Ashes - Brennendes Herz - Ilsa J. Bick - E-Book

Ashes - Brennendes Herz E-Book

Ilsa J. Bick

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Beschreibung

Wenn deine Welt sich auflöst - worauf kannst du dich dann noch verlassen?

Die siebzehnjährige Alex befindet sich auf einer Wanderung in den Bergen, als plötzlich die Natur um sie herum verrücktspielt und eine Druckwelle sie zu Boden wirft. Was war das? Alex hat keine Ahnung, aber sehr schnell wird klar, dass die Welt, die sie kannte, nicht mehr existiert. Die meisten Städte sind zerstört und die Überlebenden werden zur lauernden Gefahr.

Das Einzige, worauf Alex noch zählen kann, ist ihre Liebe zu Tom. Gemeinsam versuchen die beiden, sich durchzuschlagen. Doch das wird nicht einfach ...

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Inhalt

Über dieses Buch

Über die Autor

Titel

Impressum

Motto

Prolog

Teil I

1

2

3

4

5

6

7

8

9

10

11

12

13

14

15

Teil II

16

17

18

19

20

21

22

23

24

25

26

27

28

29

Teil III

30

31

32

33

34

35

36

37

38

39

40

41

42

43

44

Teil IV

45

46

47

48

49

50

51

52

53

54

55

56

57

58

59

60

61

62

63

64

65

66

67

68

Teil V

69

Über dieses Buch

Die siebzehnjährige Alex befindet sich auf einer Wanderung in den Bergen, als plötzlich die Natur um sie herum verrücktspielt und eine Druckwelle sie zu Boden wirft. Was war das? Alex hat keine Ahnung, aber sehr schnell wird klar, dass die Welt, die sie kannte, nicht mehr existiert. Die meisten Städte sind zerstört und die Überlebenden werden zur lauernden Gefahr.

Das Einzige, worauf Alex noch zählen kann, ist ihre Liebe zu Tom. Gemeinsam versuchen die beiden, sich durchzuschlagen. Doch dann wird Tom verwundet, und Alex muss ihn schweren Herzens zurücklassen, um sein Leben zu retten. Als sie mit Hilfe zurückkehrt, ist er verschwunden. Eine packende Suche beginnt. Eine Suche nach Antworten, sich selbst und nach der einen ganz großen Liebe. Denn Alex weiß: Tom lebt, und sie wird ihn finden ...

Über die Autorin

© Frank Strukel

Ilsa J. Bick ist Kinder- und Jugendpsychiaterin und ehemalige Air-Force-Majorin, widmet sich mittlerweile aber ganz ihrem Autorinnendasein. Am liebsten schreibt sie Jugendbücher und Kurzgeschichten, für die sie mehrfach ausgezeichnet wurde.

Ilsa J. Bick

ASHES

Brennendes Herz

Aus dem Englischen von Robert A. Weiß, Gerlinde Schermer-Rauwolf und Sonja Schuhmacher

(Kollektiv Druck-Reif)

beBEYOND

Digitale Ausgabe

»be« - Das eBook-Imprint von Bastei Entertainment

Vollständige digitale Ausgabe der 2011 bei LYX INK.digital erschienene Ausgabe.

Copyright © 2017 by Bastei Lübbe AG, Köln

Original English language edition first published in 2011 under the title Ashes by Carolrhoda Books, a division of Lerner Publishing Group, Inc., 241 First Avenue North, Minneapolis, MN 55401

Copyright © 2011 by Ilsa Bick

All rights reserved

Projektmanagement: Lukas Weidenbach

Covergestaltung: Hanna Hörl Designbüro, München, unter Verwendung eines Motivs von © Peter Karasev

eBook-Erstellung: Greiner & Reichel, Köln

ISBN 978-3-7325-4777-7

www.be-ebooks.de

www.lesejury.de

Ich sage euch, die Vergangenheit ist ein Eimer voll Asche.

– Carl Sandburg

Prolog

»Wobistdu?«,wollteTanteHannahwissen,kaumdassAlexaufdieSprechtastegedrückthatte.»Wasdenkstdudirdenn eigentlichdabei?«

»Ich hab gerade die Grenze von Michigan passiert.« Alex beschloss, lieber auf die einfachere Frage einzugehen. Als sie das Willkommensschild von Michigan gesehen hatte – »Wunderbare Seen! Eine wunderbare Zeit!« –, empfand sie ein Gefühl von Weite und Offenheit, als erhaschte sie nach einer Fahrt auf einer einsamen, von dichten schwarzen Wäldern umschlossenen Straße durch endlose Nacht den ersten Schimmer Sonnenlicht. »Ich musste tanken.« Was nun eigentlich gar nichts besagte.

»Michigan. Was zum Henker gibt’s denn in Michigan?« Tante Hannahs zweiter Mann Paul war britischer Herkunft, im Gegensatz zu Tante Hannah. Sie stammte aus Wisconsin – aus Sheboygan, was Alex für einen erfundenen Ort gehalten hatte, bis er mal in einem Song der Everly Brothers erwähnt wurde – und meinte, »zum Henker« sei ein besonders tolles Schimpfwort, weil all ihre Freunde, hauptsächlich Lutheraner, das irgendwie niedlich fanden: Ach, diese Hannah. Also sagte Tante Hannah ziemlich oft »zum Henker«, besonders in der Kirche.

»AllesMögliche«,erwiderteAlex.Siestand,vonderuntergehendenSonneinlachsfarbenesLichtgetaucht,vorderToilettederTankstelle.AufderanderenStraßenseitebuhltenReklametafelnumAufmerksamkeit:EineprieseinenBesuchinOrenimAmishCountryan,eineandereluddazuein,SeniorenineinemHeimnamensNorthernLight –»GottesLichtindunklenZeiten« –unterzubringen,einedrittewiederumwarbfüreinBergbaumuseumimNordenderStadt.»IchbrauchteeinfachmalZeit.«

»Zeit. Zeit wofür?« Tante Hannahs Stimme klang gepresst. »Hältst du das etwa für ein Spiel, zum Henker? Wir sprechen von deinem Leben, Alexandra.«

»Ich weiß. Es ist nur …« Sie spielte mit der silbernen Trillerpfeife, die an einem Kettchen um ihren Hals hing. Ihr Vater hatte sie ihr geschenkt, als sie sechs war und sie zum ersten Mal im Freien übernachteten: Wenn du hier draußen irgendwie in Schwierigkeiten gerätst, blas einfach da rein und ich bin im Nu bei dir. Das war eine ihrer wenigen klaren und genauen Erinnerungen an ihn. »Ich muss das jetzt machen, solange ich noch kann.«

»Ich verstehe. Du hast sie also dabei?«

Alex wusste, was oder vielmehr wen sie damit meinte. »Ja.«

»Mir ist aufgefallen, dass auch die Pistole deines Vaters verschwunden ist.«

»Die habe ich mit.«

»Ich verstehe«, sagte Tante Hannah wieder, obwohl ihr Tonfall nicht danach klang. »Meinst du wirklich, dass Selbstmord eine Lösung ist?«

»Was denkst du denn von mir?« Alex hörte, wie schräg hinter ihr die Toilettentür geöffnet wurde. Einen Moment später rauschten zwei Mädchen an ihr vorbei, eine Blonde und eine Brünette, beide in taubenblauen, mit Somerville High und einem strahlend weißen Tennisschläger bedruckten Sweatshirts. »Dass ich mich umbringen will?«

Kaum hatte sie die Worte ausgesprochen, bereute sie es schon. Die Pferdeschwanzblondine warf einen Blick zu ihr zurück und flüsterte der Pferdeschwanzbrünetten etwas zu, die sich ebenfalls zu Alex umdrehte. Die beiden zogen das volle Programm von Glotzen über Tuscheln bis Kichern durch, bis sie auf dem Parkplatz bei einem kleinen, altertümlich aussehenden Schulbus ankamen, neben dem ein gestresster älterer Mann mit Brille und wirrer Einstein-Frisur stand.

Mit brennenden Wangen wandte sich Alex ab. »Ich habe nichts in der Richtung vor.«

Umehrlichzusein,hattesiedurchausschoneinigeMaleeinpaarWhiskeysgekipptunddieWaffeihresVatershervorgeholt,umsielangundeingehendinAugenscheinzunehmen.Wassiehauptsächlichabschreckte,wardieVorstellung,ihreHandkönntezitternundsiewürdesichdenFrontallappenodersoetwaszerschießen,unddaswärejanuneinfachnurjämmerlich.InGedankensahsiebereitsdieKlatschweiber –solchewiediePferdeschwanzblondineunddiePferdeschwanzbrünette –,wiesiebeimMittagessendarüberlästernwürden:MeinGott,sowasvonschwach!

