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Das Anlagevermögen ist ein wesentlicher Bestandteil des Unternehmensvermögens und damit auch Teil der Bilanz des jeweiligen Unternehmens – mit teilweise sehr komplexen Sachverhalten in der Praxis. Dieses Buch bietet einen Leitfaden durch die Bilanzierung, Bewertung und Gestaltung nach handels- und steuerrechtlichen Vorschriften. Die Autorinnen gehen auch darauf ein, welche bilanz- und ergebnispolitischen Gestaltungsalternativen es gibt und ordnen die Thematik auch in die finanzwirtschaftlichen Aspekte und Kennzahlen ein. Darüber hinaus wird das Buch mit zahlreichen Praxisbeispiele und Tipps für den betriebswirtschaftlichen und/oder steuerlichen Ausweis ergänzt. Der Buchaufbau erfolgt systematisch nach dem in der Praxis bekannten Bilanzgliederungsschema. Inhalte: - Abgrenzung Anlagevermögen - Bilanzierung, Bewertung und Getaltungsmöglichkeiten - Das Anlagevermögen im Anhang - Finanzwirtschaftliche Aspekte - Möglichkeiten der steuerlichen WahlrechteDie digitale und kostenfreie Ergänzung zu Ihrem Buch auf myBook+: - Zugriff auf ergänzenden Materialien und Inhalte - E-Book direkt online lesen im Browser - Persönliche Fachbibliothek mit Ihren BüchernJetzt nutzen auf mybookplus.de.
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ISBN 978-3-648-16858-5
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Jean Bramburger, Michele Schwirkslies
Anlagevermögen
1. Auflage, Mai 2023
© 2023 Haufe-Lexware GmbH & Co. KG, Freiburg
www.haufe.de
Bildnachweis (Cover): © iStock.com/anyaberkut
Produktmanagement: Dipl.-Kfm. Kathrin Menzel-Salpietro
Lektorat: Ulrich Leinz
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Das Anlagevermögen ist ein wesentlicher Bestandteil des Unternehmensvermögens und damit auch Teil der Bilanz des jeweiligen Unternehmens. Die vom Handelsrecht aufgestellten Bilanzierungs- und Bewertungsansätze übernimmt das Steuerrecht nicht in jedem Fall, sondern gibt dem Unternehmer vielmehr eigene Vorschriften zur Beachtung auf. Dies bedingt oft auch ein Auseinanderfallen der Handels- von der Steuerbilanz.
Der Bilanzposten Anlagevermögen informiert den Leser der Bilanzen sowohl über das Vermögen als auch das Investitionsverhalten des Unternehmens. Die bilanz- und ergebnispolitischen Gestaltungsalternativen sowie die finanzwirtschaftlichen Auswirkungen der Bilanzierung und Bewertung haben vor allen Dingen auch für die Zukunft mit Blick auf die Unternehmensentwicklung, die Unternehmensnachfolge und Außenfinanzierungen starke Relevanz. Mit sinnvollen Anschaffungen und Bilanzausweisen lässt sich dauerhaft wirtschaften und investieren.
Dieses Buch soll Anlagenbuchhaltern, Fach- und Führungskräften des Finanz- und Rechnungswesens sowie Prokuristen, Geschäftsführern und Mitarbeitern der Bilanzabteilungen und Steuerkanzleien einen Leitfaden durch die Bilanzierung, Bewertung und Gestaltung nach handels- und steuerrechtlichen Vorschriften geben. Ergänzt durch zahlreiche Praxisbeispiele finden sich viele Tipps für den betriebswirtschaftlichen und/oder steuerlichen Ausweis.
Viel Erfolg wünschen Ihnen
Jean Bramburger, Michele Schwirkslies
PS: Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird bei Personenbezeichnungen und personenbezogenen Hauptwörtern in diesem Buch das generische Maskulinum verwendet. Entsprechende Begriffe gelten im Sinne der Gleichbehandlung grundsätzlich für alle Geschlechter.
§ 247 Abs. 1 HGB schreibt vor, dass der Unternehmer in seiner Bilanz das Anlage- und Umlaufvermögen, das Eigenkapital, die Schulden sowie die Rechnungsabgrenzungsposten gesondert auszuweisen und hinreichend aufzugliedern hat. Damit bestimmt das Gesetz den Rahmen der zu bilanzierenden Vermögensgegenstände in der Handelsbilanz. Über den Grundsatz der Maßgeblichkeit der Handels- für die Steuerbilanz nach § 5 Abs. 1 EStG gilt dies, bis auf gesondert im Gesetz genannte Ausnahmen, auch für die Steuerbilanz.
