A Touch of Ruin - Scarlett St. Clair - E-Book

A Touch of Ruin E-Book

Scarlett St. Clair

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Beschreibung

Für sie würde er die Welt in Schutt und Asche legen. Die der Menschen und seine eigene

Als Persephones Beziehung mit Hades an die Öffentlichkeit gelangt, ist nichts mehr, wie es war. Eigentlich hat die junge Studentin schon genug damit zu tun, ihre Gefühle für den mächtigen König der Unterwelt zu ergründen. Doch jetzt droht auch ihre Identität als Göttin des Frühlings aufzufliegen, was ihrem Leben unter den Sterblichen für immer ein Ende bereiten würde. Und weil Hades mit seinen ganz eigenen Dämonen zu kämpfen hat, ist plötzlich nicht einmal mehr sicher, ob die Unterwelt noch länger Persephones Zuflucht sein kann ...

"Die Geschichte von Persephone und Hades ist düster, sinnlich und sexy. Göttliche Unterhaltung voller knisternder Gefühle!" MORLAS_BOOKS

Band 2 der HADES&PERSEPHONE-Trilogie von Bestseller-Autorin Scarlett St. Clair

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Seitenzahl: 578

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INHALT

Titel

Zu diesem Buch

Leser:innenhinweis

Widmung

Teil I

Kapitel Eins

Kapitel Zwei

Kapitel Drei

Kapitel Vier

Kapitel Fünf

Kapitel Sechs

Kapitel Sieben

Kapitel Acht

Kapitel Neun

Kapitel Zehn

Kapitel Elf

Teil II

Kapitel Zwölf

Kapitel Dreizehn

Kapitel Vierzehn

Kapitel Fünfzehn

Kapitel Sechzehn

Kapitel Siebzehn

Kapitel Achtzehn

Kapitel Neunzehn

Kapitel Zwanzig

Kapitel Einundzwanzig

Kapitel Zweiundzwanzig

Kapitel Dreiundzwanzig

Teil III

Kapitel Vierundzwanzig

Kapitel Fünfundzwanzig

Kapitel Sechsundzwanzig

Kapitel Siebenundzwanzig

Kapitel Achtundzwanzig

A Touch of Ruin – Hades’ Perspektive

Kapitel Eins

Kapitel Zwei

Danksagung

Anmerkung der Autorin

Die Autorin

Die Romane von Scarlett St. Clair bei LYX

Impressum

SCARLETT ST. CLAIR

A Touch of Ruin

Roman

Ins Deutsche übertragen von Silvia Gleißner

ZU DIESEM BUCH

Seit Persephone sich auf eine Wette mit Hades, dem König der Unterwelt, eingelassen hat, steht für sie weit mehr als nur ihr Herz auf dem Spiel. Denn als die Beziehung der beiden an die Öffentlichkeit gelangt und brisante Details über ihr Liebesleben als Eilmeldung auf allen Nachrichtensendern in New Greece ausgestrahlt werden, ändert sich das Leben der jungen Studentin von einem Augenblick auf den anderen. Paparazzi lauern Persephone an ihrem Arbeitsplatz auf, und ihre größte Angst, dass ihre wahre Identität als Göttin des Frühlings auffliegen und ihr Leben unter den Sterblichen damit für immer beendet sein könnte, droht wahr zu wer-den. Mit einem Mal scheint ihr so viel mehr als nur ihre Magie zu entgleiten, denn Hades hat ausgerechnet jetzt mit seinen ganz eigenen Dämonen zu kämpfen. Und als Persephone ein schrecklicher Schicksalsschlag ereilt, muss sie sich fragen, ob ihre Gefühle füreinander stark genug sind oder ob sie gerade auch ihren letzten Zufluchtsort – die Unterwelt – für immer verliert …

Liebe Leser:innen,

dieses Buch enthält potenziell triggernde Inhalte.

Deshalb findet ihr hier eine Triggerwarnung.

Achtung: Diese enthält Spoiler für das gesamte Buch!

Wir wünschen uns für euch alle

das bestmögliche Leseerlebnis.

Euer LYX-Verlag.

Für die Leser:innen von A Touch of Darkness.

Danke für eure Begeisterung und eure Liebe für Hades & Persephone.

TEIL I

»VORAUSGESEHENER PFEIL TRIFFT MINDER PLÖTZLICH.«

Dante Alighieri »Paradiso« (»Göttliche Komödie«)

KAPITEL EINS

Ein Hauch von Zweifel

Persephone passierte das Ufer des Styx. Wellen kräuselten die finstere, unruhige Oberfläche, und ein Schaudern überkam sie, als sie sich an ihren ersten Besuch in der Unterwelt erinnerte. Sie hatte das breite Gewässer zu durchqueren versucht, nichts ahnend von den Toten, die seine Tiefen bewohnten. Diese hatten sie unter Wasser gezogen und ihre fleischlosen Finger in ihre Haut gebohrt, getrieben von dem Wunsch, Leben zu vernichten.

Sie hatte gedacht, sie würde ertrinken – doch dann hatte Hermes sie gerettet.

Hades war über das alles nicht gerade erfreut gewesen, aber er hatte sie in seinen Palast gebracht und ihre Wunden geheilt. Erst später erfuhr sie, dass die Toten im Fluss uralte Verstorbene waren. Jene, die ohne eine Münze in die Unterwelt gekommen waren und Charons Gebühr für die Überfahrt nicht bezahlen konnten. Verurteilt zu einer Ewigkeit im Fluss, waren sie nur eine der vielen Gefahren, mit denen Hades die Grenzen seines Reiches schützte, sowohl vor den Lebenden, die herein-, als auch vor den Toten, die hinauswollten.

Trotz Persephones Unbehagen in der Nähe des Flusses war die Landschaft wunderschön. Der Styx erstreckte sich meilenweit bis an einen Horizont, der von dunklen Bergen beschattet war. Weiße Narzissen wuchsen in Büscheln an seinen Ufern und hoben sich wie leuchtendes weißes Feuer von der finsteren Wasseroberfläche ab. Den Bergen gegenüber thronte Hades’ Palast am Horizont, seine gezackte Spitzen ragten wie die einer Obsidiankrone empor.

Yuri, eine junge Seele mit hellbrauner Haut und einer Mähne aus dichten Locken, ging neben ihr. Sie trug pinke Gewänder und Ledersandalen – ein Outfit, das sich deutlich von den schattigen Bergen und dem finsteren Wasser abhob. Die Seele und Persephone waren schnell Freundinnen geworden, und sie unternahmen häufig gemeinsame Spaziergänge im Asphodeliengrund. Doch heute hatte Persephone Yuri dazu überredet, von ihrem üblichen Weg abzuweichen.

Nun warf sie ihrer Begleiterin, die sich bei ihr untergehakt hatte, einen fragenden Blick zu: »Wie lange bist du schon hier, Yuri?«

Wegen des traditionellen Peplos, den Yuri trug, nahm Persephone an, dass sie schon seit einer geraumen Weile in der Unterwelt wohnte.

Yuri zog die zarten Augenbrauen über ihren grauen Augen zusammen. »Ich weiß nicht. Schon lange.«

»Erinnerst du dich daran, wie die Unterwelt war, als du hierherkamst?«

Persephone hatte eine Menge Fragen über die Unterwelt der Antike. Denn diese Version war es, die noch immer an Hades nagte, die ihn aus irgendeinem Grund beschämte und ihm das Gefühl gab, der Verehrung und Lobpreisung seines Volkes unwürdig zu sein.

»Oh ja. Ich weiß nicht, ob ich das je vergessen werde.« Sie gab ein unbehagliches Lachen von sich. »Es war nicht so wie heute.«

»Erzähl mir davon«, ermutigte Persephone sie. Doch obwohl sie neugierig war auf Hades’ Vergangenheit und die Geschichte der Unterwelt, konnte sie nicht leugnen, dass ein Teil von ihr sich auch vor der Wahrheit fürchtete.

Was, wenn ihr nicht gefiel, was sie hören würde?

»Die Unterwelt war … trostlos. Hier war nichts. Wir waren alle farblos, zusammengedrängt. Es gab keine Tage und Nächte, sondern nur ein monotones Grau, in dem wir existierten.«

Also waren sie wirklich Schatten gewesen – Schatten ihrer selbst.

Bei ihrem ersten Besuch in der Unterwelt hatte Hades Persephone in seinen Garten geführt. Sie war so wütend auf ihn gewesen. Er hatte gefordert, dass sie Leben in der Unterwelt erschuf, nachdem sie in einem Pokerspiel gegen ihn verloren hatte. Ihr waren die Konsequenzen dieses Spiels nicht klar gewesen, als sie ihn herausgefordert hatte. Wie hätte sie wissen sollen, dass er ihre Einladung absichtlich annahm, nur um sie in eine Wette zu verwickeln? Doch sie war anschließend sogar noch wütender geworden, als sie seinen Garten sah – eine wunderschöne, üppige Oase, voll bunter Blumen und lebendiger Weidenbäume. Bis Hades ihr offenbarte, dass dies alles nur Illusion war. Unter der Aura, die er aufrechterhielt, lag ein Land aus Asche und Feuer.

»Das klingt nach einer echten Strafe«, meinte Persephone, die die Vorstellung schrecklich fand, ohne einen Zweck zu existieren.

Yuri schenkte ihr ein schwaches Lächeln und zuckte mit den Schultern. »Es war unser Urteil für das oberflächliche Leben, das wir geführt haben.«

Persephone runzelte die Stirn. Sie wusste, dass in den Zeiten der Antike für gewöhnlich Helden die Einzigen waren, die eine schillernde Existenz in der Unterwelt erwarten konnten.

