Alex (Carolina Cold Fury-Team Teil 1) - Sawyer Bennett - E-Book

Alex (Carolina Cold Fury-Team Teil 1) E-Book

Sawyer Bennett

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Beschreibung

Eishockeystar Alexander Crossman hat den Ruf eines kaltherzigen Spielers, sowohl auf als auch abseits der Eisfläche. Er wurde von seinem alkoholkranken Vater zum Profisport gezwungen und hat keine Hemmungen, den Fans den Mittelfinger zu zeigen. Das Management ist gar nicht amüsiert und stellt Alex vor die Wahl: seinen Ruf durch gemeinnützige Arbeit zu verbessern - oder auf der Bank zu sitzen. Aber Alex weigert sich, zum Aushängeschild des Carolina Cold Fury-Teams verbogen zu werden ... nicht einmal von einer verführerischen Rothaarigen mit mörderischen Kurven. Als Sozialarbeiterin ist Sutton Price an schwierige Menschen gewöhnt - wie Alex, der sein Image aufpolieren soll, indem er Sutton dabei hilft, ein Programm zur Aufklärung über Drogenmissbrauch für gefährdete Jugendliche zu entwickeln. Was Sutton nicht erwartet, ist das arrogante Grinsen auf seinen perfekten Lippen, das ihre heißesten Fantasien anregt. Aber Sutton ist keine Frau, die berufliche Grenzen überschreitet. Außerdem hat Alex nichts mit festen Beziehungen am Hut ... oder etwa doch? Je mehr sie hinter Alex' Bad-Boy-Fassade sieht, desto mehr sehnt sich Sutton nach dem Mann, der hierbei zum Vorschein kommt. Die New York Times-Bestsellerautorin Sawyer Bennett punktet mit dem ersten Teil ihrer neuen Eishockey-Reihe, die heiß genug ist, um das Eis zu schmelzen.

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Sawyer Bennett

Carolina Cold Fury-Team Teil 1: Alex

Aus dem Amerikanischen ins Deutsche übertragen von Joy Fraser

© 2014 by Sawyer Bennett unter dem Originaltitel „Alex: A Cold Fury Hockey Novel“

© 2023 der deutschsprachigen Ausgabe und Übersetzung by Plaisir d’Amour Verlag, D-64678 Lindenfels

www.plaisirdamour.de

[email protected]

© Covergestaltung: Sabrina Dahlenburg

(www.art-for-your-book.de)

ISBN Print: 978-3-86495-640-9

ISBN eBook: 978-3-86495-641-6

Alle Rechte vorbehalten. Dies ist ein Werk der Fiktion. Namen, Darsteller, Orte und Handlung entspringen entweder der Fantasie der Autorin oder werden fiktiv eingesetzt. Jegliche Ähnlichkeit mit tatsächlichen Vorkommnissen, Schauplätzen oder Personen, lebend oder verstorben, ist rein zufällig.

Dieses Buch darf ohne die ausdrückliche schriftliche Genehmigung der Autorin weder in seiner Gesamtheit noch in Auszügen auf keinerlei Art mithilfe elektronischer oder mechanischer Mittel vervielfältigt oder weitergegeben werden. Ausgenommen hiervon sind kurze Zitate in Buchrezensionen.

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Epilog

Autorin

Kapitel 1

Alex

Wenn ich meinen Kiefer bewege, knirscht es, aber ich habe keine Schmerzen. Das liegt entweder daran, dass ich wirklich keinen Schmerz fühle, oder ich habe ihn verdrängt. Trotzdem stoße ich mich von der Bande ab, selbst als dieser Idiot Talbot versucht, mein Gesicht erneut dagegen zu drücken. Der Puck ist zwischen unseren Beinen und wir rangeln darum.

Es bleiben weniger als vierzig Sekunden im Spiel, um ein Unentschieden zu erreichen, und ich will es schaffen. Auch wenn ich keine Lust auf das Rampenlicht habe, das mit dem Siegestreffer einhergeht, ist mir das absolut lieber, als in der Verlängerung oder einem möglichen Elfmeterschießen festzusitzen. Ich will, dass dieses verdammte Spiel endlich vorbei ist.

Mit einem besonders kräftigen Stoß nach hinten kann ich mich von der Bande lösen und die Kufen aufs Eis stemmen. Da wir hier in Raleigh, North Carolina, auf heimischem Eis spielen und ich die Gleitfähigkeit und Konsistenz des Eises kenne, genügt ein kurzer Schlag an den Puck und er schießt zwischen unseren Beinen hindurch zurück. Ich biege nach links ab, und als ich spüre, dass Talbot mir folgt, drehe ich mich nach rechts, um ihn zu umfahren, schnappe mir den Puck und stürme auf das Tor zu.

Eins meiner natürlichen Talente ist es, mir das Abbild der Eisfläche im Kopf vorzustellen, meine beste Vorgehensweise zu analysieren und den Puck so schnell wie möglich dem Spieler mit der besten Torchance in unserem Team weiterzugeben. Aber jetzt, wo nur noch fünfunddreißig Sekunden bis zum Ende des Drittels verbleiben, die ich auf der Anzeigetafel runterticken sehe, will ich es nicht einem meiner Mitspieler überlassen, das Spiel zu entscheiden. Ich täusche einen Pass zur Seite vor und schiebe einen schnellen Handgelenkschuss in Richtung Tor, der genau zwischen dem oberen Pfosten und der linken Schulter des Goalies ins Netz segelt.

Das war leicht.

Das rote Licht hinter dem Netz leuchtet hell auf und das Stadion bricht in Jubel aus. Neunzehntausend Fans erheben sich und schreien begeistert, dass Alexander Crossman den Gleichstand aufgehoben und das Spiel höchstwahrscheinlich gewonnen hat. Natürlich hat mein Team noch einunddreißig Sekunden Zeit, um den Sack endgültig zuzumachen.

Meine Mannschaftskameraden werfen die Hände in die Luft und laufen auf mich zu, um das Tor zu feiern. Ich versuche halbwegs, zufrieden auszusehen, was im Grunde bedeutet, dass ich mir von meinen Mitspielern den Helm reiben oder mit den Schlägern gegen die Beine klopfen lasse. Aber aufregender wird es für mich nie, wenn ich ein Tor schieße. Ich hasse diese verdammte Scheiße. Die Bewunderung. Das Rampenlicht. Einfach alles.

Ich skate zur Bank, gehe durch das offene Tor und setze mich. Einige der Jungs rufen mir Glückwünsche zu und ein paar nicken. Andere ignorieren mich einfach. Bei den meisten bin ich nicht sehr beliebt.

Ich schnappe mir die Wasserflasche, spritze mir etwas in den Mund, spüle es umher und spucke es wieder aus. Die Menge dreht wieder durch, der Jubel steigert sich zu einem Crescendo, als die Wiederholung meines Tores auf dem Großbildschirm gezeigt wird. Ich werfe einen Blick darauf und runzele die Stirn. Es war ein ziemlich guter Spielzug und ich habe Talbot total gegrillt, aber während ich es mir ansehe, weiß ich, dass mein Vater heute Abend anrufen wird, weil er etwas zu kritisieren hat. Ihm ist es unmöglich, das zu lassen.

Die Stimme des Sprechers ertönt über die Lautsprecheranlage.

„Tor der Carolina Cold Fury, erzielt von Nummer siebenundsechzig, Alexander Crossman, ohne Hilfe …“

Und die Menge bricht in weiteren Jubel aus, der die Statistiken übertönt, während sie durchgegeben werden. Ich werfe einen kurzen Blick ins Stadion und weiß, dass die Fans sich verdammt freuen, dass ich gerade den Siegestreffer erzielt habe, aber auch, dass sie mich nicht ausstehen können. Ich muss sogar leise lachen, als ich ein Schild auf dem Eis sehe, auf dem steht: Crossman, Spieler des Tages! Wertvollster Arschlochspieler!

Ein Klassiker. Ich bin der Spieler, den sie so gern hassen, und es ist mir scheißegal.

Ich gehe da raus, tue meine Pflicht, schieße meine Tore und mache meine Assists, kassiere meinen Gehaltsscheck und darüber hinaus sollen die Leute mich einfach in Ruhe lassen.

Wenn das Leben nur so einfach wäre.

Für den Rest des Spiels schaue ich mir das Geschehen auf dem Eis gar nicht mehr an. Ich sitze auf der Bank, lehne den Kopf an die Scheibe hinter mir und schaue zu, wie die Zeit langsam abläuft, damit ich diesen Scheiß für heute hinter mir lassen kann.

***

„Crossman! In mein Büro, bevor du gehst!“, höre ich Dan Pretore rufen.

Er ist der Cheftrainer der Cold Fury, und obwohl er wahrscheinlich einer der besten Trainer ist, unter denen ich je gespielt habe, ist er auch ein harter Hund. Ich weiß ohne Zweifel, dass ich trotz meiner zwei Tore und drei Assists den Arsch versohlt bekommen werde.

