Ayurvedische Psychologie - Jean-Pierre Crittin - E-Book

Ayurvedische Psychologie E-Book

Jean-Pierre Crittin

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  • Herausgeber: Windpferd
  • Kategorie: Ratgeber
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2020
Beschreibung

Die Ayurvedische Psychologie gehört heute zu den modernsten therapeutischen Ansätzen, weil sie sehr schnell zu mehr Lebensfreude, Wohlbefinden und Gesundheit führt. Die meisten psychischen Probleme entstehen, wenn Menschen den Kontakt zu ihrem Inneren verlieren und nur noch in der äußeren Welt funktionieren. Sobald der Kontakt zum eigenen wahren Selbst wiederhergestellt werden kann, ist der Weg frei für ein erfülltes und glückliches Leben. Die Erfahrungen zeigen, dass Menschen, die unter Stress, Burnout und Depression leiden, sich ihrer inneren Anforderungen bewusst werden müssen und Hilfe beim Wiedererlangen psychischer Stabilität benötigen. Die Ayurvedische Psychologie unterstützt das Wahrnehmen und Umsetzen ureigenster Werte und Bedürfnisse. Dieser Weg zum Selbst ist die Basis für einen selbstbestimmten, unegoistischen Umgang mit sich und der Welt. Dieses Buch liefert eine allgemein verständliche Einführung, die wesentliche Grundkenntnisse des Ayurveda und insbesondere der ayurvedischen Psychologie systematisch vermittelt.

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Seitenzahl: 245

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Jean-Pierre Crittin

AyurvedischePsychologie

Wege zum Selbst unddas Energieprinzip im Ayurveda

Jean-Pierre Crittin machte nach langjähriger Tätigkeit als personenzentrierter Psychologe, psychologischer Unternehmensberater und Psychotherapeut eine Ausbildung in Ayurvedischer Psychotherapie und erhielt einen Lehrauftrag an der Europäischen Akademie für Ayurveda in Deutschland. Bisher veröffentlicht: Erfolgreich unterrichten und Selbstbestimmt lernen. Sie können Jean-Pierre Crittin über seine Webseite www.crittin.ch und/oder ihm direkt an seine Adresse [email protected] schreiben.

Weiter ist von Jean-Pierre Crittin bei Windpferd erschienen:Wachstum und Entwicklung – Ayurvedische Psychologie in der Praxis

4. Auflage 2018

© 2010 Windpferd Verlagsgesellschaft mbH, Oberstdorf

Alle Rechte vorbehalten

Umschlaggestaltung: Kuhn Grafik Communication Design, Amden (CH)

unter Verwendung der Illustrationen von iStockphoto

Layout und Grafik: Marx Grafik & ArtWork

Gesetzt aus der Adobe Garamond

Lektorat: Melanie Binek

ISBN 978-3-89385-636-7

eISBN 978-3-86410-299-8

www.windpferd.de

Inhalt

Dank

Vorwort

1.Ayurveda und Lebensqualität

Gesundheit und Lebensfreude sind auch bei hohem Lebensstandard nicht selbstverständlich

Wodurch zeichnet sich die wahre Lebensqualität aus?

2.Was ist Ayurveda?

Individuelle Urschwingung und beeinflusstes Schwingungsmuster (Prakriti, Vikriti, Doshas)

Der grobstoffliche und der feinstoffliche Mensch (Koshas)

Feinstoffliche Prinzipien oder Qualitäten (Gunas)

Die Wirkung von Bioenergien (Doshas) und Qualitäten (Gunas)

3.Grundlagen der ayurvedischen Psychologie

Was ist ayurvedische Psychologie?

Was meinen wir, wenn wir von Energie sprechen?

Die Struktur der Psyche aus ayurvedischer Sicht

Das ayurvedisch-psychologische Modell der psychischen Struktur

Die einzelnen Schichten der Psyche

Innerer Geist

Die Seele (Jivatman)

Innerste Geistebene (Chitta)

Mittlerer Geist

Die kosmische Intelligenz (Buddhi)

Äußerer Geist

Das Ego (Ahamkara)

Der Intellekt (Manas)

Sinnes- und Handlungsorgane (Indriyas und Karmendriyas)

Der Zusammenhang der Schichten der Psyche mit den Doshas und den Elementen

Die ayurvedische Psychodynamik

Die Dynamik zwischen den Schichten im Überblick

Die innere Dynamik des Intellekts (Manas)

Die innere Dynamik des Ego (Ahamkara)

Die Dynamik zwischen Ego (Ahamkara) und der Alltagsintelligenz (Manas)

Die innere Dynamik der kosmischen Intelligenz (Buddhi) und die Dynamik zwischen Buddhi und den übrigen Instanzen

Die Dynamik der innersten Geistebene (Chitta)

Die Dynamik der Seele (Jivatman)

Zusammenfassung und Schlussbemerkung zur Psychodynamik (Das psychodynamische Modell)

4.Die Energietheorie

Die drei Energieformen im Ayurveda

Ojas

Die vitale Essenz (Paramojas)

Die aktualisierte Energie (Aparamojas)

Tejas

Prana

Störungen des Energiehaushaltes

Zusammenfassung

5.Psychologische Phänomene aus ayurvedischer Sicht

Die Selbstbewertung

Krisen

Posttraumatische Belastungsstörung

Burnout

Was ist ein Burnout?