»Was hat sich geändert?«

»Ich weiß es nicht genau. Natürlich gab es Gerüchte – manche sagten, dass eine Sterbliche, die Hades lieb war, starb und hierher in die Unterwelt kam …«

Persephone runzelte die Stirn. Sie fragte sich, ob das wahr sein konnte. Schließlich hatte Hades seine Ansichten auch geändert, nachdem sie über seine Wetten mit den Sterblichen geschrieben hatte. Er war so motiviert von ihrer Kritik gewesen, dass er das Halcyon-Projekt gegründet hatte; einen Plan, der den Aufbau eines hochmodernen Rehabilitationszentrums miteinschloss. Es sollte spezialisiert sein auf die kostenlose Behandlung Sterblicher, die an Suchterkrankungen litten.

Ein hässliches Gefühl kroch ihr über den Rücken und breitete sich wie ein Virus in ihrem Körper aus. Vielleicht war sie nicht die einzige Geliebte gewesen, die Hades je inspiriert hatte.

Yuri fuhr fort: »Natürlich neige ich zu der Annahme, dass er einfach … beschlossen hat, sich zu verändern. Lord Hades beobachtet die Welt; und als sie weniger chaotisch wurde, geschah dasselbe mit der Unterwelt.«

Persephone glaubte nicht, dass es so einfach war. Sie hatte auch versucht, mit Hades darüber zu reden, aber er wich dem Thema aus. Nun fragte sie sich, ob sein Schweigen weniger mit Scham zu tun hatte, sondern vielmehr damit, Details über seine ehemaligen Liebhaberinnen zu verbergen. Schnell steigerte sie sich in diesen Gedanken hinein und spürte einen Aufruhr von Unsicherheit und Zweifeln. Wie viele Frauen hatte Hades geliebt? Hatte er noch immer Gefühle für eine von ihnen? Hatte er sie in dasselbe Bett geholt, das er nun mit ihr teilte?

Der Gedanke verursachte ihr Übelkeit. Zum Glück wurde sie aus ihren Gedanken gerissen, als sie eine Gruppe Seelen an einem Pier neben dem Styx sah.

Persephone blieb stehen und nickte mit dem Kopf in Richtung der Menge. »Wer sind die, Yuri?«

»Neue Seelen.«

»Und warum kauern sie dort an den Ufern?«

Persephone war noch nie Seelen begegnet, die so leblos wirkten wie diese. Ihre Gesichter waren verhärmt und ihre Haut aschfahl und bleich. Sie drängten sich aneinander, die Rücken gekrümmt, die Arme verschränkt, zitternd.

»Weil sie Angst haben«, antwortete Yuri, und ihr Tonfall deutete an, dass dies offensichtlich sein sollte.

»Ich verstehe nicht.«

»Den meisten wird doch erzählt, die Unterwelt und ihr König seien schrecklich. Wenn sie also sterben, tun sie es voller Angst.«

Persephone fand diesen Umstand schrecklich, aus mehreren Gründen – hauptsächlich deshalb, weil die Unterwelt kein Ort war, den man fürchten musste. Doch sie fühlte auch, dass es sie wütend machte, dass Hades nichts tat, um diese Wahrnehmung seines Reiches oder seiner selbst zu ändern.

»Niemand beruhigt sie, wenn sie hier ankommen?«

Yuri warf ihr einen seltsamen Blick zu, so als verstünde sie nicht, warum jemand versuchen sollte, neue Seelen zu beruhigen oder willkommen zu heißen.

»Charon bringt sie über den Styx, und dann müssen sie zum Feld des Urteils gehen«, erklärte Yuri. »Danach werden sie an einen Ort der Ruhe oder ewiger Qual geschickt. So ist es schon immer gewesen.«

Persephone presste die Lippen aufeinander und biss die Zähne zusammen. Es erstaunte sie, dass sie sich in einem Atemzug darüber unterhalten konnten, wie sehr sich die Unterwelt weiterentwickelt hatte, und zugleich solch archaische Praktiken mitansahen. Es gab keinen Grund, diese Seelen ohne ein Wort des Willkommens oder Trosts alleinzulassen. Sie löste sich von Yuri und ging auf die Gruppe zu, zögerte aber, als die Seelen zitternd vor ihr zurückwichen.

Sie lächelte und hoffte, dass es aufmunternd wirkte.

»Hallo. Mein Name ist Persephone.«

Noch immer bebten die Seelen. Sie hätte wissen sollen, dass ihr Name keinen Trost spenden würde – er war bedeutungslos. Dafür hatte ihre Mutter Demeter gesorgt, die Olympische Göttin der Ernte. Aus Angst hatte sie Persephone den größten Teil ihres Lebens in einem gläsernen Gefängnis festgehalten und verhindert, dass sie verehrt wurde, – und damit unweigerlich auch, dass ihre Kräfte sich zeigten.

Ein Durcheinander an Emotionen ballte sich in ihrem Bauch – Frustration, weil sie nicht helfen konnte; Traurigkeit, weil sie schwach war; und Zorn, weil ihre Mutter versucht hatte, dem Schicksal zu trotzen.

»Du solltest ihnen deine göttliche Erscheinung zeigen«, schlug Yuri vor. Sie war Persephone gefolgt, als die sich den Seelen genähert hatte.

»Warum?«

»Es würde sie beruhigen. Im Augenblick bist du für sie nichts anderes als eine weitere Seele in der Unterwelt. Als Göttin bist du jemand, vor dem sie Achtung haben.«

Persephone wollte protestieren. Diese Seelen kannten sie nicht – wie sollte ihre göttliche Erscheinung da Ängste lindern?

Doch Yuri fuhr fort: »Wir verehren die Göttlichen. Du wirst ihnen Hoffnung geben.«

Persephone mochte ihre göttliche Erscheinung nicht. Es war ihr schon schwergefallen, sich wie eine Göttin zu fühlen, bevor sie ihre Kräfte entwickelt hatte. Selbst als ihre Magie, befördert durch Hades’ Huldigung, zum Leben erwacht war, hatte sich das nicht geändert. Schnell hatte sie lernen müssen, dass es eine Sache war, Magie zu haben, aber eine ganz andere, sie angemessen zu nutzen. Trotzdem war es ihr wichtig, dass diese neuen Seelen sich willkommen in der Unterwelt fühlten und dass sie Hades’ Reich als einen Neubeginn ansahen. Vor allem aber wollte sie, dass sie wussten, dass sie ihrem König wichtig waren.

Persephone ließ ihre menschliche Aura fallen. Die Magie fühlte sich an wie Seide, die von ihrer Haut glitt, und sie stand in ätherischem Schimmer vor den Seelen. Das Gewicht ihrer weißen Kuduhörner fühlte sich nun, da sie in ihrer wahren Gestalt vor ihnen stand, irgendwie schwerer an. Ihr lockiges Haar war heller geworden, von Messinggold zu blassem Gelb, und ihre Augen glühten in einem überirdischen Flaschengrün.

Sie lächelte den Seelen erneut zu. »Ich bin Persephone, Göttin des Frühlings. Ich freue mich sehr, dass ihr hier seid.«

Die Reaktion der Seelen auf ihren strahlenden Glanz erfolgte unmittelbar. Sie hörten zu zittern auf und sanken ihr zu Füßen, um ihr auf Knien zu huldigen. Persephone hatte einen Kloß im Bauch, ihr Herz schlug schneller, als sie rasch vorwärtstrat.

»Oh nein, bitte.« Sie kniete sich vor eine der Seelen – eine ältere Frau mit kurzem, weißem Haar und papierdünner Haut. Sie berührte ihre Wange, und wässrig-blaue Augen blickten sie an.

»Bitte, steh auf«, bat Persephone und half der Frau auf die Beine.

Die anderen Seelen blieben am Boden, hoben die Köpfe und betrachteten sie ehrfurchtsvoll.

»Wie ist dein Name?«

»Elenor«, keuchte sie.

»Elenor.« Persephone wiederholte den Namen lächelnd. »Ich hoffe, du wirst die Unterwelt so friedvoll finden wie ich.«

Ihre Worte wirkten wie eine Schnur, mit der sich die hängenden Schultern der Frau anhoben. Persephone ging zur nächsten Seele und weiter zur nächsten, bis sie mit jeder einzelnen gesprochen hatte und sie alle wieder vor ihr standen.

»Vielleicht sollten wir gemeinsam zum Feld des Urteils gehen«, schlug sie vor.

»Oh, das wird nicht nötig sein«, mischte sich Yuri ein. »Thanatos!«

Der geflügelte Gott des Todes erschien augenblicklich. Er war auf finstere Art schön, mit bleicher Haut, blutroten Lippen und weißblondem Haar, das ihm über die Schultern fiel. Seine blauen Augen waren so eindrucksvoll wie ein Blitz am Nachthimmel, und seine Präsenz verströmte ein Gefühl von Ruhe, das Persephone bis tief in ihr Innerstes spürte. Es war fast, als wäre sie schwerelos.

»Meine Lady.« Er verbeugte sich, und seine Stimme klang voll und melodisch.

»Thanatos.« Persephone konnte ein strahlendes Lächeln nicht unterdrücken.

Thanatos war der Erste gewesen, der ihr bei einem Gang durch Elysium Einblicke in Hades’ komplizierte Rolle als Gott der Toten gewährt hatte. Dank seiner Perspektive lernte sie die Unterwelt ein wenig besser zu verstehen, und wenn sie ehrlich war, war es das gewesen, was sie gebraucht hatte, um sich Hades ganz hinzugeben.

Sie deutete auf die versammelten Seelen und stellte sie dem Gott vor.

Sein Lächeln war leicht, aber aufrichtig, als er sagte: »Wir kennen uns schon.«

»Oh.« Ihre Wangen wurden rot. »Es tut mir so leid. Ich vergaß.«

Als Ernter der Seelen war Thanatos’ Gesicht das Letzte, was Sterbliche sahen, bevor sie an den Ufern des Styx ankamen.

