A Touch of Malice - Scarlett St. Clair - E-Book

A Touch of Malice E-Book

Scarlett St. Clair

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Beschreibung

Schmerz bedeutet, dass wir aus dem ganzen Herzen geliebt haben. Und wenn das alles ist, was über uns in die Geschichte eingehen wird, dann haben wir nichts zu bereuen

Seit ihrer Verlobung mit Hades könnte Persephone eigentlich nicht glücklicher sein. Doch ihre Mutter setzt weiterhin alles daran, ihr gemeinsames Glück zu zerstören. Sie lässt einen Schneesturm über New Athens hereinbrechen und will die Oberwelt so lange in Kälte und Eis versinken lassen, bis Persephone die Verlobung löst. Doch das ruft die Götter auf den Plan, und Persephones Schicksal liegt plötzlich in den Händen derer, von denen sie sich eigentlich abgewandt hatte. Werden die Götter für sie in den Krieg gegen Demeter ziehen? Oder werden sie ihre gefährliche Allianz letztendlich doch gegen den ungeliebten König der Unterwelt richten?

"Drama, Herzschmerz, tiefe Gefühle: Ich war definitiv noch nicht bereit für dieses Ende und werde für immer Heimweh nach der Unterwelt haben!" LEAHSLITTLEPLEASURES

Band 3 der HADES&PERSEPHONE-Trilogie von Bestseller-Autorin Scarlett St. Clair

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Seitenzahl: 644

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INHALT

Titel

Zu diesem Buch

Leser:innenhinweis

Widmung

Teil I

Kapitel Eins

Kapitel Zwei

Kapitel Drei

Kapitel Vier

Kapitel Fünf

Kapitel Sechs

Kapitel Sieben

Kapitel Acht

Kapitel Neun

Kapitel Zehn

Kapitel Elf

Kapitel Zwölf

Kapitel Dreizehn

Kapitel Vierzehn

Kapitel Fünfzehn

Kapitel Sechzehn

Kapitel Siebzehn

Kapitel Achtzehn

Teil II

Kapitel Neunzehn

Kapitel Zwanzig

Kapitel Einundzwanzig

Kapitel Zweiundzwanzig

Kapitel Dreiundzwanzig

Kapitel Vierundzwanzig

Kapitel Fünfundzwanzig

Kapitel Sechsundzwanzig

Kapitel Siebenundzwanzig

Kapitel Achtundzwanzig

Kapitel Neunundzwanzig

Kapitel Dreißig

Kapitel Einunddreißig

Kapitel Zweiunddreißig

Kapitel Dreiunddreißig

Kapitel Vierunddreißig

Kapitel Fünfunddreißig

Teil III

Kapitel Sechsunddreißig

Kapitel Siebenunddreißig

Kapitel Achtunddreißig

Bonusszenen

Danksagung

Anmerkung der Autorin

Die Autorin

Die Romane von Scarlett St. Clair bei LYX

Impressum

SCARLETT ST. CLAIR

A Touch of Malice

Roman

Ins Deutsche übertragen von Silvia Gleißner

ZU DIESEM BUCH

Seit Persephones Verlobung mit Hades könnte die junge Göttin eigentlich nicht glücklicher sein. Doch anstatt sich voller Vorfreude in die Hochzeitsvorbereitungen zu stürzen, gerät ihre Zukunft als Königin der Unterwelt erneut in Gefahr: Ihre Mutter Demeter setzt alles in ihrer Macht Stehende daran, um die Hochzeit zu verhindern. Sie lässt einen Schneesturm über New Athens hereinbrechen und droht, die Oberwelt so lange in Kälte und Eis versinken zu lassen, bis Persephone ihre Heiratspläne aufgibt und die Verlobung löst. Als dann allerdings auch noch Anschläge auf Götter und ihnen nahestehende Sterbliche verübt werden, ruft dies die Götterwelt auf den Plan, und Persephones Schicksal liegt plötzlich in den Händen derer, von denen sie sich eigentlich abgewandt hatte. Werden die Götter für sie in den Krieg gegen Demeter ziehen und ihr erlauben, Hades zu heiraten? Oder werden sie ihre gefährliche Allianz letztendlich doch gegen den ungeliebten König der Unterwelt richten – und ihr gemeinsames Glück für immer zerstören?

Liebe Leser:innen,

dieses Buch enthält potenziell triggernde Inhalte.

Deshalb findet ihr hier eine Triggerwarnung.

Achtung: Diese enthält Spoiler für das gesamte Buch!

Wir wünschen uns für euch alle das bestmögliche Leseerlebnis.

Euer LYX-Verlag

Für den besten Daddy auf der ganzen weiten Welt.

Vor deinem Tod konnte ich dir von all den wundervollen Dingen erzählen, die gerade bei mir passiert sind. Wir nutzten FaceTime, und du hast gelächelt und gesagt: »Ich bin so stolz.« Kurz danach fiel dein COVID-Test positiv aus. Ich werde immer dankbar sein für diesen letzten Anruf. Ich weiß noch, dass es dir nicht gut ging und ich dich nicht lange aufhalten wollte, aber ich wollte auch, dass du weißt, dass ich dich liebe – und darum ging es in unserem Gespräch. Ich vermisse dich, ich liebe dich – immer wieder.

Am nächsten Morgen bist du zusammengebrochen und wurdest an die Beatmung angeschlossen.

Als ich dich im Krankenhaus sah, wusste ich, dass es ein Lebewohl war. Es ging dir schlecht, doch als ich deine Hand nahm, hast du deine wunderschönen Augen geöffnet und mich angelächelt. Das nächste Mal sah ich dich, als ich deine Asche entgegennahm.

Ich würde alles geben, um dich noch einmal zu umarmen, deine Stimme und dein Lachen zu hören. Um einfach so aus dem Nichts eine witzige Textnachricht zu bekommen, dir über den kahlen Kopf zu streicheln und mich an deine Schulter zu lehnen. Aber ich weiß, dass du immer noch bei mir bist und dass du stolz auf mich bist. Dir verdanke ich meinen Durchhaltewillen – dem Menschen, der immer an das glaubte, was alle anderen für unmöglich hielten.

RUHE IN FRIEDEN

Freddie Lee Nixon

23. Dezember 1948 – 27. November 2020

TEIL I

»In neue Körper verwandelte Gestalten, drängt meine Seele dazu zu dichten. Ihr Götter, denn ihr habt auch jene verwandelt, inspiriert mein Vorhaben und geleitet mein fortlaufendes Gedicht vom ersten Ursprung der Welt bis zu meinen Zeiten …«

Ovid – »Metamorphosen«

KAPITEL EINS

Ein Hauch von Folter

Raue Hände spreizten ihre Beine und wanderten ihre Oberschenkel hinauf. Lippen folgten – ein leichter Druck, der über ihre Haut glitt. Noch im Halbschlaf schmiegte sich Persephone in die Berührung, und Fesseln schnitten ihr in Handgelenke und Fußknöchel. Verwirrt zerrte sie daran, um sich zu befreien, doch sie musste feststellen, dass die Fesseln nicht nachgaben. Etwas an dieser Unfähigkeit, sich zu bewegen, sich zu wehren und zu kämpfen, ließ ihr Herz rasen und ihr Blut in Hals und Kopf pulsieren.

»So wunderschön.« Die Worte waren ein Flüstern an ihrer Haut, und Persephone erstarrte.

Diese Stimme.

Diese Stimme kannte sie.

Sie hatte den Besitzer einst als Freund betrachtet, doch nun war er ihr Feind.

»Pirithous.«

Sie presste den Namen zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor – durchtränkt von Wut, Angst und Abscheu. Der Halbgott hatte sie erst gestalkt und dann von der Akropolis entführt.

»Sch«, flüsterte er nun, und seine Zunge, nass und kalt, glitt über ihre Haut.

Ein Schrei drang aus ihrer Kehle. Sie presste die Schenkel zusammen und wand sich, um der Berührung zu entgehen, die sie auf ihrer Haut spürte.

»Sag mir, was er tut, das dir gefällt«, flüsterte Pirithous, und sein klebriger Atem strich über ihr Ohr, während eine Hand sich höher zwischen ihre Beine schob. »Ich kann es besser.«

Persephones Augen öffneten sich ruckartig, sie schoss hoch und atmete scharf ein. Ihre Brust schmerzte, und ihr Atem ging stoßweise, als sei sie gerade quer durch die Unterwelt gerannt, verfolgt von einer Geistererscheinung. Es dauerte einen Moment, bis ihre Augen sich an die Umgebung gewöhnt hatten und sie erkannte, dass sie in Hades’ Bett lag. Seidenlaken klebten an ihrer feuchten Haut, ein Feuer loderte im Kamin ihnen gegenüber, und neben ihr lag der Gott der Toten selbst. Seine Energie, finster und elektrisch, knisterte in der Luft, machte sie schwer und greifbar.

»Geht es dir gut?«, fragte er.

Seine Stimme klang klar, ruhig – ein linderndes Elixier, das sie trinken wollte. Sie sah ihn an. Er lag auf der Seite, seine entblößte Haut glänzend im Feuerschein. Seine Augen glitzerten schwarz, und sein dunkles Haar floss über die Laken wie Wogen in einem sternenlosen Meer. Vor Stunden hatte sie es mit ihren Fingern umklammert, während sie auf ihm geritten war, langsam und atemlos.

Sie schluckte, und ihre Zunge fühlte sich dick an.

Es war nicht das erste Mal, dass sie diesen Albtraum hatte, und auch nicht das erste Mal, dass sie aufwachte und sah, dass Hades sie betrachtete.

»Du hast nicht geschlafen«, stellte sie fest.

