Balkanblut - Andy Lettau - E-Book

Balkanblut E-Book

Andy Lettau

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Beschreibung

Ein spannender Thriller mit dem Balkankonflikt als politischen Hintergrund! Kroatien zu Beginn des Bürgerkriegs 1991. Die junge und hübsche Zdenka Badric wird Zeugin eines Massakers, bei dem von Serben ein ganzes Dorf ausgelöscht wird. Als einzige Überlebende ist sie fortan die Sexgespielin eines Mannes, dem sie hilflos ausgeliefert ist. Sie verliert ihre Unschuld und findet Zlatko ebenso anziehend wie abstoßend. Es folgt eine gefährliche Odyssee durch halb Europa. Zwanzig Jahre später liegt der Krieg weit zurück, Zdenka arbeitet unter neuer Identität als deutsch-kroatische Kommissarin im Ruhrgebiet und wird an den Tatort eines Verbrechens gerufen Unvermittelt wird sie mit den Schatten der Vergangenheit konfrontiert. Um nicht zuzulassen, dass sie in einen Sumpf des Verbrechens hineingezogen wird, hat sie nur eine Wahl: Sie muss als Hüterin des Gesetzes die Dinge selber in die Hand nehmen und einen ehemaligen Peiniger zur Strecke bringen. Von Andy Lettau sind ebenfalls bei Knaur eBook folgende Titel erschienen: »Neversleep« und »Defcon One«. Begeisterte Leserstimme: »Wirklich sehr spannend geschrieben. Habe das Buch nicht weglegen können.«

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Seitenzahl: 352

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Andy Lettau

Balkanblut

Thriller

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Über dieses Buch

Ein spannender Thriller mit dem Balkankonflikt als politischem Hintergrund!

 

Kroatien zu Beginn des Bürgerkriegs 1991.

Die junge und hübsche Zdenka Badric wird Zeugin eines Massakers, bei dem von Serben ein ganzes Dorf ausgelöscht wird. Als einzige Überlebende ist sie fortan die Sexgespielin eines Mannes, dem sie hilflos ausgeliefert ist. Sie verliert ihre Unschuld und findet Zlatko ebenso anziehend wie abstoßend. Es folgt eine gefährliche Odyssee durch halb Europa.

 

Zwanzig Jahre später liegt der Krieg weit zurück, Zdenka arbeitet unter neuer Identität als deutsch-kroatische Kommissarin im Ruhrgebiet und wird an den Tatort eines Verbrechens gerufen. Unvermittelt wird sie mit den Schatten der Vergangenheit konfrontiert. Um nicht zuzulassen, dass sie in einen Sumpf des Verbrechens hineingezogen wird, hat sie nur eine Wahl: Sie muss als Hüterin des Gesetzes die Dinge selber in die Hand nehmen und einen ehemaligen Peiniger zur Strecke bringen.

 

Inhaltsübersicht

WidmungWidmungVorwortOvcara, Kroatien - 24. [...]Essen, Deutschland – 22. [...]Vukovar, Kroatien - 25. [...]Essen, Deutschland - 22. [...]Vukovar, Kroatien - 25. [...]Essen, Deutschland - 23. [...]Vukovar, Kroatien - 03. [...]Essen, Deutschland - 24. [...]Vukovar, Kroatien - 05. [...]Essen, Deutschland - 24. [...]Vukovar, Kroatien - 6. [...]Essen, Deutschland - 24. [...]Vukovar, Kroatien - 6. [...]Essen, Deutschland - 25. [...]Grenzgebiet - 10. Dezember [...]Essen, Deutschland - 25. [...]Auf serbischem Boden - [...]Essen, Deutschland - 25. [...]Über dem Ionischen Meer [...]Essen, Deutschland - 25. [...]Sizilien - 12. Dezember [...]Essen, Deutschland - 25. [...]Sizilien - 12. Dezember [...]Essen, Deutschland - 25. [...]Bochum, Deutschland - 26. [...]Essen/Bochum, Deutschland - 26. [...]Bochum, Deutschland - 26. [...]Lovas, Kroatien - 08. [...]Bochum, Deutschland - 26. [...]EPILOG
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Für X.

 

Mögen die Angst und der Schmerz irgendwann nachlassen.

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Für D.K.

 

Möge Ihre polizeipsychologische Arbeit weiterhin erfolgreich sein und das im Verborgenen Liegende zu Tage fördern.

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Als Trigger (engl. Auslöser) bezeichnet man Schlüsselreize, die plötzlich und mit großer Wucht Erinnerungen an alte Erfahrungen auffrischen und die Betroffenen aus dem Gleichgewicht bringen. Vergangenheit und Gegenwart vermischen sich in der jeweils erlebten Situation. Das eigene Verhalten kann unkontrollierbar werden.

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Ovcara, Kroatien - 24. November 1991

 

Keine fünfzehn Autominuten von Vukovar, einer von Serben belagerten Kleinstadt im Osten Kroatiens; auf einer regendurchtränkten und von Landwirtschaft geprägten Ebene, deren abgemagertes Vieh sich unter einem deprimierenden wolkenverhangenen Himmel wie einem Ruf folgend auf das letzte Gras an den flachen Uferzonen der sich schlängelnden Donau zu bewegte, lag die heruntergewirtschaftete Schweinezuchtfarm Ovcara, ein nur wenige Hektar großes Areal mit mehreren flachen Gebäuden. Ein gutes Dutzend altersschwacher grauer Busse und olivfarbener Militärtransporter stand ohne erkennbares Muster auf dem Innenhof verteilt und wurde von einigen Angehörigen der jugoslawischen Volksarmee bewacht. Die zwanzig mit Kalaschnikows bewaffneten Männer redeten kein Wort und starrten grimmig auf das stark vom Verfall gezeichnete Hauptgebäude, eine einhundert Meter lange Halle mit abblätterndem Außenputz und rostigem Wellblechdach.

Keiner der Männer bedauerte den Umstand, dass es in diesen Minuten anfing zu regnen, da innerhalb der Mauern zu diesem Zeitpunkt ein bestialisches Schlachten stattfand und nasse Kleidung allemal besser war als blutbesudelte. Allerdings waren nicht Schweine die Opfer, sondern gut dreihundert Gefangene aus dem Krankenhaus von Vukovar. Nervös zogen die Soldaten an ihren glimmenden Zigaretten, während in unregelmäßigen Abständen Salven und einzelne Schüsse durch die zersplitterten Lüftungsfenster des Flachbaus drangen. Die flehenden Rufe und Schreie der zusammengetriebenen Zivilisten mischten sich unter das Grunzen einzelner Schweine, die noch immer in den ehemaligen Stallungen umherliefen.

Einer der Volksarmisten, ein pickliger Junge mit Sommersprossen um die Nase, übergab sich angesichts der Schreie an einer wackeligen Laternenstange, ohne dass ihm einer seiner Kameraden in irgendeiner Form zu Hilfe kam. Mittlerweile lief die Säuberungsaktion schon seit fünf Stunden, und die letzte Zehnergruppe war erst vor wenigen Minuten in das Innere geführt worden. Eine unsichtbare Sonne zog sich langsam an einen unbekannten Ort zurück und entließ ihre letzten nicht wärmenden Strahlen in den kalten Novembertag, welcher sich unheilvoll in die Dunkelheit verabschiedete. Von weit her trieb der Wind das klagende Läuten einer Kirchenglocke herbei, während die serbischen Freischärler ihren letzten Blutzoll des Tages einforderten.

