Aderunita IV - Ela Bellcut - E-Book

Aderunita IV E-Book

Ela Bellcut

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Beschreibung

»Sian lebte seit Jahren mit einer sprechenden Katze zusammen. Aber nun einen realen Drachen wie Smaug aus den The Hobbit - Filmen zu sehen, machte ihn sprachlos.« Die Angriffe haben begonnen. Systematisch werden die Großstädte der Welt zerstört, sodass den Menschen nur noch die Flucht in ländliche Gebiete bleibt. Um die Zerstörung aufzuhalten, begeben sich die Paare der neuen Aderunita auf eine gefährliche Reise, um alle Mitglieder für den Weltrettungszauber zu vereinen. Alte Bekannte, eine neue Liebe und das Reich der Wasserelfen begleiten ihren Weg, bis ihnen selbst der Kampf um Leben und Tod bevorsteht. Werden Sian, Roza und ihr Team die Welt vor ihrem Untergang retten können? Oder birgt der Zauber selbst unerwartete Gefahren? Der vierte Teil bildet einen fulminanten Abschluss der Aderunita-Reihe, in dem Liebe, Familie und eine Reise um die Welt die Leser*innen verzaubert.

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DIE AUTORIN

Ela Bellcut ist gelernte Fotografin & ein laufendes kreatives Chaos. Mithilfe von To-do-Listen & Notizbüchern versucht sie, ihr Leben zwischen dem Brotjob & dem Schreiben zu händeln. Am liebsten zieht sie sich ins Grüne zurück, verbringt Zeit mit ihrer Katze oder widmet sich ihren ausgefallenen Ideen.

Ihre schriftstellerische Tätigkeit begann Ela mit Gedichten, Kurzgeschichten & Texten als Filmkritikerin für eine Onlineplattform. Im Juni 2019 ist beim Twentysix Verlag ihr Debütroman ‚Aderunita I – das Seelenband‘ erschienen & zum Top-Titel & Bestseller gekürt worden. Der 2. Band ‚Die Lichtelfen‘ folgte ein Jahr später & wurde zum Epic-Highlight gewählt. 2021 veröffentlichte Ela ‚Friends of Death – Jay & Lia‘, ein Sequel von Teil 2, der für den Indie-Seraph nominiert wurde.

Im September 2022 erschien der 3. Band ihrer vierteiligen Romantasy-/ Urban-Fantasy-Reihe ‚Aderunita‘.

»Jeder Einzelne ist ein Tropfen, gemeinsam sind wir ein Meer.«

Ryunosuke Satoro, japanischer Autor

Wir können die Welt verändern!

Inhaltsverzeichnis

VORWORT

1. DIE HAMBURGER IDYLLE

2. EIN SCHICKSALHAFTES TREFFEN

3. DAS LETZTE PUZZLESTÜCK

4. BALLAST DES SCHICKSALS

5. DIE NEUE ADERUNITA

CASS

6. DIE LETZTEN VORBEREITUNGEN

SIAN

7. KRAFT DER ERDE

8. ANGRIFF AUF HAMBURG

9. ÜBERFAHRT NACH ENGLAND

10. HILFE DER FEUERELFEN

11. DER CEHEIME ORDEN

12. WIEDERSEHEN IN ENGLAND

13. REISE INS UNGEWISSE

14. TREFFEN DER FAMILIE

15. DER VERLORENE ZAUBER

16. MAGIE ZUR WELTRETTUNG

10 TAGE SPÄTER

CONTENT NOTES

NACHWORT & DANKSAGUNG

VORWORT

Hallo liebe*r Leser*in,

schön, dass wir uns zur letzten Reise der Aderunita-Reihe wiederlesen. Wie du vielleicht schon am Cover erkannt hast, wird es in diesem Buch nicht nur um ein zentrales Liebespaar gehen. Denn zum Abschluss laufen die Geschichten meiner Protagonist*innen aus den ersten drei Teilen zusammen, weswegen auch alte Bekannte ihre eigenen Kapitel haben werden. Folglich ist es notwendig, die Vorgängerromane gelesen zu haben, damit du die Handlung in diesem Buch nachvollziehen kannst.

Ich bin sehr gespannt, wie du den Reihenabschluss findest, und freue mich, dich später im Nachwort zu begrüßen.

PS: Die erwähnten Orte sind fiktional abgeändert und entsprechen nicht der Realität. Zudem möchte ich mich dafür entschuldigen, falls ich die maorische Kultur nicht hundertprozentig richtig vermittelt haben sollte. Ich habe mir bei allen kommenden Themen die größte Mühe gegeben, bestmöglich zu recherchieren. Die Auflistung der Content Notes findest du auf der Seite 324.

1. DIE HAMBURGER IDYLLE

Rozas Kopf pochte schmerzhaft. Verschlafen öffnete sie die Augen, konnte jedoch mit dem Bild, das sich in dem schummrigen Licht vor ihr auftat, nichts anfangen. Irritiert starrte sie auf die schlichte Holzwand ihr gegenüber. Der gesamte Raum schien aus Holz zu bestehen. Nur durch ein kleines Fenster ohne Glas rechts von ihr drang Helligkeit hinein.

Bin ich im Elfenbaum?

Sie hatte keine Ahnung. Ihr war einfach nur elend zumute. Denn alles tat ihr weh – ihr Kopf, ihr Oberkörper, ihre Beine. Es kam ihr vor, als könnte sie niemals wieder einen Fuß vor den anderen setzen.

Kinderlachen und Hundebellen erklangen von draußen und just durchzuckte sie die Erkenntnis: Wir haben Rumänien verlassen und sind jetzt in Hamburg! Ich habe im Garten des Elfenhauses ein Baumhaus wachsen lassen. Das ist es!

Ihre Mutter hatte mehrmals nach Custo und ihr gesehen, ihnen Bettzeug, Schlafshirts, Essen und Trinken gebracht. Doch Roza war immer wieder nach wenigen Minuten vor Erschöpfung eingeschlafen, geplagt von Vates’ Wissen, den Visionen und den vergangenen Bildern: die demolierte Blockhütte, in der sie die letzten fünfzehn Jahre mit Custo, Catrinel und Gheorghe gelebt hatte; die bewusstlosen Elfen, denen sie die Energie entzogen hatte, um Erdély zu schützen.

Nein, Großmutter hatte das getan!

Nachdem Roza ihre Kräfte übernommen hatte, hatte Vates es irgendwie geschafft, die Kontrolle über ihren Körper an sich zu reißen. Ist sie noch in mir?

Angst kroch kalt durch ihre Adern, während sie unbeweglich verharrte und in sich hineinhorchte. Vates’ Magie pulsierte in ihr wie ein Energieball, der von innen aus ihr herausbrechen wollte. Aber ihr Körper kämpfte dagegen an. Deshalb die Schmerzen!

Zudem drängten fremde Erinnerungen an die Oberfläche ihres Bewusstseins. Unzählige zusammenhanglose Bilder, die ihr Verstand niederzuringen versuchte. Trotzdem blitzten unaufhörlich neue Schnappschüsse vor ihrem geistigen Auge auf: der Wald ihrer Heimat, verschiedene Gesichter, ein Schiff, der Eispalast, ein Gewässer mit Gestaltwandlern in diversen Meerestierformen, das Elfenhaus, wabernde Dunkelheit.

