Alte Hühnerrassen halten - Antje Krause - E-Book

Alte Hühnerrassen halten E-Book

Antje Krause

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Beschreibung

Alte Hühnerrassen sind im Trend! Und das ist gut so, denn viele dieser Rassen sind selten geworden. Dabei finden sich hier gute Eierleger, veritable Fleischhühner und Rassen, die das Beste von beidem vereinen – und außerdem noch wahre Schönheiten. Glücklicherweise sind sie heute noch erhältlich und zudem leicht zu pflegen – sie sind robust, vital und oft sehr gute Futtersucher. Das Autoren-Team beschreibt rund 30 alte Hühnerrassen – so, wie die Tiere wirklich sind, mit allen Vor- und Nachteilen. Der Erhalt der heutigen Rassevielfalt gelingt nur über das Halten und Züchten dieser Rassen – deswegen gilt: Starten Sie durch und finden Sie Ihr eierlegendes Wollmilchhuhn!

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Seitenzahl: 137

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Das gackert hier

Warum ausgerechnet alte Rassen?

Bewahren heißt nutzen

Bewahren heißt züchten

Über dieses Buch

Alte Hühnerrassen

Altsteirer

Andalusier

Augsburger

Barnevelder

Bergische Kräher

Brakel

Deutsche Lachshühner

Deutsche Reichshühner

Deutsche Sperber

Deutsche Wyandotten

Hamburger

Italiener

Krüper

Lakenfelder

Mechelner

Nackthalshühner

Orpington

Ostfriesische Möwen

Plymouth Rocks

Ramelsloher

Rheinländer

Sundheimer

Thüringer Barthühner

Vorwerkhühner

Welsumer

Westfälische Totleger

Kurz und knackig – das Wichtigste zur Haltung alter Rassen

Der Stall

Die Einrichtung des Stalls

Der Auslauf

Hühner füttern

Rechte und Pflichten eines Hühnerhalters

Service

Die Autoren

Interessante Internetseiten

Schöne Bücher zum Weiterlesen und Stöbern

Liebe Antje,

wieder einmal haben wir uns aufgemacht, ein gemeinsames Buchprojekt zu verwirklichen, und zwar über alte Hühnerrassen. Unsere Herangehensweise ist dabei verschieden. Du bist eher die Hühnerhalterin, die an vielen Rassen ihre Freude hat und eine bunte Schar aus Rassehühnern bevorzugt. Ich hingegen bin der klassische Züchter und versuche immer wieder, dich von dieser Herangehensweise zu überzeugen.

Hierzu eine kleine Geschichte: Auf meinem Schulweg kamen wir an einer ehemaligen Gärtnerei vorbei, wo Hamburger-Silberlack auf einer großen Wiese zu sehen waren. Der Besitzer stellte sie hin und wieder bei der örtlichen Kleintierschau aus und selektierte sie nach den festgelegten Rassemerkmalen. Nachdem er starb, hielten die Erben zwar weiterhin Hühner, aber es kamen weitere Hühnerrassen hinzu. Obwohl sie Küken nachgezogen haben, waren nach zwei bis drei Jahren nur noch Mischlinge vorhanden. Einige fand ich hübscher als andere, wobei Schönheit natürlich immer im Auge des Betrachters liegt. Die ursprünglich vorhandenen reinrassigen Hamburger mit ihren rassetypischen Eigenschaften, ihren Rassemerkmalen und nicht zuletzt ihrem Genpool aber waren verschwunden.

Daran sieht man, dass zum Erhalt der einzelnen Hühnerrassen immer die klassische Zucht vonnöten ist. Nur wenn das auf Dauer bestehen bleibt, bleiben auch die Rassen erhalten. Und nur so ist es möglich, dass „Nur-Hühnerhalter“ wie du Rassehühner halten können.

Unsere beiden Herangehensweisen haben ihre Berechtigung und trotzdem werde ich nicht müde, dich von der Rassehühnerzucht zu überzeugen. Schließlich können wir nur deshalb heute von alten Hühnerrassen berichten und sogar ein Buch darüber schreiben.

