Alle in einem Boot - Thorsten Jost - E-Book
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Alle in einem Boot E-Book

Thorsten Jost

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Beschreibung

Alle in einem Boot: Was Führungskräfte von Seefahrern lernen können!

Motivierte Mitarbeiter, die ein starkes Team bilden, fokussiert sind und Spaß an ihrem Job haben – welche Führungskraft wünscht sich das nicht? 

Doch die Realität zeigt meist ein anderes Bild: Mitarbeiter sind unzufrieden mit ihrem Job und Führungskräfte frustriert, weil die Umsätze nicht stimmen. Dabei sind es oft einfache Mittel, die zu einer höheren Mitarbeitermotivation und damit zu einer besseren Unternehmensperformance führen. 

Die Rede ist nicht von kurzfristig greifenden Maßnahmen wie einer Gehaltserhöhung oder einem Obstkorb im Büro. Vielmehr geht es um nachhaltige Ansätze, die den Mitarbeitern das Gefühl geben, einen echten Mehrwert zu bieten und sich mit dem großen Ganzen identifizieren zu können. Denn wenn sie wissen, wofür sie arbeiten, machen sie das erheblich engagierter. 

Drei Grundwerte im Umgang miteinander sind dabei ausschlaggebend:

  • Vertrauen
  • Wertschätzung
  • Respekt

Unterhaltsam und authentisch erzählt der Keynote Speaker und Experte für Mitarbeitermotivation Thorsten Jost von seinen Erfahrungen als Führungskraft auf einem Kreuzfahrtschiff. Anhand inspirierender Geschichten veranschaulicht er innovative Ansätze und Tipps, mit denen man im Bereich Leadership dank kleiner Dinge Großes bewirkt. Sei es die Kunst des Feedback Gebens, das Erwecken eines Crew-Geists oder das aufmerksame Auftreten als Teamleiter. 

Sie sind auf der Suche nach praxisorientierter Inspiration für Ihren persönlichen Stil der Mitarbeiterführung? Sie sind neugierig auf den spannenden Einblick in das Leben eines Seefahrers? Dann Schiff Ahoi, los geht‘s.

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THORSTEN JOST

ALLE IN EINEM BOOT

WAS FÜHRUNGSKRÄFTE VON SEEFAHRERN LERNEN KÖNNEN

www.remote-verlag.de

© 2022 Thorsten Jost

Haftungsausschluss:

Die Ratschläge im Buch sind sorgfältig erwogen und geprüft. Alle Angaben in diesem Buch erfolgen ohne jegliche Gewährleistung oder Garantie seitens des Autors und des Verlags. Die Umsetzung erfolgt ausdrücklich auf eigenes Risiko. Eine Haftung des Autors bzw. des Verlags und seiner Beauftragten für Personen-, Sach- und Vermögensschäden oder sonstige Schäden die durch die Nutzung oder Nichtnutzung der Informationen bzw. durch die Nutzung fehlerhafter und/oder unvollständiger Informationen verursacht wurden, sind ausgeschlossen. Verlag und Autor übernehmen keine Haftung für die Aktualität, Richtigkeit und Vollständigkeit der Inhalte ebenso nicht für Druckfehler. Es kann keine juristische Verantwortung sowie Haftung in irgendeiner Form für fehlerhafte Angaben und daraus entstehende Folgen von Verlag bzw. Autor übernommen werden.

Sollte diese Publikation Links auf Webseiten Dritter enthalten, so übernehmen wir für deren Inhalte keine Haftung, da wir uns diese nicht zu eigen machen, sondern lediglich auf deren Stand zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung verweisen.

Bibliografische Informationen der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.

1. Auflage

© Erscheinungsjahr by Remote Verlag, ein Imprint der Remote Life LLC, Powerline Rd, Suite 301-C, 33309 Fort Lauderdale, Fl., USA

Alle Rechte vorbehalten. Vervielfältigung, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlages.

