«Aber alle haben ein Smartphone!» - Elisabeth Koblitz - E-Book

«Aber alle haben ein Smartphone!» E-Book

Elisabeth Koblitz

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Beschreibung

Wer dieses Buch gelesen hat, weiß, was es im Umgang mit Social Media, Smartphones und KI zu beachten gilt. Ab wann soll mein Kind ein Smartphone bekommen? Wie viel Medienzeit ist angemessen? Welche Apps soll ich erlauben? Welchen Gefahren ist mein Kind im Netz ausgesetzt? Diese Fragen bewegen Familien tagtäglich; gleichzeitig ist eine Welt ohne Smartphone, Social Media und KI nicht mehr denkbar. Elisabeth Koblitz wirft einen Blick auf die Herausforderungen, vor denen Familien in einer digitalen Welt stehen, und vermittelt lebensnahe Ansätze und fundierte Strategien für den bewussten Umgang mit digitalen Medien. Als erfahrene Journalistin und Mutter von drei Kindern geht sie der Frage nach, wie man Digital Natives im Umgang mit Smartphones begleitet, ohne in Extreme zu verfallen. Sie interviewt dafür Psycholog:innen, Cyberkriminolog:innen, Medienpädagog:innen und die, um die es geht: die Kinder selbst. 

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 289

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Elisabeth Koblitz

«Aber alle haben ein Smartphone!»

So begleiten wir unsere Kinder entspannt und sicher im Umgang mit Handy, Social Media und Co

 

 

 

Über dieses Buch

Ab wann soll mein Kind ein Smartphone bekommen? 

Wie viel Medienzeit ist angemessen? Welche Apps soll ich erlauben? Welchen Gefahren ist mein Kind im Netz ausgesetzt? Diese Fragen bewegen Familien täglich; gleichzeitig ist eine Welt ohne Smartphone, Social Media und KI nicht mehr denkbar. Viele Eltern sind verunsichert.

Elisabeth Koblitz wirft einen Blick auf die Herausforderungen, vor denen Familien in unserer digitalen Welt stehen, und vermittelt alltagstaugliche Ansätze für den bewussten Umgang mit Social Media und Co. Die erfahrene Journalistin und Mutter von drei Kindern zeigt, wie man Digital Natives im Umgang mit Smartphones begleitet, und beantwortet die wichtigsten Fragen, die Eltern in diesem Zusammenhang bewegen. Sie interviewt dafür Psycholog:innen, Cyberkriminolog:innen, Medienpädagog:innen und die, um die es geht: die Kinder selbst.

Vita

Elisabeth Koblitz ist Journalistin, Gründerin und Newsfluencerin. Seit 2016 berichtet sie auf ihrem Instagram-Kanal @elisabeth.koblitz über gesellschaftliche und politische Themen und verbindet Familienthemen und Politik. 2023 hat Elisabeth Koblitz das NEWSiversum gegründet – Deutschlands erste News-Plattform speziell für Frauen. Inzwischen umfasst ihre Community über 140000 Follower:innen. Von 2014 bis 2020 hat die multimedial ausgebildete Journalistin in Washington gelebt und als Freelance-Producerin für das ZDF gearbeitet. Heute lebt die Autorin mit ihrer Familie in Hamburg.

Impressum

Veröffentlicht im Rowohlt Verlag, Hamburg, Juli 2025

Copyright © 2025 by Rowohlt Verlag GmbH, Hamburg

Illustrationen Judith Mattes-Schneider

Covergestaltung zero-media.net, München

Coverabbildung Mareike Klindworth

ISBN 978-3-644-02422-9

 

Schrift Droid Serif Copyright © 2007 by Google Corporation

Schrift Open Sans Copyright © by Steve Matteson, Ascender Corp

 

Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt, jede Verwertung bedarf der Genehmigung des Verlages.

 

Die Nutzung unserer Werke für Text- und Data-Mining im Sinne von § 44b UrhG behalten wir uns explizit vor.

Hinweise des Verlags

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Alle angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Printausgabe.

 

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www.rowohlt.de

Einleitung: Warum dieses Buch?

