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Das Abenteuer Kerguelenland geht im fünften Band weiter mit den Begebenheiten auf der Fahrt des niederträchtigen Schurken August Wend und seiner Kumpane zu den antarktischen Inseln. Verrat und Heimtücke prägen dabei das Geschehen. Weiterhin erfahren wir, wie die drei Freund Werner Seifert, Heinrich Wend und Richard Kräwel ihre Suche nach den Vermissten in dem geheimnisvollen Land, das sie am Ende ihrer Höhlenwanderung erreicht haben fortsetzen. Haben Peter Strupp und Karl Wend hier überlebt und werden sie die beiden finden können? Wieder ein herrlich nostalgisches Abenteuer von W. Belka für Junge und jung Gebliebene.
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Veröffentlichungsjahr: 2014
Schmökerkiste – Band 7
Walter Belka- Die Meuterer der Frigga
Abenteuer Kerguelenland, Teil 5
1. eBook-Auflage – Januar 2014
© vss-verlag Hermann Schladt
Titelbild: Armin Bappert unter Verwendung des Originalcovers der Vorkriegsserie
Lektorat: Hermann Schladt
Die Meuterer der Frigga.
Walter Belka.
Lockende Pläne.
Den Herrn Steuermann August Wend kannte in Heilmünde, der kleinen Hafenstadt an der Ostsee, jedes Kind. Wenn er sich in dem Vorgarten seines kleinen Häuschens draußen in der Vorstadt mit seinen Rosenstöcken beschäftigte, rief er den vorübergehenden Buben oder Mädchen stets einen freundlichen Gruß oder ein paar Scherzworte zu. Trotzdem liebte die Heilmünder Jugend den riesigen, breitschultrigen Mann nicht, in dessen gebräuntem Gesicht unter buschigen Augenbrauen ein Paar dunkle Augen mit unstetem, meist finsterem Blick tief in ihren Höhlen lagen und ein breiter Mund mit schmalen, grausamen Lippen ebenso sehr die harmlose Freundlichkeit des früheren Seemanns und jetzigen Rentners Lügen straften.
Die Kinder hatten ein sehr richtiges Gefühl für August Wends wahre Charaktereigenschaften. Er war nicht so, wie er gern scheinen mochte. Die ganze Stadt wusste nur zu gut, dass er seinen Neffen Heinrich, der nach dem Tode seiner Eltern notgedrungen bei ihm ein Unterkommen hatte suchen müssen, allzu streng und ohne jede Liebe erzog. Als daher der verschüchterte Junge, der erst vor kurzem zu einem Kaufmann in die Lehre gegeben worden war, eines Tages im Juni 1899 spurlos verschwand, hätten die Heilmünder dieses Ereignis sicherlich sehr lange nach allen Richtungen hin durchgesprochen und allerlei Mutmaßungen darüber angestellt, wenn nicht zu derselben Zeit ein anderes Vorkommnis die Gemüter der Einwohner weit mehr in Aufregung versetzt haben würde. Eines Nachts waren nämlich auf einer kleinen, in dem ausgedehnten Hafen liegenden Insel die sämtlichen Baulichkeiten des dort ansässigen Chemikers Werner Seiffert, einer etwas geheimnisvollen Persönlichkeit, durch eine Explosion von Sprengstoffen, die, wie man annahm, der Chemiker zu Versuchszwecken hergestellt hatte, in die Luft geflogen. Von den Gebäuden, von dem Garten und der Bootsanlegestelle war nichts als ein wüster Trümmerhaufen übrig geblieben; ja sogar das Erdreich zeigte sich weithin derart aufgeworfen und aufgewühlt, dass der Platz kaum noch ahnen ließ, wo das Wohnhaus und die Stallungen gestanden hatten. Von Werner Seifferts Leiche war auch nicht eine Spur beim Durchsuchen der Trümmerhaufen gefunden worden. All das gab der Phantasie weiten Spielraum, und die Heilmünder erörterten dieses Geschehnis denn auch mit einem Eifer, der noch dadurch weiterhin angeregt wurde, dass dieser oder jener jetzt mit allerhand Beobachtungen herausrückte, die er über das Tun und Treiben des einsamen Mannes gemacht haben wollte.