Redaktion: Isabelle Müller

Lektorat und Korrektorat: Lena-Charlotta Bauer, Annika Hülshoff

Umschlaggestaltung: Kaya Schwertner

Satz und Layout: Kaya Schwertner

Abbildungen im Innenteil: © Julia Kleene

ISBN Print: 978-1-955655-25-5

ISBN E-Book: 978-1-955655-26-2

www.remote-verlag.de

INHALTSVERZEICHNIS

Vorwort

1. KOFFER PACKEN

2. JENSEITS VOM WEIßWURSCHT-ÄQUATOR

Basic Safety Training

Einstimmung aufs Schiff

3. CHECK-IN

Die heiligen Hallen der Crew

Das Crew-Labyrinth

4. SAFETY FIRST

Vertrauen ist die Basis

Die größte Gefahr

Die Box

5. WILLKOMMEN IN DER FAMILIE

Crew Welcome

Die Dimensionen eines Schiffs

6. HERAUSFORDERUNGEN IM SCHIFFSALLTAG

Ohne Flexibilität geht es nicht

Alle Mann an Deck

Wechseltag – Horrortag

7. MACHEN SIE IHRE MITARBEITER ZU STARS

Crew meets Band

Smiling Star

8. DIE WELT ENTDECKEN

Der nächste WLAN-Hotspot

Andere träumen davon

9. WAS ICH ALS MANAGER GELERNT HABE

Verantwortung übernehmen

Feedback geben – aber richtig

Interkulturelles Schiffsleben

Warum Seefahrer die besseren Mitarbeiter sind

10. FAZIT - EIN UNBEZAHLBARER ERFAHRUNGSSCHATZ

Danksagung

In diesem Buch verwende ich die männliche Sprachform aus Gründen der besseren Lesbarkeit stellvertretend für alle Geschlechteridentitäten.

VORWORT

Es geht immer um den Menschen!

Menschen – sie sind das wichtigste Gut eines Unternehmens. Dieses Gut muss gepflegt werden. Der Schlüssel dazu heißt Führung. Historisch gesehen ist dieses Wort leider negativ behaftet, aber Führung ist bei richtiger Handhabung etwas sehr Positives.

Menschen wollen geführt werden, die einen mehr, die anderen weniger. Führung gibt uns eine Richtung vor und verschafft uns dadurch Orientierung. Sie gibt uns Halt, wenn wir unsicher sind, und sie verschafft uns Vorbilder, um uns selbst weiterentwickeln zu können. Gute Führung ermöglicht es, Menschen zu begeistern und zu einem Team zusammenwachsen zu lassen. Dieses Team ist dadurch in der Lage, selbst schwierigste Zeiten zu überstehen und gestärkt aus einer Krise hervorzugehen.

Ein Team besteht aus einer bunten Mischung von Menschen mit unterschiedlichen Charakteren und Talenten. Die Kunst der Führung ist es, diese alle zu synchronisieren und zu einer Einheit werden zu lassen, aber so, dass jeder so sein kann, wie er will. Die Individualität der Menschen bereichert uns in allen Bereichen – man muss es nur zulassen und wahrnehmen. Es ist lohnend, sich mit jedem einzelnen Team Mitglied zu beschäftigen, um seine persönliche Geschichte zu erfahren. Warum ist der Mensch so, wie er ist? Welche Werte sind für ihn wichtig, was treibt ihn an und wie ist sein Verhalten im täglichen Leben? Erst, wenn ich den Personen diese entsprechende Aufmerksamkeit und Wertschätzung entgegenbringe und ihre Geschichte kenne, bin ich in der Lage zu führen. Und die Menschen werden es dir danken. Sie können sich selbst verwirklichen, ohne sich verstellen zu müssen. Die Begeisterung der Menschen mit und für dich zu arbeiten, kennt keine Grenzen und ist beschaffen von einer hohen Loyalität. Die Folge davon ist, dass auch Sie als Führungskraft sich verwirklichen können.

Kümmern Sie sich um jeden einzelnen Menschen, seien Sie ehrlich zu ihnen, wenn es mal nicht gut läuft und sprechen Sie Ihre Anerkennung selbst für kleinste Erfolge aus. Kennen Sie die Macken, Ecken und Kanten Ihrer Mitarbeiter sowie ihre Vorlieben. Das macht Ihr Team und Sie als Führungskraft stark und erfolgreich.

