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Im vierten Band der Abenteuer Kerguelenland erfahren wir von der abenteuerlichen Fahr Werner Seiferts und Heinrich Wends mit dem U-Boot durch das Rote Meer zur Heard-Insel und ihrer Suche nach dem vermissten Bruder. Dann führt sie ein unterirdischer Weg in ein geheimnisvolles Land. Wieder ein herrlich nostalgisches Abenteuer von W. Belka für Junge und jung Gebliebene.
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Veröffentlichungsjahr: 2013
Schmökerkiste – Band
W. Belka- Auf dunklem Pfade
Abenteuer Kerguelenland, Teil 4
1. eBook-Auflage – Dezember2013
© vss-verlag Hermann Schladt
Titelbild: Armin Bappert unter Verwendung des Originalcovers der Vorkriegsserie
Lektorat: Hermann Schladt
Auf dunklem Pfade.
W. Belka.
Eine Juninacht, drückend schwül. Am Himmel dichtes Gewölk, über das zuweilen ein heller Schein hinlief von einem Wetterleuchten, das am westlichen Horizont aufzuckte, verschwand, abermals erschien, wieder erlosch – in immer kürzeren Zwischenräumen.
„Das Gewitter wird bald über dem Kanal stehen,“ sagte ein in einen dunklen Leinenanzug gekleideter Mann zu einem Knaben, der dicht vor ihm auf dem etwa ein Meter hohen Turm eines kleinen Unterseebootes saß, während er selbst in der geöffneten Turmluke stand und das Steuer bediente.
Heinrich Wend, ein schlanker Bursche mit dunkel gebräuntem Gesicht, schob den breitkrempigen weichen Ölhut noch mehr ins Genick und erwiderte: „Mag’s doch, Herr Seiffert. Was kann es uns anhaben?!“ Und nach kurzer Pause fügte er sehr lebhaft hinzu: „Ah – da vor uns taucht eine Menge weißer Punkte auf. Das muss die Stadt Suez sein.“
„Freilich, mein Junge. Sie ist’s. Ich werde jetzt mehr die Mitte der Fahrrinne halten. Sehr bald dürften die ersten ankernden Schiffe in Sicht kommen. Es ist nicht gerade nötig, dass man uns bemerkt. Nach dem kleinen Abenteuer im Mittelmeer wollen wir doch etwas vorsichtiger sein.“
Die elektrischen Uferlampen des Kanals spiegelten sich in dem unbewegten Wasser in langen Reflexen wider. Ihr Licht hätte genügt, vom Lande her das U-Boot trotz seiner geringen Bordhöhe erkennen zu lassen. Aber niemand von den Kanalbeamten, die um diese Stunde vor Mitternacht noch tätig waren, achtete auf den schwarzen Schatten, der lautlos mit einer überraschenden Schnelligkeit dahinglitt, hinter sich einen Schwall nachziehend, der zuweilen sogar die Rückseite des runden Turmes umplätscherte.
Das Lichtmeer der Hafenanlagen von Suez löste sich in einzelne Reihen von leuchtenden Punkten auf, deutete an, wo die Lagerschuppen der großen Handelsfirmen und die Baulichkeiten der Kanalverwaltung sich befanden. Dann tauchten vor dem kleinen U-Boote halb rechts mehrere niedrige riesige Schiffskolosse auf, denen der Kundige schon von weitem die Kriegsfahrzeuge ansah. Es waren fünf große Kreuzer der englischen Auslandsflotte, die nach mehrjährigem Dienst im Indischen Ozean auf der Heimreise begriffen waren.