»Nein«, antwortete er, setzte sich neben ihr auf und hob die Hand, um über ihre Wange zu streicheln. Seine Berührung jagte ihr einen Schauer über den Rücken und direkt in ihre Seele. »Erzähl es mir.«

Als er sprach, war es, als sei seine Stimme magisch, ein Zauber, der die Worte aus ihrem Mund lockte, auch wenn sie ihr im Hals stecken bleiben wollten.

»Ich habe wieder von Pirithous geträumt.«

Hades’ Hand sank von ihrer Wange, und Persephone erkannte den Ausdruck in seinem Gesicht, die Gewalt in seinen endlosen Augen. Sofort fühlte sie sich schuldig, weil sie einen Teil von ihm ans Licht gezerrt hatte, an dessen Beherrschung er so hart arbeitete.

Pirithous verfolgte Hades ebenso sehr, wie er sie verfolgte.

»Er tut dir weh, sogar noch im Schlaf.« Hades runzelte die Stirn. »Ich habe dich enttäuscht an diesem Tag.«

»Wie hättest du wissen sollen, dass er mich entführen würde?«

»Ich hätte es wissen müssen.«

Natürlich war das nicht möglich, obwohl Hades argumentierte, dass er eben deshalb Zofie zu ihrer Beschützerin bestimmt hatte. Aber die Aegis hatte während ihrer Entführung im Außenbereich der Akropolis patrouilliert. Ihr konnte auch nichts Ungewöhnliches auffallen, denn Pirithous hatte als Fluchtweg einen unterirdischen Tunnel genutzt.

Persephone schauderte, als sie daran dachte, wie gedankenlos sie die Hilfe des Halbgottes akzeptiert hatte, um von der Akropolis zu entkommen, während er die ganze Zeit ihre Entführung geplant hatte.

Sie würde nie wieder jemandem blind vertrauen. Nie wieder.

»Du kannst nicht alles sehen, Hades«, versuchte sie ihn zu trösten.

In den Tagen nach ihrer Rettung aus Pirithous’ Haus war Hades in finsterer Stimmung gewesen, die in seinem Versuch gegipfelt hatte, Zofie zu bestrafen, indem er sie von ihren Pflichten als Aegis entband – ein Schritt, den Persephone verhinderte.

Doch nachdem sie Hades’ Anordnung zurückgewiesen hatte, musste sie mit der Amazone herumdiskutieren.

»Dies ist meine Schande, die ich ertragen muss.«

Die Worte der Aegis hatten Persephone verärgert.

»Da gibt es keine Schande. Du hast deinen Job gemacht. Du glaubst, deine Rolle als meine Aegis stünde zur Diskussion. Das tut sie nicht.«

Zofies Augen waren groß geworden, während sie von ihr zu Hades geblickt hatte, unsicher, bevor sie mit einer tiefen Verbeugung einlenkte.

»Wie Ihr wünscht, meine Lady.«

Danach hatte Persephone sich an Hades gewandt. »Ich erwarte, informiert zu werden, bevor du jemanden in meiner Obhut entlassen willst.«

Hades hatte die Stirn gerunzelt, seine Lippen hatten gezuckt, als er entgegnete: »Ich habe sie eingestellt.«

»Ich bin froh, dass du das ansprichst, hatte sie erwidert. Wenn du das nächste Mal entscheidest, dass ich Personal brauche, erwarte ich außerdem, an der Entscheidung beteiligt zu sein.«

»Natürlich, Liebes. Wie soll ich mich entschuldigen?«

Den Rest des Abends hatten sie im Bett verbracht, doch noch während er sie liebte, war ihr klar, dass er mit sich rang, so wie sie wusste, dass er auch jetzt mit sich rang.

»Du hast recht«, antwortete Hades. »Vielleicht sollte ich dann Helios bestrafen.«

Sie warf ihm einen ironischen Blick zu. Hades hatte zuvor schon Bemerkungen in Bezug auf den Sonnengott gemacht. Es war ziemlich deutlich, dass keiner von den beiden viel vom anderen hielt.

»Würdest du dich dann besser fühlen?«

»Nein, aber es würde Spaß machen«, antwortete Hades, und seine Stimme widersprach seinen Worten, denn sie klang eher unheilvoll als begeistert.

Persephone war sich bewusst, dass Hades zu Gewalt neigte, und seine vorherige Bemerkung zum Thema Bestrafung erinnerte sie an das Versprechen, das sie ihm nach ihrer Rettung abgerungen hatte. Wenn du Pirithous folterst, darf ich dabei sein. Sie wusste, dass Hades in jener Nacht in den Tartaros gegangen war, um den Halbgott zu foltern, und sie wusste, dass er seitdem immer wieder dort gewesen war – aber sie hatte nie darum gebeten, ihn zu begleiten.

Jetzt fragte sie sich, ob dies der Grund war, warum Pirithous sie noch in ihren Träumen verfolgte. Vielleicht würde es den Albträumen ein Ende machen, wenn sie ihn im Tartaros sah – blutig und gebrochen.

Sie sah Hades wieder an und sprach ihren Befehl aus. »Ich wünsche ihn zu sehen.«

Hades’ Miene veränderte sich nicht, aber sie empfand, dass sie in diesem Augenblick seine Emotionen spüren konnte – Zorn, Schuldgefühle und Besorgnis –, nicht die Besorgnis, sie ihrem Angreifer gegenübertreten zu lassen, sondern Besorgnis, sie überhaupt in den Tartaros zu lassen. Sie wusste, dass ein Teil von Hades es fürchtete, ihr diese Seite von ihm zu zeigen, aus Furcht, was sie denken könnte – und doch würde er sie nicht abweisen.

»Wie du wünschst, meine Liebe.«

Persephone und Hades erschienen im Tartaros in einem fensterlosen weißen Raum, so gleißend hell, dass es wehtat. Als ihre Augen sich angepasst hatten, wurden sie groß und fixierten die Stelle, wo Pirithous saß – gefesselt auf einem Stuhl in der Mitte des Raums. Es war Wochen her, seit sie den Halbgott zuletzt gesehen hatte. Er schien zu schlafen, das Kinn auf die Brust gesunken, die Augen geschlossen. Einst hatte sie ihn für gut aussehend gehalten, doch jetzt waren diese scharfen Wangenknochen hohl, das Gesicht blass und aschfahl.

Und dann der Geruch.

Es war nicht direkt Verwesung, aber es roch säuerlich und scharf und brannte ihr in der Nase.

Ihr drehte sich der Magen um, und bei seinem Anblick wurde ihr übel.

»Ist er tot?« Sie brachte ihre Stimme nicht dazu, lauter als im Flüsterton zu fragen, nur für den Fall – sie war noch nicht bereit, in seine Augen zu sehen. Sie wusste, dass die Frage seltsam war, angesichts der Tatsache, dass sie im Tartaros standen, in der Unterwelt. Doch Persephone kannte Hades’ bevorzugte Foltermethoden. Sie wusste, dass er Leben schenken konnte, nur um es durch eine Reihe von grauenvollen Strafen wieder auszulöschen.

»Er atmet, wenn ich es sage«, antwortete Hades.

Persephone erwiderte nichts. Stattdessen näherte sie sich der Seele und blieb ein paar Schritte vor ihm stehen. Aus der Nähe sah er aus wie eine Wachsfigur, die unter der Hitze zu weich geworden war, zusammengesunken und voller Falten. Doch er war greifbar und nur zu real.

Bevor Persephone die Unterwelt besucht hatte, hatte sie gedacht, Seelen seien Schemen – Schatten ihrer selbst. Doch stattdessen waren sie körperlich, so greifbar wie am Tag ihres Todes. Das war nicht immer so gewesen. Früher hatten die Seelen in Hades’ Reich eine fade, dicht gedrängte Existenz unter seiner Herrschaft geführt.

Er hatte nie erzählt, weshalb er eines Tages seine Meinung geändert und beschlossen hat, sowohl der Unterwelt als auch den Seelen Farbe und eine Illusion von Leben zu verleihen. Doch er hatte oft erklärt, die Unterwelt habe sich weiterentwickelt, so wie die Oberwelt. Aber Persephone kannte Hades. Er besaß ein Gewissen und spürte Reue für seine Anfänge als König der Unterwelt. Er hatte das alles aus Freundlichkeit getan, als einen Teil der Wiedergutmachung.

Trotzdem würde er sich selbst seine Vergangenheit nie verzeihen, und dieses Wissen tat ihr im Herzen weh.

»Hilft es?«, fragte sie Hades, unsicher, ob sie eine Antwort hören wollte. »Die Folter?«

Sie sah den Gott an, der immer noch dort stand, wo sie sich manifestiert hatten, das Haar offen, die Hörner unverhüllt. Er sah finster, wunderschön und gewaltbereit aus. Sie konnte sich nicht vorstellen, was es mit ihm machte, hier zu sein, doch sie erinnerte sich an den Ausdruck in seinem Gesicht, als er sie in Pirithous’ Schlupfwinkel gefunden hatte. Sie hatte nie zuvor gesehen, dass sein Zorn sich auf solche Weise manifestiert hatte, und sie hatte ihn noch nie so entsetzt und gebrochen gesehen.

»Ich weiß es nicht.«

»Wieso tust du es dann?« Sie ging um Pirithous herum, blieb hinter ihm stehen und begegnete Hades’ Blick.

»Kontrolle«, antwortete Hades.

Persephone hatte sein Bedürfnis nach Kontrolle nicht immer verstanden, doch in den Monaten, seit sie sich kennengelernt hatten, hatte sie begonnen, sich ebenfalls danach zu sehnen. Sie wusste, wie es war, eine Gefangene zu sein, machtlos und gefangen zwischen zwei schrecklichen Wahlmöglichkeiten – und dennoch falsch zu wählen.

