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Meinem Freund und Wegbegleiter Stefan Bischof ist es vorzüglich gelungen, ein ganz und gar praktisches Buch über Atem und Meditation zu schreiben. Es spricht diejenigen von uns an, die als Beginnende vor der großen Tür zu Selbsterfahrung und Selbsterkenntnis stehen und nicht so recht wissen, wie sie sie öffnen können. Doch auch diejenigen von uns, die diese Tür schon ein ganzes Stück geöffnet haben, finden hier neue Einblicke auf ihrem Weg zu innerer Tiefe. In diesem Übungsbuch spiegelt sich sowohl die langjährige direkte Erfahrung des Autors mit Meditation wider, als auch seine große Erfahrung in der Kultivierung und Nutzbarmachung des bewussten Atems. Durch die anschauliche, einfühlende und wohlwollende Sprache des Autors sowie die Vielfalt an praktischen Übungen und Illustrationen, werden wir Schritt für Schritt achtsam hinein begleitet in die Offenbarung unseres Selbst. Thomas R. Young
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Seitenzahl: 97
Veröffentlichungsjahr: 2021
Stefan Bischof
Atem und Meditation
Auf dem Weg in den Tempel
© 2021 Stefan Bischof
Umschlaggestaltung: © changes design, Annette Reiche, Staufen
Illustration/Umschlagbild: © Otilia Planelles Ramos, Annecy
Grafiken: © Margret Kilchherr, Olten
Layout/Satz: © Hauptsatz Susanne Lomer, Ehrenkirchen
Verlag und Druck: tredition GmbH, Halenreie 40–44, 22359 Hamburg
ISBN Taschenbuch: 978-3-347-25331-5
ISBN Hardcover: 978-3-347-25332-2
ISBN e-Book: 978-3-347-25333-9
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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:
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Inhalt
1. Ein Wort vorweg
2. Motivation für Meditation
2.1 Mein eigener Weg zur Meditation
2.2 Dein Weg
3. Möglichkeiten von Atem und Meditation
4. Gegenständliche Meditation
4.1 Meditationshaltungen
4.2 „Über die Schwelle des Tores in den Tempelbezirk treten“
4.3 Die Augen
4.4 Da Sein – die erste Säule der Meditation
4.5 Fluss der Bewegung – die zweite Säule der Meditation
4.6 Fluss des Atems – die dritte Säule der Meditation
4.7 Synchronisation von Bewegung und Atem
4.8 Fluss des Bewusstseins/Schulung der Achtsamkeit – die vierte Säule der Meditation
4.9 Zeugenbewusstsein entwickeln – das Auge, das nie schläft
4.10 Archetypische Bewegungsformen – Struktur entstehen lassen
4.11 Seufzen im vertikalen Körperkreis
4.12 Vertikaler Körperkreis (vertikaler Kreisatem)
4.13 “Cyclic Breath” (n. Lee Lozowick)
4.14 Horizontaler Kreisatem
4.15 Horizontaler Achsenatem (Ich–Du)
4.16 Vertikaler Achsenatem
4.17 Mitte und Peripherie
4.18 In Kontakt mit sich selbst kommen – Selbstoffenbarung
4.19 Fluss der Gefühle
4.20 Impulse/Reflexe wahrnehmen, entscheiden, frei sein
5. Bewegungsmeditationen
5.1 Federn – auf deinen Impulsen reiten
5.2 Dynamisches Federn
5.3 Gehmeditation
5.4 Kin Hin
5.5 Die kleinen Schritte (n. Ilse Middendorf)
5.6 Schnelles Gehen
5.7 Im Kreis gehen
5.8 Im Kreuz gehen
5.9 Sich drehen
6. Der Übergang zur ungegenständlichen Meditation
6.1 Polaritäten
6.2 Berühren und Sein lassen (“touch and go”)
6.3 Alles ist Geist (“Mind”)
6.4 Nur Dies/Einfach Dies (“Just This”)
6.5 Das Feste wird durchsichtig, das Durchsichtige wird fest
6.6 Atemruhe – (Atem-) Stille im Herzen finden
6.7 Klares Sehen – das Bewusstsein des Bewusstseins
6.8 Gefäß für Wandlung sein
6.9 Herzatem
6.10 Werden – Auflösen
7. Ungegenständliche Meditation
7.1 Dich meditieren lassen
7.2 Atem, der ich Bin
7.3 Leere – Nichts
8. Offenheit als Bewusstheit – offen zur Offenheit sein
9. Bewusstheit kann alles durchdringen, kommt also aus dem Nichts
10. Gnade von Oben
11. Einfach Sitzen “Just sit”
12. Mantren
12.1 Wiederholung eines Namens Gottes (“Nama Japa”)
13. Gedicht
14. Die vier Säulen der Meditation (Landkarte)
15. Danksagung
16. Über den Autor
17. Literaturverzeichnis
1 Ein Wort vorweg
Dieses Buch soll vorwiegend ein Übungsbuch mit geführten Meditationen sein. Damit ist auch wichtig, dass du lernst, dein eigenes Maß zu finden. Wenn du während einer der Meditationen kein gutes Gefühl hast, dann lasse sie einfach aus. Achte auf die für dich passende Zeitdauer der einzelnen Meditationen. Gehe immer wieder zurück zur vorhergehenden Übung, wenn eine Übung dich überfordert. Tausche dich über deine Erlebnisse mit jemandem aus, dem du vertraust. Dieses Buch ist kein Ersatz für einen Meditationslehrer.
