Auf deine Lider senk ich Schlummer - Alexander Pfeiffer - E-Book

Auf deine Lider senk ich Schlummer E-Book

Alexander Pfeiffer

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Beschreibung

Auch mit Kurzgeschichten kann man Preise gewinnen! Für alle, die gerne Schreiben oder die Schreiben lernen wollen, veröffentlicht "Tatort-Scheibtisch: Ausgezeichnet!" preisgekrönte oder für einen Preis nominierte Texte, um zu zeigen, wie vielfältig Geschichten sein können, mit denen Autoren Anerkennung und Aufmerksamkeit erlangt haben. Zum Mut machen und zum Lernen!   "Wenn man in unserem Job anfängt, Tagebuch zu schreiben, dann ist das der Anfang vom Ausstieg", weiß der Erzähler dieser Geschichte. Sein Job ist der des Dealers, der Ausstieg das erklärte Ziel. Ob der einsame Protagonist den Ausstieg schafft? Das enthüllt der Text dieser Kurzgeschichte nicht. Doch den Weg dahin zeichnet Alexander Pfeiffer beinahe beiläufig in mosaikartig angeordneten Szenen eines nächtlichen Großstadtdschungels, der seine Geheimnisse erst nach und nach preisgibt. Die Kurzgeschichte "Auf deine Lider senk ich Schlummer" wurde mit dem Friedrich-Glauser-Preis 2014 in der Sparte Kurz-Krimi ausgezeichnet. Eine Geschichte wie ein Film Noir, die sofort berührt.

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Seitenzahl: 24

Veröffentlichungsjahr: 2019

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„Tatort Schreibtisch: Ausgezeichnet!“ präsentiert eine Reihe von Novellen oder Kurzgeschichten, die in der Vergangenheit mit einem Literatur- oder Krimipreis ausgezeichnet oder für einen Preis nominiert wurden. Gezeigt werden soll, wie breit die stilistische Vielfalt herausragender Texte ist und welche unterschiedlichen Ansätze möglich sind, preisverdächtige Geschichten zu schreiben. Das ist zum einen spannende und anspruchsvolle Unterhaltung, zum anderen ein praktischer Exkurs über das Schreiben.

 

Die Kurzgeschichte „Auf deine Lider senk ich Schlummer“ wurde mit dem Friedrich-Glauser-Preis 2014 in der Sparte Kurzkrimi ausgezeichnet.

 

 

 

 

 

Alexander Pfeiffer

 

 

 

 

Auf deine Lider senk ich Schlummer

 

 

 

 

 

 

 

 

KICKVerlag

 

 

 

Auf deine Lider senk ich Schlummer,

auf deine Lippen send ich Kuß,

indessen ich die Nacht, den Kummer,

den Traum alleine tragen muß.

(aus: Gottfried Benn, »Auf deine Lider senk ich Schlummer«

Sämtliche Gedichte, Klett-Cotta, Stuttgart 1998)

 

 

Von da oben kommen Geräusche, die da nicht sein sollten. Gar nichts sollte da sein. Weil da niemand ist. Nur ein verdammter Speicher ist da, ein Dachboden voller Staub, Spinnweben, zurückgelassenem Müll und ausrangierter Möbelstücke der Vormieter, praktisch direkt über meiner Zimmerdecke.

Die Wohnung ist neu. Teil eines neuen Lebens. Hoffe ich jedenfalls. Noch bin ich dabei, mich einzurichten. An diesem Schreibtisch hier sitze ich drei Stockwerke hoch über dem Straßenlärm. Über mir und diesem Speicher haust ein Schlag Tauben, dann kommt nur noch der Himmel.

Direkt unterhalb meines Fensters schwankt eine Laterne an einem dicken Draht über der Straße im Wind. Ihr gelber Schein tastet den Asphalt ab, während sich in den Fensterscheiben gegenüber die Lichterfront eines Kinos spiegelt. Tagsüber brüten hinter diesen Scheiben BWL-Studenten. Wenn sie wollten, könnten sie zu mir reinschauen, wie ich am Schreibtisch sitze. Aber ich sitze selten tagsüber hier.

Wenn ich die drei Stockwerke runter gehe und aus der Haustür trete, tagsüber, dann stellt sich mir eine Traube aus Fahrgästen der städtischen Verkehrsbetriebe entgegen, aus Einkäufern und Rumtreibern, aus überforderten Jungmüttern mit Kinderwagen und lebenssicheren BWL-Studentinnen mit Aktenordern. Aber ich gehe selten tagsüber runter.

Ein Kollege hat mir mal gesagt, wenn man in unserem Job anfängt, Tagebuch zu schreiben, dann ist das der Anfang vom Ausstieg. Ich habe erst kürzlich mit dem Schreiben angefangen. Nicht jede Nacht. Aber fast jede. Ich schreibe ein Heft voll, schmeiße es weg, fange ein neues an. Ich habe einen ganzen Stapel davon im Regal neben dem Schreibtisch. Ein Sonderangebot aus dem Kaufhaus.

 

Langes Wochenende. Mit dem Tag der Arbeit am Montag als Draufgabe. Kampftag der Arbeiterbewegung – und alle haben frei. Die Stammkunden sind ganz versessen darauf, dass ihnen die Vorräte nicht ausgehen. Erst in letzter Minute entscheiden sie sich, was zu kaufen, aber dann brauchen sie es sofort. Mein Handy gibt kaum Ruhe.