Angemessene Lügen - Oliver Hallich - E-Book

Angemessene Lügen E-Book

Oliver Hallich

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Beschreibung

Die Frage nach der moralischen Erlaubtheit des Lügens ist ein Dauerthema der praktischen Philosophie. Seit Platon bemühen sich Philosoph:innen darum zu klären, was Lügen sind und ob – und wenn ja, unter welchen Bedingungen – sie als moralisch erlaubt, möglicherweise sogar moralisch geboten, als moralisch bedenklich, verwerflich oder löblich einzustufen sind und was genau es ist, das sie falsch, verwerflich oder bedenklich macht. Oliver Hallich plädiert dafür, die Frage nach der moralischen Erlaubtheit des Lügens durch diejenige nach der sozialen Angemessenheit oder Unangemessenheit des Lügens zu ersetzen und sie insofern zu entmoralisieren. Eine Lüge, so die These, ist ein Beziehungsphänomen. Lügen heißt: sozial handeln. Es heißt, sich zum anderen auf eine bestimmte Weise in Beziehung zu setzen. Wenn wir lügen, definieren wir eine Beziehung. Genauer: Wir definieren eine Beziehung als eine Beziehung der Gegnerschaft. Das ist manchmal, nämlich wenn eine Beziehung tatsächlich eine Beziehung der Gegnerschaft ist, angemessen und manchmal nicht. Im Ergebnis bezieht Hallich eine auf deontische Kategorien des Verboten- oder Erlaubtseins verzichtende Position, der zufolge Lügen in Abhängigkeit vom sozialen Kontext manchmal als angemessen und manchmal als unangemessen einzustufen sind.

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Oliver Hallich

Angemessene Lügen

Ein sozialphilosophischer Essay

Bibliographische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in derDeutschen Nationalbibliographie ; detaillierte bibliographischeDaten sind im Internet über ‹https://portal.dnb.de› abrufbar.

ISBN 978-3-7873-4404-8eISBN (ePub) 978-3-7873-4454-3

© Felix Meiner Verlag Hamburg 2023. Alle Rechte vorbehalten. Dies gilt auch für Vervielfältigungen, Übertragungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen, soweit es nicht §§ 53, 54 UrhG ausdrücklich gestatten. Konvertierung: Bookwire GmbH

INHALT

Einleitung

IWas heißt: »eine Beziehung sozial definieren«?

1.Wie man Beziehungen durch Handlungen definiert

2.Explizite und implizite Beziehungsdefinitionen

3.Definition versus Interpretation von Beziehungen

IIWie definieren Lügen eine Beziehung?

1.Lügen als Beziehungsdefinition sui generis

2.Lüge und Täuschungsabsicht

3.Lüge und Gegnerschaft

IIIEinige Einwände: Lügen ohne Gegnerschaft?

1.Wohlwollende Lügen

2.Höflichkeitslügen

3.Sozial verfestigte »Lügen«

IVAngemessene Lügen

1.Angemessenheit statt Erlaubtheit

2.Wann sind Lügen angemessen?

3.Löbliche Lügen

VUnangemessene Lügen

1.Wann sind Lügen unangemessen?

2.Lügen in Nahbeziehungen

3.Lügen und Vorwürfe

4.In aller Unschuld lügen

VITäuschung ohne Lügen

1.Täuschen, verschweigen, irreführen

2.Strategisches Handeln

3.Lügen und Täuschen ohne Lügen – unterschiedliche Bewertungen?

VIILügen ohne Täuschen

1.Zustimmung zur Lüge

2.Belogen werden wollen

Schlussbemerkungen

Anmerkungen

Literatur

EINLEITUNG

Die Frage nach der moralischen Erlaubtheit des Lügens ist ein Dauerthema der praktischen Philosophie. Seit Platon bemühen sich Philosoph:innen darum zu klären, was Lügen sind und ob – und wenn ja, unter welchen Bedingungen – sie als moralisch erlaubt, möglicherweise sogar moralisch geboten, als moralisch bedenklich, verwerflich oder löblich einzustufen sind und was genau es ist, das sie falsch, verwerflich oder bedenklich macht.1

