Ab nach Alaska! - Dietrich Bender - E-Book

Ab nach Alaska! E-Book

Dietrich Bender

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Beschreibung

Seit über dreißig Jahren bereisen Dietrich Bender und seine Frau Sigrid fast jedes Jahr den Norden Europas und lassen sich von den großartigen Naturlandschaften Skandinaviens faszinieren: den mächtigen Fjellen, den riesigen Wäldern und der unendlichen Weite Lapplands. Und jedes Mal treffen sie mit Sicherheit irgendwo einen Besserwisser, der ihnen erzählt, dass die Landschaft dort zwar ganz nett ist, aber im Grunde doch nur eine Kleinausgabe von Kanada oder Alaska. Dort sei alles größer, schöner und wilder. Eines Tages hatten die beiden genug davon und machten sich auf, selbst herauszufinden, ob das wirklich so ist. Nach einer ersten Tour durch die Nationalparks im Westen Kanadas lockte sie die Reiselust ein Stück weiter nach Norden, wo das Land noch weiter und die Wälder und Berge noch wilder sind.

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Seitenzahl: 186

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Ab nach Alaska

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Titelfoto: Am Worthington Glacier

 

Band 373 aus der Reihe „FernwehSchmöker”

ISBN EPUB 978-3-86920-373-7, Mobipocket 978-3-86920-374-4 1. Auflage

© BASISWISSEN FÜR DRAUSSEN, DER WEG IST DAS ZIEL und FERNWEHSCHMÖKER sind urheberrechtlich geschützte Reihennamen für Bücher des Conrad Stein Verlags

Dieses OutdoorHandbuch wurde konzipiert und redaktionell erstellt vom Conrad Stein Verlag GmbH, Kiefernstraße 6, 59514 Welver, 023 84/96 39 12, 023 84/96 39 13,[email protected], www.conrad-stein-verlag.de Werden Sie unser Fan: www.facebook.com/outdoorverlage

Text und Fotos: Dietrich BenderLektorat: Amrei RisseLayout: Manuela Dastig

Inhalt

Vorwort

Nach Alaska!

Very important persons

Am Yukon

Yes, we camp!

Canada Day

Die Straße der Bären

Weißkopfseeadler am Chilkoot River

Independence Day in Skagway

Grenzland

Highway to hell

„Do you have bang-bangs?”

Träume werden wahr

Im Prince William Sound

Abendessen mit Bären

Miles and miles and …

Seward

In rauer See

Ich bin zu langsam

Reich werden wir nicht

Countryroads, take me home …

Mehr Alaska

Whitehorse

Zur rechten Zeit am rechten Ort

Die Goldgräberstadt

Über das „Dach der Welt“

Bei den „Hühnern“

Wo sind die Bären?

Wieder im Prince William Sound

Gasalarm

Irgendwo im Nirgendwo

End of the Highway

Am Nordpol

Wo ist der Mt McKinley?

Quer durch das Land

Erdhörnchen statt Bären

Old crows on tour!

Juneau

Tierbilder wie aus Filmen

Am Ende der Reise

Vorwort

Seit über dreißig Jahren bereisen meine Frau Sigrid und ich fast jedes Jahr den Norden Europas und lassen uns von den großartigen Naturlandschaften Skandinaviens faszinieren: den mächtigen Fjellen, den riesigen Wäldern und der unendlichen Weite Lapplands.

Und jedes Mal treffen wir mit Sicherheit irgendwo einen Besserwisser, der uns erzählt, dass die Landschaft hier zwar ganz nett sei, aber im Grunde doch nur eine Kleinausgabe von Kanada oder Alaska. Dort sei alles größer, schöner und wilder.

Eines Tages hatten wir genug davon und machten uns auf, selbst herauszufinden, ob das wirklich so ist.

Nach einer ersten Tour durch die Nationalparks im Westen Kanadas lockte uns die Reiselust ein Stück weiter nach Norden, wo das Land noch weiter und die Wälder und Berge noch wilder sind.

Der Autor und seine Frau Sigrid am Lagerfeuer

 

Nach Alaska!