Einige behaupteten auch, Heinrich Wend, der Neffe des Steuermanns, sei gleichzeitig mit dem Chemiker bei der Katastrophe umgekommen, indem sie darauf hinwiesen, dass der Junge als einziger aus Heilmünde die Ehre genossen habe, mit dem sonst menschenscheuen Chemiker befreundet gewesen zu sein.
Der Steuermann selbst hatte sich zu dieser Frage nur seiner Wirtschafterin gegenüber dahin geäußert, sein Neffe sei wahrscheinlich auf und davon gegangen, weil er bei dem Kaufmann Mulack allerlei kleinere Unredlichkeiten sich habe zuschulden kommen lassen, die nachher freilich ein anderer Lehrling auf seine Kappe genommen hätte, die aber doch wohl zum Teil auf Heinrichs Konto zu setzen wären. Die Wirtschafterin hatte dies dann jedem erzählt, der es hören wollte, und noch stets hinzugefügt, ihr guter Herr, der doch die Rosen so liebe, sei bereits nach Hamburg abgereist, da er vermute, dass sein ungeratener Neffe sich dorthin gewandt habe, um vielleicht weiter nach Amerika „durchzubrennen“, – dieser ungeratene Junge, der stets nur Bescheidenheit und Unterwürfigkeit geheuchelt habe, in Wirklichkeit aber ein „ganz Schlimmer“ gewesen sei.
Niemand hatte Veranlassung, daran zu zweifeln, dass der Steuermann tatsächlich lediglich deshalb schon am zweiten Tage nach dem Verschwinden des Knaben die Stadt verlassen habe, um seinen Neffen zurückzuholen. Gewiss – August Wend war auch nach Hamburg gefahren, jedoch zu einem ganz anderen Zweck. Dieser Zweck hing mit Heinrich Wend und auch mit der Katastrophe auf der Hafeninsel insofern zusammen, als der Steuermann alle Ursache hatte anzunehmen, dass der Chemiker und sein Neffe, nachdem sie sich in sein Tagebuch Einblick verschafft hatten, gemeinsam in aller Heimlichkeit abgereist wären, um Karl Wend, Heinrichs älteren Bruder, und zwei Matrosen des angeblich verschollenen Dampfers Najade zu retten, die von ihm bereits vor vier Jahren auf der im südlichsten Teile des Indischen Ozeans gelegenen Heard-Insel ausgesetzt worden waren.
Es war also keineswegs die Sorge um seinen Neffen, die den Steuermann nach Hamburg getrieben hatte, sondern vielmehr die Furcht vor einer Aufdeckung eines der schändlichsten Seeverbrechen, das je begangen worden war.. Und dieses Verbrechen hatte der so harmlos tuende August Wend seiner Zeit lediglich geplant und ausgeführt, damit er die Goldbarren, die mit zur Ladung der Najade gehörten, in seinen Besitz brächte.
August Wend war kaum in Hamburg, das er sehr gut kannte, angelangt, als er auch schon die Suche nach einer kleinen, seetüchtigen Dampf- oder Motorjacht begann, die er für einige Monate mieten wollte. Er fand auch das Gewünschte, hatte sogar das Glück, zu billigem Preise von einem reichen Kaufherrn, der ihm von früher her verpflichtet war, ein sehr schnelles Motorfahrzeug zu erhalten, dessen aus fünf Mann bestehende bisherige Besatzung er dann entließ, da er nur Leute auf dieser Fahrt mitnehmen konnte, die genau wie er keine Scheu hatten, für Gold jedes Gesetz jeder Zeit zu übertreten.