Wie entsteht ein Burnout?

Risikofaktoren, die in der Persönlichkeit liegen

Wie geht die ayurvedische Psychologie mit Burnout um?

6.Ayurvedische Psychologie – ein zeitgemäßer psychologischer Ansatz

Systemkategorien und Lösungsansätze

Lineare Systeme

Komplexe Systeme

Dynamisch-komplexe Systeme

Dynamisch-hochkomplexe Systeme

Vertrauen reduziert Komplexität!

7.Ayurvedisch-psychologische Lebensberatung und Therapie

Die spirituellen Aspekte in der ayurvedischen Psychologie

Die Methoden der ayurvedischen Psychologie

Ayurvedische Konstitutionsbestimmung: Prakriti und Vikriti

Selbstexploration im Gespräch

Meditation

Körperdialog

Mantras

Lernimpulse

8.Übungsprogramm für mehr Lebensfreude, Wohlbefinden und Gesundheit

Selbstfindung

Das Programm zum Finden des wahren Selbst

Überdenken Sie Ihre Situation

Bestimmen Sie Ihre Doshakonstellation

Refklektieren Sie über sich selbst

Meditieren Sie

Hören oder singen Sie Mantras

Der Dialog mit dem eigenen Körper

Wahrnehmungsschulung

Persönlichkeitsentwicklung

Affirmationen (Samkalpas)

Entwicklung der transformativen Fähigkeiten

Zusätzliche Aspekte, die zu mehr Lebensfreude, Wohlbefinden und Gesundheit führen

Schlussbemerkung

Endnoten

Literatur

Glossar

Stichwortverzeichnis

Dank

Allen Menschen gegenüber, die mich in meiner Entwicklung begleitet und unterstützt haben, empfinde ich in diesem Augenblick eine tiefe Dankbarkeit. Sie alle haben dazu beigetragen, dass ich so vielseitige und reiche Erfahrungen machen konnte. In den letzten Jahren sind die faszinierenden Erkenntnisse der vedischen Philosophie, des Ayurveda und der ayurvedischen Psychologie hinzugekommen, die mir persönlich nochmals entscheidende Lebens- und Berufsschritte ermöglichten.

Mein Dank geht an die vielen Lehrerinnen und Lehrer aus den verschiedensten Fachbereichen auf meinem verschlungenen Lebensweg, an meine Freundinnen und Freunde, Kolleginnen und Kollegen aus den vielen Ausbildungen, mit denen ich unzählige fruchtbare und bereichernde Gespräche führen durfte. Dann danke ich vor allem meinen Klientinnen und Klienten sowie meinen betrieblichen Kunden, für ihr Vertrauen, für die Herausforderungen, an denen ich in der Praxis zeigen und für mich erleben und beweisen konnte, wie wertvoll das, was ich gelernt habe, sein kann.

Mein ganz besonderer Dank geht an meine Frau, Silvia Anklin Crittin, die mir den Impuls zu diesem Buch gegeben und mich durch ihr begeistertes, motivierendes Mitgehen während der ganzen Zeit des Schreibens unglaublich unterstützt hat. Ich bin dankbar für die fachliche Auseinandersetzung mit ihr, für ihre kritischen Fragen und ihre wertvollen Impulse.

Zuletzt danke ich Frau Jünemann vom Windpferd Verlag. Sie reagierte ganz spontan, positiv und interessiert auf meine allererste Kontaktaufnahme und ermöglichte es, dass dieses Buch veröffentlicht werden konnte. Sie zeigte mir gegenüber während der ganzen Entstehungszeit ein großes Vertrauen und unterstützte mich in den mir so fremden Marketing-Angelegenheiten.

Rapperswil-Jona, Mai 2010

Jean-Pierre Crittin

Vorwort

Guten Tag, liebe Leserin, lieber Leser.

Dadurch, dass Sie dieses Buch in Ihren Händen halten und nun anfangen, darin zu lesen, treten Sie mit mir und ich mit Ihnen in Kontakt. Streng genommen, ayurvedisch-psychologisch gesehen, standen wir allerdings schon vorher miteinander in Verbindung, da wir beide in diesem Kosmos leben, in welchem alles mit allem verbunden ist. Nur ist es jetzt so, dass die dargestellten Inhalte etwas bei Ihnen auslösen werden, und zwar auf feinstofflicher Ebene. Anders gesagt: Ihre Grundschwingung, von der Sie später Genaueres erfahren, wird durch das Gelesene beeinflusst. Auf der bewussten Erlebnisebene empfinden Sie dann vielleicht Freude, Bestätigung, Neugier oder Ärger oder aber Sie werden nachdenklich. Diese Erlebnisse sind allesamt wahrnehmbare Auswirkungen von Schwingungsänderungen, welche sich mental oder emotional, aber auch körperlich bemerkbar zu machen vermögen. Wie solche Einflüsse von außen und Impulse von innen tatsächlich zusammenhängen, davon handelt dieses Grundlagenbuch der ayurvedischen Psychologie.

Die ayurvedische Psychologie ist eine neue Fachrichtung, die in dieser Form erst vor wenigen Jahren entstanden ist und daher als noch nicht in sich abgeschlossenes System betrachtet werden muss. Mit diesem Buch geht daher auch der Wunsch einher, dazu beitragen zu können, eine in sich konsistente, ayurvedische Psychologie entstehen zu lassen.