Goldgräberdenkmal zum Chilkoot Trail

 

Highway

 

Very important persons

Wir schieben unseren Gepäckwagen durch die letzte Eingangstür der Abflughalle C des Frankfurter Flughafens und fühlen uns sofort „very important“. Der Abfertigungsschalter von Condor findet sich keine 30 Meter weiter und ist so gut wie leer.

Nur für Passagiere, die Premium Economy gebucht haben, steht auf dem kleinen Schild darüber. Ein junger Mann, der es dreist mit seiner normalen Economy-Buchung versucht, wird höflich, aber bestimmt weggeschickt. Wir dagegen genießen den Sonderstatus, den wir uns für ein paar Hundert Euro mehr teuer erkauft haben.

Ein erhebendes Erlebnis!

Keine endlose Warteschlange, in der man mühsam Meter um Meter vorrückt, dafür freundliches Personal, das unser Gepäck entgegennimmt und die Bordkarten ausstellt, ohne dass ich mich mit dem elenden Ticketautomaten herumärgern muss. Nur beim dritten Gepäckstück lässt die Freundlichkeit etwas nach. Zwei Taschen oder Koffer seien auf Reisen nach Kanada oder in die USA erlaubt, jedes weitere Gepäckstück müsse extra bezahlt werden. Die dritte Tasche enthält unsere schweren Wanderschuhe. Wollen wir die als Handgepäck weiter herumschleppen?

Sigrid murrt, als sie hört, dass ein zusätzliches Gepäckstück 40 Euro kosten soll, hat aber auch keine große Lust, die Tasche noch über zwei Stunden herumzutragen. Luxus hat seinen Preis.

Dann vertrödeln wir die Zeit in der Einkaufspassage. Zwei Stunden vor dem Abflug werde ich nervös und dränge darauf, die Sicherheitsschleuse zu passieren. Auch Sigrids spitze Bemerkungen über meinen Drang zur Überpünktlichkeit stimmen mich nicht um. Im Abflugbereich gibt es schließlich auch noch Geschäfte, in denen sie einkaufen kann. Der weitläufige Duty-free-Shop bietet eine große Auswahl alkoholischer Getränke an. Für Alaska passt Whisky. Eine große Flasche Bourbon landet im Einkaufskorb.

„Alle Passagiere für den Flug nach Whitehorse werden zum Gate gebeten.“

Eine alarmierende Durchsage, denn sie betrifft uns. Zwei Stunden vor dem Abflug müssen wir schon den letzten Sicherheitscheck machen.

„Siehste, mein Schatz!“

Den Schatz rührt das nicht besonders, er ist eher unmutig darüber, schon jetzt im Bereich des Gates eingesperrt zu sein. Gott sei Dank öffnet wenigstens ein kleiner Laden seine Türen und man kann noch ein wenig shoppen, vor allem neue Getränke kaufen, da uns die alten wie immer alle beim Sicherheitscheck abgenommen wurden. Der Whisky ging nur durch, weil er eingeschweißt war.

„Nicht während des Fluges öffnen“, wurde uns eingeschärft.

Noch nicht einmal betrinken darf man sich, zumindest nicht mit Getränken aus dem Duty-free-Shop.

Es berührt uns aber dann nicht weiter, denn an Bord stellen wir fest, dass wir immer noch VIPs sind. Wir haben nicht nur 15 cm mehr Beinfreiheit, nein, wir bekommen auch einen besseren Bordservice: ein exzellentes Drei-Gänge-Menü, Metallbesteck statt Plastikgabeln und freie alkoholische Getränke.

Ist das schön, „sehr wichtig“ zu sein.

Wir nutzen das Angebot reichlich. Nach drei Bier schlummert es sich gut, und wir haben viel Zeit, die wir verschlummern können. Achteinhalb Stunden soll der Flug dauern.

Das eintönige Dröhnen der Triebwerke ist einschläfernd, ich schließe meine Augen, genieße die Beinfreiheit und irgendwo über dem Atlantik schlafe ich, an das kleine Fenster gelehnt, dann ein.