§ 247 Abs. 2 HGB benennt, was unter Anlagevermögen zu verstehen ist: Als Anlagevermögen sind Gegenstände zu bilanzieren bzw. in der Bilanz auszuweisen, die dauernd dem Geschäftsbetrieb dienen sollen.
Eine gesetzliche Definition des Umlaufvermögens als Gegenposition zum Anlagevermögen gibt es nicht, es hat sich jedoch in der Literatur und auch der täglichen Praxis durchgesetzt, dass alle Vermögensgegenstände, die nicht unter die Definition des Anlagevermögens subsumiert werden können, als Umlaufvermögen gelten. Mithin handelt es sich beim Umlaufvermögen um Vermögensgegenstände, die nicht dazu bestimmt sind, dem Geschäftsbetrieb des Unternehmers dauernd zu dienen.
Doch was genau für Gegenstände, die dauernd dem Geschäftsbetrieb dienen, meint der Gesetzgeber mit den im Handelsrecht gebräuchlichen Vermögensgegenständen im Sinne des § 246 Abs. 1 HGB? Als Gegenstände bzw. Vermögensgegenstände kommen in Betracht Sachanlagen sowie immaterielle und finanzielle Anlagen.
Mit der Eigenschaft des »dauernden Dienens« ist die immerwährende Nutzung im Geschäftsbetrieb des Unternehmens gemeint. D. h., der Vermögensgegenstand muss so in die Betriebsabläufe des Geschäftsbetriebs eingegliedert sein, dass er eine längere Zeit dort genutzt werden kann. Die nachhaltige betriebliche Nutzung ist hierbei ausreichend1. Die steuerliche Definition meint laut Rechtsprechung, dass der Gegentand zur wiederholten Nutzung zur Verfügung stehen muss2. Die Dauerhaftigkeit der Nutzung eines Vermögensgegenstandes hängt von der beabsichtigten Verwendung durch den Unternehmer ab. Ob ein Vermögensgegenstand dem Anlagevermögen zuzuord[16]nen ist oder nicht, hängt damit wesentlich von der Zweckbestimmung ab3. Die entsprechende Bilanzierung durch den Unternehmer kann für die bilanzielle Zuordnung eine Indizwirkung haben. Entscheidend ist und bleibt letztlich, wie der Vermögensgegenstand tatsächlich im Geschäftsbetrieb genutzt wird bzw. welche Nutzung zum Zeitpunkt der Anschaffung beabsichtigt ist. Ist eine Weiterveräußerung bereits zum Zeitpunkt der Anschaffung geplant und beabsichtigt, spricht die Subsumtion des Gesetzes (§ 247 Abs. 2 HGB) für das Vorliegen von Umlaufvermögen.
Von Umlaufvermögen kann ausgegangen werden, wenn der Vermögensgegenstand dem Geschäftsbetrieb nur einmalig dient und nach seiner Anschaffung verbraucht oder veräußert wurde4. Die Tatsache, dass ein Vermögensgegenstand dem Anlagevermögen zugeordnet wird, ändert sich nicht, nur weil nach mehrmaliger Verwendung Verschleiß oder Schwund eintritt5.
MERKE
Soll der angeschaffte Vermögensgegenstand dem Geschäftsbetrieb langfristig dienen und besteht bei Erwerb keine Verbrauchs- oder Veräußerungsabsicht, kann in der Regel vom Vorliegen von Anlagevermögen ausgegangen werden.
Die folgende Tabelle zeigt Beispiele für Vermögensgegenstände des Anlage- bzw. des Umlaufvermögens.
AnlagevermögenUmlaufvermögenDienstwagenWerbeartikelMusterhäuserWarenbeständeVorführwagen im Kfz-Handel6Forderungen aus Lieferungen und Leistungenbetriebliche genutzte Büro-/Produktionsimmobilie, soweit sie im Eigentum des Unternehmens stehtKassenbeständekundebezogene Werkzeuge (zur Abarbeitung mehrerer Aufträge eines Kunden)Werkzeuge, die im Unternehmen genutzt und verschlissen werden (Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe)Tab. 1: Beispiele für Vermögensgegenstände des Anlage- und Umlaufvermögens.
Für den Ausweis der Vermögensgegenstände kommt es immer auf die Betrachtung zum jeweiligen Bilanzstichtag an. Zu berücksichtigen sind dennoch auch nach dem [17]Bilanzstichtag eingetretene Änderung, wenn es sich um sogenannte wertaufhellende Ereignisse handelt.
