99NOTES - Dirk C. Fleck - E-Book

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Dirk C. Fleck

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Beschreibung

Es ist nicht anzunehmen, dass die Welt nach diesem Buch weiser geworden ist, dass auf einmal Entscheidungen gefällt werden, die zu einem Wandel – welcher Art auch immer – führen könnten. Das ist auch nicht der Grund, warum dieses Buch gemacht werden sollte. Das Ziel war, dass die zeitlich und auch (internet-) räumlich verstreuten Textwerke Dirk C. Flecks einen Sammelpunkt finden. Und der liegt hier vor. Kommentare im Netz: Flecks Aufsätze sind für mich Pflichtlektüre. Für mich DER Kulturästhet und "über den Tellerrand Denker" bei KenFM. – Werner Steiner "Wir erleben gerade das Ende der Zivilisation", sagt Fleck. Und nun schau Dir an, worum sich die Meisten noch immer kümmern: Ich, Ich, Ich. Fleck, Wilber und von Foerster! Dahin sollten wir möglichst die nächsten drei oder vier Generationen schauen. – Rüdiger Lenz Er hat durch sein lebensWerk eine Spur gelegt, seit vielen Jahren, ist heute aufgeKlärter denn je. Und er läßt uns auch während der verschiedenen Auftritte daran teilnehmen, was ein solch erWusstes daSein an entWicklung braucht … auch hin zur Akzeptanz des Crashes (Krise/Krieg), der dann das Menschennetz hochfahren läßt. – Nova Moon Dirk Fleck ist ein sehr inspirierender Mensch, der eine unglaubliche Nähe und Offenheit ausstrahlt. Dieser Mann, dieser zutiefst menschliche Mensch hat vermutlich jedem Menschen etwas Wertvolles zu schenken. – Marco Gagelmann / Satyashanti ey-opener, besser ecce homo(!) sollte man Ihnen zurufen. Als ich Ihre Videos sah auf Youtube, mußte ich mit den Tränen kämpfen. Um Reinhold Schneider zu zitieren: "Welche Menschen es heute am dringendsten bedarf, sind Menschen, die chemisch rein sind." – [email protected] still, schweigend, verstehend … unterzeichnend … Rob Don Canaro und ich machen schon seit 15 uhr einen Dirk C. Fleck-marathon ... ein video und ein text folgt dem anderen … – Maja Weil Ich kenne nur ein paar Autoren die es schaffen mir die Augen mit Tränen zu füllen. Der letzte war Roger Willemsen, – Andy Ich habe Dir zu danken für Verschiedenes: 1.) Dass Du Dich hast nicht beirren lassen. 2.) Dass Du (Dich) nicht aufgegeben hast. 3.) Dass Du Deinen Glauben nicht aufgegeben hast an eine lebens-und liebenswerte Welt für alle, und 4.) Dass Du Deine menschlichen Reichtum mit mir und Anderen teilst, zum Wohle aller Menschen … – Tom Thomason

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Dirk C. Fleck

99NOTES

Außer der Reihe 24

Dirk C. Fleck

99NOTES

Außer der Reihe 24

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

© dieser Ausgabe: Februar 2018

p.machinery Michael Haitel

Titelbild: »Infinity Blue«, Dimitris Vetsikas, pixabay.de

Layout & Umschlaggestaltung: global:epropaganda, Xlendi

Lektorat: Michael Haitel

Herstellung: global:epropaganda, Xlendi

Verlag: p.machinery Michael Haitel

Ammergauer Str. 11, 82418 Murnau am Staffelsee

www.pmachinery.de

ISBN der Printausgabe: 978 3 95765 120 4

Für Fanta, Svetlana, Aljoscha und Gili

Wenn eine Nötigung nötig ist

Dirk C. Fleck, dieser bald fünfundsiebzigjährige Ökoholic, der inzwischen von renommierten Verlagen ungelesen abgelehnt wird – was er als Auszeichnung auffasst, meiden doch inzwischen die etablierten Verlage die lebenswichtigen Themen, die ihn umtreiben, wie der Teufel das Weihwasser –, der sich als ehemaliger Redakteur und Mitarbeiter zahlreicher »Qualitätsmedien« wie Spiegel, Geo, Stern und anderen nun vornehmlich im Internet auf alternativen Plattformen tummelt, die dem Mainstream mehr und mehr das Wasser abgraben … Dieser Dirk C. Fleck hat mich, seinen Verleger, genötigt, dieses Vorwort selbst zu schreiben. Parbleu!

Freilich ist es ein gewagtes Unterfangen, den Schreiberling zahlreicher – hier sind es neunundneunzig, Gerüchten zufolge jedoch sind es Horden, Legionen, ganze Völker – Gedankenschnipsel, kürzerer und längerer Texte, Aufrufe zum ökologischen Ungehorsam und Ansammlungen literarischer, politischer und gesellschaftlicher Weisheiten dazu zwingen zu wollen, das Vorwort zu einer Sammlung einer nicht ganz unerheblichen Zahl seiner Werke selbst zu verfassen. Wie dumm muss man als Verlegerlein sein, sich auf dergleichen Idee einen Erfolg einzubilden.

Aber zugegeben: Die einfache Frage, gestellt in einer einzigen E-Mail, in einem einzigen Satz, ohne Wiederholung … Es war einen Versuch wert.

Und was die Nötigung angeht, so ist sie aus meiner Sicht als straffrei zu betrachten, denn am Ende bin ich es doch, der hier Gelegenheit erhalten hat, sich durch wohlfeile Worte mehr oder weniger zu profilieren. Oder nicht?

Nein.

Eigentlich nicht.

Denn eigentlich steht außer Frage, dass das, worum es in diesem Buch geht, von größerer Bedeutung ist als mein Salbadern. Dirk C. Fleck in seinem vierten Geschoss im Hamburger Stadtteil Hoheluft hat mit zahlreichen seiner Texte etwas geschaffen, das guten Grund bietet, der Nachwelt erhalten zu bleiben.

Die klug scheißende Fraktion der potenziellen Leser dieses Werkes mag argumentieren, dass das alles ja schon veröffentlicht sei. Und wahrlich, dem ist so. Aber ich möchte denjenigen von diesen klugen Menschen sehen, der es wagt und auf sich nimmt, in der Scheiße, die das Internet wie Schlick und Sedimente absetzt – jeden Tag, jede Stunde, Minute, Sekunde – nach den Veröffentlichungen dieses Dirk C. Fleck zu forschen und diese gar ausfindig zu machen. Ich weiß, wovon ich rede – ich habe es in dem einen oder anderen Falle zum Zwecke der Vervollständigung einer Quellenangabe selbst versucht.

Lustigerweise sollte ich der letzte Mensch sein, der dieses Werk bevorwortet. Ich bin ökologisch nicht ganz rücksichtslos. Ich pfeife meine Frau an, wenn sie ständig das Licht brennen lässt; ich schnauze sie aber auch an, wenn sie die Heizungen so weit herunterdreht, dass ich bei zweiundzwanzig Grad auf der Celsiusskala Frostbeulen am Hintern bekomme. Wir beide – meine Gattin und ich – fahren Diesel; ihrer ist angeblich koscher (aber wer hackt schon auf Dacia herum?), meiner ist ein Schummeldiesel mit laut Journaille angeblich unwirksamem Softwareupdate. Ich mag es warm in meiner Wohnung, ich mag es dann hell, wenn es sinnvoll ist, ich arbeite mit Computern und habe einen eigenen Serverhaufen, der Strom frisst, dass ich schon bei Aldi nach Sonderangeboten gefragt habe. Und so weiter –

Ich bin, möge man dies als Fazit nehmen, also eigentlich kein Mensch, der eine Ahnung davon haben sollte, wovon Dirk C. Fleck schreibt. Und dennoch fühle ich nicht nur mit seinem Tenor, ich verstehe sogar, was er will. Und schlimmer noch – und ich sehe schon die verzerrten Gesichter derjenigen, die mich auf zukünftigen Veranstaltungen ausladen möchten, wenn meine beiden Hündinnen nicht sowieso meine Teilnahme verhindern, weil sie unerwünscht sind –, ich stimme in vielen Punkten mit ihm überein.