Ich ziehe mein Jackett an, schließe den Reißverschluss meiner Sporttasche und mache mich auf den Weg in den Personalbereich unter dem Stadion. Keiner meiner Mannschaftskameraden verabschiedet sich von mir, keiner von ihnen gratuliert mir. Sie wissen, dass es nichts bringen würde, weil ich nicht darauf reagiere. Einige der neueren Spieler denken, ich sei einfach nur grüblerisch, aber die, die schon länger hier sind, wissen, dass ich nach einem Spiel ein gemeiner Mistkerl bin, egal ob wir gewinnen oder verlieren. Je besser es mir geht, desto kratzbürstiger werde ich. Das ist schon ziemlich abgefahren und ich bin sicher, dass ein Psychologe Spaß mit mir hätte.

Ich klopfe an die Tür des Büros und der Coach ruft mir sofort zu, dass ich eintreten soll. Ich schließe die Tür nicht, weil mir egal ist, ob jemand meinen Arschtritt hört. Ich setze mich gegenüber von seinem Schreibtisch, lege lässig ein Bein über mein Knie und sehe mich ohne wirkliches Interesse in seinem Büro um. Es ist ein einziges Chaos. Stapel von Papieren, Ordnern und Fast-Food-Verpackungen liegen auf seinem Schreibtisch herum. Er hat mehrere gerahmte Auszeichnungen, aber sie liegen alle auf dem Boden oder lehnen an der Wand. Ich bin jetzt seit fast sechs Jahren bei den Carolina Cold Fury und sein Büro sieht noch genauso aus wie bei meinem ersten Treffen mit ihm.

„Tolles Spiel heute“, sagt er und schaut von seinem iPhone auf, auf dem er gerade eine Nachricht geschrieben hat, als ich reinkam. „Dein Plus-Minus-Wert ist auf siebenundvierzig gestiegen. Ich glaube, das bedeutet, dass du im Moment die Liga anführst.“

Ich schaue ihn an und bedanke mich nicht für das Lob. Das brauche ich nicht und will es nicht, denn Statistiken haben mir noch nie viel bedeutet. So wie all die Auszeichnungen, die der Coach auf seinem Boden liegen hat. Sie bedeuten mir einen Dreck. Ich respektiere seine Trainerfähigkeiten für das, was sie sind, und nicht für das, was andere Leute davon halten.

Er wartet darauf, dass ich etwas sage. Eine Kenntnisnahme, ein Augenzwinkern, ein scheißegal. Er bekommt nichts, also seufzt er und fährt fort.

„Dieser kleine Stunt am Ende des Spiels war unangebracht“, sagt er.

Er bezieht sich auf die Tatsache, dass ich zum wertvollsten Spieler ernannt wurde. Oder zum wertvollsten Arschloch, wenn man nach dem geht, was einige Fans sagen. Eine Ehre, die am Ende des Spiels dadurch gewürdigt wird, dass der Spieler zur Anerkennung auf das Eis läuft. Als sie meinen Namen riefen, war ich schon auf halbem Weg in die Kabine und weigerte mich, eine blöde Runde auf dem Eis zu drehen. Die Buhrufe der Fans verfolgten mich den ganzen Weg zurück.

„Entschuldigung. Ich hatte eine Magenverstimmung. Durchfall. Musste dringend aufs Klo“, sage ich. Mein Gesichtsausdruck gibt die volle Wahrheit wieder, obwohl er weiß, dass ich nach Strich und Faden lüge.

Pretore beugt sich über den Schreibtisch und fletscht knurrend die Zähne. „Hältst du mich für bescheuert, Crossman? Du hast dem Publikum und dem Team gegenüber die Nase gerümpft, weil du ein Arschloch bist und aus keinem anderen Grund. Für dieses Verhalten verpasse ich dir eine Geldstrafe von tausend Dollar.“

Ich zupfe einen imaginären Fussel von meiner Hose und schaue ihn abschätzig an. „Gut. Sonst noch was?“

Pretore lehnt sich auf seinem Stuhl zurück und betrachtet mich. „Ich verstehe dich nicht. Du warst mit sechzehn Jahren der beste Spieler der Quebecer Junioren, vor sechs Jahren die Nummer eins im NHL-Draft und hast das Potenzial, jedes verdammte Jahr die Art Ross Trophy zu gewinnen, wenn du dich wirklich für das Spiel interessieren würdest. Stattdessen tust du nur das Nötigste, um über die Runden zu kommen, was dich zum Glück für dich und deine Karriere immer noch verdammt gut aussehen lässt. Du hast das Talent und die Fähigkeit, dieses Team anzuführen, aber du hast die emotionale Reife eines Kleinkindes. Du bist nach den meisten Maßstäben ein Versager, aber du wirst weiterhin dein Gehalt und deine Prämien bekommen, weil du mehr Talent in deinem kleinen Finger hast als die meisten Spieler im ganzen Körper. Ich glaube, was ich nicht verstehe … wie kannst du dich jeden Tag im Spiegel ansehen und wissen, dass du dein Leben vergeudest?“

Ich weiß, was er damit meint. Ich verstehe es. Seine kleine Predigt soll eine Ohrfeige plus Motivation sein. Er weiß, dass ich nicht gut auf Arschkriecherei und überschwängliches Lob reagiere, sondern eher auf die Herausforderung, mich zu beweisen. Leider sind seine Worte heute absolute Luftverschwendung, denn ich habe diese Rede schon ein Dutzend Mal von meinem Vater gehört.

„Ich schaue genauso in den Spiegel wie du, Coach. Jeden Tag, um mich zu rasieren oder mir die Zähne zu putzen. Und ich fühle mich wohl mit dem Kerl, der mich anschaut.“

Pretore schnaubt bei meiner Antwort, und obwohl er sauer auf mich ist, weiß ich auch, dass ihn diese Antwort irgendwie amüsiert, denn auch er ist von Natur aus ein Klugscheißer.

„Ja, du magst mit dir zufrieden sein, aber die Anzugträger da oben sind es nicht. Sie ordnen an, dass du deine Einstellung sofort änderst.“

Langweilig!

Ich habe diese Ansage schon viel zu oft bekommen.

„Ich sehe deinen Gesichtsausdruck“, sagt Pretore mit einem Seufzer. „Diesmal scherzen sie nicht.“

„Lass mich raten. Sie werden verlangen, dass ich auf die Kinderstation des Raleigh Community Hospital gehe und Autogramme gebe oder so. Um zu zeigen, dass ich in Wirklichkeit ein kuscheliger Teddybär bin.“

„Das ist keine schlechte Idee, aber nein. Sie wollen, dass du ein bisschen mehr mitmachst.“

Zum ersten Mal in diesem Gespräch spüre ich einen winzigen Anflug von Besorgnis, und das nur, weil Pretores Stimme von müde und frustriert zu tatsächlich ein wenig ängstlich geworden ist. Was auch immer die Anzugträger von mir wollen, Pretore glaubt nicht, dass ich dem zustimmen werde, also vermute ich, dass er sich auf meine Gegenwehr vorbereitet.

„Spuck’s aus“, sage ich leise.

„Sie wollen, dass du der Teamsprecher für eine Anti-Drogen-Kampagne wirst.“

„Das kann ich“, sage ich vorsichtig, denn das stimmt. Ich habe kein Problem damit, gute Zwecke zu unterstützen, und obwohl ich ein Arschloch bin, weiß ich, wie ich ein Lächeln auf mein Gesicht zaubern kann, wenn ich will. Für das Allgemeinwohl.

„Konkret sollst du eng mit dem Wake County Drogenkrisenzentrum zusammenarbeiten und ein Programm einführen, um mit gefährdeten Jugendlichen im ganzen Bundesstaat zu sprechen.“

„Das ist in Ordnung“, sage ich, aber die Besorgnis wächst, denn das klingt ein bisschen zu einfach.

„Sie haben sehr spezifische Anforderungen“, sagt Pretore entschieden.

Ich ziehe eine Augenbraue hoch und bitte ihn damit, es einfach auf den Tisch zu legen. Die Spannung bringt mich gleich um.

Er nimmt einen Zettel aus einem Ordner und reicht ihn mir. Ich überfliege ihn, wobei ich eine Liste von Dingen sehe. Ich schaue wieder zu ihm hoch.

„Im Wesentlichen geht es darum, dass du während der Saison mindestens fünf Stunden pro Woche arbeitest, natürlich an spielfreien Tagen. Außerhalb der Saison sind es zwanzig Stunden pro Woche.“

„Verdammte Scheiße“, fluche ich, denn ich bin soeben das Äquivalent eines Straftäters geworden, der auf Bewährung entlassen wurde.

„Das ist noch nicht alles. Eine Verbindungsperson wird wöchentlich einen Bericht über deine Fortschritte und Einstellung abgeben. Die Organisation wird ihm oder ihr eine Liste von Kriterien geben, die du erfüllen musst.“

„Kommt nicht infrage“, knurre ich, aber Pretore ignoriert mich.

„Wenn du nicht zustimmst, wirst du auf unbestimmte Zeit auf die Bank gesetzt und alle Prämien entfallen.“

„Muss ich auch eine Fußfessel tragen?“ Ich knurre unwillig.