In den vergangenen Jahren durfte ich auf eine eindrückliche und oft unglaubliche Art und Weise erleben, wie viele Menschen durch die ayurvedische Psychologie ihr Befinden rasch und wirksam verbessern konnten. Zudem habe ich auch als Ausbilder und psychologischer Berater von Unternehmen zu neuen Sichtweisen und konstruktiven Entwicklungen beitragen können. Dabei verstehe ich mich selbst immer als Katalysator, der zwar zu einer Wirkung beiträgt, sich selbst jedoch nicht verbraucht; die wirkliche Arbeit vollziehen meine Klientinnen und Klienten, die zumeist mit viel Begeisterung und Disziplin ihren persönlichen Weg zum Selbst gehen und ihre eigene und/oder systemische Entwicklung vorantreiben.

In der ayurvedischen Psychologie besitzt Spiritualität einen hohen Stellenwert. In der heutigen, fast ausschließlich naturwissenschaftsgläubigen Zeit ist jedoch leider bei vielen das Bewusstsein dafür in den Hintergrund getreten, zum Teil sogar ganz verloren gegangen. Dass Spiritualität aber mit streng logischem Denken in direkter Verbindung steht, zeigen insbesondere im vierten und sechsten Kapitel die Erkenntnisse aus der Quantenphysik und Systemtheorie. Auf diese Weise wird deutlich, dass Spiritualität nicht nur einen respektablen Platz in unserer immer komplexer werdenden Welt einnehmen kann, sondern meiner Ansicht nach auch muss!

Es ist mir außerdem ein großes Anliegen zu präzisieren, wie der Begriff „Spiritualität“ in diesem Buch verwendet wird, nämlich als den Glauben an und die Akzeptanz von etwas, das über unserer Auffassung steht und eine hohe Wirksamkeit hat. Obschon wir uns bei der ayurvedischen Psychologie auf die vielschichtige, vedische Philosophie stützen, aus der sich die spannende, äußerst scharfsinnige und reichhaltige hinduistische Religion entwickelt hat, sehen wir hier die Spiritualität frei von einem bestimmten Gott, welcher Religion auch immer. Eine solche religionsfreie Spiritualität schließt jedoch nicht aus, dass selbstverständlich jedermann frei ist, eine religiöse Einstellung zu haben. Sie ermöglicht uns aber eine phänomenologische Betrachtungsweise, die eine Erscheinung oder eine Wirkung auch dann als Realität, als Problemlösung und als Geschenk ansehen kann, wenn es dafür keine offensichtliche, rationale Erklärung gibt.

Ein weiterer wichtiger Aspekt der ayurvedischen Psychologie stützt sich auf die quantenphysikalisch begründbare Gleichheit von Energie und Masse. Dynamische, psychologische Zusammenhänge tatsächlich zu begreifen, ohne sich über Energie, Energiegewinnung und Energiehaushalt Gedanken gemacht zu haben, erscheint unmöglich, sodass diesem Thema ein eigenes Kapitel aus ayurvedischer Sicht gewidmet ist; allerdings unter der physikalischen Prämisse, „dass Energie das Vermögen eines Körpers ist, Arbeit zu verrichten“. Diese Betrachtungsweise soll dazu dienen, nicht mit verschwommenen Vorstellungen, sondern mit konkreten, in der naturwissenschaftlichen Fachwelt unumstrittenen Erkenntnissen zu arbeiten.

Ayurveda und damit auch die ayurvedische Psychologie kommen nicht ohne Begriffe aus dem Sanskrit aus, die der Sprache der Veden und altindischen Kultur entstammen. In diesem Buch verwenden wir die wichtigsten Sanskritbegriffe zusammen mit ihrer deutschen Bedeutung. Zur besseren Verständlichkeit und zum Nachschlagen befindet sich am Ende des Buches ein Glossar mit allen, im Text vorkommenden Sanskritausdrücken und ihrer Erklärung oder Übersetzung ins Deutsche.

Damit diese zunächst vielleicht etwas ungewohnten Begrifflichkeiten und ihre theoretischen Zusammenhänge leichter verständlich und besser aufgenommen werden können, habe ich in allen Kapiteln versucht, sie durch anschauliche Beispiele zu illustrieren, obwohl ich mich allgemein sehr darum bemüht habe, die komplexe, theoretische Materie möglichst einfach und für Laien verständlich darzustellen. Dabei werden Sie im Buch gewisse Wiederholungen entdecken, die jedoch ganz bewusst eingesetzt sind, weil ein bestimmtes Thema immer in verschiedenen Kontexten und auch aus verschiedenen Sichtweisen betrachtet werden kann.

Wenn wir uns im siebten Kapitel mit den einzelnen Methoden und Vorgehensweisen der ayurvedisch-psychologischen Beratung und Therapie auseinander setzen, werden wir uns insbesondere den neuen methodischen Ansätze zuwenden: dem Körperdialog, dem Lernimpuls und in gewissem Maße auch der Selbstexploration. Die hinlänglich bekannten und in vielen Büchern bereits ausführlich beschriebenen Methoden, wie beispielsweise die Meditation oder das Anhören und Rezitieren von Mantras, sind hier nur kurz und überblicksartig dargestellt.

