Achtsamkeit statt Angst und Panik - Peter Beer - E-Book
SONDERANGEBOT

Achtsamkeit statt Angst und Panik E-Book

Peter Beer

0,0
13,99 €
Niedrigster Preis in 30 Tagen: 13,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
  • Herausgeber: Arkana
  • Kategorie: Ratgeber
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2022
Beschreibung

»Peter Beer ist ein neuer Fixstern am deutschen Trainerhimmel.« Christian Bischoff, Bestsellerautor und Mentaltrainer

Wer unter Panikattacken und Angststörungen leidet, fühlt sich ausgeliefert, ohnmächtig, beschämt. Peter Beer, Bestsellerautor und Achtsamkeitslehrer, kennt diese belastenden Ausnahmezustände nur zu gut: Jahrelang kämpfte er selbst gegen Herzrasen, Atemnot und Schlaflosigkeit. Bis er erkannte: Die Angst ignorieren, lässt sie nicht verschwinden. Sie dagegen liebevoll annehmen, ist der erste Schritt zur Heilung. Aus seinem erfolgreichen Weg hat Peter ein hochwirksames Anti-Angst-Achtsamkeitsprogramm entwickelt: Er zeigt, wie uns gezielte Meditationen und Atemtechniken sicher durch die Angst tragen, wie wir uns tief entspannen und innere Ruhe finden. Wir kommen friedvoll im gegenwärtigen Moment an und können unsere Ängste endgültig verwandeln: in eine wertvolle Ressource für Selbstvertrauen, Wachstum und Heilung.

Entdecke auch das Workbook »Gedankenpause« von Peter Beer mit einem vertiefenden Achtsamkeits-Programm.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 328

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Peter Beer, geboren 1987, ist Meditations-Coach, Psychologe und Gründer der Achtsamkeits-Academy. Nach dem Studium arbeitete er als Ingenieur in der Automobilindustrie und konnte dort hautnah miterleben, welche gravierenden Auswirkungen Stress und Dauerbelastung auf die Gesundheit haben. Er machte es zu seiner Herzensangelegenheit, daran etwas zu ändern, studierte Psychologie und gründete 2015 die Achtsamkeits-Academy. Seitdem hat er zahlreiche Menschen dabei unterstützt, ein gelasseneres, freudvolleres Leben zu führen. Mit seinem ersten Buch »Meditation« enterte er aus dem Stand Platz 3 der Spiegel-Bestsellerliste. Auf seinem YouTube-Kanal begeistert Peter Hunderttausende ebenso wie mit seinem Podcast »Achtsamkeit leben«. Der Autor lebt mit seiner Familie in Regensburg.

Peter Beer

Achtsamkeit

STATT ANGST

UND PANIK

Mit Meditation zu Ruhe, Frieden und (Selbst-)Sicherheit

Sollte diese Publikation Links auf Webseiten Dritter enthalten, so übernehmen wir für deren Inhalte keine Haftung, da wir uns diese nicht zu eigen machen, sondern lediglich auf deren Stand zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung verweisen.

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.

Originalausgabe

© 2022 Arkana, München,

in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH,

Neumarkter Straße 28, 81673 München

Lektorat: Pascal Frank

Covergestaltung: ki 36 Editorial Design, München, Daniela Hofner

Coverfoto: © Sandra Eichenseher

Illustration Innenteil am Kapitelanfang: © Алёна Коваль / istockphoto

Satz und E-Book Produktion: Satzwerk Huber, Germering

ISBN 978-3-641-27592-1V002

www.arkana-verlag.de

Inhalt

Sich der eigenen Innenwelt zuwenden

Mein Leben vor der Achtsamkeit war Angst

Der Moment, in dem es sich zu wandeln begann

Lass meine Erfahrung dir dienen

Es ist mehr möglich, als du glaubst

Für wen ist dieses Buch?

Das Leben ist ein Mannschaftssport

Dein exklusives Bonusmaterial zum Buch

Das Leid: Angst

Die vielen Gesichter der Angst

Warum gibt es überhaupt Angst?

Die psychologische Angst: Weit und breit keine Gefahr – oder doch?

Die Angst beginnt im Kopf, in unseren Geschichten über das Leben

Wege und Teufelskreise

Angst vor der Angst – und unsere Vermeidungsstrategien

Ein neuer Umgang mit der Angst

Raus aus der akuten Angst

Angst als Angst erkennen

Die Rettungsanker-Frage

Atem und Bewegung

Wenn dir das angstvolle Grübeln den Schlaf raubt

Wenn du eine Panikattacke erlebst

Wenn du Angst vor einem konkret bevorstehenden Ereignis hast

Die Befreiung vom Leid: Achtsamkeit

Die Revolution in deinem Leben

Die vielen Vorteile der Achtsamkeit

In die Achtsamkeit hineinfinden

Frei von Angst sein

Dein Mut, der Angst zu begegnen

Du bist nicht dein Denken

Der Zukunft den Schrecken nehmen

Emotionen fühlen – und der Emotionale Freiheits-Prozess (EFP)

Mitgefühl mit dir selbst

All-in: Begegne dem Leben voll und ganz

Noch einmal zusammengefasst: Deine Wege heraus aus der Angst

Die Schönheit des ungesicherten Lebens

Anhang

Angebote von Peter Beer

Anmerkungen

Literaturverzeichnis

Übersicht Bonusmaterialien

Register

Sich der eigenen Innenwelt zuwenden

Weißt du, was ich paradox finde? Unsere Menschheit ist schon so weit gekommen: Wir sind auf den Mond geflogen, tragen in unseren Hosentaschen das Wissen der ganzen Welt auf unseren Smartphones, die allermeisten von uns haben jederzeit ausreichend zu essen und warmes Wasser aus dem Hahn – aber wir haben keine Ahnung, wie wir mit Ängsten, Sorgen und unangenehmen Emotionen umgehen können. Obwohl doch Gefühle zum Existenziellsten überhaupt gehören, lernen wir alle möglichen Spitzfindigkeiten in der Schule, die wir kurze Zeit später ohnehin wieder vergessen haben, aber wir lernen nichts über unser Innenleben. Und eben nichts über die Angst – wo sie herkommt, wie sie unser Leben unbewusst bestimmt und wie wir mit ihr sein können, ohne uns von ihr vorschreiben zu lassen, was wir tun können und was nicht.