»Schon«, meinte Tante Hannah, »aber wenn du vorhättest zurückzukommen, hättest du sie nicht mitgenommen.«

»Irrtum. Es bedeutet nur, dass sie nicht zurückkommen.«

»Alexandra, du musst das nicht alleine durchziehen. Deine Mutter war meine Schwester.« Tante Hannahs Stimme klang jetzt ein bisschen belegt. »Ich weiß, dass sie so etwas nie gutgeheißen hätte. Das hätte sie niemals gewollt.«

»Na, dann ist es ja ganz gut, dass sie nicht mehr da sind und mit mir herumstreiten können.«

Innerhalb einer Nanosekunde wurde Tante Hannahs eben noch sentimentale Stimme eiskalt. »Rede nicht in diesem Ton mit mir, Alexandra. Du bist erst siebzehn. Du bist eine schwer kranke junge Frau und noch nicht alt genug, um selbst zu wissen, was in dieser Situation das Beste für dich ist. Sturheit und Selbstmitleid führen zu nichts.«

Dieses ganze Gespräch führte zu nichts. Tante Hannah sah in ihr lediglich eine siebzehnjährige Waise mit einem tennisballgroßen Tumor im Hirn, die letztlich der Belastung nicht mehr standhielt. »Ich weiß, Tante Hannah. In Selbstmitleid zu schwelgen und anderen auf die Nerven zu gehen bringt nichts.«

»Gut. Das haben wir also geklärt.« Ihre Tante schnäuzte sich in ein Taschentuch. »Wann kommst du zurück?«

Ähm … vielleicht nie? »In der ersten Oktoberwoche. Vielleicht … am achten?«

Sie hörte ihre Tante leise zählen. »Zwölf Tage? Warum so lang?«

»So lange dauert es, hin- und zurückzuwandern.«

»Wandern?«

»Na ja, Straßen gibt es dort nicht.«

»Das ist nicht dein Ernst! So viel Kraft hast du nicht.«

»Doch. Der letzte Behandlungszyklus liegt drei Monate zurück. Seitdem bin ich gelaufen und geschwommen und habe Krafttraining gemacht und auch wieder zugenommen. Ich bin ziemlich fit.«

»Aber was ist mit der neuen Therapie? Die soll doch in drei Tagen anfangen und …«

»Ich mache keine Therapie mehr.«

»Dr. Barrett hat ganz klar gesagt, dass die neue Behandlung …« Ihrer Tante verschlug es die Sprache, als Alex’ Worte in ihr Bewusstsein drangen. »Was? Was soll das heißen, du machst keine Therapie mehr? Sei nicht albern. Natürlich machst du weiter. Was redest du da?«

»Ich sage, mir reicht’s, Tante Hannah.«

»Aber … aber dieses neuartige Medikament«, stammelte ihre Tante. »Die Injektionen, die Nanosensoren …«

»Du weißt, dass sie nicht funktionieren.« Wie das neue Medikament waren auch die Nanosensoren nur ein Versuch: winzige, mit einer giftigen Substanz gefüllte Kapseln, umhüllt von einem speziellen lichtempfindlichen Material. Nach der Injektion in den Blutkreislauf machten sich die Sensoren auf den Weg ins Gehirn und lagerten sich an dem Tumor an – einem zähen Monster, das auch nach einem Dutzend Chemotherapien und Bestrahlungen nicht sterben wollte. Aktiviert durch eine optische Sonde, sollten die Kapseln dann ihre tödliche Ladung freisetzen. Bei Alex hatte es trotz mittlerweile vier Versuchen nicht geklappt, obwohl die Ärzte ihr so viele Nanosensoren ins Hirn gejagt hatten, dass man ein paar Dutzend Flipperautomaten damit hätte bestücken können.

»Du musst Geduld haben, Alexandra.«

Du hast leicht reden. Du hast ja Zeit! »Es ist jetzt zwei Jahre her, dass sie das Ding gefunden haben. Nichts hat geholfen.«

»Stimmt, aber der Tumor wächst relativ langsam. Dr. Barrett sagt, du könntest durchaus noch etliche Jahre zu leben haben, und bis dahin gibt es neue Medikamente.«

»Oderauchnicht.Ichhaltedaseinfachnichtmehraus.«SierechnetemiteinemProteststurmamanderenEndederLeitung,aberdaherrschteTotenstille.DasSchweigendauertesolange,dassAlexschondachte,dieVerbindungwäreunterbrochen.»TanteHannah?«

»Ich bin noch da.« Pause. Noch immer Pause. »Wann hast du deine Entscheidung getroffen?«

»Nach meinem Termin bei Barrett letzte Woche.«

»Und warum jetzt?«

Weil meine linke Hand zittert, dachte Alex. Weil ich nichts mehr riechen kann. Weil ich den Kopf voller klitzekleiner Kügelchen habe, die nicht tun, was sie sollen, und das bedeutet noch mehr Chemo und Bestrahlung, und ich hab’s so satt, dass mir die Haare ausfallen und ich mir wegen nichts und wieder nichts die Seele aus dem Leib kotze und meine Hausaufgaben im Bett machen muss, und ich gehe in keine Sterbeklinik. Denn jetzt bestimme ausnahmsweise mal ich, wo’s langgeht.

Aber sie antwortete: »Ich glaube, es gibt keinen besseren Zeitpunkt. Ich muss das hinter mich bringen, solange ich noch kann.«

Wieder Stille. »Ich nehme an, die Schulleitung wird nach dir fragen. Und Dr. Barrett wird der Schlag treffen.«

Insgeheim, dachte sie, wird Barrett womöglich erleichtert sein. Dann braucht er keine gute Miene zum bösen Spiel mehr zu machen. »Was willst du ihnen sagen?«

»Mir wird schon was einfallen. Rufst du an?«

»Wenn ich es zurückgeschafft habe«, sagte sie, unsicher, ob sie dieses Versprechen halten würde. »Zum Auto, meine ich. Wenn ich im Waucamaw bin, hab ich kein Mobilfunknetz mehr.«

»Und was soll ich tun? Eine Kerze ins Fenster stellen? Däumchen drehen? Mich mit Stricken beschäftigen?« Als Alex nichts darauf erwiderte, fuhr ihre Tante fort: »Einerseits hätte ich ja gute Lust, die Polizei zu rufen und dich zurückholen zu lassen.«

»Und andererseits?«

»Andererseitsdenkeichmir,dassdueinDickschädelbist.WenndudireinmalwasindenKopfgesetzthast,lässtduesdirnichtmehrausreden.«IhreTanteverstummtekurz.»Undichbinmirnichtsicher,obichdirdasübelnehmenkann.Wasnichtheißt,dassichgutfinde,wasdudatust.Aberichkannesverstehen.«

»Danke.«

»Keine Ursache.« Ihre Tante seufzte. »Ach, Alex, bitte pass auf dich auf, ja? Versuch, heil zurückzukommen.«

»Ich komm schon klar. Ist ja nicht das erste Mal, dass ich mit dem Rucksack unterwegs bin.«

»An deinen Fähigkeiten zweifle ich nicht. Ein Feuer entfachen, sich von dem ernähren, was die Natur hergibt, eine Hütte aus Zweigen und Kaugummi bauen … da bist du ganz wie dein Vater. Wenn die blöden Zombies kommen, bist du gerüstet.«

»Danke«, brachte sie mit erstickter Stimme heraus. Sie wollte nicht, dass es mit Tränen endete. »Ich glaube, ich muss langsam los. Ich liebe dich, Tante Hannah.«

»Ach, du Dummchen«, sagte ihre Tante, »denkst du denn, das weiß ich nicht, zum Henker?«

Es war ihr letztes Gespräch.

TEIL I

DER BERG

1

Vier Tage später saß Alex auf einem eiskalten Felshuckel und schnitzte aus einem Erlenzweig einen Zahnstocher, während sie darauf wartete, dass das Kaffeewasser kochte. Eine nasskalte steife Brise wehte aus Nordwest. Weit unten glitzerte der Moss River im Sonnenlicht, sein glänzendes Band wand sich durch ein tiefes Tal mit blattlosen Harthölzern – silberblaue Fichten, dichte Schierlingstannen in dunklerem Grün und die Weymouthskiefern mit ihren seidigen Nadeln. Die Luft roch nach Kälte, was in Alex’ Fall hieß, dass sie nach gar nichts roch. Woran Alex allerdings gewöhnt war, da sie seit mehr als einem Jahr keine Gerüche mehr wahrnahm.

Es überraschte sie, dass es so kalt war. Aber sie hatte ja auch noch nie Ende September eine Wanderung durchs Waucamaw-Naturschutzgebiet unternommen, sondern die Wildnis dort stets als sommerliches Abenteuer mit ihren Eltern erlebt, bei dem lästige Gnitzen, blutrünstige Moskitos und eine Hitze, die Menschen in Schweißpfützen verwandeln konnte, ihre größten Sorgen waren. Jetzt knirschte jeden Morgen der verharschte Schnee unter ihren Füßen, und sie rutschte auf vereisten Wurzeln und kahlen Felsen aus. Es war eine tückische Tour, bei jedem Schritt riskierte sie, sich den Knöchel zu verstauchen. Je weiter sie nach Norden kam und sich dem Lake Superior näherte – noch zwei Tagesmärsche entfernt und lediglich ein blasser lilafarbener Tupfen am Horizont –, desto größer wurde die Gefahr, dass das Wetter umschlug. Im äußersten Westen, unter einer schiefergrauen Wolkenbank, konnte sie federartige blaugraue Regenwirbel erkennen, die nach Süden zogen. Aber noch lag vor ihr nichts als blauer Himmel: Der Tag versprach ein kühles, klares Bilderbuchwetter, wie es Alex’ Eltern sicherlich gefallen hätte.

Wenn sie sich nur an sie erinnern könnte.

Am Anfang war Rauch gewesen.

