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Suchen Sie nach einer Entspannungsmethode, die Sie immer und überall anwenden können? Möchten Sie sich eine ruhige Oase inmitten der Hektik des Alltags aufbauen und selbst das kleine ruhige Zentrum eines rastlosen Kosmos sein? Dann ist dieses Buch genau das richtige für Sie. Erlernen Sie Schritt für Schritt einfache und wirksame Übungen und erlangen Sie Entspannung ganz bequem aus sich selbst heraus. Ob zu Hause, bei der Arbeit oder in der U-Bahn. Autogenes Training können Sie überall betreiben und es kostet Sie nur wenige Minuten am Tag. Wenige Minuten, die Ihnen Ihr Körper und Ihr Geist danken werden.
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Seitenzahl: 585
Veröffentlichungsjahr: 2018
Autogenes Training für Dummies
Ruheformeln:
»Ich bin ganz ruhig«
»Ruhe kommt ganz von selbst«
Indifferenzformeln:
»Geräusche ganz gleichgültig«
»Gedanken ganz gleichgültig«
Schwere:»Rechter (linker) Arm (angenehm) schwer«
Wärme:»Rechter (linker) Arm (angenehm) warm«
»Rechter (linker) Arm strömend warm«
Atmung:»Atem/Atmung ruhig (und regelmäßig)«
»Atem/Atmung vollkommen ruhig«
»Es atmet mich«
Herz:»Herz (Puls) ruhig und regelmäßig«
»Herz ruhig, rhythmisch, regelmäßig«
»Brustraum warm und weit«
»Das Herz schlägt ruhig und kräftig«
Bauch:»Sonnengeflecht (Bauch) strömend warm«
»Bauchraum (angenehm) strömend warm«
»Wohlige Wärme im Gedärme«
Kopf:»Stirn angenehm kühl«
»Stirn glatt und entspannt«
»Gesicht ganz gelöst«
»Zunge liegt locker im Munde«
»Wangen und Schläfen entspannt«
»Lippen leicht geöffnet«
»Kiefer angenehm schwer«
»Augen ruhig«
»Kopf frisch, frei und klar«
»Kopf ganz gelöst, entspannt und frei«
Rücknahmeformel:
»Arme fest! Tief atmen! Augen auf!«Dieses Buch widme ich Andres und Manuel in dankbarer Liebe. Außerdem danke ich Klaus und Siegfried für ihre Freundschaft und wertvolle Unterstützung.
Autogenes Training für Dummies
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
2. Auflage 2018
© 2018 WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim
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Alle Rechte vorbehalten inklusive des Rechtes auf Reproduktion im Ganzen oder in Teilen und in jeglicher Form.
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Das vorliegende Werk wurde sorgfältig erarbeitet. Dennoch übernehmen Autorin und Verlag für die Richtigkeit von Angaben, Hinweisen und Ratschlägen sowie eventuelle Druckfehler keine Haftung.
Coverfoto: © Cobalt88/ThinkstockAbbildungsnachweis: Alle Abbildungen stammen aus dem Archiv der AutorinKorrektur: Frauke Wilkens, München
Print ISBN: 978-3-527-71508-4ePub ISBN: 978-3-527-81622-4mobi ISBN: 978-3-527-81623-1
Dr. med. Catharina Adolphsen ist Fachärztin für Innere Medizin, Fachärztin für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie und Psychoanalytikerin. Sie arbeitete viele Jahre als leitende Oberärztin in der Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie eines Krankenhauses der Maximalversorgung. Seit einigen Jahren ist sie mit einer eigenen Praxis für Psychosomatische Medizin, Psychotherapie und Psychoanalyse in Berlin niedergelassen.
Mit Autogenem Training beschäftigt sich Catharina Adolphsen seit zwei Jahrzehnten. Ausgebildet in den 1990er-Jahren bei Dr. Sibylle Daeschlein in Berlin, bildete sie sich regelmäßig bei den Jahrestagungen der Deutschen Gesellschaft für Ärztliche Hypnose und Autogenes Training (DGÄHAT) auf dem Gebiet der Entspannungsverfahren weiter. Seit vielen Jahren nutzt sie die analytische Oberstufe des Autogenen Trainings unter der Leitung von Dr. Sabine Jablonka in Düsseldorf zur Selbsterfahrung.
Catharina Adolphsen wendet das Autogene Training nicht nur selbst an, als anerkannte Expertin gibt sie ihre Kenntnisse und Erfahrungen auch an Interessierte und Patienten weiter. Viele Jahre leitete sie die DGÄHAT-Geschäftsstelle des Landes Mecklenburg-Vorpommern. Sie leitete von der Ärztekammer anerkannte Kurse – sowohl für Ärzte, die das Autogene Training im Rahmen ihrer Facharztausbildung erlernen, als auch für Therapeuten, die Entspannungsverfahren vermitteln möchten.
Cover
Titelseite
Impressum
Über die Autorin
Vorwort
Einführung
Über dieses Buch
Konventionen in diesem Buch
Was Sie nicht lesen müssen
Wie dieses Buch aufgebaut ist
Symbole, die in diesem Buch verwendet werden
Wie es weitergeht
Teil I: Das Autogene Training von A bis T
Kapitel 1: Autogenes Training – kein Zauber
Stress – nein danke!
Der Begriff Autogenes Training
Üben und Trainieren – Lernen
und Können
Gesunder und ungesunder Stress
Kapitel 2: Stress und Entspannung
Was bei Stress in Körper und Seele passiert
Leben im Gleichgewicht
Ansatzpunkte und Wirkungen des Autogenen Trainings
Kapitel 3: Das Geheimnis der Formeln, angenehme Bilder und gute Gefühle
Die Freude an Einbildungen
Die Übungsformeln des Autogenen Trainings
Fremd- und Eigensuggestionen
Angenehme Gefühle
Etwas Lerntheorie und etwas Tiefenpsychologie
Teil II: Gute Vorbereitung für gutes Gelingen
Kapitel 4: Die »Wichtigen W« zur Trainingsvorbereitung
Wer kann Autogenes Training erlernen und sollte man es tun?
Wie und wo? Der richtige Ort, die richtige Haltung
Wann, wie lange und wie oft?
