Ancient Love 1: Die Frau des Tribuns - Helen Fox - E-Book

Ancient Love 1: Die Frau des Tribuns E-Book

Helen Fox

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Beschreibung

Nach dem blutigen Feldzug gegen die germanischen Stämme kehrt der junge Tribun Marcus Fabius Aquilius traumatisiert nach Rom zurück. Um vergessen zu können, flüchtet er sich in Besäufnisse und die Arme käuflicher Liebesdienerinnen. Seine Eltern haben jedoch andere Pläne mit ihm und arrangieren eine Hochzeit mit der schüchternen Crispinella, Tochter aus gutem Haus. Doch kann man mit Zwang so tiefe Wunden wirklich heilen? Oder bringt diese Entscheidung nicht noch mehr Unheil über die Beteiligten?

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Ancient Love 1

Die Frau des Tribun

Helen Fox

Inhaltsverzeichnis
Ancient Love 1: Die Frau des Tribun
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Rückblick
Kapitel 4
Kapitel 5
Rückblick
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Epilog
Personenverzeichnis
Begriffserklärungen
Danksagung

© 2017 Amrûn Verlag Jürgen Eglseer, Traunstein

Covergestaltung: Kim Leopold, ungecovert - Buchcover und mehrLektorat: Simona Turini

Alle Rechte vorbehalten

ISBN – 978-3-95869-584-9

Besuchen Sie unsere Webseite:amrun-verlag.de

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet unter http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Kapitel I: Fabius Aquilius

(Tag 1 – Rom, 16 n. Chr.)

Der grelle Schein der Sonne strich unerbittlich über das Gesicht des Römers auf dem breiten Kissen- und Deckenlager und ließ ihn mit einem kräftigen Niesen erwachen. Kleine Staubflöckchen tanzten im Licht umher und verursachten ihm einen Stich im brummenden Schädel, als er versuchte, sich auf ein einzelnes dieser Flöckchen zu konzentrieren. Sein Niesen ließ auch in einen anderen, in der Nähe unter einem halb herab gerissenen Vorhang ruhenden Körper Bewegung kommen, von dem ein Brummen an das Ohr Marcus Fabius Aquilius’ drang, der müde in das Sonnenlicht blinzelte. Eine ganze Weile lang musste er überlegen, wo er sich gerade befand, ohne dass in seinem schmerzenden Kopf auch nur der kleinste Hinweis darauf vorhanden gewesen wäre. Auch der Raum selbst gab ihm keinen eindeutigen Aufschluss. Die üppigen Kissen hätten in jedem gehobeneren Haus liegen und die fein ziselierten Weinkannen aus Kupfer im Haushalt eines wohlhabenden Händlers ihren Platz finden können.

Erst die schlanke Hand mit überaus dunkler Haut ließ die Erinnerung zurückkehren. Aquilius schnappte nach Luft und blickte sich in dem reichlich unordentlichen Raum um, dessen träger Charme während der letzten Nacht so viel aufregender gewirkt hatte. Bei Tageslicht aber wirkte dieses Zimmer eines bekannten, hochklassigen Bordells in der größten Stadt der Welt genau so schal und öde, wie es die meisten Huren taten, wenn die Nacht erst einmal vorüber war. Langsam schob er den schlaffen Leib der dunkelhäutigen Frau neben sich beiseite, um sich aufrichten zu können. An sich herabblickend stellte er fest, dass er nackt war, verschwitzt zudem, und zumindest körperlich bereit, es noch einmal mit einer dieser Frauen aufzunehmen – hätte er es denn gewollt. Schnell rollte er sich auf die Seite, um seine morgendliche Erektion vor neugierigen Blicken zu verbergen und griff nach seiner reichlich zerknitterten Tunika. Erst als er sie sich übergestreift hatte, fühlte er sich wieder halbwegs wie ein Mensch. Allerdings wurde er sich erst nach einer Weile der eigentlichen Funktion des pelzigen Dinges bewusst, welches seinen Mund derzeit ausfüllte. Jede Bewegung seines Kopfes führte sofort dazu, dass Fabius Aquilius diese schmerzlich bereute, da das Echo in seinem Schädel zu einem heftigen Stechen wurde. Wie viel er am Abend vorher getrunken hatte, konnte er nicht sagen, aber angesichts seiner Kopfschmerzen musste es ein ganzes Weinfass gewesen sein.

»Willst Du schon gehen?«, flüsterte die dunkelhäutige Frau auf den Kissen neben ihm mit einem Lächeln und rekelte sich lasziv vor seinen Augen. Sie strich sich ihr lockiges schwarzes Haar aus dem Gesicht und wölbte den Rücken durch, um ihm ihre nackten, wohlgerundeten Brüste mit den dunklen Warzenhöfen zu präsentieren. Bruchstückhaft standen ihm die Bilder vor Augen, was diese außergewöhnliche Schönheit in der gestrigen Nacht mit ihm getan hatte. Das wenigste davon gehörte zu den Dingen, die man mit seiner Ehefrau tat, deswegen waren solche Ausflüge umso köstlicher.