*

Zdenka Badric stand frierend in einer Ecke der alten Schweinefarm und starrte auf den Leichenberg, den die Soldaten in der Mitte eines größeren Gatters aufgetürmt hatten. Sie war nackt bis auf einen einfachen Slip und traute sich nicht, ihre Hände vor den Brüsten zu verschränken, auf die ein grobschlächtiger junger Kerl mit Bart und verfilztem Haar unverhohlen starrte, während er unruhig mit seinen Stiefeln auf der Stelle trat und eine Waffe zwischen seinen prankenartigen Händen hin- und herschwenkte.

»Bück dich und setz dieses Ding auf«, sagte der Mann und deutete mit einer Kopfbewegung auf die weiße Haube, die noch sauber oben auf einem Bündel Kleidung am Boden lag. Ohne zu zögern ging die junge, schlanke Krankenschwester in die Hocke und langte nach der Kopfbedeckung, die sie seit zwei Wochen als Auszubildende im Krankenhaus von Vukovar tragen musste. Ihr zu einer Steckfrisur zusammengeflochtenes dunkelblondes Haar verschwand größtenteils unter der Haube, woraufhin sie der Mann argwöhnisch musterte. »Öffne dein Haar!«

Zdenka leistete dem Befehl Folge und entfernte die zwei kleinen Haarklammern, sodass ihr die langen und glatten Haare bis über die Schultern fielen. Sie versuchte die Angst zu unterdrücken, die sie seit der Erstürmung des Krankenhauses befallen hatte. Sie war noch zu jung, um alle Zusammenhänge dieses Krieges zu verstehen, aber eins wusste sie mit Sicherheit: Sie hatte sich nichts zuschulden kommen lassen, außer dass sie als Kroatin in einem jetzt von Serben beanspruchten Gebiet aufgewachsen war. Der Tod war ihr bisher noch nicht begegnet, selbst nicht im Krankenhaus von Vukovar; aber sie musste nur wenige Meter zur Seite schauen, um ihn hundertfach zu sehen, in Form entkleideter Männer und Frauen, deren von Kugeln durchsiebten Leiber wie Schlachtvieh übereinander getürmt wurden.

»Könntest Glück haben«, grinste der Mann und trat einen Schritt auf sie zu, während sein Nikotinatem in ihr makelloses Gesicht fuhr. »Unser Anführer steht auf kleine Titten, schmale Lippen und grüne Augen.« Dann strich der Serbe mit dem kalten Lauf seiner Pistole durch Zdenkas Haar und fuhr weiter hinab über die hohen Wangenknochen, den schmalen Hals, die vor Kälte aufgerichteten Brustwarzen und den flachen Bauch, der sich vor Anspannung wölbte und senkte.

Als die Waffe zwischen ihre Beine glitt und durch den Slip ihre Scham berührte, jagte ein elektrischer Schlag durch ihren Körper, der ihr einen einzigen, vielleicht lebensrettenden Satz entweichen ließ. »Sie wollen es doch auch, oder?«

Irritiert zog der Soldat die Waffe zurück und hielt für einen bedrohlichen Augenblick inne. Dann fuhr er sich mit dem Handrücken über den Mund und grinste. Ein Rest Speichel hing an seinem Mundwinkel. »Du verdammtes Miststück bist noch Jungfrau, stimmt’s?«

Noch bevor Zdenka etwas antworten konnte, peitschten Schüsse aus dem Nebentrakt und besiegelten das Schicksal von weiteren Kroaten, an die sie in diesem Moment nicht zu denken wagte. Ihre einzige Chance, diesem Wahnsinn zu entkommen, war das Argument ihrer Schönheit und Grazie. Bisher war sie unberührt, und anscheinend war dies ihre persönliche Trumpfkarte. Sie staunte über sich selbst, wie wenig es ihr ausmachte, sich kaltschnäuzig zu geben, ganz entgegen ihrem eigentlichen Wesen. Sie hatte das Gefühl, als ob sie genau in diesem Augenblick erwachsen wurde; den Schritt vom Mädchen zur Frau machte. Es war der pure Überlebenswille.

»Milan, wir sind hier fertig!«, hallte eine düstere Stimme durch die Halle. »Bis auf ein Pärchen haben wir alle Bastarde abgeknallt. Der Chef will, dass du ihm jetzt die Schlampe zeigst.«

Der Angesprochene packte Zdenka brutal am Arm und zog sie wie ein kleines Kind hinter sich her. Zwei völlig verdreckte Schweine machten widerwillig den Weg frei und strebten auf den großen Leichenberg zu, dessen Blut sich mit den Tierexkrementen im nach Jauche stinkenden Boden vermischte. Zdenka lief barfuß durch den morastigen Untergrund und dachte nur daran, der Situation zu entrinnen. Sie würde keine Spur von Angst zeigen; sie würde ihren Peinigern nicht das Gefühl geben, vor ihnen in die Knie zu gehen. Sie würde so tun, als ob sie vor starken Männern mit Maschinenpistolen in der Hand sexuelle Erregung empfand und es kaum abwarten könne, endlich entjungfert zu werden.

Sie war die anscheinend letzte Überlebende eines Massakers, von dem sie nicht wissen konnte, dass es später in den Geschichtsbüchern stehen würde. Sie war am Leben, während Hunderte anderer bereits gestorben waren. Ihr Schicksal lag nicht in ihren Händen, aber sie würde die Waffen einer Frau einsetzen und alles tun, um nicht auf diesem Leichenberg zu landen. Sie erkannte sich nicht mehr wieder und schritt wie in Trance durch das aus den Angeln gehobene Verbindungstor, welches den Exekutionsbereich vom Rest des Geschehens trennte.

Als sie auf die Gruppe der Soldaten stieß, die einen Halbkreis um die zwei nackten Gestalten am blutgetränkten Boden bildeten, setzte ihr Herz für Sekunden aus. Das in Tränen aufgelöste Paar, das völlig entblößt nebeneinander auf dem Boden kauerte und sie nicht anschauen durfte, war ihre ältere Schwester Janica und ihr Schwager Goran. Beide hatten vor noch nicht einmal einer Woche geheiratet und hätten eigentlich gar nicht hier sein dürfen. Die serbischen Freischärler mussten sie außerhalb von Vukovar aufgespürt und aus irgendeinem Grund am Leben gelassen haben.

»Kennst du die?«, fragte einer der Soldaten, ein fast elegant wirkender, graumelierter Mittvierziger von athletischer Statur. Seine stahlblauen Augen fixierten Zdenka mit einer Mischung aus scheinbarer Gleichgültigkeit und tödlichem Wissen. Sie konnte förmlich spüren, wie der Mann in seiner Phantasie ihren Körper berührte und Dinge mit ihr anstellte, die ihm höchste Lust brachten. Es war eine vollkommen irreale Situation, halb nackt im Angesicht des Todes zu stehen und begehrt zu werden.