Sie war fünfzehn und schon ein Waisenkind, was sie ziemlich ätzend fand, obwohl sie ein Jahr Zeit gehabt hatte, sich daran zu gewöhnen. Als es weiterhin nach Rauch stank, auch ohne irgendein Feuer, folgerte ihre Tante, dass Alex an irgendwas Posttraumatischem litt, und schleppte sie zu einer Psychiaterin, einer totalen Nazi-Tussi, die wahrscheinlich schwarze Stöckelschuhe trug und ihren Mann verprügelte: Aha, Rauch, da kommt der Unfall deiner Eltern wieder hoch, was? Allerdings war die Psychiaterin auch ziemlich klug und schickte Alex zu Barrett weiter, einem Neurologen, der das Monster entdeckte.

Natürlich war die Geschwulst bösartig und nicht operabel. Also bekam Alex Chemo und Bestrahlungen, woraufhin ihr Haare und Augenbrauen ausgingen. Das Positive daran: Ihre Beine und Achseln brauchten nicht mehr rasiert zu werden. Negativ: Die Mittel gegen Übelkeit schlugen nicht an – was war sie doch für ein Glückspilz! –, und so musste sie sich etwa alle fünf Minuten übergeben, was die Magersüchtigen an ihrer Schule schier zur Verzweiflung trieb, weil Alex ihnen in dieser Hinsicht so haushoch überlegen war. Zwischen den Behandlungen hörten die Übelkeitsattacken auf, und ihr Haar, kräftig und rot wie Blut, wuchs wieder nach. Hinter ihren Schläfen nistete sich ein chronischer Kopfschmerz ein, doch wie Barrett sagte: an Schmerzen stirbt man nicht. Das mochte zwar stimmen, aber irgendwann hatte man auch nicht mehr viel Spaß am Leben. Mit der Zeit verschwand dann der Rauchgeruch – aber mit ihm auch jede andere Geruchsempfindung, denn das Monster schrumpfte nicht, sondern wuchs still und leise weiter und zehrte an ihr.

Es hatte sie allerdings niemand vorgewarnt, dass mit dem vollständigen Verlust des Geruchssinns auch viele Erinnerungen verschwinden. So wie Tannengeruch einen Erinnerungsfetzen von Lametta und Weihnachtsbeleuchtung und Rauschgoldengeln heraufbeschwört oder man beim Duft von Muskat und Zimt vor sich sieht, wie die Mutter summend in der hell erleuchteten Küche steht und einen Apple Pie bäckt. Ohne Geruchssinn kamen einem die Erinnerungen abhanden wie Münzen in einer löchrigen Hosentasche, bis die Vergangenheit Asche war und aus den Eltern Leere wurde – nicht mehr als die Löcher in einem Schweizer Käse.

Ein knatterndes Geräusch, irgendwas zwischen Rasenmäher und halbautomatischem Gewehr, zerriss die Stille. Einen Augenblick später entdeckte sie das Flugzeug, eine weiße einmotorige Propellermaschine, die in nordwestlicher Richtung über das Tal flog. Ihr Blick fiel auf die Armbanduhr: zehn vor acht. Ganz pünktlich. Nach vier Tagen kam sie zu dem Schluss, dass es dasselbe Flugzeug sein musste, das hier zweimal täglich seine Runden drehte, erst morgens immer kurz vor acht und dann nachmittags etwa um zwanzig nach vier. Man konnte fast die Uhr danach stellen.

Das Brummen des Flugzeugs verhallte, und wieder senkte sich die käseglockenartige Stille über den Wald. Nur aus dem Tal weit unten drang das hohl tönende Tock-tock-tock eines Spechts herauf, und drei Krähen krächzten einander in den Tannen zu. Ein Falke zog seine mühelosen Kreise am Himmel.

Alex schlürfte ihren Kaffee und hörte sich schlucken. Der Kaffee schmeckte und roch nach nichts, er war einfach nur heiß und braun. Da nahm sie aus den Augenwinkeln zu ihrer Rechten eine Bewegung wahr, etwas vage verschwommen Bräunliches. Sie drehte rasch den Kopf in die Richtung und rechnete nicht damit, etwas Spektakuläreres als ein Eichhörnchen zu erblicken.

Von daher war der Hund eine ziemliche Überraschung.

2

Sie erstarrte.

Der Hund war schlank, aber muskulös mit breitem Brustkorb und sah mit seiner schwarzen Schnauze und der zobelfarbenen Zeichnung wie ein Deutscher Schäferhund aus. Allerdings war er kleiner, vielleicht noch nicht ausgewachsen? Auf seinen Rücken war ein hellblaues Bündel geschnallt, und er trug ein Würgehalsband.

WeiteruntenaufdemPfadraschelteleisetrockenesLaub.Der HundspitztedieOhren,seinedunklenAugenblicktenjedochweiterunverwandtzuAlex.DanndrangeineMännerstimmedieAnhöheherauf:»Mina?Hastduwasgefunden,meineGute?«

Der Hund gab ein leises Winseln von sich, rührte sich aber nicht vom Fleck.

»Hallo?« Alex’ Kehle war wie ausgedörrt, und es klang eher wie ein Krächzen. Sie leckte sich über die Lippen und versuchte zu schlucken. Ihre Zunge fühlte sich plötzlich rau an wie Sandpapier. »Äh … könnten Sie Ihren Hund zu sich rufen?«

Wieder die Stimme des Mannes: »Oh mein Gott, entschuldigen Sie. Keine Angst, sie tut Ihnen nichts … Mina, Platz!«

Der Hund – Mina – gehorchte augenblicklich und legte sich bäuchlings hin. Das war ja schon mal ganz ermutigend. Im Liegen wirkte das Tier nicht halb so furchterregend.

»Sitzt sie?«, rief der Mann.

Und wenn nicht? Was dann? »Hm, ja.«

»Sehr gut. Momentchen noch, wir haben’s gleich …« Einen Augenblick später mühte sich ein schmächtiger Mann mit einer weißen Haarmähne und einem Wanderstock in der Hand den Hang herauf. Er war wie ein Holzfäller gekleidet, bis hin zu dem schwarzen Rollkragenpulli unter dem roten Flanellhemd. An einer Tragschlaufe am Gestell seines Rucksacks baumelte ein Beil in einem Futteral.

Ein, zwei Schritte dahinter folgte ein Kind, ein Mädchen mit blonden Zöpfen. Ein pinkfarbener Hello-Kitty-Rucksack war auf ihren Rücken geschnallt, dazu passend trug sie einen pinkfarbenen Parka und einen ebensolchen Schal. In ihren Ohren steckten weiße Kopfhörer, die so laut aufgedreht waren, dass sogar Alex noch leises Basswummern hören konnte.

»Hallo«, sagte der alte Mann und machte eine Kopfbewegung zu Alex’ Presskaffeekanne. »Den hab ich schon auf halber Strecke gerochen und beschlossen, meiner Nase zu folgen, aber Mina ist schneller gewesen.« Er streckte die Hand aus: »Jack Cranford. Das ist meine Enkelin Ellie. Sag Hallo, Ellie.«

»Hi«, sagte das Mädchen ausdruckslos. Alex dachte, dass sie vielleicht acht oder neun Jahre alt sein mochte, aber dafür schon viel zu cool wirken wollte. Das Kind wackelte zum Rhythmus der Musik ganz leicht mit dem Kopf.

»Hi«, erwiderte Alex. Sie machte keine Anstalten, dem Mann die Hand zu schütteln, nicht nur weil dieser Typ mit seinem Beil und dem Hund und der schmollenden Enkelin ein völlig Fremder war, sondern weil der Hund sie anstarrte, als wollte am liebsten er sich ihre Hand schnappen.

DerAltewartete,seinLächelnwurdeeinbisschenunsicher,seinBlickfragend.AlsAlexaberweiterhinschwieg,zuckteermitdenAchseln,zogdieHandzurückundsagtefreundlich:»Ist schoninOrdnung.WennichanIhrerStellewäre,würdeich mirauchnichttrauen.UndestutmirleidwegenMina.Ichvergesseimmer,dassesimWaucamawetlichewildeHundemeutengibt.DasmusseinganzschönerSchreckfürSiegewesensein.«

»Kein Problem«, log sie und dachte: Wilde Hundemeuten?

Erneut verfiel sie in Schweigen. Das Kind ruckelte noch immer mit dem Kopf und schaute gelangweilt drein. Der Hund begann zu hecheln, seine Zunge entrollte sich wie ein feuchtes rosafarbenes Band. Alex sah, wie der Blick des Alten zu ihrem Zelt und wieder zu ihr wanderte. Dann sagte er: »Reden Sie immer so viel?«

»Oh, na ja …« Warum konnten sich Erwachsene eigentlich immer Unverschämtheiten herausnehmen, die man ihr nie hätte durchgehen lassen? Sie suchte nach einer unverfänglichen Antwort. »Ich kenne Sie ja nicht.«

»Da haben Sie recht. Wie gesagt, ich heiße Jack. Das ist Ellie, das ist Mina. Und Sie heißen …?«

»Alex.« Pause. »Adair.« Am liebsten hätte sie sich geohrfeigt. Sie hatte reflexartig geantwortet, in der Art, wie sie es gewohnt war, auf Lehrerfragen zu reagieren.

»Freut mich, Sie kennenzulernen, Alex. Ich hätte wissen müssen, dass Sie irisches Blut in den Adern haben, mit diesen Elfenaugen und den roten Haaren. Man trifft nicht oft Iren in dieser Gegend.«

»Ich lebe in Evanston.« Als würde das irgendetwas erklären. »Äh … aber mein Dad kam aus New York.« Was tat sie da eigentlich?