»Ich wollte gerade diese Seelen zum Feld des Urteils geleiten«, sagte Persephone.

Sie registrierte, dass Thanatos’ Augen sich ein wenig weiteten. Er sah Yuri an, die schnell sagte: »Lady Persephone wird im Palast gebraucht. Könntest du sie für sie dorthin bringen, Thanatos?«

»Natürlich«, antwortete er und legte sich eine Hand aufs Herz. »Ich wäre hocherfreut.«

Persephone winkte den Seelen zum Abschied zu, als Thanatos sich zu ihnen umdrehte, seine Flügel ausbreitete und mit ihnen verschwand.

Yuri hakte sich bei Persephone unter und wollte sie mit sich ziehen, fort von den Ufern des Styx, aber Persephone rührte sich nicht vom Fleck.

»Warum hast du das getan?«, fragte sie.

»Was denn?«

»Ich werde nicht im Palast gebraucht, Yuri. Ich hätte die Seelen zum Feld begleiten können.«

»Es tut mir leid, Persephone. Ich befürchtete, sie würden Forderungen stellen.«

»Forderungen?« Persephone runzelte die Stirn. »Was könnten sie fordern?«

»Gunstbeweise«, antwortete Yuri.

Persephone kicherte bei dem Gedanken. »Ich bin kaum in der Position, Gunstbeweise zu gewähren.«

»Das wissen sie aber nicht«, erklärte Yuri. »Alles, was sie sehen, ist eine Göttin, die ihnen vielleicht dabei helfen kann, eine Audienz bei Hades zu bekommen oder in die Welt der Lebenden zurückzukehren.«

»Wie kommst du darauf?«

»Weil ich eine von ihnen war.«

Erneut zog Yuri leicht an ihrem Arm, und dieses Mal folgte Persephone ihr. Ein längeres Schweigen dehnte sich aus, und Persephone räusperte sich.

»Es tut mir leid, Yuri. Manchmal vergesse ich …«

»… dass ich tot bin?« Yuri lächelte, aber Persephone kam sich trotzdem naiv und dumm vor. »Es ist okay. Das ist einer der Gründe, warum ich dich so mag.« Sie zögerte einen Moment und fügte hinzu: »Hades hat seine Gemahlin gut gewählt.«

»Seine Gemahlin?« Persephone zog die Augenbrauen hoch.

»Ist es denn nicht offensichtlich, dass Hades plant, dich zu heiraten?«

Persephone lachte. »Da vermutest du zu viel, Yuri.«

Abgesehen davon, dass Hades seine Absichten tatsächlich deutlich gemacht hatte. Du wirst meine Königin sein. Ich brauche die Moiren nicht, um mir das zu sagen. Ihr wurde schwer ums Herz, denn die Worte lagen ihr wie Steine im Magen.

Sie hätten ihr Herz dahinschmelzen lassen sollen, und die Tatsache, dass sie es nicht taten, verstörte sie. Vielleicht hatte es etwas zu tun mit ihrer kürzlichen Trennung. Warum fühlte sie solche Besorgnis, während Hades so sicher in Bezug auf ihre gemeinsame Zukunft war?

Yuri, die Persephones inneren Kampf nicht bemerkte, sagte: »Warum sollte Lord Hades dich nicht als seine Königin wählen? Du bist eine unverheiratete Göttin, und du hast kein Keuschheitsgelübde abgelegt.«

Die Seele warf ihr einen wissenden Blick zu, der Persephone rot werden ließ.

»Eine Göttin zu sein, qualifiziert mich noch nicht dazu, Königin der Unterwelt zu sein.«

»Nein, aber es ist ein Anfang. Hades würde nie eine Sterbliche oder eine Nymphe zu seiner Königin machen. Glaube mir, er hatte jede Menge Gelegenheiten.«

Ein Stich von Eifersucht jagte Persephone erneut über den Rücken wie ein Streichholz, das in einer Pfütze aus Kerosin landet. Ihre Magie wallte auf und verlangte nach Erleichterung. Es war ein Verteidigungsmechanismus, und sie brauchte einen Augenblick, um ihn niederzukämpfen.

Krieg dich mal in den Griff, befahl sie sich.

Ihr war bewusst, dass Hades in seinem Leben andere Geliebte gehabt hatte – eine davon war die rothaarige Nymphe Minthe gewesen, die sie in eine Minzpflanze verwandelt hatte. Doch sie hatte nie in Betracht gezogen, dass Hades’ Interesse an ihr ihrem göttlichen Blut geschuldet sein könnte. Etwas Finsteres wand sich um ihr Herz. Wie konnte sie zulassen, dass sie so über Hades dachte? Er ermutigte sie, ihre Göttlichkeit zu umarmen, huldigte ihr, damit sie ihre Freiheit und Macht für sich beanspruchte, und er hatte ihr gesagt, dass er sie liebte. Wenn er sie zu seiner Königin machen wollte, dann weil sein Herz ihr gehörte, nicht weil sie eine Göttin war.

Oder?

Persephone wurde bald von ihren Gedanken abgelenkt, als sie und Yuri in das Dorf im Asphodeliengrund zurückkehrten. Kinder umschwärmten und baten sie, mit ihr zu spielen. Nach einem kurzen Versteckspiel zogen Ophelia, Elara und Anastasia sie mit sich, da sie ihre Meinung hören wollten zu Weinen, Kuchen und Blumen für die bevorstehende Feier der Sommersonnenwende.

Die Sonnenwende markierte den Beginn des neuen Jahres und war der Anfang des einmonatigen Countdowns zu den Panhellenischen Spielen – nicht einmal der Tod konnte die Begeisterung für diese in den Seelen auslöschen. Angesichts einer so wichtigen Feier hatte Persephone Hades gefragt, ob sie eine Party im Palast geben könnten, und er hatte zugestimmt. Sie freute sich darauf, die Seelen wieder in ihren Hallen zu begrüßen, ebenso wie diese sich darauf freuten, dort zu sein.

Als Persephone zum Palast zurückkehrte, war sie noch immer aufgewühlt. Die Finsternis ihrer Zweifel wuchs, presste gegen ihren Kopf, und ihre Magie pulsierte unter ihrer Haut, sodass sie sich schmerzvoll und erschöpft fühlte. Sie klingelte nach Tee und ging in die Bibliothek in der Hoffnung, dass etwas Lesen ihre Gedanken von der Unterhaltung mit Yuri fortlenken würde.

Sie rollte sich in einem der großen Sessel beim Kamin ein und blätterte durch Hekates Ausgabe von Zauberkraft und Chaos. Die Lektüre war eine von mehreren Aufgaben der Göttin der Magie, die Persephone dabei helfen sollte, ihre unberechenbare Macht kontrollieren zu lernen.

Das klappte leider nicht so schnell, wie sie gehofft hatte.

Persephone hatte lange darauf gewartet, dass sich ihre Kräfte zeigten, und als sie es dann getan hatten, geschah es während einer hitzigen Auseinandersetzung mit Hades. Seitdem hatte sie es zwar geschafft, Blumen zum Blühen zu bringen, doch sie konnte nicht die angemessene Menge an Magie kanalisieren. Außerdem hatte sie herausgefunden, dass ihre Fähigkeit zur Teleportation fehlerhaft war – mit der unangenehmen Folge, dass sie nicht immer dort landete, wo sie sein wollte. Hekate sagte, das sei nur eine Frage der Übung, doch Persephone fühlte sich trotzdem wie eine Versagerin und hatte deshalb beschlossen, keine Magie in der Oberwelt einzusetzen.

Nicht bis sie sie vollkommen unter Kontrolle hatte.

Also lernte sie zur Vorbereitung auf ihre erste Lektion mit Hekate alles über die Geschichte der Magie, Alchemie und die verschiedenen angsteinflößenden Kräfte der Gottheiten. Sie sehnte sich nach dem Tag, an dem sie ihre Macht so mühelos nutzen konnte, wie sie atmete.

Plötzlich breitete sich Wärme auf ihrer Haut aus und stellte ihr die Härchen an Nacken und Armen auf. Trotz der Hitze schauderte sie, und ihr Atem wurde flacher.

Hades war in der Nähe, und ihr Körper wusste es.

Sie wollte aufstöhnen, als tief in ihrem Bauch ein Gefühl der Sehnsucht aufkam.

Götter. Sie war unersättlich.

»Ich dachte mir schon, dass ich dich hier finde.« Hades’ Stimme kam von oben, und sie blickte auf und sah ihn hinter sich stehen. Seine rauchigen Augen begegneten ihren, als er sich über sie beugte, um sie zu küssen, und seine Hand ihr Kinn umfing. Es war eine besitzergreifende Geste und ein leidenschaftlicher Kuss, der ihre Lippen wund zurückließ, als er sich von ihr löste.

»Wie war dein Tag, Liebling?« Der Kosename raubte ihr den Atem.

»Gut.«

Hades’ Mundwinkel hoben sich, und als er antwortete, fiel sein Blick auf ihre Lippen.

»Ich hoffe, ich störe dich nicht. Du wirkst recht gebannt von deinen Büchern.«

»Bin ich nicht«, antwortete sie hastig und räusperte sich dann. »Ich meine … das ist nur etwas, das Hekate mir zum Lesen aufgetragen hat.«

»Darf ich?«, fragte er, ließ sie los und streckte die Hand nach dem Buch aus.

Wortlos gab sie es ihm und sah dabei zu, wie der Gott der Toten ihren Sessel umrundete und durch das Buch blätterte. Sein Aussehen hatte etwas Teuflisches, er war ein Sturm aus Finsternis, von Kopf bis Fuß in Schwarz gekleidet.

»Wann beginnst du dein Training mit Hekate?«, fragte er.