Werthaufhellende Ereignisse meint Ereignisse, die vor dem Bilanzstichtag verursacht wurden, aber erst in dem Zeitraum zwischen Bilanzstichtag und Bilanzaufstellung bekannt werden.Im Unterschied zu den wertaufhellenden Ereignissen bleiben die sogenannten wertbegründenden Ereignisse bei der Bilanzerstellung außen vor. Bei wertbegründenden Ereignissen handelt es sich um Ereignisse, die nach dem Bilanzstichtag versursacht wurden und auch erst zwischen Bilanzstichtag und Bilanzaufstellung bekannt werden.Wertaufhellende und wertbeeinflussende Ereignisse
Wertaufhellende Ereignisse sind zum Bilanzstichtag zu berücksichtigen, nicht hingegen wertbegründende Ereignisse.
Beispiel
Der Unternehmer Hieronymus lässt seinen Jahresabschluss, bestehend aus Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung, zum 31.12.01 von seinem Steuerbüro im April 02 erstellen. Im Dezember 01 hat der Unternehmer Hieronymus eine Produktionsmaschine aus seinem Warenlager entnommen, um diese für die eigene Produktion zu verwenden. Eine buchhalterische Würdigung wurde von Hieronymus hierfür bislang nicht vorgenommen. Im Rahmen der Abstimmung der Warenbestände zum Bilanzstichtag 31.12.01 erfährt das Steuerbüro im März 02 davon. Bei der Umgliederung des Umlaufvermögens in das Anlagevermögen durch die Entnahme der Maschine aus dem Warenlager handelt es sich um ein wertaufhellendes Ereignis, das zum Bilanzstichtag 01 berücksichtigt werden muss.
Wie dieses Beispiel zeigt, kann es auch zu einer Umgliederung von, in einem ersten Schritt als Anlagevermögen, bilanzierten Vermögensgegenständen kommen. Ähnlich verhält es sich, wenn der Unternehmer eigentlich zum Verkauf bestimmte Vermögensgegenstände langfristig vermietet oder verleast7. Dasselbe gilt bei Anzahlungen, die auf Vermögensgegenstände erbracht werden, die dem Umlaufvermögen zugeordnet werden. Steht bereits zwischen dem Zeitpunkt der Anzahlung und der Lieferung fest, dass der Vermögensgegenstand dem Geschäftsbetrieb dauernd dienen wird, muss eine Umgliederung der Anzahlung erfolgen. Hierfür stehen dann unter anderem die dem Anlagevermögen zugeordneten Konten der Standardkontenrahmen »Geleistete Anzahlungen auf immaterielle Vermögensgegenstände«, »Geleistete Anzahlungen und Anlagen im Bau«, »Anzahlungen auf Grund und Boden«, »Anzahlungen auf Geschäfts-, Fabrik- und anderen Bauten auf eigenen Grundstücken«, »Anzahlungen auf Wohnbauten auf eigenen Grundstücken«, »Anzahlungen auf technische Anlagen und Maschinen« und ähnliche zur Verfügung.
[18]Mit der Stilllegung einer betrieblich genutzten Maschine erfolgt keine Umwidmung von Anlage- in Umlaufvermögen. Das gilt jedenfalls so lange, wie die Maschine noch als Reservevermögen vorgehalten, gewartet und gepflegt werden kann. Solange keine Entscheidung darüber getroffen ist, ob die Maschine verschrottet oder wieder genutzt wird, bestehen keine Bedenken, den Bilanzansatz als Anlagevermögen bis zum Abgang aus dem Geschäftsbetrieb beizubehalten8.
Warum ist die Eingruppierung in Anlage- oder Umlaufvermögen so wichtig? Die Einordnung als Anlagevermögen hat bilanzielle und steuerrechtliche Folgewirkungen. Anlagevermögen wird, soweit es sich um abnutzbares Anlagevermögen handelt, über seine betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer abgeschrieben. Die Einordnung des Anlagevermögens erfolgt im Rahmen der Aufstellung der Bilanz in bestimmten, gesetzlich vorgegebenen Gliederungspunkten9. Für bestimmte Vermögensgegenstände, zum Beispiel selbsthergestellte immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens, sind nur bestimmte Anschaffungskosten aktivierbar.