Bernd Gaukler

1. KOFFER PACKEN

„Auf was für einen Mist habe ich mich hier eingelassen?“, fluchte ich in Gedanken und zog meine beiden rund 23 Kilogramm schweren Koffer hinter mir her. Ausgerechnet der große, den ich mir kurz zuvor im Internet bestellt hatte, knickte alle paar Meter zur Seite, weil eine der vier Rollen abgebrochen war. Auf den Schultern trug ich einen Rucksack und quer über meinen Oberkörper hing meine Notebook-Tasche. Ich sollte im Laufe meiner Seefahrerzeit recht schnell lernen, nur das Notwendigste in meine Einsätze mitzunehmen. Aber als „Frischling“ hatte ich beim Kofferpacken das Gefühl, meinen gesamten Haushalt einpacken zu müssen. Ich begann zu ahnen, wie sich ein Packesel wohl fühlen muss. Hinzu kam der Rostocker Nieselregen, der die steife Brise, wie der Nordmann sagt, nochmal ein Stück kälter erscheinen ließ. Und das, obwohl es August war. Hinter mir lag eine zwölfstündige Zugfahrt vom einen Ende der Republik zum anderen. Von den Bergen an die Küste – ein krasser Unterschied: klimatisch, architektonisch, menschlich. Ich holte mein iPhone aus der Tasche und suchte in Maps nach dem Weg zum Aus- und Fortbildungszentrum Rostock. Dort sollte auch das Wohnschiff Severa sein, mein Zuhause für die nächsten fünf Tage. Zehn Minuten Wegstrecke von der S-Bahn Haltestelle bis zum Ausbildungszentrum. Ich packte mein Smartphone in die Tasche und machte mich auf den Weg. Dabei dachte ich daran, mit welcher Geschwindigkeit die letzten Wochen vergangen waren.

Gerade mal 42 Tage war es her, dass ich im Juli 2013 an einem Moderatoren Casting bei einer Kreuzfahrt Reederei teilnahm. Bereits ein Jahr zuvor stellte meine Moderatoren Agentur aus München den Kontakt her, da im Rahmen der Fußball Europameisterschaft 2012 Moderatoren gesucht wurden. Bühnen-Profis, die für die Zeit der EM an Bord sein würden und dort Experten-Interviews führten, auf die Spiele einstimmten und den Stadionsprecher mimten. Leider klappte es zu diesem Zeitpunkt nicht, sonst wäre ich wahrscheinlich schon viel eher mit meinen Koffern unterwegs gewesen. Ein Jahr später schaute ich auf die Homepage des Kreuzfahrt-Unternehmens. Unter Jobs entdeckte ich, dass es auf der Suche nach Bordmoderatoren war. Zu diesem Zeitpunkt war ich über 13 Jahre lang bei unserem Lokalradio beschäftigt und Teil eines Teams, das den lokalen Rundfunk in der Region Chiemgau, Rupertiwinkel und Berchtesgadener Land revolutioniert hatte. Wie das so ist als Reporter beim Lokalfunk, kannte ich nach all den Jahren jeden Landrat und Bürgermeister mit Vornamen und hatte das Gefühl auf der Stelle zu treten. Deswegen sagte ich damals zu mir: „Ändere etwas. Suche neuen Input.“ In meinem Fall hätte das früher passieren können. Ist es allerdings nicht.

Ich habe mit der Zeit aufgehört, darüber nachzudenken „…was wäre gewesen, wenn…“ und „…hätte ich nur schon früher…“. Denn am Ende hat mich all das zu dem Punkt geführt, an dem ich heute bin. Als zufriedener Mensch bin ich zutiefst dankbar für die unglaublichen Erfahrungen, die ich sammeln durfte, und ganz besonders für meinen inspirierenden und wichtigsten Anker – meinen Sohn. Ich habe endlich mein „Warum“ gefunden. Deswegen: Es sollte alles so kommen, wie es letzten Endes kam. Keiner von uns wird jünger. Deswegen schickte ich eine Bewerbung nach Hamburg. Ich war zu diesem Zeitpunkt freischaffend, hatte keine Verpflichtungen und den inneren Drang, das einfach zu machen.