»Ob du sie kennst?«, wiederholte Milan die Frage des Anführers und schlug ihr mit der flachen Hand ins Gesicht. Zdenka war von der plötzlichen Brutalität des Soldaten überrascht und spukte ihn instinktiv an. Dann tat sie etwas vollkom­men Ungewöhnliches, indem sie ihm ein aufgesetztes laszives Lächeln schenkte. Die übrigen Männer stießen Laute der Überraschung aus. Milan war aufgebracht vor Wut und hielt ihr seine Waffe an die Schläfe. »Verdammte Nutte, das wirst du bereuen!«

Zdenka blieb ruhig und kontrollierte ihre aufsteigende Angst. Vielleicht war es besser, durch eine schnelle Kugel zu sterben, als von einer Horde Barbaren nacheinander vergewaltigt zu werden. Sie hatte nichts zu verlieren und spielte ihr Spiel weiter. Ihre Zunge fuhr über ihre Lippen und sie nahm wie in Zeitlupe die Arme hoch, um sich durchs Haar zu fahren. Milan war so perplex, dass er die Waffe zurückzog. Zdenka bemerkte die Erregung der Männer, von denen einige lüstern pfiffen.

Der Anführer ging einen Schritt auf sie zu. Sein Gesicht war nur wenige Zentimeter von ihrem entfernt, und sie konnte sein Mundwasser, seinen Körpergeruch und die Spur von Aftershave riechen, das in dieser Distanz den Gestank des Schweinestalls überlagerte. »Du bist hübsch.«

Zdenka hielt seinem Blick stand. In diesem Augenblick hätte draußen eine Granate explodieren können, ohne dass sie es wahrgenommen hätte. Sie konnte sich nicht erklären, warum dies so war und was hier eigentlich geschah. Obwohl der attraktive Anführer keine Anstalten machte, sie zu berühren, war die Situation von fast obszöner Intimität. Und erneut schoss ihr ein Gedanke durch den Kopf, den sie in einem einzigen Satz hauchend formulierte, ohne dass die Umstehenden und die am Boden Knienden ihn hören konnten. »Du auch.«

Zdenka war sich insgeheim sicher, damit ihr eigenes Todesurteil unterschrieben zu haben. Sie hatte dem Anführer unvermittelt signalisiert, ihn weder zu siezen, noch ihm sonst wie unterwürfig entgegenzutreten. Ihr Leben hing an einem seidenen Faden, und der Anführer hatte es in der Hand, diesem grausamen Spiel ein Ende zu bereiten.

»Du bist mutig. Mutig und extrem hübsch.«

Die junge Kroatin hatte keine Ahnung, was er ihr damit sagen oder worauf er hinaus wollte. Sie legte den Kopf ein wenig zur Seite und sah ihn aus den Augenwinkeln an. Sie nahm ihre Hand und biss sich in einer verlegenen Geste auf die Fingernägel. Zwei Reihen schneeweißer Zähne blitzten im faden Schein der flackernden Neonbeleuchtung auf. »Und? Wirst du mich jetzt vergewaltigen und dann töten?«

Die Spur eines Lächelns huschte über das braun gebrannte und schmale Gesicht des Mannes. Er wich einen Schritt zurück. »Das hängt von deiner Antwort ab.«

»Von welcher Antwort?«, fragte sie kaum hörbar.

»Ob du die beiden da unten kennst.«

In Zdenkas Kopf explodierten die Gedanken und fuhren Achterbahn. Sie betrachtete die beiden zum Tode Geweihten, ohne dass diese ihren Blick erwidern konnten. Zwei Soldaten mit Kalaschnikows standen breitbeinig hinter den Gefangenen und zielten auf deren Genicke. Ihr Herz raste wie wild, als sie die Entscheidung ihres Lebens traf. »Nein.«

In diesem Moment verwandelte sich das Gesicht des Anführers in eine undurchdringbare Maske aus Stein. Nur seine Augen, die mit denen von Zdenka zu verschmelzen schienen, drückten etwas aus, das wie neugierige Erwartung anmutete. »Knallt die beiden ab. Ich weiß alles, was ich wissen wollte.«

Zwei Sekunden später fielen die Schüsse, ohne dass Zdenka und der Anführer ihre Blicke voneinander trennten. Von nun an wusste sie, dass sie am Leben bleiben würde. Doch noch mehr wusste sie, dass sie dem Fremden willenlos ausgesetzt war und alles über sich ergehen lassen musste, was dieser von ihr verlangte. Schon im nächsten Dorf könnte alles ganz anders sein und das Schicksal eine noch hübschere Gespielin unter den Todeskandidaten präsentieren.

»Wie heißt du, mein schönes Kind?«

»Zdenka.«

»Zdenka? Ich mag diesen Namen. Und wie weiter?«

Sie war sich sicher, dass er ihren Namen ohnehin wusste. Als die Soldaten das Krankenhaus überfallen und alle verschleppt hatten, waren sämtliche Pässe eingesammelt worden.

»Zdenka Badric.«

Wenn überhaupt etwas Erstaunen im Gesicht des Mannes verriet, dann war es das kurze Zucken einer Augenbraue. »Das dachte ich mir. Und du bist um Klassen attraktiver und intelligenter als deine tote Schwester. In diesem Krieg lohnt es sich nicht, heldenhaft zu sein. Wusstest du, dass sie einen Agenten der CIA gedeckt hat?«

Jetzt war es zum ersten Mal an Zdenka, sichtliches Erstaunen zu zeigen. Goran sollte für die Amerikaner gearbeitet haben? Sie verstand noch immer nicht die ganzen Zusammenhänge des ethnischen Konflikts, aber diese Neuigkeit war ihr wirklich nicht bewusst. Sie wollte etwas antworten, aber der Anführer legte seinen Zeigefinger auf ihre halb geöffneten Lippen. »Pssst! Sag nichts, mein Kind. Alles was du wissen musst, ist, dass wir viel Spaß miteinander haben werden. Ab jetzt bist du meine Geliebte und auf der Seite des Rechts.« Dann drehte sich der Anführer mit einem seltsamen Glanz in den Augen von ihr weg, ohne dass sie seinen Namen erfahren hatte. Mit einer Geste gab er seinen Leuten zu verstehen, von hier zu verschwinden. Er stieß einen lauten Befehl aus und unmittelbar darauf brachte ihr ein Serbe eine Militäruniform samt Springerstiefeln, Barrett und olivfarbener Unterwäsche.

Kurz darauf setzte sich der Konvoi in Bewegung und ließ den Ort des Grauens hinter sich zurück. Zdenka nahm auf der Pritsche des Lkw überhaupt nicht wahr, dass Rauchsäulen über Vukovar standen. Die Gespräche der Schlächter drangen an ihr Ohr, ohne wirklich gehört zu werden. Mit ihren Gedanken war sie Lichtjahre entfernt, irgendwo in der Zukunft, die nur eine bessere sein konnte. Sie würde um ihre Schwester und Goran trauern, sobald sich die Zeit dafür erübrigen ließe. Doch vorher würde sie den Mann töten, der ihr das Herz aus dem Leib gerissen und sie ihrer Seele beraubt hatte.

