Alpengold 262 - Hanni Birkmoser - E-Book

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Hanni Birkmoser

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Beschreibung

Es war ein Gefühl grenzenloser Ohnmacht, als die hübsche junge Apothekerin Marlies Bergner dahinterkam, dass ihr Freund ihr Vertrauen schändlich missbraucht hat. Aus der Apotheke, in der sie angestellt war, hat er Morphium gestohlen und an zwielichtige Typen verkauft. Wie konnte sie sich nur so in diesem Mann täuschen!

Während Peter Gruber der Prozess gemacht wird, kehrt Marlies der Stadt den Rücken, um in einem abgelegenen Bergdorf ein neues Leben zu beginnen. Dort freuen sich die Einwohner, eine so fesche Apothekerin zu bekommen. Mit der Zeit gelingt es Marlies, die schwere Enttäuschung zu verarbeiten. Doch dann steht eines Tages Peter Gruber wieder vor ihr und beteuert, die Gefängnisstrafe habe ihn geläutert und er liebe sie noch immer mehr als alles auf der Welt ...

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Seitenzahl: 144

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Inhalt

Cover

Impressum

Tränen um einen Treulosen

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2018 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Michael Wolf

Datenkonvertierung eBook: Blickpunkt Werbe- und Verlagsgesellschaft mbH, Satzstudio Potsdam

ISBN 978-3-7325-5983-1

www.bastei-entertainment.de

Tränen um einen Treulosen

Ein Heimatroman um die Allmacht der Liebe

Von Hanni Birkmoser

Es war ein Gefühl grenzenloser Ohnmacht, als die hübsche junge Apothekerin Marlies Bergner dahinterkam, dass ihr Freund ihr Vertrauen schändlich missbraucht hat. Aus der Apotheke, in der sie angestellt war, hat er Morphium gestohlen und an zwielichtige Typen verkauft. Wie konnte sie sich nur so in diesem Mann täuschen!

Während Peter Gruber der Prozess gemacht wird, kehrt Marlies der Stadt den Rücken, um in einem abgelegenen Bergdorf ein neues Leben zu beginnen. Dort freuen sich die Einwohner, eine so fesche Apothekerin zu bekommen. Mit der Zeit gelingt es Marlies, die schwere Enttäuschung zu verarbeiten. Doch dann steht eines Tages Peter Gruber wieder vor ihr und beteuert, die Gefängnisstrafe habe ihn geläutert und er liebe sie noch immer mehr als alles auf der Welt …

Der Zug hielt vor dem kleinen Bahnhofsgebäude.

Marlies Bergner schaute aus dem Abteilfenster. PLARSDORF stand da in riesengroßen Buchstaben auf einer Tafel, die auf dem Dach angebracht war. Hastig nahm sie ihren Koffer und ihre Handtasche und stieg aus.

Dann stand sie ganz allein auf dem Bahnsteig und sah sich suchend um. Weit und breit war kein Mensch zu sehen.

Das war ja ein schöner Empfang! Marlies hatte sich ihn schon etwas freundlicher vorgestellt. Wenigstens hatte das Wetter ein Einsehen. Während es in der Stadt bei ihrer Abfahrt wie aus Kübeln gegossen hatte, strahlte hier in Plarsdorf der Himmel in seinem schönsten Blau.

Marlies nahm ihren Koffer und ging zu dem Glashaus, hinter dem die rote Mütze des Vorstehers hervorlugte. Er schien in seine Zeitung vertieft zu sein. Schüchtern klopfte Marlies an die Scheibe.

Der kleine, rundliche Mann kam heraus und fragte sie nach ihren Wünschen.

Sie zog einen Brief aus der Tasche, den sie ihm reichte.

»Man hat mir geschrieben, dass ich abgeholt werde. Darauf hab ich mich verlassen.«

Unwirsch griff der Mann nach dem Papier, aber als er den Briefkopf sah, riss er erstaunt die Augen auf. Der Herr Bürgermeister persönlich hatte diesen Brief geschrieben! Und das Mädchen, das vor ihm stand, war die Apothekerin, die man sehnlichst erwartete.

Seit vier Wochen gab es nämlich eine Apotheke in Plarsdorf, darauf war jeder Dörfler stolz. Nur hatte man nicht so schnell jemanden gefunden, der die Apotheke auch führen konnte.

Marlies Bergner war die Erste und Einzige gewesen, die sich auf das Inserat in der Zeitung gemeldet hatte.