Dass uns das wieder gelungen ist, freut mich sehr und ich hoffe, dass das nicht unser letztes gemeinsames Buch ist. Dir also vielen lieben Dank für das gute Miteinander. Vielen Dank aber auch dem Verlag Eugen Ulmer und unserer Lektorin Antje Munk.

In diesen Dank möchte ich auch meine Familie, meine Frau Yvonne und unsere Töchter Anna und Klara, einschließen. Sie sind es, die durch meine Hühner-Begeisterung manche Besichtigungstour auf sich nehmen müssen.

Lieber Willi,

auch mir war es wieder eine Freude, mit dir an diesem Buch zu arbeiten – unser nunmehr drittes gemeinsames Werk. Und wie bei jedem unserer Bücher fand ich unsere Gespräche und teils hitzigen Diskussionen sowohl fachlich fundiert als auch ungeheuer unterhaltsam. Wie schön, dass Federvieh auch Freundschaften stiften kann.

Es freut mich, dass du mich zur Hühnerzucht ermutigen willst. Und ich muss sagen, du hast uneingeschränkt recht: Man kann Rassevielfalt nur erhalten, indem man die einzelnen Rassen streng behütet. Nur die Bewahrung der Reinrassigkeit erhält die Rassen. Du hast recht. Punkt.

Und jetzt kommt das Aber: mein butterweiches Hühnerherz. Zum einen fiele es mir schwer, mich für eine Rasse zu entscheiden – nun gut, das ist ein Luxusproblem, das sich lösen lässt. Für mich entscheidender ist die Frage: Wohin mit den zur Zucht ungeeigneten, „unperfekten“ Hühnchen? Zum Züchten müsste ich eine größere Zahl an Küken erbrüten lassen, als ich halten kann, um daraus die Besten zur Weiterzucht auszulesen. Und die anderen? Was mache ich mit denen mit „falschen“ Kämmen, Fehlfarben und anderen vermeintlichen Unzulänglichkeiten (die ich angesichts der Einzigartigkeit eigentlich immer erst recht sympathisch finde)? Dass solche Hennen anderswo ein Zuhause finden, liegt im Rahmen des Möglichen, garantiert ist es dennoch nicht. Eine Unterbringung für alle männlichen Küken sehe ich als fast unmöglich an. Also müsste ich schlachten – und das ist eine Schwelle, die ich im Moment (noch) nicht überspringen kann. Es ist verrückt: Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass Nutztierrassen nur überleben können, wenn man sie nutzt (Überleben durch Schlachten – paradox, aber zutreffend). Aber ich kann es derzeit einfach nicht.

Und so versuche ich meinen klitzekleinen Beitrag zu leisten, indem ich Züchtern wie dir, die mit Herzblut und Sachverstand am Erhalt der Rassen arbeiten, die überzähligen Tiere abkaufe. Das ist ein kleiner finanzieller Beitrag zur Züchtungsarbeit und hoffentlich auch ein bisschen Wertschätzung, eine Message an die Züchtenden: Macht weiter so! Das, was ihr leistet, ist so wichtig!

Mehr kann ich im Moment nicht tun. Aber wer weiß, vielleicht bekommst du mich doch noch irgendwann dazu. Vielleicht während unserer Diskussionen zum nächsten gemeinsamen Buch? Aller guter Dinge sind drei – drei Hühnerbücher, so unsere gemeinsame Bilanz. Ich hoffe auf weitere schöne Buchprojekte, die wir zusammen auf die Hühnerbeine stellen.

Warum ausgerechnet alte Rassen?

Bewahren heißt nutzen

Huhn ist gleich Huhn – könnte man denken. Ich suchʼ mir aus, was mir am besten gefällt. Ist doch einfach, oder? Man kann aber noch etwas weiterdenken und sich zunächst unter den Rassen umschauen, deren Fortbestand mehr oder weniger auf der Kippe steht, und einen wertvollen Beitrag zur Biodiversität leisten.