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Essen, Deutschland – 22. Juli

 

Der Autostellplatz zwischen einer heruntergekommen wirkenden Häuserschlucht im Essener Norden diente für insgesamt dreißig Fahrzeuge unterer bis mittlerer Preiskategorie als vorübergehender Aufenthaltsort. Bunte Papierfahnen, die quer über den Platz gespannt waren, verunstalteten mehr das Angebot an Gebrauchtwagen, als dass sie es verzierten. Inmitten der betonierten Fläche stand ein einfaches Gebäude mit Flachdach, durch eine breite Glasfront transparent wirkend. Auf dem Dach war eine defekte Leuchtreklame angebracht; innen lag die Leiche eines Ausländers. Drei Polizeiwagen mit flackernden Blaulichtern und ein Krankenwagen blockierten die Zufahrten und hielten Schaulustige ab. Dass hier ein Mord geschehen war, hatte sich in Windeseile herumgesprochen. Die Gaffer wollten auf ihre Kosten kommen, die Beamten verdarben ihnen aber das zweifelhafte Vergnügen. Dem Opfer fehlte der halbe Hinterkopf; überall an der hinteren Wand klebten Blut- und Gehirnreste. Zwei Männer von der Spurensicherung waren damit beschäftigt, kleine Aufsteller mit Nummern an den entsprechenden Fundorten abzusetzen. Gelegentlich war das Surren und Klicken einer Kamera zu hören.

»Was für eine Sauerei«, sagte Bernd Anderbrügge und biss in ein Sandwich, aus dem seitlich Mayonnaise quoll. Der knapp Vierzigjährige war nicht besonders groß gewachsen, dafür aber umso korpulenter. Sein friedfertiges und gutmütiges Gesicht kontrastierte zu dem Ort, an dem er sich als ermittelnder Beamter der Mordkommission aufhielt. Seit wenigen Minuten inspizierte er den Tatort.

Anderbrügge steckte sein Sandwich, ohne weiter darüber nachzudenken, in die Innentasche seines billigen, grauen Jacketts und wischte sich mit der Hand über den Mund. Dann fingerte er nach zwei Plastikhandschuhen in seiner Jeans und zog diese über seine kalkweißen Hände. Die mit Klebeband am Bügel zusammengehaltene Sonnenbrille drohte ihm von der Nase zu rutschen, er nahm sie ab und steckte sie an die weit geöffnete Knopfleiste seines altmodisch karierten Hemdes. Die schwülwarme Luft des wolkenlosen Vormittags sorg­te bereits jetzt dafür, dass sich auf Anderbrügges Halbglatze eine feine Schweißschicht gelegt hatte.

»Zdenka?«, brüllte er in das Büro des Autohändlers, in der Hoffnung, irgendjemand würde ihn draußen hören und seine Partnerin herbeischaffen. Die beiden Kollegen von der Spurensicherung zuckten kurz zusammen und widmeten sich dann wieder routiniert ihrer Arbeit. Einige Sekunden später sahen sie verstohlen auf, als die Gerufene den Raum betrat.

»Steht bereits hinter dir«, drang eine angenehme, aber bestimmt klingende Frauenstimme an Anderbrügges Ohr. Sie klang verkatert. »Musste nur mal eben kotzen.«

Anderbrügge machte sich erst gar nicht die Mühe, aus der Hocke nach oben zu kommen und die Kommissarin zu bedauern. Er und Zdenka Rogowski waren seit fünf Jahren ein Team. Sie kannten die Gewohnheiten des jeweils anderen nahezu auswendig. Er hatte es aufgegeben, ihr den Hof zu machen, weil er einfach nicht ihr Typ war. Sie war nur unwesentlich jünger, Ende Dreißig, aber eine Nummer für sich. Auf wen oder was sie genau stand, konnte Anderbrügge nicht sagen, wahrscheinlich waren es Lesben oder durchtrainierte Bodybuilder ohne Hirn, irgendwas in der Richtung. Bei Gelegenheit, wenn sie beide mal wieder eine Sauftour durch die Gemeinde unternahmen, würde er sie zum wiederholten Mal fragen. Und natürlich würde er wie immer keine Antwort bekommen, lediglich einen Kuss auf den Mund und auf die blanke Stelle auf seinem Schädel, was ihn jedes Mal zur Weißglut brachte.

Als er erstmalig ihr neues Parfüm wahrnahm, das ihm eine Note zu herb erschien, drehte er sich um. Und erschrak. »Schei­ße, Zdenka, ich hab dich auf der Hinfahrt gar nicht genau angesehen, du siehst ja fürchterlich aus. Ich meine damit nicht diese, äh, geilen schwarzen Klamotten von Versace oder weiß der Geier woher; ich meine …«

»Sehe ich so aus, als könnte ich mir Klamotten von Versace leisten? Erspar dir einfach jeglichen Kommentar, Kleiner. War ’ne harte Nacht und mehr musst du nicht wissen«, versetzte die Kommissarin und steckte sich einen Streifen Kaugummi in den Mund, bevor sie ihr übernächtigt wirkendes Gesicht hinter einer überdimensionierten Gucci-Sonnenbrille verschwinden ließ. »Also, wer ist das tote Schätzchen hier?«

Rogowski hatte bereits genügend Leichen in ihrem Leben gesehen, als dass ihr deren Anblick noch Übelkeit bereitete. Dass sie sich vor wenigen Minuten übergeben hatte, lag ursächlich an mindestens einem Wodka zu viel und einem gesunden Abendessen zu wenig. Rogowski verfluchte sich für die letzte ausschweifende Nacht und schwor sich, in dieser Woche keinen Tropfen Alkohol anzurühren. Wenn sie nicht langsam ihren Lebenswandel änderte, konnte das schlimme Konsequenzen haben, privater wie auch beruflicher Natur. Sie und Anderbrügge waren dem Staatsanwalt ohnehin ein Dorn im Auge, wobei die Antipathie auf Gegenseitigkeit beruhte.

»Wenn du dich schon mitten in der Woche sinnlos besäufst, sag mir demnächst Bescheid. Mir fällt zu Hause nämlich auch die Decke auf den Kopf«, nahm Anderbrügge seine Kollegin zur Seite und schenkte ihr einen freundlichen Dackelblick.

»Hey, mir war danach, alleine auszugehen, okay? Und jetzt quatsch mich nicht weiter voll, sondern lass uns unseren Job machen. Wer ist dieser Kerl?«

Die beiden Männer von der Spurensicherung grinsten, während Anderbrügge ihnen wortlos den Mittelfinger zeigte. Schließ­lich zog er einen Ausweis aus der Geldbörse des Toten und brummelte etwas vor sich hin. »Vladimir Midic, Jahrgang 1960, geboren in … in irgendeinem unaussprechlichen Kaff in Serbien. Ist wohl seit vier Jahren in Deutschland, wenn ich mir das Ausstellungsdatum ansehe.«

»Hm«, bemerkte Rogowski und setzte sich hinter den Schreibtisch des Opfers.

