4,99 €
In ANGRIFF DER TAPFERKEIT (Buch #6 aus dem Ring der Zauberei) verfolgt Thor seine Mission, das gestohlene Schwert des Schicksals zurückzubringen um den Ring zu retten, weiter. Sie führt ihn immer Tiefer in das Reich des Empire. Als er und seine Freunde unerwartet eine Tragödie erleben und sie ein Mitglied ihrer Gruppe verlieren, schweißt sie das enger zusammen als je zuvor. Sie erkennen, dass sie nur gemeinsam die Widrigkeiten, die sich ihnen in den Weg stellen, überwinden können. Ihre Reise führt sie in neue und exotische Gegenden wie die Salt Fields, den Großen Tunnel, die Feuerberge wo sie sich an jeder Biegung des Weges neuen Monstern stellen müssen. Thors gelingt es, seine Fähigkeiten auszubauen, indem er sich seinem bisher am meisten fortgeschrittenen Training unterzieht, und er wird auf viel gewaltigere Kräfte als bisher zurückgreifen müssen, wenn er überleben möchte. Endlich finden sie heraus, wo das Schwert hingebracht wurde und erfahren dass sie, um es zurückzuholen, in das sagenumwobene Land der Drachen vordringen müssen. Einen Ort, den man selbst im Empire fürchtet. Zu Hause im Ring erholt sich Gwendolyn langsam und kämpft nach dem Angriff auf sie mit einer tiefen Depression. Kendrick und die anderen schwören, für ihre Ehre zu kämpfen, auch wenn die Chancen gegen sie stehen. Es folgt die größte Schlacht in der Geschichte des Rings und sie kämpfen, um Silesia zu befreien und Andronicus zu besiegen. In der Zwischenzeit schleicht sich Godfrey verkleidet hinter die feindlichen Linien und lernt auf seine ganz eigene Art und Weise, was es heißt, ein Krieger zu sein. Gareth hat irgendwie geschafft zu überleben. Er musste all seine Gerissenheit aufbringen um sich der Gefangennahme durch Andronicus zu entziehen. Währenddessen kämpft Erec um sein Leben, für die Rettung Savarias vor der Invasion von Andronicus' Armee - und für die Liebe seines Lebens, Alistair.
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 345
Veröffentlichungsjahr: 2014
A N G R I F F D E R T A P F E R K E I T
(Buch #6 iM RING DER ZAUBEREI)
Morgan Rice
Über Morgan Rice
Morgan schrieb auch die Nr. 1 Bestseller Fantasy-Serie DER RING DER ZAUBEREI, die bisher aus zehn Bänden besteht und teilweise auch auf Deutsch erschienen ist. Die Serie beginnt mit QUESTE DER HELDEN (Band 1).
Morgan Rice schrieb die Nr. 1 Bestseller-Serie THE VAMPIRE JOURNALS, eine zehnteiligen Serie für Jugendliche, die bisher in sechs Sprachen übersetzt wurde und teilweise bereits auf Deutsch erhältlich ist.
Morgan Rice schrieb auch die Nr. 1 Bestseller ARENA ONE und ARENA TWO, den ersten beiden Titeln der post-apokalyptischen SURVIVAL Action-Thriller-Trilogie, die in der Zukunft angesiedelt ist.
Sämtliche Bücher von Morgan Rice werden demnächst in deutscher Sprache erhältlich sein.
Bitte besuchen Sie auch www.morganricebooks.com. Morgan freut sich auf Ihren Besuch.
Ausgewählte Kommentare zu Morgan Rices Büchern
“Rice hat das Talent den Leser von der ersten Seite an in die Geschichte hineinzusaugen. Mit ihrer malerischen Sprache gelingt es ihr ein mehr als nur ein Bild zu malen – es läuft ein Film vor dem inneren Auge ab. Gut geschrieben und von wahnsinnig schnellem Erzähltempo.”
--Black Lagoon Reviews (zu Verwandelt)
“Eine ideale Geschichte für junge Leser. Morgan Rice hat gute Arbeit beim Schreiben einer interessanten Wendung geleistet. Erfrischend und einzigartig, mit klassischen Elementen, die in vielen übersinnlichen Geschichten für junge Erwachsene zu finden sind. Leicht zu lesen, aber von extrem schnellem Erzähltempo... Empfehlenswert für alle, die übernatürliche Romanzen mögen.”
--The Romance Reviews (zu Verwandelt)
“Es packte meine Aufmerksamkeit von Anfang an und ließ nicht los…. Diese Geschichte ist ein erstaunliches Abenteuer voll rasanter Action ab der ersten Seite. Es gab nicht eine langweilige Seite.”
--Paranormal Romance Guild (zu Verwandelt)
“Voll gepackt mit Aktion, Romantik, Abenteuer und Spannung. Wer dieses Buch in die Hände bekommt wird sich neu verlieben.”
--vampirebooksite.com (zu Verwandelt)
“Eine großartige Geschichte. Dieses Buch ist eines von der Art, das man auch nachts nicht beiseite legen möchte. Das Ende war ein derart spannender Cliffhanger, dass man sofort das nächste Buch kaufen möchte um zu sehen, was passiert.“
--The Dallas Examiner (zu Geliebt)
“Ein Buch das den Vergleich mit TWILIGHT und den VAMPIRE DIARIES nicht scheuen muss. Eines, das Sie dazu verleiten wird, ununterbrochen Seite um Seite bis zum Ende zu lesen! Wer Abenteuer, Liebesgeschichten und Vampire gerne mag, für den ist dieses Buch genau das Richtige!”
--Vampirebooksite.com (zu Verwandelt)
“Morgan Rice hat sich wieder einmal als extreme talentierte Geschichtenerzählern unter Beweis gestellt… Dieses Buch spricht ein breites Publikum an, auch die jüngeren Fans des Vampir/Fantasy-Genres. Es endet mit einem unerwarteten Cliffhanger der den Leser geschockt zurücklässt.