Es liegt nahe, die in der philosophischen Ethik eingenommenen Positionen zu diesen Fragen zu klassifizieren, indem man sie in die gängige Typologie normativer Theorien und die Unterscheidung zwischen deontologischen und konsequentialistischen, insbes. utilitaristischen Theorien2 einordnet. Es lassen sich dann recht klare Zuordnungen vornehmen. Auf der einen Seite stehen die an Kant orientierten Deontolog:innen, die für ein absolutes Lügenverbot plädieren, das auch in den Fällen zu respektieren sei, in denen eine Lüge wohltätige oder sozial erwünschte Konsequenzen zeitigt. Das Verwerfliche oder Bedenkliche der Lüge werden sie »intern«, d. h. durch eine Eigenschaft der Lüge selbst – etwa durch ihre vermutete Eigenschaft, ein Missbrauch der Sprache zu sein –, bestimmen. Sie können der verbreiteten moralischen Intuition gerecht werden, dass Lügen moralisch schlecht sind, müssen allerdings kontraintuitive Konsequenzen in Bezug auf Fälle in Kauf nehmen, in denen eine Lüge offensichtlich positive Konsequenzen nach sich zieht, etwa die Rettung eines Verfolgten vor einem Unrechtsregime oder die Steigerung der Lebensqualität eines Patienten durch eine wohlwollende Lüge des Arztes. Auf der anderen Seite stehen Konsequentialist:innen, die für eine Einschränkung des Lügenverbots nach Maßgabe der durch eine Lüge hervorgebrachten (oder intendierten oder vorausgesehenen) Folgen plädieren. Als Utilitarist:innen werden sie die Auswirkungen einer Lüge auf das Glück aller davon direkt oder indirekt Betroffenen als maßgeblich für die Einstufung einer Lüge als richtig oder falsch, moralisch erlaubt oder geboten ansehen. Das Verwerfliche oder Bedenkliche der Lüge werden sie »extern« bestimmen, also nicht in Eigenschaften der Lüge selbst, sondern in den dadurch gezeitigten Folgen. Konsequentialist:innen können der ebenfalls stark verbreiteten moralischen Intuition gerecht werden, dass Lügen manchmal moralisch erlaubt, vielleicht sogar moralisch geboten sind, können aber das Lügenverbot nur als ein Prima-facie-Verbot auffassen, das grundsätzlich in Abhängigkeit von den faktischen, intendierten oder vorausgesehenen Folgen des Lügens zur Disposition gestellt werden kann.

Setzt man bei der Erörterung der Frage nach der moralischen Erlaubtheit des Lügens diese Standarddichotomie zwischen Deontologie und Konsequentialismus voraus und orientiert sich an ihr, wird man eine Position zur Erlaubtheit des Lügens nicht unabhängig davon beurteilen können, wie man die dabei zugrunde gelegte normative Theorie beurteilt. Ein Konsequentialist wird eine andere Position zur Frage nach der moralischen Legitimität des Lügens einnehmen als eine Kantianerin, und den Dissens zwischen beiden wird man nur beurteilen und möglicherweise auflösen können, wenn man auch in der allgemeineren Debatte zwischen Konsequentialismus und Deontologie Stellung bezieht. Die Auseinandersetzung um die Frage nach der moralischen Erlaubtheit des Lügens wird sich daher schnell auf die allgemeinere Frage nach der Richtigkeit (oder Vereinbarkeit) von Deontologie und Konsequentialismus verlagern und die normativen Voraussetzungen der jeweiligen Position thematisieren. Damit aber droht das eigentlich interessierende Problem aus dem Blick zu geraten: Statt zu fragen, ob Lügen moralisch erlaubt sind oder nicht, fragt man dann, ob die normative »Hintergrundtheorie« korrekt ist und wie sich Deontologie und Konsequentialismus zueinander verhalten.

Um dieses Problem abzufangen, kann man die Korrektheit einer normativen Theorie von vorneherein als nicht weiter thematisierte Voraussetzung der eigenen Argumentation kenntlich machen, also z. B. ankündigen, dass man die Frage nach der Erlaubtheit des Lügens als Konsequentialistin oder als Kantianer behandeln will. Das aber bedeutet, dass die eigenen Ausführungen dann auch nur für diejenigen interessant sein werden, die diese normativen Voraussetzungen teilen. Die Konsequentialistin hat dann keinen Anlass, sich für die Argumentation des Kantianers zu interessieren, und vice versa. Da alle Theorien der normativen Ethik umstritten sind und keine von ihnen von allen akzeptiert wird, predigt man dann nur der eigenen Gemeinde. Man schließt diejenigen aus, die die eigenen normativen Voraussetzungen nicht teilen.

Angesichts dieser Probleme wird im folgenden Essay ein Ansatz zur Erörterung der Frage nach der moralischen Erlaubtheit des Lügens gewählt, der neutral gegenüber der Unterscheidung zwischen Deontologie und Konsequentialismus ist und sich keiner dieser beiden Positionen (oder sonst einer normativen Theorie) verschreibt. Der Grundgedanke der folgenden Argumentation ist sehr einfach: Eine Lüge ist ein Beziehungsphänomen. Lügen heißt: sozial handeln. Es heißt, sich zum anderen auf eine bestimmte Weise in Beziehung zu setzen. Wenn wir lügen, definieren wir eine Beziehung. Genauer: Wir definieren eine Beziehung als eine Beziehung der Gegnerschaft. Das ist manchmal angemessen und manchmal nicht. Es ist – vorläufig und vereinfachend gesprochen – angemessen, wenn diese Beziehung tatsächlich eine Beziehung der Gegnerschaft ist, und nicht angemessen, wenn dies nicht der Fall ist. Darum sind Lügen manchmal angemessen und manchmal nicht.