Letztlich geht es im Ayurveda um Wohlbefinden, Gesundheit und Lebensfreude. Dazu leistet die ayurvedische Psychologie einen äußerst wichtigen Beitrag, da sie uns in Kontakt mit unserem eigenen wahren Selbst kommen lässt, das einen wesentlichen Schlüssel zu wahrer Lebensqualität darstellt. Und diesen Schlüssel möchte ich gerne auch an Sie, liebe Leserin, lieber Leser, weitergeben: Im letzten Kapitel erhalten Sie eine praktische Anleitung, wie Sie persönlich, aus ayurvedisch-psychologischer Sicht, den Weg zu Ihrem eigenen wahren Selbst und damit in ein erfülltes Leben gehen können.

Ganz allgemein kann gesagt werden, dass jemand in der Begegnung mit anderen Menschen vor allem dann überzeugend und wirkungsvoll ist, wenn er aus seinem wahren Selbst heraus wirkt. Besonders bedeutungsvoll erscheint mir dies für Menschen, die therapeutisch oder beratend tätig sind. Nur wer mit sich im Reinen, ausgeglichen und energievoll ist, kann anderen grundsätzlich in Echtheit und Liebe begegnen, was letztlich von ausschlaggebender Bedeutung für eine konstruktive Entwicklung ist.

Nun wünsche ich Ihnen, liebe Leserin, lieber Leser, eine unterhaltsame, lehrreiche Lektüre. Wenn ich mit diesem Buch viele Menschen von der ayurvedischen Psychologie überzeugen und Sie für diese neue psychologische Fachrichtung begeistern kann, freut mich das ganz besonders.

Ich freue mich auch über den Kontakt mit Ihnen, der gerne über dieses Buch hinausgehen kann, wenn Sie mir eine E-Mail schreiben: [email protected]

Ihr Jean-Pierre Crittin

Alles, was kommt, geht auch wieder.

Manchmal freue ich mich über das, was kommt,

und ich bin traurig, wenn es wieder geht.

Manchmal bin ich unglücklich, wenn etwas kommt,

und ich freue mich, wenn es wieder geht.

Aber alles, was kommt, geht auch wieder.

1.Ayurveda und Lebensqualität

Ayurveda ist ein Wort aus der altindischen Sprache, dem Sanskrit. Es setzt sich aus den zwei Silben „ayus“ (Leben) und „veda“ (Wissen) zusammen. Ayurveda bedeutet also das Wissen oder die Wissenschaft vom Leben. Etwas freier übersetzt, beschäftigt sich Ayurveda in umfassender und ganzheitlicher Weise mit dem Thema, wie der Mensch ein möglichst langes, gesundes und freudvolles Leben führen kann. Was heißt umfassend und ganzheitlich? Der Ayurveda befasst sich in einer ganzheitlichen Sichtweise mit den physischen, mentalen, emotionalen und spirituellen Aspekten des Lebens.

Bevor wir uns näher mit dem Ayurveda und insbesondere mit der ayurvedischen Psychologie befassen, beantworten wir die Frage, weshalb Ayurveda gerade heute und bei uns eine so wichtige Aufgabe erfüllen kann.

Gesundheit und Lebensfreude sind auch bei hohem Lebensstandard nicht selbstverständlich

Die Tatsache, dass heute so viele Menschen in unserer Gesellschaft unglücklich und unzufrieden sind, unter Stress, Burnout und Depressionen leiden, ist erschütternd und auf den ersten Blick rätselhaft. Noch nie haben sich so viele Menschen mit unterschiedlichstem Luxus umgeben können – es mangelt an nichts und trotzdem begegnen wir auf Schritt und Tritt einer erschütternden Freudlosigkeit, die mit den herkömmlichen Erklärungsmodellen nur unbefriedigend begreifbar gemacht werden kann. Umgekehrt können wir aber auch beobachten, dass Menschen in Ländern, die sich keinen Luxus im westlichen Sinn leisten können, die auf dem Existenzminimum leben, auf jeden Fall nicht unglücklicher sind als wir.

Dies verdeutlicht, dass technischer Fortschritt, materieller Besitz und Bequemlichkeit zwar kurzfristig Freude und Bedürfnisbefriedigung bringen, bei genauerer Betrachtung jedoch lediglich Lebensfreude vorgaukeln.

Glücklich-Sein muss also andere Wurzeln haben, Wurzeln, die wir in unserer Gesellschaft noch nicht entdeckt zu haben scheinen.

Die ayurvedische Psychologie, die im dritten Kapitel genau beschrieben wird, setzt sich mit diesen Phänomenen einleuchtend auseinander und zeigt detailliert auf, was zu wirklichem Glück, zu Lebensfreude und Gesundheit führt: Unglücklichkeit und Leiden entsteht durch die egohafte Identifikation mit äußeren Reizen und durch die Täuschung, dass Besitz und Lustgewinn auf die Dauer glücklich und zufrieden machen. Vereinfacht gesagt, baut die Täuschung (Sanskrit: Maya) auf der erlernten Annahme auf, dass Besitz und Wohlstand Sicherheit bringen und wir uns darüber unser Glück erkaufen könnten. In der Konsequenz ist es für uns nötig, dass wir uns für Besitz und Wohlstand einsetzen und Energie investieren müssen, denn Sicherheit ist eines der grundlegenden Bedürfnisse des Menschen und glücklich sein möchte auch jede und jeder. Selbstverständlich muss der erreichte Besitz längerfristig erhalten, abgesichert und möglichst vermehrt werden. Was mir gehört, muss auch bei mir bleiben; wir nennen dies in der ayurvedischen Psychologie „Anhaftung“. Das Anhaften erfordert zusätzliche Aufmerksamkeit und Kraft. Zudem stellt die Anhaftung auch wieder eine Täuschung dar, denn nichts ist für ewig: Alles, was kommt, geht auch wieder.