»Diese Woche«, sagte sie. »Sie hat mir Hausaufgaben gegeben.«

»Hmm.« Er schwieg einen Moment lang, dann sprach er weiter, den Blick auf das Buch gerichtet. »Ich hörte, du hast heute neue Seelen begrüßt.«

Persephone richtete sich auf; sie konnte nicht sagen, ob er verärgert über sie war.

»Ich war spazieren mit Yuri, als ich sie an den Ufern des Styx stehen sah.«

Hades blickte auf, und seine Augen loderten wie Feuer.

»Du hast eine Seele aus dem Asphodeliengrund geführt?« In seiner Stimme lag ein Anflug von Überraschung.

»Es ist Yuri, Hades. Außerdem weiß ich nicht, warum du sie so isoliert hältst.«

»Damit sie keine Probleme verursachen.«

Persephone kicherte, verstummte aber, als sie den Blick in Hades’ Augen sah. Er stand zwischen ihr und dem Kamin, erleuchtet wie ein Engel. Er war wirklich prachtvoll, mit seinen hohen Wangenknochen, dem gepflegten Bart und den vollen Lippen. Sein langes schwarzes Haar war am Hinterkopf zu einem Knoten gebunden. Sie mochte es so, weil sie es dann gern öffnete und mit den Fingern hindurchfuhr – und weil sie sich gern darin festkrallte, wenn er in ihr war.

Bei der Vorstellung wurde die Atmosphäre schwerer. Sie registrierte, dass Hades’ Brustkorb sich hob, als er scharf einatmete, als könne er ihre Gedanken wahrnehmen. Sie leckte sich über die Lippen und zwang sich, sich auf die gegenwärtige Unterhaltung zu konzentrieren.

»Die Seelen im Asphodeliengrund verursachen nie Probleme«, sagte sie.

»Du denkst, ich irre mich.« Es war keine Frage, sondern eine Feststellung, und er wirkte ganz und gar nicht überrascht. Ihre ganze Beziehung hatte damit angefangen, dass Persephone ihn infrage stellte.

»Ich denke, du rechnest dir selbst nicht hoch genug an, wie sehr du dich verändert hast, und deshalb traust du den Seelen nicht zu, dass auch sie das erkennen.« Der Gott schwieg einen langen Moment. »Warum hast du sie begrüßt?«

»Weil sie Angst hatten, und das gefiel mir nicht.«

Hades’ Mundwinkel zuckten. »Manche von ihnen sollten Angst haben, Persephone.«

»Und diese werden Angst haben, ungeachtet meiner Begrüßung.«

Sterbliche wissen, was zu ewiger Gefangenschaft im Tartaros führt, dachte sie.

»Die Unterwelt ist schön, und dir liegt die Existenz deines Volkes am Herzen, Hades. Warum sollten die Guten einen solchen Ort fürchten? Warum sollten sie dich fürchten?«

»Sie fürchten mich gewissermaßen immer noch. Du warst diejenige, die sie begrüßt hat.«

»Du könntest sie mit mir begrüßen«, schlug sie vor.

Hades’ Lächeln blieb, und seine Miene wurde sanfter. »So sehr dir der Titel der Königin missfällt, bist du doch dabei, wie eine zu handeln.«

Persephone erstarrte einen Moment, gefangen zwischen der Furcht vor Hades’ Zorn und der Furcht, Königin genannt zu werden.

»Erregt das … dein Missfallen?«

»Warum sollte es mir missfallen?«

»Ich bin keine Königin«, antwortete sie, erhob sich aus dem Sessel, kam zu ihm und nahm ihm das Buch aus den Händen. »Und ich kann nicht erkennen, wie du meine Handlungen findest.«

»Du wirst meine Königin sein«, sagte Hades nachdrücklich, fast als wolle er sich selbst davon überzeugen, dass es wahr war. »Die Moiren haben es verkündet.«

Persephone sträubte sich, und die Gedanken von vorhin bestürmten sie erneut. Wie sollte sie Hades fragen, warum er sie als seine Königin wollte? Und warum hatte sie überhaupt das Gefühl, dass sie eine Antwort auf diese Frage brauchte? Sie drehte sich um und vertiefte sich in die Bücherstapel, um ihre Reaktion zu verbergen.

»Missfällt dir das?«, fragte Hades, tauchte vor ihr auf und blockierte ihren Weg wie ein Berg.

Persephone zuckte zusammen, fing sich aber rasch wieder.

»Nein«, antwortete sie und drängte sich an ihm vorbei.

Hades folgte ihr auf dem Fuße.

Als sie das Buch zurück an seinen Platz im Regal stellte, ergänzte sie: »Obwohl es mir lieber wäre, du würdest mich als Königin wollen, weil du mich liebst, und nicht, weil die Moiren es verkündet haben.«

Hades wartete mit seiner Antwort, bis sie sich zu ihm umdrehte. Er runzelte die Stirn. »Du zweifelst an meiner Liebe?«

»Nein!« Sie erschrak kurz über seine Schlussfolgerung, dann ließ sie die Schultern sinken. »Aber … ich vermute, wir können uns nicht aussuchen, was andere über unsere Beziehung sagen.«

»Und was sagen sie genau?« Er stand jetzt so nahe, dass sie Würze, Rauch und einen Hauch von Winterluft riechen konnte. Es war der Duft seiner Magie.

Sie zuckte mit einer Schulter und sagte: »Dass wir nur wegen der Moiren zusammen sind. Dass du mich nur erwählt hast, weil ich eine Göttin bin.«

»Habe ich dir einen Grund gegeben, so etwas zu denken?«

Sie sah ihn an und konnte nicht antworten. Sie wollte nicht sagen, dass Yuri ihr die Idee in den Kopf gesetzt hatte. Der Gedanke war schon zuvor da gewesen – ein früh gepflanzter Samen. Yuri hatte ihn lediglich bewässert, und nun wuchs er so wild wie die schwarzen Weinranken, die ihrer Magie entsprossen.

»Wer hat in dir Zweifel gesät?«, fragte er fordernd.

»Ich habe nur angefangen, nachzudenken über …«

»Meine Motive?«

»Nein …«

Seine Augen wurden schmal. »Es scheint aber so.«

Persephone wich einen Schritt zurück, und das Bücherregal drückte sich gegen ihren Rücken. »Tut mir leid, dass ich etwas gesagt habe.«

»Dafür ist es zu spät.«

Persephone blickte finster drein. »Willst du mich bestrafen, weil ich sage, was ich denke?«

»Bestrafen?« Hades legte den Kopf schief und kam näher, sodass seine Hüften ihre berührten und kein Raum mehr zwischen ihnen war. »Ich bin begierig zu hören, wie du denkst, dass ich dich bestrafen könnte.«

Die Worte brachten sie dazu, dass sie sich innerlich anspannte. Doch trotz der Hitze, die sie in ihr entfachten, schaffte sie es, ihn finster anzusehen.

»Ich möchte eine Antwort auf meine Frage.«

Hades’ Kiefer spannte sich an. »Erinnere mich noch einmal an sie.«

Sie blinzelte. Wollte sie ihn wirklich fragen, ob er sie nur erwählt hatte, weil sie eine Göttin war? Wollte sie ihn fragen, ob er sie liebte?

Sie holte tief Luft und spähte zwischen ihren Wimpern zu ihm auf. »Wenn es die Moiren nicht gäbe, würdest du mich dann immer noch wollen?«

Sie konnte Hades’ Miene nicht deuten. Seine Augen waren ein Laserstrahl, der ihren Brustkorb, ihr Herz und ihre Lungen schmelzen ließ. Sie konnte nicht atmen, während sie auf seine Antwort wartete – doch er schwieg. Statt etwas zu sagen, griff er mit einer Hand nach ihr und umfasste ihr Kinn. Sein Körper bebte – sie konnte die Kraft in ihm spüren und fragte sich, was der König der Unterwelt entfesseln würde.

»Weißt du, woher ich wusste, dass die Moiren dich für mich geschaffen haben?« Seine Stimme war ein heiseres Flüstern, ein Tonfall, den er in der Dunkelheit ihres Gemachs gebrauchte, nachdem sie sich geliebt hatten.

Persephone schüttelte langsam den Kopf, gefangen von seinem Blick.

»Ich konnte es auf deiner Haut schmecken, und das Einzige, was ich bereue, ist, dass ich so lange ohne dich gelebt habe.«

Seine Lippen wanderten über ihr Kinn und ihre Wange. Sie hielt den Atem an, lehnte sich in seine Berührung und suchte seinen Mund, doch statt sie zu küssen, trat er einen Schritt zurück.

Die plötzliche Distanz brachte sie aus dem Gleichgewicht, und sie lehnte sich Halt suchend an das Bücherregal.

»Was war das?«, wollte sie wissen.

Er gab ein dunkles Lachen von sich, und seine Mundwinkel hoben sich. »Vorspiel.«

Dann griff er sie, hob sie in seine Arme und legte sie sich über die Schulter. Persephone gab ein überraschtes Quieken von sich. »Was machst du da?«

»Beweisen, dass ich dich will.«

Er spazierte mit ihr aus der Bibliothek hinaus in den Korridor.

»Lass mich runter, Hades!«

»Nein.«

Sie konnte förmlich hören, wie er dabei grinste. Seine Hand wanderte hoch, glitt zwischen ihre Beine und tauchte in sie ein. Sie packte sein Jackett, damit sie nicht von seiner Schulter fiel.

»Hades«, stöhnte sie.

Er lachte leise, und sie hasste ihn dafür. Ihre Hände glitten in sein Haar, und sie zog daran, bog seinen Kopf nach hinten und suchte seine Lippen. Hades tat ihr den Gefallen, stützte sie an die nächste Wand und gab ihr einen sündigen Kuss, bevor er sich von ihr löste und ihr ins Ohr flüsterte.