--The Romance Reviews (zu Geliebt)
Bücher von Morgan Rice
auf Deutsch erschienen
DER RING DER ZAUBEREIQUESTE DER HELDEN (Band 1)MARSCH DER KÖNIGE (Band 2)
LOS DER DRACHEN (Band 3)
RUF NACH EHRE (Band 4)
SCHWUR DES RUHMS (Band 5)
A CHARGE OF VALOR – ANGRIFF DER TAPFERKEIT(Band 6)
demnächst auf Deutsch erhältlich
A RITE OF SWORDS – RITUS DER SCHWERTER (Band 7)
A GRANT OF ARMS - GEWÄHR DER WAFFEN (Band 8)A SKY OF SPELLS – HIMMEL DER ZAUBER (Band 9)
A SEA OF SHIELDS – MEER DER SCHILDE (Band 10)A REIGN OF STEEL – REGENTSCHAFT DES STAHLS (Band 11)A LAND OF FIRE – LAND DES FEUERS (BAND 12)
A RULE OF QUEENS – DIE HERRSCHAFT DER KÖNIGINNEN (BAND 13)
demnächst auf Deutsch erhältlich
DIE SURVIVAL TRILOGIEARENA ONE: SLAVERSUNNERS (Band #1)ARENA TWO (Band #2)
auf Deutsch erschienen
THE VAMPIRE JOURNALS
VERWANDELT (Band #1)
GELIEBT (Band 2)
demnächst auf Deutsch erhältlich
BETRAYED (Band 3)
DESTINED (Band 4)
DESIRED (Band 5)BETROTHED (Band 6)
VOWED (Band 7)
FOUND (Band 8)
RESURRECTED (Band 9)CRAVED (Band 10)
HörenSie sich den Ring der Zauberei im Audiobuch-Format an!
Copyright © 2013 by Morgan Rice
Alle Rechte vorbehalten. Mit den im U.S. Copyright Act von 1976 erlaubten Ausnahmen ist es nicht gestattet, jeglichen Teil dieser Publikation in jeglicher Form oder über jegliche Mittel ohne die vorherige Erlaubnis des Autors zu vervielfältigen, zu verteilen oder zu übertragen, oder in einer Datenbank oder einem Abrufsystem zu speichern.
Dieses E-Book ist ausschließlich für den persönlichen Gebrauch zugelassen. Dieses E-Book darf nicht weiterverkauft oder an andere Personen weitergegeben werden. Wenn Sie dieses Buch mit einer anderen Person teilen möchten, erwerben Sie bitte ein zusätzliches Exemplar für jeden Empfänger. Wenn Sie dieses Buch lesen und nicht gekauft haben, oder es nicht ausschließlich für Ihren Gebrauch gekauft wurde, geben Sie es bitte zurück und erwerben Sie Ihr eigenes Exemplar. Vielen Dank, dass Sie die harte Arbeit des Autors respektieren.
Diese Geschichte ist frei erfunden. Namen, Figuren, Unternehmen, Organisationen, Orte, Ereignisse und Vorfälle sind entweder ein Produkt der Phantasie des Autors oder werden im fiktionalen Sinne verwendet. Jegliche Ähnlichkeit mit existierenden Personen, tot oder lebendig, ist rein zufällig.
INHALT
KAPITEL EINS
KAPITEL ZWEI
KAPITEL DREI
KAPITEL VIER
KAPITEL FÜNF
KAPITEL SECHS
KAPITEL SIEBEN
KAPITEL ACHT
KAPITEL NEUN
KAPITEL ZEHN
KAPITEL ELF
KAPITEL ZWÖLF
KAPITEL DREIZEHN
KAPITEL VIERZEHN
KAPITEL FÜNFZEHN
KAPITEL SECHZEHN
KAPITEL SIEBZEHN
KAPITEL ACHTZEHN
KAPITEL NEUNZEHN
KAPITEL ZWANZIG
KAPITEL EINUNDZWANZIG
KAPITEL ZWEUUNDZWANZIG
KAPITEL DREIUNDZWANZIG
KAPITEL VIERUNDZWANZIG
KAPITEL FÜNFUNDZWANZIG
KAPITEL SECHSUNDZWANZIG
KAPITEL SIEBENUNDZWANZIG
KAPITEL ACHTUNDZWANZIG
KAPITEL NEUNUNDZWANZIG
KAPITEL DREISSIG
“Der Feige stirbt schon vielmal, eh er stirbt,
Die Tapferen kosten einmal nur den Tod.”
--William Shakespeare
Gwendolyn lag mit dem Gesicht nach unten im Gras und spürte, wie der kalte Winterwind über ihre nackte Haut wehte. Als sich ihre Augenlider flatternd öffneten, kam die Welt langsam und entfernt in den Focus. Sie war an einem Ort weit weg von hier, auf einer sonnenbeschienenen Blumenwiese mit Thor und ihrem Vater gewesen. Alle hatten sie gelacht und waren glücklich. Die Welt war perfekt gewesen.
Doch nun, als sie sich zwang, ihre Augen zu öffnen, hätte sich die Welt vor ihr nicht drastischer von ihrem Traum unterscheiden können. Der Boden war hart, kalt und über ihr richtete sich langsam nicht ihr Vater, nicht Thor, sondern ein wahres Monster auf: McCloud. Er war fertig mit ihr, stand auf und zog seine Hose hoch und sah mit zufriedenem Blick auf sie herab.
Plötzlich erinnerte sie sich wieder an alles: Wie sie sich von Andronicus hatte gefangen nehmen lassen. Sein Verrat. McCloud, der sie angegriffen hatte. Ihre Wangen wurden rot vor Scham darüber, wie naiv sie gewesen war.
Sie lag da, ihr ganzer Körper schmerzte, ihr Herz brach, und am liebsten wäre sie gestorben.
Gwendolyn öffnete ihre Augen weiter und sah Andronicus‘ Armee, unzählige Krieger, die alle die Szene mitangesehen hatten, und sie schämte sich noch mehr. Sie hätte sich niemals dieser Kreatur ergeben sollen. Viel lieber wäre sie kämpfend untergegangen. Sie hätte auf Kendrick und die anderen hören sollen. Andronicus hatte ihren Impuls, sich für ihr Volk zu opfern ausgenutzt, und sie war auf ihn hereingefallen. Sie wünschte sich, ihm im Kampf begegnet zu sein: Selbst wenn sie gestorben wäre, wäre sie zumindest mit Würde und Ehre gestorben.
Gwendolyn wusste mit Sicherheit zum ersten Mal in ihrem Leben, dass sie bald sterben würde. Doch irgendwie störte sie das nicht mehr. Ob sie starb oder lebte war ihr egal, nur die Art, wie sie starb. Sie war noch nicht bereit. Sie wollte zu ihren eigenen Bedingungen sterben.
Als sie so mit dem Gesicht nach unten dalag, griff Gwen heimlich nach einem Klumpen Dreck.
„Du darfst jetzt aufstehen, Weib.“, befahl McCloud grob. „Ich bin fertig mit dir, Zeit, dass die anderen auch ihren Spaß mit dir haben.“
Gwen umgriff den Dreckklumpen so fest, dass ihre Handknöchel weiß hervortraten, und betete, dass es funktionieren würde.
In einer schnellen Bewegung fuhr sie herum und warf McCloud den Dreck in die Augen. Er hatte nicht damit gerechnet, schrie und stolperte rückwärts, während er versuchte, sich den Dreck aus den Augen zu wischen.