Der alte Mann hob die linke Augenbraue. »Aha. Und Sie sind ganz alleine hier oben?«

Sie entschied, nicht auf die Frage einzugehen. »Ich habe Ihren Hund gar nicht gehört.«

»Ah, das wundert mich nicht. Ich fürchte, darauf ist sie abgerichtet. Eigentlich ist sie auch gar nicht mein Hund. Streng genommen gehört sie unserer Ellie hier.«

»Opaaa …« Das Kind verdrehte die Augen.

»Na, da kannst du doch stolz darauf sein, Ellie«, meinte Jack. Und an Alex gewandt: »Mina ist ein Malinois, ein Belgischer Schäfer. Sie ist ein Militärhund, hat als Bombenspürhund gearbeitet, aber jetzt ist sie ausgemustert.« Er setzte ein bedauerndes Lächeln auf, das es nicht ganz bis in seine Augen schaffte. »Sie gehörte meinem Sohn Danny … Ellies Dad. Ist gefallen. Vor etwa einem Jahr, im Irak.«

Das Mädchen zog die Lippen herunter, und ein Anflug von Farbe spielte um ihre Wangen, aber sie sagte nichts. Alex hatte ein bisschen Mitleid mit ihr. »Oh. Ja, das ist wirklich ein netter Hund.« Kaum hatte sie die Worte ausgesprochen, zuckte sie zusammen. Sie wusste, wie peinlich sich die Leute oft anhörten, wenn sie erfuhren, dass man Mutter oder Vater verloren hatte. Als wäre das Kind irgendwie selbst schuld daran.

Ellies silbrig-blasse Augen blickten von Alex weg und zu Boden. »Es ist einfach bloß ein dummer Hund.«

»Ellie«, begann Jack, verkniff sich aber, was er eigentlich hatte sagen wollen. »Nimm bitte deine Ohrstöpsel raus, das ist unhöflich. Außerdem ist es zu laut. Du ruinierst dir noch dein Gehör.«

Das Kind verdrehte die Augen, nahm die Stöpsel heraus und ließ sie an den Kabelenden lose um den Hals hängen. Wieder breitete sich verlegenes Schweigen aus, da sagte Alex spontan: »Ich habe gerade Kaffee gekocht, möchte jemand einen?«

Das Mädchen strafte sie mit einem Blick, als wollte sie sagen: Hallo, ich bin noch ein Kind, schon gemerkt? Aber Jack meinte: »Ich nehme gern ein Tässchen, Alex. Wir können sogar was beisteuern.« Jack zwinkerte. »Sie werden es nicht glauben, aber ich habe ein paar Donuts mitgebracht.«

»Opaaa«, protestierte das Mädchen. »Die wollten wir uns doch aufsparen.«

»Ist schon gut«, warf Alex rasch ein, »ich habe gerade erst …«

»Wir essen jetzt Donuts!« Jacks Ton wurde strenger, und Alex spürte, dass das keineswegs der erste Streit zwischen den beiden war.

»Ja, das wäre klasse«, piepste Alex also fröhlich wie ein Eichhörnchen unter Drogen. »Ich liebe Donuts.«

»Die sind wahrscheinlich alt und hart«, bemerkte Ellie.

3

Die Donuts waren tatsächlich altbacken – Alex spürte immerhin noch Konsistenzen –, eigneten sich aber gut zum Tunken. Für Alex schmeckten sie wie feuchte Pampe.

»Früher habe ich auch immer eine Stempelkanne benutzt, aber einmal vergessen, vorher die Bohnen zu mahlen.« Jack kippte Kaffeeweißer in seinen Becher und rührte um. »Hat damit geendet, dass ich die Bohnen mit meiner Axt zerkleinert habe.«

Ellie brach ein weiteres Stück von einem Donut mit Schokoglasur und Streuseln ab und warf es dem Hund geschickt zu, der es aus der Luft schnappte. »Das ist doch total junkiemäßig.«

Jack errötete. Alex tat der Alte leid. »Hätte ich genauso gemacht«, sagte sie.

Dafür erntete sie einen vernichtenden Blick von Ellie, aber Jack gluckste nur. »Na, ich kann es jedenfalls nicht empfehlen. Der Kaffee war so stark, dass es mir schier die Zehennägel aufrollte … Ellie, Schatz, dieser Donut macht Mina krank. Hunde vertragen keine Schokolade.«

»Das macht ihr gar nichts«, widersprach Ellie und warf dem Hund noch einen Happen von dem Gebäck zu.

Alex wechselte das Thema. »Und woher kommt ihr?«

»Aus Minneapolis«, antwortete Jack. »Ich war Journalist – Auslandskorrespondent für die Chicago Tribune. Hab aber seit Dannys Tod keine Zeile mehr zustande gebracht. Mein Chefredakteur rauft sich deswegen die Haare. In Anbetracht seiner Kahlheit ist das echt eine Leistung, aber er ist ein guter Kerl.«

Ellie schnaubte verächtlich. »Wie kommt’s dann, dass du ihn immer, wenn du mit ihm telefoniert hast, einen Blödmann nennst?«

Was war bloß mit diesem Kind los? »Meine Englischlehrerin hat gesagt, niemand könne ein geschriebenes Werk schlechter beurteilen als sein Autor«, meinte Alex.

»Mag sein. Vor allem aber glaube ich nicht mehr an das, was ich schreibe. Es interessiert keinen. Die meisten Leute haben die Aufmerksamkeitsspanne einer Mücke und wollen mit nichts behelligt werden. Etwa dieser Quatsch, dass die Kampfhandlungen im Irak eingestellt worden seien. Totaler Blödsinn. Das ist reine Politik. Was sie uns verschweigen, ist, dass für die Jungs, die dort sind, immer noch Krieg herrscht und es laufend Gefechte gibt …« Jack verstummte und fuhr sich über seine schneeweißen Haarwirbel. »Entschuldigung. Das klingt, als wäre ich zornig und verbittert. Das bin ich aber nicht, es ist nur …«

»Du solltest aber fuchsteufelswild sein«, schnitt ihm Ellie mit unvermittelter Heftigkeit das Wort ab. »Mein Dad ist tot, und niemand kommt deswegen ins Gefängnis. Er wird in Stücke zerfetzt, und alles, was ich kriege, ist so ein blöder Hund. Wie kann das sein?«

»Komm, Ellie, wir haben doch darüber gesprochen. Wenn Krieg ist …«

»Krieg? Was soll das denn für eine Antwort sein?« Das Mädchen schleuderte dem Hund den Rest ihres Donuts hin. Erschrocken wich das Tier ein paar Schritte zurück und warf Jack einen ängstlichen Blick zu.

Alex konnte nicht anders. »Du solltest netter zu deinem Großvater sein. Er tut dir doch nichts.«

»Istmirdochegal,wasdudenkst!DubistnichtmeineMutter,ichkennedichüberhauptnicht!«DabeitratElliegegenAlex’Campinggaskocher,erfielumunddieKaffeekannedaraufzerschellteaufdemFelsen,dassdieScherbenflogenundheißeFlüssigkeitumherspritzte.MiteinemerschrockenenJaulensprangderHunddavon.»NiemandhatdichnachdeinerMeinunggefragt!«

»Ellie!« Jack versuchte seine Enkelin am Arm zu packen. »Jetzt reicht’s!«

»Es kotzt mich an!« Ellie entwand sich seinem Griff. »Ich hasse es, ich hasse dich, ich hasse diesen Wald, ich hasse euch alle! Lasst mich einfach in Ruhe!«

»Führ dich nicht so auf!«, herrschte Jack sie an, dessen Geduld erschöpft zu sein schien. »Geh spazieren, bis du dich wieder im Griff hast, verstanden?«

»Ist mir grade recht!«, fauchte Ellie, rammte sich die Ohrstöpsel in die Gehörgänge und stapfte in die Richtung davon, aus der Alex gestern gekommen war. Der Hund wollte ihr folgen, aber das Mädchen brüllte ihm über die Schulter ein »PLATZ!« zu. Kurz zögerte er, dann tat er einen unsicheren Schritt dem Mädchen hinterher. Ellie griff nach einem Stock, den sie wie einen Baseballschläger schwang. »Platz, du blöder Köter, Platz!«

»Ellie!«, schrie Jack. »Wage es nicht, den Hund zu schlagen! Mina, komm her!« Während der Hund zu ihm zurückrannte, sagte Jack zu dem Mädchen: »Schatz, Liebes, warum bist du denn so garstig?«

»Warum nicht?«, erwiderte Ellie. »Was hat’s mir denn gebracht, lieb zu sein?« Eine blitzschnelle Kehrtwende und sie flitzte in den Wald davon.

