Geister dieser Stadt wie kein anderer. "Die Nacht ist die Zeit, in der Marseille atmet," pflegte er zu sagen, während er in den Sternenhimmel starrte.
In einer noblen Wohnung über dem Hafen lebte Clarisse, besser bekannt als "Madame C," die hoch bezahlte Edelprostituierte, die sich ebenfalls gerne Geschäftsfrau nannte. Ihre Klientenliste war eine Goldmine, die politische und wirtschaftliche Einflüsse in der Stadt verknüpfte. Jeder Besuch bei Clarisse war ein Eintritt in eine Welt voller Geheimnisse und Versprechungen.
Diese Nacht versprach, wie jede andere in Marseille, viel Aufregung und unendliche Geschichten. Eine Stadt, die niemals schläft, und in deren Schatten jede Menge Gestalten ihr Unwesen treiben.
Sie ahnten noch nicht, dass die Dunkelheit bald etwas viel Finstereres verbergen würde – eine Entdeckung, die das Leben vieler dieser Charaktere für immer verändern würde.
Da war sie: die Rue de la Liberté, wo die duftenden Aromen von frisch gebackenem Brot und samtigen Espressos mit dem beißenden Gestank von schalem Bier, Schweiß und Misstrauen verschmolzen. Hier stand im Halbschatten ein Mann, der all dies überblickte. Kyril, ein ehemaliger Offizier, der unfreiwillig zum Flüchtling und dann zum Professor der Straßenkunde geworden war, machte sich nie die Mühe, in Deckung zu gehen. Mit einem Blick konnte er erkennen, wer Freund und wer Feind war – und vor allem, wer potentielle Gefahr darstellte.
Doch heute Nacht war etwas anders. Alle schienen nervös, aufmerksamer als sonst. Die Luft war elektrisch aufgeladen, eine Anspannung, die sich wie ein unsichtbares Kettenhemd um die Stadt legte. Kyril nahm einen tiefen Zug aus seiner Zigarette, beobachtete still weiter und fragte sich, was auf sie alle zukam.
Im Hotel Majestic, einem Art-déco-Prunkbau der 1920er Jahre, empfing Sergio "Il Padrino", ein charismatischer, aber brutaler Clan-Boss, seine Gäste in der Luxus-Suite. Es war kein Treffen der oberen Zehntausend, sondern ein Vorbereitungstreffen der großen Spieler, die wussten, dass bald eine besondere Fracht den Hafen von Marseille erreichen würde. In der Ecke saß Yasmin, Sergio's rechte Hand und Geliebte, und zeichnete in einem Notizbuch schnelle Skizzen – ihre Methode, die Rolle der schweigenden Beobachterin zu perfektionieren.
Zur selben Zeit traf sich im Hinterzimmer eines kleinen Friseursalons, der tagsüber vor allem alte Damen bediente, Bilal, ein aufstrebender Türke, der sich im Drogengeschäft bewähren wollte, mit Nico, einem zynischen, aber erfahrenen französischen Handlanger. Es ging um Lieferzeiten und Preise, um Deals und Verträge, die sie mit Schweigen und verschlagenen Blicken bestätigten. "Vertrauen ist eine wertlose Währung hier, Nico," sagte Bilal, während er seine goldene Uhr betrachtete.
Nicht weit vom Zentrum entfernt, im stillen Schattenbereich der Basilika Notre-Dame de la Garde, hielt Père Jacques eine späte Sprechstunde für verlorene Seelen ab – Prostituierte und Taschendiebe, Drogensüchtige und Straßenkinder. Er kannte jeden ihrer Ticks, jede ihrer Lügen, aber auch ihre verzweifelten Hoffnungen und ihre klammheimlichen Träume. Heute spürte auch er die Aura der Veränderung, die in den Farben der Dämmerung leise mitschwang.
In einer diskreten Nische am Rande des wohlhabenden Viertels im Stadtteil Longchamp wartete Amelie, eine extravagante Stripperin mit einem Herz aus Stahl, darauf, dass ihr Freier des Abends aus dem schwarzen Mercedes stieg. Amelies Augen waren wie unergründliche Tiefen eines Ozeans – sie sah viel, sprach viel und wusste, wann sie zu schweigen hatte. Außergewöhnlich war dabei ihr steter Begleiter: Hugo, ihr Bodyguard und zugleich ein ehemaliger Boxer, dessen imposante Statur für Sicherheit sorgte.
Auf den Dächern der heruntergekommenen Wohnhäuser eines ärmlichen Quartiers sprang ein Schatten leichtfüßig von einem Gebäudeteil zum nächsten. Chloé, die beste Taschendiebin Marseilles, machte sich bereit für die nächtliche Jagd. Heute würde sie sich ihre Beute mit gezielten Handgriffen sichern und dabei stets die Augen nach hinten gerichtet halten – der Wettbewerb war hart, und jeder Fehler konnte das letzte sein.
Zurück am Alten Hafen zog ein eleganter Mann in einem perfekt sitzenden Anzug alle Blicke auf sich. Henry "Le Banquier", ein smarter Geschäftsstratege, der sowohl in legalen als auch illegalen Zirkeln tätig war, ging auf eine geheime Verabredung zu. Sein Geschäftszweig hatte die Feinheiten des Vergehens perfektioniert, indem er die schmutzigen Geheimnisse anderer meisterlich verwaltete.
Diese Nacht war keine gewöhnliche Nacht, das spürten die unterschiedlichsten Seelen der Stadt. Marseille, die alte Hafenstadt, war bereit, ein neues Kapitel zu schreiben – und dabei wussten alle Akteure, dass die Bühne nicht lang so ruhig bleiben würde. Ein Wind des Wandels, ein Flüstern von nahender Gefahr und ein leiser Ruf nach Erlösung lagen in der Luft, und mit jedem verstreichenden Moment rückte die unausweichliche Begegnung mit dieser neuen, alles verändernden Realität näher.
Das Licht im Himmel verblasste, und die Dunkelheit senkte sich wie ein schwerer Vorhang über die Stadt. In dieser Ungewissheit bündelte sich eine Energie, die bald wie ein Sturm durch die Straßen und Gassen von Marseille ziehen würde – ein Sturm, der alles mit sich reißen konnte.
*
Père Jacques war in den Gemeindekreisen von Marseille ein gut bekannter Name. Einst eine aufstrebende Hoffnungsträger der katholischen Kirche, hatte er sich entschieden, seine Karrierewege abseits von Glanz und Gloria zu gehen. Statt eines behaglichen Lebens im mondänen Stadtteil Prado, hatte er sich für die ärmlichen, von Dunkelheit durchtränkten Teile der Stadt entschieden: das Viertel Le Panier.
Die Basilika Notre-Dame de la Garde war seine Zuflucht und gleichzeitig seine Basis. Ihre imposanten Türme und wuchtigen Mauern boten nicht nur Schutz, sondern auch ein trügerisches Bild von Frieden und Ruhe. Im Inneren jedoch sorgte Père Jacques für eine Betriebsamkeit, die weit über das übliche Leben einer Kirche hinausging. Er nahm sich der Menschen an, die in den Schatten lebten, die Geister der Nacht, die Verlorenen und Vergessenen.
Die kleine Kapelle im Seitenschiff der Basilika war sein persönliches Refugium. Dort waren zahllose Kerzen entzündet, an deren Flammen unzählige Wünsche und Gebete hingen. Père Jacques wusste, dass er nicht für Wunder bekannt war, aber dafür, dass er ein Zuhörer war. Bei ihm fanden die, die nichts hatten, zumindest ein offenes Ohr und manchmal eine wohltuende Suppe und ein warmes Bett in den provisorischen Schlafräumen der Kirche.
Eine dieser Nächte wurde von Günther, einem bulligen deutschen Ex-Bauarbeiter mit Arthritis und einem Hang zu illegalen Glücksspielen, der in einem trockenen Schuppen neben der Kirche campierte, unterbrochen. Der Mann kam humpelnd und fluchend die steinernen Treppen herauf. "Verdammt sei dieser Regen, und verdammt sei diese Stadt!" grummelte er mitten in einen klatschnassen, windgepeitschten Nachhimmel.
Père Jacques trat hervor, seine sanften Augen musterten den Neuankömmling. "Komm hinein, Bruder," sagte er in ruhigem, vertrautem Ton und legte Günther einen Arm um die Schulter. "Der Winter nach Mitternacht ist gnadenlos."
Später, als Günther eine heiße Suppe löffelte, beugte sich Père Jacques über ihn und flüsterte: "Du musst die Spielsucht aufgeben, Günther. Das letzte Mal hat dich beinahe das Leben gekostet." Günther nickte, wusste aber, dass er schon morgen, wenn das Verlangen wieder unerträglich werden würde, zu den Poker-Tournierten am Hafen zurückkehren würde. Père Jacques verurteilte ihn dafür nicht. Er wusste, dass jeder Mensch seine Dämonen hatte.
Eine junge Frau mit den Narben einer Vergangenheit voller Gewalt klopfte an seine Tür. Ihre Augen erzählten eine Geschichte von Schmerz und Tyrannei, während ihre Lippen demütig um Hilfe baten. Père Jacques nahm sie mit einem sanften Lächeln auf, nannte sie "Mon enfant" und überließ ihr eine Ecke im Kirchenlager, wo sie ihren Kopf für die Nacht niederlegen konnte.
