Defcon One 3 - Andy Lettau - E-Book

Defcon One 3 E-Book

Andy Lettau

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Beschreibung

Ein Anschlag in New York und ein merkwürdiges Erpresserschreiben, welches die letzten lebenden Ex-Präsidenten bedroht - Teil 3 des sechsteiligen Serials! Präsident Barack Obama ist tot, durch eine Bombe in Berlin in Stücke gerissen. Kaum ist George T. Gilles als Nachfolger ins Amt eingeführt, überschlagen sich die Ereignisse. Zunächst landet der abgetrennte Kopf eines im Irak entführten Zivilisten im Weißen Haus. Dann bricht nach einem Anschlag in New York Panik aus, und die vier noch lebenden Ex-Präsidenten geraten ins Visier eines unbekannten Gegners. Einem seltsamen Erpresserschreiben, welches die Räumung sämtlicher US-Militärbasen in Übersee zur Forderung hat, möchte die neue Administration in Washington zunächst wenig Beachtung schenken. Erst als Mark Spacy, Operationsleiter der regierungsnahen und ultrageheimen National Underwater & Space Agency, auf einen Zusammenhang zwischen den Anschlägen und den rätselhaften Toden einiger NASA-Top-Astronauten hinweist, gibt der Präsident sein Einverständnis für ein waghalsiges Geheimkommando. Von Andy Lettau sind ebenfalls »Balkanblut« und »Neversleep« bei Knaur eBook erschienen.

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Seitenzahl: 258

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Andy Lettau / Robert Lady

Defcon One

Angriff auf AmerikaTeil 3

Knaur e-books

Über dieses Buch

Inhaltsübersicht

DRITTES BUCHKAPITEL 30KAPITEL 31KAPITEL 32KAPITEL 33KAPITEL 34KAPITEL 35KAPITEL 36KAPITEL 37KAPITEL 38KAPITEL 39KAPITEL 40KAPITEL 41KAPITEL 42KAPITEL 43KAPITEL 44KAPITEL 45KAPITEL 46KAPITEL 47KAPITEL 48KAPITEL 49KAPITEL 50KAPITEL 51KAPITEL 52KAPITEL 53
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DRITTES BUCH

Der Countdown

KAPITEL 30

11.03., 06.03 Uhr

Pazifischer Ozean

An Bord des Raketenversorgungsschiffes Sea Launch Commander verpasste an diesem frühen Morgen kein einziges der zweihundertundfünfzig Crewmitglieder den spektakulären Sonnenaufgang in den pazifischen Gewässern rund 1500 Meilen südlich von Hawaii. Die im matten Weißgrau angestrichene Fähre operierte irgendwo auf dem 54. Grad westlicher Länge, während auf der in einigen Meilen Abstand treibenden Abschussplattform Sea Launch Odyssey der Countdown für die Zenit-3SL Rakete und die darin integrierte Raumfähre der NUSA ohne Unterbrechung ablief.

Die Sea Launch Commander und die Sea Launch Odyssey bildeten eine Operationseinheit und waren Eigentum der Sea Launch Company, einem internationalen Konsortium für kommerzielle Raketenstarts auf hoher See. Zu dem Konsortium gehörten vier Firmen aus den Vereinigten Staaten, Russland, der Ukraine und Norwegen. Die Sea Launch Company blickte auf eine fast zehnjährige Erfahrung im Starten von Trägerraketen in der Nähe des Äquators zurück. Im Gegensatz zu vielen Raketenstarts an Land bot die günstige Lage im Pazifik den Nutzern der Plattform die Gelegenheit, Raketen mit mehr Gewicht abzuschießen, da die hiesige Rotationsgeschwindigkeit einen günstigen Orbit ermöglichte.

Jack Hunter saß im abgedunkelten Mission Control Center des großen Schiffes und starrte auf die Zahlenkolonnen, die auf seinem Monitor den aktuellen Status der Rakete wiedergaben. Nervös knabberte er an einem Schokoriegel, als der Countdown in die letzte Phase ging und eine Sprecherin über die Kopfhörer den Zeitpunkt bis zum Start mit zwei Minuten angab.