Wenn ich mir die Welt malen könnte, in der meine Kinder idealerweise aufwachsen sollten, wäre es eine ohne Kriege und Leid – aber auch eine ohne Smartphones und Social Media. Klingt das hart? Vielleicht. Aber es ist ehrlich. Dass ich so fühle, mag daran liegen, dass ich Journalistin bin und seit 2016, kurz nach der Geburt meines ersten Kindes, auf Social Media, vor allem Instagram, über tagesaktuelle politische Themen berichte und Hintergründe recherchiere. Ich setze mich also häufig mit den düsteren, den grauenhaften Seiten des Weltgeschehens auseinander. Mein Smartphone ist mein Arbeitsgerät, Social Media mein vertrauter Heimathafen, in dem ich berufsbedingt täglich viele Stunden verbringe. Ich sehe, was dort alles passiert – das Inspirierende, das Kreative, aber auch das Hässliche, Verstörende oder gar Gefährliche.

Als ich Mutter wurde, bekam ich Angst. Ich empfand nicht nur ein latentes Unwohlsein, sondern eine echte, tiefe Unsicherheit. Ich konnte mir nicht vorstellen, meinem Kind eines Tages dieses kleine Gerät in die Hand zu drücken, das wie ein Tor zur Welt ist – das den neugierigen Netzeinsteiger mit schier unendlichen Möglichkeiten lockt und ihn gleichzeitig finsteren Abgründen und höllischen Gefahren aussetzt. Wie soll es mein Kind verkraften, dass es mit nur wenigen Klicks auf dem Handy gleich mit der ganzen Welt konfrontiert wird?

Mit meiner Angst bin ich nicht allein. Denn wir sind die erste Generation von Eltern, die Kinder in einer Welt von Smartphones, TikTok-Challenges und Beauty-Filtern großziehen; eine Welt, die wir selbst erst als Erwachsene kennengelernt haben. Wir mussten selbst erst mal lernen, wie ein gesunder Umgang mit Social Media und Smartphones aussieht. Und seien wir ehrlich: Viele von uns tun sich durchaus damit schwer, die Handys auch mal aus der Hand zu legen.

Wie sollen wir also wissen, wie wir unsere kleinen «Digital Na-tives» verantwortungsvoll fit machen fürs Smartphone und alles, was damit verbunden ist? Es sind nicht nur meine persönlichen Erfahrungen und Beobachtungen nach fast zehn Jahren intensiver Auseinandersetzung mit Social Media, die meine Sorgen verstärkten. Es sind auch die Gespräche mit verunsicherten Eltern aus meinem Umfeld und öffentlich diskutierte Horrorgeschichten.

Eine Bekannte, wie ich Mutter von drei Kindern, sagte mir vor zwei Jahren: «Versuch das bloß so lange wie möglich hinauszuzögern. Wenn du deinem Kind ein Handy gibst, ist seine Kindheit vorbei.»

Ihre Teenager-Kinder haben längst Smartphones. Und was hat sich verändert? Die Konflikte. Früher drehten sich die Streitigkeiten meist um die üblichen Themen: Hausaufgaben, Zimmer aufräumen oder rechtzeitig ins Bett gehen. Heute eskaliert der Streit eher wegen Bildschirmzeiten, WhatsApp-Gruppen und TikTok-Trends. «Diese Dinger sind wie eine Droge für die Kinder», sagte mir meine Bekannte und klang resigniert dabei.

Mit mulmigem Gefühl im Bauch drückt man seinem Kind also ein Smartphone in die Hand, ohne genau zu wissen, was das eigentlich konkret bedeutet: Wir haben es uns, bewusst oder unbewusst, gemütlich gemacht in unserer Unwissenheit – oder doch zumindest darin eingerichtet. Während meiner monatelangen Recherchen für dieses Buch hörte ich viele abschreckende und alarmierende Geschichten aus dem Alltag mit Kindern: Über zwei Grundschülerinnen, die sich gegenseitig brutal würgten, bis eine bewusstlos war – «inspiriert» von einer TikTok-Challenge. Über einen 12-Jährigen, bei dem sich durch unkontrollierten Zugang zu Pornografie eine Sucht entwickelte. Von einem Jungen, der tief in die Depression abrutschte und im Rahmen seiner Therapie sagte, dass die sozialen Medien die Depression definitiv verstärkt hätten: «Ich dachte, die ganze Welt ist traurig. Alles ist aussichtslos.» Ich hörte die Geschichte von einem Mädchen, das zehn Jahre lang Opfer von Cybermobbing war. Mit 14 bekam sie ihr erstes Dickpic («Penisbild») aufs Handy geschickt. Heute, mit 25, sagt sie: «Ich habe 700 davon bekommen.»

