Aber ich liebe dich doch! - Helen Perkins - E-Book

Aber ich liebe dich doch! E-Book

Helen Perkins

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Beschreibung

Jenny Behnisch, die Leiterin der gleichnamigen Klinik, kann einfach nicht mehr. Sie weiß, dass nur einer berufen ist, die Klinik in Zukunft mit seinem umfassenden, exzellenten Wissen zu lenken: Dr. Daniel Norden! So kommt eine neue große Herausforderung auf den sympathischen, begnadeten Mediziner zu. Das Gute an dieser neuen Entwicklung: Dr. Nordens eigene, bestens etablierte Praxis kann ab sofort Sohn Dr. Danny Norden in Eigenregie weiterführen. Die Familie Norden startet in eine neue Epoche! Als Dr. Karin Schramm an diesem frühen Augustmorgen erwachte, sang im Apfelbaum vor dem Fenster eine Amsel. Die hübsche Brünette mit den klaren grünen Augen blieb noch einen Moment mit geschlossenen Augen liegen und lauschte dem melodischen Gesang. Ihre Gedanken schweiften ab, kehrten in eine bessere Vergangenheit zurück. Aber war sie wirklich besser gewesen? Karin bildete sich das zumindest ein. Sie wollte es sich einbilden. Zehn Jahre war sie nun mit Christian verheiratet, dem smarten, gut aussehenden Investmentbroker, dem Mann ihrer Träume. Als sie sich kennengelernt hatten, an einem wetterwendischen Apriltag am Ufer der Isar, hatte auch eine Amsel gesungen. Karin war mit ihrem in die Jahre gekommenen Labrador Iffi unterwegs gewesen, als der fesche Jogger sie überholt hatte. Iffi mochte keine Jogger und hatte, ganz entgegen ihrer sonst sehr ruhigen und ausgeglichenen Art, vernehmlich hinter ihm her geknurrt. Christian war stehen geblieben, hatte sich umgeschaut, ihre Blicke hatten sich getroffen. Und da war es um die junge Ärztin bereits geschehen gewesen, während er noch ein wenig mehr »Anlaufzeit« gebraucht hatte. Doch schließlich hatten sie sich rettungslos ineinander verliebt und waren ein halbes Jahr später zum Standesamt gegangen. Wie schnell diese zehn Jahre vorbeigerauscht waren! Karin seufzte. Die erste gemeinsame Wohnung, der erste gemeinsame Urlaub, Pläne, Hoffnungen, Träume. Christian kam aus einer kinderreichen Familie vom Land und wünschte sich Nachwuchs. Karin hatte gezögert.

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Seitenzahl: 120

Veröffentlichungsjahr: 2021

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Chefarzt Dr. Norden – 1198 –Aber ich liebe dich doch!

Kann ein Kind Dr. Karin Schramme Ehe retten?

Helen Perkins

Als Dr. Karin Schramm an diesem frühen Augustmorgen erwachte, sang im Apfelbaum vor dem Fenster eine Amsel. Die hübsche Brünette mit den klaren grünen Augen blieb noch einen Moment mit geschlossenen Augen liegen und lauschte dem melodischen Gesang. Ihre Gedanken schweiften ab, kehrten in eine bessere Vergangenheit zurück. Aber war sie wirklich besser gewesen? Karin bildete sich das zumindest ein. Sie wollte es sich einbilden.

Zehn Jahre war sie nun mit Christian verheiratet, dem smarten, gut aussehenden Investmentbroker, dem Mann ihrer Träume.

Als sie sich kennengelernt hatten, an einem wetterwendischen Apriltag am Ufer der Isar, hatte auch eine Amsel gesungen. Karin war mit ihrem in die Jahre gekommenen Labrador Iffi unterwegs gewesen, als der fesche Jogger sie überholt hatte. Iffi mochte keine Jogger und hatte, ganz entgegen ihrer sonst sehr ruhigen und ausgeglichenen Art, vernehmlich hinter ihm her geknurrt.

Christian war stehen geblieben, hatte sich umgeschaut, ihre Blicke hatten sich getroffen. Und da war es um die junge Ärztin bereits geschehen gewesen, während er noch ein wenig mehr »Anlaufzeit« gebraucht hatte. Doch schließlich hatten sie sich rettungslos ineinander verliebt und waren ein halbes Jahr später zum Standesamt gegangen.