Gwen nutzte ihren Vorteil. In King’s Court aufgewachsen. war sie von den Kriegern des Königs aufgezogen worden, und sie hatten ihr beigebracht, immer ein zweites Mal anzugreifen, bevor der Feind die Gelegenheit hatte, sich zu erholen. Sie hatten ihr auch noch etwas anderes gelehrt: ob sie nun eine Waffe trug oder nicht, sie war immer bewaffnet. Sie konnte immer die Waffen des Feindes verwenden. Gwen sprang auf, zog den Dolch von McClouds Gürtel und rammte ihn zwischen seine Beine.
McCloud schrie fürchterlich, riss die Hände von seinen Augen und griff sich zwischen die Beine. Blut floss seine Beine herunter und er zog keuchend den Dolch heraus.
Sie war überrascht und stolz über diesen Treffer, darüber, dass es ihr gelungen war, zumindest eine kleine Rache an ihm zu nehmen. Doch sehr zu ihrer Überraschung machte ihn die Verletzung, die jeden anderen zu Boden geschickt hätte, nicht einmal langsamer in seinen Bewegungen. Dieses Monster war unaufhaltsam. Sie hatte ihn böse verwundet, genau da, wo er es am meisten verdiente, doch hatte ihn nicht getötet. Er sank ja noch nicht einmal auf die Knie!
Stattdessen zog McCloud den blutüberströmten Dolch heraus und grinste mit einem tödlichen Blick auf sie herab. Er beugte sich über sie, hielt den Dolch mit zitternden Händen umklammert und Gwendolyn wusste, dass ihre Zeit gekommen war. Doch wenigstens würde sie mit einem kleinen Bisschen Genugtuung sterben.
„Ich werde dein Herz herausschneiden und es dir in den Rachen stopfen!“, schrie er. „Mach dich bereit zu erfahren, was richtiger Schmerz ist!“
Gwendolyn bereitete sich darauf vor, den Dolch zu spüren, eines schmerzvollen Todes zu sterben. Sie hörte einen markerschütternden Schrei und einen Augenblick später erkannte Gwendolyn überrascht, dass es nicht ihr eigener Schrei war. Es war McCloud, der unter Qualen kreischte. Sie senkte ihre Arme und blickte verwirrt auf. McCloud hatte den Dolch fallen gelassen. Sie blinzelte ein paarmal und versuchte zu verstehen.
McCloud stand vor ihr und ein Pfeil ragte aus seinem Auge. Er schrie unaufhörlich. Blut quoll aus der Augenhöhle und er griff nach dem Pfeil. Sie verstand nicht. Jemand hatte auf ihn geschossen. Aber wie? Und wer?
Gwen drehte sich in die Richtung herum, aus der der Pfeil gekommen war, und ihr Herz machte einen Sprung, als sie Steffen mit seinem Bogen inmitten einer großen Gruppe von Kriegern stehen sah. Noch bevor irgendjemand gewahr werden konnte, was geschah, schoss Steffen sechs weitere Pfeile ab, und einer nach dem anderen fielen die sechs Krieger, die neben McCloud gestanden waren. Alle mit Pfeilen durch den Hals. Alle Tot.
Steffen wollte gerade den nächsten Pfeil aus dem Köcher ziehen, als er schließlich entdeckt wurde und sich eine große Gruppe von Kriegern auf ihn stürzte und ihn zu Boden schlug.
McCloud, immer noch kreischend, wandte sich um und verschwand in der Menge. Zu ihrer großen Verwunderung war er immer noch am Leben. Sie hoffte, dass er qualvoll verbluten würde. Gwens Herz war voller Dankbarkeit gegenüber Steffen, mehr als er sich das je vorstellen konnte. Sie wusste, dass sie heute sterben würde, doch wenigstens würde es nicht von der Hand McClouds sein.
Es wurde still im Lager als sich Andronicus erhob und langsam auf Gwendolyn zulief. Sie lag da und sah, wie er auf sie zukam, unglaublich groß, ein Koloss von einem Mann. Seine Krieger folgten ihm als er sich ihr näherte und über dem Lager breitete sich eine Totenstille aus – nur das Heulen des Windes war zu hören.
Andronicus blieb kurz vor ihr stehen und sah ausdruckslos auf sie herab. Er griff nach den Schrumpfköpfen an seiner Kette und spielte mit ihnen. Ein seltsames Geräusch drang aus den Tiefen seines Halses, wie ein schnurren. Er schien sowohl wütend als auch fasziniert zu sein.
„Du hast dich dem großen Andronicus widersetzt.“, sagte er langsam, und das gesamte Lager lauschte seinen Worten. Seine Stimme überschlug sich vor Autorität und hallte weit über die Ebene. „Es wäre einfacher gewesen, wenn du dich deiner Bestrafung ergeben hättest. Nun wirst du lernen, was echter Schmerz ist.“
Andronicus zog ein Schwert, das länger war als jedes andere, das Gwen je gesehen hatte. Es muss über zwei Meter lang gewesen sein und der Klang, als Andronicus es aus der Scheide zog hallte über das Schlachtfeld. Er hielt es hoch und ließ es im Licht blitzen. Die Reflexion war so stark, dass sie sie blendete. Er betrachtete sich selbst in der Klinge als er es in den Händen drehte und wog, als ob er es zum ersten Mal sehen würde.
„Du bist eine Frau von edler Geburt.“, sagte er. „Da ist es nur passend, dass ihr den Tod durch ein edles Schwert findet.“
Andronicus machte zwei Schritte auf sie zu, griff den Knauf mit beiden Händen und hob das Schwert hoch über seinen Kopf.
Gwendolyn schloss die Augen. Sie hörte das Pfeifen des Windes, das Rauschen des Grases, und plötzlich blitzten scheinbar wahllos Erinnerungen ihres Lebens vor ihr auf. Sie fühlte alles, was sie je geschafft hatte, jeden, den sie geliebt hatte. Ihre letzten Gedanken gehörten Thor. Sie griff nach dem Amulett um ihren Hals, das er ihr gegeben hatte, und hielt es fest umschlungen. Sie konnte spüren, wie eine warme Kraft durch den alten roten Stein pulsierte und erinnerte sich an Thors Worte, als er es ihr gegeben hatte: Dieses Amulett kann dein Leben retten.
Ihre Finger schlossen sich fester um das Amulett, das in ihrer Hand pulsierte, und sie betete mit jeder Faser ihres Seins zu Gott.
Bitte Gott, lass das Amulett seine Wirkung entfalten. Bitte rette mich, nur dieses eine Mal. Erlaube mir, Thor wiederzusehen.