Kapitel 5: Das Ende zuerst
Die Bedeutung der Rücknahme
Besonderheiten vor dem Einschlafen
Regulation der Entspannungstiefe
Protokolle zur Unterstützung
Kapitel 6: Ruhe und Gelassenheit
Das Ziel: Ich bin ganz ruhig
Die Vorstellung von Ruhe
Die Ruheformeln des Autogenen Trainings
4 × G – Geräusche und Gedanken ganz gleichgültig
Teil III: Erster Übungsteil – die sechs Grund- und Organübungen
Kapitel 7: Erste Übung: Schwere
Eine Wohlfühlübung zur Einstimmung
Die Schwere
Anleitung zur ersten AT-Übung
Zeit für eigene Erfahrungen
Kapitel 8: Zweite Übung: Wärme
Eine neue
Genussübung zur Einstimmung
Die Wärme
Anleitung zur AT-Übung mit Schwere und Wärme
Zeit für eigene Erfahrungen
Kapitel 9: Dritte Übung: Atmung
Eine neue Wohlfühlübung zur Einstimmung
Die Atmung
»Halbzeit-FAQ«: Beantwortung der bis zur Halbzeit am häufigsten auftauchenden Fragen
Kapitel 10: Vierte Übung: Herz
Eine neue Wohlfühlübung zur Einstimmung
Herz-lich willkommen zur Herz-Übung
Anleitung zur AT-Übung mit Schwere, Wärme, Atmung und Herz
Zeit für eigene Erfahrungen
Kapitel 11: Fünfte Übung: Bauch
Eine neue Genussübung zur Einstimmung
Sonne und Entspannung im Bauch
Anleitung zur AT-Übung mit Schwere, Wärme, Atmung, Herz und Bauch
Zeit für eigene Erfahrungen
Kapitel 12: Sechste Übung: Kopf
Eine Wohlfühlübung
zur Einstimmung
Der Kopf
Zeit für eigene Erfahrungen
Teil IV: Zweiter Übungsteil – die Kür für Fortgeschrittene
Kapitel 13: Die Worte wirken weiter
»Ruhe – Schwere – Wäme« – eine Wohlfühlübung
Persönliche Leitsätze – die formelhaften Vorsätze
Beispiele für formelhafte Vorsätze
Kapitel 14: Noch mehr spüren und erleben
Eine Übung für die Sinne
Achtsamkeit und Wahrnehmung im Alltag
»Vor meinem inneren Auge entsteht ein Bild«
Kapitel 15: Angst, Schmerz und Stress – wie das AT eine Spirale durchbricht
Schmerzen
Angst
Kapitel 16: Autogenes Training bei Schlafstörungen, Burn-out und anderen Herausforderungen
Schlafstörungen
Autogenes Training bei chronischen Erkrankungen
Burn-out-Syndrom
Lern- und Arbeitsstörungen
Sport und Autogenes Training
»Wir sind ganz ruhig« – Autogenes Training zur Geburtstvorbereitung
Kapitel 17: Vom Üben zum Ausüben
Die Schulter-Nacken-Übung
In der Kürze liegt die Würze: Kurzübungen für alle Lebenslagen
Die Polarisationsübung
Teil V: Der Top-Ten-Teil
Kapitel 18: Zehn gute Gründe, das Autogene Training zu lernen
Suche nach Erholung
und Entspannung
Lust und Neugier
, mehr über sich zu erfahren
Steigerung von Leistung und Konzentration
Nervosität
, Unruhe
,
Schlafstörungen lindern
Kalte Hände oder Füße erwärmen
Verdauungsprobleme und Bauchschmerzen
beseitigen
Anfällen von schneller Atmung vorbeugen
Herz-Kreislauf-Erkrankungen behandeln
Störende Gewohnheiten beseitigen
Unsicherheit
, Lampenfieber und Prüfungsangst
verringern
Kapitel 19: Zehn hilfreiche Tipps, die Ihnen das Üben erleichtern
Die richtige Motivation
finden
Sich Zeit nehmen
Regelmäßig üben
Auch kleine Erfolge und Fortschritte beachten
Leistungsdruck vermeiden
Übungsprotokolle – wem es Spaß macht
Mit Störungen von außen umgehen
Mit Störungen von innen umgehen
Auf Hilfsmittel verzichten
Vom Schreibenlernen zur eigenen Handschrift
Kapitel 20: Die zehn häufigsten Schwierigkeiten überwinden
Angst
, die Augen zu schließen oder sich auf das Üben einzulassen
Unerwünschtes Einschlafen während des Übens
Ungewollte Müdigkeit nach dem Üben
Anfängliche Unruhe oder Körperzuckungen
Ungewöhnliche Körperempfindungen
Leichtigkeit statt Schweregefühl
Kribbeln
in Armen oder Beinen
Kopfschmerzen durch das Üben
Schmerzen beim Üben
Schwierigkeiten, Atem und Herz in Einklang zu bringen
Glossar
Stichwortverzeichnis
End User License Agreement
Kapitel 2
Tabelle 2.1: Wirkungen des Sympathikus
Tabelle 2.2: Wirkungen des Parasympathikus
Kapitel 5
Tabelle 5.1: Wochenprotokoll
Cover
Inhaltsverzeichnis
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»Noch ein Buch Autogenes Training«, so könnte man fragen, »ist das denn nötig, nachdem zu diesem Thema schon so viele Veröffentlichungen und Bücher erschienen sind?« Dass Frau Dr. Adolphsen aber ein Buch in dieser Form geschrieben hat, zeigt, dass es bisher eine Lücke bei der Vermittlung des Autogenen Trainings gab, die hiermit geschlossen werden kann.
Die Autorin vermittelt die grundlegenden Informationen ausführlich und kurzweilig und steckt gleichzeitig den Rahmen, in dem Autogenes Training mit oder ohne Lehrer – besser ist es jedoch mit Lehrer – vermittelt werden kann. Auf mögliche Fragen der Leser geht Frau Dr. Adolphsen ausgiebig ein, und Inhalt und Form ermöglichen es, das Autogene Training gerade den jüngeren Lesern heute in adäquater Form nahezubringen.
Durch das Lesen wird natürlich das Üben nicht ersetzt. Es handelt sich ja bei dem Autogenen Training um ein »Trainieren«, aber dieses Buch kann dazu motivieren, auch die praktische Umsetzung einzuüben.
In leicht verständlicher Form vermittelt Frau Dr. Adolphsen ihr fundiertes Wissen. Damit hebt sich dieses Buch positiv von vielen anderen, eher oberflächlichen ab. Das liegt wohl vor allem daran, dass sich Frau Dr. Adolphsen als Expertin auf die Grundlagen von Johannes Heinrich Schultz beruft, der das Autogene Training vor nun fast neunzig Jahren entwickelt hat und die in zahlreichen Untersuchungen wissenschaftlich belegt sind.
Insofern ist dieses Buch eine Bereicherung, nicht nur für »Dummies«, sondern für jeden offenen Leser und auch für Interessierte, die sich mit dem Autogenen Training schon vorher beschäftigt haben.
Dr. med. Siegfried Stephan
Stellvertretender Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Ärztliche Hypnose und Autogenes Training
Suchen Sie Entspannung, Wohlbefinden und angenehme Ruhe oder geistige Frische, Klarheit und Konzentrationsfähigkeit? Möchten Sie Ihre Gesundheit erhalten und stressbedingten Beschwerden vorbeugen? Oder leiden Sie bereits an einer durch Stress verursachten Erkrankung und möchten Sie wieder gesund und beschwerdefrei leben? Ist Ihre Lebensbalance gestört und wollen Sie wieder einen guten Rhythmus finden? Haben Sie die Nase voll von Alkohol oder Tabletten zur Entspannung und möchten Sie auf gesündere Weise von Hektik abschalten, einschlafen oder zur Ruhe kommen können?
Das alles können Sie haben – und noch viel mehr. Das Autogene Training hilft, es zu bekommen. Wenn Sie den Wunsch haben, etwas für sich zu tun, haben Sie das richtige Buch in der Hand. Was auch immer Sie erreichen wollen und warum Sie es wollen: Sie sind nicht allein mit diesem Wunsch. Autogenes Training gibt es seit fast hundert Jahren und Hunderttausende von Menschen haben es vor Ihnen gelernt. Dass Autogenes Training wirksam und immer noch modern und zeitgemäß ist, hat sich längst herumgesprochen und die Nachfrage ist ungebrochen. Sonst hätte ich auch nicht die Gelegenheit bekommen, dieses Buch für Sie zu schreiben.
Ich erkläre Ihnen, was Autogenes Training ist, wie es wirkt und ich zeige Ihnen einen bewährten Weg, es zu lernen. Die Übungen des Autogenen Trainings sind einfach und gleichzeitig hoch wirksam. Sie brauchen keine Vorkenntnisse oder teure Ausrüstung, um mit dem Lernen zu beginnen. Eine besondere Stärke des Autogenen Trainings besteht darin, dass Sie es sofort und unauffällig im Alltag umsetzen können.