Das schmucklose Büro war verziert mit ein paar vergilbten Werbeplakaten, die Autozubehör zeigten, einer blinkenden Miniatur-Verkehrsampel und einem Terminkalender mit den Pin-up-Girls eines Reifenherstellers. In einer Ecke hing neben einem Aktenschrank ein verstaubter Spiegel, in den sie nicht zu schauen wagte. Ihre stark getönte Sonnenbrille hielt gnädig das rücksichtslos einfallende Sonnenlicht von ihren Netzhäuten, hinter denen es gewaltig im Schädel pochte. Sie zündete sich eine Zigarette an und benutzte einen der beiden leeren Aschenbecher auf dem Tisch. Sie langte nach einem der Ordner mit dem Aufdruck STEUERN und blätterte vorsichtig einige Seiten mit einem Kugelschreiber um. Nach einer Weile klappte sie den Ordner wieder zu. »Auf den ersten Blick hat er pünktlich seine Gewerbesteuern abgeführt. Ebenso die Miete für den Platz hier.«

»Abwarten«, erwiderte Anderbrügge gelangweilt.

»Der ganze Mist kommt mit aufs Präsidium. Klär du mit dem Finanzamt ab, ob es irgendwelche Unregelmäßigkeiten gab. Welche Waffe richtet übrigens einen solchen Schaden an?«

Anderbrügge gab Rogowski einen Plastikbeutel, in den er den Ausweis des Toten und dessen Schlüsselbund steckte. Dann setzte er sich mit seinem fülligen Hintern auf die Kante des Schreibtisches. »Muss was Großkalibriges gewesen sein.«

Rogowski schwenkte mit übereinandergeschlagenen Beinen in dem Drehsessel herum. Ihr knapp über die Knie reichen­der Rock rutschte etwas nach oben, sodass Anderbrügge den Ansatz der halterlosen schwarzen Strümpfe erkennen konnte.

»Anderbrügge, glotz mich nicht an wie ein Lustmolch. Heb dir das für deine Frau auf.«

»Ex-Frau«, korrigierte Anderbrügge zähneknirschend.

»Wie? Ist die Scheidung endlich durch?«, fragte sie überrascht.

»Nächste Woche.«

»Dann machen wir einen drauf. Falls ich bis dahin nicht an Kopfschmerzen gestorben bin. Hat jemand eine Aspirin?«

»Fragen Sie doch den Rettungssanitäter draußen«, meldete sich einer der Spurensucher zu Wort. Der rothaarige Mann war jung, vielleicht Ende zwanzig.

»Scheiße, das ist mir jetzt zu anstrengend«, erwiderte Rogowski.

Der ältere Spurensucher, ein wortkarger Mittfünfziger mit Brille und Schnäuzer, langte währenddessen mit einer Pinzette in einem abgetropften cremigen, hellgräulichen Haufen Gehirnmasse. Zwischen Knochenpartikeln glitzerte ein kleines Metallstück. »Sieht nach dem tödlichen Projektil aus.«

»Und? Was sagt der Experte?«, fragte Anderbrügge.

Der Mann begutachtete das zusammengedrückte Stück Metall und mutmaßte. »Vielleicht von einer 500er Smith & Wesson, Magnum Kaliber. Über 12 Millimeter. Abgefeuert aus einem Revolver. Eher selten anzutreffen. Zu platt gedrückt, als dass man es mit Bestimmtheit sagen könnte. Muss das Labor genauer analysieren.«

»12 Millimeter«, murmelte Anderbrügge.

»Haben wir die Hülse dazu schon gefunden?«, wollte Rogowski wissen.

»Nein, die hat der Täter wohl mitgehen lassen«, murmelte der kleine Rothaarige.

»Sonstige Anzeichen von Gewalteinwirkung beim Opfer?«

»Negativ. Er wurde anscheinend ganz einfach nur erschossen«, sagte der Ältere und überreichte Rogowski den Plastikbeutel mit dem Projektil.

Die beiden Kommissare hielten sich eine weitere Stunde am Tatort auf und inspizierten jeden Winkel des kleinen Gebäudes. Anschließend begutachteten sie die meist preiswerten Gebrauchtwagen und verhörten einige Anwohner, die meinten, etwas gehört und gesehen zu haben. Doch nach einer weiteren Stunde stand fest, dass sämtliche Aussagen unbrauchbar waren. Niemand hatte den oder die Mörder gesehen. Es gab keinen Anhaltspunkt für eine Phantomzeichnung, kein Kennzeichen eines auffällig gewordenen Fahrzeugs, einfach nichts. Irgendwer war einfach in das Büro des serbischen Gebrauchtwagenhändlers marschiert und hatte ihm den halben Schädel weggeschossen.

Anderbrügge kam zurück zu dem dunkelblauen BMW, hinter dessen getönten Scheiben es sich Rogowski zwischenzeitlich schlummernd auf dem Beifahrersitz bequem gemacht hatte. Anderbrügge schüttelte nur den Kopf und weckte seine Partnerin. »Zumindest haben wir die ungefähre Tatzeit. Die Putzfrau war bis acht Uhr hier, der Postbote hat Midic um fünf Minuten nach neun gefunden und sofort über sein Handy die Zentrale angerufen.«

»Was? Was ist? Die Putzfrau hatte einen Schlüssel?«, nuschelte Rogowski und kam langsam aus der Traumwelt zurück. »Bin ich etwa eingeschlafen?«

»Zweimal ja. Sie war seine Mutter. Nichts Ungewöhnliches.«

»Habe gar nicht mitbekommen, wie du zwischendurch mit ihr geredet hast.«

Anderbrügge unterdrückte ein Lachen. »Du scheinst heute so einiges nicht mitbekommen zu haben. Die Mutter kam noch mal zurück, weil sie Midic was zum Frühstück bringen wollte. Die Streifenhörnchen haben sie an der Absperrung aufgehalten und ich habe mit der alten Dame gesprochen.«

Eine kurze Pause entstand. Ein paar Beamte schauten zum Wagen.

»Scheiße, ich habe irgendwie einen kompletten Aussetzer«, entschuldigte sich Rogowski und fuhr sich durch die schulterlange dunkelblonde Haarmähne.

»Lass uns von hier verschwinden und irgendwo einen starken Kaffee trinken. Alternativ könnte ich dich natürlich auch direkt in die Betty Ford Klinik fahren. Mit etwas Glück hast du Liz Taylor als Zimmernachbarin.«

Rogowski verzog die Augenbrauen und presste die Lippen zu einem schmalen Schlitz zusammen. Dann kramte sie eine leere Zigarettenschachtel aus dem Handschuhfach des BMW und zerknüllte sie enttäuscht. »Weiß du was, Anderbrügge?«

»Hm?«

»Leck mich ganz einfach am Arsch.«

Anderbrügge machte ein eingeschnapptes Gesicht und ließ den Motor aufheulen. Dann setzte sich der Wagen in Bewegung und fädelte sich in den laufenden Verkehr ein. Sie fuhren durch den von alten Zechenhäusern und grauer Tristesse geprägten Norden von Essen, dem die Stadtverwaltung mit diversen Baum­pflanzaktionen und Radwanderwegen ein grüneres Image zu geben versuchte. Hier und dort ragten stillgelegte Fördertürme in den Himmel und erzählten Geschichten von früheren Zeiten, als das schwarze Gold eine ganze Region geprägt hatte. Sie überquerten auf einer Schnellstraße den Rhein-Herne-Kanal und sahen in der Ferne die Skyline der Stadt, deren höchstes Rathaus Deutschlands und einige andere unspektakuläre Bürotürme den Wandel zum Dienstleistungsstandort verkündeten.