»Ich will die Kontrolle«, flüsterte sie.

Hades musterte sie einen Herzschlag lang und streckte dann die Hand aus.

»Dann werde ich dir helfen, sie zu erlangen.«

Seine Stimme grollte in der Distanz zwischen ihnen und wärmte ihr Herz. Sie trat wieder zu ihm, und er zog sie mit dem Rücken an seine Brust.

Plötzlich holte Pirithous Luft. Mit pochendem Herzen sah Persephone zu, wie er sich rührte. Sein Kopf rollte herum, und seine Augen gingen blinzelnd auf, schläfrig und verwirrt.

Wieder durchfuhr sie die Angst, ihn zu sehen, und erschütterte sie bis tief in ihr Innerstes. Hades drückte beruhigend ihre Taille, als wolle er sie daran erinnern, dass sie in Sicherheit war, und senkte den Kopf. Sein Atem kitzelte ihr Ohr.

»Weißt du noch, wie ich dich gelehrt habe, deine Magie zu nutzen?«

Er meinte damit die Zeit in ihrem Hain, nachdem Apollo mit einem Gunstbeweis von Hades und dem Versprechen Persephones gegangen war, dass sie nicht über ihn schreiben würde. Sie hatte Trost inmitten der Bäume und Blumen gesucht, doch nur Enttäuschung gefunden, als sie auf einem vertrockneten Fleckchen Boden daran scheiterte, Leben zu erschaffen. Bis Hades kam, plötzlich wie die Schatten, die er seinem Willen unterwarf, hatte er ihr geholfen, ihre Magie zu nutzen und den Boden fruchtbar zu machen. Er war so verführerisch in seinen Anweisungen gewesen, dass er mit jeder Berührung ein Feuer in ihr entfacht hatte.

Ihr Körper prickelte bei der Erinnerung daran, und ihre Worte kamen gepresst zwischen ihren Zähnen hervor.

»Ja.«

»Schließe die Augen«, wies er sie an, und seine Lippen streiften über ihren Hals.

»Persephone?« Pirithous’ Stimme klang heiser.

Sie presste die Augen fester zu und konzentrierte sich stattdessen auf Hades’ Berührung.

»Was fühlst du?« Seine Hand wanderte ihre Schulter hinab, und die Finger seiner anderen Hand, fest um ihre Taille, spreizten sich besitzergreifend.

Diese Frage war nicht so einfach zu beantworten – sie fühlte so vieles. Für Hades Leidenschaft und Erregung. Für Pirithous Zorn und Furcht, Kummer und Verrat. Es war ein Strudel, ein finsterer, endloser Abgrund – und dann sagte der Halbgott wieder ihren Namen.

»Persephone, bitte. Es – es tut mir leid.«

Seine Worte trafen sie wie ein Speer ins Herz, und als sie antwortete, öffnete sie die Augen.

»Gewalt.«

»Fokussiere dich darauf«, wies Hades sie an, legte eine Hand auf ihren Bauch und verschränkte die andere mit ihrer.

Pirithous blieb zusammengesunken auf seinem Metallstuhl, gefesselt und verbittert, und die Augen, die sie so gefürchtet hatte, starrten sie nun wässrig und angstvoll an.

Sie hatten die Plätze getauscht, wurde ihr klar, und sie zögerte einen Moment und fragte sich, ob sie ihn überhaupt verletzen konnte. Dann sprach Hades weiter.

»Nähre sie.«

Durch ihre verschränkten Finger fühlte sie, wie sich Macht in ihrer Handfläche sammelte, eine Energie, die ihre Haut versengte.

»Wo wünschst du ihm Schmerz zuzufügen?«, fragte Hades.

»Das bist nicht du«, rief Pirithous. »Ich kenne dich. Ich habe dich beobachtet!«

Ein Brüllen erklang in ihren Ohren, ihre Augen brannten, und die Macht in ihr wurde zu einer Hitze, die sie kaum noch kontrollieren konnte.

Er hatte ihr unheimliche Geschenke geschickt, sie gestalkt, Fotos von ihr an einem Ort gemacht, an dem sie sich sicher gefühlt hatte. Dieses Gefühl von Sicherheit hatte er ihr geraubt, selbst im Schlaf.

»Er wollte seinen Schwanz als Waffe einsetzen«, sagte sie. »Ich will, dass er brennt.«

»Nein! Bitte, Persephone. Persephone!«

»Dann lass ihn brennen.«

Die Energie, die sich in ihrer Hand gesammelt hatte, war elektrisch, und als ihre Finger sich von Hades’ Fingern lösten, stellte sie sich vor, wie die dort angestaute Magie auf Pirithous zuschoß, in einem endlosen, lavaheißen Strom.

»Das bist nicht …«

Pirithous’ Worte verstummten, als die Magie wuchs. Es gab kein äußeres Anzeichen dafür, dass etwas mit ihm geschah – keine Flammen, die von seinen Genitalien aufloderten –, aber es war offensichtlich, dass er ihre Magie fühlte. Er stemmte die Füße in den Boden, zerrte an seinen Fesseln und biss die Zähne zusammen, sodass die Adern an seiner Schläfe und am Hals hervortraten.

Und trotzdem brachte er noch heraus:

»Das … bist nicht du.«

»Ich weiß nicht, was du denkst, wer ich bin«, sagte sie. »Aber lass es mich klarstellen – ich bin Persephone, künftige Königin der Unterwelt, Herrin deines Schicksals – und du wirst meine Gegenwart fürchten lernen.«

Rotes Blut tropfte Pirithous aus Nase und Mund, sein Brustkorb hob und senkte sich schnell, aber er sagte nichts mehr.

»Wie lange wird er so bleiben?«, fragte Persephone und sah zu, wie Pirithous’ Körper sich weiter aufbäumte und gegen den Schmerz ankämpfte. Seine Augen begannen aus ihren Höhlen zu quellen, und ein Schweißfilm legte sich auf seine Haut, der ihn leicht grün aussehen ließ.

»Bis er stirbt«, antwortete Hades schlicht und sah mit einem Ausdruck von Desinteresse zu.

Sie zuckte nicht zusammen, fühlte nichts und bat nicht darum zu gehen, bis Pirithous einmal mehr still und reglos geworden war. Sie bedachte ihre vorherige Frage, die sie Hades gestellt hatte: Hilft es? Sie hatte darauf keine Antwort, doch sie wusste, dass ein Teil von ihr verwelkt war und dass, wenn sie dies oft genug täte, auch der Rest von ihr dahinwelken würde.

KAPITEL ZWEI

Ein Hauch von Kummer

»Wie läuft die Hochzeitsplanung?«, fragte Lexa. Sie saß Persephone gegenüber auf einem weißen Quilt, bestickt mit blauen Vergissmeinnicht, der ein Geschenk von Alma gewesen war. Die Seele war bei einem von Persephones täglichen Besuchen im Asphodeliengrund mit einem Bündel in den Armen auf sie zugekommen.

»Ich habe etwas für Euch, meine Lady.«

»Alma, das hättest du nicht …«

»Es ist ein Geschenk, das Ihr weitergeben könnt«, unterbrach sie Persephone rasch, und Strähnen ihres silbernen Haares umwehten ihr rundes, rotwangiges Gesicht. »Ich weiß, dass Ihr um Eure Freundin trauert, hier, gebt ihr dies.«

Persephone hatte das Bündel entgegengenommen, und als sie sah, was es war – ein Quilt, liebevoll gefertigt mit kleinen blauen Blumen –, traten ihr Tränen in die Augen.

»Ich glaube, Euch muss ich nicht sagen, was Vergissmeinnicht bedeuten«, fuhr Alma fort. »Wahre Liebe, Treue, Erinnerung. Mit der Zeit wird Eure Freundin Euch wiedererkennen.«

An diesem Abend hatte Persephone, als sie ins Schloss zurückgekehrt war, die Decke an ihre Brust gedrückt und geweint. Und am nächsten Tag hatte sie sie Lexa geschenkt.

»Oh, sie ist wunderschön, meine Lady«, hatte die gesagt und das Bündel gehalten, als sei es ein kleines Kind.

Persephone versteifte sich, als Lexa sie mit ihrem Titel ansprach. Sie runzelte die Stirn, und als sie antwortete, klang sie verwirrt. »Meine Lady?«

Lexa hatte Persephone noch nie zuvor so angesprochen. Ihre Blicke trafen sich, und Lexa zögerte und errötete.

Lexa wurde nie rot.

»Thanatos sagte, dies wäre dein Titel?«, erklärte sie.

Persephone sah ein, dass Titel einen Nutzen hatten – aber nicht unter Freunden.

»Nenne mich Persephone.«

Lexas Augen wurden groß. »Es tut mir leid. Ich wollte dich nicht verärgern.«

»Das … hast du nicht.«

Doch sosehr Persephone überzeugend klingen wollte, konnte sie doch nicht genug Ruhe in ihre Stimme legen. Zu hören, wie Lexa sie meine Lady nannte, erinnerte sie in Wahrheit nur einmal mehr daran, dass sie nicht mehr dieselbe Person war wie zuvor. Auch wenn Persephone sich immer wieder ermahnte, dass sie Geduld mit Lexa haben müsse, war es sehr schwer. Lexa sah noch genauso aus, klang genauso – sogar ihr Lachen war noch dasselbe, aber ihre Persönlichkeit war eine andere.

»Außerdem, wenn wir Titel benutzen, dann müsstest du Thanatos Lord nennen.«

Wieder wirkte Lexa verlegen. Sie wandte den Blick ab, und ihre Wangen wurden noch röter, als sie antwortete: »Er sagte … dass ich das nicht muss.«

Persephone hatte die Unterhaltung mit einem seltsamen Gefühl beendet und sich noch weiter von Lexa entfernt gefühlt als zuvor.