„Außerdem“, sagt er mit noch festerer Stimme, „wird man jedes Mal, wenn du dich in der Öffentlichkeit oder unseren Fans gegenüber zum Arsch machst – das war deren Ausdruck, nicht meiner – eine Geldstrafe von fünftausend Dollar pro Verstoß verhängen.“

Ich öffne den Mund, um wieder zu fluchen, aber es kommt nichts heraus. Kälte durchströmt mich, als mir klar wird, dass mein Arbeitgeber soeben einen ziemlich tiefen Graben in den Sand gezogen hat. Ich habe zwei Möglichkeiten. Entweder ich tue, was sie sagen, oder ich verabschiede mich von meiner Karriere. Und das Beschissene daran ist, dass der Abschied im Moment die bessere Wahl zu sein scheint.

***

Ich gehe die Treppe zu meiner Wohnung hinauf, ziehe die Schlüssel aus der Tasche und freue mich darauf, den Lackaffenanzug auszuziehen und ein kaltes Bier zu trinken. Als ich die oberste Stufe erreiche, bleibe ich stehen, als ich erkenne, wer vor meiner Tür steht.

„Was machst du denn hier?“, frage ich müde.

Cassie zieht eine perfekt geformte Augenbraue hoch und schürzt ihre vollen Lippen. „Du hattest heute ein tolles Spiel, was bedeutet, dass du wahrscheinlich in bester Laune bist. Ich dachte, ich komme vorbei und helfe dir, etwas Dampf abzublasen. Wobei blasen das Schlüsselwort ist.“

Ja, Cassie Gates bläst am besten und ich werde sie wahrscheinlich nicht abweisen, aber es ärgert mich, dass sie gekommen ist, ohne dass ich sie darum gebeten habe. Sie ist seit einem Jahr mein Gelegenheitsfick, seit sie mit ihrer Schwester Allie nach Raleigh gezogen ist, deren Mann, Kyle Steppernech, Verteidiger bei den Cold Fury ist.

„Ich habe dich nicht eingeladen“, sage ich, während ich den Schlüssel ins Schloss stecke und sie nicht einmal ansehe.

Sie kommt näher und streckt eine wohlmanikürte Hand nach unten, um mir zwischen die Beine zu fassen. Sie stützt ihr Kinn auf meine Schulter und flüstert:

„Komm schon, Alex. Du weißt, dass ich dir Lust verschaffen werde.“

Ihre Hand drückt mich und zusammen mit dem sexy Schnurren ihrer Stimme wirkt es wie Magie und ich werde hart. Cassie ist ein verdammter Knaller mit ihren platinblonden Haaren, kilometerlangen Beinen und fantastischen Titten, also ja, mein Körper reagiert auf sie. Ich stoße die Tür auf und gehe hinein. Sie lässt von mir ab, aber ich weiß, dass sie mir folgen wird, um den Job zu beenden. Ich höre, wie sie die Tür schließt, während ich in die Küche gehe. Ich lasse meine Tasche auf den Boden fallen, nehme ein Bier aus dem Kühlschrank, öffne den Deckel und werfe ihn neben die Spüle. Ich trinke einen großen Schluck und beobachte, wie sie in die Küche geht und zielstrebig auf mich zu schlendert. Ich weiß, dass sie denkt, sie hätte mich durchschaut. Dass sie sich einen Weg in eine Beziehung mit mir bahnen kann, indem sie großartige Blowjobs und noch heißeren Sex bietet, aber da liegt sie völlig falsch. Keine Frau, die etwas auf sich hält, würde vor einem Arschloch wie mir auf die Knie gehen, nur um zu versuchen, es in die Falle zu locken.

Wenn ich ein Gewissen hätte, würde ich mich vielleicht schuldig fühlen wegen des Gebens und Nehmens in unserer Situation. Doch ich habe keine Skrupel, wenn ich mir nehme, was sie anbietet. Ich habe ihr offen und ehrlich gesagt, wie ich spiele, und Beziehungen gehören nicht zu meinem Naturell. Sie müsste wissen, dass sie auf dem Holzweg ist, wenn sie nach etwas anderem als weltenerschütternde Orgasmen sucht.

„Komm nur wieder, wenn ich dich einlade“, sage ich, nachdem ich einen weiteren Schluck Bier getrunken habe.

Sie tritt dicht an mich heran, fährt mit dem Finger an meinem Kinn entlang und lächelt entschuldigend. „Klar doch, Baby.“

„Ich bin nicht dein Baby“, erinnere ich sie, weil ich mich wie ein noch größeres Arschloch fühle, als ich es sonst bin.

„Was bist du dann?“, neckt sie mich, während sie beginnt, an meiner Gürtelschnalle zu arbeiten.

„Ich bin der Typ, der dich fickt, wenn es ihm passt. Mehr nicht.“

Sie kichert, denn es ist nicht das erste Mal, dass sie diese Worte aus meinem Mund hört.

Aber da sie einen Heißhunger auf die Strafe hat, sagt sie: „Mann, Mann, Mann, du bist heute Abend echt bester Arschlochlaune. Ich verstehe nicht, warum du so gemein sein musst.“

Ich entziehe mich ihrem Griff, gehe ins Wohnzimmer, nehme ein Kissen von der Couch und eile zurück in die Küche. Ich nehme meinen Platz wieder ein und lege das Kissen vor sie auf den Boden.

„Da“, sage ich und zeige mit einem bösen Grinsen auf das Kissen. „Damit dir die Knie nicht wehtun. Siehst du, ich kann auch ein netter Kerl sein.“

Weil Cassie nichts anderes von mir erwartet hat und das eigentlich eine nette Geste von mir ist, lacht sie entzückt, während sie meinen Hosenstall aufreißt und ihre Hand hineinschiebt. Nach ein paar Streicheleinheiten bin ich bereit für mehr und drücke ihren Kopf nach unten, bis sie vor mir kniet. Sie sieht mich mit rauchgrauen Augen an, die eigentlich sehr schön wären, wenn ich nicht wüsste, was für eine Hinterlist sich in Cassie verbirgt.

„Mal sehen, ob ich dir ein Lächeln ins Gesicht zaubern kann“, sagt sie und schürzt sexy die Lippen.

Kapitel 2

Sutton

Ich beuge mich auf meinem Bürostuhl vor, nehme den schwarzen Filzstift und übermale die Abnutzungsspuren am Absatz meiner Pumps. Ich habe diese Schuhe schon ewig und sie sehen zweifellos etwas gebraucht aus. Leider müssen sie noch ein bisschen länger halten, denn ich habe ein lächerliches Einkommen und muss damit für wichtigere Dinge wie Strom und Lebensmittel aufkommen.

Das Telefon auf meinem Schreibtisch summt und ich hebe ab. „Leg los.“

„Sutton, Schatz, ich muss schnell in die Apotheke, um ein Allergiemittel zu holen. Kannst du für etwa zehn Minuten die Rezeption übernehmen?“

Ich schaue auf meine Uhr. „Klar. Mein Zwei-Uhr-Termin hat schon zwanzig Minuten Verspätung, also nehme ich an, dass er nicht mehr auftaucht. Ich bin gleich da.“

Ich setze die Kappe wieder auf den Filzstift und werfe ihn auf den Schreibtisch. Dann schnappe ich mir die oberste Akte aus meinem Posteingang, verlasse mein Büro und gehe den Flur entlang in Richtung des Hauptempfangs des Wake County Drug Crisis Zentrums. Ich liebe meinen Job, aber unser Gebäude sieht verdammt deprimierend aus. Es ist nichts weiter als ein viereckiger Kasten aus Betonblöcken und Stahl mit tristem Fliesenboden und grauer Anstaltsfarbe, die von den Wänden abblättert. Ungefähr alle fünf Meter ist ein billiges Poster an die Wand geheftet, auf dem steht, dass man die Kraft und Stärke finden soll, die Sucht zu besiegen. Ich kann nicht umhin zu denken, wie traurig der Widerspruch zwischen den Hoffnungsbotschaften und der deprimierenden Einrichtung ist.

Am Ende des Flurs schiebe ich meinen Ausweis durch das Lesegerät neben der Stahltür, höre das Klicken des Schlosses und trete in die Lobby ein. Wenigstens hier ist die Einrichtung etwas einladender, mit beigem Teppichboden, Kunstledersofas und einer Fülle von Grünpflanzen. Unsere Rezeptionistin Minnie hat einen grünen Daumen und hat es auf sich genommen, den Raum nach ihren Vorstellungen zu dekorieren. Natürlich ist Minnie eine Institution für sich und hat schon vor der Geburt Moses’ die Rezeption unseres Krisenzentrums betreut.

„Das ging aber schnell“, sagt Minnie und holt ihre Handtasche aus der untersten Schublade ihres stählernen Schreibtischs.