Wir leben zweifellos in einer der aufregendsten Epochen der Menschheitsgeschichte. Beinahe jeden Tag gibt es irgendeine kleine technologische Revolution, die unser Leben verbessern, verlängern oder verschönern soll. Eine Innovation jagt die nächste. Doch mit zunehmendem technologischem Fortschritt, der uns ja eigentlich mehr Sicherheit geben soll, nehmen auch die Ängste zu. Die Zahl der unter Ängsten leidenden Menschen ist so hoch wie nie.

Vielleicht hast du zu diesem Buch gegriffen, weil du zu ihnen gehörst. Und weil du endlich aus dem Leid und der Enge herausfinden willst, in denen dich deine Ängste gefangen halten. Das führt uns zu einem weiteren Paradox: Heraus aus deiner Angst kommst du, indem du dich ihr achtsam zuwendest. Indem du dich deiner Innenwelt auf behutsame Weise stellst. Statt nach außen in eine Welt, die du verzweifelt zu kontrollieren versuchst, lade ich dich ein, nach innen zu gehen. Ich lade dich ein, dorthin zu gehen, wo verborgen unter all deinen Ängsten und Sorgen, versteckt hinter allen möglichen leidvollen Erfahrungen Freiheit auf dich wartet.

Ich selbst bin meinen zahllosen Ängsten, die sich über viele Jahre hinweg zu regelmäßigen Panikattacken gesteigert hatten, heute sehr dankbar. Auch wenn es die schlimmste Zeit meines Lebens war, wäre ich ohne sie heute nicht der Mensch, der ich bin. Ohne sie könnte ich dieses Buch nicht schreiben und dich nicht dabei unterstützen, deinen eigenen gesunden und befreienden Umgang mit der Angst zu finden.

Weißt du, mich erinnert unser üblicher Umgang mit der Angst manchmal an einen jungen Bergwanderer, dessen Geschichte ich dir gern gleich hier am Anfang unserer gemeinsamen Zeit erzählen möchte. Dieser junge Mann wollte einen hohen felsigen Berg erklimmen. Der Aufstieg führte über lange steinige Wege, ausgedehnte Geröllfelder und einige Kletterpassagen, die seine ganze Konzentration und viel Geschick erforderten. Erschöpft am Gipfel angekommen, bemerkte er, dass die Sonne bereits unterzugehen begann, und ihn ergriff die Angst, es nicht mehr vor Einbruch der Dunkelheit ins Tal zurück zu schaffen. 

Er packte seine Sachen auf dem Gipfel schnell wieder in seinen Rucksack und trat zügig den Rückweg an. Doch die Sonne verschwand unaufhaltsam hinter dem Horizont. Und mit ihr das Licht, das den Weg des Wanderers hätte beleuchten können. Nach zwei Stunden befand er sich in völliger Dunkelheit in einer sternenlosen Nacht irgendwo auf dem Berg. Er konnte kaum seine Hand vor Augen sehen. 

Vorsichtig tastete er sich Schritt für Schritt voran. Doch dann passierte es. Ein unbedachter Schritt – ins Leere. Wo sein Schuh hintreten wollte, gab es keinen Boden, keinen festen Halt. Während der Mann fiel, gelang es ihm noch, sich an ein paar Ästen festzuhalten. Verzweifelt versuchte er, sich hochzuziehen und irgendwo neu Tritt zu fassen. Immer und immer wieder. Doch es gelang ihm nicht. Mit all seiner Kraft hielt er sich an den Ästen fest, doch seine Hände wurden kälter und kälter, und seine Kräfte ließen nach. 

Da hing er, mutterseelenallein, frierend, erschöpft und verzweifelt in der Gewissheit des Abgrundes unter sich. Zum ersten Mal in seinem Leben begann er zu beten. Alles, was ihm einfiel: »Lieber Gott, bitte rette mich! Ich bin noch zu jung zum Sterben! Bitte hilf mir …« 

Doch schon viel zu lang hielt er sich an den Ästen fest. Ihm wurde klar, dass er es nicht mehr viel länger schaffen würde. Seine Muskeln würden bald aufgeben müssen.

Er weinte und schrie. 

In seinem Kopf verabschiedete er sich von seinen Liebsten. Er wusste, dass er am Ende seiner Kräfte war und sich nun unmöglich noch länger festhalten konnte.

Dann war es so weit. Er schloss seine Augen und ließ los. 

Und er fiel. Einen winzigen Augenblick lang … und landete auf dem Pfad. Völlig erstaunt blieb er kurz stehen und kauerte sich dann auf den Boden. Er konnte es kaum fassen! Er war sicher nicht mal einen halben Meter tief gefallen. Stundenlang hatte er in tiefster Verzweiflung um sein Leben gekämpft, nicht wissend, dass der sichere Boden direkt unter seinen Füßen gewartet hatte …

Genauso kommt es mir mit unseren Ängsten vor. Wir haben es uns über Jahre und Jahrzehnte hinweg angewöhnt, gegen sie anzukämpfen, sie zu vermeiden oder vor ihnen wegzulaufen. Wir haben unter ihnen gelitten. Wir haben sie verteufelt. Haben gehofft, dass irgendjemand kommt, der sie uns nimmt. Wir haben Angst vor der Angst selbst aufgebaut, das Vertrauen in den eigenen Körper verloren und dabei ein Feindbild erschaffen: die Angst. Wir kämpften, weinten, fluchten, resignierten, beteten vielleicht oder baten unsere Mitmenschen um Hilfe. Doch je mehr wir versucht haben, gegen die Angst anzukämpfen, umso anstrengender und furchterregender wurde sie. 

Wir haben nie die Möglichkeit eines anderen Weges in Betracht gezogen. Eines Weges, der zu Beginn Mut erfordert. Den Mut, sich dem Schreckgespenst zu stellen, das wir über die Jahre aufgebaut haben. Wenn wir ihn aufbringen, werden wir erkennen, dass schon immer Boden unter unseren Füßen war und unser Körper hervorragend in der Lage ist, mit der Emotion Angst umzugehen. 