»Persephone?«, fragte Lexa nun.

»Hmm?« Persephone wurde aus ihren Gedanken gerissen. Sie richtete den Blick auf Lexa und sah ihr in die Augen – leuchtend blau und wunderschön. Ihr Gesicht war bleicher hier, im Licht von Elysium, eingerahmt von dichten, dunklen Locken. Sie trug außerdem ein weißes Kleid, das in der Mitte zusammengebunden war. Persephone konnte sich nicht erinnern, dass Lexa diese Farbe jemals zu ihren Lebzeiten in der Oberwelt getragen hatte.

»Hochzeitsplanung – wie läuft es?«, wiederholte Lexa.

»Oh.« Persephone runzelte die Stirn und gab zu: »Ich habe noch nicht wirklich angefangen.«

Das war nur die halbe Wahrheit. Sie hatte noch nicht mit der Planung angefangen – aber Hekate und Yuri schon. In aller Aufrichtigkeit: Der Gedanke, eine Hochzeit ohne Lexa zu planen, tat ihr weh. Wäre sie noch am Leben, hätte ihre beste Freundin online bereits nach Farbpaletten, Kleidern und Veranstaltungsorten gesucht. Sie hätte einen Plan und Listen gemacht und Persephone Bräuche erklärt, die Persephone nie von ihrer Mutter gelernt hatte. Stattdessen saß sie nun Persephone gegenüber, still, verhalten und ohne Erinnerung an ihre gemeinsame Geschichte. Selbst wenn Persephone sie in die Pläne von Yuri und Hekate mit einschließen wollte, konnte sie es nicht – es war Seelen nicht gestattet, Elysium zu verlassen, bis Thanatos der Ansicht war, dass sie bereit waren, in den Asphodeliengrund überzugehen.

»Vielleicht können wir die Planung zu ihr bringen«, hatte Persephone vorgeschlagen.

Doch Thanatos hatte den Kopf geschüttelt. »Eure Besuche machen sie sehr müde. Sie kann im Augenblick nicht mehr bewältigen.«

Er hatte versucht, diese Zurückweisung mit seiner Magie zu lindern, denn der Gott des Todes konnte jene in seiner Gegenwart beruhigen, den Trauernden Trost spenden und Ängste lindern. Manchmal jedoch hatte das auf Persephone die gegenteilige Wirkung. Sie fand seinen Einfluss auf Emotionen übergriffig, auch wenn er es gut meinte. In den Tagen nach Lexas Tod hatte Thanatos seine Magie eingesetzt in dem Versuch, ihr Leid zu lindern, doch sie hatte ihm befohlen, damit aufzuhören. Auch wenn sie wusste, dass er es gut meinte, wollte sie alles fühlen – auch wenn es wehtat.

Es war ihr falsch vorgekommen, dem auszuweichen, nachdem sie Lexa so viel Schmerz bereitet hatte.

»Du wirkst nicht gerade begeistert«, bemerkte Lexa.

»Oh doch, ich möchte Hades’ Frau werden«, erklärte Persephone. »Es ist nur … ich hatte mir nie vorgestellt, dass ich einmal heiraten würde. Ich weiß nicht einmal, wo ich anfangen soll.«

Darauf hatte Demeter sie nie vorbereitet – oder auf überhaupt irgendetwas. Die Göttin der Ernte hatte gehofft, die Moiren überlisten zu können, indem sie Persephone von der Welt isolierte – und von Hades. Als Persephone darum gebettelt hatte, das Gewächshaus verlassen zu dürfen und die Welt als Sterbliche verkleidet zu betreten, hatte sie nur davon geträumt, ihren Abschluss zu machen, eine erfolgreiche Karriere zu starten und so lange wie möglich ihre Freiheit zu genießen.

Liebe war nie Teil dieses Traums gewesen, und eine Heirat schon gar nicht.

»Hmm«, summte Lexa und lehnte sich auf den Händen zurück, den Kopf zum bedeckten Himmel gewandt, als wolle sie sonnenbaden. »Du solltest mit dem anfangen, was dich am meisten begeistert.«

Das war ein Rat, den ihr auch die alte Lexa gegeben hätte.

Aber was Persephone am meisten begeisterte, war die Aussicht, Hades’ Ehefrau zu sein. Wenn sie an ihre gemeinsame Zukunft dachte, fühlte ihr Herz sich voll an, ihr Körper wie unter Strom und ihre Seele lebendig.

»Ich werde darüber nachdenken«, versprach sie, als sie aufstand. Zum Thema Hochzeit fiel ihr ein, dass sie bald im Palast sein sollte, um mit der Planung zu beginnen. »Obwohl ich sicher bin, dass Hekate und Yuri da ihre eigenen Ideen haben.«

»Das kann schon sein«, meinte Lexa, und einen Moment lang konnte Persephone den Blick nicht von ihr losreißen. Die alte Lexa sah sie an, gedankenvoll und aufrichtig, als sie sagte: »Aber es ist deine Hochzeit.«

Persephone verließ Elysium.

Sie wollte in den Asphodeliengrund teleportieren. Sie war schon spät dran, aber als sie Lexa zurückließ, verschwamm alles vor ihren Augen vor Tränen. Sie blieb stehen und barg das Gesicht in den Händen. Ihr Körper schmerzte, ihr Herz war leer und ihre Lungen brannten. Sie kannte dieses Gefühl zu gut, denn es hatte sie in den Tagen nach Lexas Tod gelähmt. Es kam ungebeten, wie die Albträume, die sie im Schlaf verfolgten – es kam, wenn sie damit rechnete, und auch wenn sie nicht damit rechnete, es war verbunden mit Lachen, Gerüchen und Liedern, mit Worten, Orten und Bildern. Es nagte an ihr.

Und es war nicht nur Traurigkeit, die sie belastete – sie war auch wütend. Wütend, weil Lexa überhaupt verletzt worden war, wütend, dass es trotz der Götter – trotz ihrer eigenen Göttlichkeit – kein Ankämpfen gegen das Schicksal gab. Denn Persephone hatte es versucht und war gescheitert.

Ihr Bauch verkrampfte sich, vergiftet von Schuldgefühlen. Hätte sie gewusst, was vor ihr lag, hätte sie nie eine Abmachung mit Apollo getroffen. Als Lexa bewusstlos auf der Intensivstation lag, hatte Persephone erst begonnen zu begreifen, wie sich die Angst, jemanden zu verlieren, anfühlte. Tatsächlich hatte sie solche Angst gehabt, dass sie alles in ihrer Macht Stehende getan hatte, um zu verhindern, was ultimativ und unausweichlich war. Ihre Entscheidungen hatten Lexa auf eine Weise verletzt, die nur mit der Zeit geheilt werden konnte – und mit Wasser aus dem Fluss Lethe.

Auch nachdem ihre Erinnerungen fort waren, hatte Persephone noch gehofft, dass die alte Lexa zurückkehren würde. Nun kannte sie die Wahrheit – Kummer bedeutete, nie zurückzugehen. Es bedeutete, nie die Stücke aufzusammeln. Es bedeutete, dass sie die Person, die sie nun im Nachgang von Lexas Tod war, sein würde, bis zum nächsten Todesfall.

Übelkeit stieg ihr in die Kehle.

Kummer war ein grausamer Gott.

Als sie den Palast erreichte, wurde sie von Zerberus, Typhon und Orthrus begrüßt, die auf sie zustürmten. Die drei Dobermänner blieben vor ihr stehen, energiegeladen, aber gehorsam. Sie kniete sich hin, kraulte die drei hinter den Ohren und kam an ihre Seite. Inzwischen verstand sie die Persönlichkeiten der drei besser. Zerberus war der ernsteste und der dominanteste von ihnen. Typhon war sanft, aber immer wachsam, und Orthrus konnte albern sein, wenn er nicht gerade in der Unterwelt patrouillierte – was fast nie der Fall war.

»Wie geht es meinen Hübschen?«, fragte sie.

Die drei hechelten, und Orthrus’ Pfoten tappten auf dem Boden, als könne er seinen Wunsch, ihr übers Gesicht zu lecken, kaum unterdrücken.

»Habt ihr Hekate und Yuri gesehen?«, fragte sie.

Die drei jaulten.

»Bringt mich zu ihnen.«

Die drei gehorchten und schlenderten zum Palast, der hoch aufragend und unheildrohend von jedem Ort in der Unterwelt aus zu sehen war. Seine glänzenden Zinnen aus Obsidian schienen kein Ende zu haben und verschwanden im leuchtenden, grau getönten Himmel – eine Repräsentation von Hades’ Wirkungsbereich, seinem Einfluss, seinem Reich. Am Grund des Schlosses gab es Gärten mit grünem Efeu, roten Rosen, Narzissen und Gardenien. Es gab Weidenbäume, blühende Bäume und Wege, die sich durch die Flora wanden. Es war ein Symbol von Hades’ Güte, seiner Fähigkeit, sich zu verändern und anzupassen – es war Wiedergutmachung.

Bei ihrem ersten Besuch war sie wütend gewesen, als sie die Unterwelt so üppig vorgefunden hatte, einerseits wegen der Wette, die sie mit dem Gott der Toten eingegangen war, andererseits weil es ihre Macht sein sollte, Leben zu erschaffen. Hades hatte ihr schnell gezeigt, dass die Schönheit, die er erschaffen hatte, eine Illusion war. Doch trotzdem war sie eifersüchtig gewesen, dass er in der Lage war, seine Magie so mühelos zu nutzen. Obwohl sie jeden Tag mehr Kontrolle gewann – durch Übungen mit Hekate und Hades –, beneidete sie sie immer noch um deren Kontrolle.