»Es war ein ziemlich hartes Jahr«, erzählte Jack, während er eine Handvoll Glasscherben auflas. »Nachdem ihre Mutter auf Nimmerwiedersehen verschwunden und meine Frau Mary gestorben ist, hat sie jetzt nur noch mich.«

»Ist schon gut, ich verstehe das«, sagte Alex, aber sie war sauer. Jack war ja ganz nett, aber sie hatte ihre eigenen Probleme – und jetzt keine Presskaffeekanne mehr. Zum Glück hatte sie auch löslichen Kaffee eingepackt. Als sie ihren Gaskocher untersuchte, hätte sie fast laut aufgestöhnt. Zwei Stützbeine waren verbogen, und der Knick im Gasschlauch gefiel ihr auch nicht. Bei ihrem Glück würde sie das Metall mit einem Stein bearbeiten müssen, vielleicht konnte sie es damit gerade hämmern. »Passen Sie auf, dass Sie sich nicht schneiden, Jack.«

»Ach, ich bin ein zäher alter Bursche. Na ja, abgesehen von meiner Pumpe. Hab vor einem halben Jahr einen Herzschrittmacher bekommen.« Jack warf die Scherben in die leere Donuts-Tüte. »Was mir Kummer macht, ist Ellie. Sie ist eine kleine Zeitbombe. Ich hatte gehofft, wenn sie mit mir mal eine Weile rauskommt, vielleicht angeln geht oder so … Die Leute meinen es gut, aber ein kleines Mädchen kann auch nur begrenzt Mitleid ertragen.«

Damit sprach er Alex aus dem Herzen. Es tat ja immer allen so leid, obwohl sie das nur sagten, weil es höflicher klang als puh, besser du als ich. »Wo ist ihre Mom?«

»Weiß der Teufel«, knurrte Jack. »Sie ist abgehauen, als Ellie ein Jahr alt war. Sagte, sie bräuchte Zeit, um mit sich ins Reine zu kommen, um sich selbst zu finden. Wohl eher, um sich selbst zu verlieren. Seitdem habe ich sie nicht mehr gesehen. Es ist schon eine verrückte Welt, wenn man eine Genehmigung braucht, um einen Hund zu halten, aber jeder Idiot ein Kind in die Welt setzen kann.« Er seufzte. »Das hier ist zum großen Teil meine Schuld.«

»Wie kommen Sie darauf?«

Jack machte eine Handbewegung hin zu dem Hund, der ausgestreckt auf dem Boden döste. »Mina war meine Idee. Wenn ein Militärhund ausgemustert wird – wenn er zu abgearbeitet ist oder schlicht zu alt –, kann er in die Obhut der Familie des Hundeführers gegeben werden, sofern sie es wünscht. Bei der Explosion, die Danny tötete, wurde Mina verletzt, deshalb dachte ich, Mina wäre für Ellie ein Trost, als bliebe ihr so gewissermaßen ein Stück von ihrem Vater erhalten. Er hat diesen Hund geliebt, aber Ellie kann ihn nicht leiden. Im Grunde ist sie kein schlechtes Kind. Meistens ist sie so hilfsbereit, wie man es von einer traurigen Achtjährigen mit einer Menge Wut im Bauch erwarten kann.«

»Das klingt nicht so toll.«

»Man gewöhnt sich daran. Ich dachte, es würde ihr guttun, mal abzuschalten und an die frische Luft zu kommen, Zeit mit Mina zu verbringen …« Den Rest des Satzes tat Jack mit einer Handbewegung ab. »Genug davon. Und wie ist Ihre Geschichte?«

»Meine?« Alex gab es auf, die verbogenen Füße des Gaskochers gerade biegen zu wollen. »Ich versuche nur, mir über Verschiedenes klar zu werden.«

»Wohin wollen Sie?«

»Zum Mirror Point.«

»Ganz rauf? Das ist ziemlich weit. Ich würde meine Tochter nicht allein da draußen herumspazieren lassen. Man kann nie wissen.«

Ihr war zwar klar, dass Jack es nur gut meinte, aber als Todkranke hatte man das Privileg, gegen alle möglichen Regeln verstoßen zu dürfen. Also gab sie zurück: »Jack, ich brauche Ihre Erlaubnis nicht und habe Sie auch nicht nach Ihrer Meinung gefragt.«

»Was nicht heißt, dass ich damit hinterm Berg halten muss. Ihr jungen Leute haltet euch für unverwundbar, aber es gibt hier in den Wäldern wilde Hunde und alle möglichen Spinner.«

Ganz zu schweigen von alten Knackern, die ihre Nase in anderer Leute Angelegenheiten stecken. Aber das wäre allzu gehässig gewesen, außerdem hatte sie den Eindruck, dass Jack nur auf ihr herumhackte, weil er mit Ellie nicht zurechtkam. Also konzentrierte sie sich darauf, ihren Gaskocher zu zerlegen, und verharrte in Schweigen. Nach einer Weile tätschelte Jack ihr die Schulter. »Entschuldigen Sie. Ich weiß, ich bin nur ein alter Trottel.«

»Jack«, erwiderte sie, genervt sowohl von ihrem Kocher als auch von dem Gespräch, »ich weiß Ihre Anteilnahme zu schätzen, aber das geht Sie wirklich nichts …« Plötzlich packte Jacks Hand so fest zu, dass es ihr wehtat. Verblüfft sah sie zu ihm auf, und was immer ihr in diesem Moment auf der Zunge lag, verflüchtigte sich, als sie in sein Gesicht schaute.

»Ich …« Jacks Miene war krampfartig verzerrt, dann presste er beide Hände an die Schläfen. »Ich … Moment …«

»Jack!«, rief sie entsetzt – und da sah sie den Hund. Mina war völlig erstarrt, ihre Muskeln zitterten, die Nackenhaare waren aufgerichtet wie Borsten. In ihrem geöffneten schwarzen Maul glänzten zwei Reihen sehr scharfer und sehr weißer Zähne, und tief aus ihrer Kehle drang ein Knurren.

Alex wurde angst und bange. »Jack, Mina ist …«

Jack würgte – ein tiefes, raues Gurgeln. Einen Augenblick später schoss ein Schwall hellrotes Blut aus seinem Mund auf die vereisten Felsen. Alex schrie auf, zugleich stieß Mina ein markerschütterndes Jaulen aus.

Und eine Sekunde darauf durchzuckte auch Alex der Schmerz.

4

Es brannte wie Feuer, ein Laserstrahl, der ihr sengend durchs Hirn fuhr. In ihren Ohren ein plötzliches metallisches Klirren, die Welt um sie herum erst rot, dann gleißend weiß, und dann stolperte sie, fiel über die eigenen Füße, stürzte. Etwas Nasses und Heißes schoss ihr die Kehle hoch und tropfte ihr übers Kinn.

Jack ging es auch nicht besser, eher schlechter. Seine Haut war so kalkweiß, dass sein Blut künstlich wirkte wie bei einer Halloween-Maske. Seine Beine knickten ein, seine Hand krallte sich in seine Brust, und mit einem Mal sackte er in sich zusammen wie eine Marionette, der man die Fäden durchgeschnitten hatte. Er schlug mit dem Kopf hart auf einem Felsen auf, die Brille flog ihm von der Nase, ihre Gläser glänzten in der Sonne.

Ausgestreckt und wie gelähmt lag Alex da, sie glich einer zerbrochenen Puppe. In ihrer Kehle sammelte sich Blut, sie begann zu husten, während sich alles ringsum drehte wie ein Wasserstrudel im Abfluss. Dieses fiese metallische Kreischen war immer noch ziemlich laut, es dröhnte vom Himmel herab. Was war das bloß? Benommen und mit einem Schmerz, als grabe sich die Spitze eines Bohrers mitten in ihr Hirn, versuchte sie den Kopf zu heben und klarer zu sehen. Zuerst dachte sie, sie würde ohnmächtig, weil der Himmel zusehends schwärzer wurde – doch dann erkannte sie: Die Schwärze bewegte sich.

Vögel. Es waren Vögel. Nicht nur ein paar, sondern Hunderte, Tausende. Aller Arten, Formen und Größen und überall, hoch am Himmel und in Gestalt einer kreischenden wirbelsturmartigen Trichterwolke, die sich vom Tal heraufschraubte. Sie flogen nicht koordiniert, nicht gerichtet wie im Schwarm, sondern prallten gegeneinander, entweder weil es zu viele waren oder weil sie derselbe Schmerz überwältigte, der auch Alex in seinem eisernen Griff hatte.

Da knallte etwas auf ihre Beine. Schreiend zog sie sie zurück, und eine sterbende Krähe purzelte auf den Felsen. Einer der enormen Flügel war ganz nach hinten gebogen und der schwarze Schnabel komplett abgebrochen wie eine Bleistiftmine. Und nun begannen überall um sie herum tote und verendende Vögel herabzuprasseln.

Es folgte ein lauter, unmenschlicher Schrei. Alex fuhr zusammen und konnte mit einem raschen Blick über die Schulter gerade noch sehen, wie drei Hirsche den Berg hinaufstürmten. Als sie den Kamm erreichten, bäumten sie sich auf und gruben ihre Hufe in den Fels, dass es klang wie Presslufthämmern. Eines der Tiere, eine große Hirschkuh, stieß einen seltsam kehligen und hustenartigen Laut aus, dann spritzte Blut in einem hellroten Bogen aus ihrem Maul. Wieder bäumte sich die Hirschkuh auf und zappelte mit den Vorderläufen in der Luft, woraufhin es ihr die beiden anderen gleichtaten. Und urplötzlich machte die Hirschkuh einen Satz nach vorn, als würde sie von einer unsichtbaren Hand an den Abgrund gezogen.

Nein, nein, nein. Gedankensplitter jagten durch Alex’ Hirn. Nein, du … das siehst du nicht. Sie werden nicht … sie können doch nicht …

Aber sie taten es.

Die Hirsche stürzten sich über den Felsgrat ins Nichts.

Einen Moment lang schienen sie zu schweben, auf halber Höhe zwischen dem von Vögeln strotzenden Himmel und dem dunklen Schlund des Tals, und Alex musste an fliegende Rentiere denken …

Aber dann gewann die Realität wieder Oberhand. Die Schwerkraft forderte ihren Tribut.

