Atlas Obscura - Joshua Foer - E-Book
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Atlas Obscura E-Book

Joshua Foer

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  • Herausgeber: Mosaik
  • Kategorie: Lebensstil
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2017
Beschreibung

++++ Ausgezeichnet mit dem ITB BuchAward 2019 ++++

Der Atlas Obscura sieht nur auf den ersten Blick aus wie ein Reiseführer. Es ist vor allem ein Buch zum Lesen und Träumen – eine Wunderkammer voller unerwarteter, bizarrer und mysteriöser Orte, die gleichermaßen Wunderlust und Wanderlust hervorrufen. Jede einzelne Seite dieses außergewöhnlichen Buchs erweitert unseren Horizont und zeigt uns, wie wunderbar und schräg die Welt in Wirklichkeit ist. Fesselnde Texte, hunderte von fantastischen Fotos, überraschende Fakten und Karten für jede Region des Globus machen es nahezu unmöglich, nicht gleich die nächste Seite aufzuschlagen und weiterzuschmökern! Eine erstaunliche Liebeserklärung an die Welt, in der wir leben.

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EPUB

Seitenzahl: 829

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Buch

Der Atlas Obscura sieht nur auf den ersten Blick aus wie ein Reiseführer. Es ist vor allem ein Buch zum Lesen und Träumen – eine Wunderkammer voller unerwarteter, bizarrer und mysteriöser Orte, die gleichermaßen Wunderlust und Wanderlust hervorrufen.

Jede einzelne Seite dieses außergewöhnlichen Buches erweitert unseren Horizont und zeigt uns, wie wunderbar und schräg die Welt in Wirklichkeit ist. Fesselnde Texte, hunderte von fantastischen Fotos, überraschende Fakten und Karten für jede Region des Globus machen es nahezu unmöglich, nicht gleich die nächste Seite aufzuschlagen und weiterzuschmökern!

Eine erstaunliche Liebeserklärung an die Welt, in der wir leben.

Autoren

Joshua Foer ist Mitgründer und hauptverantwortlicher Chefredakteur von AtlasObscura.com, sowie Autor des internationalen Bestsellers »Moonwalk mit Einstein«.

Dylan Thuras ist Mitgründer und Kreativdirektor von AtlasObscura.com.

Ella Morton ist Mitherausgeberin und Redakteurin bei AtlasObscura.com.

Ein wichtiger Hinweis an unsere Leser

Obwohl der Verlag und die Autoren alle erforderlichen Schritte unternommen haben, um die Fehlerfreiheit und Aktualität der in diesem Buch enthaltenen Informationen zu gewährleisten, wird den Lesern dringend geraten, keine Reisepläne zu machen, ohne vorher die Richtigkeit der Einzelheiten zu überprüfen. Ortsangaben und Wegbeschreibungen können sich ändern; GPS-Koordinaten sind Annäherungswerte und sollten auch als solche angesehen werden. Sollten Sie in diesem Buch falsche oder veraltete Informationen entdecken, würden wir uns sehr freuen, wenn Sie uns das durch eine E-Mail an [email protected] wissen lassen.

Atlas Obscura ist im Geiste des Abenteuers entstanden: Leser reisen daher auf eigene Gefahr und werden dazu angehalten, die örtlichen Gesetze zu befolgen. Einige der in diesem Buch beschriebenen Orte sind für die Öffentlichkeit unzugänglich und ohne die erforderlichen Genehmigungen nicht zu besichtigen. Weder die Autoren noch die Herausgeber, der Verlag oder seine Beauftragten können für Personen-, Sach- und Vermögensschäden, Verlust, Verletzungen oder sonstige Schäden jeglicher Art, die vorgeblich aufgrund von Informationen oder Anregungen aus diesem Buch entstanden sind, haftbar oder verantwortlich gemacht werden.

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.Sollte diese Publikation Links auf Webseiten Dritter enthalten, so übernehmen wir für deren Inhalte keine Haftung, da wir uns diese nicht zu eigen machen, sondern lediglich auf deren Stand zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung verweisen.

Copyright © 2017 der deutschsprachigen Ausgabe: Wilhelm Goldmann Verlag, München,

in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Str. 28, 81673 München

Alle Rechte vorbehalten.Zuerst veröffentlicht in den Vereinigten Staaten unter dem Titel

ATLAS OBSCURA: An Explorer’s Guide to the World’s Hidden Wonders

Copyright © 2016 Atlas Obscura Inc.Veröffentlicht nach Vereinbarung mit Workman Publishing Co., Inc., New YorkKarten: Scott MacNeill

Illustrationen: Sophie Nicolay

Art Direction und Design: Janet Vicario

Bildrecherche: Bobby Walsh und Melissa Lucier

Zusätzliche Illustrationen: Jen KeenanFür die deutschsprachige Ausgabe:

Übersetzung: WortSchatz, München

(Kristin Lohmann/Übersetzung und Koordination, Claudia Amor, Johanna Ott)

Bildredaktion: Anka Hartenstein

Umschlaggestaltung: *zeichenpool, München

(nach einem Entwurf von Janet Vicario)Redaktion: Jacob Thomas

Satz: Uhl + Massopust, Aalen

JT ∙ Herstellung: IH

ISBN 978-3-641-20711-3V004

www.mosaik-verlag.de

Glück beginnt, wenn wir verstehen, dass ein Leben ohne Wunder nicht lebenswert ist.

– Abraham Joshua Heschel

INHALT

Europa

Grossbritannien und Irland

ENGLAND/ IRLAND/ NORDIRLAND/ SCHOTTLAND

Westeuropa

ÖSTERREICH/ BELGIEN/ FRANKREICH/ DEUTSCHLAND/ GRIECHENLAND/ ZYPERN/ ITALIEN/ NIEDERLANDE/ PORTUGAL/ SPANIEN/ SCHWEIZ

Osteuropa

BULGARIEN/ KROATIEN/ TSCHECHIEN/ ESTLAND/ UNGARN/ LETTLAND/ LITAUEN/ MAZEDONIEN / POLEN/ RUMÄNIEN/ RUSSLAND/ SERBIEN/ SLOWAKEI/ UKRAINE

Nordeuropa und Skandinavien

DÄNEMARK/ FINNLAND/ ISLAND/ NORWEGEN/ SCHWEDEN

Asien

NAHER OSTEN/ IRAN/ IRAK/ ISRAEL/ PALÄSTINA/ LIBANON/ OMAN/ KATAR / SYRIEN/ VEREINIGTE ARABISCHE EMIRATE/ JEMEN/ TÜRKEI/

Süd- und Zentralasien

AFGHANISTAN/ BANGLADESCH/ INDIEN / KASACHSTAN/ KIRGISISTAN/ NEPAL/ PAKISTAN/ SRI LANKA / TURKMENISTAN

Südostasien

BRUNEI/ KAMBODSCHA / INDONESIEN/ LAOS/ MALAYSIA/ MYANMAR/ PHILIPPINEN/ SINGAPUR/ THAILAND/ VIETNAM

Ostasien

CHINA/ HONGKONG/ TAIWAN/ JAPAN/ NORDKOREA/ SÜDKOREA

Afrika

Nordafrika

ÄGYPTEN/ LIBYEN/ MAURETANIEN/ MAROKKO/ SUDAN/ TUNESIEN

Westafrika

BENIN/ BURKINA FASO/ KAMERUN/ GABUN/ GHANA/ MALI/ NIGER/ NIGERIA/ SENEGAL/ SIERRA LEONE/ TOGO

Zentralafrika

ZENTRALAFRIKANISCHE REPUBLIK/ TSCHAD/ DEMOKRATISCHE REPUBLIK KONGO/ REPUBLIK KONGO

Ostafrika

ÄTHIOPIEN/ KENIA/ SÜDSUDAN/ TANSANIA

Südliches Afrika

ANGOLA/ MALAWI/ NAMIBIA/ SÜDAFRIKA/ SWASILAND/ SAMBIA/ SIMBABWE

Inseln im Indischen und Südatlantischen Ozean

MADAGASKAR/ SEYCHELLEN/ ST. HELENA, ASCENSION UND TRISTAN DA CUNHA

Australien und Ozeanien

Australien

Neuseeland

Pazifische Inseln

FIDSCHI/ MARSHALLINSELN/ FÖDERIERTE STAATEN VON MIKRONESIEN/ NAURU/ PALAU/ PAPUA-NEUGUINEA/ SAMOA/ SALOMONEN/ VANUATU

Kanada

Westkanada

ALBERTA/ BRITISH COLUMBIA/ MANITOBA/ NORTHWEST TERRITORIES/ NUNAVUT/ SASKATCHEWAN/ YUKON

Ostkanada

NEUFUNDLAND UND LABRADOR/ NOVA SCOTIA/ ONTARIO/ PRINZ-EDWARD-INSEL/ QUÉBEC

USA

Westküste

KALIFORNIEN/ OREGON/ WASHINGTON

Der Südwesten

ARIZONA/ COLORADO/ NEVADA/ NEW MEXICO/ TEXAS/ UTAH

Great Plains

IDAHO/ KANSAS/ NORTH DAKOTA/ NEBRASKA/ MONTANA/ OKLAHOMA/ SOUTH DAKOTA/ WYOMING

Der mittlere Westen

ILLINOIS/ INDIANA/ IOWA/ MICHIGAN/ MINNESOTA/ MISSOURI/ OHIO/ WISCONSIN

Der Südosten

ALABAMA/ ARKANSAS/ FLORIDA/ GEORGIA/ KENTUCKY/ LOUISIANA/ MISSISSIPPI/ NORTH CAROLINA/ SOUTH CAROLINA/ TENNESSEE/ VIRGINIA

Der Nordosten

DELAWARE/ MARYLAND/ NEW JERSEY/ NEW YORK/ PENNSYLVANIA/ WASHINGTON, D. C./ WEST VIRGINIA/ CONNECTICUT/ MAINE/ MASSACHUSETTS/ NEW HAMPSHIRE/ RHODE ISLAND/ VERMONT

Alaska und Hawaii

Lateinamerika und die Karibik

Südamerika

ARGENTINIEN/ BOLIVIEN/ BRASILIEN/ CHILE/ KOLUMBIEN/ ECUADOR/ PERU/ URUGUAY/ VENEZUELA

Mexico

Mittelamerika

BELIZE/ COSTA RICA/ EL SALVADOR/ GUATEMALA/ HONDURAS/ NICARAGUA/ PANAMA

Karibische Inseln

BAHAMAS/ BERMUDA/ CAYMAN-INSELN/ KUBA/ DOMINICA/ DOMINIKANISCHE REPUBLIK/ GRENADA/ HAITI/ JAMAIKA/ MARTINIQUE/ MONTSERRAT/ PUERTO RICO/ ST. KITTS & NEVIS/ SINT MAARTEN/ TRINIDAD & TOBAGO/ ST. VINCENT UND DIE GRENADINEN

Antarktis

DANKSAGUNG

THEMENREGISTER

ALPHABETISCHES REGISTER

BILDNACHWEIS

Über 100 Meter unter der Erde liegt ein See im Salzbergwerk Turda in Rumänien, auf dem Ruderboote hin und her schaukeln. Vom 11. Jahrhundert an wurde hier bis in die 1930-er Jahre ohne Unterbrechung Salz gewonnen und zu Speisesalz weiterverarbeitet. Heute ist die Mine ein unterirdischer Vergnügungspark. Siehe hier

EINLEITUNG

Als wir Atlas Obscura 2009 ins Leben riefen, wollten wir ein Verzeichnis all der Orte, Menschen und Dinge zusammenstellen, die uns zum Staunen bringen.