Beispiele:

· Geld kommt und geht.

 

· Die Liebe kommt und geht.

 

· Glück kommt und geht.

 

· Menschen kommen und gehen.

Lebensqualität wird bei uns verbreitet mit Bequemlichkeit, Besitz und Anhaftung verknüpft. Aus diesem Grund ist es auch so einfach, uns zu verführen. Es braucht nur die Drohung, den Arbeitsplatz, die erreichte Stellung oder das Ansehen zu verlieren, und schon sind wir bereit, Unmenschliches zu leisten, von außen oder von uns selbst gestellte, krankhafte Forderungen zu erfüllen, uns selbst und unsere Liebsten zu vernachlässigen. Allein schon der Gedanke, das angesparte Geld könnte an Wert verlieren, verführt uns dazu, risikohafte Investitionen zu tätigen, in der Illusion, in kürzester Zeit möglichst hohe Gewinne erzielen zu können. Die Angst, Schönheit und äußere Attraktivität einzubüßen, verführt uns dazu, mit geradezu grotesken Handlungen wie Schönheitsoperationen und exzessivem Body-Forming diesem Verlust vorzubeugen.

Nur ist der Mensch dummerweise nicht dumm: Hinter all dem Anhaftungsverlangen steht nämlich die wahre Intelligenz (Buddhi), das grundsätzliche Wissen, dass nichts für ewig ist. Bei der Anhaftung arbeitet der Mensch also gegen seine innere Weisheit. Er tut etwas, von dem er genau weiß, dass es wider das Naturgesetz ist. Alles Denken und alle äußeren Handlungen, die gegen dieses innere Wissen arbeiten, versetzen jedoch den Menschen in eine letztlich unglücklich- und krankmachende Spannung.

Beispiel:

Jeder Raucher weiß aus seiner tief liegenden, natürlichen Intelligenz heraus, dass Rauchen seiner Gesundheit schadet, auch ohne dass dies auf der Zigarettenpackung stehen müsste. Trotzdem erliegt er der Anhaftung, dass das Rauchen von Zigaretten für Entspannung sorgt und glücklich macht.

Der Widerspruch zwischen der wahren Intelligenz und dem Anhaftungsbemühen führt – wenn auch vielleicht nur teilbewusst – ganz sicher zu inneren Spannungen.

Das Drama des heutigen Menschen besteht vor allem darin, dass seine Sinne von außen angezogen und überreizt werden und dass er es nicht gelernt hat, auf die innere Intelligenz zu hören. Unsere Sinne (Indriyas) werden vom aufdringlichen Gewirr von Reizen automatisch angezogen. Damit sind nicht nur die schrillen visuellen Reize oder die Lautheit des hektischen Alltags gemeint, sondern auch die Forderungen von allen Seiten, die alltäglichen, stündlichen oder gar minütlichen Störungen der Konzentration. Die Dinge, die unbedingt und sofort erledigt werden müssen, führen dazu, dass man sich oftmals kaum mehr mit dem Kerngeschäft oder dem Wesentlichen beschäftigen kann. Dringendes, das Zeit- und Konsequenzen-Druck ausübt, dominiert das Wichtige, das vorerst noch warten kann, weil nicht unmittelbare Folgen zu befürchten sind.

Vor lauter Dringendem geht das Wichtige verloren!

All dies führt einerseits zu einer andauernden Fremdbestimmung, derer wir uns oft gar nicht bewusst sind, und andererseits dazu, dass wir häufig in die Lage kommen, mehrere Dinge gleichzeitig und unter Druck erledigen zu müssen. Ayurvedisch gesehen bedeutet dies, dass wir unser Bewusstsein, welches wir jeweils immer nur auf eine Sache richten können, in rasender Geschwindigkeit hin und her, vom einen zum anderen Thema oszillieren lassen müssen. So denken wir oftmals Gedanken nicht zu Ende, werden vergesslich, oberflächlich, sprunghaft, assoziativ, produzieren Fehler und Doppelspurigkeiten. Viel Energie muss für den Umgang mit all diesen Reizen aufgewendet werden und da wundert es nicht, dass heute bei uns so viele Menschen leben, die ein Energieproblem haben. Das Funktionieren in der hektischen und anspruchsvollen äußeren Welt lässt das eigentliche Selbst in Vergessenheit geraten; es kommt zu kurz. Der Mensch lebt „außer sich“ und damit ungesund.

Meldet sich jedoch die innere Stimme ab und zu so lautstark, dass sie nicht mehr überhört werden kann, wird sie oft nicht ernst genommen. Auf diese Weise gerät der Mensch aus dem Gleichgewicht, sodass sich bei ihm mit der Zeit Symptome melden, welche sich in der logischen Konsequenz zu Krankheiten ausweiten können.

