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Ändere deine Gedanken - und dein Leben ändert sich E-Book

Wayne W. Dyer

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Beschreibung

Laotses Tao Te King gilt als der spirituelle Klassiker schlechthin. Ausgehend von Laotses 81 Weisheitssprüchen beschreibt Amerikas populärster Lebenshilfe-Lehrer, wie wir die ewige Weisheit des Tao in unsere Gegenwart übertragen und im Alltag anwenden. Die Texte lesen sich leicht und offenbaren Rat und Beistand für sämtliche Lebenslagen – alle mit dem einen Grundgedanken, den Menschen in harmonischen Einklang mit sich und seiner Umwelt zu bringen.

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Wayne Dyer

Ändere deine Gedanken –

und dein Leben ändert sich

Die lebendige Weisheit des Tao

Aus dem Englischen

von Franchita Cattani

Buch

Laotses Tao Te King gilt als der spirituelle Klassiker schlechthin. Kein Wunder, dass sich der populärste Lebenshilfe-Lehrer der USA von den 81 Weisheitssentenzen dieses Werkes angezogen fühlt. Aus den vielen existierenden Übersetzungen hat Wayne Dyer eine eigene Übersetzung destilliert.

Entstanden ist eine Art spirituelle Gebrauchsanweisung, wie wir die Jahrtausende alte Weisheitslehre des Tao in unserem modernen Leben tagtäglich praktizieren können: 81 prägnante Essays hat Wayne Dyer formuliert, die den Tao in unsere Gegenwart übertragen. Die Texte lesen sich leicht und offenbaren uns Rat und Beistand für sämtliche Lebenslagen, alle mit dem einen Grundgedanken: den Menschen in glücklichen Einklang mit seiner Umwelt zu bringen. Wayne Dyer empfiehlt, das Buch wie eine „Reise“ zu lesen: Erst den Originalvers auf sich wirken lassen, dann den Essay mit dem Gedankenanstoß des Autors lesen und sich schließlich in Kontemplation begeben, eigene Eindrücke etwa malen oder neue Gedanken dazu aufschreiben.

Eine lebensnahe Tao-Praxis aus der persönlichen Sicht des Autors, und der zentralen Botschaft: Ändere deine Gedanken und dein Leben und deine Welt ändern sich.

Autor

Dr. Wayne Dyer wurde 1940 geboren. Seine Kindheit und Jugend verbrachte er größtenteils in Waisenhäusern und bei Pflegeeltern. Die schmerzhaften Erfahrungen seiner Jugend haben sein Gefühl dafür gestärkt, dass wir selbst uns die größten Steine in den Weg legen. Dr. Dyer ist ein begeisterter Läufer und lebt mit seiner Frau und seinen acht Kindern in Florida. Er hat über 50 Millionen Bücher verkauft und gehört zu den meistgelesenen Autoren auf dem Gebiet der Lebensratgeber und der Selbsthilfe.

Die amerikanische Originalausgabe erschien 2007 unter dem Titel »Change your Thoughts – Change your Life« bei Hay House Inc., Carlsbad, CA, USA.

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.

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Deutsche Erstausgabe Mai 2008 © 2008 der deutschsprachigen Ausgabe Wilhelm Goldmann Verlag, München in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Straße 28, 81673 München. © 2007 Wayne W. Dyer Covergestaltung: Design Team München Coverillustration: aus dem Buch Lao Tzu, Tao Te Ching by Frances Lincoln Limited, London. Redaktion: Roland Rottenfußer WL · Herstellung: CF

ISBN 978-3-641-21210-0V004

www.arkana-verlag.de

Für meinen Vater, Melvin Lyle Dyer: Ich habe dich zwar nicht gekannt, aber jetzt, da ich das Tao gründlich verdaut habe, begreife ich es endlich! Alles ist – und war schon immer – vollkommen. Ich liebe dich.

Inhaltsverzeichnis

Buch und AutorCopyrightWidmungVorwort1 Das Geheimnis2 Die paradoxe Einheit3 Zufriedenheit4 Unendlichkeit5 Unvoreingenommenheit6 Kreativität7 Jenseits des Ego8 Im Fluss9 Demut10 Einssein11 Leere12 Innere Überzeugung13 Unabhängigkeit14 Jenseits der Form15 Keine Eile16 Beständigkeit17 Aufgeklärte Führung18 Keine Regeln19 Nicht verhaftet sein20 Kein Streben21 Das nicht fassbare Paradox22 Flexibilität23 Im Einklang mit der Natur24 Keine Ausschweifungen25 Größe26 Ruhe27 Inneres Licht28 Tugend29 Naturgesetze30 Gewaltlosigkeit31 Keine Waffen32 Die vollkommene Güte des Tao33 Selbstmeisterung34 Der große Weg35 Jenseits weltlicher Freuden36 Im Verborgenen37 Einfachheit38 Die Wesensessenz39 Ganzheit40 Rückkehr und Nachgeben41 Jenseits der Erscheinungen42 Harmonie43 Weichheit44 Aufhören können45 Jenseits der Oberfläche46 Friedlichkeit47 Sein48 Minderung49 Jenseits des Urteilens50 Unsterblichkeit51 Die verborgene Tugend52 Rückkehr zur Mutter53 Ehrenhaftigkeit54 Etwas bewirken55 Loslassen56 Stilles Wissen57 Keine Autorität58 Kein Glück – kein Unglück59 Sparsamkeit und Mäßigung60 Immunität gegen das Böse61 Unten bleiben62 Das Schatzhaus des Tao63 Keine Schwierigkeiten64 Jetzt hier sein65 Ein einfaches Gemüt66 Das Meer67 Die drei Schätze68 Zusammenarbeit69 Keine Feinde70 Gottverwirklichung71 Keine Krankheit72 Ehrfurcht und Annehmen73 Das Netz des Himmels74 Keine Angst vor dem Tod75 Wenig fordern76 Biegsamkeit77 Vom Überschuss abgeben78 Das Wasser79 Kein Groll80 Die eigene Utopie81 Nicht sammelnEpilogDank und Quellenangaben

Vorwort

Es gibt keinen Fortschritt ohne Veränderung,und wer nicht umdenken kann, kann nichts ändern.

George Bernard Shaw

Ändere deine Gedanken – und dein Leben ändert sich ist das Ergebnis meiner ein Jahr andauernden Erforschung, Kontemplation und Anwendung des Tao Te King, des – abgesehen von der Bibel – meistübersetzten Weisheitsbuches der Welt. Viele Gelehrte halten den chinesischen Klassiker für die beste Abhandlung über die Natur des Daseins überhaupt. Er ist nach wie vor eine wertvolle Quelle zum Erlangen einer Lebensweise, die für Integrität, Freude, Frieden und Ausgeglichenheit bürgt. Erst neulich habe ich gelesen, dass jemand ein lebensbedrohliches Suchtverhalten durch wiederholtes Lesen der einundachtzig Sprüche des alten Textes überwinden konnte. Stellen Sie sich das einmal vor! In weniger als hundert kurzen Abschnitten wird eine ausgeglichene, ethische und spirituelle Lebensweise beschrieben, die sich auf alle Aspekte des irdischen Lebens anwenden lässt.

Der Sage nach wurde das Tao Te King von Laotse geschrieben, einem Propheten, der außerdem kaiserlicher Archivar in der alten Hauptstadt Loyang war. Angesichts des ständigen Verfalls in einer Zeit, in der sich die einzelnen chinesischen Staaten bekriegten, beschloss Laotse, nach Westen in die Wüste zu reiten. Auf dem Hsien-ku-Pass bat ihn der Wächter Yin Hsi, der wusste, dass Laotse den Ruf eines Weisen hatte, den Kern seiner Lehre festzuhalten. So entstanden die 5000 chinesischen Schriftzeichen, aus denen das Tao Te King besteht.

In keiner Quelle, die ich über den Ursprung des Tao Te King gelesen habe, fand ich einen eindeutigen geschichtlichen Beweis für dessen Niederschrift. Dennoch ist es bis heute in Tausenden von Fassungen in praktisch jeder Sprache erhalten geblieben. Eines Tages stieß ich nach der morgendlichen Lektüre des klassischen Textes am selben Nachmittag auf eine ganz andere Interpretation. Das faszinierte mich. Ich bestellte weitere Übersetzungen, und zwar fünf recht alte und fünf modernere (die am Ende des Buches angeführt sind). Da weder Laotse selbst noch der Ursprung seiner Sprüche historisch belegt sind, faszinierten mich die verschiedenen Auslegungen der 5000 Schriftzeichen durch die Gelehrten in allen Ausgaben, mit denen ich mich eingehend befasste. Besonders bemerkenswert ist, dass viele alte chinesische Schriftzeichen heute nicht mehr verwendet werden. Jedes dieser Zeichen hat schon für sich allein zu den verschiedensten Übersetzungen Anlass gegeben.