Wie schnell diese zehn Jahre vorbeigerauscht waren! Karin seufzte. Die erste gemeinsame Wohnung, der erste gemeinsame Urlaub, Pläne, Hoffnungen, Träume.

Christian kam aus einer kinderreichen Familie vom Land und wünschte sich Nachwuchs. Karin hatte gezögert. Die Chance, sich als Kinderärztin selbstständig zu machen, kam, als sie die Praxis einer Kollegin übernehmen konnte, die in den Ruhestand ging. Sie hatte schon damals gespürt, dass Christian damit nicht wirklich glücklich war. Eine eigene Praxis – Karins Traum – bedeutete sehr viel Arbeit, Engagement, große Einschnitte im Privaten und viele, viele Zugeständnisse. Er hatte nachgegeben, weil es ihr so viel bedeutete.

Heute dachte sie, dass dies vielleicht der erste Schritt in die falsche Richtung gewesen war, der Anfang von einem schleichenden Ende, das sich nun immer deutlicher abzeichnete. Unwiderruflich. Verhängnisvoll.

Karin hatte sehr viel gearbeitet. Sie liebte ihren Beruf. Und sie liebte Christian, auch heute noch. Vielleicht hatte sie einfach zuviel erwartet, zuviel für selbstverständlich genommen. Vielleicht, ja, vielleicht …

Nun lief ihre Ehe schon seit Jahren auf Sparflamme. Kinder waren keine gekommen, Christian schien sich damit abgefunden zu haben. Karin nicht. Auch mit Mitte vierzig konnte sie noch Mutter werden. Sicher gab es mehr Risiken für Mutter und Kind. Doch es war nicht unmöglich. Und manchmal, in Momenten wie diesem, wenn Vogelgezwitscher sie an das erinnerte, was gewesen war und was sie nicht verlieren wollte, nicht endgültig, dann fühlte sie eine Entschlossenheit tief im Herzen, alles zu ändern, nur um das Eine, was ihr alles bedeutete, zu bewahren …

Wenig später brühte Karin frischen Kaffee auf und blickte dabei in den Garten hinter dem Haus, wo die Sonne gepflegte Blumenrabatten zum Leuchten brachte und sich auf dem Wasser des Pools spiegelte. Sie hatten es zweifellos zu einem gewissen Wohlstand gebracht, mit einem schicken Haus am Stadtrand Münchens, mit einem gehobenen Lebensstandard und allem, was landläufig dazu gehörte. Leider zählte Glück nicht zu dieser Kategorie. Es war ein flüchtiger Wert, der sich irgendwann in Luft auflöste, wenn man ihn nicht sorgsam wahrte und pflegte. Diese bittere Erfahrung war Karin nicht erspart geblieben.

»Morgen, Schatz.« Christian setzte sich an den Esstisch.

Karin gesellte sich zu ihm, goss Kaffee ein und fragte: »Wollen wir heute zusammen Mittag essen?«

Eigentlich keine ungewöhnliche Idee, doch der irritierte Blick, mit dem der große, schlanke Mann mit dem dichten, dunklen Haar und den ernsten grauen Augen sie musterte, sprach eher vom Gegenteil. Wie fremd waren sie einander eigentlich schon geworden? Getrennte Schlafzimmer, getrennte Wege. Gab es überhaupt noch Gemeinsamkeiten? Ein kaltes Gefühl legte sich um Karins Herz, fast wie eine böse Vorahnung. War es schon zu spät? Zu spät für Einsicht, Reue, einen Neustart? Einfach für alles?

»Tut mir leid, ich habe zu viele Termine. Ich esse zwischendurch eine Kleinigkeit.« Wie glatt ihm die Worte über die Lippen gingen. Zumindest konnte er sie dabei nicht ansehen, trotzdem fühlte er sich mies. Lügen, Ausreden. Er hatte den Eindruck, als bestünde sein Leben nur noch aus einer einzigen großen Schwindelei. Als sei nichts mehr wirklich echt …

»Nimm dir aber Zeit, damit es dir nicht auf den Magen schlägt«, sagte Karin und lächelte ihm zu.