Das Handelsrecht definiert in § 255 Abs. 1, 2 und 2a HGB die Begriffe Anschaffungskosten und Herstellungskosten. Die Anschaffungs- und Herstellungskosten stellen die Wertobergrenzen der Bewertung von Vermögensgegenständen dar. Gleichzeitig stellen Sie die Zugangswerte dar, mit denen der Unternehmer die Vermögensgegenstände erstmals bilanziert. Als Anschaffungskosten definiert § 255 Abs. 1 HGB:
Anschaffungskosten sind die Aufwendungen, die geleistet werden, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben und ihn in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen, soweit sie dem Vermögensgegenstand einzeln zugeordnet werden können. Zu den Anschaffungskosten gehören auch die Nebenkosten sowie die nachträglichen Anschaffungskosten. Anschaffungspreisminderungen, die dem Vermögensgegenstand einzeln zugeordnet werden können, sind abzusetzen.
Die Anschaffung eines Vermögensgegenstandes führt damit regelmäßig nicht zu einer Gewinnrealisierung, weil es sich um eine neutrale Vermögensverschiebung handelt (zumeist: Vermögensgegenstand gegen Geld und damit einen Aktivtausch). Diese Erfolgsneutralität steht im Einklang mit dem Realisationsprinzip.
[19]Die Summe der Anschaffungskosten lassen sich wie folgt darstellen:
BezeichnungBetrag in EURGesamtsaldoAnschaffungspreis (Kaufpreis netto)zzgl. Nebenkosten der Anschaffungzzgl. nachträgliche Anschaffungskostenzzgl. Aufwendungen, um den Vermögensgegenstand in den betriebsbereiten Zustand zu versetzenabzgl. Anschaffungspreisminderungenzzgl. nicht abzugsfähige VorsteuerZumeist ist die Bestimmung des Anschaffungspreises leicht, weil der Anschaffung eines Vermögensgegenstandes ein Kaufvertrag zugrunde liegt und in diesem der Kaufpreis bestimmt ist.
Vorsteuerbeträge
Die abzugsfähige Vorsteuer ist kein Bestandteil der Anschaffungskosten, sondern als Forderung gegenüber dem Finanzamt einzustellen.
Die nicht abzugsfähige Vorsteuer stellt hingegen einen Teil der Anschaffungskosten dar (Bestandteil des Kaufpreises).
Weiß der Unternehmer bereits zum Zeitpunkt der Anschaffung (Übergang von Nutzen und Lasten; Verschaffung der Verfügungsmacht), dass der angeschaffte Vermögensgegenstand wertlos ist, stellt der Kaufpreis keine Anschaffungskosten im Sinne des § 255 Abs. 1 HGB dar. Sollte der Vermögensgegenstand mit Fremdwährung erworben werden, müssen die Anschaffungskosten mittels Mittelkassakurs zum Zeitpunkt der Anschaffung umgerechnet werden.
Neben den originären Anschaffungskosten inklusive Anschaffungsnebenkosten, gibt es auch Aufwendungen, die der Unternehmer in zeitlichem und wirtschaftlichem Zusammenhang mit dem Anschaffungsvorgang tätigt. Sind diese Aufwendungen nicht mehr durch den Anschaffungsvorgang an sich verursacht, kann es sich um Herstellungskosten oder sofort abzugsfähigen Aufwand handeln.
Steuerlich gibt es hier eine Ausnahme in § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG. Aufwendungen für die Instandsetzung und Modernisierung von Gebäuden, die innerhalb von 3 Jahren nach der Anschaffung vorgenommen und durchgeführt werden, stellen anschaffungsnahe Herstellungskosten dar, wenn die Aufwendungen (ohne Umsatzsteuer) 15 % der ori[20]ginären Anschaffungskosten übersteigen. Grundsätzlich fallen jedoch nur solche Aufwendungen unter die Anschaffungskosten, die dem Vermögensgegenstand einzeln zugeordnet werden können, vgl. § 255 Abs. 1 Satz 1 letzter Halbsatz HGB. Ohne es in § 255 HGB direkt gesetzlich festzuhalten, gehören jedoch im Umkehrschluss Gemeinkosten nicht zu den Anschaffungskosten, da diese dem Vermögensgegenstand nicht einzeln zugeordnet werden können.
Abweichung zwischen Handels- und Steuerbilanz
Der Begriff der anschaffungsnahen Herstellungskosten ist ein steuerlich geprägter Begriff, weshalb es durch die Aktivierung von steuerlichen anschaffungsnahen Herstellungskosten im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG zu einer Abweichung im Vergleich zur Handelsbilanz kommen kann, wenn die vorgenommene wesentliche Verbesserung nicht auch den Kriterien des Handelsrechts entspricht.