Ich fühlte mich also motiviert, eine kleine Erläuterung zu schreiben, die zeigen soll, wie die unbezahlbare Weisheit der einzelnen Kapitel im 21. Jahrhundert umgesetzt werden kann. Aus den zehn Übersetzungen, mit denen ich mich befasst hatte, stellte ich die einundachtzig Sprüche für Ändere deine Gedanken – und dein Leben ändert sich zusammen: Einziges Kriterium war die Frage, ob diese Sätze etwas in mir zum Klingen brachten. Dieses Buch ist meine persönliche Deutung des Tao Te King, dessen einzelne Abschnitte mir zu neuen Einsichten in Leben und Natur verhalfen. Beim Weiterlesen sollten Sie wissen, dass ich diese Texte aus den zehn von mir durchgearbeiteten Übersetzungen so zusammengestellt habe, wie sie mir persönlich am nützlichsten erschienen. Bitte verzeihen Sie mir also gelegentliche Auslassungen (oder Zusätze, die nicht perfekt dazuzupassen scheinen). Zu den vielen Segnungen des Tao Te King gehört, dass es unzweifelhaft den Geist weiter macht. Bemerkenswert ist dabei besonders, wie Laotse Ironie und Paradox für seine Lebensbetrachtung einsetzt. Wenn Sie beispielsweise der Ansicht sind, es sei richtig, energisch durchzugreifen, so legt Ihnen Laotse den Wert der Bescheidenheit nahe. Sieht es aus, als sei Handeln gefragt, so bittet er Sie, das Nichthandeln in Erwägung zu ziehen. Glauben Sie, um zu bekommen, was Sie brauchen oder wollen, müssten Sie nur danach greifen, so rät er Ihnen, loszulassen und Geduld zu üben.

Was ist denn eigentlich dieses »Tao«? Wie es im ersten Spruch heißt, verliert man es, wenn man es benennt. Die beste Erklärung, mit der ich aufwarten kann, ist diese: Das Tao ist die höchste Realität, der alles durchdringende Ursprung aller Dinge. Das Tao hat keinen Anfang und kein Ende, tut nichts und belebt dennoch alles in der Welt der Formen und Grenzen, die man die »Welt der zehntausend Dinge« nennt.

In Kommentaren zum Tao Te King wird Tao gewöhnlich mit »der Weg« übersetzt, Te mit »Form und Kraft« (damit ist die Art gemeint, wie sich das Tao manifestiert), und Ching (King) mit »Buch«. In jeder Übersetzung, die ich gelesen habe, wird das Tao als »der Weg« bezeichnet, und Te als etwas, das diesem Licht oder Farbe verleiht. Wenn ich bedenke, welchen Namen ich über 65 Jahre lang mit mir herumgetragen habe – Wayne Dyer –, dann wird mir klar, was mich zum Studium und zum Schreiben dieser Aufsätze bewogen hat! Wie Sie sehen, bilden die ersten drei Buchstaben meines Vornamens das Wort way (Weg), und ein dyer (Färber) ist jemand, der Licht oder Farbe hinzufügt. Kein Wunder, dass mich das Lesen, Schreiben, Deuten und – am wichtigsten von allem – das Umsetzen der einundachtzig Sprüche in die Praxis so gefesselt hat.

In TheWisdom of China and India (Weisheit Chinas und Indiens) schreibt Lin Yutang: »Wenn man ein Werk aus der ganzen östlichen Literatur vor allen anderen lesen sollte, dann meiner Ansicht nach das Tao Te King [von Laotse] (…) Es ist eines der tiefsinnigsten Bücher der Weltphilosophie. (…)« Beim Lesen von Ändere deine Gedanken – und dein Leben ändert sich werden Sie sich Ihren Weg durch Laotses mystische und praktische Philosophie bahnen und die Freude beim Umsetzen derselben in Ihrem Alltag in der heutigen modernen Welt kennen lernen.

Beim Schreiben dieses Buches musste ich mich völlig in ein Denken vertiefen, das mit einem linearen, rationalen Ansatz nicht immer vereinbar ist. Dies hat mich auf eine Weise verändert, die dem Tao selbst gleicht: unerklärlich und unbeschreiblich. Als ich mich einmal dazu entschieden hatte, ein Jahr mit diesem Projekt zu verbringen, entstand es auf eine Art und Weise, die ich für Sie in meinem Tagebuch festgehalten habe:

Ich erwache vor 4 Uhr morgens, meditiere, nehme Säfte und Nahrungsergänzungen zu mir und begebe mich zum Schreiben in mein Heiligtum. Auf einem Tisch stehen einige gerahmte Zeichnungen von Laotse: Auf der einen trägt er ein einfaches Gewand, auf der anderen hält er einen Stab, und auf der dritten sitzt er auf einem Wasserbüffel. Ich setze mich zur Arbeit hin und lese einen Spruch des Tao Te King, lasse die Worte in mir wirken und lade die Kräfte sowohl des äußeren wie des inneren Lebens ein, mich zu belehren.

Manche Textstellen behandeln Themen, die sich scheinbar an Staatsoberhäupter richten – doch in jedem Fall halte ich mir den Durchschnittsmenschen vor Augen. Das heißt, dass ich die Weisheit für alle suche und nicht nur für diejenigen, die sich in einer Führungsposition in Regierungen oder Unternehmen befinden. Ich mache mir ein paar Notizen und denke in den folgenden drei Tagen darüber nach, was Laotse uns vermitteln will. Ich lade das Tao ein, tagsüber bei allem, was ich tue, bei mir zu sein und dem Titel dieses Buches als Grundlage zu dienen. »Ändere deine Gedanken, Wayne«, sage ich mir, »und beobachte, wie sich dein Leben ändert.« Und mein Denken ändert sich tatsächlich.

Ich spüre, wie mich das Tao begleitet: Es ist immer da, tut nie etwas und lässt rein gar nichts ungetan. Jetzt, wo ich mit einem großen S Sehe, sieht die Welt anders aus. Die Menschen, die ich Sehe, sind göttliche Geschöpfe, die ihr eigenes Wesen nicht kennen, oder, noch erschütternder, sich aus lauter Bedürftigkeit in die Angelegenheiten anderer einmischen. Jetzt habe ich eine andere Perspektive: Ich bin friedlicher und geduldiger geworden. Immer wieder werde ich an die zyklische Natur der Welt der zehntausend Dinge erinnert und komme zu tief gehenden Einsichten, die das von mir Wahrgenommene verändern. Ich weiß, dass wir Menschen der übrigen Natur gleichen und dass Trauer, Angst, Frustration und all die anderen beunruhigenden Gefühle nicht von Dauer sind. Die Natur erzeugt keinen Sturm, der nie ein Ende hat. Mitten im Unglück verbirgt sich das Glück.

Nach den Tagen, die ich mit Nachdenken über und Anwenden der Weisheit des jeweiligen Spruches zugebracht habe, blicke ich frühmorgens in Laotses Augen auf dem Bild und frage: »Was hast du gemeint? Wie lässt sich dies hier und heute auf jeden übertragen, der vielleicht nach dieser machtvollen Lehre leben möchte?«

Was dann geschieht, ist atemberaubend, weil es einfach passiert. Aus uralter Zeit fließt durch die Atmosphäre und meinen violetten Federhalter etwas auf das Blatt Papier, was ich nur automatisches Schreiben nennen kann. Ich weiß, dass es nicht zu mir gehört. Ich weiß, dass ich es nicht berühren, spüren, sehen oder gar benennen kann, aber die Worte kommen in der Welt der zehntausend Dinge an. Ich bin dankbar, perplex, erstaunt und außer mir vor Freude. Am nächsten Tag beginnt ein weiteres viertägiges Abenteuer mit einer Weisheitslehre, die ein chinesischer Meister vor 2.500 Jahren festgehalten hat. Dabei fühle ich mich unendlich gesegnet und geehrt und bin von der tiefen Wirkung, die diese Worte auf mich ausüben, zutiefst ergriffen.

Ich habe die Vision, dass unsere Welt im 21. Jahrhundert fortan Führungspersönlichkeiten wird rekrutieren müssen, die von der Erkenntnis durchdrungen sind, wie wichtig Laotses Aussagen sind. Das Überleben der Menschheit hängt möglicherweise von unserer Einsicht ab, dass Begriffe wie »Feind« und »Krieg« verschwinden könnten, wenn wir unser Leben auf das Tao ausrichten. Regierungen werden aufhören müssen, das Leben des Einzelnen zu regeln, Einkommen zu hoch zu besteuern und sich ins Privatleben einzumischen.