Ich werde also dafür plädieren, die Frage nach der moralischen Erlaubtheit des Lügens zu entmoralisieren und sie durch diejenige nach der sozialen Angemessenheit oder Unangemessenheit des Lügens zu ersetzen. Das Ergebnis ist eine Position, die weder für ein kategorisches »Lügenverbot« noch für eine prinzipielle »Erlaubtheit« von Lügen plädiert, sondern dafür argumentiert, dass in Abhängigkeit vom sozialen Kontext Lügen manchmal als angemessen und manchmal als unangemessen einzustufen sind. Sie ist mit dem Anspruch verbunden, ein Kriterium dafür liefern zu können, wann Lügen angemessen oder unangemessen sind, also eine (wenngleich nicht perspektivenunabhängige) Entscheidung über die Frage nach ihrer Angemessenheit oder Unangemessenheit zu ermöglichen. Und sie versucht, sich einer Antwort auf die Fragen, die traditionell in der normativen Ethik erörtert werden, auf dem Wege einer weitgehend deskriptiven, von moralischen Aufladungen des Lügenbegriffs freien Erörterung der Frage, was Lügen sind, anzunähern.

In Kapitel I wird, noch nicht spezifisch auf Lügen bezogen, erklärt, was es heißen soll, dass eine Handlung eine Beziehung »sozial definiert«. In Kapitel II wird erläutert, in welchem Sinne Lügen Beziehungen definieren, und es wird die These begründet, dass eine Lüge eine Beziehung als Gegnerschaft definiert. Gegen diese These liegen Einwände auf der Hand, die im Verweis auf Lügen ohne Gegnerschaft, etwa wohlwollende Lügen, bestehen. Diese Einwände werden in Kapitel III abgehandelt und entkräftet. In Kapitel IV wird gezeigt, dass und wie wir in Abhängigkeit von der Struktur und dem Verständnis einer Beziehung Lügen als angemessen, in Kapitel V, wie wir sie, ebenfalls in Abhängigkeit von der Struktur und dem Verständnis einer Beziehung, als unangemessen einstufen können. In den Folgekapiteln wird die Perspektive erweitert: In Kapitel VI wird auf Formen des Täuschens, die keine Lügen sind, eingegangen und dabei nach möglicherweise unterschiedlichen Bewertungen der lügenden und nicht lügenden Formen des Täuschens gefragt. In Kapitel VII wird die Frage gestellt (und bejaht), ob es die Möglichkeit des Lügens ohne Täuschung in Folge einer Zustimmung zur Lüge gibt.

Für aufrichtige Rückmeldungen zu früheren Fassungen dieses Textes und hilfreiche Gespräche danke ich insbesondere Dieter Birnbacher, Susanne Boshammer, Carl Friedrich Gethmann, Martina Herrmann, Susanne Hiekel, Felicitas Krämer, Sibylla Lotter, Alina Omerbasic-Schiliro sowie den Teilnehmenden an Kolloquiumsvorträgen an den Universitäten Duisburg-Essen und Osnabrück. Für eine erneut sehr angenehme Zusammenarbeit und die Aufnahme des Textes in die Blaue Reihe gilt mein Dank Marcel Simon-Gadhof vom Meiner Verlag.

I

WAS HEISST: »EINE BEZIEHUNG SOZIAL DEFINIEREN«?

Im Zentrum dieses Essays steht die These, dass Lügen eine Beziehung – auf eine noch näher zu bestimmende Weise – »sozial definieren«. Was heißt das?