Angesichts all dieser Geschichten fühlte ich mich komplett überfordert, alleingelassen, hilflos. Und was machen wir, wenn wir mit einem Thema überfordert sind?

Die einen fallen in eine Art Schockstarre, verteufeln die digitale Welt und fordern strikte Verbote. Die anderen lassen es einfach laufen – nicht unbedingt weil sie die Gefahr nicht sehen, sondern weil sie nicht wissen, wie sie damit umgehen sollen, und irgendwann einfach aufgegeben haben. Wieder anderen fehlen einfach Kraft, Zeit und Ressourcen, sich neben all den anderen Alltagssorgen auch noch mit diesem Thema auseinanderzusetzen. So geben viele dem «Aber alle haben ein Smartphone!»-Quengeln ihrer Sprösslinge früher oder später entnervt nach.

Als 2024 das Buch «Generation Angst» von Jonathan Haidt auf den Markt kam, war das für viele Eltern ein Weckruf. Der US-Psychologe beschreibt darin eindringlich und schonungslos, wie gefährlich Smartphones für die Entwicklung unserer Kinder sind. Seine These: Die Generation, die mit Smartphones und Social Media aufwächst, erlebt eine dramatische Zunahme psychischer Erkrankungen. Depressionen, Angststörungen, Selbstverletzungen, Einsamkeit, Suizide – all das habe seit dem globalen Siegeszug von Smartphones massiv zugenommen. Die Gehirne der Kinder und Jugendlichen würden regelrecht neu verdrahtet. Er spricht in diesem Zusammenhang vom Ende der spielbasierten Kindheit, die von einer smartphonebasierten Kindheit abgelöst worden sei.

Das düstere Bild, das Haidt zeichnet, bestätigte meine schlimmsten Befürchtungen. So ging es auch anderen Eltern. Eine Bekannte sagte mir: «Ich habe das Buch gekauft, angefangen zu lesen – und musste es wieder aus der Hand legen, ich habe richtig Panik bekommen!»

Ich fragte mich: Ist wirklich alles verloren? Sind unsere Kinder wirklich nicht zu retten vor den Gefahren der digitalen Welt? Und: Können wir Eltern nicht doch etwas tun?

Ich wollte Antworten. Also habe ich mich auf eine Reise begeben, in die Welt der Wissenschaft, der Psychologie, der Bildung. Ich habe etliche Schulen und viele Familien in Deutschland besucht, mich aber auch bei unseren europäischen Nachbarn umgeschaut. Was ich dabei gelernt habe, hat nicht nur meinen Horizont erweitert, sondern auch meine Perspektive verändert. Und neue Hoffnung geweckt.

Gewiss, es gibt ernsthafte Probleme – die werden in diesem Buch sehr deutlich. Es geht kein Weg daran vorbei: Wir müssen uns mit ihnen befassen. Aber es ist nicht alles düster und aussichtslos: Es gibt auch ermutigende Geschichten und inspirierende Erfahrungen.

Mir war wichtig, für dieses Buch nicht nur mit erwachsenen Expert:innen zu sprechen, sondern auch mit den wahren Expert:innen bei diesem Thema: den Kindern und Jugendlichen selbst. Dabei habe ich mich entschieden, allen Minderjährigen, die in diesem Buch auftauchen, geänderte Vornamen zu geben. So kann ich ihre Erlebnisse, Gedanken und Erfahrungen eins zu eins wiedergeben, aber gleichzeitig ihre Identität schützen.

Für dich ist dieses Buch etwas, wenn du dich

… genau wie ich einst beim Thema «Smartphone ja oder nein?» unsicher oder überfordert fühlst. Ich möchte dir diese Sorgen ein Stück weit nehmen und dir helfen, Sicherheit und damit auch Gelassenheit zu gewinnen.

… mit den Gefahren der digitalen Realität der Kinder und Jugendlichen von heute noch nicht auseinandergesetzt (oder das Thema bisher erfolgreich verdrängt) hast. Ich lade dich ein, dir hier eine Schippe wertvollen Wissens mitzunehmen: kompakt, klar und leicht verständlich aufbereitet.