Als ich wieder wach werde, ist es ruhig geworden im Flugzeug. Wir haben eine servicefreie Zeit, die meisten schlafen jetzt oder schauen den Spielfilm. Unter uns zieht arktische Landschaft dahin. Packeisfelder säumen die unwirtlichen Küsten Nordgrönlands, dahinter schiebt sich die kanadische Inselwelt ins Blickfeld. Die schroffen kahlen Berge von Ellesmereland, deren Gletscher die Täler ausfüllen, ziehen vorbei, weitere Inseln folgen. Irgendwo dort unten liegt der magnetische Nordpol. Es dauert noch eine Zeit, bis wir die Tundra der Northwest Territories erreicht haben. Der mächtige Mackenzie, dessen silbrig schimmerndes Band in weiten Bögen seinen Weg durch die Ebene sucht, bevor er sich in unzähligen Verästelungen zu einem Delta verzweigt, wird überflogen, dann schwenken wir ab nach Süden und die Landschaft verändert sich. Die Täler, in denen reißende Ströme brausen, zeigen mehr Grün, das zunächst nur die Talgründe, später dann auch zunehmend die Hänge überzieht. Die Flüsse bekommen einen Saum aus Buschwerk, das mit der Zeit von Bäumen abgelöst wird, Wälder beginnen die Berghänge zu bedecken, der Schnee zieht sich in die Gipfellagen zurück. Und dann, nach Stunden über der Wildnis, die ersten Anzeichen menschlichen Lebens: eine Landepiste, daneben ein paar Holzhäuser. Erst viel später zeigt sich auch eine Straße, die Besiedlung nimmt zu.

„Fasten seatbelt!“

Der Landeanflug auf Whitehorse beginnt. Endlose Wälder liegen unter uns, der gewundene Lauf des Yukon glänzt zwischen den Hügeln, Häuser huschen vorbei, ein Highway linker Hand, dann setzt der Jet rumpelnd auf.

Wir haben unser Ziel erreicht.

Am Yukon

Im Airport fühle ich mich sofort heimisch, er erinnert sehr an die kleinen Flughäfen in Schweden: Kiruna oder Östersund. Ein modernes Gebäude mit einfacher, aber ansprechender Architektur, das sehr überschaubar ist: Es gibt nur zwei Gates.

Über eine herangefahrene Treppe verlassen wir unseren Flieger und beeilen uns, möglichst als Erste zur Passkontrolle zu kommen. Der kanadische Beamte prüft kurz unsere Pässe - der Direktflug von Frankfurt bringt fast nur Deutsche -, dann will er es wissen:

„Was wollen Sie eigentlich hier?“

Aus seiner Sicht wahrscheinlich eine berechtigte Frage. Was wollen Menschen aus Europa in dieser gottverlassenen Gegend?

Unsere Erklärung, dass wir eine dreiwöchige Tour mit einem Camper machen wollen, stellt ihn zufrieden und wir bekommen den Einreisestempel.

Ich habe nicht die geringste Chance, ein Taxi zu organisieren, denn die größte Nahverkehrsexpertin aller Zeiten bugsiert mich sofort zu dem kostenlosen Shuttlebus, den sie mit ihren Adleraugen auf den ersten Blick entdeckt, als wir das Terminal verlassen. Eine Viertelstunde lang bemüht sich der umtriebige Fahrer noch, weitere Fahrgäste anzulocken, dann geht es los. Breite Straßen bringen uns hinunter in die Downtown, am Best-Western-Hotel werden ein paar Gäste ausgeladen, dann landen wir zu guter Letzt am High-Country-Inn, in dem wir gebucht haben. Ein überdimensionaler Mounty aus Holz wacht vor dem Eingangsportal.

Das Einchecken verläuft problemlos: Man spricht Deutsch. Kein Wunder, ca. 80 Prozent der Gäste sind Deutsche. Das Zimmer ist einfach, aber ordentlich, wir machen uns breit und überlegen, was wir noch unternehmen, denn die Zeitverschiebung muss ausgetrickst werden, und das bedeutet: Noch so lange wie möglich wach bleiben.