Glaub mir bitte eins: Ich möchte das Leiden an der Angst nicht kleinreden. Wie ich schon sagte, habe ich selbst lange Zeit schrecklich unter Ängsten und Panikattacken gelitten. Ich hätte alles dafür gegeben, damit sie endlich verschwinden. Auch wenn kein Zaubertrick existiert, der uns aus der Angst und den Sorgen herausholt, weiß ich heute genau, dass es einen Weg zurück in ein Leben mit sehr viel mehr Freiheit, Leichtigkeit und Freude gibt. Ich weiß es aus meiner eigenen Erfahrung und der Tausender Menschen, die ich bereits auf dieser Reise begleiten durfte.

Ja, Angst ist unangenehm, lähmend, manchmal kaum zu ertragen. Ja, Angst ist auch anstrengend, aber letztlich immer nur in dem Maße, in dem wir gegen sie ankämpfen. Wenn du den Mut findest, der Angst gemeinsam mit mir in diesem Buch und in den geführten Bonusmeditationen und Videos achtsam zu begegnen, wirst du erkennen, wie unspektakulär sie in Wahrheit ist. Und dass sie, so schnell und so oft sie auch kommen mag, immer wieder geht.

In diesem Buch werden wir es gemeinsam tun: Wir hängen uns an einen Ast über dem Abgrund und lassen miteinander los. Und nach all meiner Erfahrung kann ich dir sagen: Du wirst sehen, dass du sicher bist. Bis dahin bist du eingeladen, dich in das Lesen hineinzuentspannen. 

Ich möchte dich von Herzen und mit tiefem Mitgefühl einladen, dich auf das einzulassen, was ich dir hier erzählen und wozu ich dich ganz praktisch anregen möchte. Ich weiß, dass es funktionieren kann. Und ich wünsche dir genau diese Erfahrung: dass du deine Angst umarmen lernst und frei und freudig dein Leben zu gestalten beginnst. Ganz nach deinen Wünschen und Potenzialen.

Herzlich

Peter

Mein Leben vor der Achtsamkeit war Angst

Ich hatte in meinem Leben wahrscheinlich dreitausend Panikattacken. Über zehn Jahre litt ich an einer starken Angsterkrankung, was mir aber lange Zeit gar nicht bewusst war. Von Angst hätte ich nie gesprochen. Was ich spürte, war nur diese ständige innere Unruhe, die Wellen an Emotionen, das Flüchten, das Kämpfen und die dauernde Erschöpfung.

Gleich hier am Anfang dieses Buches möchte ich dir ein wenig von meinem Weg mit dieser Angst erzählen. Ich weiß aus meinen Kursen in der Achtsamkeitsakademie, dass dies andere Menschen ermutigen kann – denn ich steckte lange Zeit tief im Leiden und fühle mich heute frei davon. Was mir dabei vor allem geholfen hat und was ich bis heute lebe und auch lehre, das ist Gegenstand dieses Buches.

Lass mich ein bisschen ausholen. Ich bin in einer Familie groß geworden, in der man – wie ich heute weiß – auch schon viel mit Ängsten zu tun hatte, mit Hypochondrie und mit starken emotionalen Belastungen. In meinem Umfeld gab es kaum Kompetenz, mit solchen Dingen, ja überhaupt mit Gefühlen umzugehen – wie das leider häufig so ist. Und natürlich haben sich all die mir vorgelebten Muster auch auf mich übertragen. In meiner frühen Jugend entwickelte ich dann allerdings das genaue Gegenteil: Ich strotzte nur so vor Selbstbewusstsein. Zumindest nach außen hin. Da trat ich sehr souverän auf. Innerlich war ich extrem unruhig und angespannt, vor allem in der Gegenwart anderer Menschen. Doch ich konnte es perfekt überspielen. Ich zeigte mich als den besonders Coolen, gab in der Schule den Klassenclown, stand immer im Mittelpunkt.

Es war meine Art der Kompensation. Dass ich voller Ängste war, hätte ich auch selbst so niemals sagen können. Nicht einmal denken. Es war komplett unbewusst. Ich erlebte mich als aufgewühlt, und von außen hätte man vielleicht gesehen, dass ich mit den Füßen wippe oder an den Fingernägeln spiele – aber man hätte schon sehr genau hinschauen müssen, um hinter meine Fassade zu blicken.

Als das Leben mit Beginn meines Studiums der Elektrotechnik anspruchsvoller wurde, funktionierte das Kompensieren zunehmend weniger. Bisher war mir eigentlich alles zugefallen, doch jetzt musste ich mich richtig anstrengen. Ich musste Gas geben. Der innere Druck wuchs. Beinahe jeden Morgen wachte ich komplett verspannt, erschöpft und trotzdem mit dieser inneren Unruhe auf, und selbst in ganz normalen Vorlesungen, wo niemand etwas von mir wollte, stand ich extrem unter Druck. Mein Kopf tat weh, und ich quälte mich, den Inhalten zu folgen.

Mit Anfang zwanzig hatte ich natürlich sehr viel Energie. Doch ich kämpfte mich durch ein Studium, das mich in Wahrheit gar nicht interessierte, und verschleuderte all meine Kraft im Kampf gegen die innere Unruhe und die Sorgen, die mich nicht schlafen ließen. Ich hatte das Studium nur begonnen, weil ich davon ausgegangen war, dass es mir einen sicheren Job und eine gute Karriere ermöglichen würde.

Irgendwann zeigte mein Körper bei all dem mir selbst bereiteten Stress und Druck so starke Symptome, dass es mich wirklich hilflos machte. Sie machten sich in Form einer Panikattacke bemerkbar, auch wenn ich damals nicht wusste, dass es eine Panikattacke war. Ich saß wie jeden Tag in der Vorlesung, innerlich total angespannt, um einem Stoff zu folgen, der mich in Wahrheit nicht interessierte. Plötzlich spürte ich ein Stechen in der Brust, das sich im gesamten Herzraum ausbreitete. In mir zitterte es, ich hielt die Spannung kaum aus. Und ich konnte nicht zuordnen, was da passierte. In meinen Verstand schossen sofort Gedanken, allen voran: »Das ist ein Herzinfarkt!«

Gleichzeitig wollte ich nicht, dass irgendjemand bemerkte, wie es mir ging. Ich schleppte mit also aus der Vorlesung, um mich auf der Toilette zu beruhigen. Da mir dies nicht wirklich gelang, kämpfte ich mich zum nächsten Bus, der mich ins Krankhaus brachte. Dort fühlte ich mich etwas sicherer, es ging mir sofort ein bisschen besser. Die Ärzte untersuchten mich – mit dem Ergebnis, dass alles in Ordnung sei. Erleichtert, aber trotzdem unsicher verließ ich das Krankenhaus.