Denn nur wer über ein Thema Bescheid weiß, kann auf dieser Basis die Entscheidungen treffen, die für die eigene Familie und das eigene Kind die besten sind. Ich glaube, es ist Zeit für einen unaufgeregten, nüchternen und differenzierten Blick ohne moralischen Zeigefinger.

Was ich bei meiner Recherche gelernt habe: Oft treffen scheinbar gegensätzliche Ansichten gleichzeitig zu. Ja, Social-Media-Nutzung kann sehr schaden. Aber sie kann eben auch äußerst bereichern. Ja, zu intensiver und zu früher Bildschirm- und Handykonsum ist für die Entwicklung unserer Kinder gefährlich. Dennoch ist das generelle Verbannen aller digitalen Geräte offensichtlich auch keine Lösung.

Wie also finden wir ihn, unseren ganz persönlichen Weg durch die digitale Welt? Dieses Buch soll dir als Kompass dienen, als verlässliche Orientierungshilfe. Ich will dir dabei aber keine unrealistischen Regeln aufdrängen, die sich im Alltag mit Kindern dann ohnehin kaum durchhalten lassen. Ich möchte dir stattdessen Leitplanken und Strategien an die Hand geben, mit denen du und dein Kind gut vorbereitet seid und deshalb entspannt und sicher durch die digitale Welt navigieren könnt.

Das Buch ist in drei Teile aufgeteilt:

Im ersten Teil erfährst du, wie sich Smartphones und Social Media auf unsere Kinder auswirken und welche möglichen Folgen für ihre Gesundheit bestehen. Ich habe für diesen Teil mit Expert:innen gesprochen, wissenschaftliche Studien ausgewertet und zeige dir leicht nachvollziehbar, was die Forschung bereits weiß – und wo es noch Lücken gibt.

Im zweiten Teil schauen wir auf ausgewählte Schulen und Familien, die bereits konkrete Wege gefunden haben, mit der digitalen Welt umzugehen. Wir werfen einen Blick nach Dänemark, wo der übermäßige Einsatz von Digitalität inzwischen kritisch hinterfragt wird, und in eine irische Stadt, in der Kinder unter 13 Jahren keine Smartphones nutzen.

Im dritten Teil wird es schließlich ganz praktisch: Ich beantworte die meistgestellten Fragen zum Thema, und du bekommst konkrete Tipps, wie du dein Kind begleiten kannst – von den ersten Grundregeln bis hin zu aufklärenden Gesprächen über Gefahren wie Cybergrooming und -mobbing.

Mein Buch soll dir Sicherheit geben, souveräne Entscheidungen zu treffen, und deinem Kind eine digitale Zukunft ermöglichen, die es beflügelt, statt es zu belasten. Denn eines habe ich auf dieser Reise gelernt:

Wir Eltern sind alles andere als machtlos.

Teil 1 Digitale Geräte oder: Die ganze Welt in der Hosentasche

The Good

Vieles in unserem Erwachsenenalltag wurde durch Smartphones und Tablets einfacher: Wir können auch nach Ladenschluss noch einkaufen, wir finden Rezepte und Reparaturanleitungen im Netz, wir können uns schnell und in Echtzeit mit anderen Menschen selbst über Tausende Kilometer hinweg austauschen und vernetzen, wir erledigen Bankgeschäfte vom heimischen Sofa aus und können online Sprachen lernen. Und das gilt auch ganz allgemein für das digitale Zeitalter: Natürlich gibt es Ausnahmen, doch global gesehen war es dank des Internets noch nie so leicht und kostengünstig, auf eine immense Menge wertvolles Wissen zuzugreifen und sich dank schier unendlicher Möglichkeiten von Nachrichten-Apps bis Social Media überall und jederzeit schnell zu informieren.

Unsere drei Kinder sind in den USA geboren, haben ihre ersten Lebensjahre in Washington, D.C., verbracht. Wir waren also weit weg von Familie, Freund:innen und Bekannten.