»Wollen nicht, aber müssen. Es ist schon viel zu spät«, erwiderte Aquilius und seufzte. So hell, wie die Sonne jetzt schon schien, war er ganz sicher zu spät für den Empfang der Klienten seines Vaters. Mal wieder. Dieser fand an jedem Morgen statt und gab ihnen die Gelegenheit, ihren patronus um Hilfe zu bitten oder zu zeigen, dass sie zu seiner Verfügung standen.

»Müssenwird doch ein Mann wie du gar nichts.« Sie streckte sich genüsslich aus und robbte in Aquilius’ Richtung, bevor ihre Hand zielsicher ihren Weg zwischen seine Schenkel fand, genau dorthin, wo sich sein Bedürfnis wie jeden Morgen gereckt hatte. »Na gut, vielleicht doch ein bisschen etwas«, fügte sie lächelnd an. Mit einer Mischung aus Scham und langsam aufsteigender Begierde merkte Aquilius, dass er sich an ihren Namen nicht erinnerte, und genauso wenig daran, wieso sie eigentlich hier gelandet waren.

»Schon wieder direkt dabei?« Im hinteren Teil des Raumes richtete sich sein Freund und Saufkumpan Titus Balbus Rufus langsam auf und zog die weitaus üppigere Hure, die ihm wohl in der letzten Nacht zur Verfügung gestanden hatte, mit einem Arm an seinen Leib, bis sie leise auflachte und ihm mit einer Hand durch das kurze braunrote Haar fuhr.

»Im Gegensatz zu dir schlafe ich nicht bis in den Mittag«, gab Aquilius zurück und ließ ein Seufzen folgen, als seine Gespielin die Tunika emporschob, ihre Hände auf seinen Oberschenkeln platzierte und sich herab neigte. Schon der heiße Atem, der über ihre Lippen gegen die pralle Kuppe seines gereckten Schwanzes stieß, ließ Aquilius vorfreudig beben. Ihr Mund jedoch übertraf diese erste Verheißung noch. Heiß und weich schmiegte sich ihre Zunge um sein hartes Fleisch, dann schob sie ihren Kopf weiter vor und begann, ihn in ihren Mund zu saugen. Keuchend lehnte sich Aquilius zurück, schloss seine Augen und ließ sie einfach machen, diesen unerwarteten Genuss auskostend. Recht schnell war jeder Gedanke an die Stadtvilla seiner Familie beiseitegeschoben und an die lärmenden, nach der Aufmerksamkeit ihres patronus heischenden Klienten ohnehin.

Seine namenlose Gespielin wusste nur zu gut, was ihr Mund zu tun hatte – sie klemmte sein hartes Fleisch geschickt zwischen ihrem Gaumen und der Zunge fest und saugte ihn bei jeder Einwärtsbewegung tief ein, das quälende Gefühl süßer Enge auf die Spitze treibend. Die leisen, schmatzenden Geräusche, die beim Auf und Ab ihres Kopfes entstanden, peitschten Aquilius’ Lust umso mehr an. Dass er bei ihrer Haltung auch einen sehr guten Blick auf ihren angespannten Körper und den kleinen, trainierten Po hatte, machte die Sache noch ein gutes Stück angenehmer. Balbus Rufus verfolgte das Geschehen mit einem breiten Grinsen auf den Lippen und drückte den Kopf der Blonden schließlich auch in Richtung seiner Schenkel, damit ihm dieselbe Aufmerksamkeit zuteilwurde wie seinem Freund.

»Welche bessere Art kann es schon geben, wach zu werden?«, keuchte Rufus nach einer Weile zufrieden, während Aquilius nur einige unartikulierte Geräusche von sich gab. Er hatte die Hände in das schwarze Haar seiner dunkelhäutigen Gespielin vergraben und bewegte seine Hüfte ihrem Kopf entgegen, seinen Genuss dadurch noch etwas vertiefend. Erst, als er bemerkte, dass er sich bald nicht mehr zurückhalten konnte, entließ er die Frau aus seinem Griff. Doch sie schien sich davon nicht zurückhalten zu lassen und machte einfach weiter. Statt einer Pause setzte sie noch viel mehr Nachdruck in ihre Bewegungen, bis Aquilius schließlich mit einem lauten Keuchen in ihrem Mund explodierte und Schub um Schub seines Samens darin vergoss. Seine Glieder waren angenehm matt, als sie sich schließlich zurückzog und mit einem wissenden Lächeln über seine Eichel leckte, bis kein einziger Tropfen mehr von seinem eben erlebten Genuss kündete.

»Warum hast du das gemacht?«, fragte Aquilius nach einer Weile, als die tanzenden Sternchen vor seinen Augen abgeflaut waren und auch aus Rufus’ Ecke nur noch genüssliches Atmen zu hören war. Sein Freund hatte es in diesem Moment wohl noch ein bisschen angenehmer getroffen, denn seine Gespielin hatte es sich auf seinen Schenkeln bequem gemacht und sich mit dessen Schwanz genüsslich gepfählt.