Père Jacques war nicht nur ein Mann des Glaubens, sondern auch der Aktion. Vor seinem Priesterleben hatte er Psychologie studiert und dies half ihm, das menschliche Leid besser zu verstehen. Er konnte die Nöte und Ängste seiner Schützlinge spüren und ihnen auf eine Weise helfen, die weit über materielle Güter hinausging. Die Worte, die er wählte, die Gesten, die er machte, besaßen eine beruhigende, oft heilende Wirkung.
Eines Abends, als die Lichter der Stadt in einem gedämpften Schein erloschen, stand Père Jacques allein vor der großen Statue der Jungfrau Maria. Er betete stumm für all jene, die nicht für sich selbst beten konnten. Für die Mädchen, die auf den Straßen zum Verkauf standen. Für die Jungen, die ihre Hände zu tief in die Taschen anderer hausierten. Für die Männer und Frauen, die in den Fängen der Sucht oder der Armut gefangen waren und keinen Ausweg sahen.
An diesem Abend kam eine junge, ausgemergelte Gestalt in die Kirche. Jean, ein ehemaliger Matrose, der seinen Lebensunterhalt als Gelegenheitsdieb verdiente, hatte in den Augen des Priesters etwas, das ihn nicht losließ. Er folgte ihm in die Kapelle und setzte sich neben ihn. Jean zögerte, bevor er sich Père Jacques zuwandte. "Ich habe etwas Schreckliches getan," flüsterte Jean, seine Stimme zitternd vor Angst und Reue.
Père Jacques legte eine beruhigende Hand auf Jeans Schulter und sagte: "Sprich, mein Sohn. Jede Seele kann durch das Licht der Wahrheit erlöst werden."
In einer Stadt, die von Dunkelheit und Verderbnis heimgesucht wurde, war Père Jacques ein stiller Anker, ein Leuchtturm der Hoffnung in einem Meer der Sünden. Marseille wusste vielleicht nicht, wie viel es diesem Priester zu verdanken hatte, aber jeder, der je in seine heilige Halle trat, verstand die Bedeutung seiner Präsenz.
*
Der erste Lichtstrahl des Morgens brach durch die bunten Glasfenster der Basilika Notre-Dame de la Garde und fiel auf das Gesicht von Père Jacques. Er öffnete seine Augen und sah die vertrauten Farben aufleuchten, die in ihm einen tiefen Frieden weckten. Der Tag begann früh für den Priester, der sich stets vor den ersten Sonnenstrahlen zum Gebet erhebt. Mit einem leisen Seufzer stand er von seinem schlichten Bett auf und begann seine morgendlichen Rituale.
Seine kargen Gemächer, bestehend aus einem kleinen Bett, einem hölzernen Schreibtisch und einer Kerze, die die langen Abendgespräche erhellte, ließen den prunkvollen Reichtum der Basilika zurücktreten. Doch Père Jacques benötigte keinen Luxus. Ihm genügten die Ruhe und der klare Blick auf das Hafenviertel, das sich erst langsam zu regen begann.
Nach einem einfachen Frühstück, das meist aus einer Scheibe Brot und starkem schwarzen Kaffee bestand, machte Père Jacques seinen ersten Rundgang durch die Kirche. Er entzündete die Kerzen, stellte sicher, dass alles in Ordnung war, und begrüßte die frühen Besucher, die zum Morgengebet kamen. Mit einem freundlichen Lächeln und einem kurzen Gespräch füllte er ihre Herzen mit einem Funken Zuwendung.
Der Vormittag war oft den administrativen Aufgaben gewidmet, die jeder Gemeinde oblagen. Père Jacques war jedoch kein konventioneller Geistlicher. Sein Büro war nicht nur ein Ort für Schriftstücke und Schriften, sondern auch eine Anlaufstelle für jene, die dringend Hilfe benötigten. In diesen Stunden traf er sich mit Freiwilligen, die sich um die Essensausgabe kümmerten, koordinierte Programme für die Obdachlosen und besprach sich mit Sozialarbeitern.
"Buongiorno, Père Jacques," begrüßte ihn Maria, eine warmherzige italienische Einwanderin, die als seine Assistentin fungierte. "Heute erwarten wir viele neue Gesichter beim Suppenessen."
Père Jacques nickte. "Das ist gut, Maria. Je mehr Seelen wir erreichen können, desto besser."
Zur Mittagszeit verteilte er persönlich Mahlzeiten an die Bedürftigen, die im Keller der Kirche serviert wurden. Hier war Père Jacques in seinem Element: Lachend, Witze erzählend, sich erinnernd an die Geschichten und Namen derer, die ihre Zuflucht bei ihm suchten. Für viele waren seine liebevollen Worte wie Balsam für ihre verwundeten Seelen.
Nach dem Suppenküchen-Dienst nahm sich Père Jacques oft Zeit für Beichtgespräche. Hier traf er alle: die Prostituierte, die einen Ausweg suchte, den Alkoholiker, der an seinem Tiefpunkt war, und den kleinen Dieb, der die Last seiner Schuld nicht mehr ertragen konnte. Jeder fand bei ihm ein offenes Ohr und, wenn er danach suchte, Vergebung und Rat.
Am späten Nachmittag spazierte er oft durch das Viertel Le Panier, seine schmale Gestalt in dem einfachen Priestergewand unverkennbar. Es war seine Art, präsent zu sein, inmitten der Menschen, die ihn brauchten. Er sprach mit Ladenbesitzern, lauschte den Sorgen der Eltern, die mit der Armut kämpften und hob die Kinder hoch, die ihm entgegenliefen. Seine Präsenz war Trost für die Menschen und ein ständiger Wachposten des Guten in einer Welt, die oft grausam war.
Der Abend brach an und brachte eine andere Art von Ruhe. Père Jacques zog sich dann häufig in die stille Kapelle zurück, um zu meditieren und zu beten. Die dunklen Stunden der Nacht waren für ihn keine Zeit der Einsamkeit, sondern eine Zeit der inneren Einkehr und der Fürbitten für jene, die draußen auf der Straße kämpften.
Nach dem Abendgebet öffnete Père Jacques die Türen der Basilika noch einmal weit. Die letzten Verirrten des Tages – Junkies auf der Suche nach einem Versteck, verängstigte Jugendliche, die sich in der Dunkelheit verloren hatten– fanden bei ihm einen sicheren Hafen. Er sprach nicht viel in diesen Stunden, seine ruhige Anwesenheit sprach Bände und ließ die Menschen wissen, dass sie nicht allein waren.
Mit der schwindenden Mondnacht und den ersten zaghaften Strahlen der Morgendämmerung beendete Père Jacques seinen Tag. Er schloss die Türen der Basilika, stellte die letzten Kerzen neu auf, und vollendete seine Runde mit einem letzten Gebet vor der alten Marienstatue.
Am Ende eines solchen Tages, wenn die ersten Vögel noch unsicher zwitscherten und die Stadt sich langsam aus dem Schlaf erhob, legte Père Jacques sich erschöpft, aber erfüllt ins Bett. Er blickte aus seinem kleinen Fenster hinaus auf die sich regenden Straßen, dankte leise für die Gnade eines neuen Tages und schloss voller Hoffnung und Liebe die Augen.
*
Ich stand vor der imposanten Basilika Notre-Dame de la Garde, die in der Morgensonne makellos schien, als gäbe es keinen Platz für das Böse. Doch in den Schatten dieses heiligen Ortes war ein Verbrechen verübt worden, das mir die Kehle zuschnürte. Vater Jacques war tot. Mord. Der Mann, der so viele Leben gerettet hatte, lag nun in einem kalten Steinraum, getötet in der Dunkelheit der Nacht.
Mein Kollege François und ich hatten schon viele Fälle gesehen, aber dieser traf uns beide tief. Père Jacques war ein Mann, den wir beide respektierten, ein Leuchtturm der Hoffnung in einer Stadt voller Schatten.
"Wer könnte so etwas getan haben?", fragte François mich, seine Stimme ein tiefer, besorgter Hauch. "So viele Menschen haben ihm ihr Leben zu verdanken."
"Es wird an uns sein, das herauszufinden, François," antwortete ich, den Blick auf das unheilvolle Spaltlicht gerichtet, das durch die hohen Fenster der Basilika drang. "Aber zuerst müssen wir die Spur sichern und die Fakten zusammentragen."
Wir betraten das Innere der Kirche und wurden von einem Geruch empfangen, der nach Kerzenwachs, alter Pracht und jenem unausweichlichen metallenem Aroma des Blutes roch. Père Jacques lag vor der Marienstatue, eine leise, fast unhörbare Ahnung von Gewalt umgab den Raum. Es war ein brutal präziser Angriff gewesen; ein Schnitt durch die Kehle, meisterhaft, aber kaltblütig.
Während ich die Szenerie untersuchte, trat eine junge Frau heran – Maria, die Assistentin von Jacques. Ihre Augen waren vom Weinen rot, und ihre Lippen bebten vor Entsetzen.
"Kommissar," flüsterte sie, "wer könnte so etwas tun? Père Jacques war ein guter Mann."