Umso dankbarer war ich, dass es Facetime und Zoom, WhatsApp und iMessage gab. So konnten die Verwandten die Kleinen, wenn schon nicht persönlich, dann doch wenigstens per Videocall regelmäßig sehen, mit ihnen sprechen und manchmal sogar mit ihnen singen oder Quatsch machen. Ich bin davon überzeugt, dass meine Kinder genau deshalb die Vertrautheit mit Oma und Opa, den Onkels und den Patentanten entwickeln konnten.

Inspiration und Kreativität

Unsere Art der Kommunikation hat sich durch das digitale Zeitalter wirklich revolutioniert. Ich weiß, keiner von uns denkt gern an die Pandemie zurück. Aber stell dir mal vor, sie wäre vor 20 Jahren über uns hereingebrochen! Das wäre wirklich noch mal eine Nummer schrecklicher gewesen!

So konnte man wenigstens Freunde und Verwandte, die sich tagelang isolieren mussten, per Videoanruf sehen und sprechen, viele von uns wechselten von heute auf morgen ins Homeoffice (auch so ein Begriff, der es durch die Pandemie in unseren alltäglichen Sprachgebrauch geschafft hat) und konnten von daheim arbeiten. Wer wollte, bestellte eine Pizza vom Lieblingsitaliener per App, lauschte auf Instagram Live-Talks oder vertrieb sich mit TikTok-Tänzen die Zeit. Und viele tun dies heute noch.

Denn die sozialen Medien sind voll von Inspiration und Kreativität. So viele Schätze sind in der digitalen Welt zu finden: Bastelideen, Kochrezepte, Heimwerker-Hacks oder (in manchen Momenten auch nicht zu unterschätzen) Putztipps: In den sozialen Medien finden sich für jedes Thema wertvolle Anregungen.

Oder man lässt sich einfach mal berieseln: mit Comedy, Sportvideos, Musik … Es gibt nichts, was es nicht gibt in der grenzenlos wirkenden Online-Welt. Und das Schöne: Wer Lust hat und sich traut, kann ganz schnell selbst solche Inhalte kreieren. Ohne großen Aufwand, denn alles, was man braucht, ist ein Smartphone mit funktionierender Kamera und Internet. Auch in diesem Bereich hat eine Demokratisierung stattgefunden. Früher war man noch auf die Gunst und die Förderung von Agenturen oder Fernsehsendern angewiesen. Heutzutage kann jeder zur «Personal Brand» werden, der durch seine Inhalte und/oder seine Persönlichkeit zu überzeugen weiß. Es gibt mittlerweile zahlreiche Menschen, die dank Social Media echte Stars wurden, ihr eigenes Business aufbauen konnten und Millionen verdienen.

Auch das Reisen hat sich für mich grundlegend verändert: Seitdem es Google-Bewertungen oder Empfehlungen von Reise-Influencer:innen gibt, finde ich – egal, ob wir an die deutsche Küste, nach Italien oder Schweden fahren – immer Restaurants und Hotels, die genau zu unserem Geschmack passen.

Zusammen sind wir weniger allein

Dank Social Media und dem Internet hat man nun die Möglichkeit, sich mit vorher fremden Menschen zu vernetzen. Du hast ein außergewöhnliches Hobby, für das sich in deinem Umfeld keiner interessiert? Online findest du mit Sicherheit ebenfalls leidenschaftliche Briefmarkensammlerinnen, Schachspieler oder Stickbegeisterte. Eine Bekannte von mir hat online nun endlich einen Chor gefunden, der zu ihr passt. Auch Aktivist:innen, z.B. die Fridays-for-Future-Klimastreikenden, konnten sich online finden und organisieren: lokal wird global.

Menschen mit chronischen Krankheiten können weltweit Kontakt zu anderen knüpfen und sich austauschen, Eltern von Kindern mit noch wenig erforschten Erkrankungen finden auf Social Media Tipps und neue Therapieansätze.

Und was für ein Geschenk ist das Internet gerade für Jugendliche aus der LGBTQ+-Community, die sich und das, was sie fühlen, erst einmal selbst kennenlernen und verstehen wollen? Sie können sich dort in geschützten Räumen mit Gleichgesinnten austauschen oder Vorbilder finden. Gerade in Regionen, in denen es keine queeren Jugendgruppen oder Role Models gibt, kann das eine enorme Stütze sein.