»Fräulein Bergner, ich werde sofort telefonieren, dass man Sie abholt«, versprach er und lief hastig in sein kleines Büro.

Marlies hörte den Bahnhofsvorsteher am Telefon laut reden. Schließlich legte er mit zufriedenem Gesicht auf und kam wieder heraus.

»Es wird noch ein bisserl dauern, aber über den Empfang werden Sie sich sicher freuen«, sagte er.

Eigentlich hatte Marlies sich darauf gefreut, ein Bad zu nehmen und dann schnell ins Bett zu kriechen, denn die Fahrt war lang und ermüdend gewesen. Und auf den Empfang war sie gar nicht so neugierig, aber sie sollte sich noch wundern …

Sie versuchte sich zu entspannen, während sie auf das Empfangskomitee wartete. Plötzlich schreckte sie auf! Blasmusik klang an ihr Ohr. Sollte das Ständchen etwa ihr gelten?

Sie sah den Bahnhofsvorsteher fragend an. Der nickte voller Stolz.

»Bei uns wird jede wichtige Person so empfangen«, sagte er und stand gleich darauf stramm. Er hatte den dicken Bauch vom Bürgermeister schon von Weitem erkannt.

Jetzt wurde auch Marlies von seiner Feierlichkeit angesteckt. Fast schüchtern stand sie neben dem Bahnbeamten und sah dem merkwürdigen Zug entgegen. Zwar nicht ganz rein in den Tönen, aber doch laut spielten die Plarsdorfer. Erst als der Bürgermeister dicht vor Marlies stand, endeten die Musikanten mit einem lauten Tusch.

»Willkommen in Ihrer neuen Heimat, Fräulein Bergner.« Der Bürgermeister reichte ihr die Hand.

Hinter ihm standen der Lehrer und der Pfarrer, und sie musste auch ihre Hände schütteln. Ein kleiner Bub trat vor sie hin und überbrachte ihr einen riesigen Strauß Astern.

»Vielen Dank«, stammelte sie, »das hab ich wirklich net erwartet.«

Die Männer entschuldigten sich wortreich für ihre Verspätung, und dann rissen sie sich beinahe darum, ihren Koffer tragen zu dürfen. In ihrer Mitte ging Fräulein Bergner, und ihr schien es, als würde die Kapelle jetzt noch freudiger und temperamentvoller spielen. Das tat sie auch, denn jeder war begeistert von dem hübschen jungen Mädchen, das die neue Dorfapotheke führen sollte.

Marlies war froh, als sie endlich vor der Apotheke standen.

Es war ein winziges Häuschen, und das stolze Schild mit der Aufschrift APOTHEKE wirkte beinahe lächerlich. Oberhalb des Ladens war ein kleiner Balkon mit bunten Blumenkästen.

»Wir haben das Haus extra für Sie neu gestrichen«, sagte der Bürgermeister laut. »Oben haben Sie eine kleine Wohnung ganz für sich allein.«

Zuerst interessierte sich das junge Mädchen natürlich für seine künftige Arbeitsstätte. Alles war sauber eingeordnet, und auf dem Ladentisch stand ein Strauß frischer Feldblumen. Marlies betrachtete staunend die vielen Regale mit den unzähligen Flaschen, die alle ein sauber beschriftetes Etikett trugen. Das musste eine erfahrene Hand gemacht haben.

Der Herr Pfarrer bestätigte das.

»Das hat der Harald gemacht, unser Tierarzt. Jeden Abend hat er hier viele Stunden verbracht.«

Dafür war Marlies dem noch unbekannten Mann von Herzen dankbar. Die Musikkapelle verabschiedete sich nun, jeder wollte dem Mädchen die Hand geben. Auch der Bürgermeister verabschiedete sich, und Marlies konnte sich endlich ihre Wohnung ansehen.

So winzig die beiden Zimmer und die Küche auch waren, ihr neues Reich gefiel ihr auf Anhieb. Der kleine Balkon bot eine herrliche Aussicht, doch sie erfreute sich nicht lange daran. Sie war einfach zu müde.

Mit den Kleidern legte sie sich nieder, und es dauerte keine Minute, da schlief sie selig mit einem zufriedenen Lächeln auf den roten Lippen.

***

Hinten am Ortsrand von Plarsdorf lag der Hof vom Weißlbauern. Seit Stunden schwitzten zwei Männer bei ihrer Arbeit. Der Bauer und der junge Tierarzt bemühten sich um eine Kuh, die zu ihren Füßen lag. Es war das beste Tier, das der Weißlbauer hatte. Anscheinend hatte die Kuh hinten am Wald von dem Wasser getrunken, das nicht sauber war, und sich eine Infektion geholt.