"Maria, beruhigen Sie sich," sagte ich sanft, aber bestimmt. "Wir brauchen Ihre Hilfe. Können Sie sich an irgendetwas Ungewöhnliches erinnern? Jemanden, der vielleicht in letzter Zeit auffällig war?"
Sie wischte sich verzweifelt die Tränen aus den Augen und dachte nach. "Es gab einen Mann. Jean, ein Matrose. Er suchte Jacques oft auf. Er sah verwirrt aus, sprach oft von Angst. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass er dazu fähig wäre."
Ich tauschte einen Blick mit François. "Wir werden Jean finden. Und jeden anderen, der in letzter Zeit Kontakt zu Vater Jacques hatte."
Wir verließen die Kirche und machten uns auf den Weg durch Le Panier, das alte Arbeiterviertel. Hier, in diesen labyrinthischen Straßen, wußte man über die dunklen Kapitel der Stadt Bescheid. "Jean muss irgendwo hier sein," sagte François, während wir die engen Gassen durchquerten, die vom Leben und Leid durchzogen waren.
Unsere Suche führte uns zu einer heruntergekommenen Bar nahe dem Quai. Hier verbrachte das einfache Arbeitervolk seine Zeit, wie uns Jacques einmal erklärt hatte. Der bärtige Wirt nickte, als wir das Bild von Jean zeigten. "Ja, er ist oft hier," sagte der Mann mit einer grummeligen Stimme. "Aber heute Morgen habe ich ihn noch nicht gesehen."
François trat näher an den Tresen heran. "Wenn er wiederkommt, informieren Sie uns sofort. Das hier," zeigte er ihm unsere Karten, "ist eine ernste Angelegenheit."
Dieser Teil der Stadt schlummerte nie wirklich. Auch nicht am Tag, wo sonst das Licht die Schatten vertreibt. Jeder schien seine eigenen Geheimnisse zu haben. Und während wir durch die Straßen patrouillierten, hielt ich nach einem bekannten Gesicht Ausschau. Jede noch so kleine Information könnte uns näher bringen und jeden möglichen Verdächtigen in den Fokus rücken.
Doch statt Jean fanden wir zunächst einen, der uns ein nicht weniger wertvolles Puzzleteil lieferte. Kyril, der Vagabund, der sich wie eine Eule bewegte, fiel uns auf. Er war Zeuge vieler nächtlicher Aktivitäten.
"Kyril," rief ich leise und setzte mich neben ihn, während er auf einer Bank am Hafen hockte. "Kennen Sie Jean? Er war oft bei Père Jacques zu Gast."
Kyril zündete sich eine Zigarette an und grinste verschlagen. "Jean... ja, ich kenne ihn. Ein armer Teufel. Er jagt immer Gespenstern nach, sah aus, als würde er vor irgendetwas fliehen."
"Vor was?" fragte ich und lehnte mich vor, meine Hände zitternd vor geduldiger Erwartung auf weitere Informationen.
"Wer weiß schon, Kommissar. Die Leute hier haben alle ihre Dämonen. Doch kürzlich hat er ein paar unangenehme Typen erwähnt... Männer, die seinen Tod wollten oder ihn zu etwas trieben. Vielleicht sollte ich sagen, dass er aus der Stadt fliehen wollte."
François blickte mich an. "Das könnte der Schlüssel sein. Vielleicht wurde Jean gezwungen oder bedroht."
Unsere Schritte wurden schneller und entschlossener, als wir unseren nächsten Schritt planten. Jean musste gefunden werden, und zwar bevor er möglicherweise endgültig verschwand.
Marseille verhielt sich manchmal wie eine labyrinthische Falle, in der sich verlorene Seelen noch weiter verstrickten. Aber ich war entschlossen, dieses Rätsel zu knacken und die Gerechtigkeit für Père Jacques zu finden. Um jeden Preis.
Die Sonne stand hoch am Himmel und das Leben ging weiter, doch für mich, François und die Menschen in dieser Stadt würde nichts mehr jemals das gleiche sein, wenn wir dieses Kapitel nicht klärten. Vater Jacques verdiente mehr als das: Er verdiente, dass sein Tod angemessen gesühnt wurde.
*
Jean, der vermutlich die Antworten auf unsere Fragen hatte, war noch im Verborgenen, aber jede Spur führte uns näher zu ihm. François und ich trennten uns kurz und durchkämmten die Gassen des Vieux Port. Wir kannten diese Straßen in- und auswendig, aber heute fühlten sie sich düsterer an.
Es war Maria gewesen, die uns den Hinweis auf Jean gegeben hatte, und in ihr Vertrauen zu investieren, war der richtige Weg. Ich überprüfte mein Telefon – nichts. Noch keine Spur von Jean oder irgendwelchen Informationen, die uns weiterhelfen könnten.
Eine alte Dame, die vor einer Boulangerie saß, nickte mir zu. "Monsieur le Commissaire, suchen Sie jemanden?" fragte sie freundlich und deutete auf die Fotografie von Jean in meiner Hand. Ihre Augen funkelten neugierig.
"Ja, Madame, haben Sie diesen Mann gesehen? Er heißt Jean, ist ein ehemaliger Matrose," antwortete ich höflich.
Die Dame dachte nach, dann nickte sie. "Ja, ich glaube, ich habe ihn gesehen. Er spazierte nervös an meinem Laden vor ein paar Tagen vorbei. Er sah... verängstigt aus."
Ich bedankte mich bei ihr und machte mich wieder auf den Weg. Meine Gedanken rasten. Was hatte ihn in eine solche Panik versetzt? Und wer könnten diese unangenehmen Typen sein, von denen Kyril gesprochen hatte?
Plötzlich klingelte mein Telefon. François' Name leuchtete auf dem Display. „Pierre, ich habe etwas. Treffpunkt bei der alten Fischerei, unweit des Hafens.“ Er klang aufgeregt und entschlossen.
Ich beeilte mich zum vereinbarten Treffpunkt, jede Sekunde zählte. Als ich ankam, sah ich François bereits mit einem anderen Mann sprechen – Marcello, der schmierige Drogendealer. Er hatte Informationen, die wir brauchen konnten.
"Marcello," begann François, "du hast von uns genug Schutz bekommen. Jetzt sagen Sie uns, wo Jean ist."
Marcello zuckte mit den Schultern und grinste widerlich. „Ach, Kommissare, immer in Eile. Ich habe gehört, er versteckt sich in einem alten Lagerhaus am Rande der Stadt, in der Nähe der alten Werft. Aber ich weiß nicht, warum ihr euch die Mühe macht. Er sieht nicht danach aus, als könnte er noch lange durchhalten.“
Ich ballte meine Fäuste in den Taschen meiner Jacke. "François, los geht’s. Wir haben keine Zeit zu verlieren."
Wir fuhren mit sirenenheulenden Autos durch die engen Straßen von Marseille. Das alte Lagerhaus war ein verlassenes Relikt vergangener industrieller Blütezeiten. Die rissigen Mauern und eingeschlagenen Fenster erzählten Geschichten von Verfall und Hoffnungslosigkeit.
Vorsichtig traten wir ein, unsere Lampen durchstöberten die Dunkelheit. „Jean?“ rief ich, meine Stimme hallte gespenstisch wider. In der Ferne hörten wir ein schwaches Husten und danach Stille.
Wir folgten dem Geräusch und fanden Jean schließlich in einer Ecke zusammengekauert. Er sah abgemagert und völlig ausgezehrt aus, seine Augen weiteten sich, als er uns erkannte. „Kommissare... ich... ich hatte keine Wahl,“ stammelte er, seine Stimme war kaum mehr als ein Flüstern.
François kniete sich neben ihn. "Jean, beruhigen Sie sich. Sie sind jetzt sicher. Erzählen Sie uns alles – wer hat Ihnen das angetan?"
Jean holte tief Luft, seine Hände zitterten. "Es war Sergio... der Clan-Boss. Er hat mich gezwungen, für ihn zu arbeiten. Ich sollte Informationen über Père Jacques sammeln. Sie... sie wollten wissen, wer sich mit ihm traf..."
Das Bild wurde klarer. Es gab mehr hinter diesem Mord als nur eine verzweifelte Tat eines Einzelnen. „Was hatten Sie davon?“, fragte François leise, versuchte, nicht zu drängen.
„Ich hatte keine Wahl. Sie haben mich bedroht, gesagt, wenn ich nicht mitmache, bin ich der Nächste. Ich war so verängstigt...“, Jean brach in Tränen aus.
„Jean, was ist letzte Nacht passiert?“, fragte ich, meine Stimme ruhig. „Wie ist es dazu gekommen?“
„Ich sollte ihn nur beobachten… aber dann hat Sergio’s rechter Mann, Enzo, das Messer gezogen. Ich wollte ihn aufhalten... ich konnte es nicht. Sie haben mir gesagt, wenn ich es je verrate, werde ich sterben.“
Damit hatten wir zumindest einen Namen: Enzo. Und eine Verbindung, die uns zu einem der größten Gangsterbosse Marseilles führte.
Erleichtert half ich Jean auf die Beine und wir brachten ihn zu unserem Wagen. „Sie haben das Richtige getan, Jean. Wir werden für Ihre Sicherheit sorgen,“ versicherte ich ihm mit fester Stimme.