»Ich werde dich bestrafen, bis du schreist und so hart um meinen Schwanz kommst, dass du keinerlei Zweifel mehr an meiner Zuneigung hast.«

Seine Worte raubten ihr den Atem, und ihre Magie erwachte und wärmte ihre Haut.

»Löse deine Versprechen ein, Lord Hades«, antwortete sie an seinem Mund.

Da gab die Wand hinter Persephone nach, und sie schrie auf, als Hades vorwärtsstolperte. Es gelang ihm, zu verhindern, dass sie beide auf dem Boden landeten, und als sie sich wieder gefangen hatten, stellte er sie auf die Füße. Sie kannte die Art, wie er sie hielt – beschützend, einen Arm um ihre Schultern gelegt –, reckte den Hals und sah, dass sie sich im Speisesaal befanden. Am Banketttisch saß Hades’ Personal, eingeschlossen Thanatos, Hekate und Charon.

Die Wand, an die sie sich gedrückt hatten, war eine Tür.

Hades räusperte sich, und Persephone vergrub das Gesicht an seiner Brust.

»Guten Abend«, sagte Hades.

Sie war überrascht, wie ruhig er dabei klang. Er war nicht einmal außer Atem, obwohl sie sein Herz an ihrem Ohr pochen hören konnte.

Sie dachte, Hades würde sich entschuldigen und verschwinden, doch stattdessen sagte er: »Lady Persephone und ich sterben vor Hunger, und wir wünschen, allein zu sein.«

Sie erstarrte und knuffte ihn in die Seite.

Was machte er da?

Alle Anwesenden gerieten in Bewegung und räumten Teller, Besteck und riesige Platten voll mit unberührten Lebensmitteln ab.

»Guten Abend, meine Lady – mein Lord.«

Sie marschierten der Reihe nach zur Tür hinaus, mit glitzernden Augen und breitem Grinsen. Persephone hielt den Blick gesenkt, die Wangen tief gerötet, während Hades’ Gefolge fortging, um woanders zu speisen.

Als sie allein waren, verlor Hades keine Zeit. Er schob sie rückwärts, bis ihre Beine den Tisch trafen.

»Das kann nicht dein Ernst sein.«

»Todernst«, antwortete er.

»Im … Speisesaal?«

»Ich bin ziemlich hungrig, du nicht?«

Oh doch.

Aber ihr blieb keine Zeit zu antworten. Hades hob sie auf den Tisch, schob sich zwischen ihre Beine und kniete nieder, wie ein Diener vor seiner Königin knien würde. Ihr Kleid glitt nach oben, als seine Hände ihre Beine hinaufwanderten. Er neckte sie, indem seine Lippen über die Innenseiten ihrer Oberschenkel wanderten, bevor sein Mund ihre Mitte fand.

Persephone bäumte sich vom Tisch auf, und ihr stockte der Atem, als Hades sie verwöhnte, seine Zunge erbarmungslos in ihrem Angriff, sein kurzer Bart eine wundervolle Reibung an ihrer empfindsamen Haut. Sie streckte die Hände nach ihm aus, tauchte die Finger in sein Haar und wand sich unter seiner Berührung.

Hades hielt sie fester, und seine Finger gruben sich in ihre Haut, um sie festzuhalten. Ein kehliger Laut drang aus ihrem Mund, als seine Lippen ihre empfindsamste Stelle umschlossen und seine Finger seine Zunge ersetzten, sie füllten und dehnten, bis die Lust in ihrem Körper explodierte.

Sie war sich sicher, dass sie leuchtete.

Dies war Verzückung, Euphorie, Ekstase – und dann wurde alles unterbrochen von einem Klopfen an der Tür.

Persephone erstarrte und wollte sich aufsetzen, aber Hades hielt sie fest und blickte mit einem Knurren von seiner Stellung zwischen ihren Beinen hoch.

»Ignoriere es.« Das war ein Befehl, und seine Augen loderten wie glühende Kohlen.

Er machte weiter, erbarmungslos, bewegte sich tiefer, härter, schneller. Persephone konnte sich kaum auf dem Tisch halten. Sie konnte kaum atmen und fühlte sich, als würde sie sich erneut den Weg zur Oberfläche des Styx bahnen, verzweifelt um Luft ringend, aber zufrieden in der Gewissheit, dass dieser Tod ein glücklicher wäre.

Aber das Klopfen hörte nicht auf, und eine zögernde Stimme rief: »Lord Hades?«

Persephone konnte nicht sagen, wer das hinter der Tür war, aber er klang nervös, und dazu gab es auch allen Grund, denn der Ausdruck in Hades’ Gesicht war mörderisch.

So sieht er aus, wenn er Seelen im Tartaros gegenübersteht, dachte sie.

Hades ging in die Hocke.

»Verschwinde«, fauchte er.

Einen Herzschlag lang herrschte Stille. Dann sagte die Stimme: »Es ist wichtig, Hades.«

Sogar Persephone fiel die große Besorgnis im Tonfall der Person auf. Hades stand seufzend auf und nahm ihr Gesicht in beide Hände.

»Einen Moment, mein Liebling.«

»Du wirst ihm nicht wehtun, oder?«

»Nicht zu sehr.«

Ohne ein Lächeln ging er zum Korridor.

Persephone kam sich albern vor, so am Rand des Tisches sitzend, also glitt sie herunter, richtete ihren Rock und begann unruhig im extravaganten Speisesaal hin und her zu laufen. Bei ihrem ersten Besuch hatte sie den Saal für übertrieben gehalten. An der Decke hingen mehrere unnötige Kronleuchter, die Wände waren mit Gold verziert, und Hades’ Sessel am Kopfende des Tisches sah aus wie ein Thron. Zur Krönung des Ganzen dinierte er nur sehr selten in diesem Saal, sondern zog es vor, seine Mahlzeiten woanders im Palast einzunehmen. Das war ein Grund, warum sie beschlossen hatte, ihn für die Sonnenwendfeier zu nutzen – all diese Schönheit sollte nicht ungesehen bleiben.

Hades kehrte zurück. Er wirkte aufgebracht. Seine Kinnmuskeln zuckten, und in seinen Augen glitzerte nun eine andere Sorte von Eindringlichkeit. Er blieb dicht vor ihr stehen, die Hände in den Taschen.

»Ist alles in Ordnung?«, fragte sie.

»Ja«, antwortete er. »Und nein. Ilias hat mich auf ein Problem aufmerksam gemacht, das besser früher als später erledigt werden sollte.«

Sie sah ihn wartend an, aber er erklärte nichts weiter.

»Wann wirst du zurück sein?«

»Eine Stunde. Vielleicht zwei.«

Sie runzelte die Stirn, und Hades hob ihr Kinn, sodass sie in seine Augen blickte. »Glaube mir, Liebling, dich zu verlassen, ist die schwerste Entscheidung, die ich jeden Tag treffe.«

»Dann tu es nicht«, sagte sie und schlang die Arme um seine Taille. »Ich komme mit.«

»Das wäre nicht klug.« Seine Stimme klang schroff, und Persephone runzelte die Stirn.

»Warum nicht?«

»Persephone …«

»Es ist eine einfache Frage«, fiel sie ihm ins Wort.

»Ist es nicht«, antwortete er barsch, seufzte dann und fuhr sich durch das offene Haar.

Sie starrte ihn an. Er hatte noch nie derart die Fassung verloren. Was brachte ihn so auf? Sie konnte ihn zu einer Antwort drängen, aber sie wusste, dass sie damit nichts erreichen würde, also lenkte sie ein.

»Also gut.« Sie trat einen Schritt zurück. »Ich werde hier sein, wenn du zurückkehrst.«

»Ich mache es wieder gut.«

Sie zog eine Augenbraue hoch: »Schwöre es.«

Hades’ Augen schwelten unter dem Licht der Kronleuchter.

»Oh, Liebling. Du musst mir keinen Schwur entlocken. Nichts wird mich je davon abhalten, dich zu vögeln.«

KAPITEL ZWEI

Ein Hauch von Doppelspiel

Persephones Körper vibrierte, erwärmt von dem Funken, den Hades entzündet hatte. Ohne Kontrolle hatte diese Flamme sich ausgebreitet und verschlang nun ihren ganzen Körper. Sie suchte Ablenkung und ging nach draußen, wo sie durch den Garten wandelte, der durchtränkt war vom Duft feuchten Bodens und süßer Blüten. Sie streichelte Blütenblätter und Laub im Vorbeigehen, bis sie zum Rand des Geländes kam, wo ein wildes Feld aus vergilbtem Gras wogte, bewegt von einer flüsterleichten Brise.

Persephone rannte los, und während sie lief, blühten orangene Blüten unter ihren Füßen auf. Sie musste sich nicht darauf konzentrieren, ihre Magie einzusetzen. Sie strahlte einfach von ihr aus, ungefiltert und unkontrolliert. Hades’ Dobermänner gesellten sich zu ihr und jagten sich gegenseitig, bis sie am Rande von Hekates Wiese zum Stehen kamen.

Die Göttin saß mit geschlossenen Augen im Schneidersitz vor ihrem Häuschen. Persephone wusste nicht, ob sie gerade meditierte oder einen Zauber sprach. Müsste sie raten, hätte sie vermutet, dass die Göttin der Zauberkraft gerade einen Sterblichen in der Oberwelt verfluchte für irgendeine abscheuliche Untat, die derjenige an einer Frau begangen hatte.

Zerberus, Typhon und Orthrus folgten Persephone nicht, als sie sich Hekate näherte.

»Schon gesättigt?«, fragte die, noch immer mit geschlossenen Augen.

Persephone würde Hades nie verzeihen, was vor den Augen seines Gefolges vorgefallen war.

»Sieht es so aus?«, fragte sie grummelnd.

Der sexuelle Frust machte ihr schlechte Laune.

Hekate öffnete erst ein Auge und dann das andere.