Es gibt zwei favorisierte Ziele: ein Lebensmittelladen, denn wir müssen uns zumindest noch mit Getränken versorgen, und der Yukon, das Ziel meiner Träume, das ich heute noch sehen möchte. An der Rezeption erfahren wir, dass beides kombinierbar ist, denn es gibt eine kleine Grocery in der Nähe des Flusses. Die Grocery ist ein enger Gemischtwarenladen, in dem wir alles finden, was wir suchen. Ein paar Schritte noch, dann stehen wir am Ufer des Yukon.

Der Yukon!

Der einzige Weg in der weglosen Wildnis für alle Goldsucher, die über Skagway nach Dawson wollten, in die Goldstadt. Tausende haben ihn im Sommer mit Booten oder Flößen befahren, viele sind in seinen Stromschnellen umgekommen, wenn ihre selbst gebauten Boote in der reißenden Strömung kenterten. Raddampfer brachten auf ihm Fracht und Goldgräber zu den Goldfeldern am Klondike. Im Winter bot er den Hundeschlittengespannen einen breiten Trail.

„To all those who follow their dreams”

MS Klondike

Heute strömt sein kaltblaues Wasser groß und mächtig zwischen den steilen Ufern mit den hohen Abbruchkanten. Abgerutschte weiße Hänge säumen den Fluss. Viele Steilabbrüche des alten Flussbettes prägen das Bild der Stadt, die sie umrahmen. Die gefährlichen Stromschnellen, deren weiße Gischt an die Mähne eines Pferdes erinnert und die der Stadt den Namen verliehen haben, sind längst durch einen Stausee entschärft worden. Ich stehe am Ufer und lasse den Anblick auf mich wirken. Jetzt ist die kleine blaue Linie auf den Atlaskarten für mich endlich zu einer Wirklichkeit geworden.

Eine Weile spazieren wir am Fluss entlang, betrachten die MS Klondike, den restaurierten Raddampfer, den man hier aufgebaut hat, dann treibt uns der Hunger zurück ins Hotel. Wir wollen die Kinder mit einer Mail über unsere Ankunft informieren, denn unser Handy findet kein Netz. Der hiesige Netzbetreiber hat eine Monopolstellung und legt keinen Wert auf ausländische Kunden, erfahren wir. In der Lobby findet sich zum Glück ein öffentlicher Internetzugang. Man braucht Loonies, um ihn in Betrieb zu nehmen, steht auf einem Anschlag.

Was in aller Welt sind „Loonies“?

Kanadische Dollarstücke, erfahren wir an der Rezeption.

„Again what learned!“

Der etwas vornehme, aber steril wirkende Speisesaal ist bis auf die Servicekraft, die uns hoffnungsvoll entgegenblickt, menschenleer. Wir enttäuschen sie, denn direkt im Anschluss führt eine Tür weiter in eine rustikale Bar mit Musik und Goldgräberambiente. Pianogeklimper, Goldwaschpfannen und Bilder vom Goldrausch an den Wänden, man fühlt sich um hundert Jahre zurückversetzt. Dazu passen dann auch der Bisonburger und das Budweiser-Bier. Wir lassen es uns gut gehen, bis die Müdigkeit den Sieg über unseren Vorsatz, so lange wie möglich wach zu bleiben, davonträgt.

Yes, we camp!

Am Morgen warten allerlei Köstlichkeiten auf uns, die wohl zu einem ordentlichen kanadischen Frühstück dazugehören. Fettige Toasts, noch fettigere Pfannkuchen und natürlich Ahornsirup, dazu aber auch Wurst, Marmelade, Speck, Eier und ungetoastetes fettfreies Toastbrot, das aber extra bezahlt werden muss. Wir probieren dies und das, eigentlich ganz ordentlich, damit können wir leben.

Frühstück war nicht in der Übernachtung inbegriffen, also werden wir zur Kasse gebeten. Wir müssen uns erneut an wesentliche Gepflogenheiten der kanadischen Gesellschaft gewöhnen.

Preise sind, anders als in Europa, Nettopreise, Steuer (tax) und 15 Prozent Trinkgeld (tip) kommen immer noch dazu. Darauf muss man auch bei Einkäufen achten, um unliebsame Überraschungen beim Bezahlen zu vermeiden.

Dann macht uns Canadream, unser Wohnmobilverleiher, Angst! Auf Deutsch sogar, denn wegen der vielen deutschen Kunden gibt es hier auch deutschsprachiges Personal.