Sie schloss angespannt die Augen, verkrampfte sich, während ihr Kopf jede Sekunde zu explodieren drohte.

Plötzlich schlang sich von hinten ein Arm um ihre Taille und eine andere Magie umhüllte sie. Eine, die ihr wie Wasser in einer Wüste vorkam, die Erlösung und Frieden versprach.

Erleichtert atmete Roza auf, als das Band zu Custo ihr half, die Kräfte in ihrem Inneren zu besänftigen. Innerhalb von Sekunden ebbten die fremden Eindrücke ab, sodass ihr Verstand ruhiger wurde, ihre Atmung langsamer und ihre Muskeln sich allmählich entspannten.

Mit einem tiefen Atemzug schlug Roza wieder die Augen auf und schaute an ihrem Körper hinab, der von einer Decke umhüllt wurde und auf der Custos Arm lag. Automatisch wanderten Rozas Finger zu seinen, um diese miteinander zu verschränken.

Prompt zog er sie dichter an sich, sodass sein warmer Oberkörper sich an ihren Rücken schmiegte.

Ihr Herz machte einen euphorischen Satz und Gänsehaut überzog ihren Körper. Sie spürte seinen unveränderten gleichmäßigen Atem im Nacken und schloss für Sekunden die Augen. Roza ließ sich in die Wärme und Ruhe fallen, die er ihr gab, und genoss das wohlige Gefühl seiner Nähe.

Es war für sie wie eine wundersame Fügung, dass er ihr Aderuni war. Denn er hatte stets zu ihr gehört, war von klein auf ihr bester Freund und ihre Konstante in all den Jahren gewesen. Sie war froh, dass sich das nicht ändern würde. Dass er weiterhin die eine Person war, die ihr Halt in dem ganzen Chaos gab, das sich seit der Offenbarung der Elfengeheimnisse ergeben hatte.

Ein Lächeln schlich sich auf ihre Lippen und ein leises Seufzen entrang sich ihr. Gleichzeitig intensivierte sich das Band der Aderunita, wodurch die Anziehung zu Custo weiter anstieg.

Vorsichtig hob sie seinen Arm an und drehte sich langsam zu ihm um. Ihre nackten Beine streiften dabei seine und allein die kurze Berührung jagte ein Kribbeln durch ihren Körper, welches sich in ihrer Magengrube sammelte.

Sie taxierte verblüfft sein Gesicht und platzierte seine Hand wieder auf ihrer Taille, ohne ihn zu wecken. Ein leichter Bartschatten zierte sein Kinn und seine Wangen. Wie viele Tage sind seit unserer Ankunft vergangen?

Mit angehaltenem Atem streckte Roza die Finger zu seinem Gesicht aus, das sich durch die Bartstoppeln rau anfühlte. Dann rutschte sie näher an ihn heran. Dabei ließ sie ihre Hand auf seinem Kiefer ruhen und strich mit dem Daumen über seine Lippen.

Ein Lächeln zupfte an seinen Mundwinkeln.

Ertappt zog sie ihre Hand zurück, ehe er träge die Augen öffnete. „Hast du gut geschlafen?“, flüsterte sie, um ihre Nervosität zu überspielen.

„Wie ein Stein“, erwiderte er grinsend und musterte sie. Peu à peu überlagerte die Sorge seine Gesichtszüge und das Lächeln versiegte. „Geht es dir etwas besser?“ Seine Finger strebten ihrem Gesicht entgegen.

Ihr Mund wurde trocken und ihr Herz stolperte in einen unregelmäßigen Takt.

Er strich über Rozas Haar, ihre Wange entlang und verharrte dort mit einer beruhigenden Wärme.

Sie legte ihre Hand auf seine und hätte am liebsten ihre Finger über seinen Körper wandern lassen. Stattdessen besann sie sich auf seine Frage. „Vates’ Energie ist anstrengend.“

„Vielleicht wird es Zeit, das Baumhaus zu verlassen.“ Custo sah zu der Fensteröffnung und Roza wollte ihm direkt widersprechen, doch er redete bereits weiter: „Die Sonne scheint und die Lichtenergie hilft dir sicher besser als nur Ruhe und Silvas Essenslieferungen.“

„Mag sein“, murmelte sie widerstrebend. „Wir können es probieren.“

Ganz sanft zog Custo seine Hand zurück und richtete sich auf, ohne dabei ein Anzeichen von Erschöpfung zu zeigen. Sofort vermisste sie seine Wärme und vereinzelte Bilder manifestierten sich vor ihrem geistigen Auge. Sie versuchte, diese zu verdrängen, indem sie sich auf Custos Anblick konzentrierte.

Nur in Boxershorts und mit einem T-Shirt bekleidet, stand er auf und sah sich im kleinen Raum um, in dem er gerade so aufrecht stehen konnte. Kurzerhand zog er das Schlafshirt aus und ihr Kopf war schlagartig wie leer gefegt.

Währenddessen griff er sich eins der weißen Habanaekleider, die auf dem Holzboden lagen, und zog es an. Es bildete einen schönen Kontrast zu seinem dunklen Haar und Teint und fiel luftig gen Boden. Ohne das schlichte Leinenkleid seitlich zu schnüren, hockte er sich vor das Bett, auf dem Roza unverändert lag, und flüsterte: „Komm, ich helfe dir beim Aufstehen.“

Seine weiße Haarsträhne fiel ihm dabei ins Gesicht. Wie gewohnt strich Roza sie beiseite und wusste mit dieser eigenartigen Gewissheit, die nur von Vates kommen konnte, dass die Strähne und auch seine weiße Augenbraue das Resultat der Magie ihrer Großmutter waren.

Sie schob die Information gedanklich beiseite, schlug die Bettdecke zurück und richtete sich mit Custos Hilfe auf. Schlagartig überrollten sie die Schmerzen. Mit einem Ächzen stützte sie sich mit den Ellenbogen auf die Knie und ihr Gesicht sank mit in ihre Hände.

Sofort setzte sich Custo neben sie und umfasste mit einem Arm ihre Schultern. Sie lehnte sich mit geschlossenen Augen an ihn, bis das dumpfe Gefühl in ihrem Kopf abnahm.

„Wieso geht es dir so viel besser als mir?“, flüsterte sie, während ihre Erschöpfung sie wie ein bleierner Mantel einhüllte und zurück in die Waagerechte zog.

„Wenn ich könnte, würde ich dich von Vates’ Kräften befreien. Sie schwächen dich einfach enorm.“

„Hm, vielleicht schlägt Luft auch nur Licht.“

Er gluckste und drückte sie fester an sich. Durch die Berührung schwappte etwas von seiner Energie zu ihr herüber, ohne dass er es zu merken schien, denn er sprach unbekümmert weiter: „Leider hat uns Silva keine Wechselsachen gebracht. Du müsstest daher noch in dein Kleid schlüpfen, außer du willst nur im Shirt und Slip hier raus.“

Roza schaute zu ihren nackten Beinen und erneut stolperte ihr Herz in einem unregelmäßigen Takt. Sie hatte keine Ahnung, wie sie es schaffen sollte, das T-Shirt allein aus und das Kleid anzuziehen. Und Custo diese Aufgabe zu übertragen … Oh, nein!