Beispiel:

Ein Ingenieur hat ursprünglich seinen Beruf gelernt, weil er sich gerne mit technischen Problemen befasst. Nach einigen Jahren hat er Karriere gemacht, ist in eine Führungsposition aufgestiegen und muss sich – gegen seine innere Neigung – mit Mitarbeitenden herumschlagen und unternehmerische Strategien entwickeln. Seine technischen Interessen kommen immer mehr zu kurz, aber er hat einen gewissen Status im Unternehmen erreicht und verdient mehr als früher.

 

Auf seine innere Stimme zu hören würde bedeuten, wieder in seine ursprüngliche Position zurückzukehren, doch dies hätte einen erheblichen Statusverlust und eine Einkommenseinbuße zur Folge.

 

Hört er nicht auf seine innere Stimme, ist die Gefahr sehr groß, dass er zunächst einmal unzufrieden, unausgeglichen und für seine Mitarbeitenden zur Belastung wird. Später werden sich Symptome, wie beispielsweise Verdauungsbeschwerden oder Schlafstörungen, einstellen. Wenn er nichts Grundsätzliches unternimmt und sich die Situation dramatisch entwickelt (was nicht selten vorkommt), können daraus ein Burnout und letztlich eine Depression oder eine körperliche Krankheit resultieren.

Ein weiterer „Lebensqualitätsräuber“ ist die abgrenzende Freund-Feind-Mentalität in der Konkurrenzgesellschaft, in der nur der Stärkere überlebt. Die meisten von uns haben gelernt, in erster Linie für sich zu schauen, und das geht meist auf Kosten von anderen. Weil jedoch viele so denken, gerät jeder in Situationen, in denen sich ein anderer auf seine Kosten einen Vorteil verschafft. Dieses ständige Gegeneinander widerspricht der tiefen Einsicht unserer natürlichen Intelligenz, dass in diesem Kosmos − und damit auch auf der Erde − alles mit allem verbunden ist; dass man ein Teil des Ganzen und das Ganze ein Teil von einem selbst ist. Wieder leben wir beim Konkurrenzdenken an unserem grundsätzlichen Wissen und an unserer Sehnsucht nach Harmonie vorbei. Dass in unserer Welt alles mit allem zusammenhängt, wird uns teilweise dann bewusst, wenn irgendwo auf dem Globus, möglicherweise weit weg, etwas geschieht und sich dies mehr oder weniger schnell und stark auf uns auswirkt. Weil wir die Folgen jedoch vorwiegend bei negativen Ereignissen bewusst zu spüren bekommen, erleben wir die Abhängigkeit einseitig und negativ. Aus diesem Grund wehren wir uns auch gegen das Abhängig-Sein, anstatt es uns zunutze zu machen und interdependent (gegenseitig abhängig) zu denken.

Ich bin ein Teil vom Ganzen – das Ganze ist ein Teil von mir!

Menschen in technisch und wirtschaftlich weniger entwickelten Ländern, die vielleicht sogar unter Mangel leiden und in etwas abgeschiedenen und ländlichen Gegenden wohnen, werden bisher noch nicht so stark durch Außenreize absorbiert. Sie werden nicht von der Frage gequält, bei welcher Bank sie ihr Geld am besten anlegen, damit es sicher verwahrt ist und möglichst viele Zinsen abwirft. Sie richten ihr Bewusstsein mehr nach innen und stellen auf eine natürlichere Weise fest, was sie benötigen. Diese Menschen brauchen heute Nahrung und Wasser zum Überleben, sie brauchen Kleider, ein Dach über dem Kopf und vor allem andere Menschen, mit denen sie sich unterhalten und austauschen können, für die sie da sein können und die für sie selbst da sind. Wenn das alles erfüllt ist und sie sich gesund fühlen, entsteht Zufriedenheit. Sie sind mit dem Hier und Jetzt, mit dem Unmittelbaren beschäftigt, während Überflussmenschen einen Großteil ihrer Lebenszeit darauf verwenden, ihren Geist in eine andere Zeit oder an einen anderen Ort zu schicken. Sie vergessen, im Hier und Jetzt zu leben, weil sie mental in der Raumzeit herumschwirren, indem sie beispielsweise der Vergangenheit nachtrauern oder sich Sorgen über die Zukunft machen.

Wodurch zeichnet sich die wahre Lebensqualität aus?

Wenn wir uns mit der Frage beschäftigen, was Qualität ist, können wir uns auf die folgende, allgemein verwendete Definition stützen: Qualität ist Erfüllung von Anforderungen.

Sind – ganz allgemein und einfach gesehen – Anforderungen erfüllt, resultieren daraus Entspannung und Zufriedenheit. Sind Anforderungen nicht erfüllt, sind Anspannung, Enttäuschung und Demotivation die Folge.

Die wirklichen Anforderungen an das Leben oder an eine Situation ergeben sich beim Menschen aus dem Zusammenspiel von Werten, Bedürfnissen, Erwartungen und Ängsten.

Beispiel:

Beruflich kompetent zu sein, stellt für die meisten Menschen einen hohen persönlichen Wert dar. Davon abgeleitet, hat eine Person vielleicht das Bedürfnis, überzeugend zu wirken. Daraus ergibt sich unter Umständen die Erwartung an sich selbst, auf alle Fragen eine Antwort geben zu können. Dies vermischt sich im alltäglichen Erleben – wenn auch nur unbewusst – mit der Angst, auf gewisse Fragen keine Antwort zu wissen und dadurch nicht zu überzeugen, was bei der betreffenden Person zu einer gewissen Angespanntheit führt.