Die Lehre und Wahrheit des Tao müssen jedoch von jedem Einzelnen entdeckt und umgesetzt werden. Nur so kann es Ihnen das unglaubliche Wunder Ihres eigenen Seins eröffnen – denn Sie selbst sind das Tao in Aktion. Ihr Sein kam aus dem Nichtsein und wird dorthin zurückkehren. Verwenden Sie also die Lektüre dieses Buches zur größtmöglichen Freude und zum größtmöglichen Nutzen auf Ihrem eigenen Weg. Lesen Sie jeweils einen Spruch aus dem Tao Te King und den darauffolgenden Aufsatz. Verbringen Sie danach einige Zeit damit, seinen Inhalt anzuwenden: Lassen Sie Ihr konditioniertes Denken fallen und öffnen Sie sich einem neuen Verständnis der vorgetragenen Ideen. Machen Sie sich schließlich die Sprüche zu eigen, indem Sie sie aufschreiben, auf Kassette oder CD aufnehmen, zeichnen oder ganz nach Ihrer Intuition auf andere Weise ausdrücken. Fahren Sie dann in Ihrem eigenen Rhythmus mit dem nächsten Spruch fort.

Das folgende Zitat stammt aus dem Buch 365 Tao. Heilende Meditationen für das ganze Jahr von Deng Ming-Dao, in dem ich täglich mit Freude lese. Spüren Sie beim Lesen dieses Auszuges, wie sich das Tao in Ihnen regt:

Wenn Sie viel Zeit mit Studium und Selbstvervollkommnung verbringen, so werden Sie in das Tao eintreten. Damit treten Sie auch in eine Welt außerordentlicher Wahrnehmungen ein. Sie erleben Unvorstellbares, nehmen Gedanken und Erkenntnisse wie von nirgendwo her auf, nehmen Dinge wahr, die man als Vorahnungen bezeichnen könnte. Wenn Sie aber versuchen, Ihre Erfahrungen mitzuteilen, versteht Sie niemand, und niemand glaubt Ihnen. Je weiter Sie auf diesem Weg voranschreiten, desto mehr entfernen Sie sich von den gewöhnlichen Sitten und Gebräuchen der Gesellschaft. Sie sehen zwar die Wahrheit, aber Sie werden feststellen, dass die Menschen lieber auf Politiker, Selbstdarsteller und Scharlatane hören.

Wenn man Sie als Schüler des Tao kennt, werden die Leute Sie vielleicht aufsuchen, doch selten solche, die das Tao wirklich verstehen. Es sind Menschen, die das Tao als Krücken verwenden wollen. Ihnen vom Wunderbaren zu erzählen, das Sie gesehen haben, endet meistens in nutzloser Fehlkommunikation. Deshalb heißt es, dass diejenigen, die wissen, nicht reden.

Weshalb nicht einfach schweigen? Genießen Sie das Tao, wie es Ihnen gefällt. Lassen Sie andere denken, Sie seien dumm. In Ihrem Inneren werden Sie die Freude an den Geheimnissen des Tao spüren. Wenn Sie jemandem begegnen, der aus Ihrer Erfahrung Nutzen ziehen kann, so sollten Sie sich ihm mitteilen. Wenn Sie hingegen lediglich ein Wanderer in einer Menge Fremder sind, ist es weise zu schweigen.

Die wichtigste Botschaft des Tao Te King besteht vielleicht darin, die Einfachheit dessen zu genießen, was Ihnen in diesen alten heiligen Aufzeichnungen mitgeteilt wird. Wenn Sie die darin enthaltenen Aussagen in die Praxis umsetzen, werden Sie feststellen, wie tiefgründig sie sind – und über deren Einfachheit und Natürlichkeit überrascht sein. Der Rat des alten Meisters ist so leicht umzusetzen, dass Sie nicht versuchen sollten, ihn zu verkomplizieren. Erlauben Sie sich einfach, im Einklang mit Ihrem Wesen zu bleiben, auf das Sie sich verlassen können, wenn Sie nur hinhorchen und dementsprechend handeln.

Ich hoffe, dass Sie sich freudig in Laotse und sein wunderbares Tao Te King verlieben und dass Ihr Licht und Ihre Farbe zum großen Weg beitragen werden. Ich schenke Ihnen meine Liebe und mein Engagement für eine taozentrierte Welt. Ich kann mir nichts Größeres für Sie, unsere Welt oder unser Universum vorstellen.

Wayne W. Dyer

Maui, Hawaii

(Anmerkung der Übersetzerin, des Verlags): Laotse und Tao Te King sind im Lauf der Zeit auf viele verschiedene Arten geschrieben worden. Wir benutzen die von Stephen Mitchell in Tao Te King: Eine zeitgemäße Version für westliche Leser verwendete Schreibweise.)

Vom Vogelweiß ich, dass er fliegen kann,vom Fisch, dass er schwimmen kann,von den Vierfüßern, dass sie laufen können.Die Tiere, die laufen, kann man mit dem Netz,die Tiere, die schwimmen, in der Reuse fangen;die Tiere, die fliegen, sind mit dem Pfeil zu treffen.Allein der Drache lässt ich mit Gedanken nicht fassen.Er schwingt sich auf dem Wind und den Wolken gen Himmel.Heute habe ich Lao-tzu gesehen. Er ist wie ein Drache!

(Zitiert nach Lao-tzu und der Taoismus von Max Kaltenmark, Frankfurt/M. 1981, S. 21. Dieses Zitat geht angeblich auf Konfuzius zurück, nachdem er sich bei Laotse nach den Riten am Hofe des Königs von Chou erkundigte.)

1

Das Tao, das mitgeteilt werden kann,ist nicht das ewige Tao.Der Name, der genannt werden kann,ist nicht der ewige Name.

Das Tao ist sowohl benannt wie namenlos.Das Namenlose ist der Ursprung aller Dinge,als Benanntes ist es die Mutter der zehntausend Dinge.

Stets frei von Wünschen, erkennst du klar das Geheimnis.Stets in Wünschen verstrickt, siehst du nur die Erscheinungsformen.Doch das Geheimnis selbst ist das Torzu allem Verstehen.

Das Geheimnis

Im ersten Spruch des Tao Te King sagt uns Laotse, das Tao sei »sowohl benannt wie namenlos«. Das klingt für den westlichen Verstand paradox – und ist es auch! Paradoxes Denken ist in östlichen Vorstellungen verwurzelt, so gibt es zum Beispiel Yin und Yang oder weiblich und männlich. Dort werden Dinge problemlos als sowohl dies als auch das beschrieben. Im Westen hingegen begreifen wir Gegensätze eher als miteinander unvereinbar und widersprüchlich. Das Tao Te King jedoch fordert dazu auf, unsere eingefahrenen Denkweisen zu ändern und zu beobachten, wie sich unser Leben infolgedessen verändert.

Das Tao ist ein unbegreiflicher, unsichtbarer Bereich, in dem alles seinen Ursprung nimmt. Gleichzeitig steckt das Tao unsichtbar in allem. Wenn wir die Unsichtbarkeit (das Geheimnis) sehen wollen, versuchen wir, es in Begriffen der äußeren Formenwelt zu definieren, die Laotse »die zehntausend Dinge« nennt. Sein Rat lautet: Erst das Geheimnis nicht mehr sehen zu wollen, lässt es uns sehen. Oder wie ich es gern betrachte: »Lass los und lass Gott gewähren.« Wie aber können wir das? Eine Möglichkeit wäre, uns mehr paradoxes Denken zu erlauben und uns darin zu üben, indem wir erkennen, dass wünschen (wollen) und wunschlos sein (zulassen) verschieden und gleich sind – etwa so wie die rätselhaften Enden eines Kontinuums.

Wünschen drückt sich durch das Schaffen physischer Bedingungen aus, unter denen wir aufnahmefähig sind, das heißt, es ist die materielle Vorbereitung zum Empfangen. Laotse zufolge offenbart der Wunsch, das Geheimnis des Tao kennen lernen oder sehen zu wollen, Hinweise auf dessen Existenz in einer Vielfalt von Erscheinungsformen, das Geheimnis selbst jedoch nicht. Doch dies ist keine Sackgasse! Auf dem Boden des Wünschens wächst die Blüte des geheimnisvollen Tao. Es ist, als verwandle sich Wollen in müheloses Zulassen. Wünschen hilft, Erscheinungsformen wahrzunehmen. Wunschlos sein hilft, das Geheimnis selbst zu sehen.

Wenn wir uns darauf einstimmen, was uns Laotse sagt, wird bald klar, dass die Welt reichlich Beispiele für dieses Paradox liefert. Denken Sie an Gartenarbeit und den Wunsch nach köstlichen selbstgezogenen Tomaten oder Narzissen. Schließlich muss man sie wachsen lassen. Denken Sie nun an etwas im Leben, bei dem es um Wünschen geht und inwiefern es sich von Zulassen unterscheidet: Zum Beispiel einschlafen wollen statt einschlafen. Eine Diät machen wollen statt sie durchführen. Lieben wollen statt lieben. In Bezug auf das Tao bedeutet wunschlos sein vertrauen, erlauben und zulassen. Der Wunsch ist sowohl Anfang als auch Nährboden des Wunschlos-Seins, Wollen jedoch ist auch der Anfang und Nährboden des Zulassens. Sie sind gleich und verschieden.