»Es wird schon wieder gut, Berta.« Beruhigend strich der Bauer über das kurze Fell.

»Ich geb ihr noch eine Spritze, und wenn in der Nacht was ist, dann holst du mich sofort«, sagte Harald Rofner, der Tierarzt.

Er war ein hochgewachsener junger Mann mit gebräuntem Gesicht und dunklen Haaren. Vor fünf Jahren war er aus der Stadt gekommen, und damals hatte niemand geglaubt, dass es ein junger Mann wie er in einem so kleinen Ort wie Plarsdorf aushalten würde. Aber man hatte sich getäuscht, und heute gehörte er schon zu den Einheimischen. Sogar die Bauern aus den Nachbardörfern kamen jetzt zu ihm, um ihre Tiere von ihm behandeln zu lassen.

Dr. Rofner hatte seine Praxis draußen am Ortsende, und außer einer alten schwerhörigen Haushälterin hatte er niemanden. Doch, die Karin war noch da, seine Sprechstundenhilfe, aber die war längst verlobt und würde bald heiraten.

Die Bäuerin kam herein und mit ihr Hanni, die älteste Tochter und Erbin des Weißlhofes. Ihre Augen strahlten, als sie den jungen Arzt sah. Jedermann im Dorf wusste, dass sie in ihn verliebt war, nur er selbst schien es noch nicht bemerkt zu haben.

Mit Hanni verband ihn Kameradschaft. Er hatte das langbeinige dunkelhaarige Mädchen gern. Oft schon hatten sie ihre freien Stunden miteinander verbracht. Im Sommer waren sie zum Baden gegangen, und im Winter liefen sie Hand in Hand auf Schlittschuhen über den See.

Niemand anderen hätte der Bauer so gern als Schwiegersohn bekommen als ihn. Aber noch schien es nicht so, als hätten sich die beiden Menschen gefunden. Aber Hanni war ein Teufelsmädchen, die würde das schon schaffen.

»Grüß dich, Hanni.« Harald fuhr ihr über das kurze, lockige Haar. »Hast dich lang nimmer sehen lassen bei mir. Dabei blühen die Rosen, die du gepflanzt hast, heuer besonders schön.«

Hanni hielt das für eine Aufforderung.

»Wenn du willst, komm ich am Abend gegen sieben vorbei und schau sie mir an.«

»Gut, dann sag ich der Gretl, sie soll uns eine Bowle machen.«

Die Weißlbäuerin warf ihrer Tochter einen zufriedenen Blick zu. So, wie Hanni das anpackte, würde es sicher ein Happy End geben.

»Was hältst du von einer Tasse Kaffee, Harald?«, wandte sie sich an den jungen Mann.

»Ein andermal gern, Bäuerin. Heut ist es so heiß. Da ist mir nicht nach Kaffee. Ich möchte jetzt nach Hause und unter die kalte Dusche.«

»Übrigens soll die neue Apothekerin heute gekommen sein«, verkündete Hanni.

Harald sah sie erstaunt an.

»Heut schon? Dann hab ich ja die Begrüßung verschwitzt! Aber das wird die alte Schrulle schon net so wichtig nehmen. Immerhin hab ich ihr alles eingerichtet.«

Hanni lachte silberhell.

»Woher weißt du, dass es eine alte Schrulle ist?«

»Na, wenn ich mich so zurückerinnere, was mit mir so alles im Hörsaal gesessen hat … du meine Güte!«, erwiderte er leichthin.

Hanni sah ihn zufrieden an. Ihr war es egal, wie die Apothekerin aussah, um die man im Dorf so ein Gehabe machte. Den Harald würde sie ihr schon nicht wegschnappen, sie net und keine andere.

***

Harald Rofner wanderte über die blühenden Wiesen. Er hatte seine Jacke über die Schultern gehängt und pfiff vor sich hin. Obwohl es schon Spätnachmittag war, schien die Sonne noch mit unverminderter Kraft. Er atmete die reine Gebirgsluft in tiefen Zügen und hing seinen Gedanken nach.

Warum er damals aus der Stadt weggegangen war, wusste er selbst nicht mehr zu sagen. Immerhin hatte er dort seine Eltern und Karin, seine jüngere Schwester. Manchmal vermisste er sie schon sehr, obwohl sie jeden Urlaub bei ihm verbrachten.