Zurück im Präsidium, sammelten François und ich alle Informationen, die wir hatten. „Wir müssen Enzo finden, und das schnell. Sergio wird ahnen, dass wir ihm auf die Spur kommen,“ sagte François und ich nickte zustimmend.
Es war ein langer Tag gewesen, aber der Fall Père Jacques war noch lange nicht abgeschlossen. Marseille, mit all seinen verborgenen Geheimnissen und kriminellen Netzwerken, war ein Ort, der niemals still stand. Aber François und ich waren entschlossen, für Gerechtigkeit zu sorgen – für Père Jacques und für alle, deren Leben durch diese finsteren Machenschaften zerstört worden waren.
Der Morgen würde neue Spuren ans Licht bringen, und wir würden sie gewissenhaft verfolgen, um die Schuldigen zu fassen. Marseille mochte eine Stadt voller Schatten sein, aber wir würden das Licht der Wahrheit nicht erlöschen lassen.
Der nächste Morgen begann früh und hektisch. Nachrichten über den Mord an Père Jacques hatten sich wie ein Lauffeuer in Marseille verbreitet, und die Medien standen Schlange vor dem Präsidium, um Informationen zu bekommen. François und ich hatten keine Zeit für Interviews – wir mussten Enzo finden, bevor er untertauchte oder schlimmer, bevor die Spur kalt wurde.
„Jean ist in einem sicheren Haus untergebracht,“ informierte mich François, als wir uns auf den Weg zu einem alten Informanten machten, der tief in Sergio’s Geschäften verwickelt war. „Er hat jede Menge Angst, aber er redet. Und was er erzählt, bestätigt unsere schlimmsten Befürchtungen.“
„Gut,“ sagte ich und drückte das Gaspedal etwas fester. „Je mehr wir über Sergio und Enzo wissen, desto schneller können wir zuschlagen. Der Tod von Père Jacques lässt uns nicht viel Zeit.“
Wir parkten vor einem heruntergekommenen Wohnblock in Noailles, einem Viertel, das ebenfalls von der Kriminalität durchzogen war. Der Informant, ein alter Bekannter namens Luigi, erwartete uns bereits. Er wusste immer, wann wir auftauchten – eine unheimliche, aber nützliche Fähigkeit.
„Kommissare,“ begrüßte uns Luigi, während er eine Zigarette anzündete. „Ich habe gehört, ihr sucht nach Enzo. Er ist nicht leicht zu finden. Hat viele Verstecke in der Stadt.“
„Luigi, wir haben keine Zeit für Spielchen. Sie wissen genau, dass wir im Ernstfall auch ohne Ihre Hilfe auskommen. Aber Zusammenarbeit könnte sich für Sie lohnen,“ warnte ich ihn. François nickte im Hintergrund zustimmend.
Luigi zögerte, dann nickte er langsam. „In Ordnung. Enzo war gestern in der alten Lagerhalle am Quai de la Joliette. Er hat dort einige loyalen Helfer. Wenn ich raten müsste, ist er noch dort. Aber wenn ihr dort hingeht, seid bereit für Ärger.“
Es war ein riskanter Plan, aber wir hatten keine Wahl. Zeit war unser Feind, und jede Minute zählte. François und ich riefen Verstärkung an und machten uns auf den Weg zu der Lagerhalle. Es war ein trügerisch sonniger und ruhiger Tag in Marseille – die Stadt, die niemals schläft.
Am Quai de la Joliette angekommen, gingen wir mit gezogener Waffe und wachsamen Augen vor. Die Lagerhalle war riesig, voller Deckung und möglicher Verstecke. Unsere Blaulichter flackerten jetzt still am Horizont. Wir wussten, dass dies eine heikle Mission war.
„Nehmen wir die Hintereingänge, François. Keiner entkommt,“ flüsterte ich und deutete auf die schmalen Seitenstraßen, die zur Halle führten. Unsere Männer verteilten sich, um jeden Ausweg zu blockieren.
Wir bewegten uns leise, unsere Schritte wurden nur vom Sirren des Windes und dem entfernten Rufen der Möwen unterbrochen. Kurz darauf hörten wir gedämpfte Stimmen und schweres Gepolter. Enzo und seine Männer wussten, dass wir kamen.
„Enzo, dies ist die Polizei! Geben Sie auf, es gibt keinen Ausweg,“ rief François, während wir uns vorsichtig näherten. Die Antwort war ein lautes, schneidendes Lachen, gefolgt von dem unverkennbaren Geräusch von Schüssen, die in unsere Richtung peitschten.
„Verdammt,“ flüsterte ich und drückte mich gegen die kalte Betonwand. „Er muss sich ein Bild davon gemacht haben, wie viele wir sind.“
François und ich tauschten einen Blick. „Wir stürmen rein,“ sagte er entschlossen. „Er will uns aufhalten – dann geben wir ihm das Gefecht, das er sucht.“
Wir gingen voran, unsere Kollegen dicht hinter uns. Die Lagerhalle war in ein Chaos aus Plastikcontainern und alten Maschinen getaucht. Enzo und seine Männer feuerten aus Deckungen heraus, aber unsere Ausbildung und Erfahrung gaben uns den Vorteil. Es war ein zäher, schmutziger Kampf.
Endlich, nach endlosen Minuten, hörte das Kugelhagel auf. Wir stürmten nach vorne und fanden Enzo hinter einer großen Holzpalette zusammengekauert, seine Waffe leer und seine Miene voller überschäumender Wut.
„Enzo, es ist vorbei,“ sagte ich und hielt ihm meine Handschellen hin. „Für den Mord an Père Jacques und all Ihre anderen Verbrechen werden Sie zur Rechenschaft gezogen.“
Enzo grinste verschlagen. „Ihr habt keine Ahnung, was ihr da begonnen habt, Kommissare. Sergio wird euch finden. Ihr seid tot, bevor ihr auch nur 'guten Morgen' sagen könnt.“
„Das sehen wir noch,“ erwiderte François ruhig. „Jetzt sprechen Sie, und zwar über alles, was Sie wissen.“
Zurück im Präsidium, unter starkem Polizeischutz, begann Enzo zu sprechen. Er erzählte von Sergios Machenschaften, seinen Kontakten und kriminellen Plänen. Es war ein bedrückendes Netz aus Gewalt, Korruption und Verrat, das sich über die ganze Stadt spannte.
Während der Vernehmung dachte ich an Père Jacques. Sein Tod hatte viele Leben verändert, und doch hatte er uns auf die Spur von Sergio und seinen Männern gebracht. Marseille würde wieder ein wenig sicherer werden, sobald wir diese Verbrecher zur Strecke gebracht hatten.
Diese Stadt war voller Leid und Gefahr, aber auch voller Mut und Hoffnung. Und solange wir auf der Seite des Lichts standen, würde Marseille niemals untergehen. Père Jacques würde in unseren Herzen weiterleben, und sein Erbe würde uns die Kraft geben, für die Gerechtigkeit zu kämpfen.
„Für Père Jacques,“ murmelte ich leise und sah François in die Augen. Er nickte schweigend – eine stille Bestätigung unserer Mission.
Wir waren bereit für den nächsten Zug im brutalen Spiel um Macht und Gerechtigkeit. Sergio’s Reich würde fallen, und wir würden dafür sorgen, dass jeder, der sich daran beteiligt hatte, seine gerechte Strafe erhielt. Marseille gehörte den Menschen, nicht den Verbrechern, und wir waren entschlossen, sie zurückzuholen.
Die Vernehmung von Enzo hatte einige wertvolle Hinweise zutage gebracht, doch bevor wir weiter voranschreiten konnten, brauchten wir handfeste Beweise. Der nächste Schritt führte François und mich zur Gerichtsmedizin, um die Ergebnisse der Autopsie von Père Jacques zu erhalten. Die Erkenntnisse aus der Obduktion würden uns vielleicht die entscheidenden Details liefern, die uns halfen, das Puzzle zu lösen.
Die Gerichtsmedizin von Marseille war ein kaltes, steril wirkendes Gebäude im Stadtteil La Timone. Der scharfe Kontrast zur Lebendigkeit der Stadt draußen ließ den Ort noch beklemmender erscheinen. Dr. Élisabeth Vernet, die leitende Gerichtsmedizinerin, erwartete uns bereits in ihrem Büro, ein Stapel Berichte vor sich auf dem Schreibtisch.
„Kommissare,“ begrüßte sie uns mit einem knappen Nicken. „Ich habe die Autopsie von Père Jacques abgeschlossen und einige interessante Ergebnisse gefunden.“
„Was können Sie uns sagen, Dr. Vernet?“ fragte ich, während ich mich setzte und meine Notizen bereithielt. François stand ruhig an meiner Seite, sein Blick fest auf die Medizinerin gerichtet.
„Die Todesursache war ein tiefer Schnitt durch die Kehle, wie Sie bereits vermutet haben. Es war ein einziger, präziser, professioneller Schnitt, der die Halsschlagader durchtrennt hat. Das passierte in einer Weise, die darauf schließen lässt, dass der Täter sehr erfahren ist.“
„Können Sie uns etwas über die Tatwaffe sagen?“ fragte François, seine Stimme ruhig, aber drängend.