1.Wie man Beziehungen durch Handlungen definiert

Wer etwas definiert, weist ihm eine Bedeutung zu. Es kann verschiedene mögliche Gegenstände solcher Bedeutungszuweisungen geben. Offensichtlich kann man sprachliche Ausdrücke definieren. Man kann z. B. den Ausdrücken »Parallelogramm« und »Interesse« mit Aussagen wie »Jedes Viereck, dessen gegenüberliegende Seiten parallel zueinander sind, heißt ›Parallelogramm‹« oder »Ein Wunsch, den man unter den Bedingungen der Informiertheit und Rationalität hat, heißt ›Interesse‹« eine Bedeutung zuweisen. Definieren kann man aber nicht nur sprachliche Ausdrücke. Definieren kann man auch materielle Objekte, wie John Searle in Die Konstruktion der gesellschaftlichen Wirklichkeit ausführt.3 Man kann materiellen Objekten eine soziale Bedeutung zuweisen, etwa in der Form, dass ein an sich wertloses Stück Papier in einer Gesellschaft als Geld und Zahlungsmittel oder ein bedrucktes Stück Stoff als Nationalflagge gilt. Diese Bedeutungszuweisung fasst Searle als Konstruktion institutioneller Tatsachen auf. Er beschreibt sie als Anwendung der Formel »X zählt als Y in K«, wobei »X« das materielle Objekt, »Y« die ihm zugewiesene Bedeutung und »K« die Kontextumstände bezeichnet, unter denen diese Bedeutungszuweisung stattfindet. Searle spricht dabei von »X zählt als Y in K« als von einer konstitutiven Regel, d. h. einer solchen, die nicht nur eine schon existierende Praxis reguliert, sondern die auf der Grundlage kollektiver Intentionen diese Praxis allererst konstituiert.4 Auch Handlungen kann man auf diese Weise sozial definieren, etwa indem man auf der Grundlage kollektiver Intentionen die Handlung, die darin besteht, jemandem bei der Konfirmation die Hand auf den Kopf zu legen, als Segnung, ein Kopfnicken als Grußgeste oder das Heben der rechten Hand, begleitet von der Aussprache der Eidesformel, als Leisten eines Schwurs definiert.

Auch Beziehungen kann man sozial definieren. Man kann einer Beziehung eine Bedeutung in dem Sinne zuweisen, dass man sie durch soziales Handeln als Beziehung einer bestimmten Art kennzeichnet – etwa als Freundschaft, als Feindschaft, als Liebesbeziehung, als geschäftliche Beziehung, als Arzt-Patienten-Beziehung, als lockere Bekanntschaft, als Lehrer-Schüler-Verhältnis, als Eltern-Kind-Beziehung. Soziales Handeln ist ein Handeln, das – in der klassischen Definition von »soziales Handeln« durch Max Weber – »seinem von dem oder den Handelnden gemeinten Sinn nach auf das Verhalten anderer bezogen wird und daran in seinem Ablauf orientiert ist«5. (»Soziales Handeln« ist also natürlich kein normativer oder wertender Ausdruck.) Soziales Handeln verbindet Menschen, auf welche Weise auch immer, miteinander. Der Sinn des sozialen Handelns liegt darin, Menschen auf bestimmte Weise miteinander in Beziehung zu setzen, z. B. als Freunde, Feinde, Geschäftspartner etc. Soziale Handlungen sind: jemandem auf die Schulter klopfen, einen Krieg gegen jemanden beginnen, mit jemandem ins Theater gehen, jemandem die kalte Schulter zeigen, jemanden küssen, gegen jemanden intrigieren, mit jemandem ein Gespräch führen usw. Beziehungen können wir durch soziales Handeln definieren, also ihnen eine Bedeutung zuweisen.

Die einer Beziehung durch soziales Handeln zugewiesene »Bedeutung« ist dabei nichts, was »extern« zu dieser Beziehung wäre, wenngleich wir manchmal, »Bedeutung« im Sinne von »Wichtigkeit« verwendend, von der »Bedeutung einer Beziehung« auch in diesem Sinne sprechen (»Die Beziehung zu Lisa hatte für ihn eine enorme Bedeutung«). »Bedeutung« bezeichnet hier einfach die Art von Beziehung, als die eine Beziehung durch soziales Handeln definiert wird, also z. B. Freundschaft oder lockere Bekanntschaft. Auch der Ausdruck »Zuweisung« in der Formulierung »eine Bedeutung zuweisen« ist in einem unproblematischen Sinne zu verstehen. Die Zuweisung einer Bedeutung durch soziales Handeln besteht einfach darin, dass man, indem man etwas tut, eine Beziehung als eine definiert, zu der das, was man tut, gehört. Die Etymologie von »definieren« führt hier auf die richtige Spur: Etwas zu de-finieren heißt, eine Grenze zu ziehen, festzulegen, was in einen Bereich gehört und was außerhalb dieses Bereiches liegt. Gebe ich jemandem zur Begrüßung die Hand, definiere ich die Beziehung zu ihm als eine, zu der Umgangsformen dieser Art gehören. Wende ich mich mitten im Gespräch von meinem Gesprächspartner ab, definiere ich die Beziehung zu ihm als eine, zu der ein solches distanzierendes Verhalten gehört. Spreche ich jemanden mit »Helmut, alter Kumpel!« an, definiere ich die Beziehung zu ihm als eine, zu der eine solche vertrauliche Anrede gehört und die durch das durch diese Anrede angezeigte Maß an sozialer Distanz gekennzeichnet ist. Spendet jemand einem ihm völlig fremden Menschen über eine Hilfsorganisation Geld, definiert er die Beziehung zu ihm als eine, die nicht durch völlige Gleichgültigkeit am Wohlergehen des anderen gekennzeichnet ist, sondern zu der ein gewisses Maß an Anteilnahme am Schicksal des anderen gehört.