»Nun gut«, meinte sie. »Willst du stattdessen üben?«

»Nur wenn ich etwas in die Luft jagen darf.«

Ein kleines Lächeln umspielte Hekates beerenrote Lippen. »Du darfst meditieren.«

»Meditieren?«

Mit ihren aufgewühlten Gedanken allein zu sein, war das Letzte, was Persephone jetzt wollte. Doch Hekate klopfte neben sich auf den Boden, und Persephone setzte sich seufzend. Ihr Körper fühlte sich steif an, ihre Hände warm und schweißfeucht.

»Deine erste Lektion, Göttin: Kontrolliere deine Emotionen.«

»Inwiefern ist das eine Lektion?«, fragte Persephone.

Hekate warf ihr einen wissenden Blick zu. »Willst du über vorhin sprechen? Diese Türen gingen durch deine Magie auf. Sie wurden von niemandem im Saal geöffnet.«

Persephone zog einen Schmollmund und wandte den Blick ab. Sie hatte angenommen, dass jemand die Tür geöffnet und nicht ihre Magie sie aufgestoßen hatte. Irgendwie fühlte sich das noch beschämender an.

»Keine Sorge, meine Liebe. Das passiert den Besten von uns.«

Das wiederum interessierte Persephone. »Dir auch?«

Hekate lachte. »Nein, meine Liebe, ich mag Menschen nicht besonders.«

Persephone runzelte die Stirn.

Sie wusste, dass ihre Emotionen an ihre Kräfte gebunden waren. Blumen sprossen, wenn sie wütend war, und in Augenblicken der Leidenschaft wanden sich Weinranken ohne Vorwarnung um Hades. Dann war da noch Minthe, deren beleidigende Worte zu ihrer Verwandlung in eine Minzpflanze geführt hatten, und Adonis, den sie im Garten der Götter bedroht und dessen Gliedmaßen sie in Weinranken verwandelt hatte. Ganz zu schweigen von der Zerstörung des Gewächshauses ihrer Mutter.

»Okay, also habe ich ein Problem«, gab Persephone zu. »Wie kontrolliere ich die Magie?«

»Mit viel Übung«, antwortete Hekate. »Und jeder Menge Meditation. Je häufiger du meditierst, umso mehr wirst du – und wird deine Magie – davon profitieren.«

»Ich hasse Meditation.«

»Hast du es je versucht?«

»Ja, und es ist langweilig. Man tut nichts als … sitzen.«

Hekate zog einen Mundwinkel hoch.

»Das ist der falsche Ansatz. Der Sinn der Meditation liegt darin, Kontrolle zu erlangen – und bist du nicht begierig auf Kontrolle, Persephone?«

Hekates Stimme wurde leise und verführerisch. Persephone konnte nicht leugnen, dass sie begierig darauf war. Sie wollte Kontrolle über alles erlangen – ihre Magie, ihr Leben, ihre Zukunft.

»Ich höre«, sagte sie.

Hekates Lächeln war schelmisch, als sie fortfuhr. »Meditation bedeutet, dass man seine Aufmerksamkeit auf den Augenblick konzentriert, anstatt sich in den Dingen zu verfangen, die einen plagen – das sind die Dinge, die dich ersticken und deine Magie dazu bringen, einen Schutzschild um dich zu errichten.«

Hekate führte sie durch mehrere Meditationen und leitete sie an, sich auf ihre Atmung zu konzentrieren. Persephone konnte sich vorstellen, dass dies eine friedvolle Tätigkeit war, wenn sie ihre Gedanken nur davon abhalten könnte, zu Hades zu wandern. Es gab zwei Momente, in denen sie hätte schwören können, er sei hinter ihr. Sie konnte seinen Atem in ihrem Nacken fühlen und das sanfte Kratzen seines Bartes an ihren Wangen, als würde er ihr Worte zuflüstern.

Ich habe den ganzen Tag an dich gedacht.

Ein Schauer der Erregung durchfuhr sie, und ihr Innerstes spannte sich an.

Daran, wie du schmeckst, das Gefühl, wenn mein Schwanz in dich gleitet, wie du stöhnst, wenn ich dich vögle.

Persephone kaute auf ihrer Lippe, und Hitze begann sich zwischen ihren Beinen auszubreiten.

Ich will dich nehmen, so hart, dass deine Schreie an die Ohren der Lebenden dringen …

Mit einem hörbaren Seufzen atmete sie aus und öffnete die Augen. Als sie Hekate ansah, zog die Göttin wissend eine Augenbraue hoch und stand auf.

»Wenn ich so darüber nachdenke«, meinte sie, »lass uns doch etwas in die Luft jagen.«

»Ich komme zu spät!« Persephone warf die Decken von sich und sprang aus dem Bett.

Hades stöhnte und streckte die Arme nach ihr aus.

»Komm wieder ins Bett«, sagte er schläfrig.

Sie ignorierte ihn und rannte durch sein Schlafzimmer auf der Suche nach ihren Sachen. Sie fand ihre Tasche auf einem Sessel, ihre Schuhe unter dem Bett und ihre Kleidung in die Laken verheddert. Sie versuchte sie zu entwirren, doch sobald sie sie befreit hatte, schnappte Hades sie ihr aus den Händen.

»Hades«, knurrte sie und machte einen Satz auf ihn zu.

Seine Hände griffen um ihre Taille, und er rollte sich herum und nagelte sie unter sich fest.

Sie lachte zappelnd.

»Hades, hör auf! Ich komme zu spät, und das ist jetzt schon deine Schuld.«

Er hatte sein Versprechen gehalten und war gegen drei Uhr nachts in die Unterwelt zurückgekehrt. Als er zu ihr ins Bett geschlüpft war, hatte er mit einem Gutenachtkuss begonnen und nicht mehr aufgehört. Danach war sie in einen tiefen Schlaf gefallen und hatte prompt die Schlummertaste gedrückt, als ihr Handywecker losging.

»Ich bringe dich hin«, sagte er und beugte sich nieder, um ihren Hals zu küssen. »Ich kann dich in Sekunden dorthin bringen.«

»Hmm«, meinte sie und presste die Handflächen gegen seine Brust. »Danke, aber ich nehme lieber den langen Weg.«

Er bedachte sie mit einem drohenden Blick, doch rollte sich von ihr. Sie stand auf, hielt ihre zerknitterten Sachen hoch und runzelte die Stirn.

»Erlaube mir, zu helfen«, meinte Hades, schnippte mit den Fingern, und ein maßgeschneidertes schwarzes Kleid und Absatzschuhe manifestierten sich.

Sie blickte an sich herab und strich über den Stoff, der einen leichten Schimmer hatte.

»Schwarz ist eigentlich nicht meine Farbe«, sagte sie.

Hades grinste. »Tu mir den Gefallen.«

Als sie fertig war, bestand er darauf, dass sie sich von seinem Fahrer bringen ließ, sodass sie schließlich hinten in Hades’ schwarzem Lexus saß. Antoni, ein Zyklop und Diener des Gottes der Toten, saß am Steuer und pfiff ein Lied vor sich hin. Es war ein Song von Apollos Album White Raven. Obwohl Persephone kein Fan der Musik des Gottes war, hatte sie am Freitagabend den Geburtstag ihrer besten Freundin Lexa Sideris in Apollos Club gefeiert, wo seine Songs in Dauerschleife gespielt wurden. Inzwischen hatte sie das Gefühl, sie alle auswendig zu kennen, was ihre Abneigung nur noch verstärkte.

Sie gab ihr Bestes, Apollos penetrante Falsettstimme auszublenden, und wurde bald abgelenkt von einigen Nachrichten von Lexa. In der ersten stand:

Du bist offiziell eine Berühmtheit.

Eine Flutwelle der Angst packte sie, als ihre beste Freundin ihr mehrere Links zu »Breaking News« schickte von Agenturen aus ganz New Greece – überall ging es um sie und Hades.

Sie klickte auf den ersten Link, dann auf den nächsten und den nächsten. Die meisten Artikel käuten Details ihrer öffentlichen Wiedervereinigung mit Hades wieder, inklusive verfänglicher Fotos. Persephone wurde rot, als sie die Bilder jenes Tages sah. Sie hatte nicht damit gerechnet, dass der König der Toten in der Oberwelt erscheinen würde, und als sie ihn gesehen hatte, hatte sie geglaubt, ihr Herz würde explodieren. Sie war zu ihm gerannt, in seine Arme gesprungen und hatte sich um ihn geschlungen, als gehöre sie dorthin. Hades’ Hände hatten ihren Po gepackt und ihre Lippen sich zu einem Kuss getroffen, den sie noch immer fühlen konnte.

Sie hätte den Mediensturm kommen sehen müssen, aber nach Lexas Geburtstagsparty hatte sie das Wochenende in der Unterwelt in Hades’ Schlafgemach verbracht – vollauf beschäftigt mit Erforschungen, Neckereien und Unterwerfung. Sie hatte nicht ansatzweise über die Oberwelt nachgedacht, nachdem sie sie verlassen hatte. Mit Bildern wie diesen war es schwer, Spekulationen über ihre Beziehung zu leugnen.

Die letzte Nachricht, die sie erhielt, machte ihr am meisten Angst:

ALLES, WAS SIE ÜBER HADES’ GELIEBTE WISSEN MÜSSEN

Es war ihr schlimmster Albtraum.

Sie überflog den Artikel und war erleichtert zu sehen, dass darin nichts stand, was sie als Demeters Tochter oder Göttin enttarnen würde, aber unheimlich war es trotzdem. Dort stand, dass sie aus Olympia kam, dass sie vor vier Jahren an der New Athens University zu studieren begonnen hatte, zuerst mit dem Hauptfach Botanik, dann Journalismus. Es gab ein paar Zitate von Kommilitonen, die behaupteten, sie zu »kennen« – darunter echte Juwelen wie »Man konnte gleich sehen, dass sie wirklich klug ist« oder »Sie war immer sehr still« oder »Sie hat viel gelesen«.