Laut der Gesellschaft zur Erhaltung alter und gefährdeter Haustierrassen e. V. (GEH) stirbt alle zwei Wochen eine Nutztierrasse aus. Auch Hühnerrassen sind gefährdet. Das Schlimme ist, sie sterben nicht etwa aus, weil sie „nichts taugen“, sondern weil sie gerade nicht in Mode sind, weil sie vielen möglicherweise unbekannt sind – und weil manche Hühnerhalter, gerade Anfänger, zu unkritisch sind, wenn sie sich Hühner holen. Und sind sie erst einmal ausgestorben, ist die Diversität der Hühner unwiederbringlich um eine Rasse ärmer und der Genpool kleiner. Mit der Entscheidung zur Haltung einer alten Hühnerrasse hat man einen kleinen Anteil daran, dass dies nicht passiert. Aber warum wäre das eigentlich so schlimm?

Alte Hühnerrassen erzählen Geschichten aus unwirtlichen Bergregionen und von ländlichen Traditionen. Sie sind mit Städten, Dörfern und Personen, deren Namen sie tragen, verbunden. Und sie haben vielen Generationen an Selbstversorgern und einfachen Bauersleuten Nahrung und ein paar Einnahmen beschert. Somit haben alte Hühnerrassen zunächst einmal einen kulturhistorischen Wert.

Noch viel wichtiger ist die große Aufgabe, die sie für alle Hühner – quasi auf der ganzen Welt – haben. Mit jedem Aussterben einer Rasse verkleinert sich der Genpool der Haushühner. Jetzt könnte man sagen „Macht nichts, züchtet man halt eine neue Rasse“, aber der Kreis der Ausgangsrassen, die man zur Zucht heranziehen könnte, verkleinert sich stetig und der Genpool schrumpft. Irgendwann hat man nur noch Rassen, die sehr eng miteinander verwandt sind. Treten dann Mutationen mit negativen Auswirkungen oder Krankheiten auf, kann züchterisch kaum gegengesteuert werden, weil eben nicht mehr genug „frisches Blut“ vorhanden ist. So ist jede alte Rasse, die erhalten bleibt, ein Gewinn und quasi eine Rückversicherung. Das ist so gravierend, dass in der Deutschen Genbank landwirtschaftlicher Nutztiere sogar vorsorglich Sperma von Hähnen verschiedener Rassen eingelagert wurde.

Nutztierrassen lassen sich im Grunde nur bewahren, wenn man sie hält. Man kann sie nicht ins Museum stellen, man muss sie gemäß ihrer Bestimmung „nutzen“. Nur so dreht sich das Rad für sie weiter. Im Falle der Hühner ist das noch nicht einmal eine barmherzige Geste. Alte Hühnerrassen sind weder old fashioned noch irgendwie zurückgeblieben. Im Gegenteil: Sie liefern damals wie heute ihre Leistung ab und brauchen den Vergleich mit neueren Rassezüchtungen nicht scheuen.

Eine bildhübsche gelbe Orpington-Henne.

Tiere mit „alten Genen“

Hühner leben bereits seit etwa 4000 Jahren in menschlicher Obhut. Und wenn man den Begriff weit auslegt, wurde das Huhn schon seit Jahrtausenden „gezüchtet“ oder besser gesagt selektiert. Das war anfangs natürlich noch nicht sehr zielgerichtet, sondern eher nach dem Motto „die Besten durften leben und sich vermehren“. Dennoch entwickelte diese Methode die Hühner genetisch in eine bestimmte Richtung. Nur welche Richtung erwünscht war, wechselte im Laufe der Zeit: Man nimmt an, dass es anfangs nämlich gar nicht die Eier und der saftige Braten waren, die die Menschen motivierte, Hühner zu halten. Es war wohl der Hahn. Er wurde als Beschützer, als Orakel- und Opfertier verehrt. Erst seit dem Mittelalter werden Hühner in ihrer heutigen Funktion gesehen: als Eier- und Fleischlieferanten. So waren zu Beginn vermutlich Imposanz, Vitalität und eine gute Stimme des Hahns die Auswahlkriterien zum Verpaaren, später gute Legeleistung und guter Fleischansatz, Wetterfestigkeit und Robustheit.