In diesem Sinne können wir durch soziales Handeln Beziehungen definieren. Wir können sie als Beziehungen einer bestimmten Art kennzeichnen. Und so wie wir Beziehungen definieren können, können wir sie auch umdefinieren. Wir können ihnen eine neue Bedeutung zuweisen. Man kann eine Nahbeziehung auflösen und als kollegiale Beziehung oder als neutrale Beziehung neu definieren, eine Freundschaft zu einer Liebesbeziehung umdefinieren. Wenn Heinrich V. am Tag seiner Krönung seinen Jugendfreund Falstaff, als dieser sich ihm in der Hoffnung auf Fortführung der vertrauten Beziehung nähert, mit einem schroffen »Ich kenne dich nicht, alter Mann« abweist6, definiert er die Beziehung zu ihm radikal von einer freundschaftlichen Beziehung zu einer Beziehung zwischen König und Untertan um. Im Allgemeinen gestalten wir unsere Beziehungen durch ein Wechselspiel zwischen Definitionen und Redefinitionen, mit dem wir uns in Form eines »Aushandlungsprozesses« (idealiter) auf eine Beziehungsdefinition verständigen. Wir unterbreiten, indem wir sozial handeln, Definitionsvorschläge, die aber (normalerweise) auch abgelehnt werden können. Wir machen durch unser soziales Handeln Angebote, die angenommen oder zurückgewiesen werden können. Wenn z. B. Frau A auf Herrn B zutritt und ihn küsst, definiert sie dadurch, dass sie es tut, die Beziehung zu Herrn B als eine, zu der Küssen gehört, die also durch ein gewisses Maß an Intimität gekennzeichnet ist. Lässt Herr B dies geschehen oder küsst gar zurück, akzeptiert er diese Beziehungsdefinition, sei es, weil die Beziehung zwischen Frau A und Herrn B ohnehin von beiden Seiten so definiert ist, dass Handlungen dieser Art zu ihr gehören – in diesem Fall war die Beziehungsdefinition von Frau A keine Neudefinition der Beziehung, sondern eine Bestätigung und Bekräftigung einer bereits beidseits akzeptierten Definition –, sei es, weil Herr B den von Frau A erstmals unterbreiteten Definitionsvorschlag freudig akzeptiert. Reagiert Herr B hingegen mit Ohrfeigen, Fußtritten oder lauten Hilferufen, kann dies als Zurückweisung des von Frau A unterbreiteten Definitionsvorschlages verstanden werden. Beide Seiten werden sich dann um eine Redefinition ihrer Beziehung bemühen müssen. Erwachsen gewordene Kinder werden ihren Eltern Redefinitionsvorschläge unterbreiten, die diese, gewachsene Distanzen anerkennend, annehmen oder, sich an eingefahrene Verhaltensmuster klammernd, ablehnen können.7

Wir definieren und redefinieren Beziehungen, indem wir sozial handeln. Die Handlung ist dabei die soziale Definition der Beziehung als Beziehung einer bestimmten Art, was auch immer der Handelnde über sie sagen mag. Für die Bedeutung dessen, was wir tun, wenn wir sozial handeln, kommt es also nicht darauf an, wie wir das, was wir tun, subjektiv wahrnehmen oder interpretieren. So wenig, wie man sich im Straßenverkehr der Bußgeldzahlung wegen unerlaubten Parkens durch die Versicherung entziehen kann, man habe das Halteverbotsschild eher unter ästhetischen Gesichtspunkten betrachtet und es als kubistisches Kunstwerk im öffentlichen Raum aufgefasst, und sowenig man dem Vorwurf des Nazismus entgegentreten kann, indem man sagt, man habe zwar eine Hakenkreuzfahne geschwungen, damit aber keine nationalsozialistische Gesinnung zum Ausdruck bringen wollen, so wenig können wir die Bedeutung sozialer Handlungen nach individuellem Gutdünken umcodieren – etwa, indem wir sagen, wir hätten durch Küssen den Wunsch nach Distanz signalisieren wollen. Die soziale Bedeutung des Halteverbotsschildes liegt in der Bekanntgabe des Halteverbots, die der Hakenkreuzflagge in der Bekundung nationalsozialistischer Gesinnung; Individuen können dies nicht einfach nach Maßgabe ihrer Absichten ändern. Ebenso hängt die Bedeutung sozialer Handlungen nicht davon ab, was Individuen mit ihnen intendieren oder meinen. Sie ist nicht privat.