Die Hirsche fielen, zogen ihre verhallenden Schreie wie Kometenschweife hinter sich her – und waren verschwunden.

5

Nur einen Sekundenbruchteil später schaltete plötzlich etwas in ihrem Kopf um, es war ein beinahe physischer Ruck, als würde das, was sie da in seiner Gewalt hatte, plötzlich loslassen. Der Schraubstock, in den ihr Kopf eingezwängt schien, öffnete sich. Sofort begann ihr Magen zu rebellieren, und sie übergab sich auf den Felsen. Selbst als sie sicher war, dass es nichts mehr herauszuwürgen gab, kauerte sie noch erschöpft auf allen vieren, und ein Prickeln wie von tausend Nadeln durchströmte ihre Adern und überlief ihre Haut, als wäre ihr ganzer Körper in Schlaf gefallen und ihr Gehirn begänne gerade alles neu zu sortieren. Ihr Herz pochte. Das Innere ihres Kopfes fühlte sich matschig und zerquetscht an, wie wenn jemand mit einem Löffel kräftig darin umrührte. Sie zitterte, als würde eine allzu gut gemeinte Dosis Chemo durch ihre Venen rauschen. An der rechten Seite ihres Halses triefte etwas Nasses hinab, und als sie mit den Fingern darüberfuhr, waren sie blutig.

Oh mein Gott. Sie schloss die Augen, um sich gegen die aufwallende Panik zu wappnen, die sich ihren Weg vom Brustkorb in die Kehle bahnte. Ganz ruhig, ganz ruhig …

»Ooopaaa?«

Ellie krabbelte auf Händen und Knien aus dem Wald. An ihrer Oberlippe glänzte Blut. »Opaaa?« Ihre Stimme schnappte über und ging in eine höhere Tonlage über: »Opaaaa?«

»Ellie.« Alex setzte sich auf, doch zu schnell. Die Welt geriet in eine schwindelerregende Schieflage, ihr Magen rebellierte erneut, und sie musste gegen eine weitere Übelkeitsattacke ankämpfen.

»Wo ist mein …« Ellies Blick wanderte zu einer Stelle hinter Alex, dann weiteten sich ihre Augen, sodass das Weiß um die silbrig-blaue Iris sichtbar wurde. »Opa?«

Alex folgte dem Blick des Kindes. Jack lag reglos mit dem Gesicht nach unten auf dem felsigen Untergrund, um ihn herum breitete sich wie eine rote Korona eine Blutlache aus.

»Opa.« Ellie kroch zu ihm, dabei streifte sie mit dem Arm einen toten Vogel. Kreischend zuckte sie zurück, aber eine Masse aus blutigen Federn blieb auf ihrem Handrücken kleben. Angewidert versuchte sie, sie abzuschütteln, während sie keuchte: »Tu was, t-tu doch was …«

Tun? Was denn? Alex wusste, wie man Herz-Lungen-Wiederbelebung machte, dafür hatte ihre Mutter, eine Ärztin, gesorgt. Aber Jack sah ziemlich tot aus, außerdem war er alt und hatte einen Herzschrittmacher, und Wiederbelebungsversuche bei einem echten Menschen, der gerade Blut erbrochen hatte … Ihr Magen hob sich wieder. Und wenn sie ihn tatsächlich wiederbeleben konnte oder noch einen Pulsschlag fand, was dann? Sie konnte keine Hilfe rufen und war Tagesmärsche von ihrem Auto entfernt.

Los, reiß dich zusammen. Untersuch ihn und bring es hinter dich.

AlssieJackanfasste,bekamsieeineGänsehaut,undmitSchaudernhörtesiedasGlucksenundSchmatzen,alssieihnaufdenRückendrehte.EineschmierigeMaskeausBlut,nochimmerdampfendwarm,überzogseinGesicht.SeineoberenundunterenSchneidezähnewarendurchdenAufprallaufdenSteininblutigekantigeStückchenzerbrochen,dieaussahenwieKaugummidragees.AlexnahmallenMutzusammenundtasteteanJacksHalsnachdemPuls.SeinBlutwarklebrig,undsieunterdrückteeinWimmern.Kommschon,duschaffstdas,nichtaufgeben …

»Tu doch was«, drängte Ellie und schob ihre Hand unter Alex’ Arm. »Bitte.«

Sie spürte eine Art schnellen Schmetterlingsflügelschlag an den Fingerspitzen und hätte beinahe etwas unglaublich Dummes gesagt, ehe sie gerade noch rechtzeitig merkte, dass das ihr eigener Puls war und nicht der von Jack. Um wirklich sicher zu sein, zwang sie sich, noch ein paar Augenblicke auszuharren, aber sie wusste: Jack war tot. Eigentlich hätte sie traurig sein sollen, aber sie empfand nur Erleichterung darüber, dass sie ihre Hand zurückziehen konnte.

»Es tut mir leid, Ellie«, sagte sie. Ihre Fingernägel waren schmutzig von gerinnendem Blut, ein noch dunkleres Rot ränderte ihre Nagelbetten, und auf einmal sehnte sie sich nach einer Dusche, einem Bad, irgendwas, um Jacks Blut und dieses gruselige Gefühl abzuwaschen. Sollte sie nicht auch etwas suchen, um die Leiche zuzudecken? Vielleicht fand sich etwas in seinem Rucksack. »Ich fürchte, dein Opa ist tot.«

»Nein.« Ellie zog Blut die Nase hoch. Ihre Zähne waren orange, und ihre Jeans hatte einen dunklen feuchten Fleck im Schritt. »Nein, du lügst!«

»Nein.« Himmel, alles, was sie wollte, war herunter von diesem verrückten Berg und zurück zu ihrem Auto. Was war eigentlich geschehen? Oder – bei diesem Gedanken packte sie die Angst – was, wenn es erneut geschah?

Ich muss hier weg, dachte sie. Der nasse Kupfergestank von Jacks Blut stieg ihr in die Nase, und jetzt konnte sie auch Ellie riechen – ein stechender Ammoniakgeruch – und wusste, dass sich das Kind in die Hose gemacht hatte. Von Ellies Haut ging ebenfalls ein unangenehmer Geruch aus, wie nach ungeputzten Zähnen. Verschwinde von hier, geh zurück zum Auto und vielleicht kann der Ranger am Eingang …

Und dann dachte Alex plötzlich: Moment mal … WAS?

6

Sie wurde absolut still.

Nein.

Sie irrte sich. Ganz klar.

Sie konnte nichts riechen. Das hatte der Tumor weggefressen.

Aber.

Aber da war dieses Blut. Sie konnte Jacks Blut riechen. Ellie hatte in die Hose gepinkelt, auch das roch sie. Jetzt, in eben diesem Moment.

Das war unmöglich. Es musste Einbildung sein, der Schmerz oder der Schock oder … oder sonst etwas.

Und wenn nicht?

Sie fürchtete sich beinahe vor einem neuerlichen Versuch. Aber dann wagte sie es doch, sie musste Gewissheit haben. So schrecklich der Moment auch war, sie beugte sich erneut über Jack und atmete tief, langsam und bewusst ein, wobei sie immer noch dachte: Du wirst sehen, es ist eine Halluzination, so ein Phantom-Ding, das das Hirn erzeugt.

Aber das war es nicht. Sie nahm ihn wieder wahr, diesen Geruch, so konkret, dass er sie beinahe wie eine Feder in der Nase kitzelte. Sie konnte etwas riechen, und zwar … sie überlegte, woran es sie erinnerte … ja, es roch nach nassen Münzen.

Einen Sekundenbruchteil später leuchtete in ihrem Kopf ein Lämpchen auf, und sie sah plötzlich glasklar ihren kleinen roten Eisenbahnwaggon vor sich, den sie einmal im Regen hatte stehen lassen. Das überraschte sie dermaßen, dass sie regelrecht zusammenzuckte. Dieser Waggon … Wie alt war sie da gewesen? Sechs? Nein, nein, sieben, denn jetzt blitzte eine ganze Reihe von Lichtern in rascher Folge auf, ein wahres Feuerwerk: eine Ziegelsteinterrasse, ein Spalier mit weißen Rosen, träges Bienensummen, und dann ihre Mutter, ihre wunderschöne Mutter, die neben ihrem Dad stand, und ihr Dad sagte: Wir dachten, jetzt, mit sieben Jahren, bist du alt genug, um selbst auf deine Sachen aufzupassen.

Dad. Alex keuchte auf, sog Luft ein, die in ihren Mund strömte und über ihre Zunge strich. Und dabei nahm sie etwas Säuerliches wahr … und scharf Geröstetes … und Süßes. Kaffee – das war der Geschmack von Kaffee und … und dem Donut. Das, was sie vorhin erbrochen hatte, schmeckte sie jetzt auch. Sie konnte wieder riechen.

Wahnsinn, dachte sie.

Dr.BarretthatteüberDASENDEgesprochen:derVerlustdieser Funktion,dieEinbußejenerFähigkeit,eventuelldieNotwendigkeiteiner»Schmerztherapie«,wasimMedizinerjargonhieß,dassmanzugedröhntwurde,bismanstillinsJenseitshinüberdriftete.

Aber nicht einmal das konnte Barrett mit Gewissheit sagen, weil DAS ENDE auch ganz schnell kommen konnte. Der Tumor würde immer größer werden, aber dort oben war ja nur beschränkt Platz. Wenn mehr und mehr Überdruck in diesem begrenzten Raum entstand, würde ihr irgendwann das Gehirn aus dem Schädel quellen wie Zahnpasta aus der Tube. Und dann wäre Feierabend, weil alle lebensnotwendigen Organe – Herz, Lunge – einfach nicht mehr arbeiteten.