Die Hypochondrie, die ich aus meinem Elternhaus kannte, brach in der Folgezeit bei mir durch und zog mich in eine Spirale aus Symptomen, Angstgedanken und stärkeren Symptomen. Und so landete ich wieder und wieder in der Notaufnahme.

Jahrelang war es mein Muster, den enormen Druck irgendwie auszuhalten und mich voranzukämpfen, um allen Anforderungen gerecht zu werden. Wenn mein Körper das nicht mehr zuließ, weil die Kopfschmerzen, der Schwindel, die Magen-Darm-Probleme und vor allem dieses Stechen in der Herzregion unerträglich wurden, lief ich davon. Heraus aus einer Vorlesung und hinein ins Krankenhaus oder manchmal einfach auch zu meiner damaligen Freundin, meiner heutigen Frau, um mich irgendwie zu beruhigen. Dreimal habe ich mich sogar vom Krankenwagen abholen lassen. Man machte die üblichen Tests mit mir, schickte mich durch die üblichen Maschinen und sagte mir, dass man nichts finden könne. Das erleichterte mich allerdings immer nur für kurze Zeit. Nach spätestens drei Tagen wurden die Gedanken wieder stärker, die mir sagten: Wenn du so heftige Symptome hast, dann muss etwas ganz und gar nicht in Ordnung sein. Wahrscheinlich finden sie es nur nicht.

Ich startete eine Odyssee durch die unterschiedlichsten Arztpraxen. Ein Kardiologe untersuchte mich über Stunden hinweg mit allem, was seine Geräte und Labore hergaben. Doch die Werte waren unauffällig. Eine solche Schleife drehte ich bestimmt fünfzig Mal, und manchmal saß ich nur Stunden nach einem Arztbesuch und der Aussage »ohne Befund« wieder im gleichen Schlamassel. Niemand aber sagte mir auch nur ein Wort darüber, was wirklich mit mir los war: Ich hatte Panikattacken.

Mein Leben wurde zu einem immer schmaleren Korridor. Eng und enger. Die Angst erlaubte mir immer weniger an Erleben, an Begegnung und Erfahrung.

Heute weiß ich, wie viele Menschen sich in meiner Beschreibung wiederfinden können. Möglicherweise kennst auch du diese Zustände, vielleicht genauso stark oder in einer anderen Intensität. An welcher Stelle bei uns der Druck einsetzt, kann ganz unterschiedlich sein. Bei mir war es eine enorme Angst, ich könnte versagen. Genauso gut kann es aber auch die Angst sein, nicht allen und allem gerecht zu werden, die Angst, ausgestoßen zu werden, durchs Raster zu fallen, alleingelassen zu sein und was es noch alles für beklemmende Vorstellungen gibt. Bevor wir erkennen, was mit uns los ist, es akzeptieren und einen neuen Umgang damit finden, sind wir dem Leiden ausgeliefert. So wie ich damals.

Blieben meine Anfälle von Körpersymptomen – die Panikattacken, die ich damals keinesfalls so benannt hätte – anfangs auf mein Studium beschränkt, auf Vorlesungen, Prüfungen, das Lernen, traten sie mit der Zeit auch auf, wenn ich mit Freunden unterwegs war, und irgendwann sogar in der Familie. Zu all dem Druck und dem körperlichen Schmerz kam noch etwas anderes hinzu: Ich habe mich unendlich dafür geschämt, dass es mir so schlecht ging und ich mich nicht unter Kontrolle hatte. Und ich habe alles dafür getan, dass niemand mitbekam, was in mir los war. Ich habe tapfer meine Maske getragen, und wenn sie herunterzufallen drohte, flüchtete ich. Vor den anderen, aber eigentlich vor mir selbst.

Der Leistungsdruck, den ich unterschwellig spürte, war viele Jahre lang größer als das Leid. Also habe ich weitergemacht. Habe mich durchgeboxt. Habe versucht, mit aller Macht meine nie hinterfragten Ziele zu erreichen. Es gab kein Innehalten und Fragen: Was tue ich hier eigentlich? Was möchte ich in meinem Leben? Von so etwas hatte ich überhaupt keine Vorstellung. Es gab keine andere Option als den Kampf und, wenn ich nicht mehr konnte, die Flucht. Meine Perspektive erlaubte einzig und allein, dass ich das Studium durchziehe und dann einen sicheren und gut bezahlten Job annehme. Dann würde nämlich alles gut sein.

Du ahnst schon: Es wurde nicht gut. Es wurde schlimmer. Irgendwann war ich Ingenieur in einer großen Firma. Die Anforderungen wurden noch höher. Der Druck wurde noch größer. Ehrgeizig, wie ich war, kam ich recht schnell in eine anspruchsvolle Position – und dort hieß es: Junger Ingenieur, jetzt zeig mal, was du kannst. Und das wollte ich natürlich auch. Ich wollte es allen zeigen. Ich wollte die Karriereleiter nach oben stürmen. Also kämpfte ich mich wieder durch. Durch Dutzende Meetings in der Woche, Hunderte E-Mails am Tag, Deadlines, Kundentermine, Dienstreisen, Aufgaben, Ansprüche. Jedes Meeting war Nervosität, Zittern, Unruhe. Jeder Kundentermin war mit Druck und Stechen im Herzen verbunden und mit der Angst, dass mir jemand etwas anmerken könnte. Auch nachts ratterte es in meinem Kopf, ich war den düsteren Gedankenströmen hilflos ausgeliefert, ohne irgendein Werkzeug, mit ihnen umzugehen. Ich war diese Gedanken. Ich war dieser Druck …

Wenn ich heute an diese Zeit zurückdenke, schaudert es mich, was sich Menschen antun können. Einfach weil sie keine Alternative zu dem kennen, was sie als ihren Weg ansehen. Ich hatte Jahre in einem Zustand verbracht, als wäre ununterbrochen ein Säbelzahntiger hinter mir her. Diese ganze Zeit war ich auf der Flucht. Meine Gedanken reichten nicht weiter als bis zu der Frage: Wo ist der nächste Baum, auf den ich mich retten könnte? Wo ist der nächste Mensch, der mich ins Krankenhaus fahren könnte? Wo ist überhaupt das nächste Krankenhaus? Ich war ein Gejagter. Alle Systeme auf Anschlag. Dauerhaft vermeintlich in Lebensgefahr. Und keine Ahnung, was mit mir los war. Und eigentlich wollte ich es auch nicht wissen. Ich wollte, dass ich einfach endlich normal sein kann. Ganz normal, so wie alle, die es ja offenbar schafften. Die ihre Karrieren machten, ihr Geld verdienten, ihr Leben lebten.