Gwendolyn öffnete die Augen und erwartete, dass sie sehen würde, wie Andronicus Schwert auf sie herabsauste. Doch was sie sah ließ sie sprachlos werden. Andronicus stand da wie eingefroren, sah über sie hinweg, als ob sich jemand hinter ihr nähern würde Er schien überrascht, ja sogar verwirrt, und das war nicht gerade ein Ausdruck, den sie von ihm erwartet hätte.
„Du wirst deine Waffe nun langsam senken.”, sagte eine Stimme hinter Gwendolyn.
Gwendolyn war wie elektrifiziert vom Klang der Stimme. Sie kannte sie. Sie fuhr herum und sah hinter sich eine Person, die sie so gut kannte wie ihren eigenen Vater.
Argon.
Da stand er in eine weiße Robe mit einer Kapuze gehüllt; seine Augen glühten mit einer Intensität, die sie noch nie zuvor gesehen hatte, und starrten Andronicus an. Sie und Steffen lagen zwischen diesen beiden Titanen. Beide waren Wesen von unvorstellbarer Macht, einer auf Seiten der Finsternis, einer auf Seiten des Lichts, und standen sich nun gegenüber. Sie konnte den Krieg, der auf spiritueller Ebene über ihr tobte fast greifen.
„Werde ich das?“ spottete Andronicus und grinste ihn an.
Doch bei all seinem Grinsen konnte Gwen sehen, wie seine Lippen bebten und sich zum ersten Mal so etwas wie Furcht in Andronicus‘ Augen abzeichnete. Sie hatte nie gedacht, dass sie das einmal sehen würde. Andronicus musste wissen, wer Argon war. Und was immer er auch über Argon wusste, war genug, dass sich der mächtigste Mann der Welt fürchtete.
„Du wirst dem Mädchen keinen weiteren Schaden mehr zufügen“, sagte Argon ruhig. „Du wirst ihre Kapitulation akzeptieren.“ Er trat mit leuchtenden Augen näher. „Du wirst ihr erlauben, sich zu ihren Leuten zurückzuziehen. Und du wirst ihren Leuten erlauben, zu kapitulieren, wenn sie das wünschen. Ich sage dies nur ein einziges Mal. Es wäre klug von dir, es anzunehmen.“
Andronicus starrte Argon an und blinzelte ein paarmal, gerade so, als ob er unentschlossen wäre.
Dann schließlich warf er seinen Kopf in den Nacken und lachte schallend. Es war das lauteste und finsterste Lachen, das Gwen je gehört hatte. Es füllte das gesamte Lager und schien bis in den Himmel zu schallen.
„Deine Zaubertricks wirken bei mir nicht alter Mann!“, lachte Andronicus. „Ich habe vom Großen Argon gehört. Vor langer Zeit einmal bist du mächtig gewesen. Mächtiger als die Menschen, die Drachen, sogar als der Himmel selbst, sagt man. Doch deine Zeit ist um. Jetzt ist eine neue Zeit angebrochen. Die Zeit des Großen Andronicus. Du bist nicht mehr als ein Relikt. Ein Überbleibsel aus längst vergangenen Zeiten, als die MacGils herrschten und die Magie stark war. Als der Ring unbezwingbar war. Doch dein Schicksal ist an den Ring gebunden. Und jetzt ist der Ring schwach. So wie du.
Du bist ein Narr, dich mir entgegenzustellen, alter Mann. Dafür wirst du Leiden. Dafür wirst du jetzt die Macht des Großen Andronicus kennenlernen.“
Andronicus grinste und hob erneut sein Schwert hoch über Gwendolyn und sah dabei Argon direkt in die Augen.
„Ich werde das Mädchen langsam vor deinen Augen töten.“, sagte Andronicus. „Dann den Buckligen. Als nächstes werde ich mir dich vornehmen und dich verstümmeln. Doch ich werde dich am Leben lassen als Beweis für die Größe meiner Macht!“
Gwendolyn kniff die Augen zu, als Andronicus das Schwert langsam auf ihren Kopf zu senkte. Plötzlich geschah etwas: Sie hörte ein Geräusch die Stille durchdringen, ein Geräusch wie tausend Feuer, gefolgt von Andronicus Schrei.
Sie öffnete ungläubig die Augen und sah Andronicus‘ Gesicht vor Schmerz verzerrt, wie er sein Schwert fallen ließ und auf die Knie ging. Sie sah, wie Argon Schritt für Schritt auf ihn zuging und eine Hand vorgestreckt hatte, die von der einer violett leuchtenden Kugel aus Licht umgeben war. Die Kugel wurde immer grösser, umschloss Andronicus und Argon, der ausdruckslos weiter auf ihn zuging.
Andronicus kauerte sich am Boden zusammen, als das Licht ihn einhüllte.
Seine Männer keuchten, doch keiner wagte sich ihm zu nähern. Entweder hatten sie alle Angst vor Argon, oder er hatte sie mit einem Zauber belegt, der sie hilflos machte.
„MACH DASS ES AUFHÖRT!“, schrie Andronicus und hielt sich die Ohren zu. „ICH FLEHE DICH AN!“
„Du wirst dem Mädchen keinen weiteren Schaden zufügen.“, sagte Argon langsam.
„Ich werde ihr keinen weiteren Schaden zufügen!“, wiederholte Andronicus wie in Trance.
„Du wirst sie nun freilassen und zu ihrem Volk zurückkehren lassen.“
„Ich werde sie freilassen und zu ihrem Volk zurückkehren lassen!“
„Du wirst ihrem Volk die Gelegenheit geben, zu kapitulieren.“
„Ich werde ihrem Volk die Gelegenheit geben, zu kapitulieren!“ kreischte Andronicus. „Bitte! Ich will alles tun!“
Argon holte tief Luft und hielt schließlich inne. Das Licht verblasste als er langsam seinen Arm senkte.
Gwen sah in erschrocken an; sie hatte Argon nie in Aktion gesehen, und sie konnte seine Macht kaum fassen. Es war, als würde sie zusehen, wie sich der Himmel selbst öffnete.
Thor wand sich unter den Händen der Empire Krieger, und musste hilflos mitansehen, wie Durs, der Mann, den er einmal für seinen Bruder gehalten hatte, sein Schwert hob, um ihn zu töten. Thor schloss die Augen und wusste, dass seine Zeit gekommen war. Er war wütend auf sich selbst, weil er so naiv und vertrauensselig gewesen war. Sie hatten ihn die ganze Zeit über an der Nase herumgeführt direkt auf die Schlachtbank. Viel Schlimmer noch, als ihr Anführer sahen die anderen Jungen zu Thor auf, vertrauten auf seine Führung. Er hatte nicht nur sich selbst enttäuscht, er hatte die anderen im Stich gelassen. Seine Naivität, seine vertrauensselige Natur, hatte sie alle in Gefahr gebracht.