Auch Kinder und Jugendliche, die in der realen Welt Schwierigkeiten mit sozialer Interaktion oder Augenkontakt haben, können dank der sozialen Netzwerke auf neuen Wegen kommunizieren, die für sie aushaltbar und machbar sind. Da kann das Internet nicht nur eine enorme Bereicherung und Erleichterung sein, sondern auch eine Plattform zum Üben und Ausprobieren darstellen, die positiv auf ihre Offline-Welt ausstrahlt, weil sie sich dort austauschen und gegenseitig Mut machen können.

Der Bildungsbereich hat sich durch das digitale Zeitalter ebenfalls verändert und erleichtert auch meinen persönlichen Alltag mit Schulkindern sehr: In den vergangenen Jahren wurden unterschiedliche Lern-Apps und Webseiten entwickelt, die es Schüler:innen ermöglichen, individueller und interaktiver zu lernen. Es gibt großartige Online-Lehrkräfte und Wissensvermittler:innen, wie z.B. Lehrer Schmidt, MrWissen2go, Mai Thi Nguyen-Kim oder Daniel Jung, die fantastische Erklärvideos für diverse Schulfächer veröffentlichen. Während unsereins früher noch davon abhängig war, wie gut die Physiklehrerin oder der Deutschlehrer erklären konnte, haben Schüler:innen heute viele fachkundige außerschulische Alternativen.

Ernsthaft: Ich glaube, es hätte mir etliche Stunden des Paukens erleichtert, wenn es noch mal ein Erklärvideo zu bestimmten Themen (vor allem in Mathe oder Physik!) gegeben hätte. Oder einfach noch mal andere Übungen, um sicherer zu werden, oder Übungstests, um zu checken, wie gut ich auf eine Klassenarbeit vorbereitet bin.

The Bad

Wie in den meisten Fällen gilt auch in Sachen Internet: Wo Licht ist, ist auch Schatten. Und ich bin mir fast sicher, dass jede, die ein Handy besitzt und viel auf Social Media unterwegs ist, sich auch der Kehrseiten bewusst ist. Man muss eigentlich nur das eigene Verhalten reflektieren: Ich selbst ertappe mich immer wieder dabei, wie ich mich von meinem Handy ablenken lasse, selbst wenn ich mich eigentlich auf wichtige Aufgaben konzentrieren will (und muss). So passiert es häufig, dass ich beim Recherchieren oder Schreiben plötzlich in einer Ablenkungsspirale lande: Statt gezielt nach Informationen zu suchen, finde ich mich auf Instagram wieder, scrolle durch belanglose Videos und verliere wertvolle Minuten. Das Smartphone wirkt wie ein Magnet – und es fällt schwer, sich davon zu lösen.

Ablenkung und Konzentrationsprobleme: Das Handy als Fokus-Killer

Diesen unbewussten Griff zum Smartphone kennst du sicher auch. Er geschieht nicht nur, wenn wir versuchen, konzentriert zu arbeiten oder zu lernen – das Smartphone ist auch ein ständiger Begleiter in Situationen geworden, in denen wir einst Leerlauf hatten. Ein Lückenfüller in Momenten, in denen unser Gehirn früher Ruhe hatte oder wir Langeweile verspürten: Wenn wir auf den Bus warten, im Restaurant auf eine Freundin oder wir im Wartezimmer einer Ärztin sitzen. Reflexartig ziehen wir das Handy aus der Tasche und starren auf den Mini-Bildschirm.

Wie oft hast du das allein heute schon gemacht? Vermutlich fällt es dir schwer, darauf eine konkrete Antwort zu geben (mir jedenfalls geht es so).

Der Informatikprofessor Alexander Makrowetz von der Uni Bonn hat sich genau dieser Frage bereits 2015 gewidmet: «Wie häufig nehmen wir täglich das Smartphone in die Hand?» Um das herauszufinden, hat er die Datensätze von 60000 Menschen ausgewertet, die er zuvor mithilfe einer App gesammelt hatte. Das Ergebnis: Im Schnitt aktivierten die Nutzenden 53-mal am Tag ihr Handy: «Sie unterbrechen also alle 18 Minuten ihre Tätigkeit», schlussfolgert der Forscher. Wir können davon ausgehen, dass heute, zehn Jahre später, diese Zahlen eher gestiegen sind.