Außerdem enthielt der Artikel eine detaillierte Zeitleiste ihres Lebens, die ihr Praktikum bei der New Athens News, ihre Artikel über Hades und ihre Versöhnung mit ihm vor dem Coffee House miteinschloss.

»Anwesende sagten, sie seien unsicher über Hades’ Absichten gewesen, als er sich in der Oberwelt materialisierte. Doch anscheinend war er gekommen, um Wiedergutmachung bei der Journalistin Persephone Rosi zu leisten. Das wirft die Frage auf: Wann hat die Romanze der beiden begonnen?«

Persephone erkannte die Ironie ihrer Situation – sie war eine investigative Journalistin. Sie liebte es, zu recherchieren, und liebte es, einer Sache auf den Grund zu gehen, Fakten zu enthüllen und Sterbliche vor dem Zorn von Göttern, Halbgöttern oder sich selbst zu schützen.

Doch nun hatte sich der Spieß umgedreht.

Jetzt ging es um ihr Privatleben.

Sie wusste, wie die Medien funktionierten – sie war nun ein Mysterium, das gelöst werden musste. Jene, die nun ihren Hintergrund recherchieren würden, waren eine Gefahr für alles, wofür sie so hart gearbeitet hatte.

Eine Gefahr für ihre Freiheit.

Ich weiß, dass du jetzt gerade ausflippst, textete Lexa. Musst du nicht.

Du hast leicht reden. Dein Name steht nicht in allen Schlagzeilen.

Ihre Freundin antwortete: Genau genommen geht es gar nicht um dich – sondern um Hades.

Persephone verdrehte die Augen. Sie wollte niemandes Besitz sein. Sie wollte ihre eigene Identität und Anerkennung für ihre harte Arbeit. Doch die Beziehung zu einem Gott nahm ihr das.

Da kam ihr ein anderer Gedanke – was würde ihr Boss sagen?

Demetri Aetos war ein großartiger Vorgesetzter. Er glaubte an die Wahrheit und an die Notwendigkeit, über sie zu berichten, ungeachtet aller Konsequenzen. Er hatte Adonis bei New Athens News gefeuert, weil der Persephone als Schlampe bezeichnet und ihren Artikel gestohlen hatte. Demetri hatte auch bemerkt, wie sehr es sie anstrengte, über Hades zu schreiben, und hatte ihr daraufhin gesagt, dass sie es nicht weiter tun müsse, wenn sie nicht wolle. Jedoch war das geschehen, bevor er wusste, dass sie mit dem Gott der Toten zusammen war.

Würde das Konsequenzen haben?

Götter – sie musste aufhören, darüber nachzugrübeln.

Sie konzentrierte sich auf ihr Handy und schrieb Lexa zurück.

Hör auf, die BESTE Nachricht des Tages zu ignorieren. Glückwunsch zu deinem ersten Arbeitstag!

Lexa war bei der Cypress Foundation angestellt worden, um dort Veranstaltungen zu planen. Es war eine gemeinnützige Organisation von Hades, von der Persephone kurz nach der Ankündigung des Halcyon-Projekts erfahren hatte.

Lexa hatte das Jobangebot an ihrem Geburtstag bekommen.

»Sie hätte den Job sowieso gekriegt«, lautete Hades’ Antwort auf Persephones Frage, ob er das ermöglicht habe. »Sie passt großartig hierher.«

Danke, Liebes! Ich bin so aufgeregt!, textete Lexa.

»Wir sind da, meine Lady.«

Antonis Worte lenkten ihre Aufmerksamkeit auf die Akropolis.

Ihre Augen wurden groß, und ihre Eingeweide verknoteten sich, als sie aus dem Fenster schaute.

Vor dem Gebäude mit einhunderteins Etagen hatte sich eine Menschenmenge gebildet. Sicherheitskräfte waren dort, um die Situation zu kontrollieren, und hatten Absperrungen errichtet. Mehrere verunsicherte Angestellte drängten sich durch die lautstarke Menge hindurch ins Gebäude. Persephone wusste, die Leute waren ihretwegen da. Deshalb war sie umso dankbarer für die abgetönten Fenster von Hades’ Wagen, sodass niemand hineinsehen konnte. Trotzdem rutschte sie tiefer in ihren Sitz hinein und stöhnte.

»Oh nein.«

Antoni sah sie fragend über den Rückspiegel an.

»Ist etwas nicht in Ordnung, meine Lady?«

Sie begegnete seinem Blick, fast fassungslos über die Frage.

Natürlich ist etwas nicht in Ordnung!

Die Medien, die Menschenmenge, sie bedrohten alles, wofür sie so hart gearbeitet hatte!

»Kannst du mich an der Ecke des Blocks absetzen?«, fragte sie.

Antoni runzelte die Stirn. »Lord Hades hat mich angewiesen, Euch bei der Akropolis abzusetzen.«

»Lord Hades ist nicht hier, und wie du sehen kannst, ist es hier nicht gerade ideal«, antwortete sie zähneknirschend. Dann atmete sie tief durch, um sich zu beruhigen. »Bitte.«

Der Zyklop lenkte ein und folgte ihrer Bitte. In der Zwischenzeit beschwor Persephone eine Sonnenbrille herauf und band ihr Haar zu einem Knoten. Es war nicht viel an Verkleidung, aber es wäre besser, als wenn sie die Leute ihr Gesicht direkt sehen ließ.

Antoni warf ihr erneut einen Blick zu. »Ich kann Euch zur Tür geleiten.«

»Nein, ist schon okay, Antoni. Vielen Dank.«

Der Zyklop rutschte voller Unbehagen auf seinem Sitz umher. »Das wird Lord Hades nicht gefallen.«

Persephone begegnete seinem Blick im Spiegel. »Du wirst es ihm nicht sagen, oder?«

»Es wäre das Beste, meine Lady, Lord Hades würde Euch einen Fahrer stellen, um Euch zur Arbeit zu fahren und abzuholen, und dazu eine Aegis zu Eurem Schutz.«

Sie brauchte weder einen Fahrer noch einen Wächter.

»Bitte«, bat sie Antoni inständig. »Erzähl Hades nichts.«

Sie musste ihn dazu bringen, sie zu verstehen. Sie würde sich wieder wie eine Gefangene fühlen; etwas, dem sie mehr als achtzehn Jahre lang zu entkommen versucht hatte.

Der Zyklop brauchte etwas Zeit, doch dann nickte er. »Wie Ihr wünscht, meine Lady, aber sobald etwas schiefläuft, rufe ich den Boss.«

Gut. Damit konnte sie leben. Sie klopfte Antoni auf die Schulter. »Danke, Antoni.«

Sie verließ die Sicherheit des Wagens und hielt den Kopf gesenkt, als sie zur Akropolis ging. Der Lärm der Menge wurde noch lauter, als sie näher kam, und als sie in Sichtweite war, zögerte sie – die Menge war noch größer geworden.

»Götter«, stöhnte sie.

»Da steckst du aber ganz schön in der Bredouille«, sagte da eine Stimme hinter ihr. Sie drehte sich hastig um und stand vor einem gut aussehenden Gott mit blauen Augen.

Hermes.

Im Laufe der letzten Monate war er zu einem ihrer Lieblingsgötter geworden. Er sah nicht nur gut aus, sondern war auch witzig und ermutigend. Heute war er gekleidet wie ein Sterblicher. Größtenteils. Er sah noch immer übernatürlich schön aus mit seinen goldenen Locken und der schimmernden bronzefarbenen Haut. Das Outfit seiner Wahl bestand aus einem pinken Poloshirt und dunklen Jeans.

»Eine … Bredouille?«, fragte sie unsicher.

»Das ist ein Ausdruck, den die Sterblichen verwenden, wenn sie sich in Schwierigkeiten befinden. Du hast ihn noch nie gehört?«

»Nein«, antwortete Persephone, aber das war nicht überraschend. Sie hatte achtzehn Jahre in einem Glasgefängnis verbracht. Da hatte sie vieles verpasst. »Was tust du hier?«

»Habe die Nachrichten gesehen«, meinte er grinsend. »Du und dein Lustknabe seid offiziell.«

Persephone sah ihn finster an.

»Lust-Mann?«, schlug er vor.

Ihr Blick wurde noch finsterer.

»Okay, schön. Lust-Gott also.«

Persephone gab auf und vergrub seufzend das Gesicht in den Händen. »Ich werde nie wieder irgendwohin gehen können.«

»Das stimmt nicht«, meinte Hermes. »Du wirst nur nie wieder irgendwohin gehen können, ohne belagert zu werden.«

»Hat dir schon mal jemand gesagt, dass du nicht sehr hilfreich bist?«

»Nein, nicht wirklich. Ich meine, ich bin der Götterbote.«

»Wurdest du nicht inzwischen durch Mails ersetzt?«

Hermes zog einen Schmollmund. »Und wer ist jetzt nicht hilfreich?«

Persephone spähte wieder um die Ecke des Gebäudes zum Eingang und spürte Hermes’ Kinn auf ihrem Kopf ruhen, als er ihrem Blick folgte.

»Warum teleportierst du nicht einfach hinein?«, fragte er.

»Ich versuche, meine sterbliche Fassade zu wahren, was bedeutet: keine Magie in der Oberwelt.«

Ihr war nicht danach, zu erklären, dass sie noch lernen musste, ihre Magie unter Kontrolle zu bekommen.

»Das ist albern. Warum solltest du nicht den verlockend einfachen Weg nehmen?«

»Was genau am normalen sterblichen Leben hast du nicht verstanden?«

»Alles?«

Natürlich verstand er es nicht. Anders als sie hatte Hermes immer als Olympier existiert. Er hatte sein Leben genauso begonnen, wie er es heute führte – inklusive List und Schelmereien.