Einer von uns war gerade auf der Suche nach winzigen Museen und grotesken, außergewöhnlichen Kunstprojekten zwei Monate lang quer durch die Vereinigten Staaten gefahren. Der andere stand kurz vor einer einjährigen Reise durch Osteuropa. Wir suchten nach einem Weg, kuriose und abgelegene Orte, die es nur selten in die herkömmlichen Reiseführer schaffen, ausfindig zu machen – Ziele, die unser Verständnis von dem, was möglich ist, erweitern; Ziele, die wir ohne den Tipp eines Eingeweihten aber niemals finden würden. Über die Jahre schlossen sich tausende von Menschen aus aller Welt unserem Projekt an und fügten dem Atlas neue Einträge hinzu. Dieses Buch zeigt nur einen winzigen Bruchteil dessen, was unsere Gemeinschaft zutage gefördert hat.

Obwohl der Atlas Obscura auf den ersten Blick aussieht wie ein Reiseführer, ist er eigentlich etwas ganz s.Die Website und das vorliegende Buch sind gewissermaßen eine Wunderkammer voller Orte, ein Kuriositätenkabinett, das Wunderlust ebenso wecken soll wie Wanderlust. Tatsächlich sind viele der Orte in diesem Buch keinesfalls »Touristenattraktionen« und sollten auch nicht als solche angesehen werden. Andere liegen so abseits, so gefährlich oder (in mindestens einem Fall) so tief unter der Erdoberfläche, dass es nur wenigen Lesern jemals möglich sein wird, sie zu besuchen. Aber es gibt sie, und wir teilen diesen herrlich seltsamen Planeten mit ihnen.

Dieses Buch wäre niemals entstanden ohne die unvergleichliche und unermüdliche Ella Morton, die die letzten vier Jahre nichts anderes getan hat, als zu recherchieren, zu schreiben und dieses Objekt, das Sie in den Händen halten, zu gestalten. Ebenso wenig würde es existieren ohne unsere unglaubliche Gemeinschaft von Usern, Forschern und Mitwirkenden. Jeder von Ihnen da draußen, der dem Atlas einen Ort hinzugefügt, einen Eintrag überarbeitet oder ein Foto eingeschickt hat: Sie alle sind unsere Co-Autoren. Vielen Dank. Obwohl wir versucht haben, alle Fakten auf diesen Seiten auf ihre Richtigkeit hin zu prüfen, bitten wir Sie, keine Flugtickets zu buchen, ohne vorher selbst zu recherchieren. Oder eben doch! In dem Fall aber sollten Sie bereit für ein Abenteuer sein.

Wir fragen uns oft, wie umfangreich ein wahrlich vollständiges Kompendium aller Kuriositäten und Wunder der Welt letzten Endes wäre. Die ökonomischen Gegebenheiten des Buchdrucks und das Format der Seiten setzen dem, was in dieses Buch aufgenommen werden konnte, Grenzen. Aber auch unsere Website, die von solchen Einschränkungen nicht betroffen ist, wird nie ganz vollständig sein. Der Atlas Obscura, der ebenso allumfassend ist wie die Welt selbst, muss erst noch geschrieben werden. Denn die Möglichkeit, auf Wunder zu stoßen, besteht jederzeit – wenn wir nur bereit sind, nach ihnen zu suchen.

Joshua Foer und Dylan Thuras

Gründer von Atlas Obscura

Europa

Großbritannien und Irland

ENGLAND / IRLAND / NORDIRLAND / SCHOTTLAND

Westeuropa

ÖSTERREICH / BELGIEN / FRANKREICH / DEUTSCHLAND / GRIECHENLAND / ZYPERN / ITALIEN / NIEDERLANDE / PORTUGAL / SPANIEN / SCHWEIZ

Osteuropa

BULGARIEN / KROATIEN / TSCHECHIEN / ESTLAND / UNGARN / LETTLAND / LITAUEN / MAZEDONIEN / POLEN / RUMÄNIEN / RUSSLAND / SERBIEN / SLOWAKEI / UKRAINE

Nordeuropa und Skandinavien

DÄNEMARK / FINNLAND / ISLAND / NORWEGEN / SCHWEDEN

ENGLAND

SILBERNER SCHWAN

NEWGATE, DURHAM

Auf einem Teich aus Glasfaserstäben treibt ein faszinierend naturgetreuer Schwan. Der Musikautomat wurde in den 1770-er Jahren angefertigt; angetrieben wird er von drei Uhrwerken, die für 40 Sekunden eine glockenhelle Melodie in Gang setzen. Er bewegt seinen Hals, als wolle er sein Gefieder putzen, um dann seinen Schnabel ins »Wasser« zu tauchen und einen Fisch zu schnappen.

Der Schwan wurde zunächst im Spring Gardens Museum des britischen Uhrmachers James Cox ausgestellt. 1872 erwarb ihn der Sammler John Bowes, Stifter des in einem französischen Schloss beheimateten Bowes Museum, wo das Kunstwerk heute zu besichtigen ist.

Bowes Museum, Newgate. Die Mechanik wird täglich um 14 Uhr vorgeführt. Das Museum liegt etwa 27 km vom Bahnhof Darlington entfernt – von London aus in 2,5 Std. zu erreichen.

N 54.542142 W 1.915462

Sprech-, Lauf- und Bewegungsmaschinen

Automaten – also mechanische Figuren, die schaurig lebensecht agieren – gibt es seit vielen Jahrhunderten.

Unter dem Türken saß ein Mensch und steuerte den Apparat.

Einer der beeindruckendsten war der 1770 von Wolfgang von Kempelen vorgestellte sogenannte »Schachtürke«, eine mechanische Figur mit Turban, die sich bereitwillig zu einer Partie Schach herausfordern ließ. Die Maschine ging um die Welt und nahm es mit Gegnern wie Napoleon Bonaparte und Benjamin Franklin auf. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts ließ sich das breite Publikum noch von der vermeintlichen Intelligenz des Türken und seinen erstaunlichen Fähigkeiten blenden. Schließlich lüfteten aber besonders aufmerksame Beobachter, darunter Edgar Allan Poe, der dem Türken 1835 in Virginia begegnete, das Geheimnis: Ein Kasten unterhalb des Schachbretts verbarg einen zusammengekrümmten Schachmeister, der die Züge auf seinem eigenen Brett bei Kerzenlicht nachvollzog und den Arm des Türken über Hebel bewegte. Der Türke war getürkt!

Während der Schachtürke seine Gegner frustrierte, versetzten redlichere Automaten die Schaulustigen in Verzücken. Eine 1739 von Jacques de Vaucanson erbaute mechanische Ente konnte mit ihren Flügeln schlagen, den Kopf drehen, Körner fressen und diese kurz darauf wieder ausscheiden. Der Verdauungsprozess war zwar nicht echt – im Hinterteil des Tiers befand sich ein Vorrat an Kötteln, die entsprechend der Menge an verspeisten Körnern fallen gelassen wurden –, und doch war damit der erste Schritt zu einer authentischen Essmaschine getan.

Pierre Jaquet-Droz arbeitete sechs Jahre lang an einem Androidentrio, das heute im Museum für Kunst und Geschichte im schweizerischen Fribourg zu besichtigen ist: Schreiber, Organistin und Zeichner. Während die Musikerin auf der Orgel spielt, hebt und senkt sich ihre Brust, als würde sie atmen, und ihr Oberkörper bewegt sich wie der eines leidenschaftlichen Pianisten. Zeichner und Schreiber sitzen jeweils an einem Schreibtisch: Während der Zeichner eines von vier programmierten Bildern anfertigt, taucht der Schreiber eine Gänsefeder in Tinte und bringt dann einen beliebigen, auf den Empfänger zugeschnittenen Text mit bis zu 40 Zeichen aufs Papier.

Im späten 19. Jahrhundert waren dann dampfbetriebene Figuren der letzte Schrei. Den Anfang machte ein Modell des 22-jährigen Zadoc Dederick aus New Jersey: ein 2,30 Meter großer Mann mit Zylinder, der einen Wagen hinter sich herzog. In seinem massigen Oberkörper war ein Dampfkessel untergebracht, dessen Energie ausreichte, um ihn Schritt für Schritt voranzutreiben.

Tipus Tiger, eine schmucke Verkörperung der Feindschaft zwischen der indischen Bevölkerung und den im 18. Jahrhundert dort ansässigen britischen Kolonialherren, ist ein kurbelbetriebenes Spielzeug, das heute im Victoria & Albert Museum zu sehen ist. Dargestellt wird ein Tiger, der einen wehrlosen britischen Offizier zerfleischt. Dreht man die Kurbel, hebt der Mann in einer schwachen Geste die linke Hand, um sein Gesicht zu schützen. Durch die Auf-und-Ab-Bewegung der Hand strömt Luft aus vier Blasebälgen: Die dadurch entstehenden Geräusche – bestialisches Gebrüll und Todesschreie – räumen mit den letzten Zweifeln auf, wer hier den Kürzeren ziehen wird.

Tipus Tiger: beim Fressen erstarrt

GIFTGARTEN VON ALNWICK

ALNWICK, NORTHUMBERLAND

Wer den Giftgarten von Alnwick betreten will, muss das schwarze Eisentor von einem Guide aufschließen lassen; darauf prangt ein weißer Totenkopf vor zwei gekreuzten Knochen und der beunruhigenden Botschaft: »Diese Pflanzen können töten.«

Inspiriert von den Giftgärten der Medici in Padua schuf Jane Percy, Herzogin von Northumberland, im Jahre 2005 den Giftgarten von Alnwick und widmete ihn ausschließlich giftigen oder narkotisierenden Pflanzen. 1995 wurde ihr Mann nach dem Tod seines Bruders ganz unerwartet zum zwölften Herzog von Northumberland. Und als die frischgekürte Herzogin durch die Gartenanlage streifte, beschloss sie, einen überwucherten Teil des Gartens einem ganz besonderen Zweck zuzuführen.