Achten Sie auf Momente, in denen Sie körperlich spüren, wo Sie sich auf dem Kontinuum zwischen Wünschen und Zulassen (oder Versuchen und Tun) befinden. Versuchen, Klavier zu spielen, Auto zu fahren oder Rad zu fahren ist dasselbe – und anders – wie tatsächlich Klavierspielen, Autofahren und Fahrradfahren. Hat man diese Tätigkeiten in der Außenwelt erst einmal gewünscht und gelernt, kommt die Zeit, in der man sie geschehen lassen muss. Hier geht es darum, erst den Unterschied zwischen Versuchen und Zulassen körperlich zu spüren und dann die Mühelosigkeit des Zulassens bewusst wahrzunehmen. Die Übung führt zudem zu einem größeren Gewahrsein des unsichtbaren Geheimnisses und der zehntausend Dinge – der sichtbaren Erscheinungen der Welt.

Die zehntausend Dinge, die Laotse nennt, stellen die kategorisierten, klassifizierten und wissenschaftlich benannten irdischen Objekte dar, mit deren Hilfe wir miteinander kommunizieren und festlegen, worüber wir sprechen und denken. Doch trotz aller technologischer Fachkenntnisse und wissenschaftlicher Kategorisierungen können wir in Wirklichkeit kein menschliches Auge, keine menschliche Leber und nicht einmal ein Weizenkorn erschaffen. Das alles – mit allem Übrigen, aus dem die bekannte oder benannte Welt besteht – geht aus dem Geheimnis hervor: dem ewigen Tao. Ebenso wie die Welt nicht identisch ist mit ihren benannten Bestandteilen, sind wir nicht ausschließlich Haut, Knochen und Bäche von Flüssigkeiten, aus denen wir körperlich bestehen. Auch wir sind das ewige Tao, das unsere Zunge unsichtbar zum Sprechen, die Ohren zum Hören und die Augen dazu animiert, die Erscheinungsformen und das Geheimnis zu sehen und zu erleben. Die Art, wie man das Tao übt, besteht letztlich darin, das namenlose Geheimnis bewusst zuzulassen.

Bedeutet dies, dass man sich Leiden aussetzen soll? Natürlich nicht. Bedeutet dies, in dem Moment, in dem Sie ausgeraubt oder misshandelt werden, auf das Geheimnis zu vertrauen? Wahrscheinlich nicht. Bedeutet dies, nie etwas ändern zu wollen? Nein. Es bedeutet hingegen sehr wohl zu üben, im Geheimnis zu verweilen und zuzulassen, dass es ungehindert durch Sie hindurchfließt. Es bedeutet, das Paradox zuzulassen, gleichzeitig in der Form zu sein und zuzulassen, dass sich das Geheimnis offenbart.

Leben Sie das Tao. Suchen Sie sich Ihre eigene Art, im Geheimnis zu leben. Wie Laotse im ersten Spruch sagt: »Das Geheimnis selbst ist das Tor zu allem Verstehen.«

Hier mein Rat, um diesen Abschnitt in eine tägliche Übung im 21. Jahrhundert zu übertragen:

Erstens und vor allem: genießen Sie das Geheimnis!

Lassen Sie die Welt sich entfalten, ohne immer alles verstehen zu müssen. Lassen Sie beispielsweise Beziehungen einfach sein, da sich alles nach göttlicher Ordnung ausbreitet. Versuchen Sie nicht so verbissen, etwas zum Erfolg zu führen – lassen Sie es einfach zu. Bemühen Sie sich nicht ständig, Ihren Gefährten, Ihre Kinder, Ihre Eltern, Ihren Chef oder wen auch immer zu verstehen, denn das Tao ist jederzeit am Werk. Zerschlagen sich Erwartungen, so üben Sie, die Dinge sein zu lassen, wie sie sind. Entspannen Sie sich, lassen Sie los, lassen Sie zu und anerkennen Sie, dass es bei einigen Ihrer Wünsche um die Vorstellung geht, wie Ihre Welt sein sollte, nicht wie sie im Augenblick ist. Werden Sie ein scharfer Beobachter. Beurteilen Sie weniger und hören Sie mehr zu. Nehmen Sie sich Zeit, sich innerlich dem faszinierenden Geheimnis und der Ungewissheit aufzuschließen, die wir alle erleben.

Üben Sie, nicht mehr alles benennen und bezeichnen zu müssen.

Benennen haben die meisten in der Schule gelernt. Das haben wir eifrig getan, um die Dinge korrekt zu definieren und so genannte »gute Noten« zu bekommen. In den meisten Schulen wurde darauf bestanden, alles zu bestimmen. Das hat Schulabgänger mit Anhängeschildchen aus uns gemacht, auf denen Kenntnisse nach bestimmten Kategorien festgelegt waren. Dabei wissen wir, ohne dass jemand es uns zu sagen braucht, dass es keinen Titel oder akademischen Grad und kein spezifisches Etikett gibt, das uns wirklich definieren könnte. Ebenso wie Wasser nicht das Wort Wasser – oder agua, water oder H2O – ist, ist nichts im Weltall identisch mit seiner Benennung. Trotz endloser Kategorisierungen lässt sich kein Tier, keine Blume, kein Mineral und kein Mensch wirklich beschreiben. Ebenso sagt uns das Tao: »Der Name, der genannt werden kann, ist nicht der ewige Name.« Wir sollten uns in der Herrlichkeit des Gesehenen und Empfundenen sonnen, statt uns stets alles merken und es einordnen zu wollen.

Leben Sie das Tao – jetzt

Registrieren Sie heute bewusst etwas, was Sie an jemandem oder in einer Situation ärgert oder irritiert. Beschließen Sie, genau in diesem Moment das Tao zu leben (bzw. den Weg zu üben), indem Sie sich neugierig nach innen wenden, um herauszufinden, wo Sie auf dem Kontinuum zwischen Wünschen und Zulassen stehen. Lassen Sie das Paradox zu: zu wünschen, das Irritierende solle verschwinden, und es sein zu lassen, was es ist. Suchen Sie es in Ihren Gedanken und erlauben Sie sich, es zu spüren, wo immer es sich befindet und wie es sich in ihrem Körper bewegt.

Konzentrieren Sie sich ganz darauf, offen zu sein und lassen Sie zu, dass die Toleranz sich mit dem Geheimnis in Ihrem Inneren anfreundet. Nehmen Sie wahr, wie sich das Gefühl äußert: Vielleicht verknotet sich Ihr Magen, versteift sich Ihre Haltung, fängt Ihr Herz zu schlagen an oder schnürt sich Ihnen die Kehle zu. Egal, wo es sich befindet, lassen Sie es als rätselhaften Botschafter in sich zu und schenken Sie ihm Ihre Aufmerksamkeit, ohne zu urteilen. Registrieren Sie den Wunsch, das Gefühl möge verschwinden, und erlauben Sie sich, es mitfühlend zu beobachten. Nehmen Sie alles an, was kommt. Begegnen Sie dem Geheimnis im Inneren, ohne es zu etikettieren, zu erklären oder zu verteidigen. Am Anfang ist die Unterscheidung subtil, und Sie müssen die Verantwortung dafür selbst übernehmen. Nur Sie können den Boden Ihres Seins dafür bereiten, das Geheimnis zu leben.

2

Unter dem Himmel sehen alle Schönheit nur deshalb als schön,weil es Hässliches gibt.Alle erkennen Gutes nur deshalb als gut, weil es Böses gibt.

Sein und Nichtsein erzeugen einander.Das Schwierige entsteht aus dem Leichten.Lang und kurz bestimmen einander wie hoch und niedrig.Vorher und nachher folgen einander.Daher lebt der Weise offen mit scheinbarer Dualitätund paradoxer Einheit.Der Weise handelt ohne Müheund lehrt ohne Worte.Pflegt Dinge, ohne sie zu besitzen,arbeitet, doch nicht gegen Lohn,wetteifert, doch nicht für ein Ergebnis.

Wenn das Werk getan ist, ist es vergessen.Daher währt es ewig.

Die paradoxe Einheit

Die Vorstellung, etwas oder jemand sei schön, beruht auf einem Glaubenssystem, das Dualität und Urteile fördert. Dieses Denken herrscht generell bei den meisten Menschen unserer Zivilisation vor und ist in der Gesellschaft sogar von einigem Wert. Ich möchte Ihnen empfehlen, die Vorstellung einer paradoxen Einheit im zweiten Spruch des Tao Te King zu erforschen. Wenn Sie Ihre Gedanken ändern, ändert sich Ihr Leben, und Sie erleben tatsächlich die Glückseligkeit der Einheit.