Während Anderbrügge nach einem passenden Musiksender suchte und die Route zum Polizeipräsidium wählte, beschäftigte sich Zdenka mit den wenigen Anhaltspunkten, die dieser Mordfall bisher bot. Nach einigen Minuten stellte sie fest, dass sie sich einfach nicht konzentrieren konnte und mit ihren Gedanken in die Vergangenheit abschweifte. Den Schlüs­s­elreiz dafür lieferte ein leer stehendes dunkelbraunes Gebäude, dessen mehrstöckige fensterlose Fassade den Schandfleck an einer großen Straßenkreuzung bildete. Die Wände waren mit primitiven Graffitis und staatsfeindlichen Parolen verschmiert, doch stach ein Symbol ganz besonders ins Auge. »Das einzig Schöne an diesem hässlichen Klotz ist die ­Taube.«

Anderbrügge blickte desinteressiert in Richtung Beifahrerseite und begriff zunächst nicht, was seine Partnerin meinte. Dann entdeckte er die große weiße Taube, die als Logo der Friedensbewegung auf einem großen blauen Tuch von einem baufälligen Gerüst wehte. »Ja, klar. Wenn du das sagst.«

Rogowski nickte nur stumm und stieß einen Seufzer aus. Sie hatte Anderbrügge nie Details aus ihrem früheren Leben erzählt und verdrängte dieses so gut es ging. Doch ab und zu griffen die dunklen Schatten der Vergangenheit nach ihr, so als ob etwas ungeklärt geblieben sei und unbedingt geradegerückt werden musste.

»Lass uns da drüben an der Pommes-Bude halten. Ich brauch jetzt eine Currywurst. Und du solltest auch was Fettiges essen«, sagte Anderbrügge, als die Ampel auf Grün umsprang.

»Okay, und Zigaretten.«

»Die gibt es dort, falls dies dein einziges Problem ist.«

Mein einziges Problem ist, dass ich innerlich tot bin, dachte Rogowski und sah im Rückspiegel, wie sich die Taube aus ihrem Blickwinkel entfernte, als würde sie gen Himmel steigen.

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Vukovar, Kroatien - 25. November 1991

 

Ein kleiner Schwarm Vögel flatterte mit lauten Flügelschlägen in das verwaschene Grau-Schwarz über Vukovar empor und verschwand als Ansammlung diffuser Punkte im Nirgend­wo. Zdenka lag mit angewinkelten Beinen in ihrer Armeeuniform auf dem Bett eines gemütlich eingerichteten Zimmers, dessen Besitzer längst geflüchtet oder tot waren. Durch ein großes Fenster vor dem Balkon konnte sie sehen, wie der Vogelschwarm mit dem Hintergrund verschmolz und sich auflösen­de Rauchwolken über den Dächern der ausgestorbenen Stadt verteilten. Gelegentlich hörte sie kurze Feuerstöße und Explosionen, welche die Scheiben in den alten Holzrahmen zum Zittern brachten. Es musste sich um serbische Freischärler handeln, die grölend und plündernd ihren fragwürdigen Sieg auskosteten. Die jugoslawische Armee hatte Vukovar eingenommen, mit Hilfe schwerer Artillerie und der Unterstützung durch Kampfjets.

Der heimelige Anschein des in dunklen und warmen Erd- und Ockertönen gehaltenen Schlafraums mit dem knisternden Kaminfeuer und den vergoldeten Bilderrahmen stand im krassen Widerspruch zu dem, was der Anblick draußen in den Gassen bot. Fast fünfzehnhundert Tote gab es in der Stadt zu beklagen, die Szenerie erinnerte an Bilder aus dem Zweiten Weltkrieg. Mitten in Europa tobte ein Kampf unter Brüdern; zwischen Christen und Muslimen.

Zdenka war seit fast einem Tag eine Gefangene in dem Zimmer, dessen deprimierende Aussicht auf das zusammengeschossene Schloss Eltz ging. Die Männer, die das Massaker in der alten Schweinefarm zu verantworten hatten, waren irgendwo in den Etagen unter ihr, vielleicht auch schon an anderen Orten. Sie wusste es nicht. Sie hatte die letzte Nacht und den jetzigen Tag alleine verbracht, lediglich mit einem Laib Brot und einer Karaffe Wasser ausgestattet. Ab und zu hatte sie Schritte vor ihrer Tür gehört sowie klagende Laute aus dem Stockwerk unter ihr. Sie malte sich aus, wie in diesem ehemals bürgerlichen Haus Zlatkos entfesselte Männer die schönsten Frauen der Stadt nacheinander vergewaltigten und sie bisher nur deshalb verschont geblieben war, weil der Anführer seinen Anspruch auf sie geltend machte.

Zlatko, der Anführer. Immer wieder rief sie sich seinen Namen in Erinnerung. Ein paar Mal hatte sie ihn gestern aufschnappen können, während der Rückfahrt von Ovcara und bei der Besetzung der kleinen Stadtvilla. Irgendwann hatte er ihr einen Blick zugeworfen und sie dann wegbringen lassen. Seitdem war er verschwunden. So wie ihre Eltern und Freunde. Wie vom Erdboden verschluckt. Tränen liefen über ihr Gesicht und sie versuchte, die Gedanken an die Lieben zu verdrängen, sich ganz auf die vorstehende Begegnung mit Zlatko zu konzentrieren. Sie durfte keinen Fehler machen und musste nach seinen Regeln tanzen.

Bisher hatte sie die vielen kleinen Accessoires und Einrichtungsgegenstände in dem Zimmer lediglich wie durch einen Schleier wahrgenommen. Der ganze Raum kam ihr wie ein surreales Gemälde vor, das der Zeit und den Geschehnissen widerstanden hatte, während draußen ein schwarzes Loch das Leben, die Pracht und die Schönheit verschluckte. Erst jetzt sah sie die kleinen Porzellanfiguren, die verzierten Blumenvasen mit den Trockenblumen, die flauschigen Teppiche, die holzgetäfelten Wände und die Radierungen in den Bilderrahmen, die stilisierte Körper und angedeutete Landschaften darstellten. Sie sah die zwei mächtigen weißen Dachbalken, an denen Tonteller und Krüge hingen. Sie erhob sich von dem breiten Bett mit dem blankpolierten Messinggestell und der schweren goldenen Tagesdecke und ging über den flauschigen hellen Teppich, unter dem die alten blankpolierten Holzdielen laut knarrten und ächzten.