Der sorgfältig kuratierte Garten liegt zwischen Grünanlagen mit versprenkelten Wasserskulpturen, einem Kirschgarten, einem Bambuslabyrinth und einem riesigen Baumhaus und beherbergt mehr als 100 Pflanzen mit der Fähigkeit zu stimulieren, zu betäuben, krank zu machen oder zu töten. Ihre gefährlichen Eigenschaften kann man sich detailliert von Guides darlegen lassen, die mit Nachdruck an die strikten Regeln erinnern: »Nichts anfassen, an nichts riechen!«

Unter dem harmlos aussehenden Grünzeug finden sich Mohngewächse, Cannabis, halluzinogene Pilze und das tödliche Strychnin. Weil die Flora so gefährlich ist (manche Pflanzen sind allein bei Berührung tödlich oder krankmachend), befinden sich einige Exemplare hinter Gittern; zudem wird der Garten rund um die Uhr bewacht.

Denwick Lane, Alnwick. Geöffnet von März bis Oktober.

N 55.414098 W 1.700515

Strychnos nux-vomica, die Gewöhnliche Brechnussbeinhaltet das Alkaloid Strychnin und kann zu ernsthafter Übelkeit, Schaumbildung vor dem Mund, Krämpfen und zum Tod führen.

Wer Maiglöckchen isst, kann sich auf Bauchschmerzen, Erbrechen, eine Verlangsamung des Herzschlags und eine verminderte Sehkraft gefasst machen.

Psilocybinhaltige Pilze können zu Hochgefühlen, einem veränderten Zeitgefühl und heftigen Halluzinationen führen.

Mit Conium maculatum, besser bekannt als Schierlingspflanze, wurde Sokrates zur Strecke gebracht.

TUNNELSYSTEM VON LIVERPOOL

LIVERPOOL, MERSEYSIDE

Zwischen 1810 und 1840 grub eine Armee von Arbeitern ein weitläufiges Geflecht aus unterirdischen Gängen unter der Stadt Liverpool. Sie führten damit den Willen des exzentrischen Tabakhändlers Joseph Williamson aus, der Gerüchten zufolge Anhänger einer Sekte war – das Tunnelsystem sollte ihn und seine Familie im Falle des nahenden Weltuntergangs beherbergen. Weniger spektakuläre Berichte zeichnen ihn als selbstlosen Philanthropen, der den vielen von den Napoleonischen Kriegen zurückgekehrten Männern Arbeit verschaffen wollte. Dass er seine Arbeiter mit Vorliebe dazu anhielt, eben gegrabene Tunnel wieder zuzumauern, gibt ein weiteres Rätsel auf.

Als Williamson 1840 starb, bedeutete dies das Ende seines Untergrundprojekts. Das Labyrinth füllte sich mit Wasser, Geröll und Müll und blieb bis in die 1990-er Jahre in diesem maroden Zustand; dann beschloss man die Attraktion wieder freizulegen und die Tunnel der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Ein – dramatisch beleuchteter – Abschnitt ist bereits für Besichtigungstouren geöffnet.

Williamson Tunnels Heritage Centre, The Old Stable Yard, Smithdown Lane, Liverpool.

N 53.403801 W 2.958444

KETTENBUCH-BIBLIOTHEK VON HEREFORD

HEREFORD, HEREFORDSHIRE

Die Kathedrale von Hereford beherbergt eine Kettenbuch-Bibliothek mit seltenen Werken und eine der ältesten Karten der Welt.

Im Mittelalter waren Bücher so rar wie kostbar. Um sie vor Dieben zu schützen, wurden sie deshalb an Pulte, Schreibtische und Kanzeln angekettet.

Die Kettenbuch-Bibliothek wurde 1611 gegründet – Anlass war eine Überführung von per Hand übertragenen und gebundenen Büchern in die Marienkapelle der Kathedrale. Der Großteil der Bände geht auf die 1100-er Jahre zurück, das älteste Werk, die Hereford Gospels, wird sogar in etwa dem Jahr 800 zugeschrieben.

Auf der in der Kathedrale gelagerten mittelalterlichen Weltkarte sind drei Kontinente abgebildet: Europa, Asien und Afrika. In der bis dato unerforschten Peripherie dieser Kontinente treiben feuerspeiende Drachen und Männer mit Hundegesichtern ihr Unwesen. Dazu sind die Skiapoden abgebildet, sogenannte Schattenfüßer: mystische Wesen, die so große Füße hatten, dass sie sie auf dem Rücken liegend als Schattenspender nutzten, wenn die Sonne zu sehr herunterbrannte.

Die um 1300 entstandene Karte hat eine Größe von 1,50 mal 1,40 Metern und diente zugleich als geografisches, historisches und religiöses Lehrmittel. Um bislang unbekannte Lücken in der Geografie zu füllen, bediente man sich Gerüchten, der Mythologie und nicht zuletzt der eigenen Fantasie. Das erklärt auch die vieräugigen Bewohner Äthiopiens.

5 College Cloisters, Cathedral Close, Hereford. Mit dem Zug 3,5 Stunden von London; vom Bahnhof läuft man in 15 Minuten zur Kathedrale.

N 52.053613 W 2.714945

EBENFALLS IM NORDEN ENGLANDS

Steetley Magnesite

Hartlepool ·Die verfallene Chemieanlage in der Nordsee ist eine fotogene Industrieruine.

Beverley Sanctuary Stones

Beverley ·Die Steine markieren eine heilige Stätte, an der die mittelalterliche Kirche einst Dieben und Räubern Asyl bot.

UHR DER KATHEDRALE VON SALISBURY

SALISBURY, WILTSHIRE

Die Uhr der Kathedrale von Salisbury ist alt – wie alt genau, ist Thema einer anhaltenden Debatte. Das exakte Datum ist durchaus von Bedeutung: Wurde die Uhr tatsächlich im Jahr 1386 erbaut – wie viele Uhrmacher glauben –, ist sie die älteste noch funktionierende Uhr der Welt.

Durch das zifferblattlose Uhrwerk wurde Salisbury einst an die damals neue Erfindung genormter Zeiteinheiten angeschlossen, die die Ära der Sonnenuhren ablösen sollte. Die Uhr schlug stündlich und gemahnte die Bevölkerung nicht nur zum Gottesdienst, sondern sorgte auch für eine verlässliche Tagesstruktur.

Nachdem die Uhr im Turm der Kathedrale wiederentdeckt worden war, zerlegte und restaurierte man sie. Auch wenn sie heute nicht mehr schlägt, so funktioniert sie in vieler Hinsicht noch auf dieselbe Weise wie schon vor mehr als 600 Jahren.

Salisbury Cathedral, 33 The Close, Salisbury. Mit dem Zug

von London (Waterloo) in 90 Minuten erreichbar. Vom Bahnhof läuft man in zehn Minuten zur Kathedrale.

N 51.064933 W 1.797677

Der 600 Jahre alte Zeitmesser von Salisbury ist möglicherweise die älteste noch funktionierende Uhr der Welt.

STURMVORHERSAGER

OKEHAMPTON, DEVON

Der Chirurg George Merryweather hegte ein leidenschaftliches Interesse für Blutegel. Ihm zufolge hatte das eklige Gewürm menschenähnliche Instinkte, wusste um den dumpfen Schmerz der Einsamkeit und besaß die Fähigkeit, das Wetter vorherzusagen. Nachdem er gesehen hatte, wie Süßwasseregel kurz vor Ausbruch eines gewaltigen Sturms in Aufruhr geraten waren, war er davon überzeugt, einen blutegelbetriebenen Apparat zur Wettervorhersage konstruieren zu können.

1851 enthüllte Merryweather seinen »Sturmvorhersager« auf der Londoner Industrieausstellung. Die Vorrichtung erinnert an ein Miniaturkarussell – allerdings waren dort, wo üblicherweise die Ponys ihre Runden drehen, zwölf Glasbehälter angebracht, in denen jeweils ein Blutegel sein Dasein fristete. Bei heraufziehendem Sturm sollten die Tiere zum oberen Rand des Glases kriechen und damit über einen Draht eine Klingel in Gang setzen.

Obwohl Merryweathers Erfindung zweifellos neuartig war, konnte sie sich nicht durchsetzen. Seine Vision von landesweit eingesetzten Sturmvorhersagern blieb reine Fantasie. Und doch lebt die Apparatur fort: in Form einer rekonstruierten Version, die einen prominenten Platz im Barometer World Exhibition Museum in Devon innehat.

Quicksilver Barn, Merton, Okehampton. Das Museum öffnet auf Anfrage.

N 50.891854 W 4.095316

EBENFALLS IM SÜDWESTEN ENGLANDS

Größtes Gewächshaus der Welt

St Austell ·In den gigantischen Kuppeln des Eden Project befinden sich simulierte Vegetationszonen mit über einer Million Pflanzenarten.

Lost Gardens of Heligan

St Austell ·Der 400 Jahre alte Garten mit seinen wunderlichen Skulpturen wurde prachtvoll wiederhergestellt.

Museum of Witchcraft and Magic

Boscastle ·Die weltweit größte Sammlung an Objekten, die mit Übersinnlichem und Zauberei in Verbindung stehen – getrocknete Katzen inklusive.

House That Moved

Exeter · Das 21 Tonnen schwere Tudorhaus aus dem 16. Jahrhundert wurde 1961 auf Eisenschienen 70 Meter von seinem Standort fortbewegt, um einer Straße Platz zu machen.

Cheddar Man and Cannibals Museum

Cheddar ·Ein Museum zu Leben, Tod und Kannibalismus im prähistorischen Britannien.

George Merryweathers Karussell wettervorhersagender Blutegel glänzte eher durch Charme denn durch Exaktheit.

LUXUSHOTEL »NO MAN’S LAND FORT«

GOSPORT, HAMPSHIRE

Auf der Karte ist es nicht mehr als ein winziger namenloser Fleck in der Meerenge Solent zwischen der Südküste Englands und der Isle of Wight – dabei blickt das No Man’s Land Fort auf eine dramatische Geschichte zurück.

Erbaut wurde es im späten 19. Jahrhundert, um die Küste Englands vor einer französischen Invasion zu bewahren, die allerdings nie stattfand. 80 Soldaten und 49 Kanonen hatten damals auf der Festung Platz.