Und gerade diese Robustheit, Gesundheit und gute Futterwertung sind im Genmaterial der alten Rassen noch heute verankert. Schließlich stammen viele von ihnen von traditionsreichen Landschlägen ab, die schon seit Jahrhunderten auf den Bauernhöfen in teils klimatisch unwirtlichen Regionen mit karger Kost und wenig Aufmerksamkeit zurechtkamen. Ja, die Bauersleute haben ihre Hühner über Generationen ganz pragmatisch selektiert, indem sie die Schwächeren bald zu Hühnersuppe verarbeitet haben und die Eier der besten Legerinnen ausbrüten ließen. Viele der damaligen Hühnerhalter waren Kleinbauern oder Selbstversorger, sie waren in gewisser Weise auf eine hohe Leistung ihres Federviehs angewiesen. Kränkliche, mimosenhafte Kreaturen wurden schlicht nicht mit durchgefüttert. Das klingt herzlos, war damals aber notwendig zum Überleben der Familie, und letztlich profitieren wir heute noch von dieser Vorgehensweise.

Neben der handfesten Leistung gab es noch einen weiteren, wenn auch untergeordneten Grund, Hühner zur Weitervermehrung gelangen zu lassen, und zwar: Kuriosität. Kurze Beine, riesige oder gar schwarze Kämme, ein ungewöhnlich langes Krähen des Hahns … sprich Tiere mit ungewöhnlichen Mutationen oder anderen Besonderheiten wurden, wahrscheinlich schlicht des Aussehens wegen, aus Neugierde und „zum Angeben“, ebenfalls häufig weitervermehrt.

Wer hat die alten Rassen „gemacht“?

Nun ist es so, dass diese Bauernfamilien nicht die heutigen Hühnerrassen gezüchtet haben, auch nicht die alten Rassen. Sie haben mit ihrer Selektion und mit der Weitergabe von Tieren und Bruteiern an Nachbarn, Freunde und Familienmitglieder (die auch wiederum die Stärksten ausgelesen haben) quasi die Vorarbeit zur Zucht geleistet.

Mit diesen noch sehr uneinheitlichen Landhühnern arbeiteten später (vor allem im 19. Jahrhundert) wiederum andere züchterisch weiter. Sie erzüchteten und formten die Rassen in ihrer endgültigen Ausprägung, indem sie sich erstens ein Ziel setzten, was sie züchterisch erreichen wollen, und zweitens weitere Rassen gezielt einkreuzten. Zuchtziel konnte eine noch bessere Legeleistung sein oder ein schwereres Huhn bei gleichbleibender Gesundheit, vielleicht in Kombination mit einer bestimmten Gefiederfarbe. Dieser Vorgang war dann zielgerichtet.

Und irgendwann meinte man, die Rasse sei soweit „fertig“ und das Zuchtziel erreicht, und man hat beim Bund Deutscher Rassegeflügelzüchter (BDRG) um Anerkennung der Rasse gebeten. In aller Regel hat sich dazu ein Sonderverein unter dem Dach des BDRG gebildet, der fortan diese Rasse züchterisch betreut und überwacht. Viele Sondervereine gründeten sich kurz nach der Jahrhundertwende zum 20. Jahrhundert – die Hochzeit der Rassegeflügelzucht. Viele von ihnen bestehen bis heute.

Im sogenannten Rassestandard hat man die Rasse dann in all ihren Ausprägungen genau beschrieben: im einheitlichen Aussehen, in den verschiedenen Gefiederfarben (Farbenschlägen) und auch in ihrer Leistungserwartung. Dieser Rassestandard ist die Richtschnur für alle Züchter der jeweiligen Rasse.