»Bist du auch schön artig und gehst den Leuten nicht mit deinen bekloppten Ideen auf den Nerv?«, erkundigte sich Spacy aus dem Cockpit des Mini-Shuttles Independence, welches die Endstufe auf der Spitze der sechzig Meter hohen Zenit-Trägerrakete bildete.

»Da mach dir mal keine Gedanken. Irgendwie schlage ich die Zeit hier schon tot«, erwiderte Hunter und lutschte ein paar übrig gebliebene Schokoreste von seinen verklebten Fingern.

»Denk daran, wir sind hier nur zahlende Gäste. Nicht, dass du mir irgendwas kaputt machst. Admiral Adamski würde das, glaube ich, nicht so lustig finden«, lästerte Spacy weiter, während die mithörenden Techniker im Mission Control Center amüsiert grinsten und sich über die beiden komischen Vögel wunderten, die hier so seltsam relaxed dem Start des NUSA Prototypen entgegensahen.

»Fragt sich nur, wer von uns beiden immer James Bond spielen muss und dauernd Dellen in meine Apparate macht.«

»Keine Sorge, ich bringe dir die Kiste schon wieder heil zurück. Wir sehen uns in der Mojave-Wüste wieder.«

»Alles klar. Ich drück dir die Daumen.«

Die Schwimmkörper der nicht verankerten Plattform, auf der sich Spacy nun als einziger Mensch befand, waren bereits Stunden vorher geflutet worden und hatten das technische Monstrum fast auf Meeresspiegelniveau abgesenkt. Die Odyssey selber war vor einigen Wochen zusammen mit der Zenit-Rakete und der NUSA Eigenentwicklung Independence von Long Beach ins Zielgebiet geschleppt worden. Der Seegang war schwach, und die Techniker an Bord des Schiffes hatten wenig Mühe, per GPS die schwimmende Insel in Position zu halten.

Spacy lag waagerecht in seinem Raumanzug und war mehr oder weniger zum Nichtstun verurteilt, da die Startautomatik der Rakete per Fernzündung von Bord der Sea Launch Commander erfolgte. Er war jetzt voll auf seine Aufgabe konzentriert und verschwendete keinen Gedanken an die letzten Wochen, die mit den Geschehnissen am Empire State Building einen vorläufigen brutalen Höhepunkt genommen hatten. Seitdem war es still geworden um die HAMAS, und insgeheim hofften alle Involvierten, dass das nächste Ultimatum verstreichen würde, ohne dass ein Ex-Präsident oder Astronaut sein Leben lassen musste. Präsident George T. Gilles hatte an jenem denkwürdigen Abend im Waldorf Astoria in New York Spacys Vorschlag zugestimmt, dass die NUSA weitere Gelder zur Erprobung des Mini-Shuttles erhalten sollte, um für einen eventuellen Rettungseinsatz im All gerüstet zu sein. Spacys Analyse der Terroristen-Pläne waren dem Präsidenten noch sehr präsent gewesen, und er wollte plötzlich nicht mehr ausschließen, dass es gegebenenfalls einen Anschlag auf die Atlantis geben könnte. Da die NASA keinen aktuellen Rettungs-Shuttle hatte, gab schließlich das Independence Konzept von Spacy und Admiral Adamski Präsident George T. Gilles das benötigte Argument, auf einen wahrscheinlich nie eintretenden Anschlag auf die NASA zumindest theoretisch vorbereitet zu sein. Die Independence war im Grunde genommen eine verkleinerte Version der NASA Space Shuttles, allerdings weniger wartungsintensiv und nur für eine geringe Nutzlast ausgelegt. Jack Hunter und seine Crew hatten jahrelang experimentiert, bis die Spezifikation festgelegt war und der Bau des Prototyps erfolgen konnte. Und heute war es endlich soweit, es ging ab in den Orbit.