Während er versuchte, sich zu wehren, versuchte er seine Kräfte zu rufen, sie von irgendwo tief in ihm heraufzubeschwören, gerade genug, um sich zu befreien und zurückzuschlagen. Doch so sehr er sich auch abmühte, sie wollten ihm nicht gehorchen. Seine körperlichen Kräfte waren gerade nicht ausreichend, um sich aus dem Griff der Krieger zu befreien.
Thor spürte, wie der Wind sein Gesicht streichelte, als Durs das Schwert auf ihn herabsenkte, und bereitete sich auf den Schlag vor. Er war noch nicht bereit zu sterben In seinem Geist sah er Gwendolyn, die im Ring auf ihn wartete. Er hatte das Gefühl, dass er auch sie im Stich gelassen hatte.
Plötzlich hörte Thor einen Schlag, öffnete die Augen und stellte überrascht fest, dass er noch am Leben war. Durs Arm war mitten im Schlag von einem riesigen Empire Krieger festgehalten worden, der Durs um einiges überragte – was nicht einfach war, Anbetracht Durs eigener Größe. Er hatte Durs Handgelenk ergriffen, als die Klinge nur noch Zentimeter über Thor schwebte.
Durs wandte sich überrascht dem Mann zu.
„Andronicus will nicht, dass er getötet wird.“, zischte der Krieger Durs finster an. „Er will sie alle lebend haben. Als Gefangene.“
„Davon hat mir niemand etwas gesagt!“, protestierte Durs.
„Der Handel war, dass wir sie töten könnten!“, fügte Dross hinzu.
„Das könnt ihr nicht verlangen!“, schrie Drake.
„Können wir nicht?“, antwortete er finster. „Wir können tun, was uns gefällt. Oh ja, und ihr seid nun auch unsere Gefangenen.“ Der Krieger grinste breit. „Je mehr Angehörige der Legion wir haben, umso höher wird die Bezahlung ausfallen.“
Durs sah den Krieger an, sein Gesicht von Entrüstung gezeichnet, und im nächsten Augenblick brach heilloses Chaos aus, als sich die Krieger auf die drei Brüder stürzten, sie niederrangen und ihnen die Hände fesselten.
Thor nutzte das Chaos und sah sich nach Krohn im, der nur ein paar Meter weit weg im Schatten lauerte.
„Krohn hilf mir!“, rief Thor. „JETZT!“
Krohn sprang mit einem Knurren vor, stürzte sich auf einen den Krieger, der Thor festhielt und grub seine Zähne in dessen Hals. Thor konnte seine Hand befreien und Krohn machte sich über den nächsten Mann her, und denn nächsten, bis sich Thor befreit hatte und sein Schwert ergreifen konnte. Thor fuhr herum und schlug mit einem einzigen Hieb drei Männern den Kopf vom Körper.
Thor rannte zu Reece, der ihm am nächsten war, und stach seinem Wächter direkt ins Herz; befreite ihn, sodass auch er sein Schwert ziehen, und sich mit ihm in den Kampf stürzen konnte. Sie machten sich daran, die anderen Krieger anzugreifen und Elden, O’Connor, Conval und Conven zu befreien. Die Krieger waren damit abgelenkt, Drake, Durs und Dross aufzuhalten, und als sie bemerkten, was vor sich ging, war es zu spät. Thor, Reece, O’Connor, Elden, Conval und Conven waren alle frei und bewaffnet. Sie waren nach wie vor in der Unterzahl und wussten, dass der Kampf kein einfacher sein würde. Doch zumindest wussten, sie, dass sie eine Chance haben würden. Unerschrocken und leidenschaftlich stürzten sie sich auf ihre Feinde. Die noch verbliebenen sechsundneunzig Krieger des Empires griffen an und Thor hörte weit über sich einen Schrei, blickte auf, und sah Estopheles. Sein Falke stürzte sich herab und kratzte dem feindlichen Anführer die Augen aus. Estopheles griff nacheinander weitere Krieger an, und schaltete auch sie, einen nach dem anderen, aus.
Während des Angriffs lud Thor einen Stein in seine Schleuder, holte aus und traf einen Mann an der Schläfe, gerade bevor er ihn erreichen konnte; O’Connor gelang es, zwei Pfeile abzuschießen, und beide trafen ihr Ziel mit tödlicher Präzision. Elden spießte zwei Gegner gleichzeitig mit seinem Speer auf, doch das war nur der Anfang – es blieben unzählige Krieger übrig.
Unter lautem Schlachtgeschrei trafen sie aufeinander. Wie man es ihm beigebracht hatte, konzentrierte sich Thor auf einen Krieger, und wählte sich dafür den aus, der am größten und gemeinsten aussah, hob sein Schwert und stürzte sich auf ihn. Dem Mann gelang es, Thors Schlag mit dem Schild abzuwehren, und parierte sofort mit seinem Hammer in Richtung von Thors Kopf.
Thor wich aus, und als der Hammer neben ihn zur Erde sauste, zog er seinen Dolch und rammte ihn dem Mann in den Bauch; er brach tot zusammen.
Thor hob seinen Schild gerade rechtzeitig, um den Angriff von zwei feindlichen Kriegern mit ihren Schwertern abzuwehren. Er parierte und tötete dabei einen von ihnen. Er wollte gerade dem anderen einen Hieb versetzen, als er aus dem Augenwinkel sah, wie ein anderer ihn von hinten mit dem Schwert angriff; er fuhr herum und wehrte den Schlag mit seinem Schild ab.
Thor wurde nun von allen Seiten angegriffen – sie waren zahlenmäßig immer noch weit unterlegen – und die Hiebe regneten nur so auf ihn herunter. Er hatte weder die Zeit noch die Energie um anzugreifen – er konnte nicht mehr tun, als sich zu verteidigen. Und es stürzten sich immer mehr Männer auf ihn.
Er sah zu seinen Waffenbrüdern hinüber und erkannte, dass es ihnen nicht besser erging: Jedem von ihnen war es gelungen, ein oder zwei feindliche Krieger zu töten. Doch derart in der Unterzahl, zahlten sie den Preis für ihre Tapferkeit – jeder von ihnen hatte bereits unzählige leichtere Wunden erlitten. Und das trotz der Hilfe von Krohn, der selbst einen feindlichen Krieger nach dem anderen attackierte, und der Hilfe von Indra, die Steine auf die Männer des Empire warf. Es war nur eine Frage der Zeit, bis sie umzingelt wären, und sie sterben müssten.
„Befreit uns!“, kam eine Stimme.
Thor wandte sich um und sah Drake, der genau wie seine Brüder nur ein paar Meter weit weg gefesselt lag.