So hätte es auch immer weitergehen können … Aber dann kam quasi der große Knall: Das Hybridhuhn erschien auf der Bildfläche – und alles war anders als zuvor. Plötzlich gab es ein Huhn, dass die besten Legerassen und die kräftigsten Fleischhuhnrassen in den Schatten stellte.

Alles auf den Kopf gestellt: Hybridhühner

In den 1960er-Jahren kamen diese in erster Linie für die Industrie entwickelten „Hochleistungshühner“ auf. Es gab und gibt sie in zwei Linien: als Legehybriden und Masthybriden (Fleischhybriden). Man staunte über die zuvor noch nie gesehene Legeleistung oder die fantastische Menge Fleisch – und alle wollten diese Superhühner haben, vor allem natürlich die Eier- und Fleischindustrie (die zuvor Rassehühner hielt, überwiegend Amerikanische Leghorn und Italiener). Aber auch die Kleinbauern und Familien liebäugelten mit diesen Hühnern: Klar, mehr Eier bei gleichem Tierbestand, wer wollte das nicht?

Aber wo Licht ist, ist auch Schatten: Die Hybridtiere können ihre fast übermenschliche Leistung nicht lang durchhalten. Ja, im ersten Lebensjahr legt eine Henne vielleicht 300 Eier und mehr, im zweiten Jahr nimmt die Eierproduktion deutlich ab, danach versiegt sie deutlich. Bei den alten Rassehühnern ist zwar ebenfalls eine abfallende Kurve zu beobachten, aber nicht dermaßen rapide – zwei bis drei Jahre kann man schon mit vernünftigen Eierzahlen rechnen. Auch sterben Hybridhühner potenziell früher, weil die Höchstleistung ihren körperlichen Tribut fordert. Aber was noch nachdenklicher macht, ist ihre „Erschaffung“. Hybridhühner sind zwar auch in gewisser Weise gezüchtet, sie sind aber keine Rassehühner! Sie werden nicht unter ihresgleichen weitervermehrt, sondern von wenigen Konzernen regelrecht „produziert“. Verschiedene Elternlinien werden nach einem „Geheimrezept“ der Konzerne gekreuzt, um die eine Super-Generation zu erschaffen und zu verkaufen. Die Elterngeneration und auch die potenziellen Nachkommen der Hybridhühner sind keine Überflieger-Tiere, nur diese eine Generation dazwischen bringt die Leistung. Und so muss der Halter immer wieder neue Tiere bei den Konzernen kaufen. Rassehühnerzüchter und Halter kleiner Hühnergruppen, die sich um das Tierwohl sowie den Fortbestand einer Rasse sorgen und Lobbyarbeit für bessere Haltungsbedingungen leisten, bekommen von diesem Kuchen nichts ab. Und die Rassehühner mit ihrem diversen Genpool werden immer mehr verdrängt. Für jeden Hühnerhalter in spe stellt sich also die erste Frage: Rassehuhn oder Hybridhuhn? Und falls die Antwort „Rassehuhn“ lautet, schließt sich die zweite Frage an: alte oder neue Rasse?

„Klassische“ Hybridhennen – es gibt sie aber auch in anderen Farben.

Wann ist eine Rasse alt?

Die Gesellschaft zur Erhaltung alter und gefährdeter Haustierrassen e. V. (GEH) zählt bisher solche Rassen zu den alten Rassen, die vor 1930 erzüchtet wurden, nach einer Novelle zählen sie Rassen dazu, die vor 1949 gezüchtet wurden (mehr dazu gleich auf der nächsten Seite).

Wir haben für unser Buch den Rahmen weiter gesteckt: Rassen, die vor dem Aufkommen des Hybridhuhns in den 1960er-Jahren erzüchtet, gehalten und für gut befunden wurden, gehören für uns zu den alten Rassen. Die Hybridhühner markieren für uns die Grenze, weil sie die alten Traditionen ins Wanken gebracht haben.