Wahrscheinlich haben Sie selbst schon bemerkt, dass bestimmte Vorstellungen bestimmte Körperreaktionen zur Folge haben. Stelle ich mir eine frische, saftig-saure Zitrone vor, läuft mir zwangsläufig das Wasser im Mund zusammen. Auch Gefühle ziehen Körperreaktionen nach sich. Der Examenskandidat hat Angst vor seiner Prüfung und bekommt Herzklopfen oder Durchfall. Der verliebte Teenager hat Schmetterlinge im Bauch und kann nichts mehr essen. Fühlen wir uns gestresst, sind die Muskeln angespannt und der Kreislauf aktiviert. Fühlen wir uns entspannt, spüren wir Schwere und Wärme im Körper, Atem und Kreislauf werden ruhiger. Diesen Zusammenhang zwischen körperlichen Reaktionen und seelischem Befinden macht man sich beim Autogenen Training zunutze. Mit zusätzlicher Hilfe von Entspannungsformeln wird eine Entspannungsreaktion eingeübt.
Ich verdanke dem Autogenen Training sehr viel. Ich habe es in einer Zeit erlernt, in der ich als Ärztin, Ehefrau und Mutter meinen Beruf mit vielen zusätzlichen Nacht- und Wochenenddiensten und die berechtigten Bedürfnisse meiner Familie unter einen Hut bringen wollte. Ich merkte, dass ich mich in der mir zur Verfügung stehenden knappen Zeit nicht gut entspannen konnte und dabei große Sehnsucht hatte, genau das zu tun. Das Autogene Training half mir, besser zur Ruhe zu kommen und abschalten zu können.
Das alles ist zwanzig Jahre her. Seither begleitet das Autogene Training meinen Alltag. Ich muss es nicht mehr üben, ich übe es aus, wenn mir danach ist. Diese eigenen guten Erfahrungen und meine berufliche Kompetenz waren die Voraussetzung, es später über viele Jahre lang auch anderen erfolgreich beizubringen.
Die Gelegenheit, ein Buch über Autogenes Training zu schreiben, habe ich daher gern ergriffen. Es gibt viele Bücher über Autogenes Training, auch viele gute und ausführliche. Die Besonderheit dieses Buches ist, dass Sie das Autogene Training mit seiner Hilfe Schritt für Schritt erlernen können. Ich erkläre Ihnen nicht nur, was Sie zu tun haben, sondern vor allem auch, wie Sie es tun können. Vielleicht kann man es mit einem Computerbuch vergleichen, in dem nicht nur steht: »… und nun öffnen Sie die nächste Datei«, sondern in dem auch erklärt ist, welche Tasten Sie nacheinander oder gleichzeitig zu drücken haben, um das zu tun. Andererseits ein Buch, in dem diejenigen, die schon wissen, wie eine Datei zu öffnen ist, diesen Absatz bequem überspringen können und dann trotzdem erkennen, wo sie weiterlesen können.
Ich verrate Ihnen außerdem die kleinen Tricks und Kniffe, die das Trainieren unterstützen. Und ich kenne die häufig (oder auch selten) auftauchenden Fragen oder Schwierigkeiten beim Erlernen des Autogenen Trainings und erkläre Ihnen in diesem Buch, was sie bedeuten und wie Sie sie lösen können. Damit es noch mehr Spaß macht, darüber zu lesen, habe ich sie oft in Fallbeispiele verpackt.
Sie möchten gern wissen, was Sie tun? Kein Problem, hier erfahren Sie auch einiges über das Zusammenspiel von Körper und Seele. Kurz gesagt, die gut verdauliche Mischung von informierenden Grundlagen, praktischer Anleitung und einfühlsamer Unterstützung macht dieses Buch aus. (Mehr über gute Verdauung erfahren Sie übrigens bei der Bauchübung im Kapitel 11!)
Obwohl die einzelnen Kapitel logisch aufeinander aufbauen, müssen Sie das Buch nicht von vorn bis hinten durchlesen. Sind Sie neugierig auf ein bestimmtes Kapitel, steigen Sie gleich dort ein. Oder haben Sie eine besondere Frage, suchen Sie gezielt über das Inhaltsverzeichnis oder das Stichwortverzeichnis im Anhang nach der Antwort. Ich vermute allerdings, dass die Versuchung groß ist, sich die vielen in diesem Buch enthaltenen Informationen nicht entgehen zu lassen.
Sie haben beschlossen, das Autogene Training zu lernen? Und Sie fühlen sich theoretisch schon gut gerüstet? Dann empfehle ich Ihnen, Teil II zur Vorbereitung zu lesen und sich anschließend nacheinander mit den einzelnen Übungen des Teils III zu befassen. Beim Erlernen der Übungen sollten Sie die angegebene Reihenfolge von Schwere, Wärme, Atmung, Herz, Bauch und Kopf einhalten, sie hat sich bewährt. Sie beherrschen die Grundstufe des Autogenen Trainings bereits und möchten darauf aufbauen, haben Lust auf etwas Neues, auf eine Bereicherung? Sie suchen nach einem formelhaften Vorsatz, um ein bestimmtes persönliches Ziel zu erreichen? Dann ist der Teil IV richtig für Sie.
Fachbegriffe habe ich kursiv gesetzt und ich erkläre sie natürlich. Wörter, die ich betone oder Sätze, die ich hervorhebe, sind ebenfalls kursiv oder fett gedruckt. Neue Ausdrücke und Formulierungen des Autogenen Trainings stehen meist in »Anführungszeichen«.
Ich bin mir sicher, dass die meisten von Ihnen auf einige grundlegende Informationen über den menschlichen Körper, die Seele und die Ansatzpunkte des Autogenen Trainings nicht verzichten wollen. Wer sich aber partout nicht dafür interessiert, kann die Abschnitte mit den »Vorsicht Wissenschaft«-Symbolen auch getrost überspringen.
Mit den Fallbeispielen können Sie ähnlich vorgehen. Ich habe fiktive Personen auf der Grundlage meiner langjährigen Erfahrung im Unterrichten des Autogenen Trainings geschaffen. Sie vermitteln anschaulich die beim Üben am häufigsten auftretenden Situationen oder Störungen. Daher vermute ich, Sie werden sich zwischendurch ganz gern mal mit Frau Ahlers oder Herrn Fuchs beschäftigen. Wenn nicht, ignorieren Sie die Kästen mit den Symbolen »Beispiel aus der Praxis« einfach.
Mit dem Symbol »Erinnerung« sind immer alle wichtigen Aussagen eines Kapitels zusammengefasst. Theoretisch könnten Sie auch nur diese Merksätze lesen und den Text dazwischen überspringen oder ihn nur lesen, wenn Ihnen etwas unklar ist.
Dieses Buch besteht aus fünf Teilen, die der Übersichtlichkeit halber in weitere Kapitel unterteilt sind.
Wenn Sie noch nichts über das Autogene Training wissen, fangen Sie am besten hier an. Ich erkläre Ihnen, warum Menschen auf Stress so unterschiedlich reagieren und wie eine solche menschliche Stressreaktion abläuft. Sie lernen die Ansatzpunkte des Autogenen Trainings kennen und warum es mit seiner Hilfe zu einer Entspannungsreaktion kommt. Außerdem erfahren Sie alles über den Aufbau des Autogenen Trainings.
Dieser Teil dient der Vorbereitung auf Ihr erstes Training. Wer, warum, wann, wie, wo, wie oft, wie lange – all diese Fragen habe ich hier beantwortet. Wenn Sie noch keine Erfahrung mit dem Autogenen Training haben, sollten Sie diesen Teil auf alle Fälle lesen.