„Befreit uns!“, wiederholte er. „Und wir werden euch helfen, gegen sie zu kämpfen! Wir kämpfen für dieselbe Sache!“
Als Thor sein Schild hob um wieder einen harten Schlag abzuwehren, diesmal von einer Kriegsaxt, erkannte er, dass die Hilfe der drei von unschätzbarem Wert sein könnte. Ohne sie hatten sie klar keine Chance, siegreich aus dem Kampf hervorzugehen. Thor war sich alles andere als sicher, ob er ihnen trauen konnte, doch er war an einem Punkt angelangt, an dem er nichts zu verlieren hatte. Immerhin hatten die drei Brüder selbst eine Motivation zu kämpfen.
Thor wehrte den nächsten Schwerthieb ab, ließ sich auf die Knie fallen und rollte zu den Brüdern hinüber. Er sprang auf, zerschnitt ihre Fesseln und schützte sie währenddessen vor den Schlägen der Empire Krieger. Alle drei schnappten sich ihre Schwerter und warfen sich in den Kampf.
Drake, Dross und Durs stürzten sich schlagend und Schwerter-schwingend in die Menge. Jeder von ihnen war groß und ein geübter Kämpfer, und die Verstärkung traf die Männer des Empire unvorbereitet, mit der Folge, dass binnen weniger Augenblicke etliche von ihnen fielen. Thor hatte gemischte Gefühle sie, nach allem was sie getan hatten, zu befreien – doch Anbetracht der Umstände, schien es eine kluge Wahl zu sein. Besser als der Tod.
Nun, da sie zu neunt gegen die verbleibenden achtzig Krieger kämpften war die Quote noch immer fürchterlich schlecht, aber wenigstens etwas besser als zuvor.
Die Waffenbrüder konnten sich auf ihre erlernten Fähigkeiten verlassen, an die Übungen, die ihnen beim Training mit den Hundert in Fleisch und Blut übergegangen sind, die zahllosen Übungseinheiten, in denen sie eingekreist und in der Unterzahl gekämpft hatten; Sie taten, was ihnen Kolk und Brom beigebracht hatten: Sie zogen sich selbst in einen engen Kreis zurück, und mit einander zugewandten Rücken wehrten sie die Angriffe der feindlichen Krieger als Einheit ab. Ermutigt durch die Ankunft von drei weiteren Kämpfern verspürten sie alle neuen Aufschwung und kämpften noch energischer als zuvor.
Conval zückte seinen Kriegsflegel, schwang ihn weit und schlug die Feinde immer wieder. So gelang es ihm drei der Empire Krieger niederzustrecken, bevor jemand ihm die Kette entriss. Sein Bruder Conven verwendete einen Streitkolben, zielte tief und zertrümmerte den feindlichen Kriegern die Beine mit der schweren gespickten Metallkugel.
Auf die kurze Distanz konnte O’Connor seinen Bogen nicht verwenden, doch er konnte seine Wurfdolche aus seinem Gürtel ziehen, sie in die Menge werfen und damit zwei Krieger töten. Und Thor und Reece blockten und parierten virtuos mit ihren Schwertern. Einen Augenblick lang fühlte sich Thor optimistisch.
Dann sah Thor aus dem Augenwinkel etwas, das ihn störte. Er beobachtete, wie einer der drei Brüder sich aus der Gruppe löste und durch den Kreis spurtete; Thor wandte sich um und sah Durs. Er stürzte sich nicht auf einen Krieger des Empire, sondern kam direkt auf ihn zu.
Es geschah zu schnell, und Thor, der zwei feindliche Krieger vor sich abwehren musste, konnte sich nicht rechtzeitig umdrehen.
Thor war sich sicher, dass er sterben musste. In den Rücken gestochen von dem Mann, den er einst für seinen Bruder gehalten hatte und dem er naiv zwei Mal das Vertrauen geschenkt hatte.
Plötzlich tauchte Conval aus dem Nichts vor Thor auf, um ihn zu schützen.
Und als Durs Schwert auf Thors Rücken hinabsauste, fand es stattdessen sein Ziel in Convals Brust.
Thor fuhr herum und schrie: „CONVAL!“
Conval stand wie eingefroren da, die Augen zu einem Starren weit aufgerissen, als er zusah, wie das Schwert seinen in seinen Körper drang, sein Herz traf und sein Blut überall hin spritzte.
Durs stand da und starrte zurück, ebenso überrascht.
Conval fiel auf die Knie, und das Blut schoss schwallweise aus seiner Brust. Thor musste mitansehen, wie Conval, sein Waffenbruder, den er liebte wie einen leiblichen Bruder zu Boden sank und starb. Um Thors Leben zu retten.
Durs stand über ihm, sah zu Boden und schien schockiert über das, was er gerade getan hatte.
Thor schoss vor, um Durs zu töten – doch Conven kam ihm zuvor. Convals Zwillingsbruder stürzte sich auf Durs, holte mit dem Schwert weit aus und schlug ihm mit einem langen Schwung den Kopf ab. Durs Körper sackte zu Boden während sein Kopf ein paar Meter weiter aufschlug und weiterrollte.
Thor stand da und fühlte sich hohl, erdrückt von Schuld. Es war eine Fehleinschätzung zu viel gewesen. Wenn er Durs nicht befreit hätte, wäre Conval womöglich noch am Leben.
Da der Kreis nun gebrochen war, bat sich den feindlichen Kriegern die Gelegenheit für den finalen Angriff: Sie stürmten in den offenen Kreis, und Thor fühlte, wie ihn ein Kriegshammer zwischen die Schulterblätter traf; die Stärke des Schlages schickte ihn zu Boden.
Noch bevor er sich wieder aufrappeln konnte, fühlte er einen Fuß auf seinem Rücken, ein feindlicher Krieger griff ihn bei den Haaren und drückte ihm einen Dolch an den Hals.
„Verabschiede dich, mein Junge!“, sagte er.
Thor schloss die Augen und fühlte, wie er in eine andere Welt versetzt wurde.
Bitte Gott, betete er still. Erlaube mir diesen Tag zu überleben. Gib mir die Stärke, diese Männer zu besiegen; an einem anderen Tag, an einem anderen Ort, mit Ehre zu sterben. Lange genug zu leben, um Convals Tod zu rächen. Um Gwendolyn noch ein einziges Mal wiederzusehen.
Während er dalag und beobachtete, wie sich der Dolch auf ihn herabsenkte, fühlte er wie die Zeit langsamer wurde und fast stehen blieb. Er spürte eine plötzliche Welle von Hitze die durch seine Beine, seinen Oberkörper und seine Arme bis in seine Hände und seine Fingerspitzen wogte, ein Prickeln, so intensiv, dass er nicht einmal mehr seine Hand zur Faust schließen konnte. Eine unglaubliche Energie war bereit, aus ihm herauszubrechen.