»Weil ich es wollte. Und weil wir eine sehr angenehme Nacht hatten«, entgegnete sie mit einem schelmischen Lächeln auf den Lippen, bevor sie sich erhob und einen der dünnen Stoffe, die inzwischen zerknittert auf den vielen Kissen lagen, zu sich raffte und um ihren geschmeidigen Leib wand. Schon war sie aus dem Raum und hinterließ nichts als angenehme Erinnerungen an ihr Können und ihre Freundlichkeit. Während Rufus sich noch mit seiner emsigen Reiterin abmühte, ging Aquilius in die Ecke des Raumes und erleichterte sich in den dort platzierten Nachttopf. Die seltsame Geräuschkulisse aus stetigem Plätschern und wollüstigem Keuchen aus dem Hintergrund brachte den Römer wieder zum Grinsen. Solche Sachen erlebte er immer nur, wenn er mit Balbus Rufus unterwegs war, dessen Hang zu den leiblichen Freuden geradezu legendär war. Aber wenn man wie Rufus mit einer sauertöpfischen Matrone verheiratet war, musste man eben schauen, wie man zurechtkam. Er hatte als der Sohn einer inzwischen durch zu viele Söhne verarmten Ritterfamilie so reich wie möglich heiraten müssen und dafür auch eine wenig ansprechende Gattin in Kauf genommen.

Leider war es in Rufus’ Fall dann eine Frau geworden, die zu einem unterdurchschnittlichen Äußeren auch noch den Charakter einer wahren Xanthippe mit sich brachte. Hätte sein Freund nicht jederzeit über das Vermögen seiner Frau verfügen können, hätte er vermutlich längst einen übervollen Schierlingsbecher leer getrunken. Aquilius besuchte Balbus Rufus und seine liebliche Gemahlin nicht gerne in deren Villa auf dem Aventin, nicht zuletzt, weil Aufidia Oresta keinen Hehl daraus machte, dass sie die Gewohnheiten ihres Mannes und seines besten Freundes verabscheute. Ihre missbilligenden Blicke verfolgten die beiden Männer bis hinein ins triclinium, wenn sie gemeinsam speisten, und erinnerten Aquilius verdächtig an das Verhalten seiner eigenen Mutter.

Seine Mutter! Siedend heiß fiel ihm ein, dass er längst zu Hause sein müsste, der brave Sohn eines aufrechten Römers, dessen Tun und Trachten für die Republik wichtig waren. Da Balbus Rufus noch immer mit seiner Gespielin zugange war und es wirkte, als würde er es noch eine Weile aushalten, hob der junge Fabier nur kurz die Hand und gürtete sein cingulum um die Hüfte, bevor er sich mit einem Kopfnicken verabschiedete.

Der Rückweg durch die erwachende Stadt so lange dauern, dass er vermutlich mit einem Donnerwetter von beiden Seiten würde rechnen müssen. Seine Mutter würde sich keinesfalls entgehen lassen, ihren ältesten Sohn an dessen Pflichten gegenüber der Familie zu erinnern, flankiert von seinem Vater, der zwar meistens ein gutmütiger Mann war, aber was den Aufstieg des Familienzweiges anging, keinen Spaß verstand. Wieder einmal hatte Aquilius das Gefühl, in den Erwartungen seiner Eltern ersticken zu müssen, als er das Bordell verließ. Balbus würde wie üblich für die Zeche aufkommen, weil er das gerne tat und er genau wusste, dass Aquilius die Sesterzen nicht halb so locker saßen wie ihm. Noch immer nutzte Fabius Cursor jede Gelegenheit, seinem Sohn klarzumachen, unter wessen Tisch dieser seine Sandalen streckte, und hatte dessen Geldmittel sehr beschnitten.

An einem Brunnen wusch sich Aquilius eilig das Gesicht und die bloßen Arme, währenddessen einige Frauen den trainierten, braun gebrannten Mann neugierig beäugten. Seiner Statur war gut anzusehen, dass er militärische Zucht hinter sich hatte, auch zwei kleinere Narben auf dem rechten Unterarm bewiesen, dass er sich nicht dafür zu schade war, sich in Gefahr zu begeben. Dazu der leichte Bartschatten und das schwarze, kurz geschnittene Haar, und so manche Mutter hätte wohl versucht, ihre Töchter in ein gutes Licht für ihn zu stellen. Allerdings nur so lange, bis sie erfuhren, dass Aquilius aus der Familie der Fabier stammte, einer der ältesten patrizischen gentes, und entsprechend für jede Plebejerin absolut außerhalb ihrer Reichweite.

Vom kalten Brunnenwasser erfrischt nahm Aquilius seinen Lauf wieder auf und zwängte sich durch die zu dieser Morgenstunde übliche Menschenmasse, die aus Händlern, einfachen Bürgern, Müßiggängern ohne Arbeit und Frauen bestand, welche dabei waren, für die tägliche Ernährung ihrer Familien einzukaufen. Natürlich hatten die meisten es überhaupt nicht eilig, sodass er sich nur durch Zuhilfenahme seiner Ellenbogen ein schnelleres Durchkommen verschaffen konnte. Jeder dieser Leute, die es sich zur Aufgabe gemacht zu haben schienen, gerade jetzt in seinem Weg stehenzubleiben, würde dafür sorgen, dass er noch ein bisschen später zu Hause auf dem Palatin eintraf. Wieder einmal verfluchte er die Tatsache, dass seine Eltern unbedingt eine Villa an der ersten Adresse Roms hatten erwerben müssen, denn alle Gelegenheiten, sich abseits des elterlichen Blickes zu vergnügen, befanden sich natürlich nicht dort, wo reiche Senatoren und eingebildete Patrizier des Nachts in Ruhe schlafen wollten.