Christian schaute sie an und hatte plötzlich den Wunsch, alles zu ändern. Von vorne anzufangen. Zu dem Tag zurückzukehren, als sie sich an der Isar begegnet waren. Sie in dieser etwas schäbigen Wetterjacke, mit dem dicklichen Hund an der Leine, der ihn auf Anhieb nicht hatte leiden können. Er erinnerte sich daran, wie ihre Augen ihm zugelächelt hatten, damals, genau wie gerade eben. Und doch schien ein Leben zwischen diesen beiden Momenten zu liegen. Und ein weites Land, das sie mittlerweile voneinander trennte, es unmöglich machte, wieder zueinander zu finden oder auch nur die Hände nacheinander auszustrecken …

»Wir sehen uns heute Abend«, sagte er knapp und flüchtete dann mehr, als dass er aufbrach. Alles war falsch, nichts fühlte sich mehr richtig an. Christian war zu Mute wie einem Mann, der in den verkehrten Zug gestiegen war. Statt an der nächsten Station auszusteigen, fuhr er immer weiter. So als sei sein Leben ihm entglitten, zerronnen, wie die Zeit ihrer Ehe, die sich nicht mehr zurückholen ließ.

Er liebte Karin. Und doch schien das Ende unausweichlich, denn sie hatten sich einfach schon viel zu weit voneinander entfernt.

*

»Das finde ich nicht gut.« Dr. Fee Norden schüttelte leicht den Kopf, ihre himmelblauen Augen drückten deutlich aus, was sie dachte. Die Frau von Dr. Daniel Norden, Chefarzt und Leiter der Münchner Behnisch-Klinik, trug das Herz eben auf der Zunge. Als Stationsleiterin der Pädiatrie lobte sie ihre Mitarbeiter gern und spontan, wenn sie zufrieden war, sagte aber auch offen, sobald ihrer Meinung nach etwas falsch lief. Und das war an diesem Morgen unübersehbar der Fall.

Dr. Heike Kreisler schnaubte. »Ich auch nicht, Chefin. Aber wenn die Eltern darauf bestehen, die Kleine mitzunehmen …«

Fee bedachte ihre Mitarbeiterin mit einem nachdenklichen Blick. Heike Kreisler, die geborene Berliner Pflanze, war eine außergewöhnliche Erscheinung mit den brandroten Pipi-Langstrumpf-Zöpfen und den aparten Piercings. Ihre Kodderschnauze war zudem sprichwörtlich und sie dachte ebenso unkonventionell, wie sie sich kleidete. Fee mochte die junge Kollegin, die sehr empathisch war und es stets schaffte, einen besonderen Draht zu ihren kleinen Patienten aufzubauen. So war es auch im Fall der siebenjährigen Maike, die offenbar missbraucht worden war. Noch stand nicht eindeutig fest, wer der Täter war, doch ihr Onkel war verdächtig. Die Eltern spielten alles herunter, taten so, als habe ihre Tochter sich auf dem Spielplatz verletzt und blendeten die Fakten aus. Ob sie sich dabei selbst in die Tasche logen oder nur den Schein wahren wollten, war Fee nicht ganz klar. Eines aber wusste sie genau: Maike brauchte die junge Kinderpsychologin, die schon in kurzer Zeit Zugang zu der verstörten Seele gefunden hatte. Und sie brauchte Zeit und Abstand zu ihrem Alltag. Beides bot sich der Kleinen in der Behnisch-Klinik. Maike nun nach Hause zu entlassen, erschien Fee Norden grundfalsch.

»Ich werde einer Entlassung noch nicht zustimmen«, beschloss Fee und unterschrieb einen entsprechenden Vordruck, den sie Heike reichte. »Wenn die Schreiners Maike mitnehmen wollen, halten Sie ihnen das unter die Nase.«

»Schön und gut. Aber werden sie das fressen?«

»Wenn nicht, verweisen Sie die Leute an mich. Ich werde dann Deutsch mit ihnen reden. Hier geht es schließlich um das Wohl und Wehe ihres Kindes, nicht um ein Pflaster für eine kleine Schnittwunde.«