Seit gestern Abend hatte man die Zahl der Wachen auf den Kreuzern verdoppelt und besonders für die Nacht Leute bestimmt, die vorzügliche Augen besaßen. Die Veranlassung zu dieser im Frieden recht ungewöhnlichen Maßnahme war ein Funkspruch gewesen, den ein im Mittelmeer stationierter Torpedojäger, der „Lord Wawerley“, auch den fünf Kreuzern übermittelt hatte: „Vor einer Stunde wurde etwa 100 Seemeilen nördlich von Alexandria ein etwa 12 Meter langes U-Boot gesichtet und angerufen, das, als es keine Flagge zeigte, durch einen vor den Bug gefeuerten scharfen Schuss zum Stoppen aufgefordert wurde, diesem Befehl jedoch nicht nachkam, sondern mit verblüffender Geschwindigkeit über Wasser nach Osten jagte. Die Verfolgung musste sehr bald aufgegeben werden. Das auf das Boot abgegebene Artilleriefeuer hatte lediglich den Erfolg, dass die Besatzung vom Turm aus zum Hohn offenbar eine rote Flagge schwenkte. Da wir angewiesen sind, die Entwicklung der U-Bootwaffe bei den fremden Marinen auf das sorgfältigste im Auge zu behalten und kein Mittel zu scheuen, uns über Fortschritte auf diesem Gebiet zu informieren, gebe ich diesen Funkspruch aus. – Kapitän Weatcoll.“
Auf dem Kreuzer Medusa, der der Fahrrinne des Kanals am nächsten ankerte, meldete ein Matrose plötzlich dem Wachthabenden ein eigentümlich geformtes Fahrzeug, das soeben in Höhe des Geschwaders vorüber glitt. – Wie durch einen Zauberspruch flammten da auf den fünf Kriegsschiffen gleichzeitig die Scheinwerfer auf. Blendend weiße Strahlenkegel huschten über die Wasseroberfläche hin, vereinigten sich dann auf einem Punkt und ließen das kleine U-Boot nicht mehr los.
„Vedammt,“ fluchte der Chemiker Werner Seiffert leise, als diese unerwünschte Lichtflut sein Fahrzeug umspielte. „Junge, das ist die Folge unserer Begegnung mit dem englischen Torpedojäger, glaub’ mir! – Eine nette Überraschung! Da heißt’s auskneifen, sonst –
Ein scharfer Knall zerriss die Luft. Und dicht vor dem dahin schießenden „Delphin“, – so hatte Seiffert sein Boot getauft, das seine ureigenste Erfindung war, schlug ein Geschoss ins Wasser und warf eine haushohe Fontäne auf.
Der Chemiker trat auf der eisernen Treppe, die in den Turm hinabführte, zwei Stufen niedriger, beugte sich über das Schaltbrett mit all seinen Hebeln, Schrauben und Rädern und schob den Zeiger der Maschinensteuerung auf die Höchstgeschwindigkeit. Sofort begannen auch die beiden Seitenschrauben des U-Bootes, die in Vertiefungen des Bodens am Heck lagen, zu arbeiten. Es schien, als mache das kleine Fahrzeug jetzt einen förmlichen Satz nach vorwärts. Gleichzeitig gab Seiffert dem kleinen Steuerrad, das hoch genug im Turm angebracht war, um es auch mit halbem Oberkörper über der Luke bedienen zu können, eine Drehung nach links, so dass der Delphin seinen Kurs änderte und in kurzem Bogen auf das jenseitige Kanalufer zulief, wo ein paar hochbordige Frachtdampfer regungslos ankerten.Hinter dem vordersten dieser Schiff verschwand der Delphin, bevor die Scheinwerfer das durch ein so einfaches Manöver ihnen entschlüpfte Boot wieder gefunden hatten.
Im Schutze des Frachtdampfers wurden dann die Wasserballasttanks des Delphins so weit voll geflutet, dass der Turm nur noch halb über die Oberfläche hinausragte. So schlich das U-Boot nun vorsichtig näher an das Ufer heran und folgte diesem mit halber Fahrt, um nicht etwa auf Grund zu geraten, obwohl für ein Fahrzeug von so geringem Tiefgang etwas derartiges kaum zu befürchten war.