Man musste manchmal die halbe Stadt durchqueren, was sich bei etwas längerem Vergnügen regelmäßig als Problem entpuppte. Und nach einer durchzechten Nacht unter den belustigten Blicken arroganter Haussklaven auf Einkaufstour den Berg hinauf keuchen zu müssen, entsprach auch nicht unbedingt Aquilius’ liebster Beschäftigung. Der Schweiß stand ihm auf der Stirn, als er endlich eine der Straßen erreicht hatte, auf denen sich weniger Menschen befanden und die geradewegs auf den Palatin führte. Ein Straßenhändler versuchte zwar, ihm ein süßes Hefegebäck anzudrehen, schreckte vor dem finsteren Blick des Fabiers jedoch schnell zurück und versuchte sein Glück lieber bei einem müßig vorbeischlendernden Passanten.

Mit der hohen Mauer der Villa seiner Eltern in direkter Sichtlinie wurden Aquilius’ Schritte deutlich langsamer. Jetzt durch die porta einzutreten würde bedeuten, dass jeder mitbekam, wie spät der älteste Sohn des Hauses am Morgen zurückkehrte – kein guter Plan.

So lief er eilig die Mauer entlang und bog in den schmaleren Weg ein, den sich die Villa mit der gegenüberliegenden Behausung der Nachbarn teilte und auf welchem für gewöhnlich die Sklaven oder Fuhrwerke unterwegs waren, um Güter und Tiere zu den großen Gebäuden zu führen. Auch Musikanten oder sonstige Bediente, die extra für Gastmähler engagiert wurden, mussten den Umweg über den Hof nehmen, da die Eingangstür der Fabianischen Stadtvilla der Repräsentation diente und gar nicht breit genug war, um mehr als zwei Personen zur gleichen Zeit einzulassen.

Aquilius spähte an den massiven Torflügeln vorbei auf den Hof, auf dem bereits geordnete Geschäftigkeit herrschte. Einige der Haussklaven liefen hin und her, um Körbe mit Waren zu entladen, die während der Nacht geliefert worden waren, ein anderer striegelte das Lieblingspferd seines Vaters, das dieser nicht in einem Stall außerhalb der Villa stehen haben wollte, obwohl er nur selten Zeit zum Reiten fand. So musste Timotheus, der griechische Stallmeister, den stattlichen Hengst nicht nur pflegen, sondern auch täglich bewegen. Timotheus war es auch, der Aquilius als Erster erspähte und ihm grüßend zuwinkte.

»Junger dominus , der Herr hat schon nach dir suchen lassen«, begrüßte der Grieche den Fabier mit einem breiten Grinsen auf dem wettergegerbten Gesicht.

»Und was hast du ihm gesagt?«

»Dass du heute früh morgens aus dem Haus gegangen bist, um spazierenzugehen, weil du deine Glieder beweglich halten willst.« Überrascht blickte Aquilius sein Gegenüber in der einfachen, etwas zerknitterten Tunika an, dann gab er dem Sklaven einen kräftigen Hieb mit der Hand auf den Oberarm.

»Du bist wie immer meine Rettung, Timo, ich kann dir gar nicht genug danken!«

Verschwörerisch zwinkerte der Mittdreißiger dem jüngeren Mann zu. »Solange es nicht jeden Tag vorkommt – und zu sehr nach Wein stinken solltest du auch nicht, das weißt du.« Aquilius nickte, klopfte dann dem Hengst sachte gegen den Hals und streichelte, als das Tier ihm schnaufend die Nüstern zuwandte, über dessen Kopf.

»Du Gierschlund, ich habe nichts für dich«, sagte der Fabier und schob sich an Timotheus und dem großen Pferd vorbei in Richtung des Gebäudes. Geschickt wich er einem Sklaven aus, der einen Sack Getreide ins Innere schleppte und zur Küche abbog, während Aquilius sein cubiculum anstrebte. Jetzt war eine frische Tunika dringend nötig, und vielleicht würde er auch …

»Aquilius!« Oder eher nicht. Die herrische Stimme seiner Mutter hätte er unter Tausenden erkannt. Vermutlich hätte sie ihn auch von den Ufern des Flusses Styx zurück zu den Lebenden getrieben, träfe sie ihn dort nach einer schweren Verwundung an.

»Was kann ich für dich tun, Mutter?«, entgegnete er schicksalsergeben und sah sich mit dem Idealbild einer stolzen römischen matrona konfrontiert: Ihr bodenlanges blütenweißes Gewand war ansprechend drapiert, die zartlila palla umrahmte ihr Gesicht und hing in duftigen Stoffwolken um ihren Leib. Ihre Frisur mit den hochgekräuselten schwarzen Locken, durch die sich nur wenige silberne Strähnen zogen, saß so perfekt, als hätte sie gerade erst ihre Sklavinnen entlassen, welche sie für den Tag zurechtmachten. In seiner Erinnerung hatte er seine Mutter immer nur makellos erblickt, egal bei welchem Anlass oder an welchem Tag.