Der Gesetzgeber schließt nur die unmittelbaren Anschaffungskosten in den Anschaffungskostenbegriff ein, nicht hingegen die mittelbaren Aufwendungen. Bei den mittelbaren Aufwendungen handelt es sich zum Beispiel um die Finanzierungskosten zum Erwerb eines Vermögensgegenstandes.
Zu den Anschaffungskosten gehören neben dem Kaufpreis an sich auch die sog. Anschaffungsnebenkosten. Hierunter sind Aufwendungen zu verstehen, die in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Erwerb und der erstmaligen Versetzung des Anlagegutes in den betriebsbereiten Zustand stehen. Wie auch bereits für den gesetzlich definierten Begriff der Anschaffungskosten, gilt auch für die Anschaffungsnebenkosten der Grundsatz der Einzelkosten. Nur Einzelkosten, die dem Vermögensgegenstand unmittelbar zugerechnet/zugeordnet werden können, gehören zu den Anschaffungs- oder Anschaffungsnebenkosten. Gemeinkosten, also solche Kosten, die dem Vermögensgegenstand nicht direkt zugeordnet werden können, sind von der Aktivierung ausgeschlossen. Bei den Anschaffungsnebenkosten wird in der Literatur vielfach zwischen den externen und intern anfallenden Nebenkosten unterschieden. Wobei sich diese Aufwendungen nach einem zeitlichen Aspekt unterscheiden lassen, nämlich den Aufwendungen, die vor dem Erwerb des Vermögensgegenstandes und den Aufwendungen, die im Zusammenhang mit dem Erwerb anfallen. In der Literatur wird die Meinung vertreten, dass die Aufwendungen, die vor dem Erwerb eines Vermögensgegenstandes anfallen, nicht aktiviert werden dürfen. Dies wird durch die BFH-Rechtsprechung nur insoweit bestätigt, als dass die Aufwendungen die vergeblichen Aufwendungen betreffen10. Als Beispiele für Aufwendungen, die vor dem Erwerb eines Vermögensgegenstandes anfallen, lassen sich folgende nennen:
Marktstudien vor der Produktion und Einführung eines Produktes in den Markt,Besichtigungsreisen vor der Erwerbsentscheidung,[21] Due Diligence-Aufwendungen odersog. feasibility studies (Machbarkeitsstudien).Der Zeitpunkt ist deshalb entscheidend für die nachfolgende bilanzielle Beurteilung und Verbuchung der entstandenen Aufwendungen, denn nur wenn bereits ein Vermögensgegenstand vorhanden ist, können diesem Nebenkosten zugeordnet werden.
Bleiben wir bei dem Fall der Aufwendungen für eine Due-Diligence-Prüfung; die Prüfung wird von einem potenziellen Käufer eines Unternehmens in Auftrag gegeben, um eine finale Kaufentscheidung fällen zu können. Sollte es nach dem Erstellen der Due-Diligence-Prüfung nicht zu einem Erwerb des zuvor bewerteten Unternehmens kommen, handelt es sich um sofort abzugsfähige Aufwendungen, weil kein Vermögensgegenstand (Unternehmen) erworben wurde, dem diese Kosten ggf. zugeordnet werden könnten. Sollte es nach dem Erstellen der Due-Diligence-Prüfung hingegen zu einem Erwerb des bewerteten Unternehmens kommen, können die Aufwendungen für die Due-Diligence-Prüfung als zukünftig zu aktivierende Aufwendungen vorerst im Aufwand verbucht werden, um diese später, bei Erwerb des Unternehmens, als Nebenkosten umzugliedern. In der Praxis hat sich hierbei die Verwendung eines Verrechnungskontos bis zum Abschluss der Kaufverhandlungen etabliert.