Ich erinnere mich an diesen Tag sehr gut, weil er chaotisch ablief und ich extrem aufgeregt war. Ich flog mit dem Flieger morgens von Salzburg nach Hamburg. Das letzte Mal war ich dort zu Besuch bei meinem Onkel und das war schon ein paar Jahre her. Vom Flughafen aus fuhr ich mit der S-Bahn nach St. Pauli. Dort fand das Casting in den Proberäumen des Entertainment Bereichs der Reederei statt. Während der gesamten Fahrt hatte ich Angst, in der falschen S-Bahn zu sitzen, checkte zigmal den Fahrplan und verglich ihn mit den vorbeiziehenden Haltestellen. Ich war aufgeregt. Das verschlimmerte sich, als ich von der S-Bahn-Station Richtung Casting lief. Es roch nach Urin, Obdachlose lagen auf den Straßen und irgendwie fand ich es recht eklig. Zu Hause in den Bergen war ich mitten in der Natur und die Luft roch frisch. Von St. Pauli wusste ich, dass es abends und nachts ungemütlich werden kann, vor allem wenn ein Landei (wie ich) die falsche Gasse erwischt.

Nach gut zehn Minuten und mehrfachem Blick in meine Google Maps App auf dem Smartphone, ging ich die Treppen zur Eingangstür nach oben und klingelte. Der Empfang zeigte mir den Weg in das oberste Stockwerk zu dem Raum, in dem das Casting stattfand. Vor der Tür standen zwei Stühle und auf einem davon saß ein etwas älterer Herr. „Aha, die Konkurrenz“, dachte ich mir, sagte „Hallo“ und setzte mich. Nach einer gefühlten Ewigkeit wurden wir beide in einen Raum gerufen, in dem zwei Herren und eine Dame hinter einem langen Tisch saßen. Sie waren etwas älter als ich, Mitte 30 und begrüßten uns mit einem breiten Grinsen. Nach einer kurzen Vorstellungsrunde mussten wir unterschiedliche Moderationen improvisieren und zeigen, was wir konnten. Mal jeder einzeln für sich, mal in Doppel-Moderation. Nach gut 20 Minuten war der Spuk vorbei und ich sollte noch kurz sitzen bleiben.

Nun müssen Sie, liebe Leserinnen und Leser, wissen: Ich war schon das ein oder andere Mal bei einem Casting. Leider hatte ich fast immer ein nicht allzu gutes Gefühl danach, was sich meist bestätigte, da ich die entsprechenden Jobs nicht bekam. Sie können es mir glauben oder nicht, aber dieses Mal hatte ich ein gutes Gefühl. Das lag mit ziemlicher Sicherheit auch daran, dass mir die drei eine recht konkrete Frage stellten: „Wann könntest du frühestens beginnen?“

Um es auf den Punkt zu bringen: Das Casting lief sehr gut. Beim Hinausgehen und auf dem Flug nach Hause fühlte ich mich gut. Die Bestätigung kam prompt am nächsten Tag gegen Mittag. Ich erinnere mich, ich saß gerade im Auto und war auf dem Weg nach Hause. Es war kurz nach halb eins, als mein Telefon klingelte. Oli, einer der drei Juroren, war am Telefon: „Hi Thorsten, hier ist Oli von gestern. Ich wollte dir nur schnell den Tag versüßen und dir sagen, dass wir uns sehr freuen würden, wenn du unsere Flotte als Moderator verstärken würdest.“ Und er fragte, ob ich mir vorstellen könne, schon in sechs Wochen an Bord zu gehen. Ich zögerte keine Sekunde und sagte: „Ja, ich will“. Als freier Mitarbeiter beim Radio und selbstständiger Moderator hatte ich zu diesem Zeitpunkt keine Verpflichtungen. Klar, der Geschäftsführer meines Senders und langjähriger Freund führte nicht unbedingt ein Freudentänzchen auf, als ich ihm meine Entscheidung mitteilte. Zumal bei einem lokalen Radiosender jede Stimme zählt und somit jeder Verlust eine große Lücke hinterlässt, die es erstmal wieder zu füllen gilt. Aber er freute sich für mich und sagte: „Wenn nicht jetzt, wann dann. Ein mutiger Schritt. Mach das bitte.“