In strengen, traditionellen Meditationsformen gibt es keinen Raum, um über Erlebtes zu sprechen. Ich weiss von Menschen, die in Indien jahrelang meditiert haben und psychotisch wurden.
In der Meditation können extreme Fremdheitsgefühle auftauchen, statt wacher Wahrnehmung versinkt der/die Übende vielleicht in einen Dämmerzustand. Manchmal ist er/ sie sich dessen nicht mal bewusst oder kennt keine Möglichkeit, Bewusstheit wieder aufzubauen.
Besonders nach traumatischen Erfahrungen trennt das Gehirn unterschiedliche Erlebnisinhalte/Wahrnehmungen (Gefühle, Empfindungen, Gedanken, Bilder) ab. Die neuronalen Bahnungen zwischen den verschiedenen Gehirnarealen werden unterbrochen. Solches Erleben muss ernstgenommen und (dem Lehrer) mitgeteilt und allenfalls eine Therapie erwogen werden.
Meditation dient vorwiegend der Entwicklung und Wandlung, sie kann keine Therapie ersetzen.
Stefan Bischof
2 Motivation für Meditation
2.1 Mein eigener Weg zur Meditation
Mit Anfang 20 wollte ich mich besser konzentrieren lernen, ruhiger und geduldiger werden, ich wollte besser mit meinen Emotionen umgehen können, effizienter arbeiten können, kurz gesagt, ich wollte ein anderer, besserer oder wertvollerer Mensch werden.
Die Folgen davon waren drastisch: Ich kämpfte in der Meditation während der ersten Jahre vor allem gegen meine Schmerzen beim Sitzen, gegen meine Unruhe, gegen meine Unkonzentriertheit, eigentlich gegen meinen ganzen Körper und Geist und vor allem gegen mich selbst.
Das lief für mich als eher rigider Typ so ab:
Ich verstand sofort, dass es in der Atemmeditation darum geht, den Atem zu beobachten.
Die Folge davon war, dass sich mein beobachteter Atem unter dieser starken Konzentration verengte und verkürzte bis hin zum Atemstillstand. In der Folge nahmen auch meine Verspannungen zu.
Das Beobachten meines Atems war nicht neutral. Ich bewertete gewohnheitsmäßig und ohne Unterlass, was ich wahrnahm.
Jede negative Bewertung war aber ein Ablehnen meiner selbst, wie ich gerade war und schmerzte daher sehr. In der Folge wurden meine Schmerzen immer stärker und erst als ich „nicht mehr konnte“, war ich bereit, alte Muster loszulassen und stattdessen „gnädiger“, mitfühlender mit mir zu sein.
Es entstand auch Klarheit in mir, dass der strenge, weltabgewandte Klosterweg vorerst nicht meiner war. Ich suchte und fand einen Weg im „Erfahrbaren Atem“ bei Frau Prof. Ilse Middendorf in Berlin, der den Körper und den Atem mit Achtsamkeit/ Sammlung und Hingabe in den Mittelpunkt allen Handelns stellt.