Mit den extern anfallenden Nebenkosten sind unter anderem die Aufwendungen der Lieferung, Steuern und öffentliche Abgaben und Aufwendungen des Einkaufs zu verstehen. Unter die Aufwendungen für die Lieferung von Vermögensgegenstände fallen unter anderem:
Transportversicherungen,Speditionskosten,Anfuhrkosten,Frachten oderAbladekosten.Unter die Aufwendungen für Steuern und öffentliche Abgaben für Vermögensgegenstände des Anlagevermögens fallen unter anderem:
Anliegerbeiträge,(Erst-)Erschließungsbeiträge,Eingangszölle,Notarkosten für den Erwerb (nicht für die Finanzierung des Erwerbs),Gerichtskosten,Gebühren zum Beispiel für die Grundbucheintragung eines Eigentümerwechsels (gilt nicht für die Eintragung von Grundschulden) oderGrunderwerbsteuer für den unmittelbaren Grundstückserwerb (gilt nicht bei anfallender Grunderwerbsteuer aufgrund von Anteilsvereinigungen nach dem GrEStG).[22]Unter die Aufwendungen für den Einkauf von Vermögensgegenständen des Anlagevermögens fallen unter anderem:
Maklergebühren,Courtage undProvisionen.Mit den intern anfallenden Nebenkosten sind unter anderem Arbeitsleistungen im eigenen Unternehmen gemeint, die den erworbenen Vermögensgegenstand in einen betriebsbereiten Zustand versetzen. Besondere Bedeutung haben die intern anfallenden Nebenkosten bei der Installation von Individualsoftware (sog. ERP-Software). In dem BMF-Schreiben vom 18.11.200511 wird von der Finanzverwaltung unter dem Punkt Anschaffung folgendes dargestellt: Ist der Gegenstand der Verträge mit dem Anbieter und/oder mit Dritten ein eingerichtetes Softwaresystem (Erwerb einer Standardsoftware und ihre Implementierung), liegt ein aktivierungspflichtiger Anschaffungsvorgang vor. Dies gilt auch, wenn die erworbene Standardsoftware ganz oder teilweise mit eigenem Personal implementiert wird (Herstellung der Betriebsbereitschaft)12. Die erforderliche Implementierung der ERP-Software macht diese nicht zu einer Individualsoftware und führt damit nicht zu einem Herstellungsvorgang, wenn keine wesentlichen Änderungen am Quellcode vorgenommen werden; die Anpassung an die betrieblichen Anforderungen (sog. Customizing) erfolgt regelmäßig ohne Programmierung13. Ein Indiz für wesentliche Änderungen am Quellcode ist gegeben, soweit diese Auswirkungen auf die zivilrechtliche Gewährleistung des Software-Herstellers haben14.
Eine abweichende Meinung vertritt hierzu der IDW15. Nach der Auffassung des IDW stellen Anschaffungsvorgänge von Programmteilen, die selbstständig nutzbar sind, eigenständige Anschaffungsvorgänge dar. Ansonsten gehen die Programmteile im Projekt ERP-Software unter und führen entweder zu Herstellungskosten oder Anschaffungskosten.
Ein Anschaffungsvorgang kann auch dann vorliegen, wenn dem Leasingnehmer im Rahmen eines Leasingvertrags der Leasinggegenstand zugerechnet wird. Ob und wann der Leasinggegenstand dem Leasingnehmer zugeordnet wird, ergibt sich aus dem Leasing-Erlass für bewegliche und unbewegliche Vermögensgegenstände/Wirtschaftsgüter16.
Kommt es nachträglich zu Änderungen des ursprünglich vereinbarten Kaufpreises, handelt es sich um sog. Kaufpreisänderungen, die ebenfalls zu berücksichtigen sind gem. § 255 Abs. 1 Satz 3 HGB. Obwohl gesetzlich nur die Anschaffungspreisminderungen erwähnt sind, gilt jedoch nichts anderes für die Anschaffungspreiserhöhungen. Hierbei ist nicht auf eine bestimmte Zeit der eintretenden Änderungen abzustellen, auch Jahre nach einer Anschaffung kann es zu Änderungen des Kaufpreises kommen.
Anschaffungspreisminderungen und -erhöhungen haben nur dann Auswirkungen auf die Höhe der aktivierten Anschaffungskosten, wenn sie dem Vermögensgegenstand einzeln zugeordnet werden können. Die Anschaffungspreisänderungen wirken sich in dem Zeitpunkt aus, indem die Minderung oder Erhöhung eintritt. Eine Rückwirkung auf den Zeitpunkt der Anschaffungskosten wird nicht vorgenommen.
Wurde ein umsatz- oder mengenmäßiger Bonus vereinbart, kommt es nur zu einer Anschaffungskostenminderung, wenn sich der Bonus, auf einen angeschafften Vermögensgegenstand bezieht, der sich noch im Bestand des Unternehmens befindet. Auch kann es durch Zahlungen Dritter zu Anschaffungspreisminderungen kommen, zum Beispiel bei öffentlichen Subventionsdarlehen, die zu einem späteren Zeitpunkt in einen verlorenen Zuschuss umgewandelt werden19.