Nicht in allen.

Gott bewahre.

Aber es sind so viele Punkte, es sind genügend Aspekte, in denen ich Übereinstimmung empfinde, die mich nicht nur seine bisherigen Bücher, die ich verlegen durfte (siehe am Ende dieses Werkes), mit Stolz haben verlegen, sondern die auch dieses Werk haben zustande kommen lassen. Denn an diesem Punkt muss ich endlich ehrlich sein:

Diese Idee war von mir!

Und ich denke, der größte Teil der Menschheit hat es verdient. Genau dieses Buch, genau seinen Inhalt, diese neunundneunzig Notizen aus einer Welt, die wir uns seit einer kleinen Ewigkeit, aber immer noch und immer wieder sehenden und wissenden, oft genug schon leidenden Auges ständig, Tag für Tag, Stunde für Stunde, Sekunde für Sekunde selbst nach Strich und Faden versauen. Die mit weichen Eiern gesegneten Gutmenschen unter uns jammern, was wir unseren Kindern da hinterlassen, welche Schande, was sollten sie von uns denken, wie werden wir da stehen in den Geschichtsbüchern in fünfzig, hundert, zweihundert Jahren.

Ein Ei drüber!

Meine Kinder interessieren mich nicht. Mich interessiert, was heute, morgen, nächste Woche auf dieser Welt geschieht, das wir schon vor zehn, zwanzig, fünfzig Jahren hätten vermeiden können – beziehungsweise deren Vermeidung wir vor soundso viel Jahren hätten vorbereiten können –, wären wir nicht einfach nur vernagelt, blöde und schlicht geld- und machtgeil.

Es ist nicht anzunehmen, dass die Welt nach diesem Buch weiser geworden ist, dass auf einmal Entscheidungen gefällt werden, die zu einem Wandel – welcher Art auch immer – führen könnten. Das ist auch nicht der Grund, warum ich dieses Buch machen wollte. Ich wollte, dass die zeitlich und auch (internet-) räumlich verstreuten Textwerke Dirk C. Flecks einen Sammelpunkt finden. Und der liegt hier vor.

Der überkritische Potenzialleser dieses Werkes wird alsbald Redundanzen feststellen. Textteile, Formulierungen, Sätze, Zitate, Dinge, die sich wiederholen. Das hat seinen guten Grund. Es ist nämlich so – und das gilt nicht nur für überkritische Potenzialleser, sondern für den allergrößten Teil unserer potenziellen Leser aus unserer der deutschen Sprache mächtigen Gesellschaft –, dass es offensichtlich nicht reicht, einmal etwas zu sagen. Nein, auch zweimalige Äußerungen sind nicht hinreichend prägnant, um wirklich dauerhaft wahrgenommen zu werden. Im Grunde ist es sogar so, dass auch dieses Buch mitsamt seinen Redundanzen überflüssig ist, weil man den Menschen dieser Welt das, was sie nicht nur wissen, sondern auch beherzigen sollten, eigentlich nur mit einer Kettensäge ins Hirn fräsen kann, wohl wissend, dass auch das nichts hilft, aber immerhin eine schöne Sauerei hinterlassen würde.

Macht euch keine Hoffnung, Leute. An irgendeiner Stelle schreibt Dirk C. Fleck es auch: Es gibt keine Hoffnung mehr. Es ist nichts mehr zu retten. Wir sind alle verloren. Und selbst wenn heute noch irgendjemand anfängt, der in der Lage ist, Konsequenzen nicht nur zu ziehen, sondern auch umzusetzen, dies auch tut – es ist vorbei.

Ich finde das gut.

Aber ich finde ja auch dieses Buch gut.

Michael Haitel

Murnau am Staffelsee, 21. Januar 2018

Verleger eines Hamburgers

P. S.: Der dem Autor Dirk C. Fleck zugeneigte Leser, der sich mitunter vielleicht sogar als beinharten Fan seiner Werke, seines Schaffens und seiner Argumente bezeichnen möchte und darf, wird erfreut feststellen, dass es in diesen »99NOTES« nicht nur um die ökologische Problematik dieser Welt geht, um das Verhalten von Menschen, Industriemagnaten, Politikern und dem Bösen unter uns.

Nein, hinter der »politischen Matrix«, wie er es nennt, steckt mehr. Viel mehr. Zum Beispiel eine spirituelle Verbundenheit jedes einzelnen Menschen mit seinen Mitwesen und der gesamten Schöpfung (wer das vertiefen möchte, der konsultiere »Unsere Satzung« auf seiner Website www.dirk-c-fleck.de). Dirk C. Fleck ist insofern nicht nur der Mahnende, das »Mahn-Wesen«, sondern auch ein Suchender.

Und dann sind da die Frauen, die ihn in zahlreichen Texten ganz speziell beschäftigen.

Oder die Fliege, der er persönlich begegnen durfte.

Überhaupt Tiere. Sein Artikel »Von der Würde der Tiere« ist der erfolgreichste Artikel, der je auf KenFM veröffentlicht wurde.

Wann fangen wir endlich an zu leben, statt nur zu überleben?

In diesem Augenblick liegt der Schrei Neugeborener in der Luft,

ist das Röcheln Sterbender um uns.

In diesem wie in jedem Augenblick werden Messer in Hälse gerammt,

rütteln Gefangene an Gittern,

gleiten Zungen in fremde Münder.

Es wird Beifall geklatscht in diesem Augenblick

und auf Vögel geschossen.

Bäume fallen und ein Stein wird Geist.

In den Konzertsälen erklingt die Kleine Nachtmusik.

In diesem Augenblick werden Unterschriften geleistet,

Knochen gebrochen,

Lostrommeln gerührt.

Es beten Menschen in diesem Augenblick.

Rund um den Globus schrillen Telefone,

bellen Hunde,

starten Jets.

Es schneit in den Bergen.

Ein Dichter findet endlich ein Wort.

In stillen Buchten genießen Hunderttausende die Einsamkeit.

Man tanzt auf den Tischen in diesem Augenblick,

operiert, schnarcht und verzeiht.

Huren hocken auf Bidets,

es werden Brieftaschen gezückt,

Liebesbriefe parfümiert

und Kartoffeln geschält.

Betrunkene fallen von Barhockern,

Richter rücken ihre Roben zurecht,

alle Welt sagt ICH.

Wie viel Stahlhelme werden in diesem Augenblick aufgesetzt?

In wie viel Männerhänden glimmt ein Streichholz?

Wie viele Frauen zünden sich daran ihre Zigaretten an?

Die Taschendiebe halten ihre Finger geschmeidig,

an unendlichen Schwüren richten sich jetzt die Träume auf.

Ringe werden geschmiedet und Pläne der Unterjochung.

In den Städten frieren Kamele,

Frauen bereiten sich auf den Blick in den Spiegel vor,

heiß weht das Heroin die Sensiblen an.

In den Wäldern geht der Sturm um.

Hier und dort erhellen Blitzlichter die Szene.

Nachrichten laufen ein in diesem Augenblick.