Hinzu kommt, dass viele das Gefühl haben, immer kürzer wirklich aufmerksam bei einer Sache bleiben zu können. Du kennst vielleicht die Behauptung: «Ein Goldfisch hat eine längere Aufmerksamkeitsspanne als Menschen.» Diese Aussage geht auf eine Studie von Microsoft aus dem Jahr 2015 zurück, die behauptet, ein Goldfisch könne sich neun Sekunden konzentrieren, während es bei Menschen nur acht Sekunden seien. Mittlerweile wurde die Studie als methodisch fehlerhaft entlarvt, und natürlich macht es keinen Sinn, die Gehirne von Menschen und Fischen zu vergleichen.

Doch das Gefühl bleibt: Unsere Konzentrationsfähigkeit scheint nachzulassen, und viele machen dafür die ständige Präsenz von Smartphones und Social Media verantwortlich.

Aber gibt es zu diesem kollektiven Gefühl auch wissenschaftliche Beweise? Die US-Forscherin Gloria Mark sagt ja! Sie untersucht seit 2004 an der University of California in Irvine die menschliche Aufmerksamkeit. Wie man das erforschen kann? Proband:innen mussten zur Untersuchung in einem Word-Dokument eine Aufgabe erledigen. Die Forschenden stoppten die Zeit und maßen, wie lange es dauerte, bis die Teilnehmenden das erste Mal das Dokument wegklickten, um etwas anderes zu tun (z.B. ihre E-Mails zu checken). Das Ergebnis: 2004 lag der Wert noch bei zweieinhalb Minuten, im Jahr 2012 waren es 75 Sekunden, von 2016 bis 2021 lag der Wert relativ konstant zwischen 47 bis maximal 50 Sekunden. Bis heute ist es bei dem erschreckend kurzen Durchschnitt von 47 Sekunden geblieben – das «neue Normal» also.

Das liegt laut Mark daran, dass wir in den vergangenen Jahren gelernt haben, zwischen Geräten, Medien und Anwendungen hin und her zu wechseln, und das innerhalb kürzester Zeit. Die Wissenschaftlerin nennt dieses Phänomen «kinetische Aufmerksamkeit». Kinetisch ist ein Begriff aus der Physik und bezeichnet alles, was mit Bewegung zu tun hat. Und, ist das was Schlechtes? Mark zufolge ja, denn ihre Forschung hat gezeigt, dass der ständige Aufmerksamkeitswechsel zu einem Anstieg von Stress und Erschöpfung führt. Das konstante Umschalten erfordert, so Mark, (unterbewusst) jedes Mal eine gewisse Zeit, um sich neu zu orientieren: Wir sind mental also ständig in erhöhtem Maße herausgefordert.

Die bloße Anwesenheit des Handys: Der Brain-Drain-Effekt

In diesem Zusammenhang beschrieben Forschende der Universität Chicago im Jahr 2017 den sogenannten Brain-Drain-Effekt. Sie behaupteten, dass alleine die Anwesenheit des Smartphones sowohl die Aufmerksamkeit als auch die Gedächtnisleistung reduziert.

Dieses Ergebnis wurde 2023 durch eine Meta-Analyse der Uni Augsburg bestätigt:

Die bloße Präsenz des Handys beeinträchtigt Konzentration und Leistungsfähigkeit.

Menschen, die bereits viel Zeit mit ihrem Smartphone verbringen, empfinden dessen Abwesenheit oft als Stress – oft sogar in einem höheren Ausmaß als seine Anwesenheit.

Als ich dies las, kamen mir direkt Alltagssituationen in den Sinn, bei denen es mir ähnlich geht: Wenn ich beispielsweise auf dem Weg zum Wocheneinkauf mein Handy zu Hause vergessen habe, werde ich sofort unruhig: Irgendetwas Essenzielles fehlt …

Das Forschungsteam aus Augsburg formulierte nach den Ergebnissen ihrer Metastudie zum Brain-Drain-Effekt eine klare Empfehlung: Der Gebrauch digitaler Medien müsse aus pädagogischen Gründen reguliert und begleitet und insbesondere Kinder vor einer inhaltlich und zeitlich unkontrollierten Nutzung von Smartphones geschützt werden.