Über den Kopfhörer hörte Spacy, wie die letzten zehn Sekunden herunter gezählt wurden. Alles, was er von der Außenumge­bung sehen konnte, spielte sich auf zwei kleinen, nebeneinander angeordneten Monitoren ab, die per Kabel zu winzigen und rückwärtsgerichteten Außenbordkameras führten. Sie vermittelten ihm einen Eindruck davon, wie er sich beim Start von der Erde entfernte und später dann in den Weltraum schaute. Ansonsten hatte er keine Sicht durch ein Außenfenster, da die Independence, quasi als Paket, in dem von Boeing konstruierten Frachtmodul eingebettet war.

»Zündung!«

Mit einem gewaltigen Grollen entzündete sich die unterste Stufe, und das hochexplosive Gemisch aus Kerosin und flüssigem Sauerstoff erzeugte den notwendigen Schub, um die Rakete pünktlich in die Höhe zu hieven. Das für den geostationären Transferorbit von Satelliten ausgelegte Trägersystem hätte die ­Independence mühelos in die Tiefen des Alls getrieben, was allerdings beim heutigen Test nicht notwendig war. Spacy, der im Inneren der Raketenspitze heftig durchgeschüttelt wurde, wollte lediglich in eine niedrige Erdumlaufbahn gehen, welche in etwa der derzeitigen Position der Internationalen Raumstation ISS entsprach. Im ständigen Kontakt mit der Bodenstation stehend, bestätigte Spacy per Funk alle Daten der Rakete, die auf seinen beleuchteten Instrumenten angezeigt wurden, an den Leiter von Mission Control auf der Sea Launch Commander. Hunter, der als verlängerter Arm von Spacy seinen Dienst auf dem Frachtschiff versah, kontrollierte die Manöver seines Freundes, der sich mit rasender Geschwindigkeit von ihm weg bewegte und nach rund dreißig Minuten den höchsten Punkt seiner elliptischen Umlaufbahn erreichte.

Als die dritte und letzte Antriebsstufe ausgebrannt war und vom Boeing-Modul abgesprengt wurde, lösten sich die Bolzen der Außenkapsel. Wie riesige Schalen einer Walnuss glitten zwei metallische Hüllen in den Weltraum, um dort später beim Wiedereintritt in die Atmosphäre zu verglühen. Die Independence war nun auf sich alleine gestellt, und es krächzte erneut in der Leitung, als der Startleiter der Sea Launch Company sein letztes Kommando durchgab.

»NUSA Control übernimmt nun die Überwachung der Flugphase, Mark. Ihr alter Spezi Jack hat das Kommando«, war die Stimme vom Boden zu hören.

»Verstanden, dann lassen Sie mal den Amateur ans Funkgerät«, antwortete Spacy und genoss währenddessen zum ersten Mal die freie Sicht aus dem Cockpit.

»Hier NUSA Control. Bereit zum Zünden der Orbitmanövriertriebwerke in zehn Sekunden«, meldete sich Hunter.

»Roger, NUSA Control. Schalte auf Eigenantrieb und fliege mit Muskelkraft weiter.«

»Schon mal was von Funkdisziplin gehört? Zündung in fünf Sekunden, vier, drei, zwei, eins …«, sagte Hunter, worauf Spacy die entsprechende Computersequenz auslöste.

»Zündung erfolgt. Bin auf Eigenschub. Ich zirkularisiere die Umlaufbahn.«

Die beiden Männer gingen die Standardprozedere für diese Phase des Fluges durch und korrigierten den Bahnneigungswinkel. Zunächst waren drei Erdumläufe von jeweils circa einhundert Minuten vorgesehen, dann sollte die Annäherung an die Internationale Raumstation erfolgen, allerdings ohne anzudocken, da hierzu ohnehin noch nicht das entsprechende Verbindungsmodul in der Independence eingebaut war. Spacy spürte die Schwerkraft und bemerkte plötzlich, wie irgendetwas seinen Helm berührte. Verwundert griff er hinter seinen Kopf und musste lachen, als er den Gegenstand fassen konnte.

»Feierst du da oben deine eigene Party, oder was gibt es da zu lachen«, fragte Hunter.