Grenzgänger lassen auf Geheiß die Hosen fallen,

Kinder ziehen Regenwürmer lang.

Was fühlen die Selbstmörder, die gerade von den Brücken fallen,

was die Linksaußen beim Absingen der Nationalhymnen?

Präsidenten lassen entscheiden und befummeln ihre Speckkörper.

Wir geben Probealarm und Almosen,

Verschüttete sind nicht mehr zu retten.

In diesem Augenblick werden Zahlen zu Begriffen,

spritzen abgeschnittene Fußnägel an Heizungskörper,

tastet die Natur in den Fischen nach Gegengiften,

explodieren Tellerminen.

In diesem Augenblick erfahren die Todgeweihten

von ihrer unheilbaren Krankheit.

In diesem Augenblick ist das hysterische Lachen um uns,

die Fäulnis,

die Stille …

In diesem wie in jedem anderen Augenblick

springt die Physiognomie eines jungen Gesichts

aus der schützenden Unschuld,

gewinnt ein Spieler an Einsicht.

In diesem Augenblick haben wir eine Chance.

In diesem Augenblick galoppiert ein weißes Pony auf die Straße.

NDR 2.

In diesem Augenblick ist es sieben Uhr.

Guten Morgen, meine Damen und Herren, wir senden Nachrichten.

Wenn man sich alle Ereignisse, die auf der Erde stattfinden, als einen lebendigen »Ereigniskörper« vorstellen würde, käme man zu der Erkenntnis, dass die Struktur dieses Körpers in jedem Augenblick aus dem Fundus sich endlos wiederholender Handlungen erwächst. Die Messer, die in diesem Augenblick in Hälse gerammt werden, sind immer in Aktion, wenn auch nicht ganz so häufig wie die Nationalhymnen, die in diesem Augenblick gesungen werden. Jedes Ereignis hat ein ganz bestimmtes Volumen, ein bemessenes Potenzial, mit dem es zu jeder Zeit zum allumfassenden Leben beiträgt. Dieses allumfassende Leben bleibt aber größtenteils unerkannt, was natürlich nichts an seiner Vollkommenheit ändert. Aufgrund unseres verkümmerten Bewusstseins gewinnen wir lediglich einen extrem beschränkten Eindruck von der Wirklichkeit. Das Fatale daran ist, dass wir diesen Eindruck für die Realität halten. Aber unsere sogenannte Realität hat den Tiefgang einer Badeente. Ebenso die Wissenschaft, auf die wir so vertrauen. Dabei stochert sie doch nur hilflos mit der Taschenlampe in einem unermesslichen Universum herum und verkauft uns das, was zufällig in ihren Lichtstrahl gerät, als Ultima Ratio.

Nun muss man nicht gleich zusammenzucken, wenn ich unserer Spezies ein verkümmertes Bewusstsein unterstelle. Der vor zwei Jahren verstorbene Physiker Ernst Senkowski meinte, dass die geistigen Niederungen, in die sich die Menschheit verstiegen hat, hausgemacht sind. In einem Interview sagte er Folgendes: »Unsere Begrenzungen haben wir von klein auf an eingetrichtert bekommen. Dieses System hat eine maßlose Trägheit in sich, weil wir es immer wieder reproduzieren, wir erziehen unsere Kinder immer wieder in dieses System hinein. Die Ansätze, die wir machen, um unser System an den Grenzen zu erweitern, kranken an Folgendem: Ich kann aus einem begrenzten System nur sehr schwer in ein breiteres oder weiteres System wechseln. Man muss sich das wie ein Trichter vorstellen. Oben ist das erweiterte System und unten sitzen wir. Jetzt wird oben ein Bündel Heu hineingeworfen und bei uns landet allenfalls ein dünner Strohhalm. Damit werden wir noch eine Weile leben müssen.«

We are people with a straw, wir erkennen gerade noch die Cola, in die wir unseren Strohhalm stecken. Wirklich vertraut sind wir nur mit dem kapitalistischen Cola-Imperium, seinen Gesetzen und scheinheiligen Werten. An ihm orientieren wir uns, das ist unser Maßstab. Den Mut, seinen eigenen Intentionen nachzugehen und sein eigener Wahrheitssucher zu werden, bringen nur noch wenige Menschen in dieser verängstigten, überwachten und auf Sicherheit bedachten Leistungsgesellschaft auf, die mithilfe ihrer gleichgeschalteten Medien perfekt auszusortieren versteht, was nicht mit dem Strom schwimmt.

So tapsen wir also blind durch das fantastische Mysterium unseres Lebens. Erst wenn unsere Zeit abgelaufen ist und es ans Sterben geht, wohlmöglich erst in der Sekunde, wenn unser Atem reißt, wenn wir loslassen müssen und keine Möglichkeit mehr besteht, sich ins vertraute Leben zurück zu beißen, erst dann erkennen wir unsere Defizite, die unsere persönliche Geschichte geprägt haben. Erst dann sind wir empfänglich für die Wahrheit, die wir so grandios verpasst haben. Für die Wahrheit zum Beispiel, dass jede Substanz in ihrem gegenwärtigen Zustand alle ihre vergangenen und zukünftigen Aufgaben birgt, wie es die Quantenphysik behauptet. Sie drückt das ganze Universum aus, da nichts vom anderen so weit entfernt ist, dass es nicht Verbindung mit ihm hätte. Der Quantenphysiker Walter Thurner sprach von der Welt als »Meer der unendlichen Möglichkeiten«, in dem alles gespeichert ist, was jemals von irgendeiner Kreatur gedacht oder gefühlt wurde oder noch gedacht oder gefühlt werden wird. Das Meer der unendlichen Möglichkeiten ist das allumfassende Ganze, in dem die Materie nur ein unbedeutender Ausfluss ist.

Mit der Quantenphysik hat man nun ein Instrument in der Hand, mit dem sich eine Brücke bauen ließe zwischen dem religiösen Potenzial des Menschen und seinem Verstand, zwischen Religion und Wissenschaft. Natürlich ist die Quantenphysik bei klassischen Physikern noch immer umstritten, ihre Schwierigkeit besteht darin, dass sie keine konkreten Beweise auf den Tisch legen kann. Sobald nämlich der Verstand mitspielt, ist das Ergebnis immer infrage zu stellen. Die Quantenwelt ist für den menschlichen Verstand eine No-go-Area. Im Umgang mit den Quanten dürfen wir uns eben nicht des Verstandes bedienen, sondern müssen lernen, die Botschaften auf andere Weise zu empfangen. Sobald uns das gelingt, geraten wir in Verbindung.

Jetzt fragen Sie mit Recht, mit was? Schon mal was von der Akasha-Chronik gehört? Mit der Akasha-Chronik ist ein übersinnliches »Buch des Lebens« gemeint, das in immaterieller Form ein allumfassendes Weltgedächtnis enthält. Der Begriff Akasha leitet sich aus dem Sanskrit her und steht für Himmel, Raum oder Äther. Die Vorstellung eines Weltgedächtnisses hat in Europa eine lange Tradition, sie geht bis auf den antiken Philosophen Plotin zurück, der zweihundert Jahre vor Christus gelebt hat. Helena Petrovna Blavatsky, die Begründerin der modernen Theosophie, bezeichnet die Chronik als Aufzeichnung von allem, was war, ist oder je sein wird. Die Urtraditionen wussten das und wissen es noch heute, die Kunst weiß es und jetzt weiß es endlich auch ein Teil der Wissenschaft.