»Du warst über Nacht fort, nicht wahr?«, begann Aemilia Tertia sogleich das Fragenbombardement, während sie ihren Ältesten einer kühlen Musterung unterzog.

»Ich war spazieren. Solange ich nicht viel zu tun habe, kann ich wenigstens meinen Leib ertüchtigen«, entgegnete er unwillig. Wenn der treue Timotheus schon für ihn gelogen hatte, dann musste er so fair sein und dessen Darstellung unterstützen, damit der Sklave nicht bestraft wurde.

»Und woran liegt es, dass du nichts zu tun hast? Du hättest längst versuchen können, sinnvolle Freundschaften zu pflegen, aber stattdessen treibst du dich nur mit diesem nichtsnutzigen eques herum und vertrödelst deine Zeit mit Huren!« Der Blick seiner Mutter bewies, dass sie sehr wohl wusste, wo er die Nacht verbracht hatte, oder es sich zumindest gut vorstellen konnte. Seufzend nickte Aquilius und setzte dann ein charmantes Lächeln auf. Angriff war bei ihr immer noch die beste Verteidigung.

»Dieser nichtsnutzige eques hat sehr viele Freunde, die ebenfalls Ritter sind, und deren Freunde ihn als einen sehr großzügigen und freundlichen Mann kennen. Wenn er sich für mich einsetzt, gewinne ich eine Menge Unterstützer und muss nicht selbst an jede Tür klopfen.« Aemilia Tertia hob eine ihrer dünnen, sauber gezupften Brauen und neigte sich dann ein kleines Stück weit in die Richtung ihres ältesten Sohnes. Er trat nicht schnell genug zurück und wurde sofort Zeuge ihres angeekelten Naserümpfens.

»Wenn du es nötig hast, deine politischen Unterstützer in Bordellen oder Weinhäusern zu finden, solltest du besser nicht darauf hoffen, so bald ein Amt zu bekleiden«, beschied die Hausherrin ihren Sohn mit knappen Worten und drehte sich auf dem Absatz ihrer Damensandale um. »Dein Vater will übrigens mit dir sprechen, solltest du heute irgendwann nüchtern genug dafür sein.« Ohne eine Antwort Aquilius’ abzuwarten, rauschte Aemilia Tertia in Richtung des Gebäudeinneren und ließ ihren Ältesten seufzend zurück. Sie hatte etwas an sich, das ihm den Gedanken an eine eigene Ehe restlos verdarb, weil er insgeheim fürchtete, dass sich seine Ehegattin auf dieselbe freudlose Weise entwickeln und zu einer wahren Furie werden könnte.

Mit der geschlossenen Tür zwischen sich und dem Rest seiner anstrengenden Familie atmete der junge Fabier auf. Sein schlichtes cubiculum war nicht gerade einladend, aber er wollte es derzeit nicht anders. In einer Ecke befand sich ein Rüstungsständer, auf dem er seine Legionsausrüstung ausgestellt hatte, dazu das cingulum mit dem Schwert in der schlichten, inzwischen abgeschabten Lederscheide, dazu ein schmales Bett, ein Sitzschemel und ein Schreibtisch. Wer zwei Jahre in einem Zelt auf diversen germanischen Böden zugebracht hatte, für den war dies noch immer ziemlicher Luxus, für seine Mutter jedoch ein ständiger Grund für deutliches Kopfschütteln.

Sie verstand einfach nicht, dass sich sein Blick auf Rom und auf die verschwenderische Welt, aus der er stammte, während seiner Zeit in Germania verändert hatte. Seit der Stamm der Marser unter den Schwerthieben der Legionäre ausgelöscht worden war, fand er sich nicht mehr wirklich in der Welt seiner Eltern mit all ihren Ansprüchen und Wünschen zurecht. Eine Weile lang hatte es ausgereicht, sich wilde Vergnügungen in allen möglichen Betten zu suchen, um die dunklen Nächte voller Erinnerungen schneller vorbeistreichen zu lassen. Egal, mit welcherFrauen er schlief, vergaß er sie doch jedes Mal, sobald er die jeweiligen Häuser oder Zimmer verließ. Einen bleibenden Eindruck hatte nur eine einzige hinterlassen.

Er streckte sich auf seinem Bett aus, schlüpfte aus den Sandalen und schloss die Augen. Vor dem frühen Mittag war sein Vater erfahrungsgemäß nicht mit seinen Klienten fertig, sodass er jetzt auch noch etwas Schlaf nachholen konnte. Doch trotz der relativen Ruhe seines Zimmers wollte sich die nötige Entspannung einfach nicht einstellen. Aquilius wälzte sich auf dem Bett hin und her, streckte die Beine aus, zog die Tunika aus, bis er nur noch vom Lendentuch bekleidet war, aber in so ziemlich jeder Haltung war ihm die Unterlage entweder zu unbequem oder zu weich.