Ist Ihnen je aufgefallen, dass Schönheit von etwas abhängt, das man als hässlich bezeichnet? Daher erzeugt die Idee der Schönheit die Idee des Hässlichen und umgekehrt. Bedenken Sie nur, wie viele Vorstellungen im »Glaubenssystem der Dualität« von Gegensätzen abhängen: Jemand kann nicht groß sein ohne ein Glaubenssystem, das klein beinhaltet. Es gäbe keine Vorstellung des Lebens ohne die des Todes. Der Tag ist das Gegenteil der Nacht, männlich der Gegenpol von weiblich.

Was wäre, wenn Sie stattdessen alles als Bestandteil der Vollkommenheit der Einheit sähen (oder als flüchtigen Blick darauf)? Ich glaube, das hat Laotse gemeint, als er den Weisen als jemanden beschrieb, der »offen mit scheinbarer Dualität und paradoxer Einheit« lebt. Stellen Sie sich vor: Das vollkommene Einssein existiert gleichzeitig in der scheinbaren Dualität, in der Gegensätze lediglich Urteile sind, die der menschliche Verstand in der Welt der zehntausend Dinge fällt. Bestimmt hält sich die Osterglocke nicht für hübscher oder hässlicher als das Gänseblümchen, und Adler und Maus haben kein Gefühl für die Gegensätze, die wir Leben und Tod nennen. Die Natur kennt weder Hässlichkeit noch Schönheit; sie ist einfach – im Einklang mit dem ewigen Tao.

Indem der Weise offen mit scheinbarer Dualität lebt, bringt er den Ursprung mit der Erscheinungsform im Einklang, ohne sich eine Meinung zu bilden. Laotse lädt seine Leser ein, ohne Beurteilung in vollkommenem Einssein zu leben. Er fordert uns dazu auf, die wahrgenommenen Gegensätze weise miteinander zu vereinen und ein Leben in der Vereinigung zu führen. Die Vollkommenheit des Tao liegt darin, scheinbare Dualität zuzulassen und gleichzeitig die Einheit – die Realität – zu sehen. Leben und Tod sind identisch. Tugend und Sünde sind Urteile, die aufeinander angewiesen sind, um einander zu definieren. Dies sind die Paradoxien eines Lebens in der Vereinigung; das bedeutet im ewigen Tao leben. Sind die Zweiteilungen der Gegensatzpaare erst einmal überwunden oder zumindest als das erkannt, was sie sind, fließen sie ins Leben hinein und wieder hinaus wie die Gezeiten.

Üben Sie, jeden Moment Ihres Lebens ein lebendiges, atmendes Paradox zu sein. Der Körper hat physische Grenzen – er beginnt und endet und besteht aus Materie. Er enthält jedoch noch etwas, das sich über Grenzen hinwegsetzt, aus keinem Stoff besteht sowie ewig und formlos ist. Sie sind gleichzeitig das Tao und die zehntausend Dinge. Lassen Sie die einander widersprechenden, gegensätzlichen Vorstellungen gleichzeitig in sich zu. Gestatten Sie sich, gegensätzliche Gedanken zu hegen, ohne dass diese einander aufheben. Glauben Sie fest an Ihren freien Willen und Ihre Fähigkeit, einen Einfluss auf Ihre Umgebung auszuüben, und geben Sie sich gleichzeitig Ihrer inneren Energie hin. Erkennen Sie, dass Gut und Böse zwei Seiten von etwas Verbundenem sind. Anders ausgedrückt: Akzeptieren Sie die Dualität der materiellen Welt und bleiben Sie trotzdem stets in Kontakt mit der Einheit des ewigen Tao. Die lähmende Notwendigkeit, Recht haben und andere ins Unrecht setzen zu wollen, wird nachlassen.

Ich glaube, Laotse würde das Tao Te King mit folgendem Vorschlag auf die heutige Welt anwenden:

Führen Sie ein Leben in der Vereinigung.

Betreten Sie die Welt des Einsseins, indem Sie sich der Neigung bewusst sind, alles als gut oder schlecht, richtig oder falsch klassifizieren zu wollen. Schön oder hässlich sind Maßstäbe der materiellen Welt, nicht des Tao. Befassen Sie sich mit der Einsicht, dass Dualität ein intellektuelles Spiel ist. Mit anderen Worten: Die Menschen sehen aus, wie sie aussehen, Punkt. Kritik ist weder immer nötig noch hilfreich. Nehmen Sie wahr, wie sich das Tao in jedem, auch in Ihnen, entfaltet, und seien Sie in Frieden mit dem, was Sie sehen.

Seien Sie ein gutes Tier und bewegen Sie sich frei, ohne sich mit Gedanken darüber zu belasten, wo Sie sein und wie Sie handeln sollten. Stellen Sie sich zum Beispiel vor, Sie seien ein Otter, der einfach sein »Ottersein« lebt. Sie sind weder gut noch schlecht, weder schön noch hässlich, weder arbeiten Sie hart noch sind Sie lustlos – Sie sind einfach ein Otter, der sich frei, friedlich, spielerisch und ohne zu urteilen im Wasser oder zu Land fortbewegt. Wenn es Zeit ist, Ihren Körper zu verlassen, tun Sie es einfach und beanspruchen Sie wieder Ihren Platz im reinen Geheimnis des Einsseins. Das meinte Laotse, als er sagte: »Wenn das Werk getan ist, ist es vergessen. Daher währt es ewig.«

Um es anders zu formulieren: Sie brauchen Ihren Körper nicht zu verlassen, um Ewigkeit zu erfahren. Es ist möglich, Ihr ewiges Selbst sogar im verkörperten Zustand zu erkennen. Akzeptieren Sie Dualität und auftretende Urteile als Teil der vollkommenen Einheit. Wo andere Zweiteilungen schaffen, können Sie das Einssein stets erkennen, wenn Sie das Tao üben.

Erreichen Sie viel, indem Sie sich weniger bemühen.

Anstrengung ist ein Teil des Ganzen, Nicht-Anstrengung ein anderer Teil. Heben Sie diese Zweiteilung auf, und das Ergebnis ist müheloses Handeln, ohne am Ergebnis zu hängen. Genauso tanzen Sie mit jemandem: Sie versuchen es, nehmen eine bestimmte Haltung ein, hören auf die Musik und vergessen gleichzeitig alles. Dann bewegen Sie sich leichtfüßig mit Ihrem Partner. Verbinden Sie die so genannten Gegensätze zur Einheit, in der Sie urteilslos und angstfrei sind. Handeln als »eine schöne Anstrengung« zu bezeichnen besagt implizit, ein angestrengter Versuch sei besser als gar kein Versuch. Doch der Versuch existiert nur wegen der Vorstellung des Nichtversuchens. Der Versuch, Müll aufzuheben, ist eben nicht Müll aufheben. Wenn Sie ihn aufgehoben haben, sind Versuchen oder Nichtversuchen irrelevant.

Machen Sie sich klar, dass Sie ohne das implizite Urteil handeln können, das in Worten wie Anstrengung und versuchen steckt. Sie können wetteifern, ohne sich auf das Ergebnis zu konzentrieren. Gegensätze auszuräumen vereint sie paradoxerweise. Dann wird es unnötig, sich für die eine oder andere Position zu entscheiden. Ich stelle mir vor, dass Laotse den zweiten Spruch des Tao Te King in heutiger Sprache in den einfachen Satz fassen würde: Seien Sie einfach.

Leben Sie das Tao – jetzt

Üben Sie heute Tao, indem Sie eine Gelegenheit beim Schopf ergreifen, in der Sie sich verteidigen oder rechtfertigen möchten und sich dann entscheiden, es nicht zu tun. Gehen Sie stattdessen nach innen und spüren Sie, wie sich das Missverständnis im ganzen Körper anfühlt. Bleiben Sie einfach bei dem, was ist, statt sich mit Erklärungen und Rechtfertigungen – dem Weg der Außenwelt – Erleichterung verschaffen zu wollen. Verfangen Sie sich nicht in der scheinbaren Dualität, Recht zu haben oder im Unrecht zu sein. Beglückwünschen Sie sich zu der Entscheidung, in der paradoxen Einheit zu weilen, in einem Einssein, in dem das ganze Spektrum einfach ist. Würdigen Sie die Gelegenheit still für sich wie auch Ihre Bereitschaft, Weisheit zu üben!

3

Wird Stellung Wert beigemessen,entsteht Streitsucht.Steht Besitz zu hoch im Kurs,beginnen die Menschen zu stehlen.Begehrenswertes nicht zeigen, so macht man,dass des Volkes Herz nicht wirr wird.

Der Weise herrscht also:Er leert Geist und Herz,er schwächt den Ehrgeiz und stärkt die Knochen.

Übe dich im Nichttun.Ist das Handeln rein und selbstlos,findet alles seinen vollkommenen Platz.