Dr. Kreisler knüllte den Vordruck in die ausgebeulte Tasche ihres Kittels und grinste. »Kann es sein, dass Sie das genießen, Chefin? Sie haben wieder diesen Blick …«

»Welchen Blick meinen Sie, Frau Kollegin?«

»Na ja, diesen gewissen. Als ich noch in die Schule gegangen bin, hatten wir einen alten Kater, Herr Kasulke. Er war dick, hatte nicht mehr besonders viel Fell und auch keine Zähne mehr. Den lieben langen Tag lag er auf unserem schmalen Balkon und döste vor sich hin. Wenn sich aber mal zufällig eine Maus in seine Nähe verirrte, dann wurde aus Herrn Kasulke Killer-Jo, wenn sie verstehen, was ich meine. So schnell konnte man nicht gucken, dann hatte er sie in den Krallen, warf sie in die Luft und spielte solange mit ihr, bis sie weich genug zum Essen war. Sorry, ist etwas unappetitlich, ich weiß. Aber er hatte dann eben diesen gewissen Blick. Lustvoll, verstehen Sie? Dann war der alte Herr Kasulke mit einem Mal wieder ein kleines Raubtier.

Nichts für ungut, den Blick habe ich seither nicht mehr gesehen, nur eben manchmal bei Ihnen …«

Fee musste lachen. »Ein bisschen Raubtier steckt wohl in uns allen, nicht wahr?«

»Stimmt. Nur die wenigsten stehen dazu. Knorke, dass Sie es tun!« Bester Dinge stapfte Heike Kreisler davon, während Fee ihr mit einem Lächeln hinterher schaute. »Herr Kasulke also, na sowas …«, murmelte sie und griff nach dem Telefon.

Gleich darauf hatte sie Karin Schramm an der Strippe. Die Kolleginnen hatten sich vor vielen Jahren bei einem Ärztekongress kennengelernt und waren seither befreundet. Einmal im Monat trafen sie sich zum Kaffeeplausch.

Diesmal war Fee an der Reihe. Sie wusste, dass Karin immer knietief in der Arbeit steckte, und rief sie deshalb vorsichtshalber an, um sie an ihr Treffen zu erinnern.

»Wir sehen uns am Samstag bei mir, nicht vergessen«, mahnte sie die Freundin, die leise lachte und ihr versicherte: »Ganz bestimmt nicht. Unser Treffen ist in meinem Kalender sogar rot markiert.«

Fee war beeindruckt. »Dann muss ich mir wohl was Besonderes ausdenken. Wie wär’s mit meinem Schokoladenkuchen?«

»Wunderbar!«, freute Karin sich. Doch ihre Fröhlichkeit wirkte nicht ganz echt auf Fee, irgendwie aufgesetzt. Sie kannte die Freundin schon lange und wusste auch, dass es in deren Ehe nicht mehr zum Besten stand. In letzter Zeit hatte Karin ihr deshalb oft ihr Leid geklagt.

»Geht’s dir gut?«, fragte Fee nach.

Karin zögerte kurz, dann gab sie zu: »Zwischen Christian und mir läuft es nicht so, wie es sollte. Daran hat sich leider nichts geändert. Aber ich habe mich entschlossen, etwas zu tun und auch schon den ersten Schritt in die richtige Richtung gemacht. Deshalb geht es mir jetzt irgendwie gut.«

»Eheberatung?«

»Nein, viel besser. Das erzähle ich dir alles am Samstag.«

»Da bin ich aber gespannt. Du klingst auf jeden Fall verändert.«

»Das hat seinen Grund. Du wirst staunen!«

Fee blickte auf, als Dr. Kreisler mit verkniffener Miene zurückkehrte. Offenbar waren Maikes Eltern aufgetaucht. »Tut mir leid, ich muss jetzt Schluss machen. Dann bis Samstag!«

»Ich freue mich«, sagte Karin und legte das Telefon weg. Auch sie hatte zu tun, die kleinen Patienten füllten ihr Wartezimmer. Bevor sie sich wieder in die Arbeit stürzte, warf sie aber noch einen Blick auf das Foto, das ihren Schreibtisch zierte. Es zeigte sie, Christian und Iffi im ersten Jahr ihrer Ehe. Glücklich und verliebt, voller Hoffnung und Zuversicht. Dorthin wollte Karin zurück, das wusste sie plötzlich mit völliger Gewissheit. Es musste einen Weg zurück geben, und sie würde ihn finden. Mit einer sachten Geste legte sie ihre Rechte auf ihren noch flachen Bauch und dachte: »Alles wird gut, ich weiß es!«

*

»Schwanger?« Fee Norden musterte Karin perplex. »Aber das … also ich meine, damit habe ich nun wirklich nicht gerechnet! Wie ist denn das passiert?«

Karin lachte und steckte sich ein Stück Kuchen in den Mund.