Hätten wir nicht auch endlich Lust, uns mit diesen Dingen zu beschäftigen, anstatt ständig Gefahr zu laufen, am Fliegenfänger einer pervertierten Konkurrenzgesellschaft hängen zu bleiben und deren lächerliche Wahrheiten als alternativlos zu verinnerlichen? Haben wir wirklich vergessen, was Neugierde bedeutet und was sie bewirken kann? Was es bedeutet zu leben, anstatt zu überleben?

Veröffentlicht am 4. Juni 2017 auf KenFM.de

Ihr armen Reichen

Ihr armen Reichen, ihr paranoiden Menschenverächter aus Wirtschaft und Politik, die ihr im Geheimen darüber nachdenkt, wie ihr uns zu Bewohnern eines anderen Planeten machen könnt. Für euch ist es zur Tugend geworden, die Erde zu zerstören. Eure Entscheidung, das Universum als tot und bar jeder Intelligenz zu betrachten, hat es euch ermöglicht, es zu zergliedern und zu vergewaltigen, um ihm dann jeglichen Sinn jenseits menschlicher Nutzung abzusprechen.

Wörter wie Fortschritt und Entwicklung werden von euch als Tarnwörter benutzt, die den Massenmord an Pflanzen, Tieren und Menschen rechtfertigen sollen. Letztlich steht – aus eurer Sicht – das ganze Universum dieser Art von Wahnsinn offen. Am wichtigsten aber ist die Tatsache, dass ihr bei all dem kein Gefühl des Verlustes verspürt. Ihr empfindet keine Befriedigung, wenn ihr etwas so Wunderbares wie einen Berg oder einen See oder ein Volk im Urzustand betrachtet. Eure Befriedigung misst sich am materiellen Gewinn. So wird der Berg zu Kies, der See zu Kühlwasser und das Volk zu einem manipulierten Heer von Erfüllungsgehilfen.

Unsere Kinder wissen nicht mehr was es bedeutet, über einen freien Geist zu verfügen. Es ist kein Wunder, dass sie die Erde nicht verteidigen, auf der sie leben. Sie leben gar nicht dort. Sie leben in der von euch geschaffenen Scheinwelt einer Unterhaltungsindustrie, nach Regeln und Gesetzen, die sie selber nicht gemacht haben. Sie leben überall, außer in ihrem Körper, auf ihrem Land, in diesem Moment, unter diesen Umständen. DAS IST DIE SCHULD, DIE IHR AUF EUCH GELADEN HABT. Man möchte euch fast weh tun, aus Furcht, ihr könntet niemals wissen, was Schmerzen sind.

Aber vielleicht hat die globale Not, welche uns alle an den Rand der Existenz gebracht hat, ja dazu geführt, dass sich unsere Herzen wieder öffnen. Ich wünsche allen Menschen, die ihre heilende Arbeit auf diesem Planeten aufnehmen wollen, GUTES GELINGEN.

Veröffentlicht am 28. April 2017 auf KenFM.de

Die Wahrheit ist uns nicht mehr zumutbar

Auf die Gefahr hin, von den aufkommenden libertären Kräften in Grund und Boden gestampft zu werden, möchte ich aus einem Vortrag zitieren, den ich 1995 an mehreren deutschen Universitäten gehalten habe und der mit der Zeit immer aktueller geworden ist. Der Titel dieses Vortrages lautete: »Die ignorierte Katastrophe – Plädoyer für eine Ökodiktatur«:

Unser Leben wird sich in absehbarer Zeit dramatisch verändern: im politischen, im sozialen, im medizinischen Bereich ebenso wie im kulturellen Miteinander. Die Phänomene der Endzeit werden unseren Alltag sozusagen auf natürliche Weise durchdringen, auch wenn das Wort natürlich in diesem Kontext aberwitzig anmutet. Aber es ist nun einmal ein Naturgesetz, dass auch einstürzende Systeme ihre Dynamik besitzen. Der von den Menschen längst eingeleitete Ökozid geht an den Nerv allen Lebens. Wir sehen also: Man muss gar nicht radikal denken und handeln, um zu radikalen Ergebnissen zu kommen. Für gewöhnlich reicht die pure Ignoranz einer Gefahr, um sich ihr unversehens gegenüberzusehen.

Am 23. Mai 1977 gab der amerikanische Präsident Jimmy Carter Wissenschaftlern und Regierungsstellen den Auftrag, eine Studie zur Umweltproblematik zu erstellen. Der Bericht sollte auf der Basis von absehbaren Entwicklungstrends die politische Planungsgrundlage für eine ökologisch orientierte Politik liefern. Die Studie mit dem Titel »Global 2000« kommt in ihrem Vorwort zu folgendem Ergebnis:

»Die Schlussfolgerungen deuten für die Zeit bis zum Jahre 2000 auf ein Potenzial globaler Probleme von alarmierendem Ausmaß. Wenn die Trends verändert und die Probleme verringert werden sollen, werden weltweit mutige und entschlossene neue Initiativen erforderlich sein. Die Fähigkeit der Erde, Leben zu ermöglichen, muss geschützt und wiederhergestellt werden. Grundlegende natürliche Ressourcen – Agrarland, Fischgründe, Wälder, mineralische Rohstoffe, Energie, Luft und Wasser – müssen erhalten und der Umgang mit ihnen verbessert werden. Eine weltweite Veränderung der Politik ist erforderlich, bevor die Möglichkeiten für wirkungsvolles Handeln immer stärker eingeschränkt werden. Angesichts der Dringlichkeit, Reichweite und Komplexität der vor uns liegenden Herausforderungen bleiben die jetzt auf der ganzen Welt in Gang gekommenen Anstrengungen allerdings weit hinter dem zurück, was erforderlich ist. Es muss eine neue Ära der globalen Zusammenarbeit und der gegenseitigen Verpflichtung beginnen, wie sie in der Geschichte ohne Beispiel ist.«

Die globale Zusammenarbeit, welche in dem Bericht an den Präsidenten so vehement gefordert wurde, lässt weiter auf sich warten. Die Vorstellung, die westlichen Industrienationen (übrigens allesamt Demokratien) als die Hauptverursacher der Ökokatastrophe würden alles tun, um sich in diesem Sinne zu renovieren, ist absurd. Wie geht man mit einer Spezies um, die sich derart blind in den kollektiven Untergang wühlt und dabei alles andere Leben aus dem Gleichgewicht reißt? Lässt man sie gewähren oder versucht man sie mit Gewalt daran zu hindern, ihren tödlichen Wahn auszuleben? Die Ökodiktatur wäre so ein Versuch. Man möchte sie sich fast wünschen.

Demnächst haben wir ein weltumspannendes Elend von unvorstellbaren Ausmaßen zu konfrontieren. Biologisch gesprochen sind wir dabei, aus der Zeit der Bäume in die Zeit des Gestrüpps zu wechseln. Das Problem ist, dass unsere Psyche angesichts der niederschmetternden Botschaften dicht macht, unsere Aufnahmefähigkeit und unser Empörungspotenzial sind schneller erschöpft, als es der Sache dienlich ist. Die Wahrheit ist den Menschen eben nicht mehr zumutbar, wie die Schriftstellerin Ingeborg Bachmann noch meinte. Wir alle sind in individuellen Geschichten verstrickt, und es ist nicht einfach, sich dort herauszunehmen. Selbst wenn dies gelänge, wären wir doch nur mit unserer persönlichen Ohnmacht konfrontiert. Die Psychologie wird das Schicksal der Erde in Zukunft aber ebenso mitbestimmen, wie Wissenschaft und Politik. Als Erstes gilt es daher, die Verleugnung der Ökokatastrophe zu überwinden, die sich in unseren Köpfen festgesetzt hat. Dies betrifft jeden Einzelnen von uns. Besonders jedoch jene politischen und unternehmerischen Führungskräfte, die mit ihrer Macht die globale Tagesordnung bestimmen und die ein Interesse an der Erhaltung des Status quo haben.