Erst viel später, nach Jahren der Meditationspraxis und viel Eigentherapie, einer Jungschen Analyse und nach intensiver Familienzeit war ich bereit, mich schrittweise einem spirituellen Lehrer anzuvertrauen.
Aus all diesen Erfahrungen hat sich ein sehr persönlicher Weg zur Meditation entwickelt, den ich in diesem Buch Schritt für Schritt beschreiben werde und von dem ich hoffe, dass seine Erfahrungen und Erkenntnisse auch für dich nützlich sein werden.
2.2 Dein Weg
Auch wenn du selbst mit einer ähnlichen Motivation zur Meditation gekommen bist: Besser werden, ruhiger werden, effizienter werden, „spirituell-fortgeschritten“ werden, weniger an sich selbst und anderen oder am Leben an sich leiden, geht es nicht darum, irgendetwas zu erreichen.
Genau an dem Ort, wo du bist, ist alles, was du brauchst. Du bist nur einen Lidschlag von deinem wahren Reichtum entfernt: das erwachte Herz, „Bodhichitta“, dieser weiche, berührbare Ort in dir, offen wie der weite Himmel, warm und leuchtkräftig.
Du setzt dich auf dein Kissen und vertraust.
Der Rest wird sich ergeben.
„Der Weg endet unter deinen Strohsandalen.“, so heißt es im Zen.
3 Möglichkeiten von Atem und Meditation
Eine schonungslose Selbstehrlichkeit und liebevolle Selbstakzeptanz zu erlernen, die dich frei macht
Deinen Atem als innere Struktur und Substanz erfahrbar und tragfähig werden zu lassen. Der Atem wird dabei zum wahrnehmbaren und erlebbaren inneren Partner, der dir in jeder Situation als innere Orientierung zur Verfügung steht und dir hilft, präsent zu bleiben, egal was geschieht
Stärkung deiner Fähigkeit, mit den Dingen zu sein, wie sie sind
Das eröffnet dir, „Sein zu dürfen, wie du bist und wer du bist“ (Bischof, Obrecht Parisi & Rieder, 2012)
Erleben deiner Tiefe, deiner Essenz und des Göttlichen im zugelassenen Atem: Stille, Bewegtheit, Fluss, Leere, Fülle, Raum, Verbundenheit, Einheit, Großzügigkeit, Freundlichkeit, …
Zugang zu deinen Wunden und Schmerzen zu finden, zu schmelzen, verletzlich zu werden und Mitgefühl aus deinem Herzen für dich und andere Menschen zu empfinden. Mit den Worten des indischen Heiligen, des „Godchild of Tiruvannamalai“, Yogi Ramsuratkumar (ca. 1975), gesprochen:
„Lass Hitze des Leidens zum Feuer der Liebe werden“
4 Gegenständliche Meditation
Bei einer schrittweisen Einführung in die Praxis der Meditation eignen sich Übungen, in denen die Aufmerksamkeit auf etwas Inneres (Atem etc.) oder Äußeres (Bild) gelegt wird. Die folgenden Anleitungen stützen sich auf Konzepte buddhistischer Meditationspraxis (Vipassana) sowie Übungen aus der Atem- und Körperpsychotherapie. Sie sind alle Ich-stärkend.
4.1 Meditationshaltungen
Grundsätzlich ist Meditation eher eine Lebenseinstellung, eine Haltung, die unser ganzes Leben umfasst, nicht nur formale Übung.
„Das Allerbeste, wozu man in diesem Leben kommen kann, das ist, dass du schweigst und Gott in dir wirken und sprechen lässt.“
Meister Eckhart (1260–1328)
Sitzhaltungen
Sitzend auf einem Hocker frontal
Sitzend auf einem Hocker seitlich
Sitzend auf einem Stuhloder Hocker, möglichst ohne Lehne. Die beiden Sitzknochen sind vorne auf der Sitzfläche, sodass deine Oberschenkel frei sind. Ober- und Unterschenkel beschreiben zusammen ungefähr einen 90° Winkel. Wähle ein dünnes, relativ hartes Kissen oder versuche es ganz ohne, damit der Kontakt zur Unterlage möglichst klar ist.