Dies wird für das Verständnis von Lügen als einer Form des sozialen Handelns relevant werden: Wie auch immer der Lügner das, was er tut, interpretiert und wie auch immer er selbst es auffasst, er definiert durch sein Handeln die Beziehung so, wie sie eben durch Lügen definiert wird. Für die soziale Definition von Beziehungen sind also individuelle Intentionen und Interpretationen nicht maßgeblich. Wohl aber sind kollektive Intentionen für sie maßgeblich, denn kollektive Intentionen legen die Bedeutung der Handlung fest, mittels derer eine Beziehung sozial definiert wird. Sie legen fest, wie das, was jemand tut, eine Beziehung definiert – etwa, dass jemanden zu küssen die Beziehung zu ihm als eine der Nähe definiert. So wie nach Searle durch die Anwendung der Regel »X zählt als Y in K« aufgrund kollektiver Intentionen institutionelle Tatsachen konstituiert werden, also etwa festgelegt wird, dass ein Stück Papier als Zahlungsmittel und ein Stück Land als Privateigentum gilt8, wird durch sie auch festgelegt, dass soziale Handlungen Beziehungen als Beziehungen einer bestimmten Art definieren. Die in Searles Formel durch »K« bezeichneten Kontextumstände, unter denen etwas als etwas gilt, sind dabei jeweils kontingent – man kann sich Kontexte vorstellen, in denen 10-Euro-Scheine nur als Papier und nicht als Zahlungsmittel gelten, und solche, in denen jemanden zu küssen nicht als Bekundung von Nähe, sondern als soziale Stigmatisierung gilt. In beiden Fällen aber gilt: Unter bestimmten Umständen legen kollektive Intentionen fest, dass etwas als etwas gilt, dass ein materielles Objekt eine soziale Bedeutung hat oder eine soziale Handlung eine Beziehung als Beziehung einer bestimmten Art definiert.

2.Explizite und implizite Beziehungsdefinitionen

Soziale Handlungen definieren Beziehungen, aber sie können dies auf verschiedene Weisen tun, und für das Verständnis von Lügen ist es wichtig zu sehen, auf welche Weisen sie dies tun können. Beziehungsdefinitionen können explizit oder implizit sein. Etwas genauer möchte ich vorschlagen, fünf Weisen der Definition einer Beziehung, von denen zwei explizit und drei implizit sind, zu unterscheiden.

(A)Explizite Beziehungsdefinitionen

(A1) Performative Beziehungsdefinitionen: Manchmal können wir eine Beziehung performativ definieren, d. h. indem wir bestimmte Sprachhandlungen vornehmen, die diese Beziehung dann herstellen. Dies geschieht manchmal durch die an der Beziehung beteiligten Personen, manchmal aber auch durch Personen, die durch institutionelle Arrangements dazu befugt sind, eine Beziehung zu definieren.9 »Hiermit setze ich meine Tochter zur Alleinerbin meines Vermögens ein« definiert performativ die Beziehung zwischen dem Sprecher und seiner Tochter als die zwischen Erblasser und Erbin. »Hiermit traue ich Euch zu Mann und Frau« oder »Hiermit erkläre ich die Ehe für geschieden« definiert, gesagt in den passenden Umständen und durch eine dazu befugte Person, eine Beziehung als Ehe bzw. als nicht mehr bestehende Ehe. Mit »Hiermit ernenne ich Dich, Charles, zum König« oder »Hiermit entlasse ich Sie aus dem Amt des Außenministers« wird die Beziehung zu einer Person als eine solche definiert, die das entsprechende Amt innehat oder nicht mehr innehat. Mit »Nimm hin den Heiligen Geist etc.« bei der Konfirmation wird die Beziehung zwischen Gemeinde und Konfirmiertem neu, nämlich als Beziehung zwischen vollwertigen Mitgliedern, definiert. Hier wird durch die Sprachhandlung selbst die Beziehung definiert.

(A2) Beschreibende Beziehungsdefinitionen: Es kann auch sein, dass eine Beziehungsdefinition explizit ist, aber nicht durch eine performative Sprachhandlung vollzogen wird, sondern durch eine Sprachhandlung, die die Beziehung beschreibt. Hierbei ist Folgendes zu berücksichtigen: Soziale Handlungen sprechen nicht immer eine eindeutige Sprache. Soziale Definitionen einer Beziehung sind nicht notwendig exakte Definitionen. Eine soziale Handlung legt als soziale Definition einer Beziehung fest, dass diese Handlung aus Sicht des Handelnden zu der Beziehung gehört. Sie lässt aber z. B. offen, welche anderen Handlungen aus Sicht des Handelnden auch noch dazugehören – ob etwa jemandes Umarmung zu erwidern als Einladung zu weiteren Annäherungen aufgefasst werden kann oder nicht – und ob die die Beziehung definierende Handlung auf Wiederholung angelegt ist und vom Handelnden so verstanden wird oder ob es sich um eine »Rosenmontagsaktion« handelt, mit der die Beziehung nur kurzzeitig und als Ausnahmezustand definiert wird. Es ist also keineswegs immer klar, wie genau eine soziale Handlung eine Beziehung definiert, und je präziser wir eine Beziehung definieren wollen, desto mehr eröffnen sich Unklarheiten, Spielräume des möglichen Verstehens von Handlungen und Interpretationsunsicherheiten. Daher wird es in vielen Fällen zum Ausräumen von Mehrdeutigkeiten und Erreichen einer präziseren Beziehungsdefinition angezeigt sein, mit einer expliziten Sprachhandlung klarzustellen, wie genau eine Handlung eine Beziehung definiert. Dies können wir tun, indem wir die Beziehung beschreiben. Wir definieren sie dann durch eine beschreibende Sprachhandlung. »Nur damit das klar ist: Wir sind weiterhin gute Kollegen, kein Paar!«, mag man zwecks Klarstellung einem Kollegen sagen, mit dem man vorher in ein nicht rein dienstlich begründbares Kooperationsverhältnis getreten ist. »Wir sind geschiedene Leute!« beschreibt eine Beziehung als eine der größtmöglichen Distanz und stellt klar, dass vorangegangene sozial distanzierende Handlungen »auf Dauer gestellt« sind. »Ich spreche mit Ihnen als Ihre Vorgesetzte!« beschreibt eine Beziehung als Beziehung zwischen Vorgesetzter und Untergeordnetem und präzisiert dadurch die Definition der Beziehung.

Die Differenz zwischen performativen und beschreibenden expliziten Beziehungsdefinitionen ist – in der Terminologie Searles – auf die Differenz zwischen konstitutiven und regulativen Regeln zurückzuführen.10 Eine performative Äußerung wie »Hiermit traue ich Euch zu Mann und Frau«, gesagt von einer dazu befugten Person in den passenden Umständen, konstituiert eine Beziehung zwischen Eheleuten; eine beschreibende Sprachhandlung wie »Wir sind gute Freunde, kein Paar!« reguliert eine bereits bestehende Beziehung durch Präzisierung des Beziehungsstatus. Sie stellt eine Spezifikation eines bis dato nur grob, aber noch nicht präzise definierten Beziehungsstatus dar und reguliert insofern eine bestehende Praxis. Die Regel »X zählt als Y in K« wird im ersten Fall als konstitutive, im zweiten Fall als regulative Regel angewendet. Dass wir uns auf diese Weise darüber verständigen müssen, wie genau eine Beziehung zu verstehen ist, und dass wir dies immer wieder neu aushandeln müssen, ändert aber nichts daran, dass auch die beschreibende Definition einer Beziehung nicht von individuellen Intentionen abhängt. Auch eine beschreibende Sprachhandlung definiert eine Beziehung aufgrund dessen, was die verwendeten Ausdrücke gemäß sprachlichen Konventionen, die von kollektiven Intentionen festgelegt werden, bedeuten und ist insofern nicht privat. Für die Struktur unserer Beziehungen kommt es darauf an, was wir tun, nicht darauf, wie wir das, was wir tun, sehen wollen. »Es war nicht so gemeint« ist keine Möglichkeit, dem zu entkommen – auch, wie sich zeigen wird, für den Lügner nicht.

(B)Implizite Beziehungsdefinitionen

Beziehungen können auch implizit – durch Handlungen, die den Beziehungsstatus weder performativ noch beschreibend definieren – definiert werden, und dies kann wiederum auf verschiedene Weisen geschehen.

(B1) Beziehungsdefinition aufgrund von geteiltem Wissen: Beziehungen können implizit durch Handlungen definiert werden, weil beide Parteien ein Wissen über die soziale Bedeutung dessen, was sie (in einem bestimmten Kontext) tun, haben. Ein Handschlag definiert eine Beziehung aufgrund dessen, was man über die soziale Bedeutung von Handschlägen weiß. Wir wissen im Allgemeinen, was es sozial bedeutet, jemanden zum Abschied zu umarmen oder eisiges Schweigen an den Tag zu legen, und manchmal kann ein Blickkontakt reichen, um die Beziehung zwischen zwei Personen als Feindschaft oder als eine, in der man »Interesse aneinander hat«, zu definieren, denn man weiß, was Blicke bedeuten. Wir wissen im Allgemeinen um die soziale Bedeutung dessen, was wir tun, und müssen daher auch nicht explizit machen, wie wir damit Beziehungen sozial definieren.