„Zieh es mir bitte einfach über den Kopf“, grummelte sie. „Irgendwie wird das schon passen.“

Er zog das zweite Kleid mit dem Fuß zu sich, ergriff es und stand damit auf. Sachte stülpte er es ihr über, während sie darum kämpfte, aufrecht sitzen zu bleiben.

Tatsächlich fiel die A-Linie des Leinenstoffs so weit aus, dass es ohne die seitliche Schnürung gar nicht so sehr auffiel, dass Roza noch ein T-Shirt darunter trug.

Dann zog Custo sie langsam in die Höhe und hielt sie mehr, als dass sie aus eigener Kraft stehen konnte.

„Soll ich dich lieber tragen?“, fragte er sanft.

„Mhm“, brummte sie, da die Müdigkeit sie bereits von Neuem zu übermannen drohte.

In einer fließenden Bewegung hob er sie auf seine Arme und trug sie zur schmalen Tür des Baumhauses. Anschließend schwebten sie mithilfe seiner Luftmagie zu Boden.

Auf der linken Seite der Wiese, nahe einem großen Holzschuppen, spielten Asarina und Logidur mit Tilli und Mia Fangen, während drei Hunde bellend um sie herumtollten. Die vier Personen sahen aus wie bunte zusammengewürfelte Farbkleckse. Ina trug eine rote Cordhose mit cremefarbenem Pullover und ihre dunklen Locken hüpften beim Laufen auf und ab. Logi hatte eine gelbe Regenjacke an und dazu eine beigefarbene Cargohose, die schon mehrere Grasflecke aufwies. Sein rotes Haar wirkte wie ein wuscheliger Mopp, der in die Höhe stand und in dem sich Laubblätter verfangen hatten, als hätte er sich auf dem Boden gewälzt. Die vierjährige Mia hatte ihr schulterlanges braunes Haar zu zwei seitlichen Zöpfen geflochten. Sie trug ein langärmliges Jeanskleid, eine pinkfarbene Strumpfhose und violette Stiefel. Ihre zwölfjährige Schwester hingegen trug ihr rückenlanges blondes Haar offen, hatte einen marineblauen Oversize-Pullover, dunkle Sportleggins und blaue Nike-Schuhe an.

Auf der anderen Seite der Wiese standen vier Liegestühle. Dort saß Aurora in ihrer Katzengestalt und zu ihrer Rechten Alba in einem langen eisblauen Wollkleid, welches gut mit ihrem weißen Haar und dem blassen Teint harmonierte.

Custo steuerte die zwei an und rief: „Hallo, meine Damen.“

„Moin!“, antwortete Aurora wie eine eingefleischte Hamburgerin. „Schön, dass ihr wach seid.“

„Wie geht es euch?“, warf Alba besorgt ein.

„Sicher gleich besser“, meinte Custo und setzte Roza behutsam auf den freien Stuhl rechts von ihr ab, ehe er sich auf dem Platz daneben niederließ.

Asarina kam mit einem breiten Lächeln zu ihnen gelaufen. „Endlich seid ihr aufgestanden!“, begrüßte sie Roza und Custo. „Wollt ihr etwas essen?“

„Oh, gute Idee, Ina.“ Er wollte aufstehen, doch Roza hielt ihn am Arm zurück.

„Es wäre nett, wenn du uns was bringen könntest“, sagte sie zu Asarina, ehe sie Custo mental zusandte: „Bitte bleib, damit mein Kopf etwas Ruhe hat.“

Er nickte und verschränkte seine Finger mit ihren.

„Klar!“, erwiderte Ina. „Mit Glück haben Harry und Nel noch was vom Frühstück übrig.“ Sie drehte sich um und lief in Richtung Elfenhaus.

Roza lehnte sich seufzend gegen die Holzlehne und konzentrierte sich auf das Gefühl von Custos Hand in ihrer. Die Herbstsonne, die ihr entgegenstrahlte, milderte zum Glück ihre Schmerzen. Es kam ihr vor, als würde ihr Körper die Lichtpartikel in sich aufsaugen, um sich selbst zu heilen.

Unterdessen wanderte Rozas Blick zu dem weißen Herrenhaus und dem umgebenden Wald, dessen Gelbund Orangetöne wunderschön leuchteten. Trotz des Herbstes war es in der Sonne recht mild, weshalb sie auch in dem Habanaekleid nicht fröstelte.

Ihr gegenüber lief gerade Mia jauchzend vor einer silbergrauen Deutschen Dogge davon, deren Kopf mit ihrem fast auf einer Höhe war. Hinter dieser stand Tilli und zückte ihr Smartphone. Sie überragte den großen Rüden beinahe um das Doppelte, hockte sich nun jedoch hin, um ein Foto von ihrer Schwester zu machen. Logidur stand derweil etwas abseits und sah zu Roza hinüber, während ein Jack-Russel-Terrier bellend um ihn herumsprang und den Elf aufforderte, den Ball in seiner Hand zu werfen. Roza mied Logis forschenden Blick und schaute stattdessen neben sich. Aurora hatte die Augen geschlossen und wirkte völlig entspannt. Alba hingegen kniff ihre angestrengt zusammen und strich sich über die Stirn.

„Hast du Kopfschmerzen?“, fragte Roza sie.

Ihre Cousine wandte sich ihr zu und wirkte genauso müde, wie Roza sich fühlte. „Unsere Schicht ist eben zu Ende gegangen und die Arbeit mit der modernen Technik, die engen Räumlichkeiten … Es ist alles recht neu für mich. Aber allmählich gewöhne ich mich ein und mithilfe der Lichtenergie geht es gleich wieder.“

Obwohl Alba unbeschwert klingen wollte, nahm Roza sehr deutlich ihre Überforderung mit dem Leben in Hamburg wahr. Ihre Cousine sehnte sich nach ihrer Heimat und der Ruhe des Elfenbaumes zurück.

„Ich bin dennoch froh, mit euch gekommen zu sein.“ Alba wies auf Mia und Tilli. Ein Schwall von Glücksgefühlen schwappte von ihr zu Roza herüber. „Allein, um meine Nichten kennenzulernen, hat es sich gelohnt. Ich habe bereits genug von Jolandas Leben verpasst.“

„Wie läuft es denn zwischen euch?“, fragte Custo.

Alba schüttelte den Kopf und Bedauern manifestierte sich in ihr. „Wir haben uns bisher nur zu den Schichtwechseln gesehen und noch nicht reden können.“

„Das tut mir leid“, gab er zurück.

Alba nickte mit verkniffenem Mund.

„Was ist das eigentlich mit dir und Jo?“, hakte Aurora nach und wandte sich Alba zu. „Wie lange wollt ihr euch noch aus dem Weg gehen? Könnt ihr euer Kriegsbeil nicht endlich begraben?“

„Es steht ein ganzes Jahrhundert zwischen uns, das sich nicht in Luft auflöst, nur weil wir jetzt an einem Strang ziehen. Ich kann eher froh sein, dass Jolanda mich nicht von hier davonjagt, so wie ich mich in den letzten Jahrzehnten verhalten habe. Ich war ihr keine gute Schwester. Anstatt ihr zu helfen, habe ich Mundus unterstützt und Jolanda sogar in Erdély angegriffen.“

„Das ist jetzt fünfzehn Jahre her“, brummte Aurora.

„Also du und Computer, Alba?“, warf Roza ein, um sie von Jo abzulenken und das vorherige Thema nochmals aufzugreifen. „Das hätte ich nie gedacht.“

Ihre Cousine lächelte gequält. „Ich auch nicht. Aber so konnte ich mich wenigstens nützlich machen.“

„Es gibt unglaublich viel zu tun“, mischte sich Aurora erneut ein. „Deswegen arbeiten wir aktuell in einem Drei-Schicht-System, damit das Elfenhaus rund um die Uhr für die globalen Gruppen erreichbar ist. Von mittags bis abends übernehmen Ina, Logi und Smyril. Alba, Cass und ich bilden die Nachtschicht. Jo, Silva und Sian sind von früh bis mittags aktiv. Sie sind gerade im Büro, um mithilfe des größeren Teams in der Hamburger Speicherstadt die Elfen weltweit zu mobilisieren. Diese evakuieren die jeweiligen Krisengebiete, heilen die dortigen Verletzten oder stellen sich sogar den derzeitigen Angriffen mit Magie entgegen.“

Plötzlich fehlte Roza die Luft zum Atmen.

„Gab es noch mehr Katastrophen?“, fragte Custo an ihrer Stelle und drückte ihre Hand fester. „Wie lange haben wir geschlafen?“

„Zweieinhalb Tage“, antwortete Alba.

„Was?“, stießen er und Roza unisono aus.

„Wir können euch später alles erzählen“, erwiderte Alba. „Ich glaube, ihr solltet euch mit den aktuellen Geschehnissen noch nicht belasten.“

Zeitgleich blitzten Bilder in Rozas Kopf auf. Eine riesige Welle mähte Hochhäuser nieder; Personen rannten auf der Straße um ihr Leben. Asphalt riss auf und Autos rutschten in die entstehende Erdspalte. Ein weinender Junge kauerte mit seiner Mutter unter einem Tisch; Geschirr zerschellte auf dem Boden um sie herum. Flackerndes Neonlicht in einem Supermarkt beleuchtete drei Männer, die um eine Flasche Wasser kämpften.

Roza schloss die Augen und presste ihre freie Hand vors Gesicht, als könnte sie so die Szenen stoppen, die auf sie einprasselten. Custos zweite Hand umschlang ihren Arm und allmählich klangen die Bilder ab.

Mehrmaliges Durchatmen war nötig, ehe Roza ihre Hand wieder senkte. „Gebt mir bitte trotzdem eine Zusammenfassung“, murmelte sie erschöpft, weil sie verstehen wollte, was genau sie gerade gesehen hatte.

„Roza“, sandte Custo ihr sanft zu und sie blickte ihm entgegen. Er hatte sich so weit zu ihr gebeugt, dass er nur noch seitlich auf seiner Sonnenliege saß. Er schüttelte den Kopf. „Ruh dich erst mal aus.“

„Einige Wasserelfen“, begann Aurora jedoch schon, „die sich laut Thalia vom Hoheitsgebiet der Antarktis abgespalten haben, greifen systematisch mit gezielten Überflutungen Großstädte in Ost- und Südostasien an. Es hat neben Tokio und Osaka fünfzehn weitere getroffen. Darunter sind beispielsweise Shanghai, Hongkong und Taipeh. Ein Ende ist nicht abzusehen, da sie in westlicher Richtung auf dem Vormarsch sind.“

Mit Bestürzung lauschte Roza den Ausführungen.

„Zudem sind die Ballungsgebiete der USA von unzähligen Erdbeben betroffen“, fuhr Aurora fort. „Offenbar hat Mundus seine Anhänger in fast allen dortigen Großstädten stationiert, um diese anzugreifen. Durch die Zerstörungen und deren Folgen versinken die Städte im Chaos. Aktuell arbeiten wir mit Hochdruck daran, die Bevölkerung in die naturbelassenen Gegenden zu evakuieren.“ Sie fuhr sich mit ihrer Pfote erschöpft über das Gesicht. „Die anderen Kontinente sind bisher verschont geblieben, aber die Schäden und Opferzahlen sind leider trotzdem horrend.“

Roza fühlte sich wie erschlagen von den Schreckensnachrichten. Am liebsten hätte sie etwas unternommen. Doch sie konnte nur erschöpft dasitzen, während ihr die Tränen kamen und Custo ihre Hand drückte.

In dem Moment kam Silva aus dem Hintereingang des Hauses und lief ihnen enthusiastisch entgegen. Sie trug eine lässige Jeans, einen weißen Wollpullover, der ihr dunkles offenes Haar und ihre blauen Augen hervorhob. Kaum hatte sie die Liegestühle erreicht und sah, dass ihre Tochter weinte, zwängte sie sich auf die Sitzfläche neben Rozas Knie und zog sie an ihre Brust. „Ach, mein Liebling, bist du noch sehr erschöpft?“

Roza schmiegte sich an den weichen Pullover ihrer Mutter und sog ihren blumigen Duft ein, ohne dabei Custos Hand loszulassen oder zu antworten.

„Ich wollte schon, dass Ina dich heilt“, redete Silva weiter. „Aber Logi hat davon abgeraten. Er sagte, dass Vates’ Energie dich schlichtweg überlastet und deshalb keine Heilung helfen würde.“ Sie lehnte sich zurück, rückte etwas ab und musterte ihre Tochter eingehend.

Roza blickte jedoch an ihrer Mutter vorbei, denn hinter ihr traten nacheinander Catrinel, Gheorghe und Ina auf den Rasen und trugen vollgestellte Tabletts in den Händen, auf denen sich Geschirr und Lebensmittel befanden. Wollen die drei ein Festgelage veranstalten?

„Sieht ganz so aus“, erwiderte Custo mental, ohne dass sie die Frage an ihn gerichtet hätte. „Das passt gut, ich habe nämlich einen Bärenhunger.“

Auch Rozas Magen knurrte prompt bei dem heranwehenden Duft von Brot und Nels Früchtetee.

Während Ina mit einem Tablett zu Logidur und den Kindern ging, kamen Catrinel und Gheorghe bei den Sonnenstühlen an. Sie trugen beide grüne Strickpullover, Jeans und sahen richtig erholt aus.

„Wie geht es euch?“, fragte Nel.

Gleichzeitig nahm Silva ihr das Tablett mit den belegten Brötchen ab und platzierte es auf ihrem Schoß.

„Es wird besser“, antwortete Roza und griff sich eins mit Bärlauchaufstrich und Gurke. „Und gefällt es euch hier?“, hakte sie nach, ehe sie genüsslich abbiss.

„Ja, alle sind sehr nett und zuvorkommend“, meinte Catrinel und setzte sich vor Custo, der seine Füße bereits von der Liege genommen hatte.

„Allgemein ist das Gemeinschaftswesen hier großartig“, fügte Gheorghe an und ließ sich im Schneidersitz auf dem Gras ihnen gegenüber nieder. „Alles ist gut strukturiert, sodass jeder eine Aufgabe hat.“

Obwohl die zwei lächelten, nahm Roza ihre Sehnsucht nach ihrem Zuhause wahr, weil das Leben im Elfenhaus ihnen zu wuselig war.

„Deswegen habe ich auch nicht viel Zeit“, erwiderte Nel. „Ich habe mit Harry heute Küchendienst und wir müssen das Mittagessen vorbereiten.“

„Musst du ebenfalls gleich los?“, fragte Custo Gheorghe mit enttäuschtem Unterton.

„Leider ja. Ich helfe Smyril beim Transport der Sandsäcke, die noch entlang der Elbe verteilt werden müssen. Danach fahren wir einkaufen.“

„Und ich muss ins Büro zurück.“ Silva schaute bei den Worten zum ersten Stock des Elfenhauses, als erwartete sie, dass gleich jemand nach ihr riefe.

„Das ist hier doch kein Arbeitslager!“, platzte Aurora dazwischen. „Niemand nimmt es euch übel, wenn ihr eine Pause macht oder irgendwelche Aufgaben später erledigt. Na, hört mal.“

Alba wandte sich ihr zu. „Bist du nicht diejenige, die vor unserem Schichtbeginn immer sagt: ‚Nur ein summender Bienenstock ist eine funktionierende Einheit‘?“

„Doch nur weil Kommunikation das A und O ist“, konterte Aurora und verdrehte die Augen. „Bei euch klingt das ja, als wäre Nichtstun keine Option.“

„Ist es das denn?“, neckte Gheorghe sie.

Alle grinsten, während Aurora mürrisch brummte.

Roza blickte sprachlos in die Runde. Wie kann weltweit so viel Schreckliches passieren und hier wirkt das Leben so alltäglich?

„Hast du die Magie jetzt besser unter Kontrolle?“, hakte ihre Mutter aus heiterem Himmel nach und ihre Unruhe schwang zu Roza hinüber.

Sie konnte dabei nicht differenzieren, ob Silva sich nur um sie sorgte oder ob ihre Mutter Angst vor Rozas Kräften hatte. Tatsächlich wusste sie nicht einmal, was sie darauf antworten sollte. Besonders nicht, weil alle sie nun aufmerksam taxierten.

„Jetzt lass sie erst in Ruhe essen“, kam Custo ihr zu Hilfe und setzte sich kurzerhand neben Roza auf die Liege, sodass sie sich an ihn lehnen konnte und beide Hände frei hatte.

„Apropos Essen, möchtet ihr lieber Kokosjoghurt mit Heidelbeeren oder Baked-Beans?“, fragte Gheorghe.

„Gern den Joghurt“, antwortete Roza erleichtert, da das unangenehme Thema vorerst aufgeschoben schien, und nahm eine kleine Glasschale entgegen.

„Ich nehme die Bohnen“, erwiderte Custo und Nel reichte ihm eine halbvolle Schüssel.

Danach goss sie Früchtetee in zwei Tassen und stellte diese neben Roza und Custo auf den Boden.

„Wo ist eigentlich Cass?“, fragte er mit vollem Mund und drehte sich suchend nach seiner Schwester um.

Die Antwort schob sich wie eine Filmsequenz vor Rozas inneres Auge.

„Sie ist vorhin zur Gassirunde Richtung Elbe aufgebrochen“, erwiderte Aurora und wies zum umliegenden Wald.

„Sie wird gleich hier sein“, rutschte es Roza heraus. Erneut erntete sie neugierige Blicke. Hastig schaufelte sie den nächsten Löffel Joghurt in den Mund, in der Hoffnung, dass niemand nachfragen würde.

Doch Custo nahm den mentalen Weg. „Spürst du sie?“

„Nein. Ich sah gerade eine Szene, in der ich Joghurt aß und sie am Waldrand stand. Meine Schale ist gleich leer, also …“ Rozas Blick verirrte sich zum Wald.

Wie aufs Stichwort erschien Cassiopeia zwischen den Bäumen. Ihr dunkelbraunes Haar bewegte sich leicht im Wind. Der schwarze Mantel ging ihr bis zu den Knien. Darunter trug sie eine gleichfarbige Lederhose und Schnürstiefel. Anstatt dass Cass zu ihnen kam, blieb sie am Waldrand stehen und sah mit unzufriedener Miene zu ihnen herüber. Drei der Hunde neben ihr liefen in Richtung Stall. Nur ein Golden Retriever verharrte an ihrer Seite und sah zu Cassiopeia hoch. „Wollen wir los?“, hörte Roza den Hund fragen.

„Hey, Cass“, rief Custo, als sich seine Schwester bereits halb umgedreht hatte. „Möchtest du was essen?“

„Nein, danke.“ Sie hielt inne und wies auf den Retriever neben sich. „Ich will mit Jack ins Tierheim.“

„Was wollt ihr denn dort?“, horchte Aurora auf.

„Seine Freundin Leila abholen.“

„Aber ein Heim für Tiere klingt doch nett, wieso wollt ihr sie von dort wegholen?“, fragte Silva.

„Nett?“, schaltete sich Gheorghe empört ein. „Das, was ich bislang in Rumänien gesehen habe, war keineswegs nett! Dort sind die Tierheime in einem erbärmlichen Zustand und es gibt Tötungsstationen, die …“

„Aber hier in Deutschland ist das zum Glück ganz anders“, unterbrach Aurora ihn und wandte sich wieder an Cass. „Du kannst da nicht einfach auftauchen und einen Hund abholen. So was kostet Geld und die Tierheimangestellten überprüfen für gewöhnlich erst einmal das zukünftige Zuhause des Tieres, um herauszufinden, ob es überhaupt geeignet ist.“

Cassiopeia zuckte mit den Schultern, als würde das kein Problem darstellen.

Sie wird Magie benutzen!, erkannte Custo.

Doch ehe er den Gedanken laut aussprechen konnte, sandte Roza ihm zu: „Wir dürfen sie nicht aufhalten!“

Er neigte sich zur Seite und sah sie fragend an. „Wieso nicht? Sie wird bestimmt die Angestellten telepathisch beeinflussen, um die Hündin zu bekommen.“

„Cassiopeia!“, warf Silva zeitgleich ein. „Komm bitte nicht auf die Idee, wie früher mit Mundus’ Anhängern Tiere zu befreien und Gebäude zu zerstören!“

„Natürlich nicht“, lenkte Cass beschwichtigend ein. „Ich werde keine Schäden verursachen. Versprochen!“ Zügig wandte sie sich zum Gehen, während der Golden Retriever schwanzwedelnd neben ihr hertrabte.

„Aber auch keine mentale Manipulation, hörst du?!“, rief Aurora ihr nach.

Cassiopeia streckte die Hand mit erhobenem Daumen in die Höhe, ohne sich umzudrehen.

Silva stand auf, um ihr zu folgen, doch Roza hielt sie am Arm fest. „Mutter, lass sie bitte.“ Diese stockte in der Bewegung. „Es ist gut, wenn Cass etwas Ablenkung bekommt. Sie braucht das jetzt.“

Skeptisch setzte Silva sich wieder und schaute Richtung Waldrand.

„Hältst du das echt für eine gute Idee?“, fragte Custo.

„Misstraust du deiner Schwester so sehr?“

„Dickkopf bleibt Dickkopf“, kam nur zurück.

Roza war sich nicht sicher, ob er damit Cassiopeia oder sie selbst meinte. Nichtsdestotrotz wandte sie sich zum Wald um, wo Cass am Ende des Weges zu sehen war, und ein Lächeln stahl sich auf Rozas Lippen. Bald kann es losgehen!

2. EIN SCHICKSALHAFTES TREFFEN

Mit dem geklauten Schlüssel in der Hand ging Cassiopeia zum Haupthaus des Tierheims hinüber, in dem Jacks Freundin Leila untergebracht sein sollte.

Cass hatte ihr Versprechen an Silva längst gebrochen: Die Überwachungskamera über dem Haupteingang hatte sie bei ihrer Ankunft zerstört und die einzige Aufsicht, die sich im Nebengebäude aufhielt, hatte sie außer Gefecht gesetzt, ehe diese sie entdeckt hatte.

Cassiopeia wusste selbst nicht genau, ob es reine Gewohnheit war, so vorzugehen, oder ob sie nur lästigen Gesprächen entgehen wollte. Doch während das Adrenalin noch durch ihren Körper pulsierte, konnte sie nicht leugnen, wie sehr sie solche Aktionen in den letzten Tagen vermisst hatte.

Den Anblick, der sich nun vor ihr auftat, als sie die Tür des Hauptgebäudes aufschloss, hatte sie allerdings nicht vermisst. Zwinger, in denen verschiedene Hunderassen anzutreffen waren, flankierten die Seiten des länglichen Raumes. An dessen Ende waren drei Zimmer mit großen Glasfronten, in denen Katzen auf Kratzbäumen spielten, über den mit Spielzeug übersäten Boden tollten oder in Hängematten schliefen. Wieso sperren Menschen andere Lebewesen nur immer wieder ein?

Während Cass mit Mundus und seinen Anhängern durch die Länder gezogen war, hatte sie zugegebenermaßen weitaus Schlimmeres gesehen. Ihre Gruppe hatte Schweine, Hühner, Kühe und Wildtiere befreit, die kaum Platz zum Überleben gehabt hatten und ohne ihre Aktionen aufgrund der schrecklichen Lebensbedingungen elendig in den Pferchen gestorben wären.

Dahin gehend war das Tierheim hier deutlich besser. Trotzdem nahm Cassiopeia Gedanken von den Tieren wahr, die nicht glücklich waren. Einige Hunde träumten sich gerade auf Wiesen, über die sie rannten, wobei ihnen der Wind durch das Fell fuhr. Andere vermissten ihre Besitzer, zu denen sie sehnlichst zurückwollten.

Cass erfuhr dadurch, dass zwei von ihnen eingefangen worden waren, nachdem sie sich verlaufen hatten. Nun hofften sie, ihre Menschen würden sie nach Hause holen. Andere Tiere hatten vorher jedoch Furchtbares erlebt und waren jetzt einfach glücklich, einen Bereich für sich zu haben und nicht mehr mit ihren Brüdern und Schwestern in engen Käfigen oder Kofferräumen eingesperrt zu sein.

Cassiopeia ging langsam einige Schritte in den Raum hinein und ließ ihren Blick schweifen. Wieso haben die Hamburger Elfen nichts hiergegen unternommen? Immerhin kann Jo mit Tieren reden. Sie hätte herausfinden können, dass manche ein Zuhause haben und nur zurückgebracht werden müssen! Zudem hätten die Verletzten mittels Magie längst geheilt werden können.

Jack bellte neben ihr gedämpft. „Wir sollten uns beeilen!“, wies er sie an und lief zu einem der Zwinger, in dem ein dunkler Mischling lag. „Das ist Leila.“

Die Hündin erhob sich schwanzwedelnd von ihrem Schlafplatz. Einige andere Hunde kamen nun ebenfalls zu den Zwingertüren, bellten oder liefen aufgeregt in ihren Behausungen umher. „Gehen wir Gassi?“; „Gibt’s Futter?“; „Ball spielen?“; „Nimmst du mich mit?“, erklang es aus den unterschiedlichen Richtungen.

Prompt kam Cass eine Idee. „Alle, die nach Hause möchten oder hier langfristig wegwollen, werde ich befreien!“, rief sie und band sich ihr Haar zu einem Zopf, um sich für den Aufbruch vorzubereiten.

„Ja!“; „Freiheit!“; „Ich will mit!“; „Nach Hause!“; „Mein Tommi wartet schon auf mich!“

„Entschuldigen Sie, aber wer hat Sie hier hereingelassen?“ Die Eingangstür fiel ins Schloss.

Jack winselte und Cassiopeia drehte sich stockend zu der Stimme um. Sie erblickte eine Frau Ende dreißig mit dunkelbraunem, fast schwarzem langem Haar, welches ihr über die Schultern fiel. Sie trug einen umbrafarbenen Hut mit breiter Krempe und musterten Cass mit ihren braunen Augen misstrauisch. Ein filigranes, verschnörkeltes Tattoo zierte ihr Kinn und ihren Mund, das Cassiopeia so bislang nur bei maorischen Frauen gesehen hatte. Ein Moko Kauae. Um ihren Hals hing an einem schwarzen Lederband ein runder Jadestein, der zu einer Spirale geschnitzt war. Darunter trug sie einen grauen Rollkragenpullover, dazu eine dunkelgrüne Cargohose und über ihrem Arm hing eine bordeauxfarbene Sweatjacke mit dem Emblem des Tierheims darauf.

Während sie einander taxierten, spürte Cass die Magie der anderen. „Du bist eine Elfe!“, platzte sie heraus.

Die Frau blickte sie erschrocken an.

„Perfekt!“, sprach Cassiopeia weiter. „Dann muss ich mich ja nicht verstellen.“ Mit einer raschen Handbewegung sandte sie eine Windböe durch den Raum. So stark, dass die Elfe rückwärts stolperte, ihr der Hut vom Kopf flog und sie mit einem Keuchen gegen die Tür prallte. Benommen sank sie daran zu Boden.

Cass drängte die aufkommende Entschuldigung zurück und hastete den länglichen Raum entlang. Sie öffnete die Türriegel einiger Zwinger und ließ die Hunde frei, die mit ihr mitkommen wollten.

„Halt!“, rief die Tierheimangestellte hinter ihr. „Wartet! Ganz ruhig! Kommt her, kommt!“

Cassiopeia warf einen Blick über ihre Schulter. Die Elfe hatte wieder ihren Hut aufgesetzt und versuchte, auf den Knien rutschend, die umherlaufenden Hunde zu fassen zu kriegen. Diese tollten um sie herum und hatten sichtlich Spaß dabei, mit ihr Fangen zu spielen, während ihnen der Ausgang weiterhin versperrt war.

„Jack, die Tür!“, forderte Cass mental.

Der Golden Retriever nutzte die Ablenkung durch die anderen fünf Hunde und lief hinter der Elfe zum Ausgang.

Anscheinend konnte die Frau keine Gedanken hören, denn sie bekam Jacks Tun nicht mit. Wegen des Gebells der anderen Hunde hörte sie ebenfalls nicht, wie der Golden Retriever mit seinen Vorderpfoten die Klinke hinter ihr herunterdrückte und die Tür dann mit der Schnauze aufstieß.

„Mir nach!“, rief er Sekunden später und sprintete aus dem Tierheim.

Im Nu folgten ihm die fünf Hunde und sprangen an der Elfe vorbei, um in die Freiheit zu stürzen.

Cassiopeia rannte ebenfalls weiter, öffnete die erste Tür, um zwei Katzen aus ihrem Raum zu lassen.

„Hör auf damit!“, ertönte es hinter ihr, aber Cass dachte nicht daran und ging zum nächsten Zimmer, ließ auch dort einen Kater frei. Zeitgleich spürte sie die Elfe näher kommen. Cassiopeia wandte sich hastig um und schickte der Tierheimangestellten nochmals eine gezielte Windböe entgegen, sodass sie in den vordersten Zwinger stolperte.

Kurzerhand stürzte Cass in ihre Richtung und schob den Riegel vor das Zwingerschloss. Es würde die Elfe nicht lange aufhalten, aber den Tieren und Cassiopeia einen Vorsprung verschaffen.

Hinter ihr flüchteten die drei Stubentiger aus dem Tierheim, während sie vor dem Zwinger verharrte und die Elfe musterte.

„Wieso tust du das?“, fragte diese.

„Ich helfe den Tieren.“

„Helfen?“ Kopfschüttelnd trat die Frau näher.

„Ein Gefängnis bleibt ein Gefängnis, egal, wie schön ihr es einrichtet.“ Cass wies zum Ausgang, ohne den Blick von der Elfe zu nehmen. „Die Tiere waren hier unglücklich.“

„Glaubst du, woanders hätten sie es besser?“

„Manche haben ein Zuhause und dem Rest wird es im Elfenhaus besser gehen.“

Die Frau legte den Kopf schräg und taxierte sie nun eingehender. „Wer bist du?“

„Cassiopeia. Freut mich.“ Automatisch kroch ein Lächeln auf ihre Lippen. Am liebsten hätte sie weiter mit der Elfe geredet. Doch die Tiere hatten dem Gebäude längst den Rücken gekehrt, und es war nur eine Frage der Zeit, bis jemand sie hier erwischen würde.

„Vielleicht sehen wir uns ja wieder“, hörte Cass sich selbst sagen und wollte sich abwenden.

Allerdings bewegten sich ihre Füße nicht.

Sie strauchelte und schaffte es nur in letzter Sekunde, sich am Gitter festzuhalten, um nicht hinzufallen.

„So schnell gehst du nirgendwohin“, sagte die Frau herausfordernd. „Ruf zuerst unsere Tiere zurück! Du kannst doch mit ihnen reden, oder?“

Cassiopeia blickte hinab. Ein Erdhügel umschloss ihre Füße bis zu den Knien. Kleine Erdkrümel verteilten sich auf dem Steinboden zur offenen Tür hin. Offensichtlich hatte die Elfe ihre Magie angewandt und die Erde von draußen zu ihr bewegt, ohne dass Cass etwas davon bemerkt hatte. Wie konnte mir das entgehen?

Verwundert sah Cassiopeia zu der Frau. Diese stand nun direkt vor ihr, nur das Metallgitter trennte sie voneinander, und auf ihren Lippen war ein überlegenes Grinsen. Ihre linke Hand lag auf den Streben und war für Cass zum Greifen nahe. Prompt stolperte ihr Herz in einem unregelmäßigen Takt und eine Gänsehaut überzog ihren Körper. Etwas schien zwischen ihnen zu passieren, als würde sich die Luft um sie herum verdichten und elektrisch aufladen.

Irritiert musterte Cassiopeia die Fremde eingehender und lehnte sich näher zu ihr heran. Der Duft von Orangen und Melisse stieg ihr dabei in die Nase, als hätte die Erdelfe darin gebadet.

„Wie ist dein Name?“, hauchte Cass atemlos.

„Oriini“, erwiderte diese ebenso leise und sah zu Cassiopeias Lippen.

Cass wurde heiß und kalt zugleich und ihr Blick glitt ebenfalls zu Oriinis Mund. Das verschnörkelte Muster des Moko Kauaes schien sie zu hypnotisieren und der unwiderstehliche Sog zu Oriini nahm sie völlig ein.

„Wo bleibst du denn?“, erklang Jacks Stimme ungeduldig in Cassiopeias Kopf.

Sie blinzelte und wandte sich zum Retriever, der in der Eingangstür stand.

Dann kehrte ihr Blick zu Oriini zurück. Cass überkam ein Anflug von Bedauern, nun gehen zu müssen. Was hat sie bloß an sich, dass sie mich so aus dem Konzept bringt?

Leider hatte sie keine Zeit, um es herauszufinden. Daher erzeugte sie mit den Händen einen Luftwirbel, der um ihre Füße kreiste, sodass die Erde abgetragen wurde.

Kaum waren ihre Beine frei, stoppte sie die Luftmagie und blickte ein letztes Mal zu Oriini, die sich am Gitter festhielt. „Komm gern zum Elfenhaus. Du bist herzlich eingeladen.“ Von Neuem verzog sich Cassiopeias Mund zu einem Lächeln, als hätte er ein Eigenleben entwickelt.

Dann lief sie los und folgte dem Golden Retriever hinaus.

3. DAS LETZTE PUZZLESTÜCK

Oriini stand im Zwinger und sah zu der Stelle, wo Cassiopeia Minuten zuvor verschwunden war.

Was ist gerade passiert?

Ihr Blick glitt zum glatten Steinboden, zu den Überresten der Erde. Ich habe sie wirklich aufhalten können!

Nur um sie dann laufen zu lassen?!

Ori war über sich selbst überrascht. Einerseits, weil sie überhaupt noch auf ihre elementaren Kräfte zugreifen konnte, denn sie hatte ihre Magie ewig nicht mehr benutzt. Andererseits, weil sie danach so etwas wie einen Blackout gehabt haben musste und seither nur untätig herumstand. Bei der Begegnung waren ihr sogar ganz absurde Gedanken gekommen. Anstatt sauer auf diese Einbrecherin zu sein, hatte Oriini sich doch tatsächlich nach Cassiopeias Lippen gesehnt und hätte sie am liebsten geküsst. Sie muss mich irgendwie mental beeinflusst haben!

Obwohl …?

In ihrer Nähe hatte sich Ori wie elektrisiert gefühlt. Auch jetzt kam es ihr noch so vor, als hätte diese Elfe etwas in ihr zum Schwingen gebracht, wodurch eine prickelnde Energie ihren Körper durchzog. Was ist das für eine Magie?

Ein Motorgeräusch auf dem Vorplatz des Tierheims ließ Oriini aus ihrer Starre erwachen. Hastig quetschte sie ihre Hand durch das Gitter, um den Riegel des Schlosses beiseitezuschieben.

Sie war gerade aus dem Hundezwinger getreten, als ihre Kollegin eintrat. „Moin, Ori“, begrüßte Kerstin sie, ehe ihre Bewegung ins Stocken geriet. Irritiert blickte sie sich um. „Wieso sind denn einige Zwinger auf? Wo sind die Hunde?“

„Ähm …“ Oriini dachte fieberhaft nach, wie sie die Sache erklären sollte, verwarf jedoch schnell die Überlegung, das Geschehen mit Cassiopeia zu schildern. „Keine Ahnung. Ich bin nur ein paar Minuten vor dir angekommen und da hier die Eingangstür offen stand, bin ich direkt hergegangen. Da waren die Hunde aber schon weg.“ Immerhin die halbe Wahrheit. Zum Glück hatten sie keine Überwachungskameras im Gebäude. Allerdings war die Einfahrt überwacht.

„Bestimmt ist Mel mit ihnen raus“, warf Kerstin ein.

Oh, nein! Melanie, die Frühaufsicht, hatte Ori völlig vergessen. Normalerweise kümmerte sich am Morgen nur ein Pfleger um das Füttern der Tiere. Erst um elf Uhr kamen zwei weitere Angestellte, um die Zwinger zu säubern. Gegen dreizehn Uhr begannen dann die ehrenamtlichen Helfer, mit den Hunden Gassi zu gehen. Ihre Kollegin war sicher im Büro gewesen, hatte die E-Mails und eingehenden Anrufe abgearbeitet, als Cassiopeia aufgetaucht war. Hat sie Mel etwas angetan?

„Lass uns mal im Büro nachsehen!“, schlug Oriini ruhig vor, obwohl sie am liebsten sofort losgestürmt wäre. Stattdessen bemühte sie sich, ihre Lügen aufrechtzuerhalten. „Vielleicht hat sie ja eine Nachricht hinterlassen, wenn sie mit den Hunden los ist.“

Kerstin nickte und gemeinsam gingen sie ins Nebengebäude. Bereits als sie die Tür durchschritten, hörte Ori das laute Schnarchen ihrer Kollegin. Diese lag vornübergebeugt auf dem Büroschreibtisch und wirkte unversehrt.

Kerstin lief zu Melanie hinüber, rüttelte an ihrer Schulter. „Mel? Hey, Mel!“ Sie sah dabei noch blasser aus, als sie eh schon war, sodass sich ihre Sommersprossen intensiver von ihrer Haut abhoben.

„Hm?“, erklang es brummend. Verschlafen richtete sich ihre Kollegin auf, ehe ihr der Schreck durch den Körper fuhr. „Oh, sorry. Ich bin wohl eingedöst.“ Sie rieb sich über die Augen und gähnte herzhaft.

„Hast du jemanden gesehen, bevor du weggenickt bist?“, hakte Oriini besorgt nach.

„Nein. Wieso?“, fragte Melanie.

Kerstin schilderte ihr, dass fünf Zwinger offen waren und die Hunde fehlten, aber Ori hörte nicht richtig zu. Ich muss unbedingt Noah anrufen, um zu erfahren, wo das Elfenhaus ist. Womöglich hat Cassiopeia ja alle Tiere dahin mitgenommen und ich kann sie zurückbringen. Dann könnte ich die Sache problemlos klären, ohne das Elfengeheimnis zu verraten.

Ja, klar. Natürlich willst du nur deshalb herausfinden, wo Cassiopeia ist, flüsterte Oriinis innere Stimme ihr süffisant zu.

Sie schüttelte den Kopf. Denn es war lächerlich. Das, was ich fühle, ist nur Neugierde, nichts weiter! Eigentlich sollte ich eher wütend auf sie sein, nach dem was sie hier abgezogen hat!

„… lass uns die Polizei rufen“, schnappte Ori aus Mels und Kerstins Gespräch auf.

Okay, ich muss wirklich dringend mit Noah reden!

Sie räusperte sich, um die Aufmerksamkeit ihrer Kolleginnen zu gewinnen. „Ich weiß, das ist jetzt wahrscheinlich der denkbar schlechteste Zeitpunkt dafür, aber wenn die Polizei meine Aussage aufgenommen hat, müsste ich leider eine familiäre Angelegenheit klären und losfahren, sofern das okay ist. Wisst ihr, mein Bruder …“

„Oh nein, was ist mit Noah?“, platzte Kerstin dazwischen und Oriini verkniff sich bei dem besorgten Tonfall ein Grinsen. Sie hatte schon lange den Verdacht, dass ihre Kollegin in ihn verschossen war.

„Ach, nichts Schlimmes. Aber er benötigt unbedingt meine Hilfe in seiner Tischlerei. Eigentlich war ich nur hier, um zwei Stunden zu arbeiten, bis die Helfer kommen. Danach wollte ich zu ihm fahren.“ Die Lügen gingen ihr leichter über die Lippen, als sie erwartet hätte.

„Ja, kein Problem. Wenn dein Bruder Hilfe braucht, dann fahr ruhig, sobald die Polizei hier war. Den Rest schaffen wir später allein.“

„Super, vielen Dank.“

***

Es vergingen fast zwei Stunden, bis die Polizei eingetroffen und sowohl alle Personalien als auch die Aussagen aufgenommen hatte. Ori hatte ihnen die gleiche Geschichte aufgetischt wie Kerstin und verließ nun schleunigst das Büro des Tierheims.

Sie peilte ihren alten roten VW-Bus an, stieg ein und wählte mit ihrem Smartphone endlich die Nummer ihres Bruders und aktivierte die Freisprechfunktion.

„Hey, Schwesterherz, was gibt’s Schönes?“

„Hōhepa, ich muss …“, plapperte sie los.

„Oriini, du sollst mich doch nicht mehr so nennen!“, ermahnte er sie. „Müssen wir die Diskussion schon wieder führen?“

Ihr war überhaupt nicht aufgefallen, dass sie seinen früheren maorischen Namen benutzt hatte. „Nein, entschuldige. Eine alte Angewohnheit lässt sich oft nur schwer ablegen.“

„Noah heiße ich nicht erst seit gestern“, murrte er.

„Ich sagte ja, es tut mir leid.“ Sie verdrehte die Augen. „Ich muss unbedingt wissen, wo das Elfenhaus liegt.“

„Wieso?“

Sein Misstrauen ließ sie aufstöhnen. Bei Stein und Kiesel, muss ich ihm alles aus der Nase ziehen?

„Also, wieso?“, hakte ihr kleiner Bruder resolut nach.

„Weil eine der Elfen bei uns eingebrochen ist. Sie hat fünf Hunde und drei Katzen mitgenommen. Und jetzt will ich die Sache klären, bevor die Polizei das tut.“

„Du hast doch nicht etwa …“

„Nein, Noah! Ich habe niemandem gesagt, was ich wirklich gesehen habe oder dass ich weiß, wer dahintersteckt.“

Noah stieß einen erleichterten Laut aus. „Aber wieso sollte sie … Woher weißt du eigentlich, dass es jemand aus dem Elfenhaus war?“, unterbrach er sich selbst.

„Weil sie es mir gesagt hat. Sie stellte sich als Cassiopeia vor. Kennst du sie?“ Allein beim Aussprechen des Namens machte Oris Herz einen Satz. Sofort hatte sie ihr Bild vor Augen: das schelmische Lächeln auf ihren Lippen, das Funkeln in ihrem wilden Blick, das streng nach hinten gebundene dunkelbraune Haar und die enge schwarze Kleidung, die ihren athletischen Körper umschmeichelt hatte.

„Hm“, gab ihr Bruder von sich und Oriini trommelte abwartend mit den Fingern aufs Lenkrad. „Ich kenne