Der eigentliche Irrtum besteht darin, dass wir die Anhäufung von Daten mit Wissen verwechseln. Je mehr wir aber in Erfahrung bringen, desto weniger sind die Ergebnisse wert. Unsere Datenbanken blähen sich ins Ungeheuerliche. Alle fünf Jahre verdoppelt sich das Weltwissen. Dieses Trommelfeuer an Informationen macht unsere Köpfe und Herzen taub. Die Informationsflut führt also nicht zu mehr Aufklärung, sondern zu mehr Zynismus und Gleichgültigkeit.

Inzwischen sind unsere Demokratien zu Organismen verkommen, die allein durch wirtschaftliches Wachstum überleben. Bleibt dieses aus, macht sich sofort ein rechtes Protestpotenzial bemerkbar, das direkt in den verschleierten Faschismus führt. Die demokratisch-ökologische Wende wird unter diesen Umständen auf sich warten lassen. Also lassen Sie uns über den Begriff Diktatur reden. Die Ökodiktatur wird nicht als Ideologie daherkommen, die genügend Ressentiments bedient, um eine Volksbewegung zu werden. Sie wird nicht durch eine Revolution über uns kommen, sondern scheibchenweise installiert werden. Ihre Machtergreifung wird durch die schlechter werdenden Bedingungen diktiert, unter der die herkömmlichen Volkswirtschaften zusammenzubrechen drohen. Je länger wir darauf verzichten, im Vorgriff umzusteuern, desto wahrscheinlicher und grausamer wird die Ökodiktatur. Sie wird wenig zu tun haben mit grünen Idealen, sie wird sich als Entseuchungskommando in einer ganz und gar kaputten Welt verstehen. Das ist nur logisch.

Mitte dieses Jahrhunderts werden die Industrieländer nicht einmal zwanzig Prozent der Weltbevölkerung stellen. Sie werden sich einer Flut von Umwelt- und Armutsflüchtlingen gegenübersehen, die man sich nur mit rigiden, heute kaum vorstellbaren Maßnahmen vom Halse halten kann. Eine solche Gesellschaft wird auch ohne Ökodiktatur kaum noch Demokratie und Menschenwürde bereithalten.

Die meisten Menschen glauben, dass es sich bei dem Thema Ökologie um eine Art Geheimwissenschaft für Erleuchtete handelt. Sobald der enge Rahmen der klassisch naturwissenschaftlichen Ökologie verlassen wird und Begriffe wie »ganzheitlich«, »evolutiv« oder gar »spirituell« ins Spiel kommen, wird die Sache den meisten suspekt. Sie sind unserem wissenschaftlich geschulten Geist fremd. Nachvollziehbar wird Ökologie nur, wenn sie in den konkreten Zusammenhang von Wirtschaft und Politik gestellt ist. Die ethischen Fragen bleiben bei dieser Betrachtungsweise außen vor. Es geht aber im Leben nicht nur um Sachwerte. Die Forderung, der natürlichen Mitwelt Respekt zu bezeugen, ihren Eigenwert anzuerkennen, ist das Kernstück einer Ethik, die zur Leitlinie gesellschaftlichen Handelns werden muss. Ansätze einer solchen Entwicklung sind vorhanden. Es gibt inzwischen viele Initiativen, die den Paradigmenwechsel für sich vollzogen haben. Allerdings glaube ich nicht, dass uns genügend Zeit bleibt, dieser Entwicklung in ihrem jetzigen Tempo zu vertrauen. Aber ich erwähne dies, um nicht als Berufspessimist zu gelten, der in seinem Eifer die positiven Ansätze in unserer Gesellschaft völlig negiert.

Was wir bräuchten, wäre eine Magna Charta der Ökologie. Eine solche Magna Charta unterschiede sich grundsätzlich von dem, was wir bisher unter Umweltschutz verstehen. Bisher reden wir ausschließlich von Beständen, wenn wir von der Natur sprechen. Wir machen in allem unsere Rechnung auf. Dieses Denken ist nicht dem Leben verpflichtet, sondern einer Haushaltsphilosophie. Wir glauben ja immer noch, dass die Lösung ökologischer Probleme in erster Linie ein Fall für die Wissenschaft ist. Ich sehe das genau umgekehrt: Die Wissenschaft ist das stärkste Hindernis für die Lösung dieser Probleme. Solange Wissenschaft und Ethik zwei getrennte Begriffe sind, wird sich an der Talfahrt des Lebens nichts ändern. Der Hochmut der Gentechnologie macht dies auf krasse Weise deutlich. Früher gab es in Asien über dreihundert verschiedene Reissorten, heute teilen sich einige Großkonzerne den Markt mit wenigen genmanipulierten Pflanzen. Die Folge ist, dass die erzwungenen Monokulturen ganze Kontinente veröden lassen.

Solange sich Wissenschaft und Ethik nicht in wechselseitiger Beziehung begreifen, werden wir keine Lösungen finden. Es geht darum, die Brille des alten Umweltschutzes, der eigentlich nur Menschenschutz bedeutet, abzunehmen und durch die Brille der ganzheitlichen Ökologie zu ersetzen. Sie erst lässt uns erkennen, dass die Umwelt nichts ist, was außerhalb von uns existiert, sondern dass wir Teil einer einzigen und einzigartigen Welt sind. Es ist schon ein erbärmliches Zeugnis, wenn man das den Menschen in Erinnerung bringen muss. Weit vor unserer angeblich so aufgeklärten Zeit haben ganze Kulturen in dem Bewusstsein gelebt, dass alles Seiende beseelt ist. Die Puebloindianer hatten nicht einmal ein Wort für Religion. Das ganze Leben war Religion für sie. Sie glaubten, wer Tiere und Pflanzen nicht achtet, verliert auch die Achtung vor den Menschen. So ist es ja auch gekommen …

Wenn ich also in meiner grenzenlosen Naivität einer Ökodiktatur das Wort rede, so deshalb, weil ich den Traum nicht aufgeben möchte, dass wir eines Tages zurückfinden werden zu einem Verständnis, das nicht nur uns selbst, sondern auch unserer Mitwelt nützt. Sein oder Nichtsein ist zur aktuellen Alternative der Menschheit geworden. Gelingt es uns nicht, innerhalb kürzester Zeit zur Besinnung zu kommen und radikal umzusteuern, ob freiwillig oder mit Gewalt, werden wir überhaupt keine Chance mehr haben, die Folgen unseres kurzfristigen Konsumrausches zu überleben. Die eigentliche Frage lautet daher: kollektiver Selbstmord oder geistige Erneuerung.

Es wird wohl auf den kollektiven Selbstmord hinauslaufen. Also vergessen wir das Gerede von einer Ökodiktatur. Eine Spezies, die sich derart in Gefahr gebracht hat, muss schon von selbst darauf kommen, dass sie die notwendige Operation auch wollen muss, wenn sie am Leben hängt.