§ 255 Abs. 1 Satz 2 HGB weist explizit darauf hin, dass es neben den Anschaffungskosten auch nachträgliche Anschaffungskosten gibt, die den Anschaffungskosten zuzuordnen sind. Dabei regelt das Gesetz keine ausdrückliche Zeitspanne, sodass auch Jahre nach der Anschaffung noch nachträgliche Anschaffungskosten anfallen können. Einzige Voraussetzung für die Einordnung als nachträgliche Anschaffungskosten ist das Vorliegen eines unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhangs zwischen der ursprünglichen Anschaffung und diesen Kosten. Die nachträglichen Anschaffungskosten lösen keine rückwirkende Änderung der ursprünglichen Anschaffungskosten aus, sondern erhöhen die Anschaffungskosten ab deren entstehen.
Beispiel
Im Grundstücksbereich führen zum Beispiel Erschließungsbeiträge für die erstmalige Anlage einer Straße, den erstmaligen Anschluss an eine Kanalisation oder an die Strom- und Gasversorgung, die nach dem Erwerb eines Grundstücks anfallen und meist erst zeitlich versetzt zum Kaufvertrag von den Gemeinden festgesetzt werden, zu nachträglichen Anschaffungskosten des Grundstücks.
Kommt es aufgrund dieser Neuerungen zu einer Werterhöhung des Grundstücks, liegt ein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang vor und die Aufwendungen müssen dem Grundstück zugerechnet werden. Der sofortige Abzug als Betriebsausgaben im Zeitpunkt der Verausgabung entfällt. Kommt es jedoch bei einem vorhandenen Anschluss an die Kanalisation oder das Strom- und Gasnetz zu einer Erneuerung der Leitungen, handelt es sich um sofort abziehbare Instandhaltungs-/Erhaltungsaufwendungen (sog. Ergänzungsbeiträge).
[26]Achtung
Wird durch die Aufwendungen des Unternehmers ein angeschaffter Vermögensgegenstand bearbeitet und dabei in seiner Wesensart so verändert, dass ein neuer Vermögensgegenstand entstanden ist, handelt es sich nicht mehr um nachträgliche Anschaffungskosten, sondern um einen neu entstandenen Vermögensgegenstand. Die hierfür geleisteten Aufwendungen stellen Anschaffungskosten des neuen Vermögensgegenstandes dar. Auch für diesen können wiederrum nachträgliche Anschaffungskosten anfallen.
Neben den Anschaffungskosten bilden die Herstellungskosten die Aufwendungen, mit denen am häufigsten eine Zugangsbewertung im Handels- und Steuerrecht vorgenommen wird. Unter den Anwendungsbereich der Herstellungskosten fallen folgende Vorgänge gem. § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB:
Herstellung und Neuerstellung von Vermögensgegenständen,Erweiterung eines Vermögensgegenstandes undVerbesserung eines Vermögensgegenstandes über seinen ursprünglichen Zustand hinaus.Es handelt sich um eine gesetzlich abschließende Aufzählung, sodass keine weiteren Tatbestände als die im Gesetz genannten zu einer Herstellung führen können.
Der BFH hat Grundsätze entwickelt, wann eine aktvierungspflichtige Erweiterung oder eine wesentliche Verbesserung anzunehmen ist. Diese Grundsätze wurden im Wesentlichen aus der Beurteilung von Gebäuden entwickelt, sind aber auch darüber hinaus anwendbar. Unter die Erweiterung und wesentlichen Verbesserungen fallen in der Regel Modifikationen oder Wesensänderungen, wenn sich die Funktion oder die Zweckbestimmung eines Vermögensgegenstandes in der Weise ändert, dass ein neuer Vermögensgegenstand geschaffen wurde.
Die Herstellung eines Vermögensgegenstandes kann sowohl im eigenen Unternehmen erfolgen als auch durch fremde Unternehmen. Der häufigste Anwendungsfall der Herstellung ist die Produktion von Vermögensgegenständen durch den Unternehmer im eigenen Unternehmen zum späteren Verkauf an Kunden. Diese Vermögensgegenstände sind dann folgerichtig aufgrund der Veräußerungsabsicht bereits beim Herstellungsvorgang im Umlaufvermögen einzuordnen und zu bilanzieren. Es gilt jedoch dasselbe bei Vermögensgegenständen, die für das Anlagevermögen hergestellt werden (insbesondere eigene Bürogebäude oder Software).