Jetzt dürfen Sie endlich auch praktisch loslegen. Nacheinander zeige ich Ihnen die sechs Übungen der Grundstufe des Autogenen Trainings: Schwere, Wärme, Atmung, Herz, Bauch und Kopf. Zwischendurch gibt es das Kapitel der »Halbzeit-FAQ«, in dem alle wichtigen bis dahin auftauchenden Fragen beantwortet werden. Außerdem gebe ich auch immer wieder konkrete Übungsanleitungen, um sich auf ein Thema einzustimmen oder um einfach nur zu genießen.
Für Könner der Grundstufe habe ich diesen Teil mit weiteren Übungsanregungen gedacht. Nichtkönner dürfen ihn natürlich auch lesen, er macht mit seiner Vielfalt Appetit auf das, was mit dem Autogenen Training noch so möglich ist und wie das Autogene Training geeignet ist, persönliche Ziele zu erreichen. Ich gebe einen Überblick über die Möglichkeiten und Grenzen des Autogenen Trainings bei bestimmten Fragestellungen, Beschwerden oder Erkrankungen. Zum Schluss zeige ich Ihnen alltagstaugliche Teil- und Kurzübungen.
Was wäre ein … für Dummies-Buch ohne den Top-Ten-Teil? Erfahrene Leser wissen schon, dass sie hier das Wichtigste noch einmal kurz und knapp zusammengefasst finden. Ich fasse die wichtigsten Gründe zusammen, warum das Erlernen des Autogenen Trainings sinnvoll ist. Außerdem finden Sie hier meine hilfreichen Tipps zum Üben und zur Überwindung von Schwierigkeiten.
Im Glossar erkläre ich wichtige Fachbegriffe noch einmal kurz und knapp. Im Stichwortverzeichnis habe ich alle wichtigen Begriffe, die in diesem Buch auftauchen, zusammentragen. Deshalb können Sie dieses Buch auch gern als Nachschlagewerk nutzen, in dem Sie alle Begriffe rund um das Autogene Training schnell und unkompliziert finden.
Mit diesem Symbol gebe ich Ihnen einen Tipp oder verrate einen Trick, der Ihnen bei der Vorbereitung oder dem Erlernen und Anwenden des Autogenen Trainings hilft. Manche meiner Insidertipps dienen auch ganz allgemein der Erleichterung des Lebens.
Mit diesem Symbol fasse ich wichtige Aussagen eines Kapitels zusammen, die Sie sich merken sollten.
Wenn Sie dieses Symbol sehen, beschreibe ich etwas detaillierter aus dem wissenschaftlichen Gebiet der Medizin. Sollte Sie das nicht ansprechen, überspringen Sie die mit diesem Symbol markierten Absätze einfach.
Das ist Ihr Übungssymbol. Es verweist auf eine Übung des Autogenen Trainings, eine dazugehörende Formel oder eine allgemeine Entspannungsübung. Hier finden Sie auch viele Übungsanleitungen.
Dieses Symbol kennzeichnet meine fiktiven und praxisbezogenen Fallbeispiele. Sie können sich von Frau A., Herrn T. und den anderen »AT-Schülern« einiges abgucken und so mit Störungen besser umgehen oder Schwierigkeiten schneller überwinden.
Jetzt können Sie die Initiative ergreifen und sich mit diesem Buch beschäftigen. Ich begleite Sie und stehe Ihnen als erfahrene Anwenderin des Autogenen Trainings und als Expertin weiter zur Verfügung. Ich wünsche Ihnen, dass das Autogene Training Sie ebenso überzeugt und bereichert, wie es das schon mit Tausenden vor Ihnen getan hat. Ich wünsche Ihnen, dass Sie Ihre mit dem Lernwunsch verbundenen Ziele erreichen – meine Unterstützung haben Sie.
Teil I
IN DIESEM TEIL …
… erkläre ich die Grundlagen und Wirkungen des Autogenen Trainings. Außerdem zeige ich die Vorteile des Autogenen Trainings gegenüber anderen Entspannungsverfahren. Sie erfahren etwas über körperliche und seelische Veränderungen bei Stress und bekommen eine Vorstellung davon, wie Sie mit dem Autogenen Training eine einfache und zuverlässige Entspannungsreaktion erlernen können. Sie erkennen, dass Sie mit dem Autogenen Training nicht nur gesund entspannen können, sondern dass Sie genauso gut und schnell wieder zu geistiger Frische, Klarheit und Energie kommen können.
Kapitel 1
IN DIESEM KAPITEL
Die Vorteile des Autogenen Trainings
Der Begriff Autogenes Training
Grund- und Oberstufe des Autogenen Trainings
Was uns Menschen stresst
Mit dem Begriff »Stress« kann jeder etwas anfangen. Aber was ist es eigentlich genau, was uns stresst? Wie kommt es dazu? Wo setzt ein Entspannungsverfahren wie das Autogene Training zur Stressbewältigung an? Was hat Autogenes Training für Vorteile? Woher stammt der Begriff überhaupt? Wie ist das Autogene Training aufgebaut? In diesem Kapitel finden Sie Antworten auf diese Fragen.
Vielleicht überrascht es Sie zu hören, dass es schon seit Beginn der Menschheit Verfahren gibt, die auf Suggestionen beruhen und die durch Übung zu Entspannung führen. Der Wunsch, Ruhe und Entspannung zu finden, hat schon unsere Vorfahren in unterschiedlichen Regionen der Erde und in verschiedenen Kulturen und Epochen beschäftigt und ist keinesfalls nur Ausdruck des modernen Zeitgeistes.
Unter den vielen Behandlungsmethoden, die sich aus diesen Entspannungsverfahren entwickelt haben, nimmt das Autogene Training eine besondere Stellung ein. Nach dem Motto »Die Guten ins Kröpfchen« entstand es durch eine sinnvolle Auswahl und Kombination der wirksamen Elemente verschiedener körperlicher und seelischer Heilverfahren, wie Wärme- und Kälteanwendungen, Meditationsübungen, Muskelentspannung oder Trancezustände.
Das Autogene Training ist eine Entspannungsmethode, deren zugrunde liegenden Mechanismen viel untersucht wurden und deren Wirksamkeit und Effektivität durch zahlreiche Untersuchungen und wissenschaftliche Studien belegt ist. Seine weite Verbreitung fand es vor allem durch seine klare und einfache Strukturierung, seine leichte Lern- und Anwendbarkeit und durch die vielen hilfreichen Erfahrungen, die unzählige Menschen seitdem mit dieser Methode machten und die sich mehr und mehr herumgesprochen haben.
Das Autogene Training ist ein wissenschaftlich anerkanntes Entspannungsverfahren. Es ist modern, effektiv, hochwirksam und überall unauffällig anwendbar. Autogenes Training fördert die Gesundheit, beugt erfolgreich Erkrankungen vor und unterstützt die Behandlung von Krankheiten.
Das Autogene Training hat viele Vorteile, durch die es sich auch von einigen anderen Entspannungsverfahren unterscheidet. Die Übungen sind einfach und können überall und unauffällig durchgeführt werden. Sie brauchen keine Matte, kein Kissen, kein Bänkchen, keine bestimmte Kleidung oder einen anderen, möglicherweise sogar teuren Ausrüstungsgegenstand. Wenn Sie dieses Buch gekauft haben, müssen Sie nichts Zusätzliches mehr erwerben.
Niemand sieht Ihnen an, dass Sie gerade Autogenes Training machen, wenn Sie im Bus, im Zug oder in der U-Bahn sitzen. Auch die aktivierende Rücknahme lässt sich unauffällig durchführen. Als Rücknahme wird die Beendigung der Übung durch Muskelanspannung, tieferes Atmen und Augenöffnen bezeichnet. Die täglichen Übungszeiten sind kurz. Bei regelmäßigem Üben genügen täglich dreimal drei Minuten.