Veröffentlicht am 5. Februar 2016 auf KenFM.de

Weisheit entsteht unter Verschluss

In der Auster unseres Bewusstseins

»Das ganze menschliche Projekt ist eine Maschine ohne Bremsen, denn es gibt keinen Hinweis darauf, dass sich die politischen Führer der Welt der Realität stellen werden, bevor die Katastrophe eingetreten ist. Die reichen Länder verbrauchen Ressourcen mit rücksichtsloser Missachtung der kommenden Generationen, und die armen Länder scheinen unfähig, das Bevölkerungswachstum zu beschränken, das ihre Aussichten auf eine bessere Zukunft ausradiert. In einer solchen Welt sind Deklarationen und Manifeste, welche die Grenzen des Wachstums ignorieren, nichts als hohle Worte. Alle verfügbaren Daten sagen, dass wir den Point of No Return bereits überschritten haben und die Menschheit vor gewaltigen Erschütterungen steht.« –

Es war nicht irgendwer, der das gesagt hat; es war Steward Udall, der 2010 verstorbene ehemalige Innenminister unter den US-Präsidenten John F. Kennedy und Lyndon B. Johnson, amtierend von 1961 bis 1969.

Hunderttausende, ja Millionen und Abermillionen Menschen wissen inzwischen und sagen es auch, dass wir keine Verantwortung mehr für die Erde übernehmen. Aber wir meinen damit die da oben, die anderen, es sind immer die anderen, die Schuld haben. So geht das nicht. Schuldzuweisungen gehen nicht, auch wenn die Verbrechen deutlich zugeordnet werden können. Das Problem entsteht im Geist von uns allen und dort wird es gelöst. Im Geist nämlich sind wir mit allem verwandt. Ist das wirklich so schwer zu verstehen? Offensichtlich schon. Denn wir alle sind es, die Kritiker eingeschlossen, die täglich am Rad der Vernichtung drehen. Ohne unsere Unterstützung (wie viele Menschen ändern schon ihr Konsumverhalten?) könnten derart katastrophale Verhältnisse, wie wir sie in aller Kürze zu konfrontieren haben, nicht entstehen.

So werden die Dinge aller Voraussicht nach ihren schrecklichen Lauf nehmen. Denn Weisheit entsteht unter Verschluss. In der Auster unseres Bewusstseins. Als Irritation. Das kann einen ganz schön nervös machen. In diesem nervösen Zustand befinden wir uns gerade. Wann endlich begreifen wir, dass diese Irritation sehr bald von faszinierenden Schichten kristalliner Strukturen umhüllt wird? Dass wir dieses Kleinod in die Hand nehmen, uns damit schmücken können. Dass eine andere Welt, eine andere Gesellschaft möglich ist, wenn wir es nur wirklich wollen. Dass der Drops gelutscht ist, habe ich an anderer Stelle mehrfach deutlich betont.

Wer diese Botschaft locker wegstecken kann, anstatt sie beschämt zur Kenntnis zu nehmen, ist nur ein weiteres Molekül im Sauerteig unserer Zivilisationskultur, die ausschließlich der Gier gehorcht – von oben nach unten, von innen nach außen, auf individueller wie auf gesellschaftlicher Basis. Unsere Zivilisation beruht auf der systematischen und absoluten Vermeidung von Verantwortlichkeit. Es ist allerhöchste Zeit, dass sie sich das Genick bricht, bevor sie uns in den kollektiven Untergang wühlt und dabei auch noch alles andere Leben aus dem Gleichgewicht reißt.

Natürlich wäre es sehr viel angenehmer, wenn wir diesem zerstörerischen Trieb mit einem veränderten Bewusstsein begegnen könnten. Vor dem Hintergrund eines global kollabierenden Wirtschafts- und Ökosystems nimmt sich das Tempo, in dem die Menschen sich ihrer selbst bewusst werden, allerdings bescheiden aus. Hinzu kommt, dass wir inzwischen auf einem gigantischen Minenfeld leben und Gefahr laufen, dass uns die Hinterlassenschaften aus der Atomindustrie, die Kriegslüsternheit der Machteliten, die weltweiten sozialen Verwerfungen, die Folgen der Genmanipulation und des Geoengineering und vieles andere mehr jederzeit um die Ohren fliegen können. Eine kleine Initialzündung auf dem globalen Minenfeld würde schon reichen, um eine katastrophale Kettenreaktion auszulösen.

Lasst uns doch mal im Geiste eine jener so beliebten Computersimulationen anwenden: Wir jagen die letzten hundertdreißig Jahre, also die Zeit, in der das Industriezeitalter ökologisch voll zu Buche schlug, durch den Zeitraffer, verdichten sie auf eine Stunde. Angenommen, wir starteten 1887 vor der amerikanischen Westküste in eine Umlaufbahn um die Erde. Pusteln bildeten sich entlang der Pazifikküste, die an der Ostküste bereits zu bedenklichem Ausschlag herangewachsen wären. Nach der Atlantiküberquerung stellten wir fest, dass ganz Europa befallen ist. Es sind die Städte, die wie Metastasen ins Land greifen. Schmutzige Schlieren ergössen sich in Flüsse und Meere. Unterdessen schrumpften die gigantischen Waldflächen in sich zusammen und machten braunen Wüsten Platz. Ein immer dichter werdendes Netz von Straßen und Schienen legte sich um den Globus, ganze Kontinente verschwänden unter einem diffusen Grauschleier. Endlich an den Ausgangspunkt zurückgekehrt, stellten wir fest, dass die Erde zu einer Geschwulst verfault ist, die von den Rauchschwaden unserer Brandschatzung vielerorts gnädig verdeckt wird.

Mit einiger Rührung habe ich vor Kurzem den leidenschaftlichen Kommentar einer Freundin auf Facebook zur Kenntnis genommen, die sich dagegen verwahrte, der Natur ins Handwerk zu pfuschen, welche unsere Sehnsucht nach einer besseren Welt doch in unsere Seelen implantiert hätte. Abgerundet wurde der Kommentar von dem Bild einer alten Indianerin, die der Kamera den Stinkefinger zeigt.

Starkes Bild, starke Geste. Sie war ausschlaggebend dafür, dass ich mir das Buch »Endgame« des US-amerikanischen Umweltaktivisten Derrick Jensens sehr genau durchgelesen habe. Um letztlich festzustellen, dass er recht hat. Zumindest hat der Widerständler, der Ökokrieger, der Aktivist in ihm recht, dem es an diesem Punkt der Geschichte, an dem der Ökozid an jeder Ecke spürbar ist, darum geht, seinen Seelenfrieden zu finden. Er fordert dazu auf, uns in die Schlacht zu werfen. Nur im aktiven Widerstand, so argumentiert er, könnten wir uns wieder als Mensch definieren, als Verteidiger eines fantastischen Mysteriums, das wir Leben nennen und dem wir fahrlässigerweise so wenig Aufmerksamkeit geschenkt haben. Dadurch könnten wir uns wieder verbinden mit der Schöpfung.

Dass die Schlacht inzwischen verloren ist, dürfte auch einem Derrick Jensen klar sein. Insofern ist sein Appell, nicht in der Hoffnung zu verharren, selbst ein Stück Hoffnung. Der Hoffnung nämlich, dass sich genügend Klarsichtige finden mögen, die sich aufgerufen fühlen, aus der Reserve zu treten, die ihre Duldsamkeit angesichts des kollektiven Untergangs endlich ablegen, um ihr Selbstwertgefühl, ihren Stolz und ja … ihre Ehre wiederzuentdecken. Wann, wenn nicht jetzt, so Jensen, wollen wir dem alles vernichtenden Irrsinn entgegentreten? Er kann und will nicht verstehen, dass wir nicht mindestens den Versuch unternehmen, uns freizukämpfen, bevor wir uns in die Gaskammern der Zivilisation prügeln lassen.