Dr. Rofner hätte die Praxis hier ohne Weiteres für einen guten Preis verkaufen und in die Stadt zurückkehren können. Aber er hatte dieses kleine Gebirgsdorf lieb gewonnen und sehnte sich keineswegs nach dem Lärm und der schlechten Luft in der Großstadt zurück.

Eines Tages würde er auch nicht mehr allein in dem kleinen Häuschen wohnen, in dem leicht Platz für zwei war. Er schmunzelte vor sich hin. Die Richtige war ihm immer noch nicht über den Weg gelaufen. Oder doch? War Hanni mit ihrer Natürlichkeit die Richtige? Oft glaubte er es, aber dann kamen ihm doch wieder Zweifel, und er scheute sich davor, ihr ein paar erklärende Worte zu sagen.

Eigentlich hatte er sich die Liebe ganz anders vorgestellt. Als junger Student war er oft verliebt gewesen, ja, so manches Mädchen hatte schon um ihn geweint. Aber seit er hier war, war es ruhig in seinem Herzen geworden. Die Bauerntöchter in Plarsdorf kannte Harald alle, aber außer Hanni gab es keine, die ihm gefiel.

Und Hanni war noch so jung! Sicher nahm sie es ihm nicht übel, wenn er die erklärenden Worte noch nicht sprach. Er musste sich Zeit lassen, denn es sollte kein Flirt, sondern eine Verbindung für immer sein.

Von Weitem schon sah er sein Häuschen mit dem kleinen Garten. Direkt dahinter begann der Wald.

Der Tierarzt beschleunigte seine Schritte. Hanni würde bald kommen, und bis dahin wollte er sich umgezogen haben. Er freute sich auf den Abend, der sicher einer der letzten sein würde, den man im Freien verbringen konnte.

Auf dem Weißlhof stand Hanni in ihrer Kammer vor dem Spiegel. Sie hatte das grüne Kleid angezogen, das Harald so gut gefiel, weil es ihre Bräune hervorhob. Zufrieden mit sich drehte sie sich im Kreise. Ihre Figur war makellos, und wäre die Nase nicht gewesen, dann wäre sie mit sich vollkommen zufrieden gewesen.

Diese Nase nämlich war schon seit jeher ihr größter Kummer. Sie war klein, und die Spitze vorne ging steil in die Höhe. Himmelschnupfnase sagte der Vater immer, wenn er sie ärgern wollte. Harald hatte gesagt, dass man ihre Nase gar nicht so genau ansah, weil ihre schönen Augen die Blicke auf sich zogen.

Er hatte vollkommen recht. Ihre Augen waren wirklich schön. Riesengroß und dunkel, fast schwarz. Nur in der Mitte war ein kleiner gelber Fleck, der ihnen einen eigenartigen Reiz verlieh. Die langen Wimpern taten ein Übriges, und es konnte einem schon warm ums Herz werden, wenn einen diese Augen ansahen.

Der Bauer sah seine Älteste zufrieden an, als sie in die Küche wirbelte.

»Da hast du dich aber wieder aufgeputzt, dass es dem armen Harald ganz anders ums Herz werden wird«, sagte er mit einem gutmütigen Lächeln.

Agnes, ihre kleine Schwester, die über ihren Hausaufgaben saß, lächelte spöttisch. Ihr war es direkt peinlich, wie die Große hinter dem Arzt her war.

»Der weiß doch genau, dass du dich für ihn so fein machst«, sagte sie bissig, »und das soll ein Mann net merken!«

Die Mutter warf ihr einen strafenden Blick zu.

»An so was hast du noch gar net zu denken. Schau lieber, dass du deine Fünf im Rechnen ausbessern kannst.«

Während die kleine Agnes ein beleidigtes Gesicht machte, lachte Hanni zufrieden.

»Die Mutter hat ganz recht. Das verstehst du doch net. Und wenn ich einmal Frau Doktor bin, darf ich sogar in die Gemeindesitzungen mitgehen.«

Sie eilte nach draußen, ohne den Blick zu sehen, den ihr die Schwester nachwarf. Frau Doktor, dachte die Agnes, die wirst du im Leben net. Sie fand nämlich, dass der junge Arzt sich gar net so viel aus ihrer Schwester machte.