Und wenn Sie mich oder Ihren Arzt oder Apotheker fragen: Das Autogene Training hat keine Risiken und keinerlei gefährliche Nebenwirkungen.
Das Autogene Training hat viele Vorteile:
Die Übungen sind einfach und leicht lernbar.
Die täglichen Übungszeiten sind ausgesprochen kurz (dreimal drei Minuten genügen bei regelmäßigem Üben).
Vorkenntnisse, eine besondere Vorbereitung oder irgendwelche Ausrüstungsgegenstände sind nicht erforderlich.
Es kann im Alltag überall, sehr schnell und vollkommen unauffällig durchgeführt werden.
Es ist individuell einsetzbar, ob vor einer Prüfung
, einem Wettkampf
, ob zur Schmerzlinderung
oder zum Stressabbau.
Es ist hoch wirksam …
… und es ist ungefährlich.
Auch ich gehöre zu den Menschen, die gute Erfahrungen mit dem Autogenen Training gemacht haben. Und ich habe das Glück, das Autogene Training inzwischen aus unterschiedlichen Blickwinkeln sehen zu können.
Ich wende es selbst an. Dabei erlebe ich das Autogene Training nicht nur als gut funktionierende Einschlaf- und Entspannungsmethode oder als Erfrischungsmittel, sondern es hat gerade auch in der Kombination mit den Elementen der Oberstufe mein Leben sehr bereichert.
Ich sehe es aus dem Blickwinkel einer Ärztin und Internistin und profitiere dabei von den guten Erfahrungen, die viele körperlich Erkrankte mit diesem praktischen Verfahren gemacht haben.
Außerdem sehe ich es aus dem Blickwinkel einer Psychosomatikerin, Psychotherapeutin und Psychoanalytikerin. Ich weiß, dass das Autogene Training auch bei psychosomatischen
Erkrankungen
, bei seelischen Schwierigkeiten und in problematischen Lebenslagen hilft. Es kann dabei sehr entlastend und unterstützend sein, eine Methode zu beherrschen, die unabhängig von anderen Menschen verfügbar und nahezu überall anwendbar ist.
Und nicht zuletzt sehe ich das Autogene Training aus dem Blickwinkel einer Dozentin, die es an Ärzte, Krankenschwestern, Psychologen und Körpertherapeuten weitergibt, die mir wiederum von ihren Erfahrungen mit Gesunden, Patienten und Klienten bezüglich des Autogenen Trainings berichten.
Das Autogene Training ist seit Beginn der 1980er-Jahre Bestandteil der Weiterbildung für Ärzte in Deutschland. Viele Krankenkassen bezuschussen die Teilnahme ihrer Versicherten an Kursen für Autogenes Training zur Stressprophylaxe und Vorbeugung von Krankheiten.
Wie lange lernt man eine Sprache, ab wann kann man eine Sprache? Die Frage ist, wenn es die Muttersprache betrifft, noch relativ einfach zu beantworten. Bei einer Fremdsprache wird es schon schwieriger. Wenn Sie sie flüssig und frei sprechen können und keine Probleme haben zu kommunizieren? Wenn Sie auch die Bildsprache verstehen? Wenn Sie sich wortgewandt in dieser Sprache streiten können? Wenn Sie keiner mehr an Ihrem Akzent als Ausländer erkennt? Wenn Sie auch mit Dialekten dieser Sprache umgehen können?
Beim Erlernen einer Fremdsprache hat man Grade festgelegt, die es zu erreichen gilt. Zertifikate garantieren einen gewissen Sprachwortschatz, bestandene Tests ein Niveau des Verstehens, was beispielsweise ein Studium an einer internationalen Universität ermöglicht. Beim Autogenen Training ist es nicht viel anders (nur sehr viel einfacher): Es gibt eine Grundstufe und eine Oberstufe.
Die Grundstufe des Autogenen Trainings besteht aus sechs verschiedenen Übungen, die aufeinander aufbauen. Diese sechs Übungen werden auch Grund- und Organübungen genannt und umfassen Schwere, Wärme, Atmung, Herz, Bauch und Kopf. Zum Erlernen dieser sechs Übungen werden Formeln benutzt, die Sie alle noch kennenlernen werden. Diese Formeln werden mit einem bestimmten Bild und einer bestimmten Vorstellung verknüpft, die Sie sich während der jeweiligen Übung machen.
Ruhe und Entspannung sind das Ziel des Autogenen Trainings, daher taucht die sogenannte Ruheformel immer wieder auf. Diese Ruheformel lautet: »Ich bin ganz ruhig«. Sie steht am Anfang eines Trainings und gibt Körper und Seele das Signal für den Beginn der Entspannung. Sie steht nicht nur am Anfang und Ende des Trainings, sondern verknüpft sozusagen die einzelnen Übungen miteinander. In Abbildung 1.1 habe ich für Sie ein Bild entworfen, das einen guten Überblick über die Grundstufe des Autogenen Trainings gibt.
Abbildung 1.1: Die Grundstufe des Autogenen Trainings
Am Anfang haben Sie Ihre »Motivationslokomotive«, die Ihr Training (am besten dreimal täglich) immer wieder in Bewegung bringt. Die einzelnen Übungen reihen sich wie Waggons aneinander. Die einzelnen Waggons werden durch Puffer oder Kupplungen miteinander verbunden, diese Kupplungen bestehen in diesem Fall aus der Ruheformel. Mit der Ruheformel beginnen Sie Ihr Training und beenden es auch, bevor die aktivierende Rücknahme erfolgt. Wenn Ihre Motivationslokomotive von Ihnen immer wieder neuen Brennstoff erhält, werden Sie die Grundstufe des Autogenen Trainings nach ungefähr vier bis sechs Monaten beherrschen.
Das Autogene Training wird in Grundstufe und Oberstufe eingeteilt. Die Grundstufe besteht aus sechs verschiedenen Übungen, die aufeinander aufbauen: Schwere, Wärme, Atmung, Herz, Bauch und Kopf. Bei regelmäßigem Üben haben Sie die Grundstufe des Autogenen Trainings nach vier bis sechs Monaten erlernt. Mit dem Erlernen der Grundstufe beherrschen Sie das Autogene Training.
Sie können das Autogene Training dann regelmäßig anwenden und von den Effekten profitieren. Aus dem Üben wird ein Ausüben. Um autogen fit zu bleiben, sollten Sie sich wenigstens einmal am Tag damit beschäftigen. Und um Missverständnissen vorzubeugen: Die Grundstufe des Autogenen Trainings ist das Autogene Training an sich. Wer die Grundstufe beherrscht, darf also behaupten: »Ich kann Autogenes Training«.
Die Oberstufe ist hingegen die »Kür« des Autogenen Trainings, sozusagen das Sahnehäubchen. Sahne kann, aber muss nicht sein. Menschen, die keine Sahne mögen, können auch wunderbar ohne sie leben. Was hat es nun mit der »AT-Sahne« auf sich?
Durch die während der Entspannung angewandten formelhaften Vorsätze können Sie gezielt positiven Einfluss auf Ihre Gedanken, Ihre Gefühlswelt und Ihr körperliches Erleben nehmen. Mithilfe dieser Formeln lässt sich das Autogene Training individuell ausbauen. Persönliche Ziele lassen sich besser erreichen und Wünsche verwirklichen. (Über die formelhaften Vorsätze erfahren Sie mehr in Kapitel 13.)