Welche konkreten Auswirkungen ein übermäßiger Konsum von Smartphones und Social Media auf die Konzentrationsfähigkeit von Kindern und Jugendlichen hat, ist wissenschaftlich bisher wenig untersucht. Dazu schreibt die US-Forscherin Gloria Mark: «Wir wissen noch nicht genau, wie lange sich junge Kinder beispielsweise beim Anschauen von YouTube-Videos konzentrieren können. Was wir jedoch aus Laborstudien wissen, ist, dass junge Kinder anfälliger für Ablenkungen sind als ältere Kinder. Wenn sie einmal abgelenkt wurden, brauchen sie zudem länger, um ihre Aufmerksamkeit wieder auf das ursprüngliche Thema/Objekt zu richten.»

Für eine Studie untersuchte Mark, wie Studierende (in den USA in der Regel zwischen 17 und 23 Jahre) ihren Computer bzw. ihr Smartphone während des Tages nutzten: «Dabei haben wir festgestellt, dass sie im Schnitt 118-mal Social Media checkten.»

Das erste Smartphone kam 2007 auf den Markt, nicht mal vor 20 Jahren. Das bedeutet: Social Media und Smartphones sind noch recht neue Phänomene. Ihre verschiedenen Auswirkungen und möglichen Gefahren zeichnen sich erst jetzt ab – deshalb kann es einfach noch nicht so viele Forschungen geben, wie es sie bereits in anderen Bereichen gibt, wie z.B. bei Computerspiel- oder Alkoholsucht.

Ohnehin sollte man bei sämtlichen Studienergebnissen (also auch bei den hier zitierten) immer im Hinterkopf haben, dass es fast unmöglich ist, eine eindeutige Kausalität, also einen expliziten Zusammenhang, festzustellen – auch individuelle Veranlagungen, soziale Prägungen, Bildung usw. können eine Rolle spielen.

Blicken wir auf die Geschichte, wird auch deutlich, dass für fast jede neue Technologie gilt: Es braucht Zeit, um die möglichen Gefahren zu erkennen und daraus Konsequenzen zu ziehen. Das erste Auto entwickelte der deutsche Ingenieur Carl Benz im Jahr 1886 – doch erst ab 1913 wurde es zur Massenware. Mehr Autos auf den Straßen bedeuteten mehr Unfälle und viele Verkehrstote. Man begann sich zu fragen, wie man die Risiken für Verletzungen minimieren und die Verkehrssicherheit erhöhen könnte. So wurden eine Reihe neuer Regelungen aufgestellt. Zum Beispiel eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf Landstraßen, eine Promillebegrenzung beim Fahren und der Einbau von Sicherheitsgurten in den Autos. Letztere wurden von den Fahrenden allerdings kaum genutzt. So entschied die Politik erst 1976, eine Gurtpflicht einzuführen. Damals unter großem Protest in weiten Teilen der Bevölkerung. Heutzutage hinterfragt die Gurtpflicht niemand mehr. Jeder schnallt sich automatisch an. Das zeigt: Jede neue Technologie erfordert Zeit, um ihre Vor- und Nachteile zu erkennen und adäquat zu regulieren. Mit Blick auf die Entwicklung unserer Kinder und im Zusammenhang mit Social Media vertrete ich aber ganz klar die Haltung: Vorsicht ist besser als Nachsicht. Und die vielen ersten Studien, die in den vergangenen Jahren durchgeführt wurden, zeigen eine eindeutige Tendenz: zu viel, zu früher, unbegleiteter und zu langer Handykonsum bringt häufiger Nach- als Vorteile. Eine zentrale Frage steht immer wieder im Raum:

Machen Smartphones und Social Media süchtig?

Die Frage, ob Social Media und Smartphones süchtig machen können, beschäftigt viele Eltern sehr. Und wir ahnen beim selbstkritischen Blick auf uns selbst die Antwort: Zumindest fühlt es sich häufig an wie eine Sucht. Mehrere Studien deuten darauf hin, dass tatsächlich ein hohes Suchtpotenzial besteht, besonders bei Jugendlichen. Von einer exzessiven Nutzung spricht man laut Expert:innen, wenn jemand eigentlich seinen Konsum reduzieren möchte, ihr/ihm dies aber nicht mehr gelingt oder wenn sie/er trotz negativer Erfahrungen soziale Netzwerke weiterhin intensiv nutzt und gleichzeitig andere Lebensbereiche vernachlässigt.