Mit ernster Miene werden wir belehrt, für was wir alles bezahlen müssen, wenn es kaputtgeht. Danach geraten wir ins Schwitzen bei all den Formularen, die wir ausfüllen sollen. Nach bestem Wissen und Gewissen machen wir allerlei Angaben über uns und unsere Lebensverhältnisse, versichern auf Treu und Glauben, alle notwendigen Führerscheine zu besitzen, und versuchen, uns als absolut kreditwürdig darzustellen. In der Zwischenzeit werden die vorgelegten Dokumente geprüft und fotokopiert. Wir reißen uns zusammen und unterschreiben blind jede Menge Formulare, in der Hoffnung, dass das alles schon seine Richtigkeit haben wird.

Wenn ich das hier überstanden habe, wird das Fahren ein Kinderspiel sein ... Dann folgen weitere Belehrungen aller Art, die wir nur zur Hälfte verstehen, von deren buchstabengetreuer Befolgung aber wahrscheinlich alle Versicherungsleistungen abhängen.

Campingstühle und ein Toaster müssen gesondert bestellt werden, denn sie sind nicht im Preis inbegriffen. Dafür bekommen wir eine Broschüre mit allen RV-Plätzen, auf denen man übernachten kann.

„Was bedeutet RV?“

Erst schaut die deutsche Dame verblüfft - so einen alltäglichen Begriff kennt man doch -, dann verständnisvoll.

„Recreation Vehicle, aber ich habe das am Anfang auch nicht gewusst.“

„Jetzt brauche ich noch Ihre Kreditkarte, und während Sie draußen die Einweisung in das Fahrzeug bekommen, gehe ich damit einkaufen.“

Haha, sehr lustig.

Die Einweisung erfolgt auf Englisch, einer Sprache, derer ich nur beschränkt mächtig bin. Das macht aber nichts, da ich den Fahrzeugtyp kenne. Das Frischwassersystem sollten wir nicht benutzen, nur den Tank, werden wir informiert, es gäbe zu viele Probleme mit dem starkem Wasserdruck der Campingplätze, und wenn dann die Leitungen undicht würden … na, wer wird das wohl bezahlen?

Ich pfeif drauf!

Frischwasser brauchen wir dringend, das Tankwasser ist kein Trinkwasser, und mit dem Druck werde ich schon klarkommen.

Darauf folgen die Abnahme und die Überprüfung auf Beschädigungen. Unser Camper ist nagelneu und weist keinerlei Kratzer auf. Alles, was bei der Endabnahme entdeckt wird, zu der wir den Wagen gründlich waschen müssen, damit man auch die kleinste Schramme entdeckt, geht auf unser Konto und muss … Jaja, wir kennen das jetzt schon.

Zum Schluss bekomme ich meine Kreditkarte wieder, die um eine Kaution von 750 Dollar erleichtert wurde, dann händigt man mir endlich den Autoschlüssel aus.

Die ersten Fahrversuche auf dem großen Platz vor dem Verleiher bringen mir gleich die Sicherheit, dass ich mit dieser Kiste klarkommen werde. Schließlich habe ich so einen Wagen schon einmal drei Wochen lang gefahren. Vorsichtig taste ich mich in den Verkehr des Highways und lasse mich mit dem Fahrzeugstrom hinein nach Whitehorse treiben. Den empfohlenen Supermarkt finden wir nicht, aber die Tankstelle.

Und wie tankt man nun?

In Deutschland eine blöde Frage, in Kanada ein Problem. Es geht nur mit Kreditkarte, aber eigentlich geht es gar nicht. Ich komme mit dieser Tanksäule nicht klar und muss um Hilfe bitten. Im Büro sitzen ein paar Leute herum, eine pakistanische Familie, schätze ich grob, die für das Tanken verantwortlich ist. Auf meine Bitte um Unterstützung hin wird die Frau in der Gruppe mit einem kurzen Wink nach draußen geschickt, wo sie mir freundlich und geduldig erklärt, was ich machen muss, um an das begehrte Benzin zu kommen.