(B2) Beziehungsdefinition qua Voraussetzung: Eine Beziehung kann implizit auch dadurch definiert werden, dass Sprachhandlungen vollzogen werden, deren Voraussetzungen die Beziehung als Beziehung einer bestimmten Art definieren. Manchmal sagen wir etwas, was eine Beziehungsstruktur voraussetzt, die wir aber als solche nicht thematisch machen. Wir behandeln das Bestehen dieser Beziehungsstruktur dann häufig als eine Selbstverständlichkeit, obwohl wir durch das, was wir sagen, die Beziehung erst als eine Beziehung dieser Art definieren. Diese Voraussetzungen können grundsätzlich explizit gemacht und zur Diskussion gestellt werden, müssen es aber nicht, und wenn sie nicht explizit gemacht werden, definieren sie eine Beziehung implizit.11

Ein Beispiel hierfür ist Verzeihen.12 Wer jemandem verzeiht, macht dabei Voraussetzungen, die die Beziehungen zwischen ihm und der Person, der er verzeiht, definieren. Wer sagt: »Ich verzeihe dir«, präsupponiert eine bestimmte Beziehungsstruktur zwischen sich und dem Adressaten der Äußerung. Da Verzeihen von Entschuldigen zu unterscheiden ist – wir können ein Handeln nur verzeihen, wenn es nicht entschuldigt ist; ist es entschuldigt, stellt sich die Frage des Verzeihens nicht –, setzt, wer verzeiht, voraus, dass jemand schuldhaft gehandelt hat. Er setzt zudem voraus, dass er selbst die Autorität zu verzeihen hat. Er definiert damit die Beziehung zwischen der Person, der er verzeiht, und sich selbst mittels der beim Verzeihen in Anspruch genommenen Voraussetzungen als die Beziehung zwischen einer Person, die schuldhaft gehandelt hat und die daher auf die Verzeihung anderer angewiesen ist, und einer Person, die diese Verzeihung gewähren kann. Diese Beziehungsdefinition wird, weil sie über Voraussetzungen eingeführt wird, im Allgemeinen nicht thematisch werden. Sie wird die Beziehung »unter dem Radar« des auf der Oberfläche der sozialen Interaktion Wahrnehmbaren als eine Beziehung der Abhängigkeit und Angewiesenheit definieren. Ibsen stellt in seinem Emanzipationsdrama Nora dar, dass Helmer seiner Frau Nora in gönnerhafter Attitüde ein vermeintliches Fehlverhalten verzeiht, um die Beziehung zwischen beiden als eine Beziehung der Abhängigkeit zu definieren, in der sie, Nora, als Schuldige auf die großmütige Verzeihung ihres Ehemanns Helmer und seine Gunstbezeugungen angewiesen ist.13 Er verzeiht ihr, um sie als Schuldige zu stigmatisieren und die Beziehung zwischen ihr und ihm implizit als eine der Abhängigkeit und der Angewiesenheit zu definieren.

(B3) Beziehungsdefinition durch Aktionsmacht: Eine implizite Beziehungsdefinition liegt auch vor, wenn eine Handlung durch schiere Gewalt – ohne Bezugnahme auf ein geteiltes Wissen und nicht mittels Voraussetzungen – eine Beziehung definiert. Beziehungsdefinitionen können das Resultat einer Form der Machtausübung sein, die in der Ausübung von »Aktionsmacht«, also im Einsatz physischer Gewalt, besteht.14 Jemanden zu vergewaltigen, zu morden, zu foltern, ihn physisch zu attackieren heißt, die Beziehung zu ihm durch das, was man tut, zu definieren. Genauer: Es heißt, das Gegenüber zu verdinglichen, die Beziehung zu ihm als die zu einem Ding zu definieren. Die Botschaft, die mit solchen Gewalthandlungen implizit an das Opfer gesendet wird, ist: »Du zählst nicht als Person. Deine Interessen sind irrelevant. Du bist ein Ding, das ich zur Durchsetzung meiner Interessen benutzen darf.« Implizit ist diese Botschaft, weil sie nicht als solche ausgesprochen werden muss, um verstanden zu werden; die Handlungen sprechen hier als bruta facta für sich selbst. Aktionsmacht definiert eine Beziehung durch bloßes Handeln. Lügen, so wird sich zeigen, sind zwar offensichtlich nicht in dieser Weise als Beziehungsdefinitionen durch Aktionsmacht aufzufassen, aber sie sind dieser Art der Beziehungsdefinition doch in relevanter Hinsicht ähnlich, und sie weisen von allen hier genannten Beziehungsdefinitionen die größte Nähe zu der hier unter (B3) genannten auf.

Explizite und implizite Beziehungsdefinitionen schließen einander nicht aus. Wir gestalten Beziehungen im Allgemeinen durch beide Arten von Beziehungsdefinitionen, etwa, indem wir sie implizit durch Bezugnahme auf ein gemeinsames Wissen über soziale Bedeutungen gestalten, aber gelegentlich innehalten, um uns über einen Beziehungsstatus explizit rückzuversichern und diesen gegebenenfalls neu zu justieren (»Sind wir eigentlich noch ein Paar?« »Sind wir noch befreundet oder haben wir nur noch eine Geschäftsbeziehung?« »Sind wir noch berufliche Konkurrenten oder schon Feinde?«).