„Es handelt sich höchstwahrscheinlich um ein spezialisiertes Messer, möglicherweise ein chirurgisches Instrument oder eine Waffe, die von einem professionellen Auftragskiller verwendet wird. Das muss jemand gewesen sein, der wusste, was er tat.“
Ich tauschte einen Blick mit François. Das passte zu Enzo und seiner brutalen Präzision, wie sie uns bereits bekannt war.
„Gab es Anzeichen von Widerstand, Dr. Vernet?“ fragte ich weiter. „Irgendetwas, das darauf hindeutet, dass Père Jacques wusste, was auf ihn zukam?“
Sie zog ein weiteres Blatt aus dem Stapel. „Nein, Kommissar. Es gab keinerlei Abwehrverletzungen. Es sieht so aus, als ob der Angriff sehr schnell und überraschend kam. Père Jacques war wahrscheinlich sofort bewusstlos, nachdem der Schnitt gesetzt wurde.“
Die Kälte dieser klinischen Beschreibung ließ mich innerlich frösteln. „Gibt es irgendetwas, das uns weiterhelfen könnte – DNA-Spuren, Hautpartikel des Täters?“
Dr. Vernet nickte und schob uns ein weiteres Blatt Papier zu. „Wir haben unter den Fingernägeln des Opfers einige Hautpartikel gefunden, die nicht zu Père Jacques gehören. Sie wurden bereits ins Labor geschickt und wir erwarten die Ergebnisse in den nächsten Stunden. Es könnte uns helfen, den Täter eindeutig zu identifizieren.“
„Das sind gute Nachrichten,“ sagte François, seine Augen hell vor Entschlossenheit. „Jede Spur könnte uns näher an Sergio und seine Männer bringen.“
„Ein weiteres Detail ist wichtig, Kommissar,“ fügte Dr. Vernet hinzu. „Père Jacques hatte Substanzen im Blut, die darauf hindeuten, dass er möglicherweise ruhiggestellt wurde, bevor der Schnitt gesetzt wurde. Vielleicht wurde ihm ein Betäubungsmittel verabreicht – das würde erklären, warum er sich nicht gewehrt hat.“
„Das passt ins Bild,“ sagte ich nachdenklich. „Der Täter muss sicherstellen wollen, dass Père Jacques keine Chance hat zu reagieren. Enzo ist clever, aber vielleicht hat er doch einen Fehler gemacht.“
„Vielen Dank, Dr. Vernet,“ sagte François. „Ihre Informationen sind äußerst wertvoll für unsere Ermittlungen.“
„Ich wünsche Ihnen viel Erfolg, Kommissare,“ sagte sie, ihre Augen voller Mitgefühl. „Père Jacques war ein guter Mensch. Er verdient, dass die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden.“
Wir verließen die Gerichtsmedizin mit einer Mischung aus Bestätigung und neuem Tatendrang. Die Ergebnisse der Obduktion gaben uns einen klaren Verlauf der Ereignisse und stärkten unsere Theorie, dass Sergio und seine Bande für den Mord verantwortlich waren.
„Der nächste Schritt ist klar,“ sagte ich zu François, als wir im Auto zurück zum Präsidium saßen. „Wir warten auf die DNA-Ergebnisse und planen dann unseren nächsten Zug. Wir brauchen wasserdichte Beweise, bevor wir Sergio festnehmen können.“
François nickte. „Und wir müssen sicherstellen, dass er keine Chance hat, unterzutauchen. Jeder Fehler könnte ihn ein für alle Mal verschwinden lassen.“
Die Sonne stand hoch am Himmel, aber Marseille fühlte sich weiterhin von Schatten bedrängt. Mit jedem Schritt kamen wir der Wahrheit näher, und es war nur eine Frage der Zeit, bis wir den Fall endgültig lösen würden. Père Jacques verdient Gerechtigkeit, und wir würden nicht ruhen, bis er sie bekam.
Mit den neuen Informationen der Gerichtsmedizin im Gepäck kehrten François und ich ins Präsidium zurück. Die Nervosität und Anspannung, die in der Luft lag, war greifbar. Jeder spürte das Gewicht des Falls auf seinen Schultern. Der Mord an Père Jacques hatte eine neue Dringlichkeit in unsere Ermittlungen gebracht, und wir wussten, dass jede Minute zählte.
Im Präsidium angekommen, trafen wir auf Inès, unsere forensische Spezialistin. Sie war eine brillante Frau, deren Fachwissen und Akribie uns schon oft den entscheidenden Durchbruch gebracht hatten. Sie erwartete uns bereits in ihrem Labor, umgeben von Mikroskopen, Computern und allerlei Hightech-Geräten.
„Kommissare,“ begrüßte sie uns formell, aber mit einem Hauch von Eifer in ihren Augen. „Ich habe einige interessante Ergebnisse für Sie. Die Hautpartikel, die unter den Fingernägeln von Père Jacques gefunden wurden, sind analysiert und wir haben ein DNA-Profil erstellt.“
François lehnte sich gegen den Tisch, seine Augen auf den Bildschirm gerichtet. „Und? Irgendeine Übereinstimmung in der Datenbank?“
Inès nickte. „Ja, wir haben eine Trefferquote. Und sie ist kein Unbekannter – die DNA gehört zu Enzo, einem Handlanger von Sergio. Das bestätigt, dass er direkt am Tatort war.“
„Perfekt,“ murmelte ich und fühlte einen Hauch von Triumph durch meine Adern pulsieren. „Wir haben ihn. Aber wir brauchen noch mehr, um Sergio selbst zu verbinden.“
Inès fuhr fort. „Wir haben auch Rückstände einer Sedierungssubstanz im Blut von Père Jacques gefunden. Es handelt sich um Midazolam, ein starkes Beruhigungsmittel, das schnell wirkt. Wer immer das getan hat, wusste genau, was er tat.“
„Das passt zu dem präzisen Schnitt und der Tatsache, dass keine Abwehrspuren vorhanden sind,“ bestätigte François, während er seine Notizen durchging.
„Es gibt noch etwas,“ fügte Inès hinzu und lenkte unsere Aufmerksamkeit auf einen anderen Bildschirm. „Wir haben die Überwachungskameras rund um die Basilika ausgewertet. Schaut mal hier.“
Sie spielte das Video ab, das die Rückseite der Basilika für die letzten 24 Stunden zeigte. Der Monitor zeigte eine dunkle Gestalt, die sich in den frühen Morgenstunden unauffällig an der Kirche entlang bewegte. Sie blieb kurz stehen, als ob sie darauf wartete, dass sich die Küstenlinie klärte, und verschwand dann im Schatten.
„Das ist Enzo,“ sagte ich mit einer sicheren Stimme. „Aber wer ist der andere Mann?“
Inès zoomte näher heran und versuchte das Bild zu klären. „Das Gesicht ist schwierig zu erkennen, aber anhand der Größe und Statur könnte es Sergio selbst sein oder einer seiner engsten Vertrauten.“
„Das ist es,“ sagte François ernst. „Wir müssen alle Überwachungskameras in der Nähe durchgehen. Vielleicht finden wir noch klarere Aufnahmen.“
„Dafür bereite ich gerade das Material vor,“ bestätigte Inès. „Aber es wird ein wenig Zeit in Anspruch nehmen.“
„Tun Sie, was Sie können, Inès,“ bat ich sie. „Jede Minute zählt.“
Während Inès weiter daran arbeitete, die Aufnahmen zu verfeinern und zusätzliche Kamerawinkel zu überprüfen, trafen François und ich Vorkehrungen für den Zugriff auf Enzo. Wir mussten sicherstellen, dass Sergio und seine Männer keine Gelegenheit hatten zu entkommen.
Einige Stunden später, als die Nacht bereits hereingebrochen war und die Lichter von Marseille ein mystisches Glühen über die alten Gebäude legten, rief Inès uns zurück ins Labor. „Kommissare, ich glaube, ich habe etwas.“
Sie zeigte uns eine verfeinerte Aufnahme von einem der angrenzenden Gebäude. „Hier sehen Sie, wer Sergio den Befehl gegeben hat. Es ist nicht hundertprozentig klar, aber Sie können das Gesicht erkennen.“
Meine Augen weiteten sich, als ich auf den Bildschirm starrte. „Das ist er. Das ist Sergio. Wir haben ihn.“
François klopfte mir auf die Schulter. „Das ist es, Pierre. Wir haben Die Beweise, um ihn festzunehmen.“
Mit den letzten Puzzleteilen in der Hand, koordinierten wir den Zugriff auf Sergio und seine Handlanger. Es war eine riskante Operation, aber wir waren bereit. Mit einem präzisen Plan und der Unterstützung von Eliteeinheiten der Polizei stürmten wir das Versteck von Sergio – eine gut befestigte Villa am Stadtrand.
Die Ergreifung verlief blitzschnell und ohne Komplikationen. Sergio und seine Männer wurden überwältigt, bevor sie reagieren konnten. Endlich waren die Verantwortlichen für den Mord an Père Jacques und viele andere Verbrechen in Gewahrsam.