Der kanadische Kriminalpsychologe Robert Hare, emeritierter Professor der University of British Columbia, behauptet, dass die Leitfiguren unserer Zerstörungskultur, also die Mitglieder der politischen und wirtschaftlichen Eliten, größtenteils Psychopathen sind. Ein Psychopath lässt sich definieren als jemand, der ohne Bedauern absichtlich Schaden verursacht. Robert Hare: »Zu viele Menschen glauben, dass Psychopathen im Wesentlichen Killer oder Zuchthäusler seien. Die allgemeine Öffentlichkeit hat nicht gelernt, die sozialen Stereotype zu durchschauen, und kapiert nicht, dass Unternehmer, Politiker, Konzernchefs und andere erfolgreiche Persönlichkeiten, die möglicherweise nie ein Gefängnis von innen zu sehen bekommen, Psychopathen sein können.«

Wir sehen also: Man kann entweder albträumen oder träumen. Aber verschlafen sollten wir den Zusammenbruch unserer Zivilisation nicht. Obwohl ich glaube, dass genau das passieren wird, dass die meisten ihn gar nicht bemerken werden, weil sie die Indizien für den bevorstehenden Zusammenbruch nicht zu deuten wissen. Schließlich fühlt er sich für jeden anders an. Das Ende unserer Zivilisation wird uns nicht wie eine aus tausend Kilometer Entfernung abgeschossene Rakete treffen, es wird viele Gesichter haben.

Vielleicht kommt es in Gestalt so schlimmer Hungerkatastrophen, dass wir die Toten nicht mehr zählen mögen. Für diejenigen, die sich bisher in Onlinepetitionen gegen die Zentralisierung der Macht und gegen das System der totalen Überwachung zur Wehr gesetzt haben, könnte der Zusammenbruch nach Tränengas riechen. Für arbeitslose Jugendliche wird er aussehen wie Einstichstellen in der Armbeuge, wie Schorfwunden, wie der kurze Kick eines Crackkrümels, mit denen ihr Viertel von der CIA überschwemmt wird. Vielleicht fühlt er sich aber auch wie gar nichts an. Vielleicht klingt er wie gar nichts, sieht aus wie gar nichts. Oder wie Derrick Jensen es formuliert: »Vielleicht ist er der unverkennbare Geruch im Inneren eines Polizeiautos und der Blick durch das Rücksitzfenster auf ein kleines Mädchen, das an einer Eiswaffel leckt und das Wissen, dass Sie so etwas niemals mehr in Ihrem Leben sehen werden.«

Wir alle stecken in persönlichen Geschichten fest, in der die Sorgen um unsere Familie, den Arbeitsplatz und die Gesundheit mehr wiegen, als ein historisches Ereignis, selbst wenn es von so großer Tragweite ist, wie das Ende unserer Zivilisation, das in seinen diffusen Erscheinungsformen allerdings kaum beweisbar ist, nicht jetzt. Und weil das so ist, weil wir uns nicht unnötig in Panik versetzen lassen, deuten wir Wahrheiten zu Verschwörungstheorien um.

Uns ist es an dieser Stelle egal, ob der Umweltschutz systematisch ausgehöhlt oder ignoriert wird, uns kümmert es nicht mehr, dass die Grenzen zwischen Konzernen und Regierungen gänzlich aufgehoben werden. Und Folter, Freunde, hat es schon immer gegeben. Lasst sie doch an jeder Straßenlaterne dieser Welt eine Kamera installieren, lasst sie unsere Mails lesen und unsere Telefonate abhören, sollen sie doch daran ersticken, mir doch egal. Die einzige Methode, alles zu kontrollieren, besteht darin, alles zu töten. Sollen sie doch. Sterben müssen wir schließlich alle einmal. Aber solange die Termine für Fußballendspiele noch stehen, interessiert uns das eigentliche Finale nur am Rande. Capisce?

Veröffentlicht am 4. Juli 2017 auf Rubikon.news

Zwischen all den erloschenen Augen war eines, das ihn erwartete …

»Hier also hält sich Gott versteckt!«, hatte D. H. Lawrence entzückt notiert, als er 1925 die unwegsame mexikanische Halbinsel Baja California besuchte. »Ich bin Zeuge von etwas, was es so schon immer gegeben hat und was so auch immer gemeint war.« Cording war da nicht sicher. Er hielt den Kopf in den Fahrtwind, um der brennenden Stirn Linderung zu verschaffen, aber ebenso gut hätte er seine Birne in einen Hochofen stecken können. Wenn Gott diesen fast tausendsiebenhundert Kilometer langen Wurmfortsatz Kaliforniens tatsächlich zu seinem Versteck erkoren hatte, musste er verdammt hitzeresistent sein. Zuzutrauen war es ihm. Damit wäre er wohl der Einzige, der alle Voraussetzungen mitbrachte, unsere hausgemachte Klimakatastrophe zu überleben, die es bestimmt nicht immer gegeben hatte und die so wohl auch nicht immer gemeint war.

Baja war ein widerstandsfähiges Fleckchen Erde, das es verstanden hatte, sich die Menschen vom Halse zu halten. Die erfolgsverwöhnte Spezies des Homo sapiens scheiterte bis heute an der grandiosen Feindseligkeit des Landes, das in der Mitte des amerikanischen Kontinents noch immer zu den am dünnsten besiedelten Gebieten der Erde gehörte. Es war ein resolutes Land, standhaft im Charakter und unabhängig. Seine von der Sonne gebackenen Gebirge, seine weiten Sandwüsten und abgrundtiefen Canyons duldeten den Menschen allenfalls als Gast. Die erst 1973 gebaute Mex 1, auf der sich Cording jetzt bei geschlossenem Dach Richtung Süden bewegte, war die einzige Zivilisationswunde, die man der Halbinsel hatte zufügen können. Sie schlängelte sich tausendsiebenhundert Kilometer von Tijuana nach Cabo San Lucas. Wie gelassen Baja das asphaltierte Implantat zur Kenntnis nahm, ließ sich aus den Trümmern entlang der Strecke ablesen: blutrote Splitter von Rücklichtern, geborstene Windschutzscheiben, bis zum Dach verschüttete Autowracks und rostige Auspuffrohre, die aus dem Sand ragten, wie die Arme von Ertrinkenden – das alles zeugte davon, mit welcher Souveränität der Wüstenstrich sich der Automobilmachung zu erwehren wusste. Wo ein Fahrzeug stecken blieb, lag es für immer.

Mit jedem Kilometer, den Cording in diese unwirtliche Landschaft vordrang, verstärkte sich der Eindruck, auf einem anderen Stern unterwegs zu sein. Sämtliche Farben schienen auf Schwarz gemalt, dies war der dunkelste Sonnenhimmel der westlichen Hemisphäre. Die Temperaturen erreichten fünfundfünfzig Grad im Schatten, aber wo war schon Schatten? Immer schienen die hintereinander gestaffelten Bergrücken zum Greifen nah, so klar war die Luft. Allmählich entwickelte er ein Gefühl für die erhabene Schönheit dieses gnadenlosen Paradieses. Er bekam Wüstenaugen, er war überwältigt von den Cardón-Kakteen, die als gigantische Zeigefinger oder mächtige Kandelaber bis zu zwanzig Meter in den Himmel ragten. Sie benahmen sich wie eine strenggläubige Sekte, die alles aussortierte, was nicht durchbohrte, stach oder aufspießte. Gelegentlich witterte er das Parfüm des Meeres.

Er fuhr rechts ran und studierte die Karte. Den Abzweig nach Bahia de los Angeles hatte er gerade passiert. Bis zur Lagune Ojo de Liebre waren es noch etwa fünfzig Meilen. Als er vom Standstreifen auf die Straße zurückkehrte, hätte er fast einen Campingbus gerammt, der von dem plötzlichen Ausweichmanöver aus der Bahn geworfen wurde und nun eiernd in die Spur zurückfand. Es handelte sich um eine ganze Kolonne solcher Gefährte, in die er geraten war.