Wohlgemerkt, Barrett konnte keine definitiven Aussagen treffen, weil jeder Mensch anders war. Und er wusste nicht, was sie erwartete, weil er eben noch nie gestorben war. Schön und gut, aber eins wusste sie definitiv: Dass Barrett nämlich niemals davon gesprochen hatte, dass sie etwas zurückbekommen würde, wenn sie es einmal verloren hatte.

Wie ihren Geruchssinn.

Und ihren Geschmackssinn.

Ihren Dad. Ihre Mom.

Tatsache aber war: Sie roch jetzt Jacks Blut. Die Erinnerung an ihren Eisenbahnwaggon und weiße Rosen und ihre Mutter war zurückgekehrt. Sie hatte die Stimme ihres Vaters wieder im Ohr. Sie schmeckte die herbe Schärfe von Erbrochenem in ihrem Mund, und sie war wach, sie träumte nicht.

Vielleicht war es das, was die Leute meinten, wenn sie sagten, im Augenblick des Todes laufe das ganze Leben noch einmal vor dem inneren Auge ab. Keine Ahnung. Sie hatte Barrett auch nicht speziell danach gefragt. Offen gestanden war sie sich gar nicht sicher gewesen, ob sie so etwas wirklich wissen wollte. Natürlich hatte sie von Nahtoderfahrungen gehört. Sie hatte Ghost – Nachricht von Sam gesehen und kannte die Geschichten, wonach die geliebten Menschen, die vor einem gestorben waren, darauf warteten, dass man ins Licht trat. Aber das war Quatsch. Die Menschen hofften, dass es so kommen würde, es war nicht das, was wirklich passieren würde. Dafür hatte sie genügend Kenntnisse in Naturwissenschaften und zudem eine Menge eigener Erfahrungen. Das Gehirn war ein merkwürdiges Organ. Verlierst du deinen Geruchssinn und deine Fähigkeit, etwas zu schmecken, kommen dir auch eine Menge Erinnerungen abhanden. Und schneidet man dem Gehirn die Blutversorgung ab, sodass die Zellen an Sauerstoffmangel sterben – na, dann sah man vielleicht ein weißes Licht, wenn man den Löffel abgab. Wer wusste das schon? Sie jedenfalls nicht. Sie hatte keinen Schimmer, wie DAS ENDE für sie aussehen würde.

Außer wenn es das war.

Außer wenn das ihr Ende war und sie es gerade erlebte.

7

Der Hund stöhnte.

»Schau.« Ellies Stimme klang dünn und belegt. Blutiger Rotz glänzte an ihrer Oberlippe. »Neben deinem Zelt.«

Nein, nein, geh weg, lass mich in Ruhe. Angst bohrte sich wie eine Nadel in ihr Herz. Wenn sie nicht aufpasste, würde dann alles, die Gerüche und die Erinnerungen, wieder verschwinden? Sie wünschte sich nichts sehnlicher, als sich irgendwo allein an einem stillen Plätzchen verkriechen und auf das konzentrieren zu können, was hier gerade mit ihr geschah.

»Was?«, sagte sie, aber da sah sie schon, wie sich der Hund aufrappelte, und unterdrückte einen Seufzer. Das Tier war übel zugerichtet und wirkte benommen. Aus einer klaffenden Wunde am Kopf troff Blut wie dicker Sirup. Hechelnd näherte sich Mina Jacks Leiche. Sie watete dabei durch ein Meer aus toten Vögeln und hinterließ blutige Pfotenabdrücke auf dem Fels. Argwöhnisch und angespannt beobachtete Alex, wie Mina den Toten beschnüffelte. Sie hatte keine Erfahrung im Umgang mit Hunden. Kam es nicht vor, dass man manche selbst über den Tod hinaus nicht von ihrem Herrchen trennen konnte? Himmel, was würde sie dafür geben, wenn Mina …

Die Hündin begann zu bellen, sehr laut und zornig. Vor Schreck zuckte Alex zusammen.

»Halt’s Maul, du dummer Hund!« Ellie hielt sich mit ihren besudelten Händen die Ohren zu. »Aus! Aus!«

»Pscht, Mina, pscht«, sagte Alex. Das Gebell war unerträglich, wie Gewehrschüsse. Sie ging auf die Hündin zu, ohne genau zu wissen, was sie eigentlich vorhatte, sie wollte das Tier nur zur Ruhe bringen. »He, Mina.« Sie streckte die Hand nach ihr aus.

Mit wütendem Knurren und gefletschten Zähnen fuhr der Hund herum. Alex stieß einen spitzen Schrei aus und zog rasch die Hand zurück, und im selben Augenblick registrierte sie den Gestank des nassen Fells – und noch etwas anderes, etwas Wildes, Animalisches.

Was war das? Alex spürte, wie sich ihr die Nackenhaare sträubten. Der Geruch war überwältigend und ging wellenartig von dem Hund aus. Alex war sich todsicher, so etwas noch nie im Leben gerochen zu haben.

»Schon gut«, brachte sie schließlich heraus, während ihr das Herz bis zum Hals schlug. »Schon gut, Mina.« Ohne sich umzusehen, tat sie einen Schritt zurück, spürte, wie der Untergrund nachgab, und dann hörte sie ein malmendes Knacken und Bersten, weil ihr Stiefel einen Vogel zertreten hatte. Sogleich drang ihr der Gestank der zerfetzten Eingeweide in die Nase, und sie konnte nur mit Mühe einen Laut des Ekels unterdrücken.

Lass den Hund in Ruhe, soll Ellie sich um ihn kümmern. Trotz der Kälte lief Alex der Schweiß den Nacken hinab und sie hatte einen metallischen Geschmack im Mund, der den des Erbrochenen überlagerte. Sie selbst roch nach warmem Salz und kalter Angst. Pack deine Ausrüstung zusammen, nimm das Kind und dann nichts wie weg von diesem Berg, so lang es noch geht.

Doch egal, was sie sagte oder in welcher Lautstärke, Ellie rührte sich nicht vom Fleck. Frustriert und mit ihrer Geduld langsam am Ende, packte sie schließlich das Mädchen am Handgelenk: »Hör zu, Ellie. Wir müssen jetzt aufbrechen.«

»Nein.« Ellie riss sich los und hielt sich wieder die Ohren zu. Diese Göre hatte eine Irrsinnskraft. »Ich gehe nirgendwo mit dir hin!«

»Du kannst nicht hierbleiben.«

»Kann ich sehr wohl. Von dir lass ich mir nichts vorschreiben.«

»Ellie, es tut mir leid wegen deines Großvaters, aber er ist tot, und wir müssen weg. Wir müssen jemandem Bescheid sagen, was hier passiert ist.« Eine Eingebung: »Dein Opa hätte gewollt, dass du in Sicherheit bist.«

»Ich gehe hier nicht weg.«

Tat dieses Kind jemals etwas, um das es gebeten wurde? Am liebsten hätte Alex die Kleine geschüttelt, dass ihr die Zähne klapperten. »Ich kann dich nicht hierlassen.«

»Wieso nicht? Ich kann sehr gut selber auf mich aufpassen. Mit dem Campen kenne ich mich aus.«

Das bezweifelte Alex und beschloss, etwas auszuprobieren, was sie einmal in einem Psychologieartikel gelesen hatte. »Schau, ich brauche deine Hilfe bei dieser Tour. Es wird ein langer, beschwerlicher Marsch, und ich schaffe es nicht allein.«

Argwöhnisch kniff das Mädchen ein Auge zusammen. »Wohin?«

»Moment, ich zeig’s dir.« Alex wühlte in ihrem Rucksack und durchsuchte dessen Inhalt, bis sie das Gewünschte gefunden hatte. »Hast du schon mal eine topografische Karte gesehen?«

Ein Anflug von Neugier huschte über Ellis Gesicht. »Was ist das?«

»Eine besonders genaue Karte. Eine gute topografische Karte zeigt einem so ziemlich alles – Bäche, Flüsse, alte Steinbrüche, Eisenbahnschienen, wie hoch und wie steil Berge sind. Rote Linien bezeichnen Straßen. Grüne Flächen bedeuten Wald und …« Sie fuhr mit dem Finger über die Karte, bis sie den schwarzen, blockartigen Umriss eines Hauses mit einer Fahne darauf fand: »Das ist unser Ziel.«

»Was ist das?«

»Der Standort der Parkaufsicht. Die Ranger dort wissen, was zu tun ist, und können per Funk Hilfe holen.«

Ellie dachte nach. »Das sieht aber weit aus und irgendwie hoch oben.«

Die Rangerhütte war in der Tat weit weg – gut vierzig Kilometer östlich – und deutlich höher gelegen, gleich neben einem Feuerwachturm. Die schroffen Felswände, auf denen die Gebäude thronten, säumten einen kleinen bohnenförmigen See.

Aber es war immer noch besser, den Anstieg dorthin auf sich zu nehmen, anstatt vier Tage lang zurück zum Auto zu marschieren. Bei flottem Tempo könnten sie in eineinhalb Tagen oder sogar noch früher die Station erreichen.