Als Sergio abgeführt wurde, blickte er mich mit hasserfüllten Augen an. „Ihr habt gewonnen, Kommissare. Aber Marseille ändert sich nie. Da draußen gibt es hunderte, die meinen Platz einnehmen werden.“
„Vielleicht,“ sagte ich ruhig. „Aber heute haben wir gewonnen, und das ist alles, was zählt. Père Jacques wird seine Gerechtigkeit bekommen.“
Zurück im Präsidium, legten François und ich die Beweise auf den Tisch. Es war ein harter Kampf gewesen, aber wir hatten gesiegt. Marseille würde nie frei von Schatten sein, aber mit jedem Schritt machten wir die Stadt ein wenig sicherer.
Und irgendwo da draußen, in den Herzen der Menschen, die Vater Jacques geholfen hatte, wurde das Licht der Hoffnung und Gerechtigkeit wieder ein Stück heller. Wir würden weiterhin kämpfen – für die Verlorenen, die Vergessenen und für all jene, die in dieser Stadt leben und lieben.
Marseille war eine raue Stadt, aber sie war unsere Stadt, und solange François und ich atmeten, würden wir nicht ruhen, bis Gerechtigkeit über die Dunkelheit triumphiert. xxx
Sergio und Enzo waren in Haft und den Beweisen, die wir durch die Forensik und die Gerichtsmedizin gesammelt hatten, war ein entscheidender Sieg errungen. Doch bevor wir den Fall offiziell abschließen konnten, mussten wir diesem Triumph dem Chef der Kriminalpolizei vorstellen – Monsieur Marteau. Er war ein respektierter Mann, bekannt für seine Strenge und seinen unerschütterlichen Gerechtigkeitssinn. Sein Urteil war das letzte Wort in allen wichtigen Angelegenheiten.
François und ich machten uns auf den Weg zu seinem Büro, das sich in einem der oberen Stockwerke des Präsidiums befand. Die Atmosphäre war gespannt, als wir den langen Korridor entlanggingen, die Akten und Beweise fest in unseren Händen. Jeder Beamte, an dem wir vorbeigingen, wusste, dass dies ein großer Moment war.
Monsieur Marteau saß an seinem Schreibtisch, als wir eintraten. Seine Augen, scharf und aufmerksam, musterten uns, während er aufstand und uns die Hand entgegenstreckte.
„Kommissare,“ sagte er mit tiefer Stimme. „Ich habe schon viel über diesen Fall gehört. Setzen Sie sich und berichten Sie.“
François und ich nahmen Platz und legten die Beweise vor ihm aus. „Monsieur Marteau, wir haben den Mord an Père Jacques aufgeklärt und die Täter gefasst,“ begann ich. „Hier sind die vollständigen Berichte der Gerichtsmedizin, der Forensik und die Aussagen der Zeugen.“
Monsieur Marteau nahm sich einen Moment Zeit, um die Akten durchzusehen, sein Gesicht regungslos. „Beeindruckende Arbeit, Kommissare. Fassen Sie die wichtigsten Punkte für mich zusammen.“
François ergriff das Wort. „Wir haben festgestellt, dass Enzo den Mord an Père Jacques direkt ausgeführt hat. Dies wurde durch DNA-Spuren bestätigt, die unter den Fingernägeln des Opfers gefunden wurden. Außerdem haben wir herausgefunden, dass Père Jacques mit Midazolam ruhiggestellt wurde, bevor der tödliche Schnitt gesetzt wurde. Dies weist auf eine sehr geplante und präzise Durchführung der Tat hin.“
Ich fügte hinzu: „Unsere Überprüfung der Überwachungskameras hat ergeben, dass Sergio und Enzo beide in unmittelbarer Nähe der Basilika gesehen wurden, kurz bevor Père Jacques ermordet wurde. Sergio hat den Befehl gegeben – das geht klar aus den Aufnahmen hervor. Wir haben sie beide festgenommen und in Gewahrsam.“
Monsieur Marteaus Augen funkelten, während er den Bericht aufmerksam verfolgte. Er lehnte sich zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. „Das ist eine solide Beweisführung. Ihre Ermittlungen waren schnell und präzise. Père Jacques war eine wichtige Figur in dieser Gemeinschaft, und sein Verlust ist schmerzlich. Sie haben den Schuldigen gefasst und der Stadt ein Stück Gerechtigkeit zurückgegeben.“
„Danke, Monsieur,“ sagte François, und ich nickte zustimmend.
„Aber,“ fügte Monsieur Marteau hinzu, „wir dürfen uns nicht auf unseren Lorbeeren ausruhen. Sergio hat Recht in einem Punkt: Marseille ist eine Stadt, die gefährlich bleiben wird, solange Verbrecher wie er glauben, dass sie unantastbar sind. Sie haben einen wichtigen Schritt getan, aber wir müssen wachsam bleiben. Es gibt noch viele andere, die nach der Macht greifen werden.“
„Natürlich, Monsieur,“ sagte ich fest. „Wir werden weiterhin dafür sorgen, dass Verbrechen nicht unbeantwortet bleiben und dass Gerechtigkeit zählt.“
Monsieur Marteau stand auf und reichte uns die Hand. „Ich bin stolz auf Ihre Arbeit, Pierre, François. Machen Sie weiter so. Marseille braucht Männer wie Sie.“
Wir nickten beide und verabschiedeten uns, fühlten eine Mischung aus Stolz und Erleichterung. Der Fall Père Jacques war abgeschlossen, aber unsere Arbeit war weit davon entfernt, beendet zu sein. Die Stadt war immer noch voller Schatten, Geheimnisse und neuer Gefahren.
Auf dem Weg zurück ins Büro war François nachdenklich. „Weißt du, Pierre, ich habe immer gedacht, dass wir irgendwann eine Art von Endlichkeit erreichen würden. Aber in dieser Stadt gibt es immer neue Herausforderungen.“
„Das stimmt,“ sagte ich mit einem kleinen Lächeln. „Aber genau das macht unsere Arbeit sinnvoll. Wir kämpfen im Dunkeln, um das Licht hervorzubringen.“
Als die Dämmerung über Marseille hereinbrach, wusste ich, dass der Kampf niemals enden würde. Aber wir waren bereit. Père Jacques konnte nun in Frieden ruhen, und mit ihm die Hoffnung, dass Gerechtigkeit über das Chaos siegen kann.
Nach unserem Gespräch mit Monsieur Marteau kehrten François und ich in unser gemeinsames Büro zurück. Der Tageslicht verblasste und tauchte Marseille in ein goldenes, manchmal bedrohliches Licht, das die Schatten der Stadt zu verlängern schien. Jeder Winkel schien Geschichten zu erzählen, von Hoffnung und Verzweiflung, von Erlösung und Verdammung. Wir wussten, dass unsere Aufgabe nie wirklich endete, aber der heutige Sieg gab uns neuen Antrieb.
Kaum hatten wir unsere Jacken aufgehängt und unsere Notizen geordnet, klingelte mein Telefon. Es war einer unserer Informanten, Luigi.
„Kommissar Marquanteur, ich habe etwas Dringendes zu berichten,“ sagte Luigi mit gesenkter Stimme.
„Was gibt es, Luigi?“ fragte ich und spürte, wie mein Magen sich zusammenzog. Nach dem heutigen Erfolg hatte ich gehofft, wir könnten einen Moment Ruhe haben.
„Ich habe Gerüchte gehört. Sergios Verhaftung hat einige seiner Männer aufgeschreckt. Sie planen, ihn zu befreien, und zwar bald.“
Ich tauschte einen schnellen Blick mit François. „Luigi, wie verlässlich sind diese Informationen?“
„Sehr verlässlich, Kommissar. Ich habe es aus erster Hand. Einige seiner engsten Vertrauten sind bereit, alles zu riskieren, um ihn rauszuholen. Sie könnten schon in den nächsten Stunden zuschlagen.“
„Danke, Luigi,“ sagte ich und legte auf, ohne eine Sekunde zu verschwenden. „François, wir müssen sofort handeln. Wenn sie Sergio rausbekommen, ist alles was wir erreicht haben, für die Katz.“
„Richtig,“ meinte François und griff nach seinem Telefon. „Wir müssen die Sicherheitsvorkehrungen im Gefängnis auf den höchsten Stand bringen und zusätzliche Kräfte mobilisieren.“
Innerhalb weniger Minuten hatten wir die Einsatzkräfte alarmiert und uns auf den Weg zum Gefängnis gemacht, wo Sergio und Enzo festgehalten wurden. Die Fahrt dorthin war angespannt. Das Geräusch der Polizeisirenen und das flackernde Blaulicht verliehen der Atmosphäre eine greifbare Dringlichkeit.
Vor dem Gefängnistor begrüßte uns der wachsame Leiter der Haftanstalt, Monsieur Durand. „Kommissare, ich habe Ihre Anweisungen erhalten. Das gesamte Personal ist in Alarmbereitschaft.“
„Gut,“ sagte François, während ich die Einsatzbefehle ausgab. „Wir dürfen nichts dem Zufall überlassen. Jedes mögliche Szenario muss abgedeckt sein.“
Drinnen nahmen wir uns einen Moment, um die Überwachungskameras anzusehen. Die Sicherheitszentrale war ein geschäftiger Ort, Männer und Frauen in Uniform arbeiteten fieberhaft, um sicherzustellen, dass alles glatt lief. Die Nervosität war spürbar, aber die Entschlossenheit auch.