Irgendwann wachte ich tatsächlich jede Nacht mindestens ein Mal schweißgebadet und mit Herzschmerzen auf. Jeden Morgen begrüßte mich eine Panikattacke, wenn mir bewusst wurde, was der Tag mir abverlangen würde. Keine Sekunde kam ich noch zur Ruhe. Nicht einmal im Urlaub. Irgendwo in einem schönen Restaurant am Strand, zusammen mit meiner Frau, war in mir immer dieses Kontrollieren, dieses ängstliche Absuchen meines Körpers, ob alles in Ordnung war. Schlug mein Herz normal? Stach es irgendwo? Mich einfach mal in den Moment fallen lassen – das war mir unmöglich.

An einen kleinen Schimmer von Erleichterung allerdings erinnere ich mich, denn ich tat etwas, was mich enorme Überwindung kostete. Jahrelang hatte ich mich niemandem anvertrauen können. Und eines Tages passierte es, dass ich meiner Frau erzählte, wie schlecht es mir ging, dass ich so enorm unruhig war und die Spannungen in meinem Körper kaum noch aushielt. Ich sage dir: Es tat so gut, das mit jemandem teilen zu können! Die Maske fallen zu lassen vor einem Menschen, dem man vertrauen kann, ist unglaublich hilfreich.

Meine Frau war damals sehr erstaunt, und gleichzeitig hatte sie natürlich miterlebt, wie oft ich ins Krankenhaus oder zu Ärzten gegangen war. Sie hatte auch meine Unruhe gespürt und schon geahnt, dass irgendetwas nicht so ganz stimmte. Aber sie kannte mich nicht anders, und natürlich wollte sie mich auch lieber als jemanden sehen, der genauso selbstbewusst war, wie er immer tat. Sie wollte verständlicherweise nicht sofort und jubelnd wahrhaben, dass ich offenbar in vielem ganz anders war, als es schien. Ein Schwächling vielleicht? Einer, der es nicht hinbekommt? Der bald zusammenklappt? Auch für sie war es eine Herausforderung und ein Entwicklungsweg. Viele Jahre haben wir gemeinsam daran gearbeitet.

Vielleicht findest du dich in dem wieder, was ich hier schreibe – auf irgendeine Weise. Die Wahrheit ist: Jede und jeder von uns hat Ängste, entweder bewusst oder unbewusst. Was kaum jemand von uns kennt, sind die Wege, mit der Angst umzugehen und sich nicht mehr von ihr beherrschen und beeinträchtigen zu lassen. Es gibt sie, und ich möchte dir in diesem Buch den Weg vorstellen, den ich gegangen bin und den auch du gehen kannst. Woher ich das weiß, dass auch du ihm folgen kannst? Ich habe bei unzähligen meiner Kursteilnehmerinnen und -teilnehmern gesehen, dass es funktioniert. Ganz gleich, ob sie »einfach nur« ein paar latente Ängste und Sorgen hatten oder regelmäßig wiederkehrende Panikattacken. Doch lass uns zunächst noch ein wenig bei dem bleiben, wie es mir damals ging. Es gab da nämlich einen ganz wichtigen Moment.

Der Moment, in dem es sich zu wandeln begann

Jahre des Leidens verlangten mir viel ab. Mein Körper brachte eine Menge Energie mit, doch irgendwann hatte ihn mein Kampf in die Knie gezwungen. Nichts ging mehr. Ich hätte mich weiter angetrieben und hätte alles versucht, meine Fassade aufrechtzuerhalten. Doch es war nicht mehr möglich. Ich kam spätabends von einer längeren dienstlichen Flugreise zurück, hatte dort geschlagene zwei Wochen lang kaum geschlafen, jede Nacht Panikattacken durchgestanden, Dutzende Kundentermine mit Herzrasen und -stechen hinter mich gebracht. Und als ich in den frühen Morgenstunden des nächsten Tages – ein Montag, an dem ich schon einen Bericht über die Reise hätte abliefern müssen – im Bad vorm Spiegel stand, schaute mich ein Fremder an. Tiefe dunkle Augenringe. Bleiche Haut. Toter Blick.

Das war ich?

Das war ich!

Eine Stimme in mir schrie: So kann es nicht weitergehen!

Ich ging zum Arzt, holte mir eine Krankschreibung und wusste: Ich werde etwas ändern.

An diesem Tag begann mein Weg zu mir selbst und hinein in das Leben, das ich heute führe. Es war dabei nicht so, dass ich eine tolle Sache entdeckte, sie umsetzte, und damit war alles super. Immer braucht es seine Zeit und ein Spektrum an Dingen, die uns helfen, das Leben der Angst zu verlassen. So war es auch bei mir. Aber wenn ich es auf eine Essenz herunterbrechen dürfte, ist es, dass ich angefangen habe, nicht mehr vor mir selbst wegzulaufen. Ich blieb stehen und schaute dem, was in mir passierte, ins Gesicht. Ich ließ die klassischen Vermeidungsstrategien – das Abhauen, das Verdrängen, das Kämpfen, das »Tschakaa!« – los und fing an, das Erleben in meinem Körper sehr detailliert wahrzunehmen.

Ich schaute wirklich hin. Fühlte hinein. Erlebte, was da tatsächlich los war. Dies gelang mir manchmal gut, und ich war stolz auf mich. Aber genauso oft schaffte ich es nicht, was, wie ich heute weiß, auch ein wichtiger Teil der Heilung ist. Ein langwieriger, mal schwieriger, mal wunderschöner Weg begann. Er lehrte mich, meine Ängste zu umarmen und Schritt für Schritt zu Vertrauen in meinen Körper und in mich selbst zu finden. Dieser Weg führte mich in ein Leben, das ich mir damals nie hätte erträumen können.