Die Wochen danach war ich aufgeregt und die Tage waren von enormer Vorfreude geprägt. Ich hatte großes Lampenfieber. Ich kannte und kenne dieses Gefühl sehr gut, bis heute. Lampenfieber lässt sich bezwingen, jedoch nicht komplett abschalten. In diesen Situationen wünsche ich mir oft, dass etwas Unvorhergesehenes passiert und mich aus der Situation befreit. Selbst der Untergang des Schiffs, auf dem mein Einsatz geplant war, kam mir in den Sinn. Hauptsache ich konnte bleiben, wo ich bin und mich verkriechen. Neben der Aufregung musste ich viel organisieren und erledigen. Wer kümmert sich um meine Pflanzen? Wo stelle ich mein Auto hin? Soll ich es verkaufen? Arztbesuche, Impfungen, Reiseapotheke. Die Liste wurde immer länger. Insgesamt würde ich ein halbes Jahr von zu Hause weg sein. Auch über Weihnachten und Silvester. Was ist mit meiner Steuererklärung, die ich Anfang des neuen Jahres bei meinem Steuerberater abgeben muss? Gedanken über Gedanken… Und dann war da noch mein soziales Umfeld. Sollte ich eine Abschiedsparty machen? Wie würde es sein, wenn ich über diesen Zeitraum meine Mutter, Geschwister und meine besten Freunde nicht sehe? Ja, es war eine stressige Zeit voller Freude, Ängste und Aufregung. Aber meine Entscheidung stand fest und ich wollte diese Gelegenheit von einem großen Tapetenwechsel nicht verstreichen lassen.

Besonders das Kofferpacken stellte mich vor eine Herausforderung. Laut meinem „Aufstiegs-Vorab-Informations-Schreiben“ von der Reederei waren zwei Koffer à 23 Kilogramm erlaubt. Hinzu kamen Handgepäck und eine Notebook Tasche. „Ich kann doch nicht meinen kompletten Kleiderschrank einpacken“, dachte ich laut. Kleidungstechnisch würde ich auf der Bühne sensationell aussehen. Denn ich erhielt eine komplette Moderatoren-Ausstattung. Insgesamt 40 verschiedene Outfits – die ich allerdings nur auf der Bühne tragen durfte. Das hieß für die privaten Ausflüge, den Besuch in der Crew-Bar oder auf dem Sonnendeck musste ich meine privaten Klamotten einpacken. Da ich nicht immer das Gleiche anziehen wollte, nahm ich das mit, was ich für einen normalen Urlaub mitnehmen würde. Trotzdem musste ich überlegt vorgehen, denn letztlich kam es darauf an, sich auf das Wesentliche zu beschränken. Möglicherweise lehne ich mich nicht weit aus dem Fenster, wenn ich sage: Sehr viele von uns haben Kleidungsstücke und Dinge im Schrank, die schon seit Monaten, wenn nicht sogar Jahren nicht mehr getragen wurden, richtig?! In meinem Fall war das der perfekte Zeitpunkt, mich von diesem unnötigen Ballast zu trennen. Ein sehr befreiendes Gefühl und, schöner Nebeneffekt, es schaffte Platz im Schrank. Davon hatte ich in meinen Koffern hingegen weniger. Um die Kabine, mein künftiges Zuhause, so gemütlich wie möglich zu gestalten, packte ich sperrige Bilder samt Rahmen genauso mit ein, wie viel zu viele Schuhe. Ein schwarzes und ein weißes Paar sind Pflicht für die bordeigene Uniform. Hinzu kamen braune Sneakers sowie schicke Anzugsschuhe und Turnschuhe für Wanderungen oder längere Spaziergänge. Die Koffer waren kurz vor dem Platzen und brachten 20,6 und 23,2 Kilogramm auf die Waage. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich keine Ahnung, dass ich die Hälfte von all den Dingen getrost zu Hause hätte lassen können. Definitiv etwas, das ich in den Jahren danach optimierte. Wie hat ein ehemaliger Kollege von mir auf die Frage „Was hat dich das Schiff gelehrt?“ geantwortet: „Koffer packen.“ Im ersten Moment habe ich innerlich darüber gelacht. Denn das war nicht die Intention des Fragestellers. Der hatte, so wie ich, etwas Tiefergehendes erwartet. Im Nachhinein betrachtet war es eine wichtige Lektion: sich auf das Wesentliche beschränken.