„Ich werde selbst mit ein paar Leuten auf das Dach gehen,“ sagte ich zu François. „Wir müssen sicherstellen, dass sie keinen Helikopter oder etwas anderes Verrücktes versuchen.“
François nickte. „Ich werde die Eingänge überwachen und jede verdächtige Bewegung im Auge behalten.“
Die nächsten Stunden verstrichen wie in Zeitlupe. Jeder Anruf, jedes Rascheln ließ unseren Herzschlag schneller werden. Patrouillen wurden verstärkt, jeder Winkel des Gebäudes mehrfach überprüft. Die Schatten der Nacht hatten die Stadt vollständig umarmt, und ich konnte die Spannung in der Luft schneiden.
Kurz nach Mitternacht kam die erste Meldung: „Bewegung an der Westseite!“ rief einer der Wachleute über das Funkgerät. „Verdächtige Fahrzeuge.“
„Los!“ sagte ich und raste mit meinen Männern nach unten.
Wir erreichten die Westseite des Geländes und sahen tatsächlich zwei dunkle Lieferwagen, deren Rücklichter wie die Augen von Raubtieren im Dunkeln glühten. Die Türen öffneten sich und maskierte Männer sprangen heraus, bewaffnet und bereit für den Angriff.
„Polizei! Hände hoch!“ rief ich und zielte mit meiner Waffe.
Ein Schuss brach die Stille, und dann war alles ein Wirbel aus Bewegung und Geräuschen. François und seine Truppe kamen von der anderen Seite und flankierten die Angreifer von hinten. Es war ein Präzisionsangriff, und unsere Leute waren gut vorbereitet. Niemand entkam diesem Chaos.
Am Ende lagen die Eindringlinge auf dem Boden, gefesselt und entwaffnet. Sergio’s Fluchtversuch war vereitelt worden, und es schien, als hätten wir noch einmal die Oberhand gewonnen.
„Wir haben sie,“ sagte François, während er mir erleichtert die Hand schüttelte.
„Ja, aber wir dürfen nicht nachlassen,“ antwortete ich. „Das war ein Manöver, aber in Marseille gibt es immer noch viele, die ihren Platz einnehmen wollen.“
Zurück im Präsidium fühlten sich François und ich erschöpft, aber triumphierend. Wir berichteten Monsieur Marteau von unseren erfolgreichen Abwehrmaßnahmen und bereiteten die weiteren Schritte vor. Sergio und Enzo wurden in ein Hochsicherheitsgefängnis verlegt, wo sie keine Chance haben würden, zu entkommen.
„Gute Arbeit, Kommissare,“ sagte Monsieur Marteau. „Diese Stadt braucht weiterhin Männer wie Sie. Bleiben Sie wachsam.“
„Immer, Monsieur,“ antwortete ich, und François lächelte zustimmend.
Die Straßen von Marseille waren in dieser Nacht stiller als sonst. Der Wind trug die sanften Geräusche der Stadt durch die Luft, aber wir wussten, dass die Ruhe täuschen konnte. Neue Gefahren lauerten im Dunkeln, aber François und ich waren bereit, ihnen entgegenzutreten.
Der Fall Père Jacques war ein harter Schlag gewesen, aber er hatte uns auch stärker gemacht. Wir würden kämpfen, und wir würden siegen. Für Marseille. Für die Gerechtigkeit.
Als die ersten Lichtstrahlen über den Horizont krochen und Marseille allmählich erwachte, kehrten François und ich erschöpft, aber wachsam in unser Büro zurück. Die erfolgreiche Abwehr des Rettungsversuchs von Sergio gab uns eine kurze Atempause, aber wir wussten beide, dass die Ruhe trügerisch war. Ein neues Kriegsgebiet würde sich bald auftun, dessen waren wir uns sicher. In Marseille war ein Sieg meist der Auftakt zu einem neuen Konflikt.
Während ich den heißen Kaffee aus dem Automaten schlürfte, ging mein Handy. Es war Luigi, unser Informant, erneut.
„Kommissar Marquanteur, ich musste Sie sofort erreichen. Es gibt Neuigkeiten.“
„Worum geht es, Luigi?“ fragte ich, während ich François bedeutete, sich zu mir zu setzen.
„Einige von Sergios Leuten planen, die Stadt zu übernehmen. Sie denken, dass er zu schwach ist, um im Gefängnis zu bleiben. Sie wollen eine Art Machtübernahme durchziehen, um die Kontrolle zu festigen.“
„Wo sollen diese Treffen stattfinden?“ fragte ich scharf.
„In einem alten Lagerhaus im Westen der Stadt, nahe dem Hafen. Heute Nacht,“ antwortete Luigi.
Ich legte auf und sah François an. „Wir brauchen eine Strategie. Wenn sie wirklich eine Machtübernahme planen, müssen wir sie auf frischer Tat ertappen.“
„Ein verdeckter Einsatz könnte funktionieren,“ meinte François und zog eine alte Karte von Marseille hervor. „Wir kennen das Gelände und können sie von verschiedenen Punkten aus überwachen. Aber wir müssen sicherstellen, dass unsere Leute unauffällig bleiben.“
Die Stunden vergingen wie im Fluge, während wir unsere Pläne schmiedeten. Wir mobilisierten unsere besten verdeckten Ermittler, um das Lagerhaus zu infiltrieren. Die Operation war kritisch – ein falscher Schritt und die Verbrecher könnten Misstrauen schöpfen und untertauchen.
Kurz nach Einbruch der Dunkelheit setzten wir unseren Plan in die Tat um. François und ich überwachten die Operation von einem unauffälligen Lieferwagen direkt gegenüber dem Lagerhaus. Im Inneren des Gebäudes versammelten sich die Drahtzieher der Unterwelt, die darauf warteten, das Machtvakuum zu füllen, das Sergio’s Verhaftung hinterlassen hatte.
„Unser Ziel ist es, Informationen zu sammeln und dann zuzuschlagen,“ flüsterte François ins Funkgerät. „Jeder bleibt ruhig und wartet auf mein Signal.“
Im Inneren des alten, verfallenen Lagerhauses schlichen unsere Ermittler durch die Schatten und positionierten sich strategisch. Jede Bewegung, jedes Flüstern wurde aufmerksam verfolgt. Schließlich trafen die Hauptakteure ein: Marcello, der Drogendealer, und Bilal, der aufstrebende Gangsterboss.
François nickte mir zu, als unser Signal über Funk kam. „Alle Positionen halten, bereit machen für den Zugriff.“
Die Gespräche im Inneren des Lagerhauses drehten sich um Machtverteilung, Territorien und zukünftige Pläne. Zwei andere Gangster, Marcello und Bilal, hatten bereits begonnen, Sergios Netzwerk zu übernehmen, und planten groß angelegte Aktivitäten.
„...wir müssen sicherstellen, dass Sergio keine Unterstützung mehr hat,“ hörte ich Marcello sagen. „Wenn seine Männer wissen, dass er im Gefängnis bleibt, können wir die Kontrolle übernehmen.“
Das war unser Moment. „Zugriff jetzt!“ rief François ins Funkgerät.
Ein Blitz aus Bewegung und Licht erfüllte den Raum. Unsere Leute stürmten das Gebäude, Schreie und das Geräusch von fallenden Gegenständen erfüllten die Luft. Marcello und Bilal versuchten zu fliehen, wurden aber schnell überwältigt. Innerhalb von Minuten hatten wir die Kontrolle über das Lagerhaus und sämtliche Beweise gesichert.
„Das war knapp,“ sagte François und wischte sich den Schweiß von der Stirn. „Aber wir haben sie.“
„Ja,“ erwiderte ich und atmete tief durch. „Jetzt wird es Zeit, das endgültig abzuschließen.“
Zurück im Präsidium überprüften wir die gesammelten Beweise und bereiteten die Anklagen vor. Diese erfolgreichen Operationen schickten eine klare Botschaft an die Unterwelt: Marseille würde sich nicht kampflos den Verbrechern ergeben.
In der Zwischenzeit arrangierten wir eine Pressekonferenz, bei der wir offenlegten, was geschehen war. Monsieur Marteau moderierte die Konferenz, seine Stimme fest und entschlossen.
„Heute hat die Polizei von Marseille einen wichtigen Sieg errungen. Durch die tapfere und unermüdliche Arbeit unserer Ermittler konnten wir eine geplante Machtübernahme und eine weitere Eskalation der Gewalt verhindern. Diese Verhaftungen zeigen, dass niemand über dem Gesetz steht und dass Gerechtigkeit siegen wird.“
Als François und ich die Pressekonferenz verfolgten, wusste ich, dass wir ein bedeutendes Kapitel abgeschlossen hatten, aber unsere Arbeit war noch lange nicht getan. Marseille war sicherer geworden, aber die Schatten lauerten weiterhin.
„Heute feiern wir diesen Erfolg, François,“ sagte ich mit einem kleinen Lächeln. „Aber morgen...“
„...gehen wir weiter,“ vollendete François den Satz und reichte mir die Hand. „Für Marseille.“
Die Sonne war wieder über Marseille aufgegangen, und mit ihr kam eine neue Hoffnung. Unser Einsatz hatte bewiesen, dass selbst in den dunkelsten Zeiten die Gerechtigkeit den Weg erleuchten kann. Und solange François und ich atmeten, würden wir diesen Weg weitergehen, fest entschlossen, den Schatten in Marseille das Licht der Wahrheit entgegenzusetzen.