»Wir sind alte Gottheiten, meine Liebe«, hatte Hekate erklärt. »Du kannst dich nicht mit uns vergleichen.«

Diese Worte wiederholte sie für sich nun jedes Mal, wenn sie die vertrauten Klauen der Eifersucht spürte. Die vertraute Frustration des Scheiterns. Doch sie wurde immer besser, und eines Tages würde sie ihre Magie meistern. Vielleicht würden dann die Illusionen, die Hades seit Jahren aufrechterhielt, ja real werden.

Die Hunde führten sie zum Ballsaal, wo Hekate und Yuri vor einem Tisch voll mit Blumenstängeln, farbigen Stoffproben und Entwürfen eines Hochzeitskleides standen.

»Da bist du ja«, sagte Hekate und blickte auf, als sie die Krallen der Dobermänner über den Boden kratzen hörte. Die drei liefen direkt zur Göttin der Zauberkraft, die sich bückte, um ihnen die Köpfe zu tätscheln, dann legten sie sich hechelnd auf den Boden unter dem Tisch.

»Tut mir leid, dass ich zu spät bin«, sagte Persephone. »Ich habe Lexa besucht.«

»Das ist in Ordnung, meine Liebe«, meinte Hekate. »Yuri und ich haben gerade über deine Verlobungsfeier gesprochen.«

»Meine … Verlobungsfeier?« Es war das erste Mal, dass sie davon hörte. »Ich dachte, wir treffen uns, um Pläne für die Hochzeit zu machen.«

»Oh, so ist es«, antwortete Yuri. »Aber wir müssen zuerst eine Verlobungsfeier machen. Oh, Persephone! Ich kann es nicht erwarten, Euch Königin zu nennen!«

»Du kannst sie jetzt schon Königin nennen«, sagte Hekate. »Hades tut es auch.«

»Das ist so aufregend!« Yuri faltete die Hände. »Eine göttliche Hochzeit! So etwas hatten wir seit Jahren nicht.«

»Von wem war denn die letzte?«, fragte Persephone.

»Ich glaube, es war die von Aphrodite und Hephaistos«, meinte Hekate.

Persephone runzelte die Stirn. Um Aphrodite und Hephaistos hatte es immer Gerüchte gegeben. Das gängigste war, dass der Gott des Feuers die Göttin der Liebe gar nicht gewollt hatte. Bei den Gelegenheiten, zu denen Persephone mit Aphrodite gesprochen hatte, hatte sie bemerkt, dass die Göttin nicht glücklich in ihrer Ehe war, aber sie wusste nicht warum. Als sie mehr über die Beziehung zu erfahren versucht hatte, hatte Aphrodite dichtgemacht. Zum Teil konnte Persephone der Göttin keinen Vorwurf machen. Ihr Liebesleben und dessen Kämpfe gingen niemanden etwas an. Trotzdem hatte sie das Gefühl, dass Aphrodite glaubte, sie sei sehr allein.

»Warst du bei ihrer Hochzeit?«, fragte sie Hekate.

»Ja«, antwortete die. »Es war wunderschön, trotz der Umstände.«

»Umstände?«

»Ihre Ehe war arrangiert«, erklärte Yuri. »Aphrodite war ein Geschenk an Hephaistos.«

»Ein … Geschenk.«

Persephone krümmte sich innerlich. Wie konnte eine Göttin – überhaupt eine Frau – als Geschenk dargeboten werden?

»So nennt Zeus es gern«, erklärte Hekate. »Aber als Aphrodite geboren wurde – eine Sirene der Schönheit und Versuchung –, baten mehrere Götter Zeus um ihre Hand – Ares, Poseidon, sogar Hermes fiel ihrem Charme zum Opfer, auch wenn er das leugnen wird. Zeus trifft kaum je eine Entscheidung, ohne sein Orakel zu konsultieren, und als er es zur Hochzeit mit jedem dieser Götter befragte, sagte das Orakel Krieg voraus, also verheiratete er sie mit Hephaistos.«

Persephone runzelte die Stirn. »Aber Aphrodite wirkt so … unerschütterlich. Warum sollte sie es Zeus gestatten, zu entscheiden, wen sie heiratet?«

»Aphrodite wollte Hephaistos heiraten«, erklärte Hekate. »Und selbst wenn nicht, hätte sie keine Wahl gehabt. Alle göttlichen Ehen müssen von Zeus gebilligt werden.«

»Was? Warum? Ich dachte, Hera sei die Göttin der Ehe.«

»Das ist sie – und er beteiligt sie bis zu einem gewissen Punkt, aber er vertraut ihr nicht. Sie würde eine Ehe billigen, wenn diese ein Ende seiner Herrschaft als König der Götter bedeuten würde.«

»Ich verstehe immer noch nicht. Warum brauchen wir eine Billigung, um zu heiraten?«

»Eine Ehe zwischen Göttern ist anders als bei Sterblichen – Götter teilen ihre Macht und zeugen Kinder. Es gibt viele Faktoren, die Zeus berücksichtigen muss, bevor er seinen Segen gibt.«

»Teilen … Macht?«

»Ja – obwohl ich bezweifle, dass es Hades beeinträchtigen wird. Er hat bereits Einfluss auf die Erde, aber du – du wirst Kontrolle über die Schatten gewinnen, über den Tod.«

Persephone schauderte. Der Gedanke, dass sie lernen müsste, noch mehr Magie zu kontrollieren und zu nutzen, war ein wenig überwältigend. Sie war gerade erst dabei, ihre eigene Magie zu meistern. Natürlich wäre das kein Problem, wenn Zeus ihre Ehe nicht billigen würde. Warum hatte Hades ihr davon nichts erzählt?

»Besteht denn die Gefahr, dass Zeus seine Billigung nicht gibt?«, fragte sie und kaute an ihrer Unterlippe. Wenn ja, was würde Hades dann tun?

Liebling, ich würde diese Welt für dich niederbrennen.

Die Worte liefen flüsternd über ihre Haut und ihren Rücken – ein Versprechen, das Hades ihr einst gemacht hatte, und das er halten würde, wenn er dazu gezwungen wäre.

»Ich kann es nicht sicher sagen«, antwortete Hekate, und ihre ausweichenden Worte ließen Angst in Persephone auflodern – ein konstantes Rauschen, das in ihrem Herzen saß und durch ihre Adern pulsierte. Die Göttin war nur selten etwas anderes als direkt.

Yuri stieß Hekate mit dem Ellbogen an. »Ich bin sicher, dass Zeus seine Billigung geben wird«, meinte sie. »Welche Gründe sollte er denn haben, Euch Euer Glück zu verwehren?«

Persephone fiel ein Grund ein – ihre Macht. Nachdem sie im Wald der Verzweiflung die Kontrolle verloren und Hades’ eigene Magie gegen ihn eingesetzt hatte, hatte Hekate eine Furcht eingeräumt, die sie seit ihrer ersten Begegnung hatte – dass sie mächtiger würde als jede andere Gottheit. Dass die Macht ihr entweder einen Platz unter den Olympiern verschaffen oder sie zu deren Feindin machen würde – was von beidem, konnte sie nicht sagen.

Yuri schien genug von der Unterhaltung zu haben und wechselte schnell das Thema.

»Lasst uns mit den Farbpaletten beginnen!«, meinte sie und öffnete ein großes Buch, das auf dem Tisch lag. Zwischen den Seiten hingen Stoffschichten heraus.

»Was ist das?«, fragte Persephone.

»Es ist … nun ja, es ist ein Buch mit Hochzeitsideen.«

»Woher hast du das?«

»Die Mädchen und ich haben es gemacht«, antwortete Yuri.

Persephone zog eine Augenbraue hoch.

»Wann habt ihr damit angefangen?«

Die Wangen der Seele wurden rot, als sie stotterte: »Vor ein paar Monaten.«

»Hmm.«

Persephone hatte das Gefühl, dass die Seelen schon seit der Nacht, in der sie fast im Styx ertrunken wäre, Artikel zum Thema Hochzeit sammelten, aber sie sagte nichts, sondern hörte zu, als Yuri ihr eine Auswahl an Farbpaaren zeigte.

»Ich denke an Lila und Grün«, sagte sie. »Es passt zu Schwarz, das, wie wir alle wissen, die einzige Farbe ist, die Hades tragen wird.«

Persephone kicherte. »Ärgert dich seine Farbwahl?«

»Ihr meint, sein Mangel an Farbe? Ich würde ihn nur ein Mal gern in Weiß sehen.«

Hekate schnaubte, sagte aber nichts.

Während Yuri noch weitere Optionen durchging, konnte Persephone nicht anders, als über Zeus nachzudenken und sich zu fragen, warum sie eine Hochzeit planten, bevor sie wussten, ob ihre Verbindung mit Hades überhaupt gestattet werden würde. Vielleicht ist deine Ehe gesegnet worden, sagte sie sich. Vielleicht hat Hades schon vor seinen Anträgen nachgefragt. Das würde erklären, warum sie noch nie von diesem antiquierten Vorbehalt gehört hatte.

Dennoch würde sie Hades später auf jeden Fall fragen … und sich bis dahin mit Ängsten quälen.

Persephone billigte die Farbpalette, und nachdem das geklärt war, machte Yuri mit dem Hochzeitskleid weiter.

»Ich habe Alma ein paar Entwürfe zeichnen lassen«, erzählte sie.

Persephone blätterte die Seiten durch. Jedes Kleid war schwer verziert mit Juwelen oder Perlen und bestand aus schichtenweise Tüll. Vielleicht hatte sie nie von einer Hochzeit geträumt, aber sie wusste trotzdem, dass keines dieser Kleider für sie war.

»Was denkt Ihr?«

»Es sind wundervolle Zeichnungen«, sagte sie.