Zufriedenheit

Im dritten Spruch des Tao Te King wird geraten, Prioritäten neu zu ordnen und damit Zufriedenheit zu erzielen. Konzentrieren wir uns darauf, mehr begehrenswerte Objekte zu erlangen, so haben äußere Faktoren die Kontrolle über uns. Einen finanziellen Status oder eine Machtstellung anzustreben verblendet, und wir vergessen unsere Beziehung zum ewigen Tao und das uns zugängliche zufriedene Leben. Besitz und Fähigkeiten zu überschätzen ist ein Ergebnis der Fixierung unseres Ego darauf, mehr zu bekommen – mehr Reichtum, mehr Güter, mehr Status, mehr Macht und Ähnliches. Das Tao empfiehlt, von einer so unzufriedenen Lebensweise abzulassen, die zu Diebstahl, Streitsucht und Verwirrung führt. Statt mehr anzustreben, werden wir durch die Übung der Dankbarkeit vom Tao zu einem zufriedenen Leben geführt. Wir sollten eigene Wünsche durch die taozentrierte Frage ersetzen: »Wie kann ich dienen?« Durch die einfache Änderung der Gedanken stellen wir allmählich größere Veränderungen im eigenen Leben fest.

Der Rat, »Nichttun« zu üben und darauf zu vertrauen, dass alles seinen vollkommenen Platz findet, mag so klingen, als wolle uns der Autor Faulheit und eine gescheiterte Gesellschaft verschreiben. Ich glaube aber nicht, dass Laotse hier so etwas meint. Er sagt nicht, man solle träge oder tatenlos sein. Er rät vielmehr, auf das Tao zu vertrauen. Dies sei der Weg, um vom Ursprung unserer Erschaffung gelenkt und von einem höheren Prinzip als unseren ego-getriebenen Wünschen geführt zu werden.

Ego-fixierte Bedürfnisse stellen sich der göttlichen Essenz in den Weg. Üben Sie daher, das Ego aus dem Weg zu räumen, und lassen Sie sich in all Ihrem Tun vom Tao lenken. Sind Sie in heller Aufregung? Vertrauen Sie auf das Tao. Hören Sie auf das, was Sie vorwärtsdrängt, ohne sich vom Ego beherrschen zu lassen, dann werden Sie paradoxerweise produktiver. Lassen Sie Ihr Inneres ans Licht treten, indem Sie sich von Ihrer weltlichen Entschlossenheit lösen. So werden nicht nur Sie die Komposition dirigieren, die Sie Ihr Leben nennen.

Der dritte Spruch enthält hauptsächlich Ratschläge, wie man regiert. Ich verstehe das aber nicht als politischen oder administrativen Rat, sondern als einen Rat, der sich auf unser eigenes Leben bezieht und auf jene, die unserer Führung anvertraut sind. Damit sind vor allem unsere Angehörigen gemeint und im weiteren Sinn die Menschheitsfamilie, zu der alle gehören, mit denen wir täglichen Kontakt haben.

Empfehlen Sie Ihren Verwandten, nicht mehr über Status und das Erreichte nachzudenken, sondern daran zu denken, anderen zu dienen und zur Gesundheit und Kraft aller beizutragen. Seien Sie ein Vorbild für diese harmonische Lebenshaltung. Schließlich ist jeder dazu berufen, inspiriert zu werden. Der Ursprung der Schöpfung hat kein Interesse an materiellem Besitz oder Status. Er wird das Nötige bereitstellen. Er wird Sie und alle anderen lenken, motivieren und beeinflussen. Das Ego (und sein unablässiges Wunschinventar) muss wahrscheinlich schwächer werden, damit die Schönheit des Tao empfunden wird. Demonstrieren Sie dies anderen gegenüber, indem Sie als Führungspersönlichkeit selbstsüchtige Versuchungen aus dem Weg räumen, die Neid, Ärger und Wettstreit fördern.

Könnte Laotse die heutige Welt aus der Perspektive der Zeit vor 2.500 Jahren betrachten, so scheint mir, er würde uns aufgrund seines dritten Spruches im Tao Te King folgenden Rat geben:

Erinnere dich täglich daran, dass es keinen Weg zum Glück gibt, sondern Glückistder Weg.

Vielleicht haben Sie eine lange Liste von Wünschen, die Ihnen in Ihren Augen Zufriedenheit bescheren sollen, wenn sie erfüllt sind. Wenn Sie jedoch überlegen, wie es im Augenblick um Ihr Glück steht, werden Sie feststellen, dass die Erfüllung einiger früherer Ambitionen Ihnen keine anhaltende Freude beschert hat. Wünsche erzeugen oft Angst, Stress und Wettbewerbsgeist, und Sie sollten diejenigen Wünsche identifizieren, die dies tun. Tragen Sie Glück in jede Begegnung Ihres Lebens, statt zu erwarten, dass äußere Ereignisse Freude bringen. Wenn Sie harmonisch auf dem Weg des Tao bleiben, wird alle Zufriedenheit, die Sie sich je erträumt haben, in Ihr Leben strömen. Die richtigen Menschen, die Mittel zum Finanzieren Ihrer Ziele und die nötigen Faktoren werden zusammenkommen. Laotse würde etwa sagen: »Hören Sie auf, sich zu forcieren, seien Sie dankbar und haben Sie Ehrfurcht vor dem, was ist. Ihr Leben wird von etwas viel Größerem und Bedeutsamerem beherrscht als den unbedeutenden Details Ihrer hochtrabenden Ansprüche.

Vertrauen Sie auf die Vollkommenheit des ewigen Tao, denn es ist schließlich der Ursprung der zehntausend Dinge.

Das Tao arbeitet für Sie und mit Ihnen. Sie brauchen es somit nicht daran zu erinnern, wonach Sie sich sehnen oder was es Ihrer Meinung nach vergessen hat, für Sie zu tun. Vertrauen Sie auf die Harmonie des Tao. Es hat ohne Ihr Zutun bei Ihrer Erschaffung für alles gesorgt, was Sie brauchten, genau wie in den ersten neun Monaten Ihres Lebens, und das ungeachtet aller etwaigen Wünsche Ihrerseits. Das Tao wird dies weiterhin tun, wenn Sie ihm nur vertrauen und Nichttun üben.

Stellen Sie eine Liste Ihrer Wünsche auf und übergeben Sie diese dem Unnennbaren. Überlassen Sie sie diesem einfach und tun Sie nichts weiter, als zu vertrauen. Hören Sie dabei genau hin und halten Sie Ausschau nach Führung. Verbinden Sie sich dann mit der vollkommenen Energie, die alles Nötige in Ihr Leben eintreten lässt. Sie (das heißt, Ihr Ego) brauchen gar nichts zu tun. Erlauben Sie vielmehr der ewigen Vollkommenheit des Tao, durch Sie zu wirken. Dies ist Laotses Botschaft für die heutige Welt.

Henry David Thoreau machte Mitte des 19. Jahrhunderts am Teich Walden folgende Beobachtung, die in meinen Augen den dritten Spruch des Tao Te King sehr schön wiedergibt:

Lasst uns unseren Tag mit so viel Überlegung verleben wie die Natur und uns nicht von jeder Nussschale, jedem Moskitoflügel, der auf unseren Pfad fällt, davon abbringen (…) Wenn die Dampfpfeife geht, lass sie pfeifen, bis sie heiser wird. Wenn die Glocken läuten, was sollten wir da laufen? (…) Das habe ich immer bedauert, dass ich nicht so klug bin wie der Tag, der mich geboren.

Vertrauen Sie auf Ihre weise Essenz. Lassen Sie Ihre ewige Verbindung mit dem Tao nicht durch Wünsche verschleiern.

Leben Sie das Tao – jetzt

Achten Sie heute auf eine Gelegenheit, bei der Sie merken, dass Sie etwas kaufen wollen. Beschließen Sie dem Tao zu folgen, und hören Sie auf Führung. Seien Sie dankbar, dass Sie überhaupt einkaufen können, und dann üben Sie, auf sich zu hören und nichts zu tun. Das Tao wird Ihnen in diesem Moment über Ihr Gefühl den Weg offenbaren. Vertrauen Sie darauf. Vielleicht fühlen Sie sich angeleitet, den Gegenstand zu kaufen und dankbar zu genießen, ihn zu verschenken, einen für Sie und einen für jemand anderen zu besorgen, das Geld statt einzukaufen einer Wohltätigkeitsinstitution zu spenden oder den Kauf bleiben zu lassen.

Üben Sie das Tao in Alltagssituationen, dann lernen Sie Zufriedenheit in tieferem Sinne kennen. Wie es in diesem Spruch heißt: »Ist das Handeln rein und selbstlos, findet alles seinen vollkommenen Platz.« So definiere ich Zufriedenheit.

4

Das Tao ist leer,doch unerschöpflich,bodenlos,der Ahne von allem.

In ihm werden scharfe Kanten rund,verschlungene Knoten lösen sich,die Sonne wird weicher durch eine Wolke,der Staub setzt sich.