1990 wurde die verlassene Festung schließlich in ein Luxushotel umgewandelt, mit zwei Hubschrauberlandeplätzen, 21 Zimmern, einem Dachgarten und Restaurants. Die unter Wasser liegende Zentrale wurde verglast und sollte als Vorraum für den beheizten Pool dienen. Doch obwohl für das leibliche Wohl bestens gesorgt und die Abgeschiedenheit der Gäste garantiert war, floppte das Unternehmen.

2004 kaufte der Bauunternehmer Harmesh Pooni No Man’s Land für sechs Millionen Pfund; er wollte das Eiland für besondere Anlässe vermieten. Unglücklicherweise befanden sich im Hotelpool jedoch Bakterien, die einen Ausbruch der Legionärskrankheit verursachten. Angesichts seines bevorstehenden finanziellen Ruins ging Pooni die Sache radikal an: Er verstellte die Hubschrauberlandeplätze mit umgedrehten Tischen und verbarrikadierte sich in der Festung. Nach einer monatelangen Pattsituation wurde er Anfang 2009 schließlich zur Räumung gezwungen.

Im März 2009 machte die in Gibraltar ansässige Swanmore Estates Ltd. ein echtes Schnäppchen und kaufte No Man’s Land für 910.000 Pfund. Die Festung wurde zum Veranstaltungsort für Hochzeiten und Klausurtagungen von Firmen umgerüstet. Zu den Vorzeige-Specials gehören eine Sauna, eine Kleinkunstbühne und ein Lasertag-Bereich im früheren Schießpulverlager.

Die Meerenge Solent liegt 2,3 km nördlich der Isle of Wight.

N 50.739546 W 1.094995

Für Geburtstagspartys zu mieten – Lasertag inklusive

ATOMBUNKER KELVEDON HATCH

KELVEDON HATCH, ESSEX

Heute geben Wegweiser am Straßenrand bekannt, wo es zum »Geheimen Atombunker« geht. Als der unterirdische Schutzraum 1953 erbaut wurde, sollte er im Falle eines atomaren Angriffs hunderten britischen Militärs sowie zivilem Personal ein neues Zuhause bieten.

Der Zugang erfolgt durch einen gewöhnlich aussehenden, in den Wäldern gelegenen Bungalow; der Bunker selbst ist ausgestattet mit Klimaanlage und Heizung, einer eigenen Wasserversorgung, Generatoren sowie einer Funkausrüstung und einer vor Mithörern geschützten Fernmeldeanlage. Nach dem Zerfall der Sowjetunion wurde der Bunker zum Museum. Noch heute sind die Gänge voll von staubigen alten Telefonen, Geigerzählern und Kartenmaterial. Manche Räume sind mit abgewetzten Schaufensterpuppen ausgestattet; sie tragen billige Perücken – und eine von ihnen hat sogar das grinsende Gesicht der früheren Premierministerin Margaret Thatcher.

Crown Buildings, Kelvedon Hall Lane, Kelvedon Hatch. Der Zug von London fährt in 1,5 Std. nach Brentwood. Von dort sind es noch 20 Min. mit dem Taxi zum Bunker.

N 51.671743 O 0.256569

Was sich nicht alles unter dem bescheidenen Bungalow verbirgt

AKUSTISCHE SPIEGEL

GREATSTONE, KENT

Als Teil ihrer Verteidigungsstrategie nach dem Ersten Weltkrieg errichteten die Briten an der Südostküste Englands drei massive sogenannte Sound Mirrors, akustische Spiegel aus Beton; mit ihrer Hilfe wollte man die Geräusche weit entfernter Flugzeuge aufspüren. Das Reflektorentrio funktionierte wie riesige Ohren und war in der Lage, mit 15 Minuten Vorlauf vor einem Luftangriff zu warnen; dazu wurden Schallwellen, die vom Ärmelkanal herüberkamen, verstärkt und direkt an Mikrofone umgeleitet. Ein Techniker hörte das Signal dann über einen stethoskopähnlichen Kopfhörer ab.

In Greatstone kann man drei verschiedene Reflektoren besichtigen: eine 61 Meter lange gekrümmte Mauer, eine neun Meter hohe Parabolschüssel und eine sechs Meter hohe etwas flachere Schüssel.

Dungeness National Nature Reserve, Zufahrt über die Dungeness Road, Romney Marsh.

N 50.956111 O 0.953889

Vor der Erfindung des Radars baute man riesige »Betonohren«, die das Geräusch herannahender feindlicher Flugzeuge aufspüren sollten.

EBENFALLS IM SÜDOSTEN ENGLANDS

Little Chapel

Guernsey ·Eine der kleinsten Kapellen der Welt – aufwendig mit Steinen, Kies, Porzellanscherben und Glas dekoriert.

Margate Shell Grotto

Margate ·Der rätselhafte unterirdische Durchgang wurde 1835 entdeckt. Die reichen Verzierungen sind allesamt aus Muschelschalen gefertigt, das Alter der Höhle ist unbekannt.

MAUNSELL-SEEFESTUNGEN

FLUSSMÜNDUNG DER THEMSE

Die wie roboterhafte Wachposten auf Stelzen aus dem Wasser ragenden Maunsell-Seefestungen in der Themsemündung östlich von London erinnern in rostiger Manier an die dunkelsten Tage des Zweiten Weltkriegs. Die Festungstürme wurden 1942 erbaut und sollten Luftangriffe der Deutschen abwehren. Jedes der drei Forts bestand aus sieben Plattformen auf Stelzen, die um einen zentralen Kommandoturm gruppiert waren. Nach dem Krieg wurden die Festungen außer Betrieb gesetzt. In den 1960-ern besetzten mehrere Piratensender die verbliebenen Plattformen. 1966 starb Reginald Calvert, Manager des Piratensenders Radio City, als er sich einen Kampf mit dem Betreiber des rivalisierenden Senders Radio Caroline lieferte. Im Jahr darauf verabschiedete die britische Regierung ein Gesetz und erklärte das Senden von offener See aus für illegal; die Piraten wurden vertrieben, die Festungen dem Verfall preisgegeben.

Von dem Versuch, die verfallenen Plattformen zu betreten, wird abgeraten. Man kann sie vom Boot aus besichtigen und – an klaren Tagen – vom Shoeburyness East Beach aus sehen. N 51.361047 O 1.024256

H. G. Wells-Fans aufgepasst: Die rostigen Invasoren sind da!

LONGPLAYER

LONDON

Wer beim nächsten Londontrip keine Zeit findet, sich »Longplayer« anzuhören, hat beim übernächsten Mal sicher auch noch Gelegenheit dazu – das Stück wird im alten Leuchtturm der Trinity-Buoy-Werft nämlich noch etwa 1000 Jahre lang gespielt. Es besteht aus sechs kurzen Stücken, die für tibetische Klangschalen komponiert wurden; die Aufnahmen sind derart komplex miteinander kombiniert, dass sich keine der Variationen jemals wiederholen wird. Der erste Ton erklang am 31. Dezember 1999, und wenn alles nach Plan läuft, wird die Komposition in den letzten Sekunden des Jahres 2999 verhallen.

Eine eigens dazu ins Leben gerufene Stiftung soll das Stück angesichts des technologischen und sozialen Wandels am Laufen halten, der sich während der nächsten zehn Jahrhunderte unweigerlich vollziehen wird.

64 Orchard Place, London. Am Wochenende geöffnet. U-Bahn-Station Canning Town. Auf longplayer.org. kann man die Komposition via Livestream anhören.

N 51.508514 O 0.008079

In der Trinity-Buoy-Werft wird noch bis 2999 ein auf 1000 Jahre angelegtes Stück für tibetische Klangschalen zu hören sein.

EBENFALLS IN LONDON

Unterirdischer Luftschutzbunker Clapham North

London ·Clapham North ist ein unterirdischer Luftschutzbunker aus dem Zweiten Weltkrieg – der einzige von acht seiner Art, der heute ungenutzt ist.

Unterirdische Flüsse Londons

London ·Der längste der unterirdischen Flüsse Londons fließt heute durch die Kanalisation der Stadt. Vor dem Coach and Horse Pub in der Ray Street in Clerkenwell kann man ihn durch ein Gitter rauschen hören.

Grant Museum of Zoology

London ·Eine Sammlung der Universität, die halbierte Köpfe, ausgestorbene Tiere und eine von hinten beleuchtete Kammer zu bieten hat, in der mikroskopisch kleine Dias gezeigt werden.

Sir John Soane’s Museum

London ·Eine überbordende wie erstaunliche Sammlung ethnografischer Objekte – ausgestellt im Haus ihres exzentrischen Begründers, des aus dem 18. Jahrhundert stammenden Architekten John Soane.

Mithras-Tempel

London ·Die Reste eines römischen Tempels, der dem mysteriösen Mithras-Kult gewidmet war und als bemerkenswertester Fund des 20. Jahrhunderts aus der Römerzeit in London gilt.

MEMORIAL TO HEROIC SELF-SACRIFICE

LONDON

Das goldene Thronjubiläum von Queen Victoria im Jahr 1887 bot den Briten Anlass, ihr mächtiges Empire zu feiern. Der Künstler George Frederic Watts trug eine erfrischend bescheidene Idee bei, wie dem Anlass gedacht werden könnte.

Der Maler, der sich leidenschaftlich für die Arbeiterklasse einsetzte, wollte mit der Errichtung einer Gedenkstätte an ganz normale Menschen erinnern, deren heldenhafter Tod ansonsten schnell in Vergessenheit geraten würde.

Sein Vorschlag fand zunächst nur wenig Anklang – 13 Jahre später jedoch wurde das Memorial to Heroic Self-Sacrifice im Postman’s Park enthüllt. Es bestand ursprünglich aus vier an einer Mauer angebrachten Gedenktafeln, die jeweils einem Menschen gewidmet waren, der auf irgendeine Weise in besonderer Tapferkeit verstorben war. Eine der Tafeln etwa stand für Mary Rogers, eine Stewardess des Fährschiffs SS Stella; als das Schiff am 30. März 1899 sank, überließ sie ihre Rettungsweste einem anderen Passagier und besiegelte damit ihr eigenes trauriges Schicksal.

Seitdem kamen 50 weitere Tafeln hinzu; die jüngste stammt aus dem Jahr 2009. Unter den ungeheuerlichen Geschichten findet sich auch die des 19-jährigen William Donald, der »in den Auen ertrank, als er versuchte, einen Burschen aus gefährlich ineinander verwickeltem Unkraut zu befreien«, und die von George Frederick Simonds, der »in ein brennendes Haus stürzte, um eine betagte Witwe zu retten, und anschließend seinen Verletzungen erlag«.

Postman’s Park, St. Martin’s Le-Grand, London. Der Park liegt in der Nähe der U-Bahn-Station St. Paul’s (Central line).