»Also, wenn du nicht helfen willst …«

»Hilfe? Bittest du mich etwa darum?«

»Wenn das bedeutet, dass ich dir dann einen Gefallen schulde, dann nein«, antwortete Persephone schnell.

Götter hatten alles: Reichtum, Macht, Unsterblichkeit – ihre Währung waren Gefallen. Sie stellten im Wesentlichen Verträge dar, deren Details in der Zukunft beschlossen wurden und nicht auflösbar waren.

Lieber würde sie sterben, als Hermes einen Gefallen zu schulden.

»Dann also keinen Gefallen«, sagte er. »Ein Date.«

Sie warf dem Gott einen verärgerten Blick zu. »Willst du, dass Hades dich ausweidet?«

»Ich will nur mit einer Freundin feiern«, konterte Hermes und verschränkte die Arme. »Also, weidet mich aus.«

Sie musterte ihn und täuschte Misstrauen vor, bevor sie lachen musste. »Abgemacht.«

Der Gott schenkte ihr ein blendendes Lächeln. »Wie wäre es mit Freitag?«

»Bring mich in dieses Gebäude, und ich sehe in meinem Terminkalender nach.«

Er grinste. »Schon dabei, Sephy.«

Hermes teleportierte mitten in die Menge, und seine Fans kreischten los, als würden sie sterben. Hermes genoss es sichtlich, gab Autogramme und posierte für Fotos. Währenddessen konnte Persephone den Gehweg entlangschleichen und betrat ungesehen die Akropolis. Sie eilte zu den Aufzügen und hielt den Kopf unten, während sie dort mit einer Gruppe Leute wartete. Sie wusste, dass man sie anstarrte, aber das war nicht wichtig. Sie war im Gebäude, war der Menge draußen entkommen, und nun konnte sie sich an die Arbeit machen.

Als sie in ihrer Etage ankam, wurde sie von Helena, der neuen Rezeptionistin, begrüßt. Sie hatte Valerie ersetzt, die einige Etagen weiter nach oben gezogen war, um für Zeus’ Marketingunternehmen Oak and Eagle Creative zu arbeiten. Helena war jünger als Valerie und noch in der Schule. Sie schien anderen immer gefallen zu wollen und war sehr fröhlich. Außerdem war sie eine Schönheit, mit saphirblauen Augen, wogendem blondem Haar und perfekten pinken Lippen. Aber vor allem war sie wirklich nett. Persephone mochte sie.

»Guten Morgen, Persephone!«, trällerte sie. »Ich hoffe, dein Weg hierher war nicht zu beschwerlich.«

»Nein, gar nicht.« Es gelang ihr, einen beiläufigen Tonfall anzuschlagen. Das war die wahrscheinlich zweitgrößte Lüge, die sie je vorgebracht hatte, gleich nach der, als sie ihrer Mutter versprochen hatte, sich von Hades fernzuhalten. »Danke, Helena.«

»Es gab heute schon einige Anrufe für dich. Die Anrufer, bei denen es um eine Story ging, von der ich dachte, sie könnte dich interessieren, habe ich auf deine Voicemail umgeleitet. Von denen, die ein Interview mit dir wollten, habe ich eine Nachricht notiert.« Sie hielt einen irre großen Stapel an bunten Haftnotizen hoch. »Willst du die haben?«

Persephone starrte den Zettelberg an. »Nein danke, Helena. Du bist wirklich die Beste.«

Helena grinste.

Persephone wollte schon zu ihrem Schreibtisch weitergehen, da rief sie ihr nach: »Oh, und bevor du gehst, Demetri wollte dich sehen.«

Ein ungutes Gefühl breitete sich in ihrem Bauch aus, als hätte ihr jemand einen Stein die Kehle hinabgezwängt. Sie schluckte und brachte ein Lächeln zustande.

»Danke, Helena.«

Persephone marschierte durch das Großraumbüro, flankiert von perfekt aufgereihten Schreibtischen, verstaute ihre Sachen und holte sich einen Becher Kaffee, bevor sie sich Demetris Büro näherte. Sie stand in der Tür, noch nicht bereit, seine Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Ihr Boss saß an seinem Schreibtisch und schaute auf sein Tablet. Demetri war ein gut aussehender Mann mittleren Alters mit grau meliertem Haar und einem permanenten Bartschatten. Er mochte farbenfrohe Kleidung und gemusterte Halsbinden. Heute trug er ein leuchtend rotes Hemd und eine blaue Fliege mit weißen Tupfen.

Vor ihm lag ein Stapel Zeitungen mit Schlagzeilen wie:

LORD HADES IN BEZIEHUNG MIT STERBLICHER?

JOURNALISTIN KÜSST DEN GOTT DER TOTEN

STERBLICHE, DIE ÜBER DEN KÖNIG DER UNTERWELT LÄSTERTE, VERLIEBT?

Demetri musste sie bemerkt haben, denn endlich blickte er von seinem Tablet auf. Der Artikel, den er gerade las, spiegelte sich in seiner schwarzen Rahmenbrille. Sie registrierte die Schlagzeile. Ein weiterer Artikel über sie.

»Persephone. Bitte komm rein und schließ die Tür.«

Der Felsbrocken in ihrem Magen fühlte sich plötzlich noch schwerer an. Sich in Demetris Büro einzuschließen war, als würde sie direkt zurück in das Gewächshaus ihrer Mutter gebracht werden – die Angst wurde stärker, und sie spürte Furcht in sich aufsteigen bei dem Gedanken, bestraft zu werden. Ihr wurde heiß und unbehaglich, ihre Kehle schnürte sich zu, ihre Zunge wurde schwer … sie fühlte sich, als würde sie ersticken.

Das war’s, dachte sie. Jetzt feuert er mich.

Sie stellte fest, dass sie wütend darüber wurde, dass er es hinauszögerte. Warum ihr einen Platz anbieten? So tun, als ginge es um eine normale Unterhaltung?

Sie holte tief Luft und setzte sich auf die Kante des Stuhls.

»Was hast du gemacht?«, fragte sie mit einem Blick auf den Zeitungsstapel. »Eine von jedem Stapel genommen?«

»Ich konnte nicht anders«, antwortete er grinsend. »Die Story ist faszinierend.«

Persephone blickte finster drein.

»Wolltest du sonst noch etwas?«, fragte sie schließlich in der Hoffnung, das Thema zu wechseln – in der Hoffnung, dass der Grund, warum er sie in sein Büro gerufen hatte, nichts mit den Schlagzeilen des Morgens zu tun hatte.

»Persephone«, begann Demetri, und sie zuckte zusammen, als sie den sanften Tonfall seiner Stimme bemerkte. Was immer nun kam, es war nicht gut. »Du hast eine Menge Potenzial, und du hast bewiesen, dass du bereit bist, für die Wahrheit zu kämpfen, was ich zu schätzen weiß.«

Er zögerte, und Persephone blieb angespannt und machte sich auf den Schlag gefasst, den er gleich austeilen würde.

»Aber?«, kam sie ihm zuvor.

Demetri schaute sie noch teilnahmsvoller an.

»Du weißt, ich würde dich nicht darum bitten, wenn ich nicht müsste«, sagte er.

Sie runzelte die Stirn. »Worum bitten?«

»Um eine Exklusivstory. Über deine Beziehung mit Hades.«

Das ungute Gefühl kroch von ihrem Bauch aus nach oben und breitete sich knisternd in ihrem Brustkorb und ihren Lungen aus. Sie spürte, wie ihr abrupt die Hitze aus dem Gesicht wich.

»Was bedeutet, du musst mich darum bitten?« Ihre Stimme klang angespannt, und sie versuchte, ruhig zu bleiben, aber ihre Hände zitterten, während sie ihren Kaffeebecher umklammerte.

»Per…«

»Du sagtest, du würdest nicht darum bitten, wenn du nicht müsstest«, beharrte sie. Sie hatte es satt, dass er ständig ihren Namen wiederholte. Und sie hatte es satt, wie lange er brauchte, um zum Punkt zu kommen. »Also, warum bittest du mich darum?«

»Es kommt von ganz oben«, antwortete er. »Und es wurde sehr deutlich gemacht, dass du entweder uns deine Story lieferst, oder du verlierst deinen Job.«

»Von ganz oben?«, wiederholte sie und kramte im Kopf nach einem Namen. Dann fiel er ihr ein. »Kal Stavros?«

Kal Stavros war ein Sterblicher. Er war der CEO von Epik Communications, zu der die New Athens News gehörte. Persephone wusste nicht viel über ihn, abgesehen davon, dass er ein Liebling der Boulevardpresse war. Hauptsächlich deshalb, weil er ein schöner Mann war – sein Name bedeutete buchstäblich der zum Schönsten Gekrönte.

»Warum sollte der CEO eine Exklusivstory wollen?«

»Es passiert nicht jeden Tag, dass die Freundin des Gottes der Toten für einen arbeitet«, meinte Demetri. »Alles, was du anfasst, wird zu Gold werden.«

»Dann lass mich über etwas anderes schreiben«, antwortete sie. »Meine Voicemail und mein Posteingang quellen über von potenziellen Storys.«

Das stimmte. Seitdem sie ihren ersten Artikel über Hades veröffentlicht hatte, waren die Nachrichten nur so hereingeströmt. Sie hatte sie gesichtet und in Dateiordner abgelegt, sortiert nach der Gottheit, die jeweils thematisiert und kritisiert wurde. Sie könnte Artikel über sämtliche Olympier schreiben, sogar über ihre Mutter.

»Du kannst etwas anderes schreiben«, antwortete Demetri. »Aber ich fürchte, diese Exklusivstory brauchen wir trotzdem.«