Was sich den Untergangstouristen an den Stränden der warmen Salzwasserlagunen bei San Ignazio, Guerrero Negro und Bahia Magdalena an grauenhaften Eindrücken bieten würde, hatte es an gleicher Stelle alles schon gegeben. Die Lagune Ojo de Liebre, wo sich die meisten Tiere an Land warfen, trägt im englischen den Namen Scammon’s Lagoon, benannt nach dem Walfängerkapitän Charles Melville Scammon. »Die Küsten von Baja sind voll riesiger Knochen«, notierte er vor zweihundert Jahren in sein Tagebuch, »es ist nur noch eine Frage der Zeit, wann die Grauwale nicht mehr unter den lebenden Rassen weilen werden.« Da auch seine Nachfolger in diesem Sinne wüteten, war der weltweite Bestand auf zweihundertfünfzig Exemplare geschrumpft, bevor man die Tiere 1937 endlich unter Schutz stellte. Heute schätzt man ihre Zahl auf dreißigtausend.

Seit Urzeiten zogen die Grauwale in immer gleichen Formationen aus den arktischen Meeren in ihr pazifisches Winterquartier. Auf der zehntausend Kilometer langen Wanderung legten sie täglich zweihundert Kilometer zurück. Cording hatte sich das aktuelle Drama vor seiner Abreise aus San Francisco noch einmal im Fernsehen angesehen. Er glaubte nicht an die Mär vom kollektiven Selbstmord. Das war nichts weiter als ein Mediencoup, ein Verkaufsschlager, mit dem die romantische Ader des Publikums bedient wurde. Der Mensch funkte im Meer inzwischen auf allen Frequenzen. Allein das Unterwasserradar der Militärs reichte aus, das sensible Ortungssystem der Wale außer Kraft zu setzen. Aber wieso fanden sie dann hierher zurück, um zu sterben?

Das Handy klingelte. Es war sein Chefredakteur, wer sonst.

»Sorry«, meldete sich Mike, »die Londoner haben umdisponiert. Sie haben nun doch ein Fernsehteam runtergeschickt. Müsste schon vor Ort sein. Leider hatten sie vergessen, mich darüber zu informieren. Tut mir leid. Wo bist du jetzt?«

»Kurz vor der Lagune Ojo de Liebre.«

»Na ja, schau dir das Spektakel an, wenn du willst, und dann komm so schnell wie möglich zurück nach Hamburg.«

Er hatte es Mike gesagt, dies hier war eine TV-Geschichte. Um Himmels willen! Was tat sich denn da vorne in den Dünen? Sah aus wie bei einem Freilichtkonzert oder Rodeo. Autos, Wohnwagen und Zelte, so weit das Auge reichte. Auf der Straße war kein Durchkommen mehr. Cording setzte zurück und parkte am vorläufigen Ende der Blechschlange. Dann griff er nach dem Strohhut, den er sich in Tijuana gekauft hatte und stapfte auf glühend heißem Untergrund auf jenen langen Kamm zu, der ihm den Blick aufs Meer die letzten Kilometer beharrlich verstellt hatte.

Dahinter parkte niemand mehr, dahinter ging es sanft bergab. Dahinter glitzerte das Meer. Es lag da wie gebügelt. So regungslos wie die schiefergrauen, zehn Meter langen gestrandeten Kolosse, die im flachen Wasser dümpelten, während eine ganze Armee von Helfern ihre austrocknenden Körper immer wieder zum Glänzen brachte. Auf den sandigen Rängen dieses absurden Theaters hockten Tausende junger Menschen und beteten. Viele hatten Tränen in den Augen. Über ihnen kreiste surrend ein Zeppelin mit roter Aufschrift: EMERGENCY-TV.

Cording stand eine Weile ratlos auf der Stelle, bevor er sich seinen Weg an den Strand bahnte. Er schritt die Front der grauen Kadaver ab. Zwischen all den erloschenen Augen, die er auf seinem Weg links liegen ließ, war eines, das ihn erwartete. Sie blickten sich an, der Mensch und der Wal. Der Mensch ging nicht in die Knie, er streichelte das Sterbende nicht, er stand aufrecht und blickte ihm ins Auge. Es war, als schaute er in ein warmes, gleißendes Licht. Im Blick des sterbenden Wals war mehr Frieden und Liebe, als sich Cording je hätte vorstellen können.

Auf der Rückfahrt nach Los Angeles gewann in ihm die Überzeugung überhand, dass es sich wohl doch um eine freie Entscheidung der Wale handelte – Unterwasserradar hin oder her.

Aus DAS TAHITI-PROJEKT. Die Maeva-Trilogie 1. Piper, München, 2. Aufl. Dezember 2011, Taschenbuch, ISBN 978 3 492 25362 8, S. 24.

Veröffentlicht auf Facebook am 20. Juni 2017

Packen wir es an!

Mit der Hitze des Mitgefühls

Zwei Meldungen, die relativ »schadlos« an der Öffentlichkeit vorbei gegangen sind, haben mich in meiner Meinung noch einmal aufs Heftigste bestätigt: Der Drops ist gelutscht, Herrschaften! Eine von der NASA veröffentlichte Studie nennt das Kind beim Namen: Das Modell Menschheit hat ausgedient, der Untergang unserer Zivilisation ist unvermeidlich, egal, welche Wege wir noch beschreiten werden.

Die interdisziplinäre Studie, die vom NASA Goddard Space Flight Center finanziert wurde, wurde von Mathematikern, Soziologen und Ökologen erstellt. Für den bevorstehenden Kollaps hat das Team fünf Risikofaktoren ausgemacht: Bevölkerungswachstum, Klimawandel, Wasserversorgung, Landwirtschaftsentwicklung und Energieverbrauch. Wenn beim Zusammenwirken dieser fünf Faktoren zwei ganz bestimmte Entwicklungen einsetzen, sei der Totalzusammenbruch unausweichlich, so die Wissenschaftler um den Mathematiker Safe Motesharrei. Diese Entwicklungen sind für die Forscher bereits eingetreten: die Überlastung der Ökosysteme bei gleichzeitiger Aufspaltung der Gesellschaft in reiche Eliten und den armen Rest. Beide Dynamiken, merkt die Studie an, hätten beim Untergang aller Hochkulturen in den letzten fünftausend Jahren eine zentrale Rolle gespielt.

Die zweite Meldung, von der ich sprach, fand im Gegensatz zur NASA-Studie wenig bis gar keine Beachtung, obwohl sie für mich noch schwerer wiegt. In einem US-amerikanischen Lokalsender verkündete der Oglala-Lakota Vine Abhilasha den Entschluss seines Stammes, die spirituelle Hilfe für die weiße Rasse ab sofort einzustellen. Abhilasha (was so viel wie Sehnsucht heißt) wörtlich: »Erst wenn die Zivilisation von der Erde und aus euren Herzen verschwunden ist, werden wir euch beibringen, wie man lebt. Bis jetzt waren wir ziemlich erfolglos in unserem Bemühen, euch das verständlich zu machen. Bisher habt ihr nur versucht, aus dem, was wir euch gesagt haben, Geld zu machen oder es auf euer zerstörerisches System zu übertragen. Also werden wir bis zum Ende der Zivilisation in aller Stille an unseren Traditionen und an unserem Leben festhalten. Hinterher werden wir euch, wenn ihr zu uns kommt, helfen.«