N 51.517534 W 0.097751

Im Postman’s Park steht eine Mauer mit tragischen und inspirierenden Gedenktafeln – sie erinnern an Menschen, die sich für andere geopfert haben.

DIFFERENZMASCHINE NO. 2

LONDON

Im Viktorianischen Zeitalter hätte es beinahe einen Computer gegeben. Mit seiner Difference Engine von 1822, einem Entwurf für ein ungeschlachtes Gerät mit Kurbeln und Zahnrädern, das mathematische Tabellen erstellen konnte, kam Charles Babbage der Sache verdammt nahe.

Die Maschine bot zwar eine gut erdachte Lösung für das Problem des menschlichen Versagens bei komplexen Rechenaufgaben, doch erwies sie sich als zu groß, zu kompliziert und zu teuer, um tatsächlich gebaut werden zu können.

Babbage aber ließ sich dadurch nicht abschrecken und zeichnete die Pläne für Difference Engine No. 2. Diese Version würde etwas moderater ausfallen: fünf Tonnen Gewicht, 5000 Einzelteile, 3,40 Meter Länge. Doch auch Variante Zwei konnte letztlich nicht verwirklicht werden. Babbage starb 1871; er hinterließ unzählige Notizen und Skizzen zu Maschinen, die weit über das hinausgingen, was seinerzeit konstruktionstechnisch möglich war.

1985, mehr als 100 Jahre nach Babbages Tod, kündigte das Londoner Science Museum an, herausfinden zu wollen, ob seine Entwürfe realisierbar waren: Auf der Grundlage seiner Pläne wurde die Difference Engine No. 2 gebaut. 1991, gerade rechtzeitig zum Gedenken an Babbages 200. Geburtstag, stellte das Konstruktionsteam das für Rechnungen zuständige Teilstück der Maschine fertig. Es funktionierte fehlerlos und bestätigte Babbages rechtmäßigen Platz in den Annalen der Computergeschichte. Das Gerät, das seit 2003 zudem mit einer Druckvorrichtung ausgestattet ist, kann – ebenso wie die Hälfte von Babbages Gehirn – im Museum besichtigt werden.

Science Museum, Exhibition Road, London. N 51.498190 W 0.173972

Endlich funktionstüchtig: Charles Babbages viktorianischer Computer.

JEREMY BENTHAMS AUTO-IKONE

LONDON

Jeremy Bentham sitzt seit 1850 in einem Korridor des University College in London.

Der Moralphilosoph, der durch sein Eintreten für Tierrechte, für eine Reform der Gefängnisse, das allgemeine Wahlrecht sowie für die Rechte von Homosexuellen seiner Zeit weit voraus war, hinterließ ein Testament mit speziellen Anweisungen, wie mit seinem Leichnam verfahren werden sollte. Darin verfügte er, dass Kopf und Körper mumifiziert werden und er, mit einem schwarzen Anzug bekleidet und aufrecht auf einem Stuhl sitzend, in einer hölzernen Vitrine unter einem Schild mit der Aufschrift »Auto-Ikone« ausgestellt werden sollte.

Als es dann so weit war, lief jedoch unglücklicherweise etwas während des Konservierungsprozesses schief. Benthams Kopf nahm ein geflecktes, hohlwangiges Aussehen an, die ledrige Haut hing schlaff unter einem Paar leuchtend blauer Glasaugen herab. Um den grotesken Anblick zumindest ein wenig abzumildern, fertigte man eine Wachsbüste des Verstorbenen an, die auf das Skelett aufgeschraubt wurde. Der echte Kopf wurde zwischen Benthams Füßen platziert.

Dort ruhte er ungestört bis ins Jahr 1975, als eine Gruppe boshafter Studenten ihn kidnappte und 100 Pfund Lösegeld forderte, die zu wohltätigen Zwecken gespendet werden sollten. Die Universität machte ein Gegenangebot in Höhe von zehn Pfund, die Entführer gaben klein bei und brachten den konservierten Kopf zurück. Nachdem man sich ein paar weitere Streiche erlaubt hatte und der Schädel einmal sogar als Fußball verwendet worden war, beschloss die Universitätsverwaltung, den Kopf im Konservierungsschrank des Archäologischen Instituts zu verwahren. Er wird nur noch zu speziellen Anlässen hervorgeholt.

Gower Street, zwischen Grafton Way und University

Street; betreten Sie das Universitätsgelände durch die Pförtnerloge und machen Sie sich auf die Suche nach der Rampe zum südlichen Säulengang im Wilkins Building.

N 51.524686 W 0.134025

Der längst verstorbene Anhänger der utilitaristischen Philosophie sitzt in einem Korridor des University College in London; zwischen seinen Füßen bewahrte er seinen eigenen Kopf zum Schutz vor möglichen Souvenirjägern.

ARCHIE, DER RIESENKALMAR

LONDON

Riesenkalmare werden häufig als wahre Meeresungeheuer dargestellt. In Jules Vernes 20000 Meilen unter dem Meer greift einer von ihnen ein Schiff an und verschlingt ein Mitglied der Besatzung. Der Krake aus der nordischen Mythologie verdankt seine Entstehung vermutlich einer Kombination aus tatsächlich gesichteten Kraken, blühender Fantasie und Übertreibung.

Aufzeichnungen belegen, dass man Riesenkalmare seit dem 16. Jahrhundert immer wieder einmal zu Gesicht bekommen hat, und doch gelang es erst 2002, das erste Foto eines Riesenkalmars in seiner natürlichen Umgebung zu schießen. Das achteinhalb Meter lange Exemplar des Londoner Natural History Museum sorgt daher für ein seltenes Vergnügen. Das in Anlehnung an seinen lateinischen Namen Architeuthis dux Archie genannte Tier war Fischern 2004 vor der Küste der Falklandinseln ins Netz gegangen; heute liegt er konserviert in einem maßgeschneiderten Acrylbehälter.

Natural History Museum, Cromwell Road, London. Archie ist Teil der Darwin Spirit Collection des Museums und kann im Rahmen geführter Touren besichtigt werden. N 51.495983 W 0.176372

Archie, der Riesenkalmar – 2004 gefangen und heute im Natural History Museum zu sehen – ist so lang wie ein amerikanischer Schulbus.

HIGHGATE CEMETERY

LONDON

Der 1839 eröffnete Friedhof Highgate ist einer der berühmtesten ganz Londons. Unter den Ansässigen befinden sich Karl Marx, der Science-Fiction-Autor Douglas Adams und Adam Worth, der vermutlich als Inspiration für Sherlock Holmes’ Erzfeind, Professor Moriarty, diente.

In den 1940-er Jahren war der viktorianische Friedhof reichlich heruntergekommen, und die einst begehrten Grabstätten waren von Unkraut überwuchert. 1970 wollten Mitglieder einer an Magie interessierten Gruppierung gesehen haben, wie übernatürliche Gestalten um die Gräber schlichen. Anfängliche Berichte über Geister mündeten schließlich in dem Gerücht, dass ein transsilvanischer Prinz, der hier um 1800 herum begraben wurde, sein Unwesen trieb.

Zwei selbst ernannte Monsterjäger, Seán Manchester und David Farrant, gelobten schließlich, das Biest aufzustöbern und zu töten – dabei behauptete jeder vom anderen, ein Scharlatan und nicht in der Lage zu sein, den Vampir überhaupt zu finden. Die beiden sorgten dafür, dass ihre Fehde in die Medien gelangte, und kündigten eine offizielle Vampirjagd für Freitag, den 13. März 1970 an. In jener Nacht überwältigte ein Mob die Polizei und stürmte – Pflöcke, Knoblauch, Kreuze und Weihwasser schwingend – den Friedhof. Chaos brach aus. Ein Vampir wurde dabei allerdings nicht gesichtet.

Wild entschlossen, dem Highgate-Vampir doch noch einen Pflock ins Herz zu rammen, besuchten Manchester und Farrant den Friedhof auch in den folgenden Jahren regelmäßig. Im Verlauf der Suche wurden Gräber geplündert, echte Leichen gepfählt und enthauptet. 1974 handelte sich Farrant sogar eine Gefängnisstrafe wegen der Zerstörung von Denkmälern und der Belästigung menschlicher Überreste auf dem Friedhof ein.

Die Auseinandersetzung zwischen den beiden hält bis heute an; und auch der Friedhof ist ein Hotspot für Liebhaber des Okkulten, Paranormalen und Vampirwesens geblieben.

Swain’s Lane. Der Friedhof ist zu Fuß in 20 Min. über den Highgate Hill und durch den Waterlow Park erreichbar.

N 51.566927 W 0.147071

Schleicht da nicht ein Vampir zwischen den Bäumen herum?

IRLAND

WRACK DER MS PLASSEY

INISHEER, GALWAY

Das knarzende Gerippe der MS Plassey liegt seit mehr als einem halben Jahrhundert an der Küste von Inisheer Island – und besteht längst mehr aus Rost denn aus Metall.

Das Frachtschiff befand sich auf der Überfahrt über den Atlantik und hatte Garne, farbiges Glas und Whiskey an Bord, als es am frühen Morgen des 8. März 1960 in einen fürchterlichen Sturm geriet. Dabei wurde ein Loch in den Rumpf gerissen, und Wasser trat in den Maschinenraum ein. Mithilfe einer Rettungsboje gelang es, alle 111 Besatzungsmitglieder aus der eisigen See zu bergen. Kaum hatte sich die Mannschaft aufgewärmt und mit ein paar heimischen Whiskeys beruhigt, als erneut ein Sturm aufzog und die MS Plassey auf das felsige Ufer der Insel beförderte. Die Inisheers bargen Wolle, Holz und Türen für eigene Bauvorhaben und machten sich mit einem ansehnlichen Vorrat an Scotch, der im Laderaum versteckt gewesen war, aus dem Staub.

Heute sieht das bronzefarbene, durchlöcherte und all seiner Güter beraubte Wrack eigentümlich schön aus vor den grauen Felsen, dem grünen Gras und dem blauen Himmel.

Das Wrack liegt südlich von Killagoola an der Ostküste von Inisheer. Vom Festland aus kann man ab Doolin mit der Fähre übersetzen. N 53.055816 W 9.503730

Mit ihrem völlig durchlöcherten Rumpf ist die MS Plassey nicht mehr wirklich seetüchtig.

SKELLIG MICHAEL

THE SKELLIGS, KERRY

Die zwölf Mönche, die sich im siebten Jahrhundert auf diese felsige Insel zurückzogen, hatten kein leichtes Schicksal. Die Insel Skellig Michael – skellig leitet sich von dem irischen Wort sceillic ab, das so viel bedeutet wie »steiler Felsen« – liegt in 14 Kilometern Entfernung vor der Küste von County Kerry. Gnadenlos ist sie Wind und Wetter ausgesetzt, was den Aufstieg auf den 220 Meter hohen Gipfel besonders tückisch macht.