Sind schon während der Grundstufe gelegentlich spontan bildhafte Erlebnisse aufgetreten, ist es bei der Oberstufe im Hinblick auf eine vertiefte Selbstwahrnehmung und Selbsterfahrung ausdrücklich erwünscht, Bilder vor das innere Auge treten zu lassen. Im Rahmen der analytischen Oberstufe des Autogenen Trainings kann in Selbsterfahrungsgruppen unter Leitung eines Psychoanalytikers mit diesen Bildern gearbeitet werden. Für all diese Erlebnisse ist die Beherrschung der Grundstufe Voraussetzung.
Der Begriff »Stress« kommt aus dem Englischen. Stress gehört zum menschlichen Leben dazu. Menschen brauchen Anregung, Forderung und Förderung, Anleitung, Herausforderung, manchmal auch ein bisschen Druck. Das hält lebendig und das Leben in Bewegung. Auf diese Art von Stress sind wir Menschen geradezu angewiesen, es ist gesunder Stress, der als Eustress bezeichnet wird. Würde er auf Dauer fehlen, würden wir krank. Er ist sozusagen das Salz in der Suppe unseres Lebens. Ohne Salz würde nicht nur die Suppe fade schmecken, sondern irgendwann gäbe es auch Mangelerscheinungen durch die fehlenden Mineralien.
Es gibt gesunden und ungesunden Stress. Gesunder Stress wird Eustress genannt. Er gehört zum Leben dazu, wie das Salz in der Suppe. Ungesunder Stress wird Dysstress genannt. Er kann auf Dauer krank machen. Menschen beurteilen sehr unterschiedlich und individuell, wovon sie sich gestresst fühlen.
Wenn es gesunden Stress gibt, gibt es natürlich auch ungesunden Stress, Dysstress genannt. Wobei es häufig gar nicht der Stress an sich ist, der ungesund ist, sondern das Ausmaß des Stresses oder das Fehlen von ausreichend Erholung und Entspannung.
Wenn aus Forderung Überforderung wird, wenn aus Anregung und Spannung dauernde Anspannung resultiert, wenn Druck zur chronischen Belastung wird und es keine Gegengewichte gibt, ist die Stressbalance gestört. Dann kann auch an sich gesunder Stress ungesund wirken und auf Dauer krank machen. Aus dem andauernden Druck resultiert dann beispielsweise ein erhöhter Blutdruck oder aus der dauernden Anspannung ein chronischer Rückenschmerz.
Stress wird definiert als die Summe von starken, neuen, anhaltenden und widersprüchlichen Reizen, die auf den Menschen sowohl von außen als auch von innen (Spannungen, Konflikte) einwirken. Es besteht heute Übereinkunft, dass Stressreize nicht objektive, sondern in entscheidendem Maße subjektive Belastungen und Einstellungen sind.
Techno-Musik kann für den einen Menschen anregend und zugleich entspannend sein (Eustress), während ein anderer sofort genervt wäre und den »Krach« nicht aushalten könnte (Dysstress).
Mögliche Stressreize:
Infektionen
Vergiftung
en
Traumata
, Unfälle, Operationen
andere schmerzhafte Zustände
Kälte
,
Hitze, extreme Temperaturschwankungen
Lärm
Frustration, Ärger, Kummer, Kränkung
langfristige Überlastung
Die letzten beiden Punkte zeigen, dass ein großer Teil der Stressreize durch seelische Faktoren mitbestimmt wird. Das heißt, der auslösende Faktor liegt im Menschen selbst oder in der (mehr oder weniger schwierigen) Beziehung zu seinen Mitmenschen. Natürlich können auch an sich positive Ereignisse Stress auslösen, weil sie ein bisher bestehendes Gleichgewicht aufheben, wie etwa durch die Geburt des sehnsüchtig erwarteten Nachwuchses.
Psychische Stressreize können sein:
Tod
naher Angehöriger, Scheidung
, Krankheit, Mitteilung einer schlimmen Krankheitsdiagnose
Armut
und Schulden
, plötzliche finanzielle Verluste
Vernachlässigung
, soziale Isolation
, »Mobbing
«
Verachtung und Verfolgung; Angst
vor Verhaftung, Folter, Tötung
Perfektionismus
(zu hohe Erwartungen an sich selbst und andere); Angst, nicht zu genügen
Unterforderung
, Langeweile, Langzeitarbeitslosigkeit
hohe Verantwortung oder fehlende Gestaltungsmöglichkeiten
dauerhafte Konflikte in Beziehungen (Partnerschaft
Kapitel 2
IN DIESEM KAPITEL
Körperliche und seelische Vorgänge bei Stress und bei Entspannung
Das vegetative oder autonome Nervensystem des Körpers
Ansatzpunkte des Autogenen Trainings
Wirkungen des Autogenen Trainings und deren Nachweise
Wenn Sie zu den Menschen gehören, die neugierig sind, gern wissen, was sie tun und sich dafür auch von ein wenig Medizin und Wissenschaft nicht abschrecken lassen, sind Sie hier im richtigen Kapitel.
Unser Körper reagiert auf Stress. Stressreaktionen laufen im Gehirn und im Körper auf verschiedenen Ebenen, stufenförmig und/oder in Rückkopplungs-Regelkreisläufen ab. Stress führt im Gehirn zur Aktivierung von Stressgenen. Die Produkte dieser Stressgene sind Nervenbotenstoffe und Hormone, die ihrerseits wieder körperliche Reaktionen verursachen und unter anderem Auswirkungen auf das Herz-Kreislauf-System oder das Immunsystem haben.
Der Körper reagiert auf Stress:
auf verschiedenen Ebenen
stufenförmig oder in Regelkreisläufen
durch Aktivierung von Stressgenen im Gehirn
durch Produktion von Stresshormon
en, die die Funktion der Körperorgane beeinflussen
Ob und wie unser Körper auf Stress reagiert, hat nicht nur etwas mit der Art der gerade wirksamen Stressreize zu tun. Die moderne Hirnforschung konnte nachweisen, dass die Regulation unserer Stresssysteme schon sehr früh in unserem Leben festgelegt wird, teilweise sogar schon vor der Geburt.
Wie wir später als Erwachsene auf Stress reagieren oder damit umgehen, hat tatsächlich etwas damit zu tun, wie unsere Eltern (oder andere Betreuungspersonen) mit uns als Säuglingen und Kleinkindern umgegangen sind. Anwesenheit der Mutter oder einer anderen konstanten und liebevollen Bezugsperson, Zuwendung, wohlmeinende Ansprache, eine gedeihliche Umgebung mit verlässlicher Nahrungszufuhr, Trost und so weiter wirken als die beste Vorbeugung gegen Stress, die man sich nur denken kann. Sichere Bindungen und gute Beziehungen schützen jedoch nicht nur das Kind vor Stress, sondern bleiben lebenslang ein entscheidender Schutzfaktor gegenüber einer übersteigerten Stressreaktion.
Gute zwischenmenschliche Beziehungen sind die beste Vorbeugung gegen Stress überhaupt. Sichere Bindungen schützen Kinder und Erwachsene vor überschießenden Stressreaktionen. Die Stresstoleranz kann auch noch im Erwachsenenalter durch Lernvorgänge, gute Erfahrungen und befriedigende zwischenmenschliche Beziehungen gesteigert werden.
Im Gegensatz dazu führen Vernachlässigung, Deprivation, Missbrauch oder Misshandlung in der frühen Kindheit zu Stresssensibilisierungen auf verschiedenen Ebenen, die nur schwer oder nicht rückgängig zu machen sind und bei den Betroffenen unter anderem Symptome einer posttraumatischen Belastungsstörung hervorrufen können.
In der Kindheit gemachte Erfahrungen von Misshandlung und Missbrauch haben weitaus größere Auswirkungen auf neurobiologische Strukturen und somit auf die seelische Gesundheit als das, was Traumatisierungen bei bereits erwachsenen Menschen in der Regel anrichten können. Wie das Stresssystem später reagiert, wird teilweise schon frühzeitig in der molekulargenetischen und neurohormonellen Ebene des Gehirns festgelegt.