»Sie gefallen Euch nicht«, erkannte Yuri sofort und runzelte die Stirn.

»Das ist es nicht …«, meinte Persephone.

»Doch, das ist es«, warf Hekate ein.

Persephone warf ihr einen finsteren Blick zu. »Es ist nur so, dass … ich denke, ich hätte gern etwas eher … Schlichtes.«

»Aber … Ihr werdet eine Königin«, widersprach Yuri.

»Aber ich bin immer noch Persephone«, antwortete sie. »Und ich möchte gern Persephone bleiben … solang ich kann.«

Yuri öffnete den Mund, um erneut zu protestieren, aber Hekate mischte sich ein. »Ich verstehe, meine Liebe. Wie wäre es, wenn ich mich um die Koordination des Kleides kümmere? Außerdem ist es ja nicht so, als hättest du nie wieder eine Chance, ein Ballkleid zu tragen.«

Die Göttin der Zauberkraft sah Yuri demonstrativ an.

Persephone runzelte die Stirn. »Wie meinst du das?«

»Oh, meine Liebe – dies ist nur die erste Hochzeit. Du wirst noch eine zweite haben, vielleicht auch eine dritte.«

Persephone spürte, wie ihr die Farbe aus dem Gesicht wich. »Eine … dritte?«

Auch das war etwas, das sie noch nie gehört hatte.

Hekate erklärte: »Eine in der Unterwelt, eine in der Oberwelt und eine auf dem Olymp.«

»Auf dem Olymp?«

»Das ist Tradition.«

»Tradition«, echote Persephone. So wie es Tradition war, dass Zeus Ehen billigen musste – und nun fragte sie sich, wenn Zeus ihre Ehe nicht billigte, ob das dann hieß, dass er ihre Beziehung insgesamt nicht billigte? Würde er versuchen, sie gewaltsam zu trennen, so wie ihre Mutter? Sie runzelte die Stirn. »Ich bin nicht so begierig darauf, der Tradition zu folgen.«

Hekate lächelte. »Zum Glück für dich geht es Hades ebenso.«

Sie blieben noch eine Weile stehen und sprachen über Blumen und den Veranstaltungsort. Yuri war für Gardenien und Hortensien, während Persephone Anemonen und Narzissen bevorzugte. Yuri zog den Ballsaal vor für die Zeremonie, Persephone hingegen einen der Gärten – vielleicht unter den purpurnen Glyzinien in Hades’ Garten. Am Ende lächelte Hekate.

»Was ist?«, fragte Persephone, neugierig, worüber die Göttin der Magie so amüsiert war.

»Oh, nichts«, antwortete die. »Es ist nur so … obwohl du das Gegenteil behauptest, scheinst du genau zu wissen, was du bei dieser Hochzeit willst.«

Persephone lächelte sanft. »Ich habe nur … Dinge gewählt, die mich an uns erinnern.«

Nach ihrem Treffen zog sich Persephone in die Bäder zurück, wo sie fast eine Stunde im heißen Wasser mit Lavendelduft verbrachte. Sie war erschöpft. Es war die Art von Erschöpfung, die tief bis in die Knochen reichte – eine Folge des Kampfes ihres Körpers gegen die fast ständige Angst und die erdrückenden Schuldgefühle. Dass sie aus Albträumen von Pirithous erwacht war, half auch nicht gerade. Selbst nachdem sie und Hades aus dem Tartaros zurückgekehrt waren, hatte sie nicht schlafen können. Sie hatte hellwach neben dem Gott der Toten gelegen, hatte im Geiste die Folter noch einmal durchlebt, die sie dem Halbgott zugefügt hatte, und sich dabei gefragt, wozu diese Taten sie machten. Plötzlich kamen ihr die Worte ihrer Mutter in den Sinn.

Tochter, nicht einmal du kannst unserer Verderbtheit entkommen. Sie ist das, was Macht mit sich bringt.

War sie ein Monster? Oder nur eine weitere Gottheit?

Persephone verließ die Badegemächer und kehrte in Hades’ – vielmehr in ihr gemeinsames Schlafgemach, wie sie sich erinnerte – zurück. Sie wollte sich umziehen und mit den Seelen zu Abend essen, während sie darauf wartete, Hades auf Zeus anzusprechen. Doch als sie das Bett sah, fühlte ihr Körper sich so schwer an, dass sie sich nur noch ausruhen wollte. Sie ließ sich auf die Seidenlaken fallen, bequem, schwerelos, sicher.

Als sie die Augen öffnete, war es Nacht. Das Gemach war von Feuerschein erleuchtet, und schattenhafte Flammen tanzten an der Wand ihr gegenüber. Sie setzte sich auf und sah Hades beim Kamin. Er drehte sich zu ihr um, nackt, seine Muskeln von Flammen erleuchtet wie von einem Heiligenschein – breite Schultern, flacher Bauch, starke Oberschenkel. Ihr Blick wanderte über seinen ganzen Körper – von den glitzernden Augen bis zu seinem harten Schwanz. Er war ein Kunstwerk, ebenso wie er eine Waffe war.

Er nippte an dem Whiskey in seinem Glas.

»Du bist wach«, stellte er sanft fest, trank dann den Whiskey aus und ließ das Glas auf dem Tisch neben dem Kamin stehen, um ins Bett zu kommen. Er setzte sich neben sie, umfing ihr Gesicht und küsste sie. Als er sich wieder von ihr löste, streifte sein Daumen über ihre Lippen.

»Wie war dein Tag?«, fragte er.

Sie biss sich auf die Lippe, bevor sie antwortete: »Schwer.«

Er runzelte die Stirn.

»Und deiner?«, fragte sie.

»Genauso«, sagte er und ließ die Hand von ihrem Gesicht sinken. »Liebe mich.«

»Darum musst du nicht bitten«, flüsterte sie.

Er teilte ihr Nachtgewand, das sich schon geöffnet hatte, und entblößte eine ihrer Brüste seinem hungrigen Blick. Der seidige Stoff glitt über ihre Arme nach unten und bauschte sich um ihre Taille. Hades neigte sich nieder, um ihre Brustwarzen in den Mund zu nehmen, und seine Zunge wechselte sich ab mit neckendem Streichen und heftigem Saugen. Persephone wand die Finger in sein Haar und hielt ihn fest, während ihr Kopf nach hinten sank. Sie genoss das Gefühl seiner Lippen auf ihrem Körper. Je länger er weitermachte, umso erregter wurde sie, und sie ertappte sich dabei, dass sie eine Hand von ihm zwischen ihre Beine führte, an ihre heiße Mitte, wo sie am sehnlichsten ausgefüllt werden wollte.

Er kam ihrem Wunsch nach, teilte ihre feuchten Lippen, und als er sie füllte, gab sie ein Hauchen von sich, das zu einem Stöhnen wurde, das Hades einfing, als seine Lippen sich auf ihre senkten. Einen langen Augenblick hielt Persephone sein Handgelenk fest, während seine Finger sich bewegten, tief in sie drangen und vertraute Stellen in ihr berührten, dann wanderte ihre Hand an seinen Schwanz. Als ihre Finger auf seinen Schaft trafen, stöhnte er auf, löste den Kuss und ließ sie los.

Sie knurrte und griff erneut nach seiner Hand, aber er lachte nur leise.

»Traust du mir nicht zu, dir Lust zu bereiten?«, fragte er.

»Wir werden sehen.«

Hades’ Augen wurden schmal. »Oh, Liebling. Wie sehr du mich herausforderst.«

Er drehte sie so, dass sie auf der Seite lag, mit dem Rücken an seiner Brust. Einer seiner Arme stützte ihren Hals, während die andere ihre Brüste umfasste und dann über ihren Bauch streichelte bis zu ihren Oberschenkeln. Er spreizte ihre Beine, legte eines davon über seines und öffnete sie weit. Seine Finger umkreisten ihre Klitoris und wanderten durch ihre Löckchen, bevor sie erneut in ihre Wärme eintauchten. Sie atmete hörbar ein und schmiegte sich an ihn, während sein harter Schwanz sich an ihrem Po rieb. Sie presste den Kopf an seine Schulter, öffnete die Beine weiter, lockte ihn tiefer – und Hades’ Mund senkte sich auf ihren, ungezähmt in seinem Wunsch, sie zu erobern.

Ihre Atemzüge wurden schneller, und ihre Fersen rutschten auf dem Laken, ohne Halt zu finden – sie fühlte sich euphorisch und lebendig, und sie wollte mehr, noch während der erste vibrierende Orgasmus ihren Körper ergriff.

»Ist das Lust?«, fragte er.

Ihr blieb keine Zeit, um zu antworten. Selbst wenn er ihr die Zeit gelassen hätte, hätte sie es wohl nicht geschafft, Worte zu finden zwischen schweren Atemzügen, als Hades’ Eichel sich an sie drückte. Sie sog die Luft ein, als er in sie glitt, bog den Rücken durch und presste die Schultern in seine Brust. Als er ganz in ihr war, berührte sein Mund ihre Schulter, seine Zähne schrammten über ihre Haut, und seine Hand streichelte weiter ihre Klitoris, bis sie aufstöhnte. Es war ein Laut, den er irgendwo tief in ihr befreit hatte.

»Ist das Lust?«, fragte er wieder, während er sich bewegte und einen langsamen Rhythmus vorgab, der sie alles genau fühlen ließ – jeden Zoll seines Schaftes, der tief in sie drang, das Aufprallen seiner Hoden an ihrem Po, seine Stöße, die ihr den Atem raubten.

»Ist das Lust?«, fragte er noch mal.