In meiner Zeit als Seefahrer haben mir Gäste oft die Frage gestellt, warum ich mich für einen Job an Bord eines Kreuzfahrtschiffes entschieden habe. Meine Antwort war immer die gleiche: Ich wollte schon immer „Work and Travel“ machen, aber es hat aus diversen Gründen nicht geklappt. Anfang meiner 20er träumte ich davon, in Australien Kiwis zu ernten, abends am Lagerfeuer zu sitzen und einem Gitarrenspieler zu lauschen. Ich träumte davon, in einem Nationalpark in Kanada die Ranger auf ihren Streifzügen durch die unendliche Wildnis zu begleiten, auf der Suche nach Grizzlybären und Wölfen. In Neuseeland hatte ich mir schon ganz konkret Jobs herausgesucht, die mich ein halbes Jahr über Wasser halten sollten und mir trotzdem erlaubten, viel von dem Land sehen zu können. Doch ich war gefangen in meiner Welt im oberbayerischen Berchtesgadener Land. Als Frühmoderator des heimischen Radiosenders träumte ich von einer Karriere als Sportmoderator beim Fernsehen. So aber stand ich Tag für Tag ab sechs Uhr morgens im Studio und weckte die Region auf. Ich hatte feste Kunden, die mich fix und regelmäßig als Moderator gebucht haben. Zwischendrin sprach ich Hörbücher ein und produzierte Podcasts für Firmen oder den Deutschen Bob- und Schlittensportverband. Als Fußballer war ich eng in der Region verwurzelt. Zu sehr liebte ich diesen Sport und das Drumherum, als dass ich es von heute auf morgen hätte hinter mir lassen können. Wenn auch nur für ein paar Monate. Aufgewachsen in einer großen, tollen Familie, waren auch meine Liebsten ein Grund zu Hause zu bleiben. Die Sehnsucht nach Freiheit und der Ferne war jedoch ständig in meinem Kopf verankert und lag auf dem Stapel „Irgendwann mach’ ich das“.

Diesen Stapel kennt jeder. Das ist der, wo ganz viele Dinge gesammelt werden, sich stapeln und nie umgesetzt werden. Mir gab es immer ein gutes Gefühl, wenn ich diese Bucket-List geführt habe. Hauptsache ich vergesse es nicht. Gehapert hat es letzten Endes an der Umsetzung. Dabei ist es so simpel: Einfach machen. Das Leben ist zu kurz, um sich einen Stapel aufzubauen mit Dingen, die man „irgendwann mal macht“. Das war in der Zeit vor dem Schiff so und das ist heute noch so. Ständig waren und sind diese Dinge im Hinterkopf präsent und wann immer ich damals daran dachte, fühlte ich mich schlecht. Warum? Weil ich es bisher nicht geschafft hatte, diese Dinge umzusetzen und einfach zu machen. War es fehlender Mut? Oder brauchen wir alle diese Liste, um uns gut zu fühlen, weil wir ja noch so viel Tolles vorhaben? Was hilft es, wenn wir am Ende auf dem Sterbebett liegen und sagen: „Mensch, ich habe so viele tolle Dinge auf meiner Liste, die ich hätte erleben können.“ Das will keiner sagen. Am Ende meines Lebens möchte ich zurückblicken und sagen: „Wow, das ist meine Liste von all den wunderschönen Dingen, die ich erleben durfte.“ Einer meiner Lieblingssprüche ist:

„Das Leben sollte keine Reise sein, mit dem Ziel attraktiv und mit einem gut erhaltenen Körper an unserem Grab anzukommen. Wir sollten lieber seitlich hineinrutschen, Schokolade in der einen Hand, Martini in der anderen, unser Körper total verbraucht und schreiend: WOW, was für eine Fahrt!“

(Verfasser unbekannt)

