Aus Söhnen werden Väter - Elmar Stelzer - E-Book

Aus Söhnen werden Väter E-Book

Elmar Stelzer

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Beschreibung

Jeder Vater ist der Sohn eines Sohnes, jeder Sohn ­wertet den Einfluss, den der eigene Vater auf sein Leben hat, auf seine Weise, versucht zu rebellieren, sich durch­zusetzen, seinen eigenen Weg zu gehen. Jeder Vater versucht, seinen Söhnen das zu geben, was er selbst vom eigenen Vater erwartet hätte, bemüht sich, die Fehler seiner Vorväter zu vermeiden – und wiederholt sie doch. Väter einer Familie erzählen hier ihre und die Geschichte ihrer Väter: von jenem, der nach Rückkehr aus dem Ersten Weltkrieg auszog, um in Italien sein Glück zu machen und mit einem Vermögen in die ­Heimat zurückkehrte, das er dort wieder verlor. Von jenem, der immer Lehrer werden wollte, sein Ziel trotz der Wirren des Zweiten Weltkrieges und gegen den Widerstand des Vaters erreichen konnte und seiner Familie das Haus bauen konnte, das zu bauen sein Vater versäumt hatte. Von jenem, der in dörflicher Idylle unbeschwerte Kindertage erlebte und diese wieder heraufbeschwört, um die Dämonen seines Sohnes zu vertreiben.

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Seitenzahl: 58

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Elmar Stelzer

Aus Söhnen werden Väter

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Aus Söhnen werden Väter

oder unbeschwerte Jugend

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

© 2017 by edition fischer GmbH

Orber Str. 30, D-60386 Frankfurt/Main

Alle Rechte vorbehalten

Umschlagfoto: © Alexander Seeboth, Photodesign, Hirschberg

Schriftart: Palatino 12pt

Herstellung: ef/bf/1B

ISBN 978-3-8301-9464-4 EPUB 2023

»Für alle, die es im Leben etwas schwerer haben.«

Inhalt

Deine Geschichte

Nun liegst du vor mir und hast noch ein paar Stunden zu leben, genau waren es noch drei Stunden. Eingefallen, von einem gealterten Körper umhüllt, bist du noch der, der du warst? Erzieher, Vorbild, Drangsalierer?

Es waren die Bilder der Jugend, ein emotionaler Flashback, die mich in diesem Augenblick bewegten.

Du atmest noch, röchelst unregelmäßig.

Es ist still im Altersheim.

So still wie die letzten sieben Jahre, die du nach einer missglückten Rückenoperation hier verbracht hast.

Selbst schuld.

Deine Frau hast du verstoßen. Willentlich, oder war es eine psychische Erkrankung, die dich dazu zwang?

Deine drei Söhne, weit weg, auf Distanz, zum Selbstschutz.

Mit deiner Situation habe ich kein Mitleid und doch laufen mir die Tränen. Du wolltest das Beste von deinen Kindern. Doch gerade dies sollte man ihnen lassen. Ich kann dir nicht mehr böse sein und doch reißt die Erinnerung als schon längst geheilt geglaubte Wunde wieder auf. Chapeau vor deiner Erziehungsleistung. Die hast du durchgezogen und warst bis zu deinem Lebensende stolz darauf …

Du kannst jetzt gehen. Wohin?

Du glaubtest der Kirche nicht mehr. Bist ausgetreten aus diesem Verein und beschwertest dich, dass sie dich zeitlebens angelogen hätten. Die Bibel, von Menschen für Menschen geschrieben, war dir kein Trost mehr. Für die Menschheit als Lebenshilfe und moralischer Leitfaden sinnvoll, doch wo ist Gott darin?

Es gibt nichts danach. Konsequent wie immer. In Wahrheit und im Irrtum.

Dein Herzschrittmacher hielt dich noch etwas hier. Zuletzt nahm ich deine Hand und du konntest gehen.

Ein paar Bilder und deine für die Kinder verfasste Geschichte nahm ich mit.

Fernseher, Rollstuhl und alles, was von einem Menschen so bleibt, kann verkauft oder weggeworfen werden. Die Schwester und der Hausmeister kümmern sich darum.

Doch du wirst bleiben.

Vorerst in meinem und den Köpfen meiner Brüder.

Deine Geschichte

Was ich hier zu Papier bringe, geschieht auf den Wunsch meiner Kinder. Es sind Gedankensplitter und Begebenheiten, die sich auf mich, meine Großeltern und Eltern beziehen. Es soll weder ein Stammbaum noch eine chronologische Folge der Generationen sein. Die eine oder andere Begebenheit ist natürlich auch aus meiner subjektiven Sicht zu bewerten.

Trotzdem beginne ich jetzt mit dem ersten »Fischer« in Göbrichen. Laut dem Göbricher Sippenbuch kommt der Name erstmals in Nr. 3375 des Sippenbuches vor. Im Jahre 1744 kommt ein gewisser Antonius Fischer als Schäferknecht von Bierlingen, Schwarzwald-Baarkreis, nach Katharinental. (Der Baarkreis liegt zwischen Schwarzwald und Schwäbischer Alb, ein unfruchtbares und klimatisch raues Gebiet, das heute hauptsächlich noch als Weideland für Vieh- und Schafzucht genutzt wird).