Mit vollem Tank fahren wir über einen Parkplatz, auf dessen Ausdehnung in Deutschland jedes Einkaufszentrum neidisch wäre, ein paar Hundert Meter weiter zu Wal-Mart, um die ersten Einkäufe zu tätigen. Der Laden verstärkt das Gefühl, in einem XXL-Land zu sein. Diese Dimensionen sind wir aus Deutschland nicht gewohnt.

Mit einem übergroßen Einkaufswagen irren wir durch die Hallen an riesigen Regalen mit Paketen in Übergröße vorbei. Für jemanden, der hundert Meilen entfernt in einer Blockhütte lebt und nur zweimal im Monat zum Einkaufen fährt, mag das ja ganz nützlich sein, aber was sollen wir mit fünf Kilo Nudeln oder einem Eimer Eis? Wo sind die Packungen in normaler Größe? Erst nach und nach wird uns klar, dass dies hier eben die normale Größe ist. Deshalb ist ja auch der Einkaufswagen so groß. Sigrid kauft eigentlich gerne ein, aber heute verzweifelt sie. Auf langen Wegen durchforsten wir die Regalreihen, kaufen kiloweise Reis und Nudeln, Würstchendosen, von denen Großfamilien träumen, und Senfgläser, die uns jahrelang reichen würden. Nur den Stromadapter, den wir dringend für unsere Elektrogeräte brauchen, kann ich leider nirgends entdecken. Dafür findet sich an der Kasse ein Sexspielzeug unter unseren Sachen, den irgendein Scherzbold in unserem Wagen platziert hat. Ist das der spezifische Alaska-Humor?

Nach einer Stunde haben wir die wichtigsten Sachen für eine Grundausstattung gefunden. Aber noch können wir Whitehorse nicht verlassen, denn unser „Alkoholproblem“ macht sich bemerkbar. Wir haben nämlich keinen! Das ist ein unhaltbarer Zustand, denn ohne das abendliche Bier fehlen uns wichtige Mineralien und Spurenelemente. Wie soll man da gesund bleiben? Wir fahren einen Liquor Shop in der Stadtmitte an. Eine Kiste Budweiser und eine Flasche Rotwein werden fürs Erste reichen. Am späten Nachmittag verlassen wir die Stadt und suchen den ersten Übernachtungsplatz auf.

Unsere Wahl fällt auf Takhini Hot Springs, einen Platz mit heißen Quellen, der nicht weit von Whitehorse entfernt liegt, denn wir wollen morgen noch einmal in die Stadt, weil Canada Day ist.

Der Klondike Highway bringt uns zu einer Abzweigung, die ein paar Kilometer in die Wälder führt. Vor Takhini sorgt eine Holperschwelle dafür, dass hier niemand ungebremst hineinbraust. Eine ansprechende Beckenanlage mit dampfend heißem Wasser lockt jetzt schon zu einem Bad. Dahinter liegen im Wald versteckt viele Stellplätze für Camper.

An der Rezeption frage ich in schlechtem Englisch nach einem Platz mit „Full Hookup“. Den Ausdruck habe ich mir eingeprägt, denn er bedeutet volle Versorgung mit elektrischem Strom und Frischwasser sowie einem Abwasseranschluss. Mit einer guten Kreditkarte bekommt man alles, auch eine Platznummer mit vollem Programm. Nur das Abwasser muss zentral entsorgt werden. Ich buche uns ein und melde uns gleich für den nächsten Tag für den Besuch der Quellen an.

Ersten Gang einlegen - nein, wieder danebengetreten, es gibt keine Kupplung, nur ein Gaspedal und die Bremse. Bis ich fehlerfrei Automatik fahre, sind wir sicher schon wieder in Deutschland.

Über Kieswege schaukle ich danach den Camper zu Platz 25, einer freien Fläche unter den Bäumen mit Feuerstelle und Sitzgruppe. Als absoluter Luxus findet sich in der Nähe sogar eine saubere Trockentoilette. Außer uns sieht man nur Eichhörnchen, die neugierig aus dem Geäst herunterschauen, die nächsten Camper sind weit entfernt. Das richtige Kontrastprogramm nach unseren Erfahrungen mit der Enge belgischer Plätze im Frühjahr - „wo wir stehen Seit an Seit“.