Die Augen nach einer Weile wieder öffnend, verschränkte er die Finger über dem Bauch und starrte an die schlicht gestrichene Decke. Es war, als triebe er im endlosen Fluss seines Lebens wie ein steuerloses Ruderboot dahin und hätte längst den Blick auf das Ufer verloren. Vielleicht gab es da auch gar kein Ufer mehr. Die grauen Augen dieser jungen Frau von damals verfolgten Aquilius noch immer.

Er war sich nicht einmal sicher, ob sie je existiert hatte oder ob sie nicht einfach ein verwirrender, fiebriger Traum gewesen war, der ihn seither nicht mehr loslassen wollte. Zwischen all den namenlosen Frauengesichtern, die er in den letzten Wochen gesehen hatte, war dieses das Einzige, welches ihm auch in der tiefsten Nacht vor Augen stand, mit ihrem offenen, klaren Blick, der ihm bis auf den Grund seiner Seele geblickt hatte.

Ob sie gewusst hatte, dass sein erstes Opfer an jener kalten Vollmondnacht eine grauhaarige Frau, vielleicht gar eine Großmutter, gewesen war? Noch immer schien ausgerechnet dieses Blut an seinem Schwert zu kleben und entweihte seine Waffe auf eine Weise, die nicht wieder gutzumachen war.

Im Kampf Mann gegen Mann war es für ihn kein Problem, Blut zu vergießen, weil die Verhältnisse klar waren. Sein Gegner wusste, was ihn erwartete, und beide wollten dasselbe – siegen und das eigene Leben bewahren. Aber sich vorzustellen, dass Germanen über seine eigene Familie herfielen, um seine Mutter abzuschlachten, war ungemein absurd und erschreckend zugleich.

Vielleicht war es gar Diana gewesen, die ihm dieses Trugbild geschickt hatte, weil er Frauen getötet hatte? Hatte ihn die Göttin mit Sehnsucht nach etwas verflucht, das ihm doch niemals in die Hände fallen würde? Das vermutlich nicht einmal existierte? Keine der Frauen seither hatte ihren klaren Blick gehabt, dieses unendlich reine Antlitz.

Seufzend wälzte sich Aquilius auf die Seite und griff nach dem diskret neben seinem Bett bereitgestellten irdenen Weinkrug, in dem ein gar nicht so schlechter Falerner auf ihn wartete. Glücklicherweise hatten die Haussklaven noch nicht damit aufgehört, ihren heimgekehrten Kriegshelden zu verhätscheln. Die meisten von ihnen kannten ihn schon seit seiner Kindheit und hatten schon damals die Strenge seiner Mutter mit gelegentlichen süßen Kuchen aus der Küche und dem einen oder anderen verstohlenen Schluck Wein aus einem Becher seines Vaters gemildert.

Erst als der Krug zur Hälfte geleert war, verschwanden die Bilder in seinem Kopf. Seine stille Verfolgerin mit ihren blauen Augen hob die Mundwinkel, schenkte ihm ein gnädiges Lächeln und verblasste, als er dann doch endlich unter dem klaren Schein der Mittagsonne Schlaf fand.

Kapitel II: Aemilia Tertia (Tag 1)

Aemilia Tertia war wütend. Dieser Tag hatte schon unangenehm begonnen, und danach daran erinnert zu werden, dass ihr Ältester offensichtlich zu nichts mehr taugte, als das Familienvermögen mit zweifelhaften Freunden und noch zweifelhafteren Frauenzimmern durchzubringen, machte ihn nicht angenehmer. Es verschaffte ihr in diesem Moment nicht einmal Befriedigung, dass die im Haus arbeitenden Sklaven eilig aus dem Weg gingen, während sie das peristyl durchquerte und die Wohnräume der Familie ansteuerte. Noch immer war das leise Stimmengewirr der Klienten zu hören, welche von ihrem Mann empfangen wurden. Als es auf Mittag zuging, war die Menge der Bittsteller wie immer kleiner geworden und sie würde vermutlich bald mit Fabius Cursor sprechen können – genauer gesagt, ihm ihr Missfallen darüber ausdrücken, dass er seinen Sohn nicht disziplinierte. Seit er aus Germania zurückgekehrt war, schien ihr Ältester verändert, und noch immer konnte sie nicht bestimmen, woran es lag.

In ihren Räumlichkeiten angekommen, ließ sich die Hausherrin auf der kleinen Sitzbank bei ihrem Webstuhl nieder. Nicht, dass dieses reich verzierte Stück, welches ihr bei der Eheschließung mit so vielen guten Wünschen von ihrer Mutter zugedacht worden war, besonders häufig zum Einsatz kam. Dafür hatte sie als die domina eines nicht gerade kleinen Haushaltes zu viel anderes zu tun – eine Römerin aus ihrer Gesellschaftsschicht webte nicht mehr selbst, sie ließ weben. Seltsamerweise beruhigte sie dieses schlichte Tun und genau deswegen griff Aemilia Tertia nach dem kleinen Schiffchen und fuhr langsam mit der Arbeit an einem einfachen Tunikenstoff fort, den sie bei ihrem letzten Ärger über ihren Ehemann begonnen hatte.