Sie öffnet die Tasche und ich warte geduldig, bis sie ihren Kompaktspiegel herauszieht und Puder auf ihre Nase tupft. Dann holt sie einen knallroten Lippenstift heraus und streicht ihn auf ihre schmalen Lippen. Schließlich wischt sie sich mit den Händen über die Seiten ihres silbernen Haares, das sie zu einem strengen Dutt zurückgebunden hat, und lächelt ihr Spiegelbild an. Minnie ist eine altmodische Raleigh-Ureinwohnerin und eine Frau aus dem Süden geht nie aus dem Haus, ohne sich von ihrer besten Seite zu zeigen.

Sie klappt ihre Puderdose zu, wirft sie in ihre Handtasche und steht auf. „Brauchst du etwas, wenn ich schon mal dabei bin?“

„Nein, danke“, antworte ich, obwohl ich sie gern bitten würde, mir eine Tüte Hershey’s Kisses Schokolade mit Mandeln mitzubringen. Die Dinger sind meine Sucht. Um es mit den Worten der Drogenberatung zu sagen: Sie sind mein Verderben. Aber ich habe mir dieses Jahr vorgenommen, meinen Schokoladenkonsum einzuschränken, und auch nach zehn Monaten werde ich das nicht brechen. Ich gönne mir nur zwei Stücke pro Tag, und zwar immer nach dem Abendessen zu Hause.

Minnie geht an mir vorbei zur Tür. „Bin gleich wieder da.“

„Lass dir Zeit. Mein nächster Termin ist erst um vier.“

Sie ruft Toodles, was so viel wie Tschüss heißt und mich zum Lächeln bringt, weil es so typisch Minnie ist. Ich setze mich an ihren Schreibtisch, um die Akte durchzusehen, die ich mitgenommen habe. Es ist ein ganz gewöhnlicher Fall, den ich leider nur allzu oft sehe. Meine Aufgabe im Zentrum ist zwar die Beratung von Menschen, die von Drogen- oder Alkoholsucht betroffen sind, aber ich habe mich für die Arbeit mit gefährdeten Jugendlichen und Kindern spezialisiert, deren Eltern Suchtprobleme haben. Ich kann mir meine Fälle zwar nicht aussuchen, aber mein Chef, Ken Silver, hat Verständnis für mein Interesse und neigt dazu, mir diese Art von Fällen zuzuweisen, wenn er kann. In diesem speziellen Fall geht es um eine Schülerin aus der Oberstufe, die an den Meth-Vorrat ihrer Eltern geriet und beschloss, es einmal zu versuchen. Bei ihrem ersten Mal erlitt sie eine Überdosis, und obwohl sie schwört, dass sie es nie wieder ausprobieren wird, ist die Versuchung immer noch da, denn ihre Eltern nehmen immer noch Drogen. Ihr Name ist Mara und sie kommt heute Nachmittag zu unserer dritten Sitzung. Unsere Dienste sind kostenlos, bezahlt von den Steuerzahlern von Wake County. Das Beste, was Mara in dem Fall passierte, ist, dass es sie zu Tode erschreckt hat, als sie im Krankenhaus aufgewacht ist, angeschlossen an eine Infusion. Seitdem ist sie bei jedem Termin pünktlich und eifrig dabei, mit mir zu sprechen.

Das ist mehr, als ich von meinem Zweiuhrtermin sagen kann, der nicht erschienen ist, was mich sehr enttäuscht. Nicht weil es ein interessanter Fall ist, sondern weil es eine Karrierechance für mich wäre, die man mir in so jungen Jahren normalerweise nicht bietet. Ken hat mir Anfang der Woche gesagt, dass er mir ein ganz besonderes Projekt geben würde, weil er weiß, dass es mir sehr am Herzen liegen würde. Offenbar will das Eishockeyteam Carolina Cold Fury eine Anti-Drogen-Kampagne starten, die sie auf lokaler Ebene aufbauen und möglicherweise auf nationale Ebene übertragen könnten. Was mir daran besonders am Herzen liegt? Nun, sie wollen gefährdete Jugendliche ansprechen und da bin ich voll dabei. Ken teilte mir mit, dass sie ihren besten Spieler, Alexander Crossman, als Sprecher einsetzen werden, und dass ich persönlich mit ihm zusammenarbeiten soll, um das Programm zu entwickeln und umzusetzen. Das wäre ein Plan für alle Schulen der Region, in denen Mister Crossman und ich mit den Schülern sprechen würden.

Ja, ich!

Ich bin furchtbar aufgeregt, denn obwohl ich die Beratung liebe und sie für nichts auf der Welt eintauschen würde, möchte ich auch mehr bewirken, aber das geht nur, wenn ich die breite Masse erreiche. Ich habe keine Ahnung, wer dieser Alexander Crossman ist, denn ehrlich gesagt, weiß ich nichts über Eishockey. Ich weiß nur, dass wir hier in Raleigh eine Profimannschaft haben, die Cold Fury heißt. Sonst weiß ich nichts über sie. Doch wenn er mir helfen kann, mein Ziel zu erreichen, größere Gruppen von Jugendlichen anzusprechen, dann wird er mein neuer, bester Freund werden.

Die Tatsache, dass der glänzende Stern von einem Spieler nicht zu seinem Termin erschienen ist, hat definitiv einen schlechten Beigeschmack. Das kann aber auch ein normales Verhalten sein. Ich bin noch nie einem Prominenten oder Sportstar begegnet, aber ich vermute, dass Arroganz und Anspruchsdenken dazugehören könnten. Vielleicht muss ich sogar lernen, damit umzugehen, wenn wir versuchen, in unserer neuen Arbeitsbeziehung Grenzen festzulegen. Ich mag eine junge Frau sein, aber ich bin nicht ohne Mumm und ich habe Eier, wenn ich welche brauche.

Die Glocke über der Eingangstür läutet und kündigt einen Besucher an. Wir haben nicht viel Publikumsverkehr, da die meisten Termine geplant sind, aber keiner der anderen Berater hat um diese Zeit einen Termin, sodass es ungewöhnlich ist, dass jemand vorbeikommt.

Als ich nach oben schaue, bin ich kurz sprachlos angesichts dessen, was möglicherweise eine Fata Morgana sein könnte. Es muss eine sein, denn ernsthaft … es ist unfassbar. Er ist unfassbar. Das übersteigt meine Vorstellungskraft.

Ein Mann kommt herein, die frühe Nachmittagssonne umreißt seinen breiten Körper. Er muss mindestens zwei Meter groß sein, mit einer kräftigen Brust, einer schmalen Taille und ziemlich breiten Schultern. Für einen so großen Mann bin ich überrascht, dass er sich mit einer natürlichen Anmut bewegt. Seine graue Hose und sein dünner schwarzer Pullover passen sich seinem Körper an und zeigen die Vertiefungen und Erhöhungen der Muskeln, die man sonst nur in Gesundheitsmagazinen sieht.

Wenn ich schon dachte, dass sein Körper unglaublich ist, werde ich fast ohnmächtig, als ich sein Gesicht betrachte. Es könnte Engel zum Weinen bringen und ich schließe bewusst den Mund, als ich merke, dass er mir ungläubig aufgeklappt ist.

Seine dunklen, fast schwarzen Haare, mit einem Glanz von Mahagoni, trägt er halblang und in wirren Lagen. Sein Gesicht würde, wenn es in Marmor gehauen wäre, von den besten Kunstgalerien der Welt begehrt werden. Es ist ausgestattet mit einem kräftigen Kiefer, der von dunklen Stoppeln bedeckt ist, hohen Wangenknochen, einer geraden Nase, und selbst aus der Entfernung und mit der Sonne im Rücken kann ich die kristallklarsten blauen Augen erkennen, die ich je bei einem Menschen gesehen habe.

Das Letzte, was mir an ihm auffällt – denn mir ist schon einiges aufgefallen – ist, dass seine Lippen voll sind, die untere ein wenig voller als die obere. Diese Lippen, die vielleicht die perfektesten der Welt sind, verziehen sich zu einem Grinsen, und ich frage mich sofort, was er mit diesem Mund alles anstellen könnte. Und was denke ich noch?

Er grinst, weil ich ihn so unverhohlen abchecke.

Vielleicht, weil mein Gehirn von solcher Pracht verwirrt ist, oder vielleicht, weil ich sonst nicht so leicht in Verlegenheit gerate. Ich habe nicht einmal ein Fünkchen Anstand, der mich veranlassen würde, meinen Blick aus Schüchternheit oder Scham abzuwenden. Also halte ich seinen Blick, als er zum Schreibtisch geht, seine Handflächen flach auf die Oberfläche stützt und mir ein strahlendes, sexy Lächeln schenkt, das mich fast blendet und auf jeden Fall ein Ziehen in meinem Bauch verursacht.

„Aha, du hast mich erkannt“, sagt er mit tiefer, leicht akzentuierter Stimme.

Ich blinzele, seine Worte dringen zu mir durch, aber nicht wirklich. Ich bin immer noch zu sehr vom Weiß seiner Zähne geblendet, und ich könnte schwören, dass ich einen Zahn tatsächlich glitzern sah.

„Ähm, wie bitte?“ Ich habe keine Ahnung, wer das ist, warum er hier ist oder warum ich ihn erkennen sollte. Vielleicht ist er ein berühmtes Model oder ein Schauspieler und ich zerbreche mir den Kopf, um sein Gesicht einzuordnen.

Sein Lächeln verwandelt sich in ein Stirnrunzeln. „Du erkennst mich also nicht?“

Aus irgendeinem verrückten Grund fühle ich mich schrecklich, weil ich nicht weiß, wer er ist, und er scheint dadurch verletzt zu sein. Nein, nicht verletzt, das ist das falsche Wort.

Neugierig.

Ja, das trifft es besser.

Ich lasse mein Gehirn auf Hochtouren laufen, während es mein Gedächtnis nach allen Filmen, Seifenopern und Modemagazinen durchforstet, die ich je gesehen habe, und versuche, auf den Namen dieses Mannes zu kommen.

„Alex Crossman“, sagt er schließlich und lässt mich vom Haken. „Ich habe einen Termin mit Sutton Price.“

Verdammt noch mal.

Das ist Alexander Crossman? Starspieler der Cold Fury und potenzielles GQ-Model. Mein neuer Mitstreiter bei der Entwicklung eines Programms für Jugendliche in Schwierigkeiten. Und ein allgemeiner Idiot, weil er zu spät kommt und nicht einmal anruft. Ich weiß nicht, ob ich einen Orgasmus bekommen oder mich darüber ärgern soll, dass er dreißig Minuten nach unserem geplanten Termin hereinspaziert.

„Sie sind spät dran, Mr. Crossman“, sage ich und ignoriere, dass er mich einfach geduzt hat, wobei meine  Missbilligung durchklingt. „Um etwa eine halbe Stunde.“

Er sieht nicht im Geringsten beeindruckt aus, aber sein Lächeln wird noch breiter. Als er seine Hände vom Schreibtisch nimmt, lehnt er sich mit der Hüfte an die Kante, und ich schlucke schwer, als ich die gespannten Oberschenkelmuskeln bemerke, die mir förmlich ins Auge springen, während der Stoff seiner Hose um sein Bein spannt. Ich zwinge mich dazu, den Blick zu heben, damit ich nicht versehentlich auf das schaue, was sich zwischen diesen Schenkeln befinden mag. Irgendwie stelle ich mir vor, dass es genauso prächtig sein muss wie der Rest von ihm.

Ich nicke zu der Besuchercouch in der Ecke. „Wenn Sie sich bitte setzen würden, es dauert nur einen Moment.“

Er rührt sich nicht vom Schreibtisch, sondern sieht mich nur an, wobei sein Lächeln nicht mehr die weißen Zähne zeigt, sondern amüsiert ist.

„Ich sag dir was“, beginnt er, lehnt sich etwas näher heran und sagt: „Ich werde mich hinsetzen und geduldig warten, wenn du mich heute Abend bei mir für dich kochen lässt.“

Mein Gesicht scheint zu erschlaffen, sodass mir ohne jegliche Stütze die Kinnlade hinunterfällt. Alex Crossman, professioneller Eishockeyspieler und der schönste Mann des Planeten – nein, des Universums – hat mich gerade um ein Date gebeten?

Nein, warte. Das ist kein Date. Das ist nur eine Einladung in seine Wohnung.

Zum Abendessen.

Ein privates Abendessen. In privater Umgebung.

In meinem Kopf schrillen die Alarmglocken und ich erkenne mit absoluter Klarheit, dass Herr Crossman diese Einladung in der Hoffnung ausgesprochen hat, in mein Höschen zu gelangen.

Okay, ich weiß wieder nicht, ob ich einen Orgasmus haben oder beleidigt sein soll.

Ich entscheide mich dafür, professionell zu bleiben, da ich immer noch im Dienst bin, und mich beleidigt zu geben. Ich sehe ihn mit verengten Augen an und nicke wieder in Richtung Couch. „Nein, danke. Wenn Sie sich jetzt bitte hinsetzen wollen, damit ich meine Arbeit machen kann …“

Er sieht mich einen Moment länger an, zuckt mit den Schultern und ich sehe, wie das amüsierte Lächeln aus seinem Gesicht verschwindet. „Fragen kostet nichts“, sagt er mit einem Augenzwinkern, bevor er zur Couch geht und sich setzt.

Ich versuche, mich auf Maras Akte zu konzentrieren, kann aber nicht umhin, einen Blick auf Mr. Eishockey-Hottie zu werfen. Er ist einfach umwerfend, aber auch völlig von sich eingenommen. Nicht, weil er mich um ein Date gebeten hat. Ich meine, das war irgendwie schmeichelhaft, auch wenn ich nicht interessiert bin. Auf keinen Fall würde ich beim ersten Date in die Wohnung eines Mannes zum Essen gehen. Aber er ist offensichtlich so arrogant, weil er glaubt, dass seine Zeit wichtiger ist als meine. An diesem Punkt hoffe ich, dass Minnie sich Zeit lässt, wenn sie von der Drogerie zurückkommt, damit Mr. Crossman sich eine Weile abkühlen und sehen kann, wie es ist, wenn man respektlos ist.

Als wäre sie nur aufgetaucht, weil ich an sie gedacht habe, kommt Minnie in einer Wolke aus Estée-Lauder-Parfüm und Sonnenschein zur Tür herein. „Ich bin wieder da“, zwitschert sie fröhlich. „Vielen Dank, meine Liebe.“

„War mir ein Vergnügen, Minnie.“

Ich stehe vom Schreibtisch auf, nehme Maras Akte und wende mich der Couch zu, auf der Alex sitzt. Ich überlege, ob ich ihn noch ein bisschen länger hierlassen soll, entscheide mich dann aber dagegen, denn ich bin kein rachsüchtiger Mensch. „Mr. Crossman, wenn Sie bitte mitkommen würden …“

Er hebt seinen großen Körper von der Couch und als er seine volle Größe erreicht hat, höre ich, wie Minnie hinter mir leicht aufstöhnt und murmelt: „O, Mann.“

Ja, Minnie. Er ist definitiv ein o Mann.

Als Alex mit seinen überlangen Beinen auf mich zugeht, wandert sein Blick lässig an meinem Körper hinab und langsam wieder hinauf, bis er mir in die Augen sieht. Bewunderung scheint deutlich durch und das macht mich verlegen. Ich drehe auf dem Absatz um und sage über die Schulter hinweg: „Folgen Sie mir.“

Als ich durch die Tür in den hinteren Bereich gehe und meine Absätze auf dem Fliesenboden klackern, spüre ich, wie sein Blick auf meinem Hintern brennt. Ich bin ein bisschen froh, dass er wahrscheinlich meine Figur anstarrt und nicht die mit Filzstift beschmierten, abgewetzten Absätze meiner Schuhe.

Als ich mein Büro erreiche, stoße ich die Tür auf und mache ein Zeichen, dass er vorangehen soll. Ich folge ihm und schließe die Tür. „Bitte setzen Sie sich.“ Ich gehe um den Schreibtisch herum, lege Maras Akte in eins der Regale und setze mich auf den billigen Bürostuhl mit unebenen Rollen, der bei jeder Bewegung quietscht. Als ich den Mann schließlich von der anderen Seite des Schreibtisches ansehe, starrt er mich fassungslos an.

„Sie sind Sutton Price?“

„Die Wahrhaftige“, scherze ich.

„Fuck“, murmelt er und fährt sich irritiert mit der Hand durch die langen Haare. „Ich dachte, Sutton wäre der Name eines Kerls.“

„Das stimmt wohl“, bestätige ich. „Zufällig ist es aber auch mein Name.“

„Himmel“, murmelt er.

Ich kann beim besten Willen nicht verstehen, warum ihn mein Name zu stören scheint. Je besser ich Alex Crossman kennenlerne, desto weniger werde ich ihn mögen.

Kapitel 3

Alex

Verflucht noch mal!

Diese total heiße Frau hinter dem Schreibtisch, die mir in Gedanken heute Abend einen blasen sollte, ist also die verdammte Beraterin, mit der ich zusammenarbeiten muss?

Das amüsiert mich nicht, denn obwohl ich wirklich umwerfend charmant sein kann, wenn ich will, verabscheue ich diese ganze Wohltätigkeitssache so sehr, dass ich weiß, dass ich dieser Frau gegenüber wahrscheinlich nichts als ein Arschloch sein werde. Mir ist klar, dass sie das nicht verdient hat, aber so ist es nun mal.

Ja, ich weiß, dass es sich um einen guten Zweck handelt, und wie ich schon sagte, bin ich für gute Zwecke zu haben. Aber es kotzt mich an, dass ich gezwungen werde, dies aus Strafe und als Mittel zu tun, um mich zu zügeln. Allein die Tatsache, dass ich auf die Strafbank gesetzt werde, wenn ich mich weigere, das hier zu tun, macht mich noch wütender als meine normale mürrische Einstellung. Und ich habe das Gefühl, dass diese arme Frau nicht wissen wird, wie ihr geschieht, wenn wir heute fertig sind.

Ginge es nur darum, eine Karriere aufzugeben, die ich hasse, säße ich jetzt nicht hier. Ich hätte dem Coach neulich bei unserem Gespräch gesagt, dass er mich mal kann und wäre gegangen. Aber leider ist dieser Beruf, den ich so sehr hasse, auch sehr notwendig, weil ich nichts anderes kann. Mein guter alter Dad hat dafür gesorgt, dass ich all meine Energie, meine Bemühungen und mein Talent darauf verwende, einer der besten Eishockeyspieler der Welt zu werden, und zwar so sehr, dass ich nicht ein einziges Mal darüber nachgedacht habe, was ich tun würde, wenn es einmal vorbei ist.

Deshalb zähle ich jeden Cent, den ich verdiene, und lege ihn auf die Seite für den Tag, an dem ich diesen Beruf nicht mehr machen kann, damit ich wenigstens etwas Geld zum Leben habe, während ich überlege, was ich mit dem Rest meiner Existenz anfangen soll. Deshalb wohne ich in einer kleinen Zweizimmerwohnung und besitze einen gebrauchten Chevy, während meine Teamkollegen in Villen leben und Luxus-Karren fahren. Denn mein Verdienst ist mein Ticket in die Freiheit, weg von einem überheblichen und gewalttätigen Vater, der unfähig ist, seinen Sohn zu lieben, und einer Karriere, auf die ich genauso gut verzichten könnte wie auf alles andere.

Als ich Sutton Price ansehe, knurre ich innerlich über diese unglückliche Wendung der Ereignisse. Ich hatte gehofft, sie noch einmal ansprechen zu können, bevor ich gehe, und war mir ziemlich sicher, dass ich sie zu einem Abendessen in meiner Wohnung überreden könnte. Ich würde sogar etwas Nettes kochen. Auf jeden Fall ohne Hackfleischwürze aus der Fertigpackung. Aber nein, sie ist im Wesentlichen meine Gefängniswärterin für ein Jahr, was sie gleichzeitig zu meiner Feindin macht. Und man kann den Feind schlecht ficken. Zumindest glaube ich nicht, dass ich das kann.

„Du bist tatsächlich eine der Betreuerinnen hier?“, frage ich und meine Stimme trieft vor Skepsis, denn ich bin nicht bereit zu glauben, dass diese Frau heute Nacht nicht unter mir liegen wird.

Sie schenkt mir ein mildes Lächeln. „Ja, ich kann Ihnen versichern, dass ich hier Beraterin bin.“

„Du siehst nicht einmal alt genug aus, um aus der Highschool raus zu sein.“

„Ich bin zweiundzwanzig und habe meinen Masterabschluss gemacht. Ich bin qualifiziert.“

„Zweiundzwanzig und ein Masterabschluss?“, frage ich skeptisch.

„Ich habe den Master schon während des Studiums angefangen. Nach meinem Abschluss habe ich etwa ein Jahr gebraucht, um ihn abzuschließen.“

Ich mustere sie eingehend und fixiere sie mit einem eisigen Blick. Der hat schon viele Frauen zum Weinen gebracht und einige Männer zum Zittern. Sie zieht nur eine Augenbraue hoch und hält meinem Blick stand.

„Du musst wissen, dass ich nur unter Protest hier bin“, informiere ich sie.

„Wirklich?“, fragt sie, ihre Stimme ist samtig weich, aber voller Sarkasmus. „Das hätte ich ja nie vermutet.“

„Du wirst schnell herausfinden, dass es nicht einfach ist, mit mir zusammenzuarbeiten.“

„Ich habe Erfahrung mit schwierigen Menschen.“

„Meistens werde ich wahrscheinlich gar nicht auftauchen oder ein Arschloch sein.“

„Wenigstens bin ich jetzt vorgewarnt.“

Himmel noch mal. Lässt sich diese Frau von nichts abschrecken?

Seufzend lehne ich mich auf dem Stuhl zurück und schlage die Hände über dem Bauch zusammen. Ich suche in ihrem Gesicht nach einem Zeichen von Schwäche, die ich ausnutzen kann. Ein Auslöser, eine Unsicherheit, etwas, das ich tun kann, um ihr so unter die Haut zu gehen, wie sie mir offenbar unter die Haut geht. Doch ich finde nichts außer einem freundlichen Lächeln und wunderschöne grün-goldene Augen, um die sich eine Masse kupferfarbener Haare locken.

Fuck.

Ich bin launischer als sonst, weil ich mich zu dieser Frau hingezogen fühle, und zwar auf eine Weise, wie ich mich schon lange nicht mehr zu jemandem hingezogen gefühlt habe. Das verwirrt mich, fasziniert mich ein wenig, aber vor allem macht es mich wütend. Ich greife in meine Gesäßtasche, ziehe einen Umschlag heraus und reiche ihn ihr über den Schreibtisch. „Das ist von Walt Prestonwood, dem Geschäftsführer der Cold Fury.“

Sie nimmt ihn mir neugierig ab und ich sehe zu, wie sie einen Brieföffner nimmt und das Siegel aufbricht. Ich weiß nicht, was drin ist, aber ich kann es mir vorstellen. Ich beobachte ihr Gesicht aufmerksam, als sie ein einzelnes Blatt Papier herauszieht. Ich kann das Logo der Fury auf der Vorderseite und getippte Worte erkennen, aber darüber hinaus ist der Inhalt ein Rätsel.

Ihre Augen bewegen sich beim Lesen hin und her, und ihre Augenbrauen ziehen sich zusammen. Als sie fertig ist, überrascht sie mich und reicht mir das Papier über den Schreibtisch. Ich nehme es ihr aus der Hand und lese es schnell. Es ist das, was ich mir vorgestellt habe. Ein Brief an sie, in dem erklärt wird, dass das Team hofft, dass diese Gelegenheit genutzt werden kann, um mein Image aufzupolieren, dass ich unter Protest hier bin und dass das Team möchte, dass Ms. Price wöchentlich über mein Verhalten berichtet. Das ist im Grunde ihre geheime Methode, mir auf die Finger zu schauen, und ich bin absolut fassungslos, dass sie mich den Brief lesen lässt. Vor allem, weil in der letzten Zeile steht: „Ich möchte Sie bitten, diesen Brief privat zu halten und ihn nicht an Mr. Crossman weiterzugeben.“

„Ich bin nicht glücklich darüber, Babysitter sein zu müssen“, sagt sie und mein Blick wandert zu ihr.

„Ich bin auch nicht gerade begeistert davon“, antworte ich ehrlich.

Dann sieht sie mich an, mit zur Seite geneigtem Kopf. „Also, was ist mit Ihnen los? Sind Sie das schwarze Schaf des Teams oder so?“

„So etwas in der Art“, murmele ich, nicht bereit, die Millionen von Gründen zu nennen, warum ich hier sitze. „Anscheinend habe ich ein kleines Problem mit meiner Einstellung.“

Dann tut Sutton etwas, das ich wohl nie vergessen werde, solange ich lebe. Sie lächelt mich verschmitzt an, ihre Augen wirken mehr golden als grün. Sie ist so verdammt schön in diesem Moment, dass mir der Atem stockt. „Ich kann mit üblen Einstellungen umgehen“, sagt sie mit einem Augenzwinkern. „Das macht die Dinge interessant.“ Gerade will ich den Mund öffnen, um irgendetwas zu sagen – ohne zu wissen was –, aber dann sagt sie:

„Im Ernst, Mr. Crossman …“

„Sag Alex zu mir.“

„Alex“, sagt sie mit einem Kopfnicken. „Wenn du das wirklich nicht willst, schadest du der Sache nur mehr, als dass du Gutes tust. Wir werden mit Kindern über Drogenabhängigkeit sprechen. Sie erkennen einen Schwindler auf Anhieb. Sie müssen uns glauben. Sie müssen uns vertrauen.“

Zum ersten Mal seit vielen Jahren spüre ich so etwas wie Scham. Ich war für viele Menschen in meinem Leben ein Arsch, weil ich meine Wut und meine Probleme mit meinem Vater an anderen auslebe. Aber nicht ein einziges Mal habe ich Scham oder auch nur das kleinste bisschen Schuld für meine Handlungen empfunden. Doch jetzt bin ich hier, und Sutton Price gibt mir das Gefühl, verdammt mickrig zu sein. Der Alex Crossman, der im Arschlochland lebt, hätte ihr mit einer abfälligen Bemerkung geantwortet, gefolgt von einem Angriff auf ihr Selbstwertgefühl.

Stattdessen sage ich: „Ich bin unter Protest hier, weil sie mich zwingen, das zu tun. Aber wenn ich die Möglichkeit hätte, mich freiwillig für ein Projekt wie dieses zu melden, würde ich es sofort tun. Vielleicht habe ich ein Problem mit meiner Einstellung, Ms. Price …“

„Sutton“, sagt sie und lächelt.

„Sutton. Aber ich denke, das ist eine gute Sache. Wenn es sein muss, musst du wissen, dass ich mich ehrlich anstrengen werde. Ich würde nie etwas tun, um ein Kind zu verarschen. Niemals.“

Ich beobachte erstaunt, wie ihr Ausdruck warm und weich wird, dabei schenkt sie mir ein breites Lächeln, das mein Herz wie verrückt klopfen lässt. Das ist ein merkwürdiges Gefühl.

„Fantastisch“, sagt sie enthusiastisch. „Ich muss sagen, dass ich mich sehr auf dieses Projekt freue. Es war schon immer mein Traum, an einem Programm für gefährdete Jugendliche teilzunehmen, und das in einem so jungen Alter und mit dem Einfluss eines professionellen Eishockeyteams im Rücken …“

Ich blende sie aus und höre kein einziges Wort mehr. Stattdessen starre ich sie gebannt an, wie sie den Mund bewegt, der mir ihre Worte so schnell entgegenschleudert, denn sie ist aufgeregt wie ein Kind an Weihnachten. Was mich dazu bringt, mich auf ihren Mund zu konzentrieren und darauf, wie verdammt sexy ihre Lippen sind. Sie ist zweifelsohne schön, aber nicht auf die klassische Art. Eher auf eine geerdete, lässige Art. Sie trägt nicht viel Make-up, aber das hat sie auch nicht nötig. Ihre Haut ist klar und zart, und ihre Augen und Haare sind bei weitem ihre besten Attribute. Wenn sie lächelt, fällt mir sofort auf, dass sie einen leicht schiefen Zahn hat, aber aus irgendeinem Grund trägt das zu ihrem Charme bei. Die Tatsache, dass sie nicht perfekt ist, lässt sie fast perfekt erscheinen. Außerdem hat sie eine kleine Narbe unter ihrer linken Augenbraue, aber auch das trägt zu ihrer einzigartigen Ausstrahlung bei.

Ich werde nicht lügen, ihr Körper ist umwerfend. Als ich auf dem Weg in ihr Büro hinter ihr herlief, blieb mein Blick an ihrem kurvigen Hintern hängen, der von ihrem schmalen, grauen Rock geformt wurde, der die Kniekehlen und ihre strammen Waden streifte. Zusammen mit ihrem flachen Bauch ist leicht zu erkennen, dass sie Fitness macht. Das Einzige, was ich nicht gut erkennen kann, sind ihre Brüste. Das liegt daran, dass die cremefarbene Seidenbluse vorn Rüschen hat, die sie nicht besonders betonen. Ihre Brust sieht nicht übermäßig groß aus, aber ich wette, sie ist eine Handvoll, was mich umso mehr bedauern lässt, dass sie heute Abend nicht zu mir nach Hause kommen wird.

„Also, ich denke, wenn wir fleißig arbeiten, könnten wir in ein paar Monaten etwas auf den Markt bringen, meinst du nicht?“

Ich höre wieder genauer zu und nicke, wobei ich keine Ahnung habe, was sie gerade gesagt hat. „Klingt gut.“

„Also, wie oft wollen wir uns treffen? Dein Zeitplan muss viel komplexer sein als meiner, aber ich bin ziemlich flexibel. Ich kann auch nachts oder am Wochenende, wenn du willst.“

„Mein Zeitplan variiert von Woche zu Woche, je nachdem, ob wir zu Hause oder auswärts spielen. Wir werden viel kurzfristig planen müssen.“

„Okay“, sagt sie fröhlich, aber ich sehe, dass sie wie ein Rennpferd darauf brennt, aus dem Tor zu stürmen. Ihr Enthusiasmus ist leicht ansteckend und ich ertappe mich dabei, wie ich mein iPhone aus der Tasche ziehe. „Sag mir, welche Tage du nächste Woche frei hast, und ich werde sehen, was wir arrangieren können.“

Sie wendet sich ihrem Laptop zu und beginnt, mir ihren Terminplan mitzuteilen. Innerhalb weniger Minuten haben wir ein Treffen für den folgenden Montagmorgen vereinbart. Sutton greift in eine Schreibtischschublade, zieht einen dicken Aktenordner heraus und reicht ihn mir.

„Was ist das?“, frage ich misstrauisch.

„Hausaufgaben. Es ist ein Programm, das sie in Kalifornien durchführen und das ich studiert habe. Ich denke, es ist ein gutes Modell und wird uns eine Menge Arbeit ersparen.“

Ich betrachte den Ordner, als wäre er ein ekliger Käfer in meiner Hand, und kann nicht verhindern, dass ich die Nase rümpfe. „Warum gibst du mir nicht einfach eine mündliche Kurzversion?“

Sutton lacht und in meinem Bauch kribbelt es bei dem klaren, honigsüßen Klang. Ihre Augen funkeln, ihre Zähne blitzen, sogar der kleine schiefe Zahn, und ihre Stimme ist wie Musik in meinen Ohren.

Was zum Teufel …?

Seit wann fällt mir so ein Scheiß bei Frauen auf? Ich bin ein Titten-und-Arsch-Mann. Aber anscheinend bin ich jetzt auch ein Mann der auf Augen, Haare und Stimme steht.

Während Suttons Lachen noch immer ertönt, schüttele ich den Kopf. „Das war nicht witzig gemeint.“

„Nein, sicher nicht“, sagt sie und kichert immer noch, „aber ich mache deine Hausaufgaben nicht für dich.“

Ich stütze die Ellbogen auf die Knie und verschränke die Hände ineinander. Ich sehe sie direkt an und lasse alle Scherze beiseite. „Du wirst nicht nachgeben, oder?“

„Nein.“

„Auch nicht, weil ich ein erfolgreicher Eishockeyspieler bin?“

„Schon gar nicht deswegen“, sagt sie und blickt mich mit gespielter Missbilligung an. „Außerdem habe ich keine Ahnung von Eishockey.“

„Du solltest nachsichtig mit mir sein, dann benehme ich mich auch nicht mehr wie ein Arschloch.“

„Wusstest du nicht, dass man mit Zucker mehr Fliegen fängt?“

„Wenn ich nett bin, bist du also nachsichtig mit mir?“

„Nein. Nicht einmal dann“, sagt sie grinsend.

Ich starre sie an und bevor ich überhaupt weiß, wie mir geschieht, breche ich in Gelächter aus. Laut. Es fühlt sich natürlich, amüsant und … richtig an. „Du weißt also wirklich nichts über Eishockey?“, frage ich und lache immer noch in mich hinein.

„Es wird auf Eis gespielt, richtig?“

„Das letzte Mal, als ich es sah, ja“, antworte ich mit einem Schnauben.

„Dann ist das schon der ganze Umfang meines Wissens.“

„Ich sage dir was. Ich besorge dir eine Karte für das Spiel morgen Abend und du kannst anfangen, etwas darüber zu lernen.“

„Oh, das ist wirklich nett, aber ich habe morgen Abend schon etwas vor“, sagt sie und ihre Wangen werden leicht rot.

„Ich kann dir auch vier Karten besorgen, also wenn du mit Freunden ausgehst oder so …“

„Eigentlich ist es ein Date und ich weiß noch nicht, was wir machen werden.“

Aha. Heute wird sie also auf keinen Fall bei mir zu Abend essen. Ich weiß nicht viel über Sutton Price, aber ich kann mit Sicherheit behaupten, dass sie nicht der Typ ist, der zweigleisig fährt. Ich bin seltsamerweise geknickt, weil sie morgen ein Date hat, aber ich weiß nicht, warum. Abgesehen von der Enttäuschung, dass sie sich nicht auf meinem Bett winden wird, sollte ich gar keine Gefühle für sie haben.

„Nun, Karten sind jederzeit erhältlich, wenn du willst“, sage ich mit einem Lächeln.

Sutton betrachtet mich, ihr Ausdruck ist voller Interesse. „Ich bin mir nicht sicher, warum man dich als das Arschloch des Teams bezeichnet hat. Ich kann das nicht finden.“

Mein Lachen ist verklungen, und ich sage scherzhaft und ernsthaft zugleich: „Bring mich näher ans Eis, dann kommt meine Arschloch-Seite zum Vorschein.“

„Was? Ernsthaft?“

„Ja.“

„Du meinst, du wirst mürrisch, wenn du Hockey spielst?“

„Ich meine, ich hasse Eishockey, also ja, ich werde ein bisschen mürrisch.“

Was zur Hölle …? Warum ich ihr das erzähle, ist mir schleierhaft. Ich habe das in meinem ganzen Leben noch nie laut zugegeben, obwohl es wie ein Mantra ist, das ich fast täglich im Stillen wiederhole. Wenn die Presse das jemals erfahren würde, wenn die Fans es jemals herausfinden würden, wäre ich erledigt. Schneller aus der Stadt gejagt als ich den Puck schlagen könnte und die Türen jedes Teams wären für mich verschlossen.

Daher kann ich es kaum glauben, dass ich dieses Geheimnis gerade einer völlig Fremden erzählt habe.

Ich erwarte, dass sie sich über mich lustig macht, denn ehrlich gesagt muss es unglaublich sein, dass ein professioneller Eishockeyspieler das Eishockeyspielen hasst. Ich glaube, wir sind ein seltener Menschenschlag. Je länger ich darüber nachdenke, desto mehr wette ich, dass ich sogar der Einzige dieser Art bin. Ich bin wie der Dodo-Vogel, am Rande des Aussterbens.

Anstatt sich über meine Behauptung lustig zu machen oder sie abzutun, wird Suttons Blick traurig. „Das tut mir leid. Das muss echt belastend sein.“

Ich kann es nicht ertragen, diesen Gesichtsausdruck zu sehen.

Mitleid.

Man kann mich mit Zorn, Hass oder Abscheu überschütten, aber nicht mit Mitleid. Das angenehm warme Gefühl, das ich noch vor wenigen Augenblicken hatte, hat sich verflüchtigt und ist durch betonartige Härte ersetzt worden. Ich stehe auf und werfe die Mappe mit einem lauten Knall auf ihren Schreibtisch. Sie zuckt zurück und ihre Augen weiten sich vor Überraschung.

„Tut mir leid, meine Schöne, ich mache keine Hausaufgaben. Aber mein Angebot steht. Wenn du heute Abend zum Essen kommen willst, kannst du mir eine Zusammenfassung dieses Monstrums geben. Oder wir können auch andere Dinge tun.“

Ich erwarte, dass meine Widerspenstigkeit sie tief trifft und sie beleidigt, vielleicht ein kleines Beben ihrer Lippen auslöst, das mir hilft, mich wieder in mein wahres Ich zu verwandeln.

Doch sie enttäuscht mich wieder einmal, indem sie die Augen verengt und die Lippen verächtlich kräuselt. „Aha. Da ist es ja, das Arschloch, vor dem du mich gewarnt hast.“

„Gewöhne dich daran, Ms. Price“, sage ich mit einer spöttischen Verbeugung. „Du wirst es noch oft zu sehen bekommen.“

Ich drehe mich um, öffne die Tür und verlasse das Büro. Ich spüre ihren Blick im Rücken, bis ich um die Ecke biege und den bedrückend grauen Flur entlang gehe.

Kapitel 4

Sutton

„Du hast wirklich Alex Crossman getroffen? Und wirst mit ihm zusammenarbeiten?“

„Ja“, sage ich zum dritten oder vierten Mal und stelle die Lasagne auf den Tisch.

„Heilige Scheiße. Das ist einfach so cool“, sagt Glenn, dessen Augen von Aufregung und Sehnsucht erfüllt sind.

„Pass auf deine Ausdrücke auf“, sagt meine Mutter streng, und ich sehe, wie mein Stiefvater Jim sich vom Tisch wegdreht, weil er kurz davor ist, in Gelächter auszubrechen.

Ich werfe ihm einen Blick zu und zwinkere, versuche aber, meine Gesichtszüge unauffällig zu halten, damit mein kleiner Bruder nicht weiß, dass wir ihn verdammt süß finden, wenn er schlimme Wörter sagt.

Glenn blickt kurz nach unten, weil er sich für seinen Ausdruck schämt, aber dann schaut er wieder hoffnungsvoll zu mir. „Meinst du, du kannst mir ein Autogramm besorgen, Sutton? Es muss nichts Besonderes sein, nur auf einem Zettel oder so.“

Mein Herz schmilzt bei Glenns einfacher Bitte. Er ist ein erstaunlicher Junge, elf Jahre jünger als ich, und er bittet nie um etwas. Meine Mom und mein Stiefvater verdienen nicht viel Geld, aber sie haben es geschafft, Glenn und mir ein gutes Leben zu ermöglichen. Wir sind vielleicht mit Kleidung aus dem Secondhandladen aufgewachsen und hatten magere Weihnachtsfeste, aber es hat uns nie an den grundlegenden Dingen gefehlt. Wir haben von unseren Eltern so viel Liebe und Zuwendung bekommen, dass wir die Sachen, auf die wir verzichtet haben, nie vermissten.

Mit seinen elf Jahren ist Glenn alt genug, um die Grenzen der Möglichkeiten unserer Eltern zu kennen, auch wenn er beobachtet, wie seine Freunde teure Kleidung tragen und das Beste an iPhones, iPads, Spielgeräten und Spielzeug mit sich herumtragen. Er fragt nicht nach diesen Dingen, weil er weiß, dass unsere Eltern es sich nicht leisten können, und er schmollt nicht, jammert nicht und versucht auch nicht, ihnen deswegen ein schlechtes Gewissen einzureden. Aber so wie er hier sitzt und mich mit leuchtenden Augen ansieht, weiß er, dass die Kosten für ein Autogramm nichts weiter sind als eine einfache Bitte an Alex und das werde ich Glenn nicht verwehren.

Ich bin sicher, dass Alex mir ein Autogramm geben würde, wenn ich ihn danach frage. Er war ein ziemlicher Arsch, als er aus meinem Büro stapfte und mir bestätigte, dass er tatsächlich der böse Junge des Teams ist. Aber ich habe das Gefühl, dass da noch etwas anderes dahintersteckt. Ich spüre, dass es einen Grund für sein Verhalten gibt. Nennen wir es meine Intuition als Beraterin oder vielleicht ist es einfach nur Wunschdenken, damit ich es nicht mit einem Kerl zu tun habe, der aus keinem anderen Grund ein Arschloch ist, als dass er Spaß daran hat. In jedem Fall wird es interessant sein zu sehen, wie sich die Sache entwickelt.

„Klar, Kleiner“, sage ich und streiche ihm durchs Haar. „Wenn ich ihn das nächste Mal sehe, werde ich ihn fragen.“

„Ja!“, ruft Glenn und reckt die Faust in die Luft. „Alle in der Schule werden umfallen, wenn sie das sehen.“

„Du wirst das Gesprächsthema der Klasse sein“, sagt Mom. Ihr Blick ist warm und dankbar, als sie die Begeisterung auf Glenns Gesicht erkennt. Dann hebt sie ihren Blick zu mir. „Danke, Baby, dass du Glenn glücklich machst. Er hat es verdient.“

Mir schießen Tränen in die Augen, also blinzele ich schnell. „Okay, wer hat Lust auf Lasagne?“

„Zeit für meinen Geburtstagskuchen“, sagt Glenn und grinst.

Ich drücke den Spatel in die Auflaufform, hebe ein Stück heraus und lege es auf Glenns Teller. „Erst Lasagne, dann Kuchen.“

„Dann Geschenke?“, fragt er hoffnungsvoll.

„Wir werden darüber reden, wenn du dein Abendessen aufisst“, sagt Mom.

Glenn nimmt seine Gabel und stürzt sich auf sein Essen.

Ich schüttele lächelnd den Kopf und nehme ein weiteres Stück heraus. „Bitte sehr, Jim-Dad“, entgegne ich liebevoll, während ich ihm das Stück auf den Teller lege.

„Danke, Baby. Sieht toll aus.“

Mein Stiefvater ist ein echter, gutmütiger Engel. Er nahm meine Mutter und mich bei sich auf, als ich gerade neun Jahre alt war. Wir hatten etwa fünf Monate in einem Frauenhaus gelebt, und obwohl wir dort sicher und warm waren und etwas zu essen hatten, waren wir einsam.

Meine Mutter, Penny, lernte Jim Murdock kennen, als er in die Drogerie kam, in der sie an der Kasse arbeitete. Die Geschichte wurde im Laufe der Jahre so oft geändert, dass ich nicht sicher bin, was wirklich passiert ist, aber beide behaupten, es war Liebe auf den ersten Blick. Natürlich war meine Mutter misstrauisch, da sie eine gewalttätige Beziehung mit meinem Vater hinter sich hatte, aber es dauerte nicht lange, bis sie Jims besonderer Magie verfiel und bis ich mich für ihn erwärmte. Innerhalb eines Jahres heiratete meine Mutter Jim, und nach weiteren sechs Monaten wurde er für mich Jim-Dad. Ein weiteres Jahr später wurde mein kleiner Bruder geboren und mein Leben war absolut perfekt. Wenn man bedenkt, dass wir vorher in der Hölle waren, brauchte es nicht viel, um Mom und mir Sicherheit zu geben. Aber Jims freundliche Sanftheit, das Dach über unseren Köpfen und das Wissen, dass wir nie wieder leiden müssen, gaben Mom und mir das beste Leben, das wir uns je hätten wünschen können.

„Schatz, ich finde es toll, was du aus deiner Küche gemacht hast“, sagt Mama, als sie die Vorhänge betrachtet, die ich letztes Wochenende aufgehängt habe.

Sie waren bei Wal-Mart im Angebot, und obwohl ich sie nicht hätte kaufen sollen, konnte ich dem fröhlichen Muster aus gelben Zitronen nicht widerstehen, weil ich wusste, dass es perfekt über dem Fenster der Spüle passen würde. Die Küche hatte ich gerade in einem ähnlichen Gelbton gestrichen und die schmuddeligen Eichenschränke in glänzendem Weiß mit neuen Beschlägen, die ich im Sonderangebot gefunden hatte. Ich habe dieses Haus vor knapp vier Monaten praktisch zum Spottpreis gekauft. Es liegt nicht in der besten Gegend der Stadt, es war eine Zwangsversteigerung, weshalb ich es so billig bekommen habe, doch es braucht noch verdammt viel Arbeit. Aber es gehört mir.