Besagter Antonius Fischer ging dann 1764 auf den Heilbronner Hof als Viehhirte, um später in Göbrichen Bürger zu werden. Er versah Gemeindearbeiten wie Nachtwächter, Straßenwart, Waldhüter und Viehhirte. Er heiratete 1744 die Göbricher Maria Schneider. Aus dieser Ehe stammen fünf Kinder, deren Stammbuch bis heute verfolgt werden kann. Er ist am 23.12.1776 im Alter von 65 Jahren verstorben.

Der jüngste Sohn aus dieser Ehe, Michael, hatte acht Kinder. Darunter Jacob, der Vater meines Urgroßvaters. Mein Großvater hieß Thomas Fischer, geboren am 27.04.1860. Dieser heiratete 1886 Christina Jost.

Etwa um 1750 begann die Industrialisierung in Pforzheim. Der badische Markgraf siedelte im Waisenhaus in Pforzheim die Bijouterie-Industrie an. Dabei behilflich waren ihm ein Franzose und ein Schweizer.

Daher kommen auch die vielen französischen Ausdrücke in der Goldwarenindustrie. Pforzheim wurde vom Flößerdörfchen 1740 sehr rasch zur »Goldstadt«.

Die Berufe änderten sich nun. Aus Tagelöhnern wurden fortan Goldschmiede, Graveure, aus Hausfrauen Polisseusen und Kettenmacherinnen. Der soziale Aufschwung in Pforzheim und Umgebung war bis zum Ersten Weltkrieg 1914–1918 enorm. Pforzheim wuchs von einem kleinen Dorf zur Stadt.

Die Goldarbeiter und -arbeiterinnen »rasselten« täglich morgens um 5 Uhr nach Pforzheim und arbeiteten von 7 Uhr bis abends 19 Uhr. Nach Hause kamen sie gegen 21 Uhr.

Samstags wurde von 7 Uhr bis 12 Uhr gearbeitet. Die sozialen Verhältnisse wurden wohl besser. Absicherungen bei Krankheit, Tod und Alter fehlten. (Das Wort »Rasseln« kommt von den mit Nägeln beschlagenen Schuhen).

Der Lohn eines Goldschmiedes reichte lange nicht aus, um zu Hause eine Familie von sechs bis acht Kindern zu ernähren. Dadurch entstanden die sogenannten »Goldschmiedsbauern«. Während der Vater in Pforzheim arbeitete, betrieb die Ehefrau eine kleine Landwirtschaft. Meistens gehörten eine Kuh, zwei Ziegen und ein Schwein dazu. Die Feldarbeit musste von der Ehefrau und den Kindern verrichtet werden. Eine Arbeitslast, die die Frauen und Kinder kaum bewältigen konnten. Daher die hohe Totgeburtenrate, das frühe Ableben, Armut beim Tod des Ernährers sowie Alkoholismus.

Warum habe ich so weit ausgeholt?

In diese Situation passt genau die Familiengründung meiner Großeltern väterlicherseits. Mein Großvater war Goldschmied und kam aus einer Familie mit acht Kindern. Sein Vater verunglückte tödlich im Alter von 50 Jahren. Mein Großvater war zu diesem Zeitpunkt 24 Jahre alt. Seine Mutter konnte die Familie kaum ernähren und deshalb heiratete mein Großvater die 26-jährige Christine Jost. Ein Jahr danach kam schon das erste Kind zur Welt.

Im Unterdorf, gegenüber dem alten Rathaus, hatten beide ein kleines Häuschen erworben. Mein Großvater »rasselte« täglich zur Arbeit, während meine Großmutter mit zwei Äckern und zwei Ziegen ein Zubrot zu verdienen begann. Mein Großvater muss ein überaus sparsamer Mensch gewesen sein, denn die Anbaufläche der kleinen Landwirtschaft hat sich bis zu seinem Tode auf 3 ha erweitert. Diese musste hauptsächlich von meiner Großmutter und den Kindern bewirtschaftet werden. Fast jedes Jahr kam ein Kind zur Welt, insgesamt acht. Drei Kinder starben schon kurz nach der Geburt. Meine Großmutter war mit der Kinderschar und der schweren Arbeit völlig überfordert. Das war für beide ein Leben ohne Rast und Ruh. So ist es auch verständlich, dass mein Großvater mit 52 Jahren einem Herztod erlag.

Mein Vater war damals 16 Jahre alt und im zweiten Lehrjahr. Sein jüngster Bruder Otto war gerade 9 Jahre alt. Meine Großmutter musste sich recht und schlecht durchkämpfen, um die fünf Kinder zu ernähren. Die älteren Schwestern Frieda und Luise heirateten, damit sie vom Tisch der Mutter weg waren. Sein ältester Bruder Rudolf nahm Kost und Logis bei seiner Schwester. Es waren also noch die zwei jüngsten Buben zuhause.

1914 begann der Erste Weltkrieg. Mein Vater meldete sich 18-jährig zu den Eisenbahnkanonieren. Sein Bruder Rudolf wurde zur Marine eingezogen, obwohl der nicht schwimmen konnte.