Die Männer in Aemilia Tertias Leben entwickelten sich generell nicht in die von ihr gewünschte Richtung. Als ihr Vater sie mit fünfzehn mit dem damals dreiundzwanzigjährigen Fabius Cursor verheiratet hatte, war für sie ein Traum in Erfüllung gegangen, da sich mit dieser Ehe zwei sehr alte patrizische Familien miteinander verbanden. Ihren Kindern stand jeder Weg offen, oder zumindest hatte sie das gedacht. Dass es dann doch über zehn Jahre gedauert hatte, bis sich der ersehnte Erbe eingestellt hatte, lag daran, dass ihr Ehemann seine politische Karriere aktiv betrieben und deswegen einige Jahre außerhalb Roms verbracht hatte. Wie hatte sich das süße, propere Baby von einst doch verändert!

»Domina, was bedrückt dich?« Das faltige, dunkle Gesicht von Aemilia Tertias Leibsklavin Ganda zeigte ein freundliches, warmherziges Lächeln. Ungebeten trat diese näher und setzte sich neben ihre Herrin auf die Bank. Jede andere Sklavin hätte sich Stockhiebe damit eingehandelt, aber die rundliche Numiderin begleitete Aemilia Tertias Leben schon, seit diese ein kleines Mädchen gewesen war. Inzwischen waren Gandas krause, kurze Haare grau, ihre Brüste hingen schlaff unter der einfachen Tunika herunter, da die Jahre treuen Dienstes sie gezeichnet hatten. Noch immer hatte sie für Aemilia Tertia Trost und Liebe übrig, und bewahrte die Geheimnisse ihrer Herrin zuverlässig.

»Ach, es ist Aquilius! War jemals eine Patrizierin mit einem weniger ehrgeizigen Sohn gestraft als ich? Er ist wieder über Nacht ausgeblieben, und erzähle mir nicht, er sei nur spazieren gegangen – diese Lüge habe ich schon Timotheus nicht geglaubt.« Die Hausherrin deponierte das Schiffchen auf ihren Knien, bevor sie den Blick zu Ganda wandte.

Sanft nahm die alte Numiderin die rechte Hand ihrer Herrin und drückte sie behutsam. »Vielleicht fehlt ihm einfach das richtige Ziel, domina? Die meisten Männer haben doch so eine Zeit in ihrem Leben, in der sie nicht wissen, was sie eigentlich wollen.«

»Dauernd ist er mit diesem Balbus Rufus unterwegs, wie soll er denn da richtige Ziele entwickeln? Er ist so wenig häuslich wie ein Händler, der von Ort zu Ort streift und sich nie lange irgendwo aufhält.« Den Blick auf ihren Schoß gesenkt, runzelte Aemilia Tertia die Stirn, zwang sich jedoch sofort, die Geste aufzugeben. Sie war stolz darauf, noch immer ein fast makelloses, glattes Gesicht zu haben, wie es sich für eine edle Römerin gehörte. Nur in den Augenwinkeln zeigten sich erste Fältchen und verrieten, dass das Alter unaufhaltsam auf sie wartete, doch noch wollte sie sich diesem nicht ergeben.

»Er war schon als Kind an vielen Dingen interessiert, domina, und nie besonders begeistert davon, sich seinen Pflichten zu unterwerfen.«

»Das heißt nicht, dass ein erwachsener Mann, der immerhin den Schritt zum tribunus militium geschafft hat, ewig die Gewohnheiten seiner Kinderzeit weiterführen muss«, sagte Aemilia Tertia missbilligend. An manchen Tagen bedauerte sie es wirklich, dass sie den Stock oder die Peitsche nur bei missliebigen Sklaven, nicht aber bei ihrem Sohn benutzen konnte.

»Vielleicht musst du ihn ablenken, bis die Verhandlungen um die Verlobung mit der Tochter von Senator Verginius Crispus abgeschlossen sind?«, schlug Ganda vor und streichelte mit den Fingern über den Handrücken ihrer Herrin.

»Ablenken? Wie meinst du das? Soll ich ihm andere Freunde zuführen?«

»Ich glaube, der junge dominus wird sich da nicht so leicht beirren lassen, immerhin kennt er Balbus Rufus schon sehr lange. Nein, ich meinte andere Frauen, die ihm die Zeit vertreiben können. Oder eine Reise nach Achaia, damit er hier in Rom nicht in die falschen Kreise gerät.« Noch immer starrte Aemilia Tertia auf ihre Knie und presste die Lippen aufeinander. Vielleicht hatte Ganda recht und es würde helfen, ihrem Sohn eine Alternative anzubieten. Sie konnte ihn nicht dazu zwingen, eine politische Karriere anzustreben, wenn er nicht dahinterstand. Ein Mann musste Ehrgeiz haben, musste an die Spitze wollen und dafür tun, was möglich war. Aquilius war seit seiner Rückkehr in Lethargie verfallen und selbst ihre bösen Blicke rüttelten ihn nicht auf, oder die Tatsache, dass ihm sein Vater das Geld gekürzt hatte.