Trotz dieser harten Bedingungen errichtete ein Grüppchen entschlossener irischer Christen einen Außenposten ihres Klosters auf der Insel, der 1400 Jahre später noch weitgehend erhalten ist. Hunderte von steinernen Treppenstufen legten die Mönche bis zum höchsten Punkt der Insel an, wo sie eine kleine Kapelle und sechs Steinhüttchen, sogenannte »Bienenkorbhütten«, errichteten.

Auf den Tisch kamen Fisch, Seevögel und Gemüse aus dem eigenen Klostergarten. Selbst den zahlreichen Wikingerraubzügen im neunten Jahrhundert hielten die Mönche stand. Sie gaben Skellig Michael erst auf, als gehäuft auftretende Stürme sie im späten zwölften Jahrhundert zwangen, aufs Festland zurückzukehren.

Boote fahren von April bis September von Portmagee aus in 90 Minuten zur Insel.

N 51.77208 W 10.538858

Von mittelalterlichen Mönchen erbaute, bienenkorbähnliche Klosterzellen überragen die felsige Insel Skellig Michael.

HÜGELGRAB VON NEWGRANGE

BOYNE VALLEY, MEATH

Mehr als 600 Jahre bevor die Ägypter mit dem Bau der Pyramiden von Gizeh begannen, waren Mitglieder einer Bauernschaft im jungsteinzeitlichen Boyne-Tal bereits fleißig dabei, Newgrange zu erschaffen. Ursprünglich diente der um 3200 v. Chr. aus Steinen und Erde errichtete kreisförmige Hügel mit einem Durchmesser von 90 Metern als Tempel.

Besonders bemerkenswert ist die perfekte Ausrichtung zur Sonne: Um die Wintersonnenwende dringt bei Sonnenaufgang ein Lichtstrahl durch ein präzise platziertes Fenster und erhellt den Gang, der zu den zentralen Kammern führt.

Der Zutritt zu Newgrange ist nur im Rahmen geführter Touren möglich, Startpunkt ist das Brú na Bóinne Visitor Centre in Donore. Wer bei Wintersonnenwende Zugang erhält, entscheidet ein (sehr populäres) Losverfahren.

N 53.694386 W 6.475041

Newgrange ist der beeindruckendste unter den altertümlichen astronomisch ausgerichteten Hügeln Irlands.

KRYPTA DER CHRISTCHURCH CATHEDRAL

DUBLIN

Im Jahr 1030 erbaut wurde die ursprüngliche hölzerne Christchurch Cathedral 1171 nach dem Einfall der Normannen eingerissen. Stattdessen errichtete man ein neues Exemplar aus Stein, dem man eine riesige Krypta anfügte.

Der Wiederaufbau wurde vom damaligen Erzbischof von Dublin, Laurence O’Toole, betreut. Nachdem O’Toole 1225 als Patronatsheiliger von Dublin kanonisiert wurde, bettete man sein Herz in einen herzförmigen Reliquienbehälter und bewahrte diesen jahrhundertelang in einem Metallkäfig in einer Nische der Kathedrale auf.

Im März 2012 aber wurde es unter mysteriösen Umständen gestohlen und ist seitdem nicht wieder aufgetaucht. Auch wenn die Kathedrale unter dem Verlust ihres Herzens leidet, kann ihre Krypta doch immer noch mit einigen faszinierenden Reliquien aufwarten. Einen Blick wert ist unter anderem ein Marmordenkmal, das an den 1833 verstorbenen irischen Politiker Nathaniel Sneyd erinnert. Ein Text neben der Skulptur besagt, dass er »umkam aufgrund der wenig differenzierten Gewalteinwirkung eines unglücklichen Irren« – mit anderen Worten: Er wurde erschossen.

Die zwei ungewöhnlichsten Objekte sind eine mumifizierte Katze und eine ebensolche Ratte, deren Posen vermuten lassen, dass sie mitten in der Verfolgungsjagd verstorben sein müssen. Nach Überlieferungen der Kirche verfolgte die Katze die Ratte in den 1850-er Jahren bis in eine der Orgelpfeifen hinein, in der dann beide stecken blieben. James Joyce setzte sie in Finnegans Wake als Gleichnis ein, als er jemanden folgendermaßen beschrieb: »He was as stuck as that cat to that mouse in that tube of that Christchurch organ.«

Christchurch Place, Dublin.

N 53.343517 W 6.271057

INDISCHER SKULPTURENPARK VICTORIA’S WAY

ROUNDWOOD, WICKLOW

Der Park wurde 1989 von Victor Langheld nach dessen Rückkehr von einer Indienreise angelegt, von der er sich spirituelle Erleuchtung erhofft hatte. Die Skulpturen wurden von Handwerkern des südindischen Bundesstaates Tamil Nadu in Stein gemeißelt und stellen das spirituelle Wachstum dar: vom Erwachen (ein Kind, das aus einer verwesenden Faust schlüpft) bis zum Ende des Fährmanns (ein ausgezehrter alter Mann in einem sinkenden Boot, das auf einem See treibt und sich schon halb unter Wasser befindet). Ausgelassene Figuren der tanzenden und Flöte spielenden Götter Ganesh und Shiva helfen, die Stimmung wieder etwas aufzuhellen.

Roundwood. Der Park liegt eine 45-minütige Autofahrt von Dublin entfernt. Geöffnet von Mai bis September. Warm anziehen – es kann klamm werden.

N 53.085765 W 6.219654

Der ausgemergelte Fährmann lädt die Besucher ein, sich mit ihrer unausweichlichen Sterblichkeit auseinanderzusetzen.

LEVIATHAN OF PARSONSTOWN

BIRR, OFFALY

William Parsons, 3rd Earl of Rosse, baute dieses rund 18 Meter hohe Teleskop in den 1840-er Jahren, um ein Weltraumphänomen zu erforschen, das ihm als »Nebelflecke« bekannt war. Damals waren Teleskope nicht leistungsstark genug, um zu zeigen, dass diese eigentlich eine Ansammlung ganz unterschiedlicher Objekte waren, deren Bandbreite von Sternenhaufen und Galaxien bis hin zu Gaswolken reichte. Die Zwei-Meter-Linse von Parsons Teleskop legte das Sonnensystem nun detaillierter dar als je zuvor – und dennoch sollte es noch bis in die 1920-er Jahre dauern, bis Edwin Hubble entdeckte, dass es sich bei manchen der unscharfen Objekte in Wirklichkeit um Galaxien handelte.

Unter dem Beinamen »Leviathan of Parsonstown« blieb Parsons Spiegelteleskop 75 Jahre lang das größte der Welt. Nach seinem Tod wurde das Teleskop jedoch nicht mehr genutzt und 1908 schließlich demontiert. Dem 7th und aktuellen Earl ist es zu verdanken, dass das Gerät in den späten 1990-er Jahren neu aufgebaut und mit modernen Spiegeln und Motoren versehen wurde. Heute kann der restaurierte Leviathan besichtigt werden – was er leistet, erläutert das zugehörige Wissenschaftszentrum.

Birr Castle, Birr. Zwei Std. im Auto von Dublin und etwa eine vom Shannon Airport und von Galway entfernt.

N 53.097123 W 7.913780

Der Leviathan mag zwar aussehen wie eine Kanone – dabei wurde er gebaut, um nach den Sternen zu gucken.

EBENFALLS IN IRLAND

Sonnenuhrkalender

Galway ·Eine moderne Sonnenuhr macht sich altertümliche Methoden zunutze.

Mumien von St. Michan

Dublin ·Hinter einer Reihe schummrig beleuchteter, schmaler Steinstufen tut sich eine Gruft unterhalb der Kirche auf, die Dutzende mumifizierte Leichen birgt – darunter auch einen 800 Jahre alten »Kreuzritter«, dessen Finger berührt werden dürfen.

Wallabys von Lambay Island

Lambay Island · Seit sie vom Dubliner Zoo vor 25 Jahren umgesiedelt wurden, ist die Insel Lambay Island das neue Zuhause einer Gruppe von Wallabys – auch wenn sie 16000 Kilometer weit entfernt von ihrer Heimat Australien liegt.

NORDIRLAND

VANISHING LAKE

BALLYCASTLE, ANTRIM

Gut möglich, dass dieser See gerade nicht da ist, wenn Sie dort sind. Aber: Er wird zurückkommen. Loughareema, auch bekannt als »Vanishing Lake«, befindet sich auf einem durchlässigen Kreidebett mit »Abfluss«, in dem sich regelmäßig Torf ansammelt. Ist genügend Torf zusammengekommen, kann das Wasser nicht mehr in den Untergrund abfließen, und der Wasserspiegel steigt. Löst sich der »Torfpfropfen« wieder, läuft das Wasser ab – und der See kann innerhalb von wenigen Stunden gänzlich verschwunden sein.

Loughareema Road (nahe dem Ballypatrick Forest), Ballycastle. Der See ist in zwei Std. von Belfast aus zu erreichen. Machen Sie sich auf ein ausgetrocknetes Kreidebett, einen weitläufigen See oder irgendetwas dazwischen gefasst. N 55.157084 W 6.108058

Der See, der verschwindet, in seinem sichtbaren Zustand.

Das ist der Stoff, aus dem keltische Legenden gemacht sind: die sechseckigen Basaltsäulen des Giant’s Causeway.

GIANT’S CAUSEWAY

BUSHMILLS, ANTRIM

Mit seinen tausenden von ineinandergreifenden sechseckigen Säulen, die wie Stufen in die Höhe ragen, ist der Giant’s Causeway eine geologische Kuriosität, die aussieht, als ob sie von Menschenhand geschaffen wurde.

Dabei war vulkanische Aktivität vor 23 bis 65 Millionen Jahren für die Entstehung der außergewöhnlichen Gebilde verantwortlich: Flüssige Basaltlava strömte auf Kreidebetten, es entstand ein Lavaplateau. Als die Lava schnell abkühlte, zog sich das Plateau zusammen, die Lava brach auf, und es bildeten sich etwa 40000 unterschiedlich hohe Säulen, die wie riesige Steinstufen anmuten – die höchste ist beinahe elf Meter hoch.

Der Legende nach wurde der Damm von einem Riesen namens Fionn mac Cumhaill gebaut: So wollte er nach Schottland gelangen, um seinen dortigen Kontrahenten Benandonner herauszufordern. Unterwegs schlief Fionn jedoch ein, und Benandonner beschloss nachzusehen, wo sein Widersacher blieb. Da schnappte sich Fionns Gemahlin den schlummernden Gatten und wickelte ihn in Babykleider. In Nordirland angekommen erblickte Benandonner das Riesenbaby und konnte sich ausmalen, wie groß Fionn selbst sein musste, wenn schon sein Baby derart überdimensioniert war. Völlig eingeschüchtert trat er den Rückzug an; was blieb, war der Damm.