Als ich begann, aktiv mit meinen Emotionen und Empfindungen zu arbeiten, tat sich mir eine völlig neue Welt auf. Und ein Lebensgefühl voller Frische und Weite hielt bei mir Einzug, wie ich es schon nicht mehr für möglich gehalten hatte.

Mithilfe von Dr. Google entdeckte ich staunend, dass es auch psychisch begründet sein kann, sich so zu fühlen, wie ich mich oft fühlte. Es musste also gar keine körperliche Ursache geben! Was für eine Erkenntnis! Ich hatte jahrelang an der falschen Stelle gesucht! Nun begann ich, alles an Büchern und Artikeln zu verschlingen, was mir irgendwie hilfreich schien. Ich schrieb mich neu an der Uni ein – diesmal aus brennendem Interesse – und studierte Psychologie. Ich begann zu meditieren und mich auch in die buddhistische Psychologie zu vertiefen.

Auch mit meinen Symptomen arbeitete ich aktiv. Zum Beispiel mit dem Schwindelgefühl, das mich regelmäßig überfallen hatte. Ich setzte mich auf meinen Drehstuhl, ließ ihn eine Weile kreisen, und wenn mir schwindlig war, hielt ich es aus. Ich erlebte es bewusst. Spürte, wie die Panik hochkam … und erlaubte es. Ich erlaubte dem Empfinden, da zu sein. Ich gab ihm Raum. So gut es jeweils ging. Es war ein Training meines limbischen Systems im Gehirn zu erkennen: Da ist keine Gefahr. Es gibt ein Geschehen in meinem Körper. Ich kann es wahrnehmen. Und dann lässt es von selbst auch wieder nach. Ich bin safe.

Damit kam ich ganz organisch bald zu Meditation und Achtsamkeit. Ohne sie, davon bin ich heute überzeugt, wäre zumindest mir der Weg aus der Angst nicht möglich gewesen. Denn was passiert, wenn wir darin verwickelt sind? Ein äußerer Impuls kommt auf uns zu, und wir zeigen eine Reaktion. Unmittelbar. Da gibt es keine Pause dazwischen. Bei mir war es irgendwann sogar so, dass ich gemütlich in meinem Bett liegen konnte, dann hörte ich draußen einen Krankenwagen mit Sirene vorbeifahren – und sofort begann eine Panikattacke. Es gab keinen Raum, irgendetwas daran zu ändern. Reiz – Reaktion. Meditation und Achtsamkeit aber schaffen genau diesen Raum. Sie geben uns die Möglichkeit, nach einem Impuls beeinflussen zu können, wie wir damit umgehen. Und sie eröffnen uns sogar die Chance, unsere Ängste an der Wurzel zu packen und dort dafür zu sorgen, dass sie uns nach und nach loslassen. Darum wird es neben Hintergrundinformationen zu Ängsten in diesem Buch gehen – ebenso wie darum, was du im Akutfall einer Panikattacke oder starken Angst tun kannst.

Wie ich es erlebe – bei mir selbst und bei vielen anderen Menschen, die ich bislang begleiten durfte –, ist es auch ein ausgiebiger Prozess der Desidentifikation. Ich war komplett damit identifiziert, ein selbstbewusster Mann zu sein, der alles im Griff hat und alles schaffen kann, was er möchte. Diese Identifikation war der Antreiber, der mich immer weitermachen ließ, während mein Körper schon mit Panik reagierte. Für mich aber gab es nichts anderes, als diesem Bild zu entsprechen. Als ich beginnen konnte, diese Vorstellung von mir selbst zu lösen und mich dem zuzuwenden, was ich tatsächlich zu jener Zeit war, konnten Entspannung und Heilung beginnen. Und die Entfaltung meines wahren Potenzials. Genau das wünsche ich auch dir.

Lass meine Erfahrung dir dienen

Ich habe dieses Buch damit begonnen, dir etwas ausführlicher von mir zu erzählen. Mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmern meiner Kurse habe ich die Erfahrung gemacht, dass das sehr hilfreich sein kann. Denn sehr viele Menschen, die von Ängsten oder Panikattacken gequält werden, erleben es nicht nur, dass sie sich niemandem anvertrauen wollen, weil es ihnen zu peinlich ist. Wenn sie es einmal tun, dann fühlen sie sich oftmals nicht verstanden oder mit irgendwelchen faden Tipps abgespeist.

Es ist eben immer eine Frage der persönlichen Erfahrung. Wer noch nie im Feuer gestanden hat, weiß nicht, wie sich Hitze anfühlt. Wenn wir mit jemandem zusammen sind, der noch nie eine Panikattacke erlebt hat, der nicht weiß, wie sich eine wirkliche Depression oder ein Burn-out anfühlt, dann kann er uns als davon Betroffene nicht verstehen, so sehr er es auch möchte. Er gibt uns dann vielleicht Ratschläge, wir sollten mal in die Natur hinausgehen, weniger arbeiten oder früher ins Bett – und natürlich hilft uns das nicht.

Ein sehr guter Freund von mir, wir kennen uns seit der Kindheit, hat mir hierzu eine schöne Erfahrung geschenkt. Wir haben auch zusammen studiert, und er hat in dieser Zeit miterlebt, was mit mir passierte. Und wie junge coole Männer so sind, hat er auch ab und zu eine abfällige Bemerkung darüber gemacht – so im Sinne von: Ich solle mich nicht so haben. Wir strebten beide nach dem typischen Männerbild, gingen ins Fitnessstudio und waren einfach Macher. Dieser Freund hatte keine Erfahrung mit so einer tiefen Not, wie ich sie erlebte, wie ich sie aber auch nicht artikulierte. Und genau dieser Freund ist nun vor einiger Zeit in ein Burn-out gerutscht. Auf einem Spaziergang schaute er mir dann eines Tages in die Augen und sagte: »Peter, es tut mir so leid, wie ich damals mit dir umgegangen bin. Ich hatte keine Ahnung, wie es dir geht. Ich hatte keine Vorstellung davon, wie kacke es sich anfühlen kann.«

Natürlich ist es gut gemeint, was uns unsere Lieben sagen, wenn sie unsere Not sehen. Aber ohne eigene Erfahrung bleibt es ihnen fremd. Bloße psychologische Kenntnisse helfen dabei auch nicht. Oft höre ich von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern meiner Kurse, dass sie sich selbst von Psychotherapeuten nicht verstanden fühlen. Vielen fehlt die Erfahrung am eigenen Leib, wodurch sie manche Patienten einfach nicht erreichen können.