Statt Australien, Neuseeland oder Kanada wurde es nun die ganze Welt. Mein erster Einsatz startete im Mittelmeer und danach ging es vier Monate auf die Kanaren und nach Madeira. Das war zwar erst der Anfang, aber bereits mehr als alles zusammen, was ich in meinem bisherigen Leben gesehen hatte. In den Tagen vor meiner Abreise war ich mir nicht mal sicher, ob ich das überhaupt machen wollte. Das Lampenfieber und der Gedanke daran, mich in eine Welt zu stürzen, von der ich nicht mal ansatzweise geträumt, geschweige denn eine Ahnung hatte, führten zu dem Wunsch alles abzusagen. „Nein, ich ziehe es durch!“, dachte ich damals. Es gab so einige Situationen in meinem Leben, in denen ich den Schwanz eingezogen oder mittendrin aufgegeben hatte. Dieses Mal stellte ich mich der Angst vor dem Unbekannten.

2. JENSEITS VOM WEIßWURSCHT-ÄQUATOR

Viel zu oft war ich damit beschäftigt, mir Gedanken darüber zu machen, was andere über mich dachten. Mir ging durch den Kopf: „Was ist, wenn ich an Bord als Moderator versage? Ich soll das bordeigene TV-Programm moderieren. Das ist auf der einen Seite cool. Auf der anderen Seite weiß ich nicht, ob ich das wuppe. Mein Englisch ist okay, aber nicht gut (dachte ich). Die Hauptsprache innerhalb der Crew ist Englisch. „Was ist, wenn ich mich blamiere?“ Ein Grundwortschatz ist Voraussetzung und speziell, wenn es um Sicherheitsangelegenheiten geht, wie die Seenotrettungsübung oder Mannschafts-Trainings (sogenannte Drills), extrem wichtig. Die Anweisungen von der Brücke (Kommandozentrale), sämtliche Einweisungen und natürlich auch die Kommunikation mit Menschen aus 35 Nationen – all das findet auf Englisch statt. So viele Zweifel, die mich immer wieder übermannten. Wenn das geschah, rief ich mir ständig ins Gedächtnis: „Thorsten, du hast beim Casting überzeugt. Die werden sich schon was dabei gedacht haben.“ Mit diesem positiven Gedanken startete ich in das Abenteuer. Noch nie in meinem Leben war ich so froh, eine Entscheidung trotz aufkommender Ängste durchgezogen zu haben. Denn in den darauffolgenden sechs Jahren lernte ich schnell, dass all meine Bedenken völlig unbegründet waren.

BASIC SAFETY TRAINING

Als jemand, der aus den Bergen kommt, ist alles, was oberhalb vom Weißwurscht-Äquator liegt, eine andere Welt. Weißwurscht-Äquator ist die scherzhafte Bezeichnung für die gedachte Kulturgrenze zwischen Teilen Bayerns und dem Rest der Welt. Grobe Richtlinie ist das Verbreitungsgebiet der traditionellen Münchner Weißwurst. Demnach war Rostock für mich ein kompletter Kulturschock. Die Bauten, der salzige Geruch der nahen See und die tiefe Verwurzelung zur Seefahrerei. Kein Wunder, dass das Aus- und Fortbildungszentrum am alten Hafen in Rostock, in dem ich alles zum Thema Sicherheit an Bord lernen sollte, ein riesiger Komplex ist. Jeder Seemann muss vor dem ersten Aufstieg (und danach alle fünf Jahre zur Auffrischung) eine Ausbildung absolvieren, um die für den Aufstieg notwendigen Zertifikate zu erhalten. In meinem Fall waren das drei Tage, in denen ich alles über das Sicherheitssystem an Bord der Schiffe lernte. Dazu gehörten die internationalen Alarm-Signale genauso dazu, wie das Löschen eines Feuers. Ich bekam einen Überblick über die unterschiedlichen Bereiche an Bord. Welche Aufgaben haben die Feuertüren und wieso kann es lebensgefährlich sein, blinkende Lampen zu missachten, wenn sich gleichzeitig schwere „Watertight Doors“ automatisch schlossen? Diese Türen werden bei einem möglichen Wasser-Einbruch geschlossen, damit nicht das gesamte Schiff geflutet wird und untergeht.