Hier haben wir Einsamkeit pur.

Ich schließe Strom und Wasser an, Sigrid räumt alle Einkäufe in die Stauräume und schafft Ordnung im Wagen, dann essen wir in der Abendsonne und lassen uns von den Eichhörnchen beäugen, die munter um uns herumturnen. Als es dunkelt, sammle ich trockenes Holz für ein Lagerfeuer. Mit Rotwein und Bier sitzen wir vor den prasselnden Flammen, schauen ins Feuer und genießen die Ruhe und das Gefühl, endgültig angekommen zu sein.

Auch wenn es geografisch nicht ganz korrekt ist: Wir sind in Alaska!

Campground in Takhini Hot Springs

Canada Day

Am Morgen ist es frisch, höchstens noch 10 Grad Außentemperatur, und stark bewölkt. Genau das richtige Wetter für heiße Quellen. Wir frühstücken im Camper, packen dann unsere Badesachen und spazieren zum Pool. Die Dame an der Rezeption ist äußerst zuvorkommend. Sie zieht den Camperrabatt vom Eintrittspreis ab, dann schaut sie uns taxierend an.

„Ist einer von euch vielleicht schon über sechzig?“

Na klar, alle beide!

Ich erkläre ihr fröhlich, dass diese Reise unser Geburtstagsgeschenk ist.

Sie lächelt.

„Dann bekommt ihr noch den Seniorenrabatt.“

Sollen wir uns jetzt über die Geldersparnis freuen oder uns ärgern, dass man uns das Alter langsam ansieht? Wir beschließen, es locker zu nehmen, besonders, da sich die Rezeptionistin gleich wortreich entschuldigt: Heutzutage sehe man es den Menschen nicht gleich an, wenn sie über sechzig seien. Das versöhnt uns wieder ein wenig.

Da sie im Moment nicht viel zu tun hat, plaudern wir noch etwas. Eine halbe Stunde unterhalte ich mich mit ihr über Gott und die Welt. Soll doch mal einer sagen, ich könnte mich im englischsprachigen Ausland nicht verständigen. Es geht völlig problemlos, besonders, als sich herausstellt, dass die Dame aus Malmö stammt und fließend Schwedisch spricht.

Nach der warmen Dusche klatscht die nasse Badehose unangenehm kalt an meine Beine, als ich nach draußen gehe. Der Wind lässt mich frösteln. Schnell verstaue ich den Rucksack auf einem der Stühle am Beckenrand, dann nichts wie hinein ins Wasser.

Es ist ein Traum!

Warmes Wasser mit Badewannentemperatur!

Schon beim Hineinsteigen über die kleine Treppe entspannt sich mein Körper total. Sigrid gesellt sich dazu. Wir lassen uns gemeinsam im Wasser treiben und genießen die Wärme. Zarte weiße Nebel schweben über der Wasseroberfläche und verschleiern den Blick auf den Wald, bis sie mit dem Wind davontreiben. Außer uns planscht nur noch eine deutsche Familie im Wasser. Nach einer Viertelstunde testen wir das zweite Becken, in das man durch eine kleine Schwingtür gelangt. Aus sechs Rohren strömt heißes Mineralwasser in den Pool. Kein strenger Schwefelgeruch wie etwa bei der Therme in Banff verleidet das Baden. Im zweiten Becken liegt die Temperatur weit über 40 Grad, wir bleiben nur kurz, um den Kreislauf nicht übermäßig zu belasten. Nach einer Stunde verlassen wir die Quellen wieder, schließlich wartet der Canada Day noch auf uns.

Selbst am Nationalfeiertag haben die Geschäfte geöffnet. Heute finden wir auch einen kleineren Supermarkt und können unsere Lebensmittelvorräte durch Portionen ergänzen, die unterhalb der XXL-Grenze liegen. Auch den Adapter treibe ich in einer Elektrohandlung auf. Jetzt sind wir in der Lage, das Handy und den Fotoapparat wieder aufzuladen, und Sigrid kann ihren Fön nutzen.

Beim Canada Day herrscht großer Trubel

Mounties in ihren roten Paradeuniformen