Sie drehte den Kopf zu ihm und umfing seinen Nacken. »Es ist Ekstase.«

Ihre Lippen trafen aufeinander in einem sündigen Kuss, und es gab kein Reden mehr, nur Keuchen, drängendes Stöhnen und das Aufeinanderprallen von Körpern. Die Hitze zwischen ihnen wurde immer größer, bis Persephone spüren konnte, wie sich die Schweißtropfen ihrer Leiber vermischten. Hades wurde schneller, und eine Hand hielt ihr Bein um seines gelegt, während die andere an ihrem Hals lag und ihr Kinn mit ganz leichtem Druck zwischen seinen Fingern festhielt – und so hielt er sie, bis sie beide kamen.

Hades’ Kopf sank an ihren Hals, und er drückte Küsse auf ihre Haut.

»Geht es dir gut?«, fragte er.

»Ja«, flüsterte sie.

Mehr als gut. Sex mit Hades ging immer über ihre Erwartungen hinaus, und jedes Mal, wenn sie dachte, sie hätten ihren Gipfel erreicht – nichts kann besser werden als das –, wurde sie eines Besseren belehrt. Dieses Mal war es nicht anders, und sie stellte fest, dass sie sich fragte, wie viel Erfahrung der Gott der Toten eigentlich hatte – und wieso hielt er sie zurück?

Hades verließ ihren Körper, und Persephone drehte sich zu ihm herum und musterte sein Gesicht, das nach dem Liebesakt glitzerte. Er sah schläfrig und zufrieden aus.

»Hat Zeus unsere Ehe gebilligt?«

Hades erstarrte, als habe sein Herz zu schlagen und er zu atmen aufgehört. Sie war nicht sicher, worauf er genau reagierte – vielleicht wurde ihm klar, dass er vergessen hatte, mit ihr darüber zu reden, oder er fühlte sich von ihr ertappt. Einen Moment später entspannte er sich, doch zwischen ihnen baute sich eine seltsame Anspannung auf – es war kein Zorn, aber auch nicht die Euphorie, die sie für gewöhnlich nach dem Sex genossen.

»Er weiß von unserer Verlobung«, sagte er.

»Danach habe ich nicht gefragt.«

Inzwischen kannte sie ihn gut genug – Hades sagte oder bot nie mehr als nötig. Er musterte sie einen Moment lang, bevor er antwortete: »Er wird sie mir nicht abschlagen.«

»Aber seinen Segen hat er dir nicht gegeben?«

Sie wollte, dass er es sagte, auch wenn sie die Antwort schon kannte.

»Nein.«

Nun war es an ihr, ihn anzustarren. Doch Hades schwieg weiter.

»Wann wolltest du es mir sagen?«, fragte sie.

»Ich weiß nicht.« Er zögerte und fuhr dann zu ihrer Überraschung fort: »Wenn ich keine andere Wahl habe.«

»Das ist mehr als offensichtlich.« Ihr Blick wurde finster.

»Ich hatte gehofft, es ganz zu vermeiden«, meinte er.

»Es mir zu sagen?«

»Nein, Zeus’ Billigung«, antwortete Hades. »Er macht immer ein Spektakel daraus.«

»Was meinst du damit?«

»Er wird uns für ein Verlobungsbankett und Festlichkeiten auf den Olymp zitieren, und er wird seine Entscheidung tagelang hinauszögern. Ich habe nicht den Wunsch, dort anwesend zu sein, und ich habe nicht den Wunsch, dich das durchmachen zu lassen.«

»Und wann wird er das tun?« Ihre Frage war ein atemloses Flüstern.

»In ein paar Wochen, vermute ich.«

Sie starrte an die Decke, deren Farben verschwammen, als ihre Augen sich mit Tränen füllten. Sie war nicht sicher, warum sie so emotional deswegen wurde – vielleicht weil sie Angst hatte oder vielleicht weil sie müde war.

»Warum wolltest du es mir nicht sagen? Wenn es eine Gefahr gibt, dass wir nicht zusammen sein können, habe ich ein Recht darauf, das zu wissen.«

»Persephone«, flüsterte Hades, stützte sich auf die Ellbogen, schwebte über ihr und strich ihre Tränen weg. »Niemand wird uns trennen – nicht die Moiren, nicht deine Mutter und nicht Zeus.«

»Du bist dir da so sicher, aber nicht einmal du würdest die Moiren herausfordern.«

»Oh, Liebling, ich habe es dir doch schon gesagt – für dich würde ich diese Welt vernichten.«

Sie schluckte und sah ihn an. »Vielleicht ist es das, was ich am meisten fürchte.«

Er musterte sie noch einen Moment und streifte mit dem Daumen über ihre Wange, bevor seine Lippen ihre berührten, dann über ihren Körper wanderten und tief zwischen ihren Beinen von ihr kosteten, und als er sich wieder über sie schob, lag kein anderer Name als seiner auf ihren Lippen.

Später, als sie wieder erwacht war, sah sie, dass Hades, voll bekleidet, in ihr Gemach zurückkehrte.

Stirnrunzelnd setzte sie sich auf, die Lider noch schwer vom Schlaf.

»Was ist los?«

Der Gott verzog das Gesicht, und sein Blick war hart und unwirsch, als er antwortete: »Adonis ist tot. Er wurde ermordet.«

Persephone blinzelte, als eine Schockwelle sie durchfuhr.

Sie mochte Adonis nicht. Er hatte einst einen Artikel von ihr gestohlen und ihn ohne ihre Erlaubnis veröffentlicht. Er hatte sie angefasst, obwohl sie Nein gesagt hatte, und er hatte damit gedroht, ihre Beziehung mit Hades öffentlich zu machen, wenn sie ihm seinen Job bei der New Athens News nicht wieder besorgte. Er verdiente vieles, aber ermordet zu werden gehörte nicht dazu.

Hades durchquerte den Raum und ging zu der Bar, wo er sich einen Drink einschenkte.

»Adonis. Ermordet? Wie?«

»Ziemlich brutal«, antwortete Hades. »Er wurde in der Gasse vor dem La Rose gefunden.«

Persephone brauchte einen Moment, denn ihr Verstand schaffte es nicht, mit den Neuigkeiten Schritt zu halten. Das letzte Mal hatte sie Adonis im Garten der Götter gesehen. Sie hatte seine Arme buchstäblich in hölzerne Zweige verwandelt, und er hatte sie angefleht, es rückgängig zu machen. Das hatte sie auch getan, aber nur unter der Bedingung, dass er, sollte er je wieder eine Frau gegen ihren Willen anfassen, den Rest seiner Tage als Aaspflanze verbringen würde.

Seitdem hatte sie ihn nicht mehr gesehen.

»Hat er es hierher geschafft … in die Unterwelt?«

»Ja«, antwortete Hades, trank sein Glas Whiskey leer und schenkte sich nach.

»Kannst du ihn fragen, was passiert ist?«

»Nein. Er … ist in Elysium.«

Das verriet Persephone, dass sein Tod traumatisch genug gewesen war, um einen Aufenthalt auf den Feldern der Heilung nach sich zu ziehen.

Persephone sah zu, wie Hades noch einen Drink hinunterkippte. So trank er nur, wenn er besorgt war, und was sie am besorgte, war die Tatsache, dass er so aufgebracht war über den Tod eines Mannes, den er einst als Parasit bezeichnet hatte.

Was immer er gesehen hatte – es hatte ihn verstört.

»Denkst du, er wurde wegen Aphrodites Gunst getötet?«, fragte Persephone.

Das war nicht ungewöhnlich – über die Jahre waren viele Sterbliche genau aus diesem Grund getötet worden, und Adonis war jemand, der seine Verbindung zur Göttin der Liebe gern zur Schau gestellt hatte.

»Das ist wahrscheinlich«, sagte er. »Ob es aus Eifersucht geschah oder aus Hass auf die Götter, kann ich nicht sagen.«

Grauen machte sich in ihrem Bauch breit.

»Willst du damit sagen, dass er von jemandem getötet wurde, der einen Rachefeldzug gegen Aphrodite führt?«

»Ich denke, dass er von mehreren Leuten getötet wurde«, sagte Hades. »Und dass sie alles Göttliche hassen.«

KAPITEL DREI

Aggression

Hades’ Worte gingen ihr immer noch durch den Kopf, als sie am nächsten Morgen zum Coffee House ging, um dort zu arbeiten. Sie hatte ihm keine weiteren Informationen bezüglich Adonis’ Tod entlocken können. Er hatte nur noch gesagt, er glaube, dass der Mord geplant gewesen und mit einer bestimmten Absicht durchgeführt worden sei. Eine Tatsache, die Persephone fürchten ließ, dass es weitere Angriffe geben könnte.

Trotz seines brutalen Todes wurde in keiner Zeitung etwas von Adonis’ Ermordung erwähnt. Sie vermutete, dass es an Hades’ Beteiligung an der Untersuchung lag, und das brachte sie auf den Gedanken, dass er etwas gesehen haben musste, von dem er nicht wollte, dass die Öffentlichkeit – oder sie – davon erfuhr.

Sie runzelte die Stirn. Sie wusste, dass Hades sie zu schützen versuchte, aber wenn begünstigte Sterbliche attackiert wurden – oder irgendjemand, der mit den Göttern in Verbindung stand –, musste sie es wissen. Auch wenn die Welt im Großen und Ganzen nicht wusste, dass sie eine Göttin war, machte ihre Verbindung zu Hades sie und ihre Freunde ebenfalls zu potenziellen Zielen.

Persephone suchte sich eine schattige Ecke im Café, um ihren Arbeitsplatz aufzubauen und auf Helena und Leuke zu warten. Seit sie vor einigen Wochen ihre eigene Online-Community und ihren Blog, The Advocate, gestartet hatte, trafen die drei sich wöchentlich. Und da sie kein Büro hatten, wählten sie verschiedene Örtlichkeiten überall in New Athens – dabei war The Coffee House ihr Lieblingsort. Die beiden waren spät dran, wahrscheinlich wegen des Wetters, da New Athens derzeit eine Kaltfront erlebte.