Es ist verborgen, doch immer da.Ich weiß nicht, wer es gebar.Es scheint der gemeinsame Ahne von allem zu sein, der Vater der Dinge.

Unendlichkeit

Das Tao ist der Ursprung allen Lebens und dennoch leer und grenzenlos. Man kann es weder einengen, quantifizieren noch messen. Die Leben spendende Energie der Schöpfung liefert eine tiefe Quelle der Freude, die jederzeit zugänglich ist. Wenn Sie mit der Perspektive der Unendlichkeit leben, geben Sie die Vorstellung auf, der physische Körper, in dem Sie von der Geburt zum Tode schreiten, sei Ihre einzige Identität. Insgesamt sind Sie ein unendliches Wesen, das in der Welt der »scharfen Kanten« und »verschlungenen Knoten«, wie es in diesem Spruch heißt, als Person verkleidet sein Dasein führt. Damit und mit Ihrer Umgebung stets verschmolzen ist die unsichtbare Leben spendende Kraft des Tao. Sie ist unerschöpflich. Sie ist unergründlich. Sie kann nicht aufgebraucht werden.

Der vierte Spruch des Tao lädt Sie zum Überdenken Ihrer Vorstellungen darüber ein, was Sie sind. Er besagt offenbar, ein Gewahrsein des unendlichen Aspekts in sich zu pflegen sei der Weg, die grenzenlose Quelle kreativer Energie anzuzapfen, die Sie durchströmt. Sie möchten zum Beispiel weniger begünstigten Menschen helfen, ihr Alltagsdasein zu verbessern, glauben aber aufgrund dessen, wer Sie sind und was Sie im Moment tun, Sie hätten weder Zeit noch Energie dafür. Wenn Sie sich nicht mehr so stark an die Vorstellung über das, was Sie sind, was Sie zur Zeit tun oder wie Sie gerade leben klammern und die grenzenlose, kreative Energie, die zu Ihnen gehört, kennen lernen wollen, so wird sich die nötige Zeit und Energie dafür finden.

Wenn Sie sich vorstellen, wie Sie anderen helfen, vom unendlichen Aspekt in Ihnen selbst gelenkt, so entstehen ein Verhalten und Tun, das Ihre Vision mittels des »gemeinsamen Ahnen« Tao ergänzt. Am Ende werden Sie das absolute Wissen entwickeln, dass jede Hilfe, die Sie brauchen, genau hier und gerade jetzt da ist, vor, hinter, über und unter Ihnen. Sie ist leer und dennoch ganz da. Sie ist, wie Laotse Ihnen sagt: »unerschöpflich, bodenlos, der Ahne von allem.«

Sich der Allgegenwart des Tao bewusst zu sein bedeutet, dass keine Gedanken über Knappheit oder Mangel vorherrschen. Glaubenssätze wie: »Das kann unmöglich eintreten«, »das ist nicht mein Schicksal« oder »bei meinem Glück renken sich die Dinge nie ein« tauchen nicht mehr auf. Vielmehr erwarten Sie jetzt, dass alles, was Sie sich für sich selbst vorstellen, nicht nur unterwegs ist – es ist schon da! Dieses neue Selbstbild, bedingt durch die unterstützende Gegenwart des unsichtbaren Tao, erhebt Sie zu einem inspirierten Leben – das heißt, zu einem »vergeistigten« Leben oder einem Leben in ununterbrochenem Kontakt mit dem Tao. Wenn Sie in der Unendlichkeit leben, ist der Lohn ein friedvolles Gefühl der Freude, weil Sie wissen, dass alles in Ordnung ist.

Ich stelle mir vor, dass Laotses überlieferte Worte in unserer modernen Welt Folgendes bedeuten:

Betrachten Sie alle scheinbaren Probleme aus der Sicht des ewigen Tao.

Wenn Sie glauben, Wohlstand sei knapp, so zeigt dies die Notwendigkeit, dass wir dem unerschöpflichen Ursprung, dem Tao, gemäß zu denken lernen. Wie alles andere auf der Welt ist Geld in unbegrenzter Menge verfügbar. Erkennen Sie dies und verbinden Sie sich mit dem unerschöpflichen Vorrat. Tun Sie es zuerst in Gedanken und sagen Sie sich: »Alles, was ich jetzt brauche, ist da.« Wohlstandsgedanken sind energetische Anweisungen, mit Ihrem unendlichen Selbst Kontakt aufzunehmen, damit daraus Taten werden.

Wenden Sie denselben Ansatz – im Einklang mit dem Tao zu bleiben – auf alle Probleme an, denn es existiert ein allumfassender Vorrat an Wohlbefinden, mit dem man sich verbinden kann. Bleiben Sie also verbunden mit dem Tao, statt Energie in Krankheit und vermeintliches Unglück zu investieren. Bleiben Sie verbunden mit dem, was nie aufgebraucht werden kann. Bleiben Sie verbunden mit dem, was der Vater aller Dinge und der schöpferische Ursprung von allem ist. Es wird mit Ihnen und für Sie arbeiten, wenn Sie sich zuerst gedanklich damit befassen, es dann erfühlen und schließlich danach handeln.

Beobachten Sie aus dem Blickwinkel der Unendlichkeit.

Wenn man Sorgen als Zeichen der Veränderung erkennt, gehen sie vorbei und gehören einfach zur Welt des Veränderlichen. Wenn Sie Ihr Leben aus dem Blickwinkel der Unendlichkeit beobachten, lösen sich Sorgen, Ängste und Kämpfe in der ewigen Vereinigung von allem auf. Stellen Sie sich vor, wie wichtig die Dinge, um derentwillen Sie jetzt niedergedrückt sind, aus zeitloser Perspektive in hundert, tausend, einer Million oder mehr Jahren noch sein werden. Erinnern Sie sich, dass Sie wie das unendliche Tao, aus dem Sie hervorgegangen sind, ein Bestandteil der ewigen Realität sind.

Ordnen Sie Ihre Gedanken neu und üben Sie, auf das Tao ausgerichtet zu denken. Mit Hilfe des ewigen Tao glätten sich alle scharfen Kanten des Lebens, die Knoten lösen sich und der Staub setzt sich. Versuchen Sie es!

Leben Sie das Tao – jetzt

Bleiben Sie heute in einer beliebigen Situation still, statt verbal zu reagieren, und achten Sie auf Ihre Gedanken. Beschließen Sie beispielsweise bei einem geselligen Beisammensein oder in einer geschäftlichen Besprechung, die Leere zu suchen, die sich in der Stille findet, um sich Ihres unendlichen Selbst bewusst zu werden. Bitten Sie dieses, Sie wissen zu lassen, wann und ob Sie antworten sollen. Wenn Sie merken, wie Ihr weltliches Ego deutet oder urteilt, so beobachten Sie es einfach, ohne es zu kritisieren oder zu verändern. Es werden Ihnen immer mehr Situationen auffallen, in denen nicht zu reagieren sich friedlich und freudig anfühlt. Verweilen Sie stattdessen einfach in der verborgenen, jedoch stets gegenwärtigen Unendlichkeit.

Vielleicht schreiben Sie sich den folgenden Rat meines Lehrers Nisargadatta Maharaj ab und hängen ihn gut sichtbar auf, damit Sie ihn jeden Tag lesen können:

Weisheit heißt erkennen, dass ich nichts bin,Liebe heißt erkennen, dass ich alles bin,und zwischen den beiden bewegt sich mein Leben.

Versuchen Sie unterdes im Leben der Liebe möglichst nahe zu bleiben.

5

Himmel und Erde sind unvoreingenommen.Sie sehen die zehntausend Dinge als Strohhunde.Der Weise ist nicht sentimental,er behandelt sein ganzes Volk wie Strohhunde.

Der Weise ist wie Himmel und Erde:ihm ist keiner besonders lieb,noch missbilligt er jemanden.Er gibt und gibt bedingungslosund bietet seine Schätze allen an.

Zwischen Himmel und Erdeist ein Raum wie ein Blasebalg,leer und unerschöpflich,je mehr er genutzt wird, desto mehr bringt er hervor.

Halte am Mittelpunkt fest.Der Mensch wurde gemacht, still dazusitzen unddie Wahrheit im Innern zu finden.