Nach dem anstrengenden Tag und der erfolgreichen Operation im Lagerhaus verspürten François und ich das dringende Bedürfnis, uns eine Pause zu gönnen und etwas zu essen. Die Sonne war bereits untergegangen, und die Straßen von Marseille leuchteten in einem warmen, goldenen Schein.
„Du hast recht, Pierre,“ sagte François, als wir das Präsidium verließen. „Ein gutes Essen ist genau das, was wir jetzt brauchen.“
Die Wahl fiel schnell: Le Panier, das älteste Viertel der Stadt, war bekannt für seine charmanten Bistros und ausgezeichneten Restaurants. Unser Lieblingsplatz war das „Chez Marcel“, ein kleines, gemütliches Restaurant mit einer fantastischen Aussicht über den Hafen. Der Besitzer, Marcel, war ein alter Freund und seine Bouillabaisse war legendär.
„Bonsoir, Kommissare,“ begrüßte uns Marcel mit einem breiten Lächeln, als wir das Restaurant betraten. „Sie sehen erschöpft aus. Was darf ich Ihnen bringen?“
„Bonsoir, Marcel,“ antwortete ich und setzte mich auf einen der Barhocker. „Wir hatten einen langen Tag. Eine Bouillabaisse und eine Flasche von deinem besten Wein wären perfekt.“
François nickte zustimmend und setzte sich neben mich. „Dazu vielleicht etwas Brot und Aioli. Wir haben uns das heute wirklich verdient.“
Marcel lachte und verschwand in der Küche, während wir uns zurücklehnten und einen Moment der Stille genossen. Das gedämpfte Licht und die ruhige, entspannende Atmosphäre des Restaurants waren genau das, was wir brauchten, um unseren Kopf freizubekommen.
„Weißt du, Pierre,“ sagte François nach einer Weile und starrte auf die Lichter des Hafens, „manchmal frage ich mich, warum wir uns immer wieder in diese Gefahr begeben. Aber dann erinnere ich mich daran, wie wichtig unsere Arbeit ist. Jeder Sieg zählt.“
Ich nickte gedankenverloren. „Ja, François, manchmal ist es schwer, das größere Bild zu sehen. Aber dann gibt es Momente, wie heute, die uns daran erinnern, warum wir das tun. Für die Menschen in Marseille, für die Gerechtigkeit, und um die Schatten zu vertreiben. Aber ein gutes Essen und ein Glas Wein helfen auch.“
Gerade als wir uns ein wenig entspannten, kam Marcel mit einem dampfenden Teller Bouillabaisse und einer Flasche Rotwein zurück. „Bitteschön, meine Herren. Die beste Bouillabaisse der Stadt. Genießt es, und lasst euch nicht von der Arbeit den Appetit verderben.“
Der Duft der Bouillabaisse erfüllte unsere Sinne und ließ uns für einen Moment den ganzen Stress vergessen. Der erste Bissen war himmlisch. Der bissige Geschmack des Meeres, das reiche Aroma der Gewürze und die kräftige Brühe – es war wie ein Balsam für unsere geschundenen Seelen.
„Das ist wirklich fantastisch,“ murmelte François zwischen zwei Bissen. „Ich wünschte, jeder Tag könnte so enden.“
„Vielleicht nicht jeden Tag,“ erwiderte ich lächelnd. „Aber heute ist es genau das, was wir brauchen. Ein Moment des Friedens inmitten des Chaos.“
Wir ließen uns Zeit, genossen jeden Bissen und das wunderbare Aroma des Weins, der unsere Stimmung weiter hob. Es war eine Erinnerung daran, dass es im Leben mehr gab als nur Arbeit. Diese Momente der Freundschaft und des Genusses gaben uns die Kraft, weiterzumachen.
Als wir fertig waren, lehnte sich Marcel an die Bar und schaute uns an. „Ihr zwei macht wirklich eine tolle Arbeit,“ sagte er leise. „Marseille ist ein bisschen sicherer wegen Männern wie euch.“
„Danke, Marcel,“ sagte François und hob sein Glas. „Aber ohne dich und deine Bouillabaisse hätten wir nicht die Energie, das zu tun, was wir tun.“
Marcel lachte und nahm unsere leeren Teller. „Bleibt noch ein wenig und genießt den Abend. Ich habe noch etwas Crème brûlée im Ofen. Das wird euer Dessert.“
Während wir auf das Dessert warteten, sah ich François an. „Weißt du, manchmal denke ich, dass wir mehr solche Abende haben sollten. Nicht nur wegen des Essens, sondern weil es uns daran erinnert, warum wir das tun.“
François nickte nachdenklich. „Du hast recht. Diese Momente geben uns die Kraft, weiterzumachen. Und wer weiß, vielleicht schaffen wir es, eines Tages eine Stadt zu hinterlassen, die ein bisschen weniger Schatten und ein bisschen mehr Licht hat.“
Marcels Crème brûlée war genau das süße Finale, das wir brauchten. Als wir schließlich das Restaurant verließen und uns auf den Heimweg machten, fühlten wir uns ein wenig leichter, ein wenig hoffnungsvoller.
Marseille war immer noch eine Stadt voller Herausforderungen, aber sie war auch eine Stadt voller Leben, Hoffnung und Freundschaft. Und solange François und ich hier waren, würden wir kämpfen, um das Gute hervorzubringen und die Schatten zu vertreiben. Für uns, für die Menschen und für die Stadt, die unser Zuhause war.
Der Abend in Le Panier gab uns beiden die nötige Ruhe und Erholung, um wieder zu Kräften zu kommen. Als wir durch die nächtlichen Straßen von Marseille schlenderten, war die Stadt, so schien es, in eine tiefe Ruhe getaucht. Doch wir wussten beide, dass dieser Frieden nur temporär sein würde. Trotzdem war es ein Moment, den man schätzen konnte.
Zurück im Präsidium bereiteten wir die letzten Berichte für die Nacht vor. Sergio und seine Handlanger waren sicher hinter Gittern, und die Beweise gegen sie waren überwältigend. Dies würde vor Gericht keine Schwierigkeiten bereiten. Es war ein bedeutender Sieg, aber wir wussten beide, dass der Weg zur vollständigen Gerechtigkeit lang war.
Am nächsten Morgen war die Atmosphäre im Präsidium spürbar leichter. Die Kollegen, die oft die gleiche Schwere und Belastung trugen, schienen aufgeheitert. François und ich waren beide früh im Büro, den letzten Kaffee von Marcel noch warm in der Erinnerung.
„Also, was kommt als nächstes?“ fragte François, als er eine Akte auf meinen Schreibtisch legte. „Es scheint, als ob die Arbeit nie aufhört.“
Ich lachte leise und blätterte durch die Akte. „Da hast du recht. Es gibt immer weitere Fälle, weitere Schatten, die es zu bekämpfen gilt. Aber vielleicht sollten wir einen Moment innehalten und diesen Sieg genießen.“
„Ja, das sollten wir,“ stimmte François zu und lehnte sich in seinem Stuhl zurück. „Was auch immer die Zukunft bringen mag, wir haben uns bewiesen, dass wir sie bewältigen können.“
In diesen Momenten der Ruhe gingen meine Gedanken zurück zu Père Jacques. Die Arbeit, die er geleistet hatte, die Menschen, die er gerettet hatte und die Spuren, die er in den Herzen der Menschen hinterlassen hatte, waren ein Beweis dafür, dass gutherzige Taten und der Wille zur Gerechtigkeit über das Böse triumphieren können.
An diesem Abend machten wir einen Besuch in der Basilika, an dem Ort, an dem alles begann. Das Licht der Kerzen und die stillen Gebete der Menschen füllten den Raum mit einer Aura des Friedens. François und ich zündeten eine Kerze für Père Jacques an und standen einen Moment in stillem Andenken.
„Er würde stolz auf uns sein,“ sagte François leise. „Wir haben seinen Mörder zur Strecke gebracht und dafür gesorgt, dass sein Vermächtnis weiterlebt.“
„Das glaube ich auch,“ antwortete ich ebenso leise. „Marseille ist besser dran durch Menschen wie ihn. Und durch uns.“
Als wir die Basilika verließen und auf die funkelnden Lichter der Stadt blickten, fühlte ich eine Welle der Zuversicht. Diese Stadt, mit all ihren Herausforderungen und Unvollkommenheiten, war unser Zuhause, und wir würden weiterhin für sie kämpfen.
„Also, François,“ sagte ich mit einem Lächeln, „was sagst du? Sollen wir uns ein neues Abenteuer vornehmen?“
François lachte und legte mir eine Hand auf die Schulter. „Immer, Pierre. Immer.“
Und so gingen wir weiter, als Hüter von Marseille, entschlossen, die Stadt gegen die Dunkelheit zu verteidigen. Denn in jedem Schatten gibt es Licht, und wir würden dafür sorgen, dass das Licht niemals erlischt.
Roman von Pete Hackett und Alfred Bekker