Im Schamanismus kennt man eine Initiation, die alle künftigen Schamanen zu durchlaufen haben. Sie müssen Krankheit erfahren und selbst den Weg der Heilung gehen, um später andere unterstützen zu können. In diesen Kulturen glaubt man daran, dass nur ein Mensch, der Krankheit und Heilung selbst durchlebt hat, ein Heiler sein kann. Auch deswegen bin ich froh über meinen Weg, der mir heute die Möglichkeit gibt, zahlreichen anderen Menschen in ihrer Angst zu helfen.

So weit wie die Schamanen möchte ich an dieser Stelle nicht gehen. Es gibt so viele wundervolle, engagierte und mitfühlende Therapeutinnen und Therapeuten, die sich jeden Tag für ihre Patienten einsetzen, auch wenn sie selbst nie das Leid eines Burn-outs, einer Depression oder eben Angsterkrankung erlebt haben. Dafür bin ich von Herzen dankbar!

Ich freue mich sehr, dass wir mit diesem Buch gemeinsam in eine tiefere Betrachtung der Angst und der Wege aus ihr heraus einsteigen. Ich hoffe sehr, dies kann für dich der Anfang oder ein weiterer und diesmal wirklich lösender und erlösender Schritt auf deinem Weg zu dir selbst und deiner vollen Größe sein. Lass dir Zeit dabei. Sobald wir auf dem Weg sind, geht es uns meist schon besser, denn wir sind aktiv geworden, unser Leben im Innen und im Außen wirklich neu zu gestalten. Dann macht es auch nichts, wenn es seine Zeit dauert. Denn das tut es.

Ich beispielsweise hatte irgendwann rational durchschaut, dass ich mit bestimmten Selbstbildern identifiziert war, die nicht der Realität entsprachen und mich immer wieder in die Angst schickten. Ich hatte sie vor allem durch meine Meditationspraxis erkannt. Aber ich war noch lange nicht in der Lage, komplett da auszusteigen. Das Gute jedoch ist: Jedes Mal, wenn ich mich wieder zu stark mit irgendeinem äußeren Ziel identifizierte und mich von einer Angst in dessen Richtung antreiben ließ, merkte ich die unangenehmen Reaktionen meines Körpers. Angst wurde für mich ein Indikator dafür, dass ich einer ungesunden Motivation folge. Auch auf diese Weise lernte ich, sie zu umarmen.

Ich lernte, meine Angst zu umarmen.

Leben ist immer Wachstum. Die Anforderungen steigen – und je mehr wir unser Potenzial entfalten, unsere Fähigkeiten hervorlocken, ungesunde Antreiber loslassen, umso mehr scheint das Leben uns auch zuzutrauen. Ich habe mittlerweile viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, bin Vater und darf jeden Tag Tausende Menschen auf ihrem Weg begleiten. Das sind Dinge, die ich früher nicht im Traum hätte bewältigen können. Jetzt aber funktioniert es und macht Freude, weil ich selbst gewachsen bin. Und auch heute habe ich selbstverständlich meine Herausforderungen, die noch mehr in mir hervorkitzeln, und meine Themen, die mich zeitweise zu bremsen versuchen. Doch ich nehme mich selbst in all dem auch nicht mehr so ernst.

Was sich bei mir komplett gewandelt hat, ist die Frage der Motivation. Es ist mir ganz wichtig, dir auch dieses Verständnis in diesem Buch zu vermitteln. Solange wir nämlich von Angst motiviert und von Befürchtungen angetrieben sind, erschaffen wir uns Stress und mehr Angst und möglicherweise sogar Panikattacken. Ist unser Antrieb hingegen Freude, die Lust, etwas auszuprobieren, sich selbst in all seinen Fähigkeiten zu erleben, irgendetwas Tolles in die Welt zu bringen – dann können wir unglaublich viel schaffen, und wir erleben keinen Stress dabei.

Also, machen wir uns auf den Weg?

Es ist mehr möglich, als du glaubst

Meine eigene Geschichte ist der Grund, warum ich jeden Tag mit ganzem Herzen versuche, andere dabei zu unterstützen, bewusster zu leben. Es scheint wie ein Wunder, dass ich vor Tausenden Menschen einen Vortrag halten kann. Es scheint wie ein Wunder, dass ich bislang mehr als hunderttausend Menschen auf ihrem Weg in Richtung Frieden, Vertrauen und mehr Bewusstsein begleiten durfte. Es scheint wie ein Wunder, dass sich ein Mensch selbst von innen heraus auf diese Weise transformieren kann. Aber das Wunder ist real. Und jeder kann es erfahren, der bereit ist, den Weg zu gehen. Dass du dieses Buch in deinen Händen hältst, zeigt schon, dass du dich dafür entschieden hast, einen solchen Weg zu wagen. Ich weiß, wie ermüdend und unerträglich er manchmal sein kann und dass er eine Menge Herausforderungen bereithält, viel Mut, Kraft, Geduld und Selbstmitgefühl erfordert. Aber all diese Dinge lernst du hier, und du hast mich als deinen Wegbegleiter.

Dieses Buch ist nicht das typische Fachbuch eines Psychotherapeuten, das dir aus einer theoretischen Herangehensweise heraus versucht zu helfen. Es ist ein Buch der Praxis. Aus meinen eigenen Erfahrungen, meinem Psychologiestudium, unzählbaren Stunden der Meditation sowie Erkenntnissen aus der modernen Wissenschaft und der buddhistischen Lehre habe ich mir über die Jahre das Wissen zusammengetragen (und am eigenen Leib erfahren), was Angst wirklich bedeutet – und wie man sich davon befreien kann.