 

Die selbstgestellten Anforderungen sind für diese Person dann erfüllt, wenn sie tatsächlich nach einem Vortrag auf alle Fragen eine Antwort geben kann. Daraus resultiert das subjektive Gefühl, eine gute Qualität geliefert zu haben, was sich in Zufriedenheit manifestiert.

 

Das Spannende an diesem Beispiel ist, dass das subjektive Gefühl beim Vortragenden nicht unbedingt mit der Zufriedenheit der Zuhörenden übereinstimmen muss, die möglicherweise ganz andere Anforderungen (Erwartungen) haben, nämlich zum Beispiel einem menschlichen, zugänglichen Referenten zu begegnen.

Wenn wir also definieren wollen, was für uns wahre Lebensqualität ausmacht, dann müssen wir uns eigentlich die Frage nach unseren persönlichen Anforderungen an das Leben stellen:

• Was ist mir wichtig?

• Wieviel davon ist mir wichtig?

• Was muss in meinem Leben erfüllt sein, damit ich zufrieden bin?

So einfach sich diese Fragen lesen, so schwierig ist es, sie zu beantworten. Die grundsätzliche Problematik besteht darin, dass man sich in der Regel keine konkreten Vorstellungen über die eigenen Anforderungen an das Leben, an einen bestimmten Lebensbereich oder eine Situation macht. Vielmehr schwimmen diese Vorstellungen als vage und stark von außen eingeimpfte, oft übersteigerte Erwartungen in unserem Unbewussten umher, beeinflussen aber verdeckt unser Verhalten und unsere Einschätzung von Situationen. Die lauten äußeren Trugbilder suggerieren uns aufdringlich Wunschvorstellungen von der glücklich machenden, angepassten Lebensweise in Wohlstand, Schönheit und Reichtum, sodass es uns gar nicht mehr in den Sinn kommt, auf die feinen inneren Botschaften zu hören, die uns genau sagen würden, was uns wirklich wichtig wäre und gut täte. Hinzu kommen tatsächliche oder vermeintliche Erwartungen von anderen Bezugspersonen und daraus abgeleitete eigene Idealkonzepte von sich selbst. Diese stellen einen – oft unerreichbaren – Qualitätsmaßstab dar, der uns daran hindert, den wahren inneren Antworten auf die Spur zu kommen. Viele Menschen gewichten äußere Anforderungen auch wesentlich höher als die eigene „innere Stimme“, die sie tendenziell als unwichtig oder sogar als albern abtun.

Beispiele von unerreichbaren Qualitätsmaßstäben:

· Ich darf keine Fehler machen

· Alle Menschen müssen mich gern haben

· Ich muss es immer allen recht machen

Klar sagt jedermann, niemand sei fehlerfrei, niemand könne von allen gern gehabt werden oder könne es jedem recht machen. „Niemand“ sind jedoch die anderen; an sich selbst stellen viele genau diese Anforderungen.

Da die individuellen Erwartungen an das eigene Leben nur ungreifbar und leise vorhanden sind, weil täuschende und laute äußere Reize überwiegen, empfinden viele Menschen eine unerklärlich latente Unzufriedenheit und daraus resultierend körperliche Verspannungen und Müdigkeit. Viele klagen über Unternehmungsunlust, andauernde Mattigkeit und unerklärliche Schmerzen an verschiedensten wechselnden Orten im Körper, und sie können sich nicht erklären, woher diese Symptome kommen.

Die Erklärung ist einfach: Die äußeren Anforderungen sind zwar im besten Fall erfüllt, die eigenen Erwartungen an das Leben aber bleiben zurück. Wenn Qualität als Erfüllung von Anforderungen definiert wird, müssen wir hier feststellen, dass die Lebensqualität im besten Fall nur halbwegs erfüllt ist, weil die Eigenerwartungen der leisen inneren Stimme, der natürlichen Intelligenz des Menschen, vernachlässigt und wenn, dann erst in zweiter Linie erfüllt werden.

Nur wer sich bemüht, sich mit den grundsätzlichen Fragen auseinander zu setzen, wer durch vertiefte Einsicht dem wahren Selbst nahe kommt, wer eigene blockierende Prägungen lösen und von außen bestimmte Maßstäbe hinterfragen und Anhaftungen loslassen kann, wird erspüren, worum es für ihn bei der echten Lebensqualität geht.

Das Bewusstwerden der ureigensten Werte und Bedürfnisse setzt die Energie frei, die beim reinen Erfüllen der äußeren Anforderungen teilweise blockiert war. Es geht jedoch dabei keinesfalls darum, ungeachtet der äußeren Realität, in Zukunft nur noch nach den eigenen innersten Bedürfnissen und Werten zu leben. Vielmehr müssen wir lernen, auf uns selbst zu hören, uns der eigenen Werte und Bedürfnisse bewusst zu sein, damit in der Konfrontation mit den Anforderungen der Außenwelt das eigene „Ich“ nicht untergeht, sondern ein „Wörtchen mitreden kann“. Es geht also um eine ausgeglichene Balance zwischen Anpassung und Selbstverwirklichung und nicht um Egoismus.

Wie wir später noch sehen werden, bringt der Weg zum Selbst Kraft, grundlegendes Selbstwertgefühl, Sicherheit, engagierte Gelassenheit und innere Ruhe.