Das war wahrscheinlich eine Untertreibung.

Es war klirrend kalt, und seit fast einer Woche war immer wieder Schnee vom trostlosen Himmel gefallen. Zuerst war er geschmolzen, kaum dass er den Boden berührte, doch seit heute blieb er auf den Straßen und Gehwegen liegen. Meteorologen nannten es den Sturm des Jahrhunderts. Es war die einzige Geschichte in den Nachrichten, die mit der Verlobungsankündigung von Persephone und Hades konkurrierte. Heute stellte sie fest, dass sie sich die Titelseite in jedem Nachrichtenmedium teilten – von New Athens News bis zu Delphi Divine rivalisierten ihre Schlagzeilen:

Gott der Toten will sterbliche Journalistin heiraten

und

Wintersturm vertreibt Sommersonne

Eine dritte Schlagzeile bereitete Persephone ein mulmiges Gefühl im Bauch. Es war eine Meinungskolumne in The Grecian Times – eine nationale Zeitung und Konkurrenzblatt der New Athens News.

Winterwetter ist göttliche Strafe

Es war offensichtlich, dass der Verfasser des Artikels kein Fan der Götter war, wahrscheinlich ein Gottloser. Der Artikel begann so:

In einer von Göttern regierten Welt ist nichts Zufall. Die Frage bleibt – wessen Zorn stehen wir gegenüber, und was ist der Grund dafür? Eine weitere Sterbliche, die behauptet, schöner zu sein als alle Göttlichen? Oder jemand, der es gewagt hat, ihre Avancen zurückzuweisen?

Es war keins von beiden, sondern ein ganz realer Kampf zwischen Hades, Persephone und ihrer Mutter Demeter, der Göttin der Ernte.

Persephone war nicht überrascht, dass es so weit gekommen war. Demeter hatte alles in ihrer Macht Stehende getan, um Persephone und Hades auseinanderzubringen, und das schon von Persephones Geburt an. Eingesperrt in einem Gewächshaus, war sie von Demeter mit Lügen über die Götter und deren Motive gefüttert worden, insbesondere über Hades, den sie allein wegen der Tatsache verabscheute, dass die Moiren ihr Schicksal mit seinem verwoben hatten. Als Persephone daran dachte, wie sie früher unter der strengen Herrschaft ihrer Mutter gestanden hatte, fühlte sie sich krank – sie war blind, selbstgerecht, im Unrecht gewesen. Und in dem Sinne keine Tochter, sondern eine Gefangene. Doch am Ende war alles vergeblich gewesen, denn als Persephone Hades begegnete, wurde alles möglich, und die einzige Abmachung, die zählte, war die, die sie bereit war, mit ihrem Herzen einzugehen.

»Dein Latte, Persephone«, sagte Ariana, eine der Baristas, als sie näher kam. Persephone hatte inzwischen fast alle im Coffee House kennengelernt, sowohl aufgrund ihrer Berühmtheit als auch ihrer regelmäßigen Besuche.

»Danke, Ariana.«

Die Barista besuchte das College der Hygieia und studierte Epidemiologie. Es war ein herausfordernder Studiengang, wenn man bedachte, dass manche Krankheiten von den Göttern gemacht und nur dann heilbar waren, wenn sie es für angebracht hielten.

»Ich wollte dir noch zu deiner Verlobung mit Lord Hades gratulieren. Du bist sicher sehr aufgeregt.«

Persephone lächelte. Es fiel ihr ein wenig schwer, Glückwünsche anzunehmen, während Demeters Sturm dort draußen immer schlimmer wurde. Unwillkürlich dachte sie, wenn die Sterblichen den Grund für den plötzlichen Wetterwechsel wüssten, wären sie nicht so erfreut über ihre Hochzeit. Trotzdem brachte sie eine Antwort zustande: »Das bin ich, danke.«

»Habt ihr schon ein Datum festgelegt?«

»Nein, noch nicht.«

»Denkst du, ihr werdet hier heiraten? Ich meine, in der Oberwelt?«

Persephone atmete tief durch. Sie wollte nicht so frustriert über die Fragen sein. Sie wusste, dass sie nur aus Aufregung gestellt wurden – und doch bereiteten sie ihr Sorgen.

»Weißt du, darüber haben wir noch gar nicht gesprochen. Wir waren sehr beschäftigt.«

»Natürlich«, meinte die Barista. »Nun, dann lasse ich dich mal weiterarbeiten.«

Persephone schenkte ihr ein halbherziges Lächeln, während die Barista sich zum Gehen wandte. Sie trank einen Schluck von ihrem Latte, konzentrierte sich dann auf ihr Tablet und öffnete einen Artikel, den Helena ihr spät gestern Nacht zur Durchsicht geschickt hatte. Sie konnte nicht recht beschreiben, wie sie sich fühlte, als sie die Schlagzeile las, aber es kam Kummer recht nahe.

Die Wahrheit über die sterbliche Aktivistengruppe derTriade

Seit den Jahren der Großen Herabkunft sind die Sterblichen beunruhigt über die Anwesenheit der Götter auf der Erde. Verschiedene Gruppen haben sich als Opposition gegen ihren Einfluss formiert, und manche von ihnen folgen der Ideologie der Gottlosen. Diese Sterblichen beten nicht zu den Göttern, sie verehren sie nicht und suchen auch keine Gnade bei ihnen. Stattdessen ziehen sie es vor, alles Göttliche zu meiden. Manche Gottlose nehmen eine passive Rolle in dem Krieg gegen die Götter ein.

Andere werden aktiv und beschließen, sich der Triade anzuschließen.

»Götter haben ein Monopol auf alles – von der Gastronomie bis zur Bekleidung oder sogar im Bergbau. Es ist unmöglich für Sterbliche, mit ihnen zu konkurrieren«, sagt ein anonymes Mitglied der Organisation. »Doch was hat ein Gott von Geld? Es ist ja nicht so, als müssten sie in unserer Welt überleben.«

Das waren stichhaltige Argumente, die Persephone schon oft gehört hatte, und auch wenn sie nicht für andere Götter sprechen konnte, konnte sie zumindest Hades verteidigen. Der Gott der Toten war der wohlhabendste unter den Olympiern, aber seine gemeinnützigen Projekte hatten einen großen Einfluss auf die sterbliche Welt.

Im Text fuhr Helena fort:

Die Triade steht für drei Rechte der Sterblichen – Fairness, freien Willen und Freiheit. Ihr Ziel ist einfach: den Einfluss der Götter aus dem Alltagsleben zu verdrängen. Sie behaupten, nun eine neue Führung zu haben, die sich für eine friedlichere Herangehensweise in ihrem Widerstand gegen die Götter ausspricht, im Gegensatz zu ihren früheren Aktionen, zu denen Bomben an öffentlichen Versammlungsorten und in Unternehmen im Besitz der Götter gehörten.

Es gab keine Beweise, die nahelegten, dass die Triade wirklich hinter kürzlich verübten Angriffen steckte. Tatsächlich war das Einzige, womit man sie in den letzten fünf Jahren in Verbindung gebracht hatte, ein Protest, der auf den Straßen von New Athens stattgefunden hatte, gegen die Panhellenischen Spiele. Obwohl diese für viele Griechen ein wichtiges kulturelles Ereignis waren, verabscheute die Triade die Praktik, bei der Götter Helden erwählten und zum Kampf antreten ließen. Es war eine Praktik, die unausweichlich zum Tod führte, und auch wenn Persephone zustimmen musste, dass Kämpfen bis zum Tod archaisch war, war es doch die Entscheidung des jeweiligen Sterblichen mitzumachen.

Götter, ich klinge schon wie Hades.

Sie las weiter:

Trotz dieser Behauptung gab es im letzten Jahr fünfhundertdreiundneunzig gemeldete Angriffe gegen Menschen mit einer öffentlichen Verbindung zu den Göttern. Die Verantwortlichen sagen, sie würden die neueste Mission der Triade unterstützen, indem sie eine Wiedergeburt ankündigen. Diese wachsende Zahl von Todesopfern blieb bisher von Göttern und Sterblichen gleichermaßen unbeachtet, überschattet von den Nachrichten einer Hochzeit, eines Wintersturms und der neuesten Modelinie von Aphrodite.

Vielleicht sehen die Götter die Triade nicht als Gefahr, doch angesichts ihrer Geschichte: Kann man ihnen trauen? Ganz offensichtlich sind es nicht die Götter, die zu leiden haben, wenn die sogenannte Aktivistengruppe sich zum Handeln entschließt, sondern unschuldige Zuschauer. Sollten wir in einer Welt, in der die Sterblichen die Götter an der Zahl übertreffen, nicht fragen, was die Göttlichen ausrichten können?

Der letzte Satz hinterließ bei Persephone einen säuerlichen Geschmack im Mund, vor allem so kurz nach Adonis’ Tod. Dennoch, trotz der Fakten, die Helena in ihrem Artikel angeführt hatte, brauchte Persephone mehr. Sie wollte von der Führerschaft der Triade hören – hatten sie die Verantwortung für jene fünfhundertdreiundneunzig Angriffe übernommen? Falls nicht, waren sie dazu bereit, verbrecherische Taten zu verurteilen? Und wie sahen ihre Pläne für die Zukunft aus?

Sie war so konzentriert darauf, sich Notizen zu machen, dass sie nicht bemerkte, wie jemand sich näherte, bis eine Stimme sie aus ihrer Arbeit riss.

»Sind Sie Persephone Rosi?«