Andererseits können Stresstoleranz und -resistenz aber auch durch gute zwischenmenschliche Beziehungen und durch Lernvorgänge erhöht werden. Das ist ein Grund, weshalb Autogenes Training hilft und wir uns hier damit beschäftigen.
Hans Selye, bekannt als »Vater der Stressforschung«, beschrieb als Erster das Adaptations-syndrom (Anpassungssyndrom) als körperliche Reaktion auf Stresseinflüsse. Der Organismus versucht dabei, sein durch den Stressreiz gestörtes Gleichgewicht wiederherzustellen.
Das Adaptationssyndrom verläuft in drei Stadien:
Alarmreaktion
Gegenregulation (Widerstandsstadium)
Erholungs- oder Erschöpfungsstadium
Abbildung 2.1 zeigt eine solche Anpassungsreaktion als Kurvenverlauf. Die Kurve beschreibt die Höhe des Stresspegels, der von der Aktivierung des Sympathikus oder Parasympathikus als Komponenten des vegetativen Nervensystems abhängt. Auf das vegetative Nervensystem gehe ich gleich ausführlich ein. Wenn der Stresspegel ausgeglichen ist, handelt es sich um eine vegetative Mittellage. Ist der Stresspegel erhöht, spricht man von Sympathikotonus, ist er erniedrigt, von Parasympathikotonus. Tritt ein Stressreiz auf, folgt zuerst eine Alarmreaktion, während der vermehrt Stresshormone ausgeschüttet werden. Der Stresspegel steigt, die Kurve geht nach oben. Der Organismus ist in absoluter Alarmbereitschaft, Körperkraft (Muskeltonus), Blutdruck und Puls steigen, die Pupillen erweitern sich, die Körperhaare stellen sich auf, die Schweißproduktion steigt. Alles ist darauf angelegt, zu kämpfen oder zu fliehen. Diese Kampf-oder-Flucht-Reaktion ist eine entwicklungsgeschichtlich sehr alte Reaktion auf Bedrohung und Gefahr und läuft bei Tieren ebenso ab.
Abbildung 2.1:Stressreaktion, Kurve eines gesundheitlich günstigen Stressablaufs (Eustress)
Bleibt der Stressreiz bestehen, versucht der Organismus, damit umzugehen, sich darauf einzustellen, sich anzupassen, zu adaptieren (daher der Name Adaptationsreaktion). Das geht für einige Zeit und bis zu einem gewissen Grade gut, danach kommt es bei nachlassenden Stressreizen entweder zur Erholung (Abbildung 2.1) oder aber zur Erschöpfung, zum Zusammenbruch, der sich häufig in einer stressbedingten Erkrankung zeigt (Abbildung 2.2).
Abbildung 2.2: Stressreaktion, Kurve eines gesundheitsgefährdenden Stressablaufs (Dysstress)
Was Menschen alarmiert und was nicht, ist – von Extremsituationen abgesehen – individuell sehr unterschiedlich. Das heißt, die biologische Reaktion auf Stress unterscheidet sich von Person zu Person teilweise erheblich. Entscheidend ist die subjektive Bewertung einer aktuellen, neuen Situation. Wie unterschiedlich eine solche Bewertung sein kann, zeigt das Beispiel mit der Technomusik. Der eine fühlt sich angeregt und inspiriert, der andere ist genervt und hat Angst, verrückt zu werden. Diese subjektive Bewertung erfolgt durch bestimmte Strukturen unseres Gehirns, zum einen durch die Großhirnrinde (Sitz der Vernunft) und zum anderen durch das mit ihr verbundene limbische System (Sitz der emotionalen Intelligenz). Unsere Erfahrungen, die wir in ähnlichen Situationen schon gemacht haben, sind in den Netzwerken unserer Nervenzellen gespeichert und unser Gehirn gleicht damit die neue Situation ab. Aufgrund der Verschiedenheit unserer Lebenserfahrungen fällt dieser Abgleich unterschiedlich aus und deshalb reagieren wir von Mensch zu Mensch sehr verschieden auf eine objektiv gleich erscheinende Situation. Unsere Stressreaktionen sind also Teil und Ergebnis unserer persönlichen Lebensgeschichte.
In Abbildung 2.3 sehen Sie einen schematischen Längsschnitt durch ein menschliches Gehirn entlang des Mittelscheitels. Sie sehen auf die rechte Gehirnhälfte, die Stirnseite befindet sich links, der Hinterkopf rechts.
Abbildung 2.3: Für Stressreaktionen bedeutsame Hirnstrukturen
Folgende Hirnstrukturen sind an Stressreaktionen beteiligt:
die Großhirnrinde
(Sitz der Vernunft
)
das limbische System (Sitz der emotionalen Intelligenz), bestehend aus Amygdala
(Mandelkern
),
Hippocampus (Seepferdchen) und Gyrus cinguli
(Gürtelwindung)
der Hypothalamus
(untere Kammer)
die Hypophyse
(
Hirnanhangsdrüse)
der Hirnstamm
mit Locus coeruleus
(blauer Ort)
Sie sehen, wie fantasievoll die lateinischen Bezeichnungen der damaligen Hirnanatomen waren. Die beiden Mandelkerne (es gibt in jeder Hirnhälfte einen davon) spielen eine wichtige Rolle bei der emotionalen Bewertung und Wiedererkennung von Situationen und somit auch von Gefahren. Die Hippocampi sind von großer Bedeutung für die Überführung von Gedächtnisinhalten aus dem Kurzzeit- in das Langzeitgedächtnis. Die Gürtelwindung ist unter anderem für komplexe Vorgänge wie Problemlösung, Risiko- und Konfliktmanagement zuständig. Sie repräsentiert das emotionale Gesamtbefinden eines Menschen. Die drei Strukturen arbeiten als limbisches System bei der Verarbeitung von Emotionen zusammen. Der Hypothalamus ist das wichtigste Steuerzentrum des vegetativen Nervensystems und in der Hypophyse werden verschiedene Hormone produziert und gespeichert.
Was passiert im Gehirn bei Stress? Über unsere fünf Sinne werden Signale und Reize aus der Außenwelt wahrgenommen, gelangen über sensible und sensorische Nervenbahnen ins Gehirn und werden dort durch das Zusammenspiel von Großhirnrinde (Sitz der Vernunft), Assoziationsfeldern und dem limbischen System (Sitz der emotionalen Intelligenz) auf ihren Gefahrengehalt hin bewertet. Ergibt die subjektive Bewertung »Gefahr im Verzug!«, werden über Nervenbahnen zwei Alarmzentren des Gehirns aktiviert:
der Hypothalamus
der Locus coeruleus
im Hirnstamm
Stressalarmsystem1: Bei der Aktivierung des ersten Alarmsystems, des Hypothalamus, wird das Stressgen CRH angeschaltet, das eine Aktivierung der Hirnanhangsdrüse (Hypophyse) zur Folge hat, die daraufhin vermehrt das Stresshormon ACTH produziert. Sobald ACTH über den Blutkreislauf die Nebennieren erreicht hat, wird dort das Stresshormon Cortisol freigesetzt, das wiederum Wirkungen auf den gesamten Organismus hat. Der Hypothalamus ist somit das wohl wichtigste Steuerungszentrum des vegetativen Nervensystems (wegen seiner oft automatisch und unwillentlich ablaufenden Reaktionen auch autonomes Nervensystem genannt).