44 Causeway Road, Bushmills. Giant’s Causeway liegt eine Autostunde von Belfast entfernt (die Route ist malerisch!).

N 55.208070 W 6.251155

EBENFALLS IN NORDIRLAND

Skate 56 at the Belfry

Newcastle ·Eine Kirche wird zum Indoor-Skatepark.

Peace Maze

Castelwellan ·Eines der weltweit größten Heckenlabyrinthe wurde für den Frieden in Nordirland angelegt.

SCHOTTLAND

FINGAL’S CAVE

OBAN, ARGYLL AND BUTE

Die 82 Meter tiefe und 22 Meter hohe schottische Kliffhöhle mit ihren Wänden aus perfekt ausgebildeten, sechseckigen Säulen scheint direkt aus einem Fantasyroman zu stammen. Keltischen Legenden zufolge ist dies das andere Ende des Giant’s Causeway.

Als der Naturforscher Sir Joseph Banks die Höhle 1772 wiederentdeckte, war die Vorstellungskraft der Leute schnell geweckt – Künstler, Schriftsteller und Musiker ließen sich durch die Formationen inspirieren: 1830 komponierte Felix Mendelssohn eine Ouvertüre über die Höhle, und der Maler J. M. W. Turner hielt sie im selben Jahr auf Leinwand fest. Dies war die Geburt einer touristischen Sehenswürdigkeit im Zeitalter der Romantik, die bis heute nichts von ihrem Zauber verloren hat.

Von Glasgow geht es mit dem Zug nach Oban und von dort weiter mit der Fähre nach Craignure auf der Insel Isle of Mull. Ein Bus fährt nach Fionnphort, von wo aus Bootstouren nach Staffa angeboten werden.

N 56.433889 W 6.336111

Die Gesteinsformationen der Höhle sorgen für Inspiration – Künstler von Jules Verne bis Pink Floyd ließen sich hier zu neuen Werken anregen.

MARY KING’S CLOSE

EDINBURGH

Im 17. Jahrhundert breitete sich der Schwarze Tod in ganz Schottland aus und riss vermutlich ein Viertel der Bevölkerung in den Tod. Die Wand an Wand gebauten, vor Dreck starrenden Wohnhäuser von Edinburgh waren besonders anfällig für die Krankheit, und Mary King’s Close – ein Netzwerk enger, halb unterirdisch gelegener Gassen, das rund 500 Bewohner zählte – bekam das Leid mit voller Wucht zu spüren. Patienten, die zu krank waren, um das Haus zu verlassen, wurden von dem Pestdoktor George Ray aufgesucht; wegen der Ansteckungsgefahr war er von Kopf bis Fuß in Leder gehüllt und trug eine Maske mit langem Vogelschnabel. Zur Behandlung kappte Rae die Spitze der Geschwüre und trieb einen rotglühenden Schürhaken in die Wunde, um diese auszubrennen. Die Schmerzen waren unerträglich – doch seine Technik rettete vielen das Leben.

Mary King’s Close stand während der Pestepidemie unter Quarantäne und wurde hermetisch abgeriegelt, als in den 1750-er Jahren das Gebäude der Stadtverwaltung über den tief liegenden Gassen errichtet wurde. Seit 2003 ist Mary King’s Close über einen schmalen Eingang wieder der Öffentlichkeit zugänglich; angelockt werden vor allem Freunde des Makabren und Liebhaber von Gespenstergeschichten. Einer der Geister, der durch die windigen Durchgänge spuken soll, ist ein zehnjähriges Pestopfer namens Annie. Überzeugte Besucher berichten, Temperaturschwankungen und eine seltsame Präsenz in deren Zimmer wahrgenommen zu haben. Stapel von Spielsachen, Puppen und Süßigkeiten zeugen von den zahlreichen Besuchern des Mädchens.

2 Warriston’s Close, High Street, Edinburgh.

N 55.950081 W 3.188237

HUNDESELBSTMORD-BRÜCKE

DUMBARTON, WEST DUNBARTONSHIRE

Irgendetwas an dieser Brücke bringt Hunde dazu, ihr Leben zu beenden. Seit den 1960-er Jahren sind etwa 50 Hunde zu Tode gekommen. Hundert weitere haben den Sturz zwar überlebt – manche von ihnen aber nur, um sogleich zu einem zweiten Sprung auf die gut 15 Meter tiefer liegenden scharfkantigen Felsen anzusetzen.

Nachforschungen lassen vermuten, dass wohl der starke Geruch von Nerzen dahinter stecken muss; dieser betäubt alle anderen Sinne der Vierbeiner und lässt sie erst erkennen, wie tief sich der Abgrund unter ihnen auftut, wenn es zu spät ist.

Overtoun House, Milton Brae, Dumbarton. Die Brücke liegt auf dem Gelände eines Anwesens aus dem 19. Jahrhundert, etwa 30 Min. westlich von Glasgow. Hunde bitte daheim lassen. N 55.942506 W 4.521874

EBENFALLS IN SCHOTTLAND

Ruinen von St. Peter’s

Cardross ·Das massige Rohbauskelett eines modernistischen Seminargebäudes wurde 1966 fertiggestellt; in den 1980-ern wurde der Betrieb wieder eingestellt.

Yester Castle

Gifford, East Lothian ·Eine Burg mit direktem Zugang zu einer unterirdischen, überwölbten »Koboldhalle« aus dem 13. Jahrhundert.

Dunmore Pineapple

Dunmore Park ·Das Gebäude, dessen Dach wie eine riesige Ananas aussieht – ein Symbol für Gastfreundschaft und Wohlstand –, wurde im späten 18. Jahrhundert errichtet und wird heute an Feriengäste vermietet.

Hundefriedhof im Edinburgh Castle

Edinburgh ·Die letzte Ruhestätte für die treuen vierbeinigen Gefährten der Schottischen Garde.

Mortsafes am Friedhof Greyfriars

Edinburgh ·Mortsafes heißen die Käfige, die über Gräbern aus dem 19. Jahrhundert errichtet wurden, um sie vor opportunistischen Leichenräubern zu bewahren.

Ruine von Holyrood Abbey

Edinburgh ·Eine zerstörte Klosterkirche aus dem elften Jahrhundert, die von König David I. erbaut wurde.

Britannia Panopticon Music Hall

Glasgow ·Das älteste noch aktive Varietétheater der Welt.

Cultybraggan Camp

Perth ·Ein Gefängnis, das explizit für die übelsten Nazi-Kriegsgefangenen gebaut wurde.

Scotland’s Secret Bunker

St. Andrews ·Ein geheimer Bunker sollte Politikern und den »wichtigsten« Leuten Schottlands im Falle eines atomaren Angriffs Schutz bieten.

GARTEN DER KOSMISCHEN SPEKULATION

HOLYWOOD, DUMFRIES UND GALLOWAY

Zwischen Osterglocken und Gänseblümchen stößt man in diesem Garten auf Schwarze Löcher, Fibonacci-Folgen, Fraktale und der DNA nachempfundene Doppelhelixstrukturen.

Der Architekturtheoretiker Charles Jencks und seine Frau Maggie legten den riesigen privaten Garten auf dem eigenen Grundstück an. Die Ästhetik des Gartens basiert auf den Grundlagen der modernen Physik und greift die Formen und Strukturen des sich entfaltenden Universums auf. Etwa 20 Jahre dauerten die Arbeiten an dem 1988 ins Leben gerufenen Garten an; Jencks brachte das Projekt im Andenken an Maggie zu Ende, die während der Entstehung der Anlage ihrem Krebsleiden erlag. Dabei veränderte er gelegentlich bereits gestaltete Bereiche analog zu neuen Erkenntnissen der Wissenschaft.

Holywood, 8 km nördlich von Dumfries. Der Garten kann nur an einem einzigen Tag im Jahr besucht werden (in der ersten Maiwoche). Die durch das Event erzielten Einnahmen fließen in die nach Jencks Frau benannte Krebsstiftung Maggie’s Centers, organisiert wird der Besuchertag von Scotland’s Gardens Scheme. N 55.129780 W 3.665830

In diesem Garten liegt der Schlüssel zum Leben und zum Universum.

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ÖSTERREICH

ESPERANTOMUSEUM

WIEN

Als Ludwik Lejzer Zamenhof in den 1870-ern die Plansprache Esperanto erfand, hatte er zum Ziel, die Kommunikation zwischen Menschen unterschiedlicher Nationalitäten zu vereinfachen. Esperanto ist eine Mischform aus romanischen, germanischen und slawischen Sprachen – eine konstruierte Sprache, die zusammen mit etwa 500 weiteren im Esperantomuseum dokumentiert und erforscht wird.

Ausgestellt werden Limonadenflaschen und Zahnpastatuben mit Esperanto-Etiketten, auf Esperanto verfasste Romane, Sprachleitfäden sowie Fotos von Sprachpionieren aus dem 19. Jahrhundert. Zeitweise gab es nicht weniger als zwei Millionen Esperanto-Sprecher; heute gehört sie zu den 200 meistgesprochenen der insgesamt 6000 Sprachen der Welt. Schätzungen zufolge gibt es etwa 1000 muttersprachliche Esperantisten, die Esperanto als Kind erlernten.

Wer sich zum Erlernen der Sprache inspirieren lässt, sei darauf hingewiesen, dass jeder Esperanto-Sprecher berechtigt ist, den sogenannten »Passdienst« Pasporta Servo zu nutzen – ein weltweites Netzwerk von Esperantisten, die sich gegenseitig eine kostenlose Übernachtungsmöglichkeit bieten.

Herrengasse 9, Wien. U-Bahn Station Herrengasse

N 48.209474 O 16.365771

Kurz vor dem Ersten Weltkrieg träumten die Esperantisten noch von einer einheitlichen Weltsprache.

»Verrückt« auf Toki Pona

Über 900 konstruierte Sprachen wurden seit dem 13. Jahrhundert erfunden; manche davon – wie etwa Esperanto und Volapük – mit dem ehrgeizigen Ziel, eine universelle Lingua Franca zu werden. Andere sollten als Prüfstein für die umstrittene Sapir-Whorf-Hypothese dienen; diese geht davon aus, dass das Weltbild jedes Menschen sich in Abhängigkeit von Vokabular und Syntax seiner Sprache entwickelt.