»Wenn du beim nächsten Mal deine Mittagspause in dieser Kiste verbringst, solltest du darauf achten, anschließend deinen Krempel mit von Bord zu nehmen. Hier hat sich was aus einem Staufach selbständig gemacht, was du bestimmt schon vermisst hast«, antwortete Spacy.

»Und das wäre?«

»Der aktuelle Playboy fliegt gerade durchs Cockpit. Ich soll dir schöne Grüße von Miss Februar bestellen. Sie hat wunderschöne braune Augen. Willst du mal sehen?«

Spacy hielt das Cover des Herrenmagazins vor die Linse der Innenbordkamera und das Resultat war ein nicht zu überhörendes Lachen der Bodencrew, als Hunter seinerseits auf die Übertragungsbilder aus dem All starrte.

»Da stand ein interessanter Artikel über Hyperschall-Tauchfahrten drin«, brachte Hunter seine Entschuldigung vor.

»Ist klar. Ich kauf das Ding auch nur wegen den spannenden Reiseberichten.«

Die Männer konzentrierten sich wieder auf ihre Arbeit und tauschten innerhalb der nächsten zwei Stunden Daten aus, während die Independence um die Erde schoss und Landschaften von atemberaubender Schönheit unter ihr hinweg glitten. Dann kam die Internationale Raumstation ISS in Spacys Sichtweite und er filmte das in einem Bahnneigungswinkel von 51,6 Grad schwebende 400-Tonnen-Objekt vor der Schwärze des unendlichen Alls. Dass Menschen in der Lage waren, eine solche Station an einem so unwirtlichen Ort zu errichten, grenzte seiner Meinung nach fast an ein Wunder.

»Sie ist wunderschön. Und verdammt riesig. Mein Gott, ich wünschte mir, Tracy könnte das sehen«, kommentierte Spacy seinen Vorbeiflug, von dem er jede Sekunde genoss.

»Das wird sie, da bin ich ganz sicher«, antwortete Hunter.

Dann nahm Spacy Kontakt zur ISS auf und hatte den aktuellen Kommandanten, Patrick Kennedy, auf der Satellitenleitung.

»Und ich dachte schon, unser Pizzataxi kommt überhaupt nicht mehr«, scherzte der sympathische und erfahrene Kommandant auf der ISS.

»Ich hätte gerne einen kleinen Zwischenstopp eingelegt, aber irgendwie sind die Bremsen an meiner Kiste kaputt«, gab Spacy gutgelaunt zurück.

»Wir wurden über John Forrester von der NASA informiert, dass Sie auf einer inoffiziellen NUSA-Mission unterwegs sind. Unser kleines Geplauder geht nicht über die offenen Kanäle. Wie macht sich das Mini-Shuttle?«

»Bisher fehlerfrei. Mein Chefkonstrukteur hebt normalerweise ab, wenn man ihn nur ansatzweise lobt. Aber ehrlich gesagt, hat er mit dem Bau der Independence die Gesellenprüfung bestanden.«

»Schön. Ist gut zu wissen, dass sich jemand um die Entwicklung der Rettungsmodule kümmert. Wenn es hier oben wirklich mal knallt, sehen wir ziemlich alt aus. Sie wissen ja, diese ständigen Budgetkürzungen. Naja, wahrscheinlich denken jetzt da unten sowieso alle erst mal kurzfristig darüber nach, wie man den Verlust unserer Jungs kompensieren kann.«

»Sie meinen die NASA-Piloten?«

»Ja. Glenmore, Ashby, Hinkley und Bolden. Ich kannte sie alle. Das waren die Besten der Besten«, ließ Kommandant Kennedy mit verärgertem Unterton durchblicken.

»Commander, ich bin als NUSA Mann in das ganze Drum­herum eingebunden, darf aber leider nichts zum aktuellen Stand der Ermittlungen sagen. Aber eine Vermutung darf ich trotzdem äußern. Für mich waren das ein paar Zufälle zu viel«, gab sich Spacy bewusst diskret.

Die Antwort aus der Internationalen Raumstation ließ nicht lange auf sich warten.