Unvoreingenommenheit

Das Tao unterscheidet nicht – Punkt! Wie Himmel und Erde ist es unvoreingenommen. Das Tao ist der Ursprung aller Dinge, der große unsichtbare Versorger. Es bevorzugt nicht, indem es einigen Energie spendet und sie anderen vorenthält. Vielmehr kommen die lebenserhaltenden Grundkomponenten Luft, Sonnenschein, Atmosphäre und Regen allen auf Erden zugute. Wenn wir uns dafür entscheiden, unser inneres und äußeres Bewusstsein mit dieser mächtigen Eigenschaft des Tao im Einklang zu bringen, können wir unser wahres Selbst verwirklichen. Das wahre Selbst ist unser unsentimentaler weiser Aspekt, der mit dem Tao im Einklang lebt. Dieser Aspekt sieht das Leben in der einen Form nicht als verdienstvoller an als in einer anderen und weigert sich, irgendjemanden zu begünstigen. Oder, um mit Laotse zu sprechen: »Er behandelt sein ganzes Volk wie Strohhunde.«

Laotse verwendet diesen Begriff, um zu beschreiben, wie das Tao (und die Erleuchteten) mit den zehntausend Dingen umgeht, aus denen die Welt der Erscheinungen besteht. Stephen Mitchell erklärt in seiner Übersetzung des Tao Te King, dass »Strohhunde Ritualobjekte« waren, »die vor der Zeremonie verehrt, danach aber keine Funktion mehr hatten und zertrampelt wurden.« Anders ausgedrückt: Der Taoismus ehrt und achtet das Dasein so unvoreingenommen wie Ebbe und Flut, die man ehrt und wieder gehen lässt. Mit unvoreingenommenem Gewahrsein sieht der Weise tatsächlich das Heilige in allen Strohhunden des Festes, das wir Leben nennen.

Der fünfte Spruch fordert uns auf, uns des vorurteilslosen Ursprungs bewusst zu sein und – als Dreingabe – uns am paradoxen Wesen des Tao zu freuen. Je enger wir in Übereinstimmung mit der Taoenergie und je mehr wir aus dessen allerschaffender Perspektive heraus leben, desto mehr wird es uns zugänglich. Es kann unmöglich aufgebraucht werden – wenn wir mehr verbrauchen, bekommen wir einfach mehr. Doch wenn wir es horten wollen, erfahren wir Knappheit und scheitern darin, auch nur einen Hauch davon zu verstehen. Das Tao und seine unerschöpflichen Kräfte verschwinden paradoxerweise, wenn wir irgendjemanden aus seinem unvoreingenommenen Wesen ausschließen wollen.

Was das Tao betrifft, so sind die vielfältigen Lebensformen illusionär. Somit ist niemand besonders oder besser als alle anderen. Dies klingt auch in der heiligen Schrift an: »Denn er [der Vater] lässt seine Sonne aufgehen über Bösen und Guten, und er lässt regnen über Gerechte und Ungerechte« (Matt 5,45).

Sich in Unvoreingenommenheit zu üben bietet Gelegenheit, den fünften Spruch des Tao Te King in das eigene Leben aufzunehmen und die Weisheit darin in der heutigen Welt umzusetzen. Ich glaube, dass Laotse uns zu diesem Zweck Folgendes aus seiner 2.500 Jahre alten Sicht mitteilen wollte:

Bleiben Sie bei allem, was Sie denken und tun, im Einklang mit der unvoreingenommenen Essenz des Tao.

Geht Ihnen ein Gedanke durch den Kopf, der andere ausschließt, so wollen Sie als »besonders« und damit als jemand gelten, der außerordentliche Gunst von seinem Seinsursprung verdient. Haben Sie sich erst einmal in diese Kategorie eingeordnet, so finden Sie sich wichtiger als andere, die Sie als weniger verdienstvoll einschätzen. Ein solches Denken bewirkt, dass Sie die allumfassende Macht des Tao verlieren. Organisationen – einschließlich religiöser –, die einige Mitglieder als »bevorzugt« bezeichnen, sind nicht im Tao zentriert. Egal, wie sehr Sie sich bemühen, sich und andere von Ihrer spirituellen Verbundenheit zu überzeugen, so hat der Akt des Ausschlusses und der Voreingenommenheit bereits verhindert, dass Sie aus Ihrem wahren Selbst heraus handeln. Das heißt: Wenn ein Gedanke oder Verhalten uns trennt, kommt es nicht von Gott; wenn es uns verbindet, ist es von Gott. Bleiben Sie auf das Tao ausgerichtet, das in Ihnen wohnt, rät Laotse, und Sie werden keinen einzigen Gedanken haben, der nicht im Einklang mit dem Geist wäre.

Bieten Sie Ihre Schätzeallenan.

Genau das tut das Tao jeden Augenblick – es bietet allen das gesamte Spektrum der Schöpfung an. Sie können sich dies als einfachen Prozess in drei Schritten vorstellen:

1. Räumen Sie möglichst viele Urteile über andere aus Ihrem Denken aus. Am einfachsten und natürlichsten gelingt das, wenn Sie in allen sich selbst sehen. Bedenken Sie, dass Sie und die von Ihnen beurteilten Menschen etwas miteinander gemein haben – das Tao! Statt sich also nach den Erscheinungen zu richten, die wirklich nichts weiter sind als Strohhunde, sehen Sie in allen, denen Sie begegnen, das sich entfaltende Tao, und Ihre Kritik und Etikettierungen lösen sich auf.

2. Streichen Sie das Wort besonders aus Ihrem Vokabular, wenn Sie über sich oder andere sprechen. Wenn jemand besonders ist, sind wir es alle. Und wenn wir alle besonders sind, dann brauchen wir kein solches Wort zur Beschreibung, da es eindeutig besagt, manche seien begünstigter als andere!

3. Setzen Sie den Prozess mit dem dritten Schritt in die Tat um. Verströmen Sie Großzügigkeit, indem Sie das Tao unvoreingenommen leben und die Verbindung mit dem inneren Raum aufnehmen, in dem Sie das Tao sind. In diesem inneren Raum können Sie Ihre Besitztümer vorurteilslos betrachten und erkennen, dass sie nicht ausschließlich Ihnen, sondern dem Ganzen gehören. Indem Sie bedingungslos mit anderen teilen und schenken, werden Sie freudig erfahren, wie es ist, das Tao zu leben und unvoreingenommen zu sein. Das Tao ist Ihre Wahrheit; es wohnt in Ihnen. Verweilen Sie still im Frieden und in der Freude der Verbindung mit dem unerschöpflichen Tao.

Leben Sie das Tao – jetzt

Entscheiden Sie sich heute möglichst oft, bei Interaktionen oder in Situationen, an denen andere beteiligt sind, mit großer Fairness zu handeln. Lassen Sie diese Fairness zu und lassen Sie sie vertrauensvoll Ihre Reaktionen lenken. Tun Sie dies einen ganzen Tag lang möglichst oft im Umgang mit Menschen, Gruppen, Freunden, Angehörigen oder Fremden. Denken Sie sich einen kurzen Satz aus, den Sie still für sich wiederholen, um sich ständig daran zu erinnern, dass Sie vorurteilslos an die Situation herangehen wollen, etwa: »Führe mich in diesem Augenblick, Tao. Heiliger Geist, führe du mich jetzt« oder »Heiliger Geist, hilf uns jetzt«. Mit diesem kurzen Satz vor Augen kann das gewohnte Urteilen gar nicht hochkommen. Noch attraktiver aber ist die Entspanntheit und Offenheit, die sich allem gegenüber einstellen, was in diesen unvoreingenommenen Momenten geschehen kann.

6

Den Geist, der niemals stirbtnennt man geheimnisvoll Weibliches.Auch wenn es zum ganzen Universum wird,geht seine unbefleckte Reinheit nie verloren.Auch wenn es zahllose Formen annimmt,bleibt seine wahre Identität intakt.

Das Tor zum geheimnisvoll Weiblichen nennt man die Wurzel der Schöpfung.

Höre auf ihre Stimme,höre ihr Echo in der ganzen Schöpfung.Ohne Fehl offenbart sie ihre Gegenwart.Ohne Fehl führt sie zur eigenen Vollkommenheit.Auch wenn sie unsichtbar ist, dauert sie fort,sie wird niemals enden.

Kreativität

Im sechsten Spruch erwähnt Laotse eine ewige, unbeschreibliche Schöpferkraft, die unaufhörlich neues Leben gebiert. Er sagt uns, diese »geheimnisvoll weibliche« Energie offenbare sich stetig und vollkommen und lädt uns ein, uns dieser Stimme der Schöpfung bewusst zu sein, die auf unzählige Arten das ganze Leben hindurch widerhallt. Ein Dasein in bewusstem Gewahrsein der Gegenwart des weiblichen Prinzips nenne ich »Kreativ leben«.

Das geheimnisvoll Weibliche gebiert immer, und im Tao Te King heißt das Tor zu ihm »Wurzel der Schöpfung«. Es sagt uns, wir könnten zu Mitschöpfern werden oder, wie ich schon sagte, dank dem Tao kreativ leben. Die nie versiegende gestaltende Energie ist sowohl unser Erbe als auch unser Schicksal und wirkt, ob wir uns ihrer bewusst sind oder nicht. Was das Gewahrsein dank der Übung des Tao bewirkt, ist, dass es uns an diesem Prozess teilhaben lässt. Dies wiederum führt uns zur Ganzheit, die letzten Endes unsere Aufgabe auf Erden ist.