»Das schaffst du locker.«

Ellies Gesicht verfinsterte sich zu der vertrauten Schmollmiene. »Jedenfalls sieht es schwierig aus«, beharrte sie. »Opa und ich haben nur zehn Kilometer am Tag geschafft.«

Boah. Das fand Alex allerdings besorgniserregend. Zehn Kilometer am Tag? Waren sie denn gekrochen? Bei so einer Geschwindigkeit würden sie und Ellie noch erheblich größere Probleme bekommen, etwa dass ihnen das Essen ausging. Okay, kein Grund zur Panik. Jack hatte sicher reichlich Vorräte eingepackt. Laut sagte sie: »Ich wette, du schaffst wesentlich mehr. Du siehst ziemlich kräftig aus.«

Ellie warf ihr einen Blick zu, als wollte sie sagen, dass sie sich auch selbst verarschen könne. Als sie sich die Karte noch einmal ansah, tippte sie auf ein winziges Symbol, , in der äußersten linken Ecke. »Was ist das?«

»Vielleicht eine alte Mine, südwestlich von hier. Oder eine Höhle.«

»Hier gibt es Minen? Und Höhlen?«

»Klar. Hier ist früher Bergbau betrieben worden, und es gibt etliche verlassene Schächte und Höhlen, aber …«

»Gibt’s Bären?«

»In den Höhlen? Jetzt noch nicht. Die ziehen sich erst zum Winterschlaf zurück, wenn es richtig kalt wird, und Schwarzbären machen keine Schwierigkeiten, wenn man ein bisschen aufpasst. Also keine Sorge …«

»Und Wölfe?«

Volltreffer. »Ja, die gibt es hier. Du hast sie sicher nachts schon gehört. Das ist ein weiterer Grund, warum wir von hier verschwinden sollten. All diese toten Vögel locken Tiere an, Kojoten, Waschbären, Wölfe und so …« Zu spät merkte sie an Ellies entsetzter Miene, was sie da gesagt hatte.

»Du willst Opa den Wölfen überlassen?«

»Nein, nein, ich meinte …«

»Die reißen ihn in Stücke!« Tränen strömten über Ellies Wangen. »Die fressen ihn auf!«

»Ellie …«

»NEIN!« Die Fäuste geballt, trat Ellie nach der Karte und erwischte mit der Stiefelspitze eine Falte. Es klang wie das Reißen eines zerschlissenen Stoffs. »Ich geh nicht, ich geh nicht, ich geh nicht!«

»Ellie!« Alex stürzte sich auf die Karte. »Halt! Die brauchen wir!«

»Ich brauche dich jedenfalls nicht!« Das Mädchen machte einen Schritt zurück und rutschte auf toten Vögeln und einer kleinen Lache von Jacks Blut aus. »Ich geh mit dir nirgendwo hin!«

»Schön! Dann bleib doch hier mit deinem Köter! Aber ich muss jetzt los.« Während sie aufstand, schob sie den Ärmel zurück, um auf ihre Armbanduhr zu sehen. »Ich habe ein langes Stück Weg vor mir und keine Zeit, mit dir zu str…«

Vor Schreck verschlug es ihr die Sprache.

Halt mal. Sie starrte auf ihre Uhr. Das gibt’s doch nicht.

8

Ihre Uhr war eine ältere Casio IronMan, die einzige Uhr, die sie bei Wandertouren trug, weil sie robust, wasserdicht und billig war. Sie besaß sie seit etwa zehn Jahren und hatte in der Zeit nur zwei- oder dreimal die Batterie wechseln müssen. Die Uhr hatte sie noch nie im Stich gelassen und auch sonst nie den geringsten Ärger gemacht.

Doch jetzt war das graue Display leer.

War sie so hart damit aufgeprallt? Sie untersuchte die Uhr, sah aber nichts außer den Scharten und Kratzern, die sie schon kannte. Nein, die Uhr hatte hervorragend funktioniert, das wusste sie. Sie erinnerte sich sogar noch, draufgeschaut zu haben.

Na, okay, die Uhr hatte also den Geist aufgegeben. Zufall.

Aber Jack war gestorben, und irgendwas hatte all die Vögel und die Hirsche verrückt gemacht. Und ihr war etwas durchs Hirn gezischt wie ein Elektroschock – nein, mehr wie ein Blitz –, so heftig, dass sie beinahe ohnmächtig geworden wäre. Allerdings hatte sie jetzt ihren Geruchssinn wieder.

Also … vielleicht doch kein Zufall.

Mit zitternden Fingern kramte sie ihren iPod heraus. Doch so oft sie auch die Tasten drückte, nichts passierte.

Bei ihrem Handy dasselbe. Nichts. Nicht einfach nur kein Signal, damit hätte sie so weit draußen gar nicht gerechnet, sondern es ließ sich gar nicht erst einschalten.

Ebenso wenig wie ihr Radio. Da nützte auch das Wechseln der Batterien nichts. Als sie dann feststellte, dass auch ihre beiden LED-Taschenlampen nicht mehr funktionierten und ihr damit nur das unhandliche Ding aus Schweizer Armeebeständen blieb, das ihr Vater vor Millionen Jahren gekauft hatte, wäre sie beinahe ausgeflippt.

Dass ein Elektronikteil streikte, kam vor.

Zwei waren Pech.

Aber alle?

Langsam wanderte ihr Blick zu Ellie hinüber, der die Ohrstöpsel ihres iPods um den Hals baumelten. »Ellie, funktioniert dein iPod?«

»Nein.« Widerwillig schaute sie aus ihren silbergrauen Augen auf. »Er ist heiß geworden.«

»Was?«

»Er ist heiß geworden.« Ihr Tonfall besagte, dass Alex offenbar nicht nur stocktaub, sondern auch total bescheuert war. »Ich hab Musik gehört, und er ist heiß geworden.«

»Heiß.«

»Hat mir fast die Hand verbrannt, okay? Und dann ging er nicht mehr und …«

Alex unterbrach sie. »Hast du eine Taschenlampe?«

»Logisch!«

»Kann ich mal sehen?«

Wieder dieses Schmollgesicht. »Nein.«

Alex wusste, wann sie besser nachgab. Ihr Blick blieb an Ellies Handgelenk hängen. »Wie spät ist es?«

»Du hast doch selber eine Uhr.«

Am liebsten hätte Alex die Göre den Abhang hinuntergestoßen. »Kannst du es mir nicht einfach sagen?«

Ellie seufzte tief. »Neun und … elf.«

Alex war verwirrt, überlegte dann aber, dass eine Achtjährige vielleicht die Uhrzeiten noch nicht kannte – etwas, worum sie sich jetzt bestimmt nicht kümmern wollte. Neun-elf war vermutlich neun Uhr fünfundfünfzig, das konnte gut sein. Was hieß, dass Ellies Uhr … »Deine Uhr geht noch?«

»Na klar. Ist ’ne Micky-Maus-Uhr«, meinte Ellie beinahe höhnisch. »Die hat meinem Daddy gehört. Ich zieh sie jeden Tag auf, so wie Opa es mir beigebracht hat.«

Eine Uhr zum Aufziehen. Hing es also mit den Batterien zusammen? Nein, Dads Schweizer Armeetaschenlampe funktionierte. Es musste etwas anderes sein. Trotz des vielen Blutes konnte sie die Uhr an Jacks rechtem Handgelenk sehen, aber sie war zu weit weg, um sie zu lesen. Und sie wollte Jack nicht noch einmal anfassen. Was Mina vielleicht sowieso nicht zugelassen hätte. »Geht die Uhr von deinem Großvater noch?«

»Weiß nicht. Warum fragst du das alles?«

»Ellie, würdest du bitte mal nachsehen? Ich glaube nicht, dass Mina mich …«

»Ich möchte ihn nicht anfassen«, platzte Ellie heraus.

»Oh.« Das konnte sie gut verstehen. »Kannst du dann Mina festhalten? Ich will nicht, dass sie ausrastet, aber ich muss was überprüfen.« Einen Moment lang erwartete sie fast, dass Ellie Nein sagte, aber dann schloss sich die Hand des Mädchens um Minas Halsband.

Den Blick halb auf den Hund, halb auf Jacks Uhr geheftet, schob sich Alex nach vorn. Der Stundenzeiger der Seiko stand auf neun, der Minutenzeiger auf drei Minuten nach, und der Sekundenzeiger zwischen zwanzig und einer Raute – und er bewegte sich nicht. Alex starrte das Ziffernblatt so durchdringend an, dass sie, wäre sie ein Zyklop gewesen, ein Loch hineingebrannt hätte. Ihr traten vor Anstrengung Tränen in die Augen. Aber der Sekundenzeiger rührte sich nicht.

Ihre Uhr und die von Jack, die iPods, das Radio, ihre LED-Taschenlampen: Nichts gab mehr einen Mucks von sich, und Jack … Ihr Blick glitt hoch zu seinem Gesicht. Vorhin hatte er noch etwas ganz Wesentliches gesagt: Ich bin ein zäher alter Bursche, abgesehen von meiner Pumpe.

Das war es. Jack hatte einen Herzschrittmacher. Nur so ließ sich erklären, warum Jack tot war und sie beide nicht. Jack hatte einen Herzschrittmacher, und Alex wusste, dass winzige Computerchips in diesen Geräten ständig den Herzschlag mit den jeweiligen Anforderungen des Körpers synchronisierten. Eine Art Kurzschluss darin hatte Jack umgebracht. Aber wie war es dazu gekommen? Was war Jack in den Brustkorb gefahren und hatte seinen Herzschrittmacher durchbrennen lassen, was hatte alle ihre elektronischen Geräte kaputt gemacht – und sie alle