»Andere Frauen …« Der Gedanke hatte wirklich etwas für sich. Solange er sich mit Huren vergnügte, konnte er alles Mögliche an Krankheiten mit nach Hause bringen, aber eine saubere, für seine Belustigung angeschaffte Sklavin, die ihn gut umsorgte, würde nicht zu einer Gefahr werden. Und zwei weitere helfende Hände im Haushalt waren immer zu gebrauchen.

»Hol mir Eraston«, sagte Aemilia Tertia mit fester Stimme und blickte Ganda auffordernd an, nun ebenfalls lächelnd. »Wir werden es erst einmal mit einer Ablenkung vor Ort versuchen. Er soll in Rom nicht zu sehr aus dem Blickpunkt der Öffentlichkeit geraten, eine Reise nach Achaia jedoch könnte die Leute ihn vergessen lassen.« Nun, da die Entscheidung getroffen war, fühlte sie sich gleich viel besser. Zwar war die Last auf ihren Schultern noch nicht leichter geworden, aber sie konnte zumindest etwas tun und eine Lösung finden, anstatt alles einfach hinzunehmen und sich darüber zu ärgern.

Ganda erhob sich und nahm den Auftrag ihrer Herrin mit einem Lächeln entgegen, bevor sie den Raum verließ und sich auf die Suche nach dem Hausverwalter machte, dem ranghöchsten aller Sklaven im Haushalt des Fabius Cursor. Er stand der domina bei der Buchführung zur Seite und führte eine strenge Aufsicht über die anderen Sklaven, sorgte dafür, dass jeder Befehl der Hausherren angemessen und vor allem schnell ausgeführt wurde. Zudem hatte Eraston das Ohr des Senators und war schon deswegen derjenige, mit dem sich alle neuen Sklaven gut stellen wollten.

Mit geschickten Fingern fügte Aemilia Tertia dem Stoff vier weitere Reihen hinzu, bis der Verwalter in ihrem Privatgemach eintraf und vor ihr höflich den Kopf neigte. Der etwa dreißigjährige Grieche trug, seiner Herkunft entsprechend, einen schlichten Chiton und war überaus gepflegt. Seine ölige Freundlichkeit hinterließ bei der Hausherrin immer ein gewisses Unbehagen, aber er erledigte sämtliche Aufgaben zuverlässig und hielt ein strenges Regiment unter den Sklaven aufrecht, sodass sie sein irgendwie schleimiges Lächeln in Kauf nahm.

»Domina, was darf ich für dich tun? Ganda wirkte, als sei es bedeutend.«

»Wie sieht es derzeit bei den Sklavinnen aus? Haben wir noch Platz für eine weitere junge Frau? Ich möchte etwas für den jungen Herrn erwerben – zur Zerstreuung.« Die Augen des Griechen leuchteten auf und er nickte schnell.

»Dafür kann ich Platz schaffen, domina. Wenn sie außerdem Fähigkeiten beim Nähen, Färben und Stopfen mitbringt, wäre das sehr hilfreich, denn da nun beide jungen Herren im Haus sind, geht auch häufiger etwas kaputt.« Verständnisinnig nickten sich Mutter und Verwalter zu. Junge Männer wie ihr Ältester und sein jugendlicher Bruder Secundus achteten grundsätzlich nie auf ihre Garderobe und lieferten stets ihre Sachen mit Löchern oder Rissen ab, die ihnen selbst meistens nicht einmal auffielen.

»Gut, dann lasse mir die Sänfte bereitstellen, ich nehme Ganda mit zum Sklavenmarkt. Sonst noch etwas, das wir brauchen?« Während sie sprach, ließ Aemilia Tertia das Schiffchen durch die Stränge des Webstuhles tanzen, eine weitere Reihe formend. Sie erfreute sich still daran, dass sie noch immer sauber und geschickt weben konnte, ohne dass sie regelmäßig übte.

»Ein weiterer Mann wäre hilfreich, der anpacken kann und den dominus abends durch die Stadt begleitet. Falls sich also eine günstige Gelegenheit ergibt, wäre ich dafür sehr dankbar. Idealerweise ein Mann, dem man nicht erst beibringen muss, sich unter gehobener Gesellschaft angemessen zu verhalten.« Eraston nahm eine ehrerbietige Haltung an, den Kopf leicht in Aemilia Tertias Richtung geneigt, wohl wissend, dass es ihr innerlich doch schmeichelte, auf diese indirekte Weise bestätigt zu erhalten, dass ihr Geschmack bei Sklaven besser war als der ihres Gemahls, dem sie den letzten Fehlkauf für den Haushalt verdankten.

So sehr Eraston auch kräftige Männer zu schätzen wusste, wenn sie nur dafür zu gebrauchen waren, auf den Landgütern der Familie schwere Feldarbeit zu leisten, weil sie sich nicht anpassen konnten oder wollten, war es herausgeworfenes Geld. Gerade die domina achtete sehr darauf, dass das Vermögen nicht verschwendet wurde, da sie von ihrer sittenstrengen Mutter so erzogen worden war. Man blieb nicht reich, wenn man sein Vermögen verschleuderte, und das Leben in Rom war teuer.

»Ich werde schon etwas Passendes finden, da bin ich mir sicher. Wo ist denn die dominilla