[27]Die Herstellung an sich beginnt mit dem Herstellungsprozess, wobei es bereits Vorarbeiten geben kann, die jedoch dem Herstellungsprozess ggf. zuzuordnen sind (zum Beispiel Planungsarbeiten bei der Herstellung eines Gebäudes). Vorbereitungshandlungen, die unmittelbar der Herstellung eines Vermögensgegenstandes dienen, gehören nur dann zum Herstellungsvorgang, wenn der Vermögensgegenstand durch externe oder interne Vorgaben hinreichend konkretisiert ist21. Kommt es im Rahmen eines begonnenen Projektes zu Planungskosten für ein letztlich nicht errichtetes Objekt, liegt gemäß BFH-Rechtsprechung in folgenden Fällen kein sofort abzugsfähiger Aufwand vor, sondern Herstellungskosten:
ein konventionelles Haus wird anstatt eines Fertighauses hergestellt22,ein neuer Bauunternehmer wird mit der Fertigstellung der Gebäude beauftragt, weil es Unstimmigkeiten mit dem bisherigen Bauunternehmer gibt23 oderErrichtung eines Hochbaus anstatt eines Flachbaus24.Im Unterschied zum Anschaffungsprozess ist der Herstellungsprozess zeitraumbezogen zu sehen. Der Herstellungsprozess endet mit der Betriebsbereitschaft des Vermögensgegenstandes und nicht erst mit dem Zeitpunkt, in dem der Vermögensgegenstand tatsächlich genutzt wird. Dennoch erfolgt auch die Bilanzierung von Herstellungskosten erfolgsneutral, wenn nicht bestimmte Wahlrechte ausgeübt werden.
In § 255 Abs. 2 Satz 2, 3, 4 HGB wird definiert, welche Aufwendungen in die Herstellungskosten mit einzubeziehen sind, welche über ein Wahlrecht mit einbezogen werden können und welche nicht mit einbezogen werden dürfen. Unterschieden werden folgende 3 Stufen: Muss, Wahlrecht und Verbot.
In der Literatur wird bei den folgenden Aufwendungen von Aufwendungen der 1. Stufe gesprochen, mithin solchen, die zu den Herstellungskosten gehören.
Herstellungskosten (Muss)Fertigungseinzelkosten+ Materialeinzelkosten+ Sondereinzelkosten der Fertigung+ Materialgemeinkosten+ Fertigungsgemeinkosten+ Verwaltungskosten für den Material- und Fertigungsbereich+ Werteverzehr des AnlagevermögensIn der Literatur wird bei den folgenden Aufwendungen von Aufwendungen der 2. Stufe gesprochen, mithin solchen, die einbezogen werden dürfen.
Herstellungskosten (Wahlrecht)Aufwendungen der allgemeinen Verwaltung+ Aufwendungen für freiwillige soziale Leistungen+ Aufwendungen für soziale Einrichtungen+ Aufwendungen für die betriebliche Altersversorgung+ Aufwendungen für FinanzierungenIn der Literatur wird bei diesen Aufwendungen von Aufwendungen der 3. Stufe gesprochen, mithin solchen, die nicht mit einbezogen werden dürfen.
Herstellungskosten (Verbot)Aufwendungen für den Vertrieb+ Aufwendungen für die ForschungUnter das Aktivierungswahlrecht der Stufe 2 fallen bestimmte Finanzierungskosten. Dieses handelsrechtliche Wahlrecht stimmt mit dem steuerlichen Wahlrecht gem. R 6.3 Abs. 5 EStR überein. Dies gilt ebenso für das Wahlrecht der Aktivierung von Verwaltungsgemeinkosten, hier wird eine handels- und steuerbilanzielle einheitliche Aktivierung vorgenommen.
Das Wahlrecht zur Aktivierung von Finanzierungskosten darf nur ausgeübt werden, wenn das Fremdkapital dem Herstellungsvorgang sachlich dient (kausaler Zusammenhang) und die Fremdkapitalzinsen zeitlich auf den Herstellungsprozess entfallen. Unter die Finanzierungskosten fallen nur Fremdkapitalzinsen und ähnliche Zahlungen für Kapitalüberlassungen, mithin ausgeschlossen ist die Aktivierung von Zinsen die auf Beträge entfallen, die im Eigenkapital bilanziert wurden.
Folgen der Aktivierung von Zinsen auf ertragsteuerliche Hinzurechnungen