Toki Pona wurde im Jahr 2001 von der kanadischen Linguistin Sonja Lang geschaffen und ist mit nur 123 Wörtern eine Sprache für Minimalisten. Komplexe Wörter werden durch die Kombination einfacher Wörter geschaffen: So ergibt die Zusammensetzung der Wörter für »verrückt« und »Wasser« das Wort für »Alkohol«. Newspeak, die fiktive Sprache in George Orwells 1984, macht sich dieselben zwei Hauptmerkmale wie Toki Pona zu eigen: ein begrenztes Vokabular und das Verbinden von Stammwörtern.

Láadan ist die experimentelle Antwort der amerikanischen Science-Fiction-Autorin Suzette Haden Elgin auf die feministische Hypothese, dass die bislang existierenden Sprachen ungeeignet seien, die ganze Bandbreite der Vorstellungen und Erfahrungen von Frauen auszudrücken. Die 1982 geschaffene Sprache beinhaltet Wörter wie radiidin, das wie folgt definiert wird: »Zeitraum, der vermeintlich als Freizeit gilt, aufgrund der zu verrichtenden Arbeit und Vorbereitungen aber eine Belastung darstellt, vor der frau graut – insbesondere, wenn zu viele Gäste erwartet werden und keiner von ihnen mit anpackt«.

Um 1820 herum begann der französische Schriftsteller und Musiker François Sudre mit seiner Arbeit an Solresol, einer Sprache, die auf sieben Silben basiert, die wiederum den Tönen einer Oktave entsprechen: do, re, mi, fa, sol, la und si. Jedes Wort besteht aus einem oder mehreren dieser sieben Töne; si etwa heißt »ja«, dofalado heißt »Aufrichtigkeit«. Insgesamt umfasst die Sprache 2.668 Wörter.

Da die Grundklänge Musiknoten entsprechen, können Nachrichten auf Solresol auch über Musikinstrumente übermittelt werden. Außerdem ist jedem der sieben Grundtöne eine Farbe des Regenbogens zugewiesen.

Sätze auf Solresol können auf einer Geige gespielt, als eine Aneinanderreihung von Zahlen gesprochen oder über die Farben des Regenbogens kommuniziert werden.

GLOBENMUSEUM

WIEN

Das weltweit einzige Museum, das ausschließlich Globen gewidmet ist, umfasst eine Sammlung von etwa 650 kunstvoll gefertigten Kostbarkeiten. Darunter finden sich Erdgloben, Himmelsgloben und sogar Tellurien, die mithilfe eines Hebelarms die Bewegung der Erde um die Sonne nachbilden. Man erhält hier fantastische Einblicke in die Geschichte der geografischen und kosmologischen Kenntnisse der Menschheit.

Herrengasse 9, Palais Mollard, Wien. U-Bahn-Station Herrengasse. N 48.209413 O 16.365596

Bis zum 19. Jahrhundert wurden Globen häufig paarweise hergestellt: ein Erdglobus mit dem dazugehörenden Himmelsglobus.

BESTATTUNGSMUSEUM

WIEN

Eine Ode an das Repertoire des Bestatters! Hier können Urnen für Feuerbestattungen, Sitzsärge (wie auf der Abbildung links), Kreationen historischer und aktueller Bestatteruniformen sowie Diamanten bestaunt werden, die aus der Asche von Verstorbenen gefertigt wurden. Man erhält auf Wunsch eine private Führung – und wer nett fragt, darf im Sarg seiner Wahl Probe liegen (nur zur langen Nacht der Museen).

Goldegggasse 19, Wien. Anmeldung erforderlich.

N 48.189684 O 16.376911

EBENFALLS IN ÖSTERREICH

Eggenburger Beinhaus

Eggenburg ·Auf dem Grund einer Grube aus dem 14. Jahrhundert sitzen kunstvoll arrangierte Skelette.

Haus der Künstler

Gugging ·Die Wände des Heims für psychisch kranke Menschen dienen den Patienten als Leinwände, auf denen sie ihren Frust, ihre Ängste und ihre Hoffnungen künstlerisch darstellen können.

Minimundus

Klagenfurt ·Ein Miniaturenpark, der bekannte Bauwerke aus der ganzen Welt im Maßstab 1:25 zeigt.

Sternwarte Kremsmünster

Kremsmünster ·Das Gebäude wurde im achten Jahrhundert zunächst als Kloster errichtet, um in den 1750-er Jahren dann zu einem fünfstöckigen »mathematischen Turm« heranzuwachsen. Seit mehr als 250 Jahren dient es nun als Wetterstation.

Dommuseum Salzburg, Kunst- und Wunderkammer

Salzburg ·Eine liebevoll neu zusammengestellte, restaurierte Sammlung von Kuriositäten, die sich einst im Besitz des Fürsterzbischofs Wolf Dietrich von Raitenau befanden.

Starkenberger Bierbad

Starkenberg ·Bierliebhaber können hier wortwörtlich im begehrten Nass baden: Sieben Pools gefüllt mit warmem Bier stehen bereit, jeder enthält etwa 42000 Halbe Bier. Gekühltes Bier wird separat gereicht – zum Trinken.

REPUBLIK KUGELMUGEL

WIEN

Die Republik Kugelmugel ist eine von zahlreichen sogenannten Mikronationen oder Scheinstaaten – das sind unabhängige Staaten, die meist als Kunstprojekt, Gesellschaftsexperiment oder einfach zur persönlichen Erheiterung des Erbauers errichtet und von den internationalen Regierungen nicht anerkannt werden.

Als sich der Österreicher Edwin Lipburger 1971 künstlerisch gezwungen sah, ein Kugelhaus auf einer Wiese bei Katzelsdorf aufzustellen, rechnete er erst gar nicht damit, eine Baugenehmigung zu erhalten. Die Behörden ordneten dann auch prompt den Abriss des Gebäudes an, und Lipburger erklärte Kugelmugel kurzerhand zur unabhängigen Republik. Amtsanmaßung lautete das Urteil der Behörden, und Lipburger wanderte für zehn Wochen in den Knast, bis ihn der österreichische Präsident begnadigte.

Als Lipburger aus dem Gefängnis kam, musste er feststellen, dass Kugelmugel in einen Wiener Vergnügungspark gebracht worden war; der neue Standort in direkter Nachbarschaft zu einem Riesenrad war für den resoluten Künstler ein Schlag ins Gesicht. Lipburgers Antwort: Eine an der Außengrenze der Republik angebrachte Liste mit erklärten Staatsfeinden, denen fortan der Zutritt verwehrt war – darunter findet sich auch der Name von Bürgermeister Helmut Zilk, der das Bauwerk gerne unter der Abrissbirne gesehen hätte.

Kugelmugel ist heute von Stacheldraht umzäunt; eine rot-weiß gestreifte Tür markiert die Grenze zu Österreich. Der Gründer der Republik lebt längst nicht mehr auf seinem eigenen Staatsgebiet; er sah sich alsbald genötigt, ins Exil zu gehen, wo er 2015 verstarb.

Antifaschismusplatz 2, Wien. Busstation Venediger Au. Kugelmugel liegt am westlichen Rand des Wiener Wurstelpraters im Schatten einer Achterbahn.

N 48.216234 O 16.396221

Es gibt einladendere Orte für Touristen als die runde Mikronation Kugelmugel.

Weitere Mikronationen

1 Nimis, Ladonien

Nimis, eine aus 70 Kilogramm Treibholz erbaute Skulptur, die aus mehreren Türmen besteht, ist nicht nur die Hauptattraktion der Mikronation Ladonien, sondern zugleich der einzige Grund für deren Existenz. Der Staat Ladonien – ein 1,7 Quadratkilometer großes Stück Land auf einer schwedischen Halbinsel im Kattegat – wurde 1996 ausgerufen; dem war ein langwieriger Gerichtsstreit zwischen dem Künstler Lars Vilks und der schwedischen Regierung vorangegangen. Bereits 1980 hatte Vilks mit dem geheimen Bau von Nimis begonnen. Da das Gelände fernab der Zivilisation gelegen ist und die Türme nur vom Wasser aus voll einsehbar sind, blieb Nimis den schwedischen Behörden zwei Jahre lang verborgen. Als sie die Skulptur dann entdeckten, ordneten sie den Abriss an – ist der Standort doch Teil eines Naturschutzgebiets, auf dem der Bau von Skulpturen nicht erlaubt ist. Vilks sah sich durch die Anordnung eher angespornt denn entmutigt, ignorierte sie, verkaufte Nimis an den Künstler Christo, errichtete Arx, eine weitere Skulptur mit ähnlichen Ausmaßen aus Stein und Beton, und beschloss, sich von Schweden abzuspalten und die Kontrolle über das Gebiet zu übernehmen: Der Staat Ladonien war gegründet.

Heute zählt Ladonien über 15000 Bürger, die – in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Nation, die eine nomadische Lebensweise befürwortet – allesamt außerhalb der Staatsgrenzen leben. Der Erwerb der Staatsbürgerschaft ist kostenlos und wird auf einen Onlineantrag hin gewährt; wer jedoch Ladoniens Adel angehören will, muss zwölf Dollar berappen und die Behörden via E-Mail über den angestrebten Adelstitel in Kenntnis setzen.

Ladoniens Flagge ist grün mit einer dezenten weißen Kontur des skandinavischen Kreuzes – so würde die blau-gelbe Flagge Schwedens nach dem Kochwaschgang aussehen. Steuern sind zu entrichten, allerdings kann man sie nicht mit Geld begleichen – die Bürger Ladoniens sind angehalten, stattdessen ihre Kreativität einzubringen. Das Einbürgerungsverfahren sorgte bei 3000 Pakistanis für Verwirrung: In der Absicht, ihre Zukunft in Ladonien zu verbringen, beantragten sie den Einwanderungsstatus, mussten dann jedoch erfahren, dass es gar nicht erlaubt ist, in das begehrte Land zu ziehen. Besucher dagegen sind willkommen.

Die Mikronation Ladonien ist bekannt für ihre künstlerischen Holztürme.

2 Fürstentum Sealand

Im Jahr 1967 besetzte Roy Bates, Ex-Major der British Army, eine verlassene Seefestung vor der Ostküste Englands, von der aus er einen Piratensender betreiben wollte. Als sich Angehörige der Royal Marines dem Fort näherten, feuerte Roys 14-jähriger Sohn Michael Warnschüsse auf ihr Boot ab. Das Bates-Duo wurde daraufhin wegen Schusswaffengebrauchs vor Gericht gebracht, jedoch entschied der Richter den Fall für ungültig, da der Stützpunkt außerhalb des britischen Territoriums liegt. Vater und Sohn kehrten nach Sealand zurück, wo sich Roy kurzerhand selbst zum Fürsten der jungen Mikronation ernannte.