Auf einer kleinen kunstvoll verzierten Kommode stand ein altes Grammophon mit Handkurbel. Der gebogene trichterförmige Lautsprecher aus Kupfer hatte an einigen Stellen Patina angesetzt, schien aber wie der Rest technisch intakt zu sein. Neben dem antiquierten Abspielgerät lagen einige Schallplatten, säuberlich und akkurat zu einem Stapel geschichtet. Zdenka inspizierte die bunten Cover der alten Vinylscheiben, und ihre düstere Stimmung hellte sich ein wenig auf. Musik bedeutete ihr viel. Die meisten Interpreten und Bands waren ihr bekannt, da es sich um volkstümliche Musik handelte. Einige Schallplattenhüllen verrieten einen klassischen Inhalt: Beethoven, Mozart und Verdi.

Eine Schallplatte erregte Zdenkas besonderes Interesse, da die quadratische Papphülle mit ihren schreienden bunten Farben aus dem Rahmen fiel. Im Mittelpunkt eines farbenprächtigen und pulsierenden Universums war die Silhouette eines Kopfes aufgemalt, dessen Zyklopenauge den Betrachter anstarrte. Zwei weitere angedeutete Gesichter entließen aus ihren Augen Lichtstrahlen zu den Rändern des Weltalls. Die Platte trug den vielversprechenden Namen Box of Pearls und enthielt Songs von Janis Joplin. Zdenka hatte noch nie etwas von dieser Sängerin gehört.

Sie überlegte, ob sie das Risiko eingehen sollte, die Platte abzuspielen. Vielleicht war dies nicht der richtige Zeitpunkt, um Musik zu hören. Vielleicht würde die Musik ihre Bewacher gegen sie aufbringen. Vielleicht waren der Musikstil und die Stimme der Sängerin einfach nur schrecklich.

Vielleicht, vielleicht, vielleicht. Zdenka tat es ganz einfach, einem verrückten Impuls folgend. Falls sich jemand von den Soldaten oder Zlatko selber beschweren sollte, konnte sie immer noch sagen, dass sie für ihn tanzen wollte und das entsprechende Musikstück brauchte. Kurzentschlossen kurbelte sie an dem braunen Holzkasten und setzte die alte Nadel auf die schwarze Scheibe. Ein kratzendes Geräusch erfüllte den Raum. Eine Minute später war sie gefangen von der kraftvollen Stimme, die in einer Mischung aus Blues, Gospel und Rock Cry Baby in die Welt hinausrief. Zdenka schloss die Augen und lehnte sich rücklings an den Stützbalken mitten im Raum. Ihre Arme und Hände umschlangen das kantige Holz und sie begann sich in langsamen und rhythmischen Bewegungen wie eine langstielige Blume im Wind zu wiegen. Sie versank ganz in der Melodie und dem sehnsüchtigen Gesang, dessen Inhalt sie nicht mit Worten übersetzen, aber in ihrem Herz spüren konnte. Das Zimmer verwandelte sich in einen kleinen Mikrokosmos, durch den die Worte Liebe und Begehren schwebten.

Ohne zu merken, dass die Nadel immer wieder auf das gleiche Lied sprang, begann Zdenka um den alten Pfosten herumzutanzen und ihre Arme und ihr geöffnetes Haar anmutig und lockend zugleich zu bewegen. Ihre Augen waren geschlossen und hielten die Tränen zurück, die mit Traurigkeit und Schmerz getränkt waren. Sie tanzte und tanzte und tanzte. Und sie bemerkte nicht, wie sich leise der Schlüssel im Schloss umdrehte und ein Mann seinen Fuß in den Raum setzte, um sie minutenlang zu beobachten.

Zlatko war zurückgekehrt.

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Essen, Deutschland - 22. Juli

 

Meinst du eigentlich nicht, dass du heute ein bisschen zu gestylt angezogen bist?«, fragte Anderbrügge Rogowski und stieß den kleinen bunten Plastikspieß auf die in rot-weißer Soße liegenden Pommes. Er hatte sich eine doppelte Portion bestellt, dazu die obligatorische Currywurst. Aus dem Augenwinkel heraus behielt er die rotierenden Scheiben des Glücksspielgeräts im Blick, auf dem das Guthaben langsam aber kontinuierlich gegen null ging. Rogowski stocherte lustlos in einem Salat, welcher jegliche Raffinesse vermissen ließ. Bis auf die alte Frau hinter der Theke und zwei Bauarbeiter, die ab und zu verstohlen zu ihr hinsahen und dabei jeder für sich einen halben Hahn in seine Bestandteile zerlegten, war der kleine Imbiss mit der billigen Einrichtung leer.

»Hatte keine Zeit, mich großartig umzuziehen, als du mich aus dem Bett geklingelt hast«, erwiderte sie und nippte an einer Diät-Cola.

»Du hast in den Klamotten gepennt?«

»War leider keiner da, der sie mir hätte vom Leib reißen können.«

Anderbrügge schüttelte den Kopf und drückte auf eine der blinkenden Tasten an dem Wandautomaten. Ein nervendes Geräusch begleitete die Aktion und kündigte die Möglichkeit der Verdoppelung der Gewinnchance an. »Hättest nur einen Ton sagen müssen. Ich wäre in fünf Minuten zur Stelle gewesen.«

Rogowski verdrehte die Augen hinter ihrer Sonnenbrille und verfolgte desinteressiert Anderbrügges Bemühungen, den richtigen Moment beim Drücken der Risikotaste zu erwischen. Wie immer kam er den entscheidenden Bruchteil einer Sekunde zu spät.

»Verdammte Kiste!«, fluchte Anderbrügge.

»Dann schmeiß halt Geld nach. Das Gebimmel von diesem Ding geht mir auch überhaupt nicht auf die Nerven.«

Anderbrügge drehte sich zu ihr um und nahm ihr die Sonnenbrille ab. Nachdenklich betrachtete er ihr müde wirkendes Gesicht, das trotz der dunklen Ringe unter den Augen und der verschmierten Wimperntusche attraktiv wie eh und je war. Obwohl sich auf der Stirn und um den Mund die ersten kleinen Falten bildeten und der Ausdruck ihrer Augen wie immer unnahbar und etwas abweisend wirkte, liebte er diesen Anblick. Auf eine ihm unerklärliche Art und Weise mochte er die Härte und Distanziertheit, die daraus sprachen. Umgekehrt schien Rogowski zu wissen, dass ihr Partner sich von ihr angezogen fühlte.

»Was guckst du mich so an? Ich weiß selber, dass ich schon mal frischer aussah.«

»Das ist es nicht«, sagte Anderbrügge und nahm ihre Hand. »Ich mache mir Sorgen um dich. Du lässt es in letzter Zeit irgendwie schleifen. Du kommst zu spät zu den Besprechungen, vernachlässigst den Papierkram, treibst dich bis tief in die Nacht was weiß ich wo rum und isst viel zu wenig. ­Irgendwas stimmt doch nicht. Falls du mal über alles reden willst …«

»… bist du jederzeit da, ich weiß«, vollendete Rogowski den Satz. »Und ich weiß das zu schätzen. Aber im Grunde genommen kann ich dir auch nicht sagen, was momentan mit mir los ist. Vielleicht sollte ich mir mal eine längere Auszeit nehmen. Dieser ganze Mist frisst mich langsam innerlich auf.«

Anderbrügge war über die unverblümte Reaktion erstaunt und wusste auf die Schnelle nichts Gescheites zu antworten. Verlegen schob er die leeren Pappteller zusammen und faltete eine Papierserviette zu einem perfekten Dreieck zusammen. Dann ging er an die Theke, um das Essen, die Getränke und die Zigaretten zu bezahlen.