Sitzend auf einem Sitzkissen frontal
Sitzend auf einem Sitzkissen seitlich
Sitzend auf einem Sitzkissenmit offen verschränkten Beinen. Füße und Unterschenkel liegen auf dem Boden. Wähle die Höhe deines Sitzkissens so, dass dein Becken höher liegt als deine Knie.
Sitzend im halben Lotussitz frontal
Sitzend im halben Lotussitz seitlich
Sitzend im halben oder ganzen Lotussitzmit oder ohne Kissen. Beim vollen Lotussitz ruht der rechte Fuß auf dem linken Oberschenkel, der linke Fuß auf dem rechten, die Fußsohlen zeigen nach oben. Beim halben Lotussitz befindet sich nur der eine Fuß auf dem Oberschenkel, der andere ruht unten. Diese beiden sind Haltungen für Geübte!
Den Schneidersitz, bei dem die Füße unter den Oberschenkeln sind, empfehle ich nicht, da hier die Knie keinen Halt am Boden haben.
frontal
seitlich
hinten
Sitzend auf einem Meditationsbänkchen.Dabei sind beide Unterschenkel auf dem Boden, die Füße unter der Bank.
Sitzkissen zwischen den Beinen frontal
Sitzkissen zwischen den Beinen seitlich
Sitzend auf einem Sitzkissen,wobei beide Unterschenkel seitlich vom Kissen auf dem Boden liegen. Es empfiehlt sich ein Kissen mit einem kleineren Durchmesser.
frontal
seitlich
Sitzend im Diamantsitz.Hier sitzt der Meditierende auf seinen Fersen. Die Füße können dabei nebeneinander auf dem Boden liegen oder übereinandergelegt werden.
Haltungen der Hände
Hände auf den Oberschenkeln
Hände ineinandergelegt
Hände auf den Oberschenkeln.Wie oben in allen Bildern gezeigt, mit der Handinnenseite nach unten auf den Oberschenkeln liegend. Achte darauf, dass Raum zwischen den Ellenbeugen und deinen Achselhöhlen bleibt.
Hände ineinandergelegt.Mit der Handinnenseite nach oben liegt die rechte Hand in der linken. Die beiden Daumenspitzen berühren sich annährend oder ganz.
Das sind die beiden wichtigsten Handhaltungen. Es gibt aber noch mehr, je nach Schule. Wenn du eine gewohnt bist, bleibe bei dieser.
Vor allem bei der unbewegten Meditation gilt: Meditation darf kein Kampf oder ein Aushalten von Schmerzen sein. Eine einfache Regel ist: Sobald Beine oder Arme einschlafen, sind sie sicher nicht mehr angeschlossen und brauchen Bewegung (siehe Kap. 4.5).
Nach Innen gehen
4.2 „Über die Schwelle des Tores in den Tempelbezirk treten“
Normalerweise klopfen wir mit unserer Wahrnehmung unsere Umwelt stetig auf Sicherheit ab, auf Angenehmes, das wir bekommen oder nicht verlieren wollen, Unangenehmes, vor dem wir uns verschließen oder das wir versuchen loszuwerden. Wir versuchen die Außenwelt so zu kontrollieren, dass wir uns sicher fühlen und dass uns Leiden erspart bleibt. Unsere Aufmerksamkeit geht deshalb natürlicherweise zuerst nach außen.
Damit einher geht allerdings auch, dass wir alle Probleme als außerhalb von uns sehen und nun versuchen, die Umstände oder den anderen Menschen zu ändern, um glücklich zu werden. Über kurz oder lang müssen wir einsehen, dass das nicht funktioniert, wir können nur bei uns selbst beginnen, wenn wir etwas verändern wollen.
Deshalb empfehlen viele spirituelle Wege als ersten Schritt das Lenken der Aufmerksamkeit von außen nach innen. Somit wird Selbstwahrnehmung und Selbstakzeptanz unsere Basis für Bewusstheit und Wachstum.
4.3 Die Augen
GeschlossenIn der ersten Phase des nach Innen Gehens, empfehle ich dir, die Augen geschlossen zu halten. Damit erleichterst du es dir, nach Innen gesammelt zu bleiben.Andererseits ist es mit geschlossenen Augen wahrscheinlicher, dass du dich mit dem identifizierst, was du wahrnimmst oder ins Träumen oder Dösen abdriftest.
Offen