»Schön, dass du kommst, Hanni«, sagte Harald und zog die zierliche Gestalt in dem grünen Sommerkleid leicht an sich und gab ihr einen Kuss auf die Wange. »Gretl hat unsere Bowle schon kalt gestellt.«

Er führte Hanni in den Garten, wo ein Tisch mit zwei bequemen Sesseln stand. Das Windlicht flackerte lustig im Dunkeln. Zuerst musste Hanni ihre Rosen bestaunen, die prächtig wuchsen.

Dann saßen sie nebeneinander, und Gretl brachte eine wundervoll duftende Waldmeisterbowle. Die alte Frau strahlte über das ganze Gesicht. Sie hatte es gern, wenn die junge, hübsche Bauerntochter zu Besuch kam.

Harald goss die beiden Gläser voll, und dann stießen sie miteinander an.

»Auf deine wundervollen Rosen.« Er trank ihr zu. Es war einer jener wundervollen Sommerabende, von denen man im Winter sehnsüchtig träumte.

Vielleicht bin ich, wenn der Schnee liegt, schon für immer hier, dachte das junge Mädchen, und die bewundernden Blicke, mit denen der junge Arzt sie ansah, ließen Hannis Herz schneller schlagen.

Er beugte sich zu ihr hinüber.

»Weißt du, dass du heut ganz besonders hübsch aussiehst, Hanni?« Sein gebräuntes Gesicht war jetzt dicht vor dem ihren, und sie schloss die Augen. Er würde sie küssen, und dann war endlich der Moment gekommen, von dem sie träumte, seit sie ihn zum ersten Mal gesehen hatte.

Doch sie wartete vergebens. Harald hatte tatsächlich vorgehabt, sie in seine Arme zu nehmen, aber gerade in diesem Augenblick stand Gretl vor ihm und räusperte sich verlegen.

»Der Herr Bürgermeister ist da, Herr Doktor«, sagte sie.

Harald zog die Stirn in Falten. Da lud er sich einmal ein Mädel ein, und auch da wurde er gestört.

»Hat das net Zeit bis morgen?«, fragte er, aber da kam der rundliche Mann schon durch die offene Terrassentür.

»Seit heut Nachmittag wart ich auf dich, Harald«, sagte er, und ein leiser Vorwurf in seiner Stimme war nicht zu überhören.

»Du vergisst, dass ich einen Beruf hab, der mich auch mal aus dem Dorf hinausführt«, erwiderte der Arzt trocken. »Was gibt es denn so Wichtiges?«

Der Bürgermeister wischte sich den Schweiß von der Stirn.

»Die Apothekerin ist heut gekommen. Und du bist der Einzige, der sie noch net begrüßt hat.«

Hanni ärgerte sich über die Störung. Ausgerechnet jetzt, in dieser schönen Abendstunde, ging es wieder um die Apothekerin!

»Das hat doch bestimmt Zeit bis morgen«, sagte sie spitz. »Sicher ist die alte Dame müde von der Reise.«

»Alte Dame!« Egon bekam runde Augen. »Die ist net alt, die ist net viel älter als du.«

Während Hanni jetzt schwieg, gab ihr Harald recht.

»Das Madl hat recht. Das kann doch wirklich morgen noch geschehen. Ich muss mir eh ein paar Medikamente holen, und dann stell ich ihr meine wichtige Persönlichkeit gleich vor.«

Doch damit war der Bürgermeister gar nicht einverstanden. Er zog seine goldene Uhr hervor.

»Es ist noch net zu spät, und es ist gleich geschehen. Hanni wird sicher auf dich warten. Tu mir den Gefallen und geh heut noch hinüber. Du hast doch am meisten mit ihr zu tun.«

Während der junge Arzt seufzend nickte, sprang Hanni wütend auf und griff nach ihrer Tasche.

»Wenn dir das wichtiger ist, dann kann ich ja gehen. Gute Nacht!« Mit wehendem Rock verschwand sie um die Hausecke.

»Hanni!« Harald lief zum Gartenzaun. Aber schon hörte man den Motor des Wagens anspringen, und mit einem Satz fuhr das Auto um die Kurve.

Der Bürgermeister kratzte sich nachdenklich am Kopf. Harald sollte es sich noch einmal gut überlegen, ob er die Weißlhoftochter heiraten wollte. Sie war ein Hitzkopf, und nach des Bürgermeisters Meinung zur Arztfrau ganz und gar nicht geeignet.

»Sie ist halt ein bisserl empfindlich«, entschuldigte sich der junge Arzt, »aber ich werde sie schon wieder versöhnen.«