Als er zurückkehrte, stand sie bereits auf dem Gehweg und rauchte. Der Lärm der vorbeifahrenden Fahrzeuge beschallte die tristen und engstehenden Häuserzeilen dermaßen, dass man den Eindruck hatte, sie würden jeden Moment wie fette Bässe in Lautsprechern anfangen zu vibrieren.

»Ich hätte nicht gedacht, dass dich der Job so mitnimmt«, schrie Anderbrügge gegen eine kreischende Straßenbahn an. »Vielleicht solltest du mal mit unserem Psychologen sprechen. Wir haben alle mal unsere schlechten Phasen.«

»Eigentlich ist es gar nicht der Job. Eigentlich ist es die Leere, die in mir ist. Jeden Tag sehen wir uns diese Scheiße an und nehmen ein Stück davon mit nach Hause. Wenn man immer nur Dreck und Elend sieht, geht es einem irgendwann selber dreckig und elendig.«

Anderbrügge überlegte eine Sekunde und nickte dann. So offen hatte sie noch nie zu ihm gesprochen. Dennoch vermutete er mehr dahinter. »Oder liegt es doch an etwas anderem?«

»Was meinst du?«

»Na ja, eine fehlende feste Partnerschaft und so.«

Rogowski lachte. »Das habe ich mir schon abgeschminkt. Ich bekomme das wahrscheinlich gar nicht auf die Reihe. Seit der Scheidung vor drei Jahren treffe ich außerdem nur noch Idioten. Freundliche Idioten ohne Eier. Waschlappen mit Interesse an Festgeldkonten und Mittelklassewagen mit den besten CW-Werten.«

»Hm, irgendwelche Ziele muss sich halt jeder setzen. Du hast doch sonst immer mehr Power gehabt als unsere Elektrizitätswerke.«

»Toller Spruch. Du solltest Mental Coach werden.«

»Hey, ich habe nicht gesagt, dass ich eine psychologische Wunderwaffe bin. Wenn du reden willst, sollten wir das in Ruhe machen. Nicht hier, wo man vor lauter Lärm sein eigenes Wort nicht versteht. Wir können ja heute Abend Essen gehen. Ich lade dich ein.«

»Du hast mich gerade schon eingeladen.«

»Habe ich das?«

»Du hast bezahlt.«

»Stimmt. Und wenn ich’s mir genau überlege, zahle ich eigentlich immer«, sagte Anderbrügge.

»Das ist der Nachteil, wenn man einen Schwanz hat.«

»Dann sollten wir mal die Regel ändern.«

Rogowski schmunzelte. »Solange du zahlst, hältst du dir die Chance offen, irgendwann mal bei mir zu landen.«

»Und wie stehen meine Chancen?«

»Ziemlich beschissen.«

Anderbrügge biss sich auf die Unterlippe und grinste. Dann öffnete er ihr die Wagentür. »Irgendwann wirst du mir nicht mehr widerstehen können, das garantiere ich dir.«

»Schon möglich. Aber dann bin ich wahrscheinlich runzelig wie eine achtzig Jahre alte Rosine und nicht mehr ganz klar im Kopf.«

Anderbrügge ersparte sich einen weiteren Kommentar und startete den Wagen. »Fahren wir ins Präsidium. Das bringt uns auf andere Gedanken. Schließlich haben wir einen Mord aufzuklären.«

»Als ob sich irgendwer für dieses tote Arschloch interessieren würde.«

Anderbrügge war kaum angefahren, als er den Wagen schon wieder an einer Bushaltestelle stoppte. »Was hast du gerade gesagt?«

»Du hast mich genau richtig verstanden.«

»Wolltest du vielleicht sagen, dass sich niemand für dieses serbische Arschloch interessiert?« Rogowski betätigte den elektrischen Fensterheber und blickte die Wartenden unter dem kleinen Dach der Bushaltestelle an. Dann drehte sie sich zu ihrem Partner um und fixierte ihn mit einem entschlossenen Blick. »Hör zu! Dieser Fall ist für mich ein Fall wie jeder andere auch. Serbe hin oder her. Das hat nichts mit meinen kroatischen Wurzeln zu tun, verstanden?«

Anderbrügge sah sie an und nickte stumm. Hinter ihm betätigte der genervte Fahrer eines Linienbusses die Lichthupe und zwang ihn dazu, weiterzufahren. »Du hast mit mir nie großartig über deine Vergangenheit geredet. Und wenn du das nicht willst, belassen wir es auch dabei. Ich bitte dich nur darum, endlich wieder die alte Zdenka zu sein, die mit Leidenschaft Polizistin ist. Die mit Leib und Seele bei der Sache ist.«

Ich war schon immer mit Leib und Seele bei der Sache, dachte Rogowski und zündete sich eine weitere Zigarette an. Dann schenkte sie Anderbrügge ein warmes Lächeln und wies ihn freundlich darauf hin, sich auf den Verkehr anstatt auf ihre Beine zu konzentrieren.

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Vukovar, Kroatien - 25. November 1991

 

Zdenka schauderte innerlich, als sie die Augen öffnete und Zlatko auf sich zukommen sah. Sie hielt in ihren anmutigen tanzenden Bewegungen inne und fühlte sich ertappt. So als habe sie etwas vollkommen Verbotenes getan.

»Tanz weiter, du bewegst dich wie eine Göttin«, sagte Zlatko und umfasste sie mit beiden Armen, ohne sie wirklich zu berühren. Seine Hände hielten sich an dem Stützbalken fest, während Zdenka zwischen diesem und dem Körper des Soldaten kaum Platz für Bewegungen hatte.

»Du warst fort?«, fragte sie ihn und versuchte den Rhythmus der Musik wieder aufzunehmen.

»Ja, und ich hoffe, es ist dir in der Zeit gut gegangen.«

Sie warf einen verstohlenen Blick auf den kleinen Tisch, auf dem die Karaffe mit dem Wasser stand und das Brot lag.

Zlatko verzog den Mundwinkel. »Das ist alles, was sie dir gegeben haben? Wasser und Brot?«

Zdenka richtete den Blick auf den Boden. Sie hatte keinen Hunger gehabt; verspürte auch jetzt keinen. Das spartanische Essen war ihr geringstes Problem. Sie lebte, wohingegen ihre Schwester und ihr Schwager tot waren. Fast schämte sie sich dafür, dass sie überhaupt noch am Leben war. Doch das durfte sie unter keinen Umständen zeigen.

»Ich werde dafür sorgen, dass man dir reichlich Speisen und Getränke bringen wird. Und diesem Milan werde ich eine ­Kugel in den Kopf jagen, wenn er dich noch einmal so hungern lässt.«