»Wir sehen das hier oben genauso. Da scheint jemand erpicht darauf, die NASA zu schwächen. Gott sei Dank wird das in den Medien klein gekocht. Die konzentrieren sich lieber auf diese New York Nummer. Sind ja auch ziemlich emotionale Bilder gewesen. Sowas zieht beim Zuschauer.«

»Hoffen wir, dass Ihr hier oben ruhigere Tage verlebt als wir da unten.«

Der Kommandant lachte und führte noch einige Augenblicke das Gespräch mit Spacy fort, bevor die Verbindung auf Hunters Drängen unterbrochen wurde.

»Es geht heimwärts. Bereite dich auf den Höllenritt deines Lebens vor!«

»Wird schon schiefgehen. Hundert Punktlandungen auf einem Flugzeugträger in stürmischer See sollten als Referenz reichen«, spielte Spacy auf seine Erfahrung als Navy-Pilot an.

»Okay, Space-Cowboy! Dann wollen wir mal sehen, was du wirklich drauf hast.«

Der Shuttle würde in Kürze aufgrund der enormen Reibungs- und Belastungskräfte gewaltigen strukturellen Belastungen unterworfen. In dieser Phase des Wiedereintritts würde sich zeigen, ob für die Independence der von der NASA übernommenen Hitzeschild, der aus tausenden kleinen Keramikkacheln bestand, ausreichte.

»Die Luftreibung wird gleich deine Nase auf 1000 Grad Celsius aufheizen. Die ionisierten Luftmoleküle werden dich im wahrsten Sinne des Wortes rot sehen lassen. Ich hoffe, du hast deine Sonnenbrille dabei«, sagte Hunter und ging im Wechsel mit Spacy die aktuellen Höhendaten durch.

»Umschaltung auf Funkverkehr über geostationären Bahnverfolgungs- und Datenrelaissatteliten erfolgt … jetzt!«, meldete Spacy an NUSA Control im Pazifik. Die mithörenden NASA-Techniker auf der Edward Air Force Base im Dryden Flight Research Center in Kalifornien waren damit zeitgleich informiert. Da sich das Kontrollzentrum der NASA in Houston ebenfalls wie abgesprochen in den Funkverkehr eingeklinkt hatte, hatte Spa­cy plötzlich eine weitere vertraute Stimme auf seinem Kopfhörer.

»Mark, du Satansbraten, auch wenn es noch zu früh zum Gratulieren ist: Hier ist jemand, der dir kurz etwas mitteilen möchte«, meldete sich Flugdirektor John Forrester über Funk.

»Erde an Luke Skywalker, hier spricht Prinzessin Leia Organa vom Planeten Alderaan. Möge die Macht mit dir sein«, war die scherzende Stimme von Tracy Gilles zu hören.

»Tracy, Schatz. Ich hoffe du bist nicht sauer, wenn es heute ein bisschen später wird. Ist `ne Menge Verkehr über dem Pazifik unterwegs«, freute sich Spacy über die überraschenden Worte seiner Partnerin, die klangen, als säße sie direkt neben ihm auf dem Co-Pilotensitz.

»Ich küsse dich.«

»Ich dich auch. Diesen Trip müssen wir unbedingt mal zusammen machen.«

»Das machen wir. Versprochen!«

Dann waren die Interferenzen für einen Augenblick so stark, dass nur Rauschen zu hören war. Dies hing mit dem Deorbit Burn zusammen, jenem Manöver, wobei die Zündung des Manövriertriebwerks die Bahngeschwindigkeit des Shuttles extrem verringert. Spacy sah den Pazifik unter sich und nahm ihn lediglich wie eine Abfolge unterschiedlicher Blautöne wahr. Er konnte die Küstenlinie von Kalifornien als einen schimmernden, sandfarbenen Strich erkennen, an dem sich hier und da Schattierungen zeigten, die in Wirklichkeit größere Städte waren. Er manövrierte die Independence unter Einsatz der Lagerungstriebwerke in mehrere langgezogene S-Kurven und bremste den Orbiter auf die zweieinhalbfache Schallgeschwