Aktives Generationen-Management - Peter Tavolato - E-Book

Aktives Generationen-Management E-Book

Peter Tavolato

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Beschreibung

In Unternehmen sind heute bis zu vier Generationen tätig. Wie ticken die verschiedenen Gruppen? Welche unterschiedlichen Erwartungen haben sie an Arbeitsplatz, Zusammenarbeit, Kommunikation, Arbeitsort und Arbeitszeit? Welche an Hierarchie und Führung? Das Buch gibt einen Überblick über ihre Hintergründe, Haltungen und Verhaltensweisen und hilft, diese zu verstehen und produktiv zu nutzen. Anhand von Geschichten, in denen die Erwartungen der unterschiedlichen Generationen aufeinander prallen, werden Handlungsoptionen für typische, wiederkehrende Führungssituationen erläutert. Leicht verständliche Erklärungen und praktische Tools unterstützen ein kluges Generationen-Management als Chance für Entwicklung.

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Inhaltsverzeichnis

Hinweis zum UrheberrechtImpressumVorwort1   Einführung1.1   Was ist aktives Generationen-Management?1.2   Was bedeutet „Generation”?1.2.1   Lebensalter und -erfahrungen versus Generation1.3   Fünf bis sechs Generationen1.4   Aktuelle Entwicklungen1.4.1   Demografie: Wir werden älter und es gibt weniger Junge1.4.2   Bildungsunterschiede bei Jungen1.4.3   Altersunterschied zwischen Mitarbeiter und Führungskraft1.4.4   Neue Lebensentwürfe1.4.5   Technische Entwicklungen1.4.6   Veränderung von Mustern und Strukturen1.4.7   Wissen finden oder über Wissen verfügen1.4.8   Unbegrenzte Möglichkeiten erschweren Entscheidungen1.4.9   Innovation durch Unterschiedlichkeit1.5   Neuer Alltag der Führung2   Wie Generationen ticken - die Gründe2.1   Was Generationen unterscheidet2.1.1   Historische Einflussfaktoren2.1.2   Wichtige Prägungen2.2   Die einzelnen Generationen2.2.1   Traditionalisten (geb. 1933–1947)2.2.2   Baby Boomer (geb. 1948–1962)2.2.3   Generation X (geb. 1963 – 1977)2.2.4   Generation Y (geb. 1978–1992)2.2.5   Generation Z (geb. 1993–2007)3   Wo Unterschiede sichtbar werden3.1   Ingroup und Outgroup3.2   Herausforderungen für Führungskräfte3.2.1   Umgangsformen3.2.2   Kommunikation3.2.2.1   Knapp und unmittelbar – die jungen Leute (Generation Y und Z)3.2.2.2   Ausführlich, aber nicht umständlich: Die älteren Generationen3.2.2.3   Konflikte3.2.3   Motivation3.2.3.1   Baby Boomer: Unsere Erfahrung ist etwas wert und wir wollen gebraucht werden3.2.3.2   Generation X: Wohlstand und Karriere – jetzt erst recht3.2.3.3   Generation Y: Wir sind gut, gebt uns positives Feedback3.2.3.4   Generation Z: Don’t manage us, understand us3.2.4   Hierarchie und Loyalität3.2.5   Zusammenarbeit und Konflikte in Teams3.2.6   Wissensmanagement und Lernen3.2.7   Umgang mit Veränderung3.2.8   Werte und Verantwortung4   Aktiv alle Generationen führen4.1   Das Führungsumfeld4.1.1   Veränderter Führungsalltag4.2   Was erfolgreiche Führungskräfte tun4.2.1   Mitarbeiter gezielt fordern und fördern4.2.2   Verständlich kommunizieren4.2.3   Aktiv Zuhören4.2.4   Position beziehen und Entscheidungen treffen4.2.5   Feedback geben und einfordern4.2.5.1   Feedback unter vier Augen4.2.5.2   Feedback im Team4.2.5.3   Feedback einfordern4.2.6   Rahmen für Engagement schaffen4.2.7   Orientierung geben4.2.8   Verantwortung übernehmen und übergeben4.2.9   Veränderungen antreiben und begleiten4.2.10   Lernen fördern und Wissensaustausch betreiben4.2.11   Vielfalt und Mobilität sicherstellen4.3   Hilfreiche Führungsmodelle4.3.1   Führung als unauflösliches Spannungsfeld4.3.2   Menschlichkeit und Hochleistung4.3.3   Sichere Basis4.4   Wirksame Kompetenzen und Haltungen4.4.1   Führungsstil4.4.2   Kompetenzen4.4.3   Haltungen4.4.3.1   Neugierde als Haltung4.4.3.2   Wertschätzende Akzeptanz als Haltung4.4.3.3   Respekt als Haltung4.4.3.4   Positives Vorbild5   Besonderheiten im Führungsalltag5.1   Spezifika beim Führen und Geführtwerden5.1.1   Führen von Baby Boomern5.1.1.1   Wenn Sie von einem Baby Boomer geführt werden5.1.2   Führen der Generation X5.1.2.1   Wenn Sie von Mitgliedern der Generation X geführt werden5.1.3   Führen der Generation Y5.1.3.1   Wenn Sie von Mitgliedern der Generation Y geführt werden5.1.4   Führen der Generation Z5.1.4.1   Wenn Sie von Mitgliedern der Generation Z geführt werden5.2   Sonderfälle5.2.1   Jung führt Alt5.2.2   Alt führt Jung5.2.3   Wissen aller Generationen sichern und managen5.2.4   Leiten generationsgemischter Meetings5.3   Organisationen generationsgerecht gestalten6   Generationen-Management auf den Weg bringen6.1   Ruf der Praxis6.2   Fallbeispiele6.2.1   Umfangreiches Veränderungsprojekt6.2.1.1   Projektvorbereitung und Ziele6.2.1.2   Erste Analysen, Handlungsfelder und Zwischenergebnisse6.2.1.3   Projektergebnisse der 1. Phase6.2.2   Entwicklungsprozess mit Führungskräften6.2.2.1   Ausgangslage6.2.2.2   Prozess6.2.2.3   Prozessschritte6.2.2.4   Beispiele aus dem Maßnahmenkatalog6.2.3   Zwei-Tages-Führungsworkshop6.2.3.1   Ausgangslage6.2.3.2   Ziele6.2.4   Großgruppenveranstaltung6.2.4.1   Ausgangslage6.2.4.2   Ablauf und Inhalte6.2.4.3   Arbeitsergebnisse6.2.5   Interner Kurz-Workshop6.2.5.1   Ausgangspunkt und Problemstellung6.2.5.2   AblaufSchlussbemerkungLiteraturStichwortverzeichnis
[1]

Hinweis zum Urheberrecht

Schäffer-Poeschel Verlag für Wirtschaft · Steuern · Recht GmbH, Stuttgart

Impressum

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.

Print:ISBN: 978-3-7910-3617-5Bestell-Nr.: 10142-0001ePDF:ISBN: 978-3-7910-3618-2Bestell-Nr.: 10142-0150ePUB:ISBN: 978-3-7910-3619-9Bestell-Nr.: 10142-0100

Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

© 2016 Schäffer-Poeschel Verlag für Wirtschaft · Steuern · Recht [email protected]

Umschlagentwurf: Goldener Westen, BerlinUmschlaggestaltung: Kienle gestaltet, StuttgartSatz: Dörr + Schiller GmbH, Stuttgart

September 2016

Schäffer-Poeschel Verlag StuttgartEin Tochterunternehmen der Haufe Gruppe

Vorwort

Nach 17 intensiven Jahren als Organisations- und Führungskräfteberater habe ich mir 2008 eine Auszeit von diesem anspruchsvollen Job genommen. Ich hatte Zeit zum Reisen, Denken, Reflektieren, Schreiben und vor allem zum Neugierigsein. Dabei bin ich immer wieder auf das Generationenthema gestoßen. Es begann mit einem Buch, das mir mein bester Freund am Flughafen im Januar 2008 vor meinem Abflug mit den Worten in die Hand drückte: „Das solltest du lesen, hier in Australien kennen das viele, für einen Coach und Personalentwickler ist das wichtig, auch wenn du zur Generation der Baby Boomer gehörst.” Es handelte sich um Peter Sheahans1[2], Generation Y, Thriving and Surviving With Generation Y at Work.

Ich fühlte mich auf einmal alt. Was heißt hier Baby Boomer, was Generation Y? Was hat das mit mir zu tun?

Für einen Österreichischen Dermatologie-Professor, der seit einem Jahr an der University of Queensland, School of Medicine in Brisbane lehrt, ist es vielleicht ungewöhnlich, gerade dieses Buch zu lesen, aber für einen, nach allen Seiten interessierten Menschen schon nicht mehr. Insbesondere dann, wenn er in seinem Institut nicht nur mit unterschiedlichen Nationalitäten, sondern auch mit vier verschiedenen Generationen zusammenarbeiten muss.

Das Buch über die Generation Y habe ich auf dem Heimflug ausgelesen, es hat mich fasziniert. Bei der Lektüre erinnerte ich mich immer wieder an unzählige Erlebnisse in Beratungsprozessen und Situationen in meiner Managementtätigkeit.

Mir wurde auf einmal klar, warum bestimme Prozesse oder Entscheidungen in gewisser Weise ihren Lauf genommen haben, warum engagierte und gute Mitarbeiter das Unternehmen verließen, wieso Konflikte so oder so verlaufen sind, warum vielleicht bestimmte Teams erfolgreicher waren als andere. Mir schossen immer wieder Diskussionen wie die folgende durch den Kopf:[3]

Ich sehe nicht ein, warum dieses attraktive Projekt nur mit alten, eingesessenen Beratern besetzt wird. Für mich ist das intransparent und ungerecht. Ich kann bestimmt genauso gut diesen Kunden betreuen, warum darf ich – als Junger – da nicht mitmachen? Und außerdem sehe ich nicht ein, warum die da so viel mehr verdienen als ich! Was macht es aus, Gesellschafter zu sein und warum soll ich darauf warten müssen, ich kann das bestimmt jetzt schon in meinem Alter”.

„Die Jungen sollen mal zeigen, was sie können und sich ihre Sporen verdienen, bevor sie überall mitreden!” oder „Brauchen wir wirklich diese neuen EDV-Systeme und müssen wir das alles lernen – geht doch auch ohne?

Solche oder ähnliche Aussagen habe ich immer wieder von jungen, ambitionierten aber unerfahrenen Beratern einerseits und alteingesessenen „Platzhirschen” andererseits gehört. Beide Parteien reagierten mit Staunen und beharrten auf ihrem Standpunkt.

Ich war richtig erschrocken darüber, wie unreflektiert und blauäugig ich selbst bestimmte Prozesse geleitet habe, ohne auf die unterschiedlichen Muster und Verhaltensweisen von Menschen verschiedener Altersgruppen Rücksicht zu nehmen.

Bei meinem zweiten Australienaufenthalt im November 2008 traf ich den Autor Peter Sheahan persönlich – ein junger, erfolgreicher Generation Y-Mann. Er strahlte eines der typischen Lebensgefühle der begabten und talentierten Vertreter dieser Generation aus: „Ich bin gut, will erfolgreich sein und das sofort!”, ohne dabei arrogant zu wirken. Er war Speaker of the Year 2007 in Australien – eigentlich eine untypische Qualität für ein Mitglied der Generation Y. Ich kann mich noch gut erinnern wie er, Generation Y, und ich, Baby Boomer, uns über unsere Erfahrungen und Beobachtungen bezüglich der Gemeinsamkeiten und Unterschiede im Zusammenspiel der Generationen am Arbeitslatz unterhielten. Es war mein erstes bewusstes Generationen-Management-Gespräch. Wir sprachen aber auch darüber, was es heißt, ein Buch zu schreiben und seine Erfahrungen haben mir dabei geholfen.[4]

„Ich notiere mir die Geschichten, die mir Menschen erzählen, sammle die Aussage und Bilder von Situationen, die Verwunderung über Leute verschiedener Generationen auslösen oder sich immer wieder wiederholen, und versuche, die Hintergründe zu erfragen”, berichtete er mir. Damit gibt es einen Wiedererkennungseffekt und es fällt leichter, Verständnis zu entwickeln, womit wir dem zentralen Problem näherkommen. Er fuhr fort: „You can’t manage a generation you don’t understand.” Man kann eine Generation nicht managen, die man nicht versteht.

Jahre später las ich ein passendes Zitat in abgewandelter Form, das sich in diesem Fall auf die Generation Z bezog, die mittlerweile in die Arbeitswelt einzieht und damit die Aufmerksamkeit von Forschern, Führungskräften und Beratern bekommt: „Don’t manage us – understand us.” (Managt uns nicht, versteht uns.)

2008 begann für mich eine lange Reise. In der ersten Euphorie habe ich Bücher über Bücher bestellt und gelesen, die damals zu diesem Thema fast ausschließlich im englischsprachigen Raum zu finden waren. Ich habe Ideen aufgegriffen, begonnen, selbst zu schreiben und habe vieles wieder verworfen. Mein Exposé für ein mögliches eigenes Buch akzeptierte der Schäffer-Poeschel Verlag 2009! Der Alltag als selbstständiger Berater holte mich ein. Außerdem schien das Thema Generationen-Management in der Unternehmenswelt in Österreich bzw. Deutschland noch nicht angekommen zu sein. Viele meiner Kunden waren interessiert, aber Projekte oder Vorträge wollte keiner dazu beauftragen. Mein Buchprojekt blieb liegen. Nach der zweiten Terminverschiebung sagte ich dem Verlag ab und beschränkte mich 2010 darauf, kleinere Artikel zu schreiben und in Führungstrainings das Thema unterzubringen. Nach einiger Zeit wollten aber die Teilnehmer meiner Workshops und Seminare immer öfter mehr zu diesem Thema wissen. Immer häufiger sprachen mich Kunden und Freunde darauf an, wann sie mein Buch lesen könnten, wo doch alle über die unterschiedlichen Generationen redeten und das immer wichtiger werde? Es gab erste Anfragen für Vorträge und Workshops auf Konferenzen und Berichte meiner Arbeit wurden in Wirtschaftszeitungen veröffentlicht.[5]

Ende 2014 erschien ein weiteres einschlägiges Buch und wieder kam die Lust, meines zu schreiben. Vor allem meiner Lebensgefährtin Uschi gilt besonderer Dank an dieser Stelle. Sie hat mich ermutig, dranzubleiben: „Du sollst weniger lesen und mehr schreiben!” Sie hatte recht.[6]

Ich sammelte Artikel und Bücher und sie lächelte und diskutierte immer wieder meine Gedanken und auch ihre beruflichen Erfahrungen mit mir. Sie machte mir Mut, mischte sich ein und ließ mir auch die Ruhe, die ich zum Schreiben brauchte.

Getrieben durch verschieden Veröffentlichungen, die meiner Meinung nach zu kurz griffen und wenig spezifisch auf das Führungsthema eingingen, nach einigen sehr spannenden Coaching- und Beratungsaufträgen, fasste ich Anfang 2015 den Entschluss, einen neuen und letzten Buch-Versuch zu starten. Jetzt oder nie.

Dazu kam ein gewisser Ehrgeiz (wiederum typisch für den Baby Boomer) der durch meinen Sohn Paul (an der Grenze zwischen Z und Y) gesteigert wurde, wenn er sagte: „Wann wirst du fertig? Ich glaub das wird nix, das dauert schon zu lange … Und wer, bitte schön, soll überhaupt heute noch ein Buch lesen?”

Eine typische Reaktion von Mitgliedern dieser Generation, für die nichts schnell genug gehen kann, deren Aufmerksamkeitsspannen sehr klein ist und die mit Büchern sowieso wenig anfangen können, weil sie viel lieber Videos ansehen und wenn, dann nur kurze Texte lesen.

Ich schrieb ein neues Exposé, diesmal fokussiert auf ein aktives praxisorientiertes Generationen-Management mit Schwerpunkt Führung. Der Schäffer-Poeschel Verlag schenkte mir wieder das Vertrauen und gab mir eine zweite Chance, nicht ohne auf die Termine deutlich hinzuweisen. Dafür und für die gute Unterstützung und Zusammenarbeit mit meiner Lektorin Friederike Moldenhauer, die wesentlich zur besseren Lesbarkeit meiner Gedanken beitrug, möchte ich mich herzlich bedanken![7]

Ich fand einen Freund und Coach für mein Vorhaben, der am Thema interessiert war, und der mir half, Strukturen zu entwickeln und durchzuhalten. Er führte mich immer wieder kritisch auf Kernaussagen zurück und half mir, einen roten Faden zu verfolgen. Mein herzlicher Dank gilt ihm genauso wie anderen Freunden, die mich immer wieder ermutigten, dranzubleiben. Sie halfen mir, indem sie mir interessante Links und Artikel schickten, mit mir Diskussionen führten und immer wieder nachfragten, wann es den endlich soweit sei. Nun, es ist soweit.

Ich möchte mich bei allen Kunden bedanken, die mir die Möglichkeit gaben, in ihre Führungsarbeit Einblick zu nehmen. In vielen kleinen Geschichten habe ich diese Erlebnisse eingearbeitet. Ähnlichkeiten mit lebenden Personen sind rein zufällig und unbeabsichtigt.

Das Buch soll einen Beitrag dazu leisten, einen aktiven und wertschätzenden Dialog zwischen Jung und Alt zu fördern, und Führung im Mix der Generationen erfolgreicher zu machen.

Herzlichst Peter Tavolato

Noch ein wichtiger Hinweis:

Wir ertappen uns immer wieder dabei, Stereotypen zu verwenden, die Mitglieder bestimmter Generationen in Schubladen zu stecken und sie dort nicht mehr hinauszulassen. Das passiert ebenso oft mit Mitgliedern bestimmter Berufsgruppen: „Die Lehrer schauen nur auf sich und nicht auf die Schüler, wenn es um die Schulorganisation geht”, „Die Götter in Weiß hören nicht wirklich zu”, „Menschen, die zu uns zuwandern, wollen sich nicht in unsere Kultur einfügen”. Die Medien unterstützen dies leider sehr und vieles in unserem Umfeld verleitet uns dazu, Menschen unreflektiert einzuordnen und abzustempeln. Diese Gefahr besteht natürlich mit diesem Buch und den hier getroffenen Aussagen und Zuschreibungen in Bezug auf Jung und Alt. Ich möchte keine weiteren Vorurteile schüren, sondern mir liegt das genaue Gegenteil am Herzen: Ich möchte Verständnis für die Unterschiede der Generationen und ihre Besonderheiten wecken und Wege aufzeigen, wie wir die jeweiligen Stärken im beruflichen Kontext für eine gute Zusammenarbeit und effektive Führungsarbeit am besten nutzen.[8]

Die Achtung der Einzigartigkeit des Menschen ist mir wichtig, es ist unzulässig, von einem einzelnen auf das Ganze zu schließen. Dennoch ähneln sich Denkweisen, Werte und Verhaltensmuster generationsbezogen, was aufgrund der äußeren Umstände und Lebensverläufe nachvollziehbar ist. Ich bin mir sicher, dass Sie als Leser und Leserin dieses Buches die Gewissenhaftigkeit haben, die Aussagen nicht zur Typisierung von Menschen zu verwenden, sondern zur besseren Wahrnehmung, Wertschätzung und Akzeptanz von Unterschieden. Ich hoffe, dieses Buch leistet einen Beitrag dazu, bessere Zuhörer, achtsamere Menschen, verständnisvollere Kollegen und Kolleginnen und wirksamere Führungskräfte und Berater und Beraterinnen zu werden.

1Sheahan, 2005

1   Einführung2

Stellen Sie sich vor, Sie wären im 18. oder 19. Jahrhundert geboren worden. In diesem Fall hätte die Welt um Sie herum nicht sehr viel anders ausgesehen, egal ob Sie Anfang des 18. Jahrhunderts oder 100 Jahre später zur Welt gekommen wären. Hätte man etwa einen 1700 geborenen Knaben ins Jahr 1800 gebeamt, hätte er wohl keine großen Probleme gehabt, sich auch in dieser Gesellschaft zurechtzufinden. Vielleicht hätte es aufgrund eines zwischenzeitlich stattgefundenen Eroberungskriegs eine andere Landessprache gegeben oder eine etwas veränderte Mode und Architektur, doch die typische Lebenssituation eines normalen Bürgers hätte sich innerhalb dieser 100 Jahre kaum gewandelt.[9]

Wie aber wäre dieses Experiment verlaufen, wenn Sie als Jugendlicher, Jahrgang 1900, plötzlich ins Jahr 1975 gebeamt worden wären? Ins Zeitalter von Flower-Power, Vietnamkrieg, freier Liebe, Antibabypille, antiautoritärer Erziehung, Flugzeugen und benzinfressender Autos und rapid gewachsener Städte? Da wäre die Orientierung bereits bedeutend schwerer gefallen.

Und wenn Sie als 1975 geborener Teenager ins Jahr 2015 gebeamt worden wären? In eine Welt mit Internet als neuer Basistechnologie, explosionsartig gewachsenen neuen Großkonzernen wie Google, Facebook oder Amazon, Handys, wischbaren Tablets, Lebensabschnittsgefährten und Patchwork-Familien, ohne eisernen Vorhang, einem kaum kontrollierbaren (friedlichen) Flüchtlingsstrom und dazu noch ständigen Islamismus- und Terrorismus-Warnungen?

Dieses Gedankenexperiment verdeutlicht zweierlei:[10]

Die technischen, sozialen, wirtschaftlichen und politischen Veränderungen in unserer Lebenswelt vollziehen sich tatsächlich in einem immer schnelleren Tempo und umfassen immer mehr Lebensbereiche. Die Folge ist, dass sich bereits einzelne Generationen (in der Sozialforschung umfasst der Begriff „Generation” etwa 15 Jahre) markant voneinander unterscheiden und deutlich unterschiedliche Einstellungen, Werte, Bedürfnisse, Verhaltensweisen und Lebensentwürfe aufweisen.

Die lange Zeit zumindest vertretbare, wenn auch unkorrekte Annahme der meisten Manager „Die Jungen sind so wie wir damals, nur mit anderer Haarmode, anderem Musikgeschmack, anderen Klamotten und mehr technischem Spielzeug”, ignoriert die stetig größer und relevanter werdenden Unterschiede zwischen den Generationen. Sie einfach auszublenden oder zu negieren wird für Unternehmen immer riskanter.

Gerade hat sich die Arbeitswelt ein wenig an die Generation Y (englisch ausgesprochen „why”, steht das Y für Hinterfragen und Sinnsuche) gewöhnt. Jetzt drängt die Generation Z (laut der ersten Studien unterscheidet sie sich wesentlich von der Generation Y) auf den Arbeitsmarkt und trifft auf zahlreiche Baby Boomer in Führungspositionen. Dieses Zusammentreffen löst nicht nur die üblichen Irritationen und Konflikte aus, die „der Nachwuchs schon immer verursacht” hat, sondern es stellt die Organisationen vor teils existenzielle Herausforderungen, die sich durch markige Sprüche oder Abwarten nicht auflösen lassen.

Problem Recruiting:[11] Verstärkt durch die demografische Entwicklung und trotz derzeit wieder steigender Arbeitslosenzahlen haben viele Unternehmen bereits große Probleme, noch in ausreichender Zahl die passenden Mitarbeiter zu finden.

Problem Mitarbeiter halten: Die mit immer höherem Aufwand gefundenen Personen im Unternehmen zu halten, wird schwieriger und anspruchsvoller. Die Jungen haben nicht nur andere Erwartungen und Ansprüche in Hinblick auf ihre Arbeit und Arbeitsbedingungen (die hatte die Vorgängergeneration Generation X teilweise auch schon), sie finden sich mit frustrierenden Arbeitsbedingungen nicht mehr ab. Sie fackeln nicht lange und kehren dem Unternehmen bei Enttäuschung ihrer Erwartungen schnell wieder den Rücken, unabhängig davon, ob bereits ein neuer Job in Aussicht steht oder nicht.

Problem ungenügend vorbereitete Führungskräfte: Es ist keine leichte Führungsaufgabe, die bis zu vier im Unternehmen vertretenen Generationen zu einer gelingenden Zusammenarbeit zu bringen und ihre Unterschiede zum Vorteil aller produktiv zu nutzen. Nur wenige Führungskräfte sind darauf vorbereitet. Gerade in den Unterschieden der Generationen liegen große Innovations-, Produktivitäts- und Effizienzpotenziale der Unternehmen, gleichzeitig aber auch die größte Gefahr, die Mitarbeiter zu demotivieren und ihr volles Engagement zu verlieren.

Während über die älteren wie die neuen Generationen Y und Z, ihre Charakteristika und ihre wesentlichen Unterschiede im Einzelnen bereits viel geschrieben und publiziert worden ist3[12], geht es im vorliegenden Buch um die spannenden und gleichzeitig spannungsgeladenen Auseinandersetzungen aller Generationen, die im Unternehmen aufeinandertreffen. Im Mittelpunkt dabei steht, wie diese unterschiedlich funktionierenden Generationen, die ja miteinander produktiv kommunizieren und kooperieren sollen, bestmöglich geführt werden können.

Der Schwerpunkt liegt daher auf den Fragen:

Was sind die Gründe für Differenzen und Konfliktpotenziale zwischen den Generationen, die wir in den Unternehmen beobachten? Liegt es nur am Altersunterschied oder spielen hier auch die unterschiedlichen Rahmenbedingungen eine Rolle, unter denen die Menschen aufgewachsen sind?

Was sind in Hinblick auf ein aktives Generationen-Management die speziellen Anforderungen an die Führung einzelner Mitarbeiter, die Förderung von Gruppenarbeit und Anpassung von Organisation und ihrer Systeme?

Was tun Führungskräfte, um wirksam und erfolgreich in einer multigenerationalen Umgebung zu agieren? Welche Kompetenzen und Haltungen entwickeln sie und an welchen Modellen orientieren sie sich?

Wie setzen Organisationen ein aktives Generationen-Management in der Praxis um?

Dieses Buch hilft, auf diese Fragen konkrete Antworten zu finden und gibt Anleitung zur Selbstreflexion und Entwicklung der eigenen Führungsarbeit.

Zunehmende Probleme beim Finden und Halten von jungen Mitarbeitern, Motivieren unterschiedlicher Generationen, Wissensverlust durch ausscheidende Mitarbeiter, Schwierigkeiten beim aktiven und gelingenden Wissenstransfer zwischen den Altersgruppen sowie Probleme durch Vertrauens- und Loyalitätsverlust der Mannschaft stellen nur einige der aktuellen, generationsbedingten Herausforderungen für Führungskräfte dar. Dieses Buch unterstützt Interessierte und vor allem Führungskräfte und Organisationsgestalter dabei, Sicherheit im Umgang mit oft irritierenden Verhaltensweisen und Bedürfnissen ihrer Kollegen bzw. Mitarbeiter zu gewinnen. Es zeigt einerseits Wege auf, wie man Erwartungen der Generationen besser versteht und nachvollzieht, andererseits hilft es Führungskräften konkret dabei, zu handeln und sich weiterzuentwickeln, um demografisch bedingte Unterschiede optimal zu nutzen und professionell zu reagieren.[13]

1.1   Was ist aktives Generationen-Management?

Als Alterskohorte beziehungsweise Generation wird eine Gruppe von Menschen bezeichnet, die in einer bestimmten Jahrgangsspanne geboren ist. Solche Gruppen haben bestimmte Entwicklungen und Ereignisse in ihrem sozialen Umfeld in einem bestimmten Alter gemeinsam erlebt. Diese Umstände prägen ihre Werte, Bedürfnisse, ihr soziales und damit auch ihr arbeitsplatzbezogenes Lern-, Kooperations- und Führungsverhalten. In vielen Situationen der täglichen Zusammenarbeit im Beruf zeigen sich zwischen Generationen große Unterschiede im Kommunikationsverhalten, in den Erwartungen an organisatorische Rahmenbedingungen, im Umgang mit Hierarchie und Führung, in der Verwendung von technischen Hilfsmitteln, in der Wissensgenerierung und -verteilung und in ihren Lebens- und Arbeitseinstellungen.[14]

Ein aktives Generationen-Management schafft daher Rahmenbedingungen im Sinne von Führungs- und Organisationsumfeldern, die die Beschäftigten aller Altersgruppen befähigen und motivieren, vollen Einsatz zu leisten und dabei mit sich und ihrem Umfeld zufrieden zu sein. Aktives Generationen-Management hat zum Ziel, eine Kultur und Praxis der Führung und Zusammenarbeit zu schaffen, sodass alle Altersgruppen im Unternehmen engagiert und inspiriert zusammenarbeiten.

Dazu bedarf es einer Führungsarbeit, die die Unterschiede der Generationen im Fokus hat, sie wertschätzt, ein Arbeitsklima des Vertrauens aufbaut sowie gegenseitigen Respekt und eine bewusste Wahrnehmung der Stärken und Schwächen des Einzelnen fördert. Ziel des Generationen-Managements ist die Effizienzsteigerung, die Unternehmensausrichtung an der Vision und den aktuellen und künftigen Zielen im Kontext einer multigenerationalen Belegschaft.

Aktives Generationen-Management versucht somit, die (neue) Vielfalt der Mitarbeiter und die Veränderungen im Umfeld des Unternehmens gezielt als Chance und Erfolgspotenzial zu nutzen. Dabei geht es darum, bekannte Führungsgrundsätze und Erfolgsregeln der Zusammenarbeit und des aktiven Kommunikationsverhaltens bewusster – unter Berücksichtigung des demografischen und gesellschaftlichen Wandels – zu berücksichtigen und anzuwenden.

Verschiedene Autoren beschäftigen sich mit unterschiedlichen Feldern des Generationen-Managements, dabei geben sie einzelnen Aspekten mehr oder weniger Gewicht4[15],5,6,7. Das vorliegende Buch fokussiert auf den Führungsalltag im Generationen-Management. Dabei gilt es zu verstehen, wie die Ressourcen jeder einzelnen Generation genutzt werden können und wie Führung von einzelnen Mitarbeitern und von Teams wirksam gestaltet werden kann.

An dieser Stelle möchte ich eine Falle aufzeigen: Öfter findet man unter Generationen-Management ausschließlich eine Beschreibung zum Umgang mit dem demografischen Wandel (zu dem es eine Vielzahl an Literatur gibt8). Dabei geht es um die mit einer immer älter werdenden Belegschaft verbundenen Konsequenzen für Führung und Organisationsgestaltung. Dieser Ansatz greift aus meiner Sicht für ein umfassendes Generationen-Management zu kurz. Diese demografischen Themen, die in unterschiedlichem Maße in den nächsten Jahren an Bedeutung gewinnen werden, zum Beispiel Gesundheit älterer Mitarbeiter am Arbeitsplatz, Wissensverlust durch den Abgang älterer Mitarbeiter, Personalkostenanstieg, zu geringe Diversität (in Unternehmen mit hoher Verweildauer und geringer Fluktuation) etc. wären ihr eigenes Buch wert.

Ich möchte zunächst auf einige markante gesellschaftliche Entwicklungen eingehen, die für den professionellen Umgang mit Unterschieden den weiteren Rahmen abgeben. Danach wende ich mich der detaillierten Beschreibung der einzelnen Generationen (Kapitel 2) zu, arbeite anschließend heraus, wie sich die Generationen bei wichtigen Führungsthemen wie Kooperation, Kommunikation, Konfliktverhalten etc. voneinander unterscheiden (Kapitel 3) und beschäftige mich dann damit, welche Konsequenzen das für die Führungsarbeit hat (Kapitel 4 und 5) und wie praktische Umsetzungen erfolgen können (Kapitel 6).[16]

1.2   Was bedeutet „Generation”?

Ist im Alltag von mehreren Generationen die Rede, bezieht sich der Ausdruck üblicher Weise auf den familiären Kontext und meint die Generationenfolge aus Großeltern, Eltern, Kindern. Im hier verwendeten Sinn geht der Begriff jedoch zurück auf den deutsch-englischen Philosophen und Soziologen Karl Mannheim, der im Jahr 1928 in seinem Text „Das Problem der Generationen” den Generations-Begriff neu prägte, indem er damit mehrere „Kohorten” (Geburtsjahrgänge) zusammenfasste, die ein einschneidendes Jugenderlebnis teilten (z. B. den Ersten Weltkrieg, die 68er-Bewegung, den Fall der Mauer etc.), und die, so geprägt, künftige soziale Herausforderungen („Lebenszusammenhänge”) ähnlich verstanden.9

Mitglieder einer Generation im soziologischen Sinn erfahren einschneidende historische und gesellschaftliche Ereignisse im gleichen Alter und werden dadurch immer ein Stück weit mitgeprägt, auch wenn es natürlich unterschiedliche Wege gibt, mit diesen bedeutsamen Situationen umzugehen. Zum Beispiel konnte man als amerikanischer Jugendlicher Ende der 1960er-Jahre zum Vietnam-Gegner werden und an Protestveranstaltungen teilnehmen oder sich als glühender Patriot freiwillig zum Militärdienst melden, samt aller Abstufungen dazwischen. Klar ist jedoch, dass der Vietnamkrieg ein Ereignis war, das eine ganze Generation massiv beeinflusst hat.[17]

Einschneidende Ereignisse und Entwicklungen legen das Verhalten des Einzelnen zwar nicht fest, sie zwingen die Person jedoch, sich auf irgendeine Weise damit auseinanderzusetzen und zu positionieren, und sei es auch, das Thema bewusst zu ignorieren oder als uninteressant abzutun. Ähnlich müssen sich Jugendliche heute mit den Themen Handys, soziale Medien und Datenschutz beschäftigen: Bin ich auf Facebook oder nicht? Was gebe ich von mir preis, was nicht? Wie kann ich meine Daten schützen, inwieweit geht das überhaupt? Ebenso finden derzeit Auseinandersetzungen mit der Flüchtlingsbewegung oder dem Brexit statt, die junge wie ältere Generationen bewegen und zu unterschiedlichen Reaktionen veranlassen.

Laut Mannheim haben Generationen in dem beschriebenen Sinn ein gemeinsames Generationsbewusstsein:

Die Zugehörigkeit zu einem Geburtsjahrgang bzw. einer Geburtskohorte10konstituiert nur den ersten Schritt der Generationenlagerung. Es sind erst gesellschaftliche Momente, welche zu den historisch-soziologischen interessierenden Elementen von Generationszusammenhang und Generationseinheit führen.11

Mannheim spricht von „Milieuwirkungen” und „Zeitsituation” und meint damit den Geist einer zu einem bestimmten Zeitpunkt zu besonderer Bedeutung gelangenden sozialen Schicht. Generation kann somit auch als Erlebnisgemeinschaft beschrieben werden – als eine Gruppe, die von gemeinsam erlebten historischen und gesellschaftlichen Ereignissen geprägt ist. In der medialen Öffentlichkeit werden mit dem Begriff immer häufiger Gruppen bezeichnet, die sich durch gemeinsame Prägungen definieren, durch ähnliche Probleme, Zukunftsaussichten oder Wertvorstellungen. Meist sind sie schnell etikettiert mit plakativen Ausdrücken: die Nachkriegsgeneration, die 68er, No-Future-Generation, Generation Praktikum, Öko-Generation oder Internet-Generation. Aktuellstes österreichisches Beispiel ist der Begriff „Generation AMS” womit viele der aktuellen Pflichtschulabgänger bezeichnet werden, die sehr schwer einen Job finden und daher gleich nach ihrem Schulabschluss „Dauerkunden” beim Arbeitsmarktservice (AMS) werden.[18]

Der Fall der deutschen Mauer hat, genauso wie die 68er-Bewegung, Menschen ähnlichen Alters beeinflusst, indem dieses Ereignis die Art und Weise prägte, wie diese Menschen ihr Leben gestalten, arbeiten und sich selbst im Kontext zu ihrer Umwelt erleben. Vergleichbare politische Ereignisse prägen auch das Leben jener, die nicht unmittelbar von ihnen betroffen sind. Die Erfindung und Verbreitung der Antibabypille beispielsweise hat ihre Spuren in der Entwicklung mehrerer Generationen hinterlassen und die auf gesellschaftlicher Ebene gleichzeitig stattfindende sexuellen Revolution zumindest verstärkt, wenn nicht sogar erst ermöglicht. Ähnliches gilt für die Einführung und Verbreitung des Internets, die Erfindung und rasante Ausbreitung von Smartphones oder die mit dem Aufkommen von Billigairlines verbundene Möglichkeit, andere Länder zu bereisen. Aktuell sind es wohl die Flüchtlingsbewegungen, die Integrationsbemühungen, die Islamisierung und die unterschiedlichen Krisen und Entwicklungen in der EU, die die Generationen stark beeinflussen.[19]

Für meine Großmutter war es als Kind keineswegs selbstverständlich, dass es in jedem Zimmer oder jedem Haus bzw. 24 Stunden am Tag Strom gab, für ihre Kinder war das bereits völlig normal. Für einen Teenager von heute ist es selbstverständlich, überall und jederzeit Zugang zum Internet zu haben.

Kritiker dieser Definition von Generationen weisen darauf hin, dass neben den Gemeinsamkeiten einer Kohorte auch viele andere Aspekte prägenden Einfluss auf Menschen haben. So können sich die Lebensumstände in der Kindheit und Jugendzeit, wie Stadt versus ländlicher Raum oder wirtschaftlich reiche versus ärmere Verhältnisse, Migrationshintergründe etc. auf die Bedürfnisse und das Verhalten von Jugendlichen und Erwachsenen stärker auswirken als altersgruppenbedingte Einflüsse.

Beispielsweise hat ein junger Mann mit Migrationshintergrund, der als erster seiner türkischen Familie ein Studium in Österreich oder Deutschland absolviert, der der ganze Stolz seiner Familie ist und sehr viel arbeitet, um zum Lebensunterhalt der großen Familie beizutragen, vielleicht wenig typische Merkmale, die üblicherweise einem Mitglied der Generation Y zugeschrieben werden.

Das eine schließt jedoch das andere nicht aus. Mit Sicherheit sind viele Faktoren für das spätere Verhalten von Menschen in ihren Arbeitsumgebungen von Bedeutung. Meine praktischen beruflichen Erfahrungen und umfassendes Literaturstudium sowie fundierte Studien bestätigen mir jedoch, dass bestimmte Altersgruppen tatsächlich ähnliche, häufig auftretende Verhaltensmuster zeigen. Diese Muster in der Führungsarbeit, im Rahmen der Organisationsgestaltung und Personalentwicklung zu berücksichtigen, ist daher erfolgsrelevant. Vor allem aber ist aktives Generationen-Management aus meiner Sicht eine hervorragende Führungs- und Zusammenarbeits-Spielwiese[20], eine zentrale und immer wichtigere Schlüsselkompetenz zu üben: Den bewussten und gekonnten Umgang mit Unterschieden, dem Management von Vielfalt bzw. von Diversität und Inklusion.

Im Gegensatz zu anderen Bereichen von Diversität wie Gender, Behinderung, Migration etc. betrifft das Thema Generationen jeden Menschen, abgesehen davon ist es multidimensional.

1.2.1   Lebensalter und -erfahrungen versus Generation

Unabhängig von unterschiedlichen umweltbedingten und sozialen Einflüssen auf die Entwicklung des Menschen, haben sie entsprechend ihres Alters und Lebensweise verschiedene Bedürfnisse. Jede Altersgruppe entwickelt bestimmte Rollen bzw. sie werden ihr zugewiesen. An diese Rollen sind konkrete Erwartungen, Sanktionen und ein Status (beruflich, familiär, gesellschaftlich, finanziell usw.) geknüpft.12 Personen, die nur noch wenige Jahre oder Monate bis zu ihrem Ruhestand haben, agieren und denken anders als die, die zwar auch der Generation Baby Boomer angehören, aber vielleicht noch einige Jahre bis zur Pensionierung arbeiten müssen.[21]

Mitarbeiter um die 50 Jahre haben bereits einige private und familiäre Wünsche realisiert, mit steigendem Lebensalter treten neue und ggf. positive Herausforderungen auf: Die Kinder verlassen das Haus und damit ist diese Phase beendet. Allein an diesem Beispiel wird klar, wie viel hier gesellschaftlich im Umbruch ist: Zum einen bekommen Frauen ihre Kinder immer später, oft erst mit Mitte, Ende 30, zum anderen bleiben immer mehr Kinder auch nach der Schulzeit immer länger zu Hause wohnen.

Kinderlose Männer und Frauen mit 45 müssen sich auf ein Altwerden ohne Kinder und Enkel einstellen. Berufliche Spezialisierungen in dieser Phase können schnell zum Risiko werden, wenn neue Technologien aufkommen. Junge Menschen, die auf den Arbeitsmarkt drängen, haben wiederum ganz andere altersbezogene Themen: Sie befinden sich vor oder in der Phase der Familiengründung und planen – vorwiegend in den Dreißigern – möglicherweise den Bau eines Hauses oder den Kauf einer Wohnung. Für junge Mitarbeiter ist es selbstverständlich, viel Zeit und Geld in Weiterbildungen zu investieren, bei älteren ist das unter Umständen weniger der Fall.

Bei der Betrachtung vermeintlicher Alterskonflikte am Arbeitsplatz ist nach Höpflinger13 außerdem die Dimension Zughörigkeitsdauer zum Unternehmen relevant. So können Kollegen zwar älter im Sinne der Generation sein aber jung, was die Zugehörigkeit angeht.[22]

Konflikte, z. B. wer wem was sagen darf, wessen Meinung zählt oder wer sich durchsetzt, leiten sich auch aus der Zughörigkeitsdauer ab. Erst kürzlich eingetretene Mitarbeiter gelten als unerfahren, während langjährige Kollegen für erfahrener gehalten werden. Junge Mitarbeiter, die erst wenige Monate oder ein, zwei Jahre im Unternehmen sind, verstehen sich dabei oft als innovativ, veränderungsinteressiert oder modern. Sie haben vielleicht schon Erfahrungen in unterschiedlichen Unternehmen gesammelt und sind – einfach anders. Langjährige Kollegen werden dagegen oft mit Etiketten wie starr, veraltet, unflexibel und altmodisch belegt. Die Kategorie jung und alt beschreibt daher vor allem Berufs-, Unternehmens- und Ausbildungserfahrungen, wobei traditionellerweise Erfahrung eher mit Lebensalter verbunden ist. Allein dies sorgt häufig für Spannungen, denn in dynamischen innovativen Unternehmen verkehrt sich auch diese Wertung immer häufiger ins Gegenteil. So haben inzwischen die Jungen oft mehr Erfahrung mit neuen Technologien, Sprachen und Kulturen und zunehmend auch verschiedenen Arbeitsplätzen und Unternehmenskulturen als ältere Mitarbeiter, die lange in ein und demselben Umfeld gelernt und gearbeitet haben14.