Wahre Lebensqualität, welche die Gesundheit nicht gefährdet, sondern wiederbringt oder erhält, besteht folglich darin, äußere Anforderungen mit eigenen, inneren Werten und Bedürfnissen in Einklang zu bringen. Dies kann erreicht werden, wenn jemand gelernt und sich daran gewöhnt hat, seine Aufmerksamkeit und seine Sinne nach dem eigenen Willen zu gebrauchen, also dahin zu lenken, wo es für die eigene Person gerade wichtig und gesund ist. Dabei sind die innere Wichtigkeit und das eigene grundsätzliche Wissen genauso entscheidend wie die äußere Wichtigkeit oder Dringlichkeit.

Das selbstbestimmte Lenken der Sinne nennen wir auch Selbststeuerung: Ich werde zum „Täter“ bzw. zur „Täterin“, die in unegoistischer Weise selbst bestimmt, wie er oder sie mit der äußeren Wirklichkeit umgeht. So einleuchtend, schön und einfach dies klingt, so schwierig ist es zu erklären, weshalb der Mensch diese einfachen Regeln nicht befolgt.

In den nächsten Kapiteln geht es deswegen genau um die ayurvedisch-psychologischen Hintergründe, die den Menschen dazu veranlassen, sich so zu verhalten, wie er sich verhält, und nicht so, wie es für ihn gut wäre und darum, was er tun könnte, um sich aus der Fremdsteuerung zu befreien.

Die wirksamste Medizin ist die natürliche Heilkraft,

die im Inneren eines jeden von uns liegt.

(Hippokrates)

2.Was ist Ayurveda?

Zu der Frage, was Ayurveda ist, können dicke Bücher geschrieben werden und es sind auch schon viele darüber veröffentlicht worden. Es kann hier nicht die Aufgabe sein, Ayurveda umfassend zu erklären, sondern nur als Basis für das Verständnis der ayurvedischen Psychologie.

Häufig werden mit dem Wort „Ayurveda“ Ölmassagen und Wellness verbunden. Dass dahinter jedoch viel mehr steckt, nämlich die älteste beschriebene Weisheit über Gesundheit und langes Leben, wissen die wenigsten. Die Wellnessbewegung hat die Massagen als winziges, jedoch wichtiges und wirksames, vor allem aber angenehmes Element aus dem Ayurveda herausgelöst.

Die altindische Weisheit über Gesundheit, Wohlbefinden und langes Leben ist in den verschiedensten, über 3.000 Jahre alten philosophischen und medizinischen Werken zu finden. Wir sprechen hier grundsätzlich von den Veden, den ältesten heiligen Schriften, welche das Fundament des Hinduismus bilden. Diese wurden aufgrund von Offenbarungen und Einsichten von sehr weisen, die Natur und den Menschen ganz genau beobachtenden, spirituellen Sehern (Rishis) verfasst. Es handelt sich dabei um eine differenzierte Sichtweise, die einerseits den Menschen als ganzheitlich funktionierendes Wesen betrachtet und andererseits als Individuum, das immer auch als Teil des Universums mitverantwortlich für die Erhaltung des Lebensraums ist.

Aus den Überlegungen und Erkenntnissen der Rishis lassen sich auch für die heutige Zeit aktuellste und modernste Weisheiten ableiten, denn die geistig-spirituellen Einsichten haben bis in die Gegenwart hinein Einfluss und Gültigkeit behalten, wenn auch darauf basierend immer wieder neuere Erkenntnisse hinzukommen.

Ayurveda ist der Name für die uralte indische Naturheiltradition, die nun auch in der westlichen Welt immer mehr Anerkennung und Anwendung findet, da im Umgang mit Menschen und deren Krankheiten ausschließlich mit natürlichen Mitteln und der Spiritualität gearbeitet wird und weil verschiedene, sich ergänzende Disziplinen in ganzheitlicher Art und Weise zum Einsatz kommen.

Zum Gebäude des Ayurveda gehören unter anderem:

• Medizinische Heilkunst

• Yoga

• Ernährungswissenschaft

• Psychologie

• Massage

• Marmapunkt-Therapie

• Klangschalentherapie

Bei allen ayurvedischen Methoden, sei dies auf dem Level der Beratung, der Therapie oder von Wellness, geht es grundsätzlich darum, die individuelle Ausgeglichenheit im Geist und im Körper zu erhalten oder wiederzuerlangen.

Individuelle Urschwingung und beeinflusstes Schwingungsmuster (Prakriti, Vikriti, Doshas)

Ayurveda geht davon aus, dass jeder Mensch mit einer eigens für ihn „gemachten“ Konstitution, d. h. mit einem ganz eigenen energetischen Schwingungsmuster zur Welt kommt. Es geht ihm gut, solange er in dieser Urschwingung ist. Diese wird mit dem Sanskritbegriff „Prakriti“, manchmal auch „Prakruthi“ bezeichnet. Durch alle möglichen äußeren oder inneren Einflüsse wird dieses feinstoffliche Schwingungsmuster immer mal wieder gestört. Dieses mehr oder weniger stark verschobene Schwingungsmuster bezeichnen wir als „Vikriti“. Bei einem gesunden, unverbrauchten Menschen kehrt das verschobene Schwingungsmuster, wenn sich die Situation wieder geändert hat, zum ursprünglichen Muster