Unter diesen alten Rassen haben wir eine Auswahl für dieses Buch getroffen. Wir haben versucht, Rassen vorzustellen, die auch heutigen Anforderungen eines Hobbyhalters gerecht werden, die pflegeleicht und robust sind. Viele der vorgestellten Rassen sind Zweinutzungshühner, also Hühner, die in einem guten Mittelmaß sowohl Eier als auch Fleisch liefern – weil das früher weit verbreitet gebraucht wurde und weil es heute auch noch aktuell sein könnte, falls man mit dem Gedanken spielt, selber zu schlachten oder schlachten zu lassen, um den Fleischgenuss in eigene, verantwortungsvolle Hände zu legen.

Heißt alt gleich gefährdet?

Bei Hühnern (bei anderem Geflügel und Kaninchen übrigens auch) sind in der industriellen landwirtschaftlichen Nutzung heute fast ausschließlich Hybridlinien im Einsatz, sodass schon seit Längerem die Gefahr besteht, dass die ursprünglichen Hühnerrassen unter die Räder kommen. Daher sind alle alten Rassen potenziell gefährdet. Manche haben diesen Status schon, manche stehen unter Beobachtung und die Gefährdung „liegt in der Luft“, andere haben sich gut berappelt und stehen aufgrund von aktuellen Trends oder guter Öffentlichkeitsarbeit ihrer Sondervereine momentan gut da. Aber alles ist im Fluss.

Um sich zu orientieren, welche Hühnerrasse aktuell als wie stark gefährdet gilt, kann man die Roten Listen einsehen (Service Seite 124). Sie geben aber nur einen Anhaltspunkt und können aus Gründen, die wir uns gleich genauer anschauen, keine absoluten Zahlen zu den in Deutschland lebenden Tieren pro Rasse liefern.

Die Roten Listen

Sogenannte Rote Listen oder Gefährdungslisten werden nicht nur für Wildtiere und -pflanzen erstellt, sondern mittlerweile auch für Haus- und Nutztiere. Hat man dabei ursprünglich wohl eher an die „großen“ Nutztiere wie Rinder, Schweine, Schafe, Ziegen und Pferde gedacht, hat man zwischenzeitlich auch die Kleintiere wie Geflügel und Kaninchen aufgenommen. Doch wer erstellt diese Listen?

Mit dem Aufkommen der Hybridlinien ging die Zucht und Haltung der meisten Rassen von staatlichen Züchtungsanstalten und der Industrie auf private Halter, die sogenannten Rassegeflügelzüchter über. Sie sind in der Regel in örtlichen Kleintier- oder Geflügelzuchtvereinen organisiert und dem Bund Deutscher Rassegeflügelzüchter (BDRG) angeschlossen. Dabei handelt es sich um den weltgrößten Kleintierzuchtverband, der bereits 1881 gegründet wurde. Im Lauf der Zeit hat sich der Schwerpunkt dieser Organisation etwas auf die Zucht nach äußeren Merkmalen verschoben. Der Leistungsgedanke hatte vor allem in der ehemaligen DDR noch einen größeren Stellenwert (seit ein paar Jahren wird aber auch am Wissenschaftlichen Geflügelhof des BDRG wieder eine Legeleistungskontrolle durchgeführt). Der BDRG befragt seine Mitglieder auf freiwilliger Basis zu ihrem Bestand an Rassetieren und erstellt auf dieser Basis eine Rote Liste gefährdeter Geflügelrassen, darunter auch Hühnerrassen. Der BDRG befasst sich darin nur mit in seinen Standards anerkannten Rassen und Farbenschlägen.

Die Abkürzungen nochmal im Überblick

BDRG: Bund Deutscher Rassegeflügelzüchter

BLE: Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung

GEH: Gesellschaft zur Erhaltung alter und gefährdeter Haustierrassen

100 Jahre später, nämlich 1981 gründete sich die Gesellschaft zur Erhaltung alter und gefährdeter Haustierrassen (GEH). Sie betreut ebenfalls Hühnerzüchter und -halter