Wenn du den Kern der Angst verstanden hast, gewinnst du viel mehr als nur dein altes Leben wieder, in dem du möglicherweise weniger von Ängsten geplagt warst. Nein, du hast die Möglichkeit, dir ein vollkommen neues, bewussteres, wahrhaftig erfülltes, wesentliches (nämlich deinem Wesen entsprechendes) Leben zu gestalten. Ich weiß, dass du diese Befreiung aus der Angst, den Sorgen, aus dem Spiel der Emotionen schaffen kannst. Mein Ziel ist, dass du mit diesem Buch mehr erreichst als ein, wie es in der Psychologie so schön heißt, funktionales Verhalten. Es geht nicht darum, endlich wieder oder überhaupt einmal zu funktionieren (auch wenn du dir das vielleicht jetzt wünschst). Sondern darum, wahrhaftig und erfüllt zu leben, aufrichtig zu lieben und diese Lebensreise, auf der wir uns alle befinden, mit allen Sinnen zu genießen.

Ich gebe zu, dass ich mir in den schlimmsten Zeiten meines Lebens nichts sehnlicher wünschte, als einfach nur zu funktionieren. Doch ich sage dir: Wenn mir damals ein Arzt eine Wunderpille gegeben hätte, die alle meine Ängste weggezaubert hätte – was wäre passiert? Mich hätte ein trostloses Leben erwartet. Ich hätte weiter als Ingenieur gearbeitet, ohne dafür zu brennen. Ich wäre langsam mit harter Arbeit die Karriereleiter hochgeklettert und hätte mich weiter für Dinge abgemüht, die mir eigentlich nicht wichtig waren. Ich hätte dabei all die kostbaren Momente verpasst, die mir das Leben immer schon schenken wollte. Ich hätte nie wahrhaftig geliebt, mich nie vollkommen erfüllt gefühlt. Ich hätte bis zur Rente zu funktionieren versucht, wäre wahrscheinlich auf dem Weg dahin krank geworden, was mein Körper ja bereits in den ersten Jahren mit Magen-Darm-Problemen, Herzrasen und anderen Anzeichen angedeutet hatte. Dann hätte ich das Geld, das ich verdient hätte, ausgegeben, um wieder gesund zu werden, und am Ende hätte ich auf ein trostloses, liebloses und mittelmäßiges Leben zurückgeblickt.

Mein Raus-aus-der-Angst-Tipp

Wir sind oft so stark identifiziert mit dem ängstlichen Teil in uns, dass wir es uns kaum mehr vorstellen können, wie es ohne ihn sein könnte. Doch ich lade dich ein, dir für einen Moment ein Leben auszumalen, in dem du nicht mehr von deinen Ängsten beeinträchtigt wirst. Stell dir vor, du wachst am Morgen in einem Leben auf, in dem du frei bist zu tun, was du möchtest und was wirklich zu dir passt. Was würdest du an diesem Tag tun?

Auch wenn dein Kopf vielleicht meint, du könnest das niemals erreichen, kannst du vielleicht doch spüren, wie gut es sich anfühlt. Lass dir dieses Gefühl – auch wenn du es möglicherweise nur für den Bruchteil einer Sekunde erahnen konntest – Motivation sein, in diesem Buch weiterzulesen und der Praxis darin eine Chance zu geben.

Heute weiß ich, dass Leben so viel mehr bedeutet, als alle möglichen Anforderungen zu erfüllen, und dass die Angst mir so viel geschenkt hat. Ja, du liest richtig. Es geht nicht einfach darum, sich von ihr zu befreien, sondern auch darum, die Lerngeschenke der Angst auszupacken, um sich selbst in der Tiefe kennenzulernen. Und auch aus diesem Grund schreibe ich hier keines von diesen Büchern, die dich einfach nur (wieder) funktionieren lassen wollen. Es ist ein Buch, das dir helfen soll, die wahre Wurzel der Angst zu erkennen und zu lösen, um dadurch Stück für Stück zu einem wahrhaftigen Leben zu finden. Es geht mir darum, dass du dich nicht mehr von der Angst umklammern lässt, sondern dass du vielmehr aus freiem Herzen deine Angst umarmen kannst. Dankbar dafür, dass sie dir den Weg zur Freiheit gezeigt hat.

Wir dürfen verstehen, dass Angst nicht etwas ist, was es zu beseitigen gilt. Angst kann ein ganz natürlicher Alarmgeber dafür sein, dass etwas gerade nicht richtig ist. Wenn wir wissen, wie wir gesund mit ihr umgehen, können wir sie als Wegweiser nutzen – als Wegweiser zu dem Leben, für das wir gemacht sind und das wir wirklich aus unserem ganzem Wesen heraus bejahen können. Du wirst später im Buch noch genauer verstehen, was ich damit meine.

Für wen ist dieses Buch?

Dieses Buch entstand aus dem Mitgefühl, das ich für all die Menschen habe, die bewusst oder unbewusst unter Ängsten leiden. Ich verstehe ihren emotionalen Schmerz nur zu gut. Dieses Buch ist dabei nicht nur für jene, die sich extrem viele Sorgen machen, nachts grübelnd wachliegen und unter direkt spürbaren Ängsten leiden. Es ist genauso für alle, die unbewusst von ihren Ängsten geleitet werden. Und das sind, wenn wir es genau nehmen, wohl 99 Prozent der Menschen. Dieses Buch ist …

… für all die Menschen, die aus einer bewussten oder unbewussten Angst heraus in ihrem tristen oder furchtbar stressigen Job bleiben, weil er ihnen finanzielle Sicherheit zu bieten scheint.… für all die Menschen, die in einer ungesunden Beziehung ausharren, weil sie Angst vor dem Alleinsein haben oder befürchten, niemanden zu finden, mit dem sie eine wahre Liebe verbinden könnte.… für all diejenigen, die ihr Potenzial nicht leben und ihre tiefsten Sehnsüchte verkümmern lassen, weil es sicherer scheint, im gewohnten Umfeld zu bleiben.… für all jene, die das Gefühl haben, diese Welt sei ein gefährlicher Ort, wo es nur ums Überleben geht.… für all diejenigen, die sich ständig auf der Flucht vor sich selbst in Süchten und ungesundem Verhalten verlieren. … für alle Mütter und Väter, die Angst um ihr Kind haben oder davor, als Eltern etwas falsch zu machen.… für all diejenigen, die vor großen Herausforderungen im Leben stehen und merken, dass die Angst sie an wichtigen Schritten hindert.