Thor fuhr herum, fühlte sich mit neuer Kraft aufgeladen, und hob seine Hand gegen seinen Angreifer. Eine Kugel weißen Lichts schoss aus seiner Hand hervor und ihre Wucht warf den Angreifer von ihm und weit über das Schlachtfeld, wo er mehrere andere Krieger umwarf.
Thor stand berstend vor Energie da und zielte mit seinen Händen auf die feindlichen Krieger. Während er das tat, traten weitere Kugeln weißen Lichts aus seinen Handflächen hervor und hinterließen Schneisen der Verwüstung, so schnell und so intensiv, dass binnen weniger Minuten alle Angreifer in Haufen tot auf dem Schlachtfeld lagen. Als wieder Ruhe einkehrte, nahm Thor Bestand auf. Er, Reece, O’Connor, Elden, und Conven waren am Leben. Neben ihm erfreuten sich Krohn und Indra bester Gesundheit, auch wenn Krohn deutlich erschöpft und außer Atem war. Alle Krieger des Empire, die sie angegriffen hatten, waren tot – ebenso wie Durs. Zu seinen Füssen lag Conval, ebenfalls tot.
Auch Dross hatte es nicht überlebt, aus seinem Herzen ragte das Schwert eines Empire Kriegers.
Der einzige der drei Verräter, der noch am Leben war, war Drake. Er lag stöhnend auf dem Boden und in seinem Bauch klaffte eine Dolchwunde. Thor ging zu ihm hinüber, als Reece, O’Connor und Elden ihn grob hochzerrten. Wimmernd vor Schmerzen und kaum bei Bewusstsein grinste er sie unverschämt an.
„Du hättest uns von Anfang an töten sollen.“, zischte er und Blut tropfte aus seinem Mund. Er musste husten. „Du bist schon immer schrecklich naiv gewesen. Einfach dumm.“
Thors Gesicht wurde rot, und er wurde nur noch wütender auf sich, dafür, dass er ihnen je vertraut hatte. Er kochte vor Wut, am meisten darüber, dass seine Naivität Conval das Leben gekostet hatte.
„Ich werde dich ein einziges Mal fragen“, knurrte Thor. „Antworte mir wahrheitsgemäß, und ich werde dich am Leben lassen. Lüge mich an, und du wirst deinen Brüdern folgen. Du hast die Wahl.“
Drake hustete.
„Wo ist das Schwert?“, fragte Thor. „Und diesmal will ich die Wahrheit hören.“
Drake musste immer wieder Husten bevor er schließlich seinen Kopf heben konnte. Er blickte auf und sah Thor mit hasserfülltem Blick in die Augen.
“Im Nimmersee.”
Thor sah zunächst die anderen, dann Drake verwirrt an.
„Der Nimmersee?“
„Das ist ein bodenloser See.“, mischte sich Indra ein und trat vor. „Auf der anderen Seite der Großen Wüste. Es ist der tiefste See, den man sich vorstellen kann.“
Thor sah Drake grimmig an.
„Warum?“, wollte er wissen.
Drake hustete. Er wurde schwächer.
„Auf Befehl von Gareth“, keuchte er. „Er wollte, dass wir es irgendwo loswerden, von wo es nie wieder in den Ring zurückkehren würde.“
„Aber warum?“, hakte Thor nach. „Warum wollte er das Schwert zerstören?“
Drake sah im in die Augen.
„Wenn er es schon nicht führen konnte“, sagte Drake, „dann sollte es keiner tun.“
Thor sah ihn lange an und war sich schließlich sicher, dass er die Wahrheit gesagt hatte.
„Dann haben wir nicht viel Zeit.“, sagte Thor und wandte sich zu gehen.
Drake schüttelte den Kopf.
„Ihr werdet es niemals rechtzeitig schaffen.“
„Wir denken nicht wie du.“, antwortete er. „Wir leben nicht um uns selbst zu retten. Wir leben für die Ehre, für unseren Kodex. Und wir werden gehen, wo immer uns das hinführt.“
„Siehst du nicht, wo eure Ehre euch hingeführt hat?“, sagte Drake. „Selbst mit deiner Ehre bist du ein Narr, so wie die anderen. Ehre ist wertlos.“
Thor sah ihn grimmig an. Er konnte kaum glauben, dass er im selben Haus wie er groß geworden ist, dass er seine gesamte Kindheit mit einem Monster wie ihm verbracht hatte. Thors Handknöchel wurden weiß als er seinen Schwertknauf umklammerte, und sich nichts sehnlicher wünschte, als ihn zu töten. Drakes Blick folgte seiner Hand.
„Tu es.“, sagte er. „Töte mich. Bringe es ein für alle Mal zu einem Ende.“
Thor sah ihn lange an, und hätte es nur zu gerne getan. Doch er hatte Drake sein Wort gegeben, dass er ihn nicht töten würde, wenn er die Wahrheit sagen würde. Und Thor stand zu seinem Wort.
„Das werde ich nicht tun.“, sagte Thor schließlich. „So sehr du es auch verdient haben magst. Du wirst nicht von meiner Hand sterben, denn dann wäre ich nicht besser als du.“
Als Thor sich umdrehte, stürzte Conven vor und schrie.
„Für meinen Bruder!“
Bevor auch nur einer von ihnen reagieren konnte, hob er sein Schwert und stieß es durch Drakes Herz. Verzweifelte Wut und Trauer waren in Convens Augen zu sehen, als er Drake in einer tödlichen Umarmung hielt und zusah, wie dessen Körper tot zu Boden fiel/
Thor sah auf ihn herab, und wusste, dass der Tod von seiner Hand zumindest ein geringer Trost für Conven sein würde. Für sie alle. Doch es war zumindest etwas.
Thor ließ den Blick über die riesige Wüste vor ihnen schweifen und wusste, dass das Schwert irgendwo am anderen Ende war. Es schien als würde eine ganze Welt zwischen ihnen und der Schwert liegen.
Gerade als sie dachten, dass sie am Ende ihrer Reise angekommen waren, mussten sie feststellen, dass sie noch nicht einmal begonnen hatte.
.
Erec saß inmitten der anderen Ritter in der Waffenhalle des Barons in dessen Schloss, sicher hintern den Toren von Savaria, alle sichtlich mitgenommen von der Begegnung mit den Kreaturen. Neben ihm saß sein Freund Brandt, der seinen Kopf in die Hände gestützt hatte, so wie viele der anderen auch. Die Stimmung war bedrückt.
Erec spürte es auch. Jeder Muskel in seinem Körper schmerzte vom Kampf mit den Männern des Lords und mit den Monstern. Es war eine der härtesten Schlachten seines Lebens gewesen, und der Baron hatte zu viele Männer verloren. Als Erec darüber nachdachte, bemerkte er, dass ohne Alistair Brandt und er jetzt tot wären.