»Das ist eine ziemlich naive Frage für eine Ärztin!«

»So habe ich das ja auch nicht gemeint. War es ein Unfall? Oder hast du es geplant? Was steckt dahinter?«

Die Freundin lehnte sich gemütlich in ihrem Stuhl zurück, schlug die Beine übereinander und trank einen Schluck Kaffee.

Dabei ging ihr Blick aus dem bodentiefen Fensterelement auf den kleinen Garten hinter dem Haus der Nordens. Hier wucherte es wild und manchmal ein wenig chaotisch. Daniel hatte keinen grünen Daumen und Fee brachte es selten übers Herz, etwas auszureißen, auch wenn es sich um ein ausgewiesenes Unkraut handelte. Karin mochte die unkomplizierte Wildnis, in der man im Herzen wieder Kind sein konnte. Sie fühlte sich hier einfach wohl und war gern bei den Nordens zu Besuch.

»Ich habe mich entschlossen, ein Baby zu bekommen, um meine Ehe vielleicht doch noch zu retten«, bekannte sie nun freimütig.

Fee meinte, sich verhört zu haben. »Das ist nicht dein Ernst! Aber, Karin, du musst doch wissen, dass so was nicht funktioniert. Im Gegenteil. Kinder machen Probleme in einer Ehe meist erst sichtbar. Und ich finde es zudem unfair, aus einem kleinen Menschen so etwas wie ein Versöhnungsgeschenk zu machen.«

»So ist es ja auch nicht gedacht, beruhige dich. Als Christian und ich vor zehn Jahren geheiratet haben, wollte er Kinder, ich aber noch nicht. Ich habe es nicht abgelehnt, Mutter zu werden, ich habe es nur verschoben, weil ich die Praxis aufbauen musste. Jetzt läuft alles so, wie ich es mir vorgestellt habe. Nur meine Ehe nicht. Wir leben nebeneinander her, haben kaum noch Gemeinsamkeiten. Ich fürchte, dass ich ihn über kurz oder lang verlieren werde. Versteh mich nicht falsch, Fee, Christian und ich, wir lieben uns nach wie vor. Aber es gibt nur noch so wenig, was uns verbindet. Das möchte ich ändern. Ich weiß, dass es in meinem Alter nicht ganz leicht wird, noch Mutter zu sein. Aber ich möchte es. Ich wünsche mir dieses Kind. Und ich weiß, dass Christian ebenso denken wird.«

»Du hast es ihm immer noch nicht gesagt?«

Karin schüttelte den Kopf. »Wir haben so wenig Zeit zusammen. Ich habe auf einen ruhigen Moment gewartet, eben nicht so zwischen Tür und Angel. Schließlich geht es um unser Leben, unsere Zukunft. Ich möchte einfach, dass alles stimmt.«

Fee seufzte. »Ich wünschte, ich könnte dir Mut zusprechen, aber guten Gewissens kann ich das nicht, Karin. Ich glaube, es wäre besser gewesen, zunächst mal eure Eheprobleme zu lösen. Du hättest mit deinem Mann darüber reden sollen. Ihn einfach vor vollendete Tatsachen zu stellen, ist nicht gut.«

»Aber er wünscht sich doch Kinder, das weiß ich.«

»Habt ihr in letzter Zeit darüber geredet? Solche Dinge können sich schließlich ändern. Im Laufe des ­Lebens verschieben sich einfach manchmal die Prioritäten, das erlebst du ja gerade selbst.«

Karin bedachte die Freundin mit einem betretenen Blick. »Ich bin einfach davon ausgegangen, dass eine solche Einstellung sich nicht ändert, weil sie zu grundsätzlich ist.«