Stressalarmsystem2: Bei der Aktivierung des zweiten Alarmsystems im Hirnstamm werden insbesondere im Locus coeruleus Gene aktiviert und Noradrenalin freigesetzt. Locus coeruleus bedeutet »blauer Ort« und beschreibt eine Hirnregion, die viel Noradrenalin enthält. Der Neurotransmitter (Nervenbotenstoff) Noradrenalin steigert Blutdruck, Herzfrequenz und Atmung. Er ist ein Botenstoff des sympathischen Nervensystems. Ebenfalls im Hirnstamm liegt der Ursprung des Vagusnervs, des größten Nervs des parasympathischen Nervensystems. Das parasympathische Nervensystem (der Parasympathikus) bildet zusammen mit dem sympathischen Nervensystem (dem Sympathikus) das vegetative (oder autonome) Nervensystem.
Das vegetative Nervensystem ist der Hauptansatzpunkt des Autogenen Trainings. Deshalb ist es auch für den interessierten Laien sinnvoll, einiges darüber zu erfahren. Mit dem Begriff vegetatives Nervensystem bezeichnet man die Summe aller Nerven, die alle inneren Körpervorgänge steuern: die Atmung, den Blutkreislauf, den Schlaf-Wach-Rhythmus, den Stoffwechsel mit den Drüsen und den Wärme- und Wasserhaushalt. Man nennt es auch das autonome Nervensystem, weil viele seiner Funktionen unwillkürlich, das heißt, unabhängig von unserem Willen und ohne bewusste Wahrnehmung ablaufen. So autonom ist das vegetative Nervensystem aber gar nicht, denn es ist beeinflussbar, beispielsweise durch das Autogene Training. Auch zeigt sich die Wirkung von Emotionen und Stimmungen auf vegetative Funktionen deutlich, etwa beim Erröten vor Scham, Schwitzen vor Angst, Herzklopfen bei Ärger oder Durchfall bei Erregung oder bei Prüfungsangst.
Das vegetative Nervensystem besteht aus dem
Sympathikus
(sympathisches Nervensystem
) und dem
Parasympathikus
(parasympathisches Nervensystem
),
die an vielen Organen über komplizierte Steuerungsmechanismen oft als Gegenspieler fungieren und darüber eine äußerst feine Regulation der Organtätigkeit ermöglichen. Sympathikus und Parasympathikus bilden aber auch als Gegenspieler eine funktionelle Einheit und arbeiten daher letztendlich zusammen. Vereinfacht können Sie sich die beiden wie auf einer Wippe vorstellen. Mal ist der eine oben und mal der andere. Richtig wippen macht aber nur Spaß, wenn jeder mal zum Zuge kommt und eine Art von »Zusammenarbeit« auf der Wippe entsteht.
Der Sympathikus bewirkt insgesamt eine Leistungssteigerung und Aktivierung des Organismus, dies wird Ergotropie, Sympathikotonus oder ergotrope Reaktion genannt. Bei Einwirkung von Stressreizen aktiviert der Sympathikus alle Notfallfunktionen des Organismus. Er erhöht die nach außen gerichtete Handlungsbereitschaft und versetzt den Körper in eine hohe Anspannung und Leistungsbereitschaft, indem er ihn auf Kampf oder Flucht oder andere außergewöhnliche Anstrengungen vorbereitet. Bei der Leistungssteigerung ist das Gleichgewicht oder Spannungsverhältnis zwischen Sympathikus und Parasympathikus zugunsten des Sympathikus verschoben.
Der Sympathikus steigert
Der Sympathikus hemmt/vermindert
Herztätigkeit (Puls) und Blutdruck
Darmtätigkeit
Atmung (Vertiefung und Beschleunigung)
Durchblutung der Haut
Stoffwechsel (Energieverbrauch)
Durchblutung der Verdauungsorgane
Spannung und Durchblutung der Skelettmuskulatur
Bereitstellung von Magensäure
Aufmerksamkeit und Reaktionsbereitschaft
Blasenentleerung (sorgt für Kontinenz)
Blutzuckerspiegel durch Mobilisierung von Blutzucker aus Glykogen (= Speicherform des Blutzuckers im Körper)
Speichelfluss
Aktivität der Schweißdrüsen
Aktivität der Geschlechtsorgane
Weite der Pupillen
Weite der Herzkranzgefäße
Tabelle 2.1: Wirkungen des Sympathikus
Der Parasympathikus wird auch als »Ruhenerv« bezeichnet, da er der Regeneration des Stoffwechsels und dem Aufbau körpereigener Reserven dient. Er sorgt für Ruhe, Erholung und Schonung und wirkt sanft aktivierend auf die Organe des Verdauungssystems und entlastend auf das Herz. Der Blutdruck sinkt, das Herz schlägt ruhiger, die Atmung wird ruhiger, die Anspannung der Muskulatur nimmt ab und die Haut wird wärmer. Das nennt man Trophotropie, Vagotonus oder trophotrope Reaktion. Bei der Trophotropie ist das Gleichgewicht oder Spannungsverhältnis zwischen Sympathikus und Parasympathikus zugunsten des Parasympathikus verschoben.
Der Parasympathikus steigert
Der Parasympathikus hemmt/vermindert
Darmtätigkeit
Herzfrequenz
Bereitstellung von Magensäure
Atmung (Verlangsamung, Abflachung)
Weite der Blutgefäße
Weite der Bronchien
Durchblutung der Haut
Durchblutung der Skelettmuskulatur
Durchblutung der Verdauungsorgane
Muskelspannung
Die Speicherung von Blutzucker als Glykogen
Pupillenweite
Weite der Herzkranzgefäße
Blutdruck
Tabelle 2.2: Wirkungen des Parasympathikus
Im weiten Schwankungsbereich des Gesunden überwiegt bei einzelnen Menschen häufig die eine oder andere Komponente. Der »Sympathikotoniker« befindet sich ständig auf einem leicht erhöhten Niveau der Reaktionsbereitschaft, während der »Vagotoniker« stärkere Reize benötigt, um die Notfallfunktionen des Sympathikus zu aktivieren. Die Eigenschaft, eher sympathikoton (schnell erregbar) oder vagoton (ruhig und entspannt) zu reagieren, ist konstitutionell bedingt. Sie ist nicht nur durch Autogenes Training beeinflussbar; auch Ausdauertraining fördert die Trophotropie. Dies macht sich zum Beispiel in niedrigen Pulswerten bei Sportlern bemerkbar.
Beim Autogenen Training wird über das Ansprechen der Muskulatur (Schwere) und der Blutgefäße (Wärme) der Parasympathikus aktiviert, sodass der Körper und später auch die Seele von Anspannung auf Entspannung umschalten.
Körper, Geist und Seele hängen eng miteinander zusammen, sodass die historisch entstandene künstliche Trennung als überholt gilt. Wie neurobiologische Untersuchungen gezeigt haben, werden nicht nur die bisherigen Erfahrungen mit zwischenmenschlichen Beziehungen (beginnend mit der Geburt), sondern auch die Muster der aktuellen Beziehungsgestaltung eines Menschen in Nervenzell-Netzwerken seines Gehirns gespeichert. Lebenserfahrungen und aktuelle zwischenmenschliche Beziehungen beeinflussen das An- und Abschalten von Genen, die wiederum die Produktion oder Aktivität von Nervenbotenstoffen und Hormonen steuern.
Gene und Umwelt wirken dabei zusammen. Der Organismus ist in der Lage, sich durch Regulation der Aktivität der Gene an veränderte Umweltbedingungen anzupassen. Zwischenmenschliche Erfahrungen und seelische Prozesse werden vom Gehirn in biologische Signale und chemische Stoffe umgewandelt bis hin zu einer Beeinflussung der Hirnstruktur