Erec war voll Dankbarkeit ihr gegenüber – und noch mehr: Sie hatte das Feuer seiner Liebe neu angefacht. Er war fasziniert von ihr – er hatte immer schon gespürt, dass sie etwas Besonderes war, sogar dass sie eine gewisse Kraft ausstrahlte. Doch das, was heute geschehen war, war der Beweis. Er hatte das brennende Verlangen, mehr darüber zu erfahren, wer sie war und über das Geheimnis ihrer Herkunft. Doch er hatte geschworen nicht neugierig zu sein – und er pflegte, sein Wort zu halten.
Erec konnte nicht abwarten, bis die Zusammenkunft vorüber war und er sie wieder sehen konnte.
Die Ritter des Barons waren schon seit Stunden zusammengesessen und hatten darüber diskutiert, was als nächstes zu tun war. Der Schild existierte nicht mehr, und Erec versuchte immer noch, die Konsequenzen zu verstehen. Es bedeutete, dass Savaria nun anfällig für Angriffe von Außen sein würde; und viel schlimmer noch, Boten waren in die Stadt gekommen mit Nachrichten von der Invasion von Andronicus‘ Armee, davon was in King’s Court und Silesia geschehen war. Erecs Mut sank. Sein Herz drängte ihn, zu seinen Brüdern bei den Silver zurückzukehren, um seine Heimatstädte zu verteidigen. Doch er war hier, in Savaria, wo das Schicksal ihn hingeführt hatte. Er wurde hier auch gebraucht: Die Stadt des Barons und ihre Leute waren immerhin ein wichtiger strategischer Bestandteil des Reiches der MacGils, und mussten verteidigt werden.
Doch mit den neuen Berichten, dass Andronicus eines seiner Bataillone losgeschickt hatte, um Savaria anzugreifen, wusste Erec, dass Andronicus Armee, die mehr als eine Million Mann stark war, sich bald bis in den letzten Winkel des Rings ausbreiten würde.
Wenn Andronicus mit einem Gegner fertig war, ließ er nichts zurück. Erec hatte die Geschichten von Andronicus‘ Eroberungen sein ganzes Leben lang gehört, und er wusste, dass seine Grausamkeit ohne Gleichen war. Durch das einfache Gesetz der Zahl war klar, dass die wenigen hundert Männer des Barons selbst einem einzigen Bataillon von Andronicus Armee nahezu wehrlos gegenüber stehen würden. Savaria war dem Untergang geweiht.
„Ich sage wir kapitulieren“, erklärte der Berater des Barons, ein grauhaariger alter Krieger, der vornübergebeugt an einem großen rechteckigen Holztisch saß, verloren in einen Krug mit Bier starrte und ihn dann auf den Tisch schlug. Die anderen Krieger verstummten und sahen ihn an.
„Welche Wahl haben wir schon?“. Fügte er hinzu. „Wir sind ein paar Hundert gegen eine Armee von einer Million Männern.“
„Vielleicht können wir die Stadt verteidigen, sie zumindest halten.“, warf ein anderer Krieger ein.
„MacGil ist tot.”, gab ein anderer Krieger zu bedenken. „Niemand wird zu unserer Hilfe kommen.“
„Doch seine Tochter lebt.“, entgegnete ein anderer. „Und auch seine Männer. Sie würden uns nicht einfach hier im Stich lassen!“
„Sie können sich doch kaum selbst verteidigen!“, protestierte ein anderer.
Die Männer fingen an, wild zu diskutieren und drehten sich mehr oder weniger im Kreis.
Erec saß da, beobachtete alles und fühlte sich hohl. Ein Bote war vor wenigen Sunden gekommen und hatte die furchtbaren Nachrichten von Andronicus‘ Invasion gebracht, und – die Nachricht, die für Erec fast noch schlimmer war – dass MacGil ermordet worden war. Erec war so lange so weit von King’s Court fort gewesen, dass dies das erste Mal war, dass ihn Nachrichten erreichten – und es war, als hätte jemand ihm einen Dolch ins Herz gestoßen. Er hatte MacGil wie einen Vater geliebt, und sein Verlust ließ ihn sich so unglaublich leer fühlen.
Stille legte sich über den Raum als sich der Baron räusperte, und alle Augen legten sich auf ihn.
„Wir sind in der Lage unsere Stadt gegen einen Angriff zu verteidigen.“, sagte der Baron. „Mit unseren Fähigkeiten und der Stärke dieser Mauern, können wir sie gegen eine Armee halten, die fünfmal so groß ist wie unsere – vielleicht sogar zehnmal. Und wir haben genug Vorräte, um eine wochenlange Belagerung auszusitzen. Gegen jede normale Armee würden wir siegen.“
Er seufzte.
„Doch das Empire hat keine normale Armee.“, fügte er hinzu. „wir können uns nicht gegen eine Armee wie diese verteidigen. Es wäre umsonst.“
Er machte eine Pause.
„Doch Aufzugeben ist auch nicht besser. Wir alle wissen, was Andronicus mit seinen Gefangenen macht. Es scheint mir, als müssten wir so oder so sterben. Die Frage ist nur, ob wir kämpfend oder sitzend untergehen. Ich sage, wir sterben kämpfend!“
Zustimmender Jubel brach im Raum aus. Erec konnte ihm nur zustimmen.
„Dann bleibt uns nichts anderes zu tun“, fuhr der Baron fort, „als Savaria zu verteidigen. Wir werden nicht kapitulieren. Wir werden wahrscheinlich sterben. Doch wir werden es Seite an Seite kämpfend tun!“
Tiefe Stille breitete sich aus und sie sahen sich ernst an. Dann nickten sie. Trotzdem schien es so, als würde jeder einzelne verzweifelt nach einer anderen Lösung suchen.
„Es gibt einen anderen Weg.“, sagte Erec schließlich in die Runde.
Er konnte spüren, wie sich alle Blicke auf ihn legten.
Der Baron nickte ihm zu und erteilte ihm damit das Wort.
„Wir können angreifen.“, sagte Erec.
„Angreifen?“, riefen die Männer überrascht aus. „Wir paar hundert Mann, diese riesige Armee angreifen? Erec, ich weiß, dass du furchtlos bist, doch bist du jetzt vollkommen verrückt geworden?“
Erec schüttelte todernst den Kopf.
„Was du nicht in Betracht ziehst ist, dass Andronicus Männer nie mit einem Angriff rechnen würden. Wir hätten die Überraschung auf unserer Seite. Wie du gesagt hast, hier sitzend und die Stadt verteidigend, werden wir sterben. Wenn wir angreifen, können wir viel mehr von ihnen töten; viel wichtiger, wenn wir richtig angreifen, am richtigen Ort, können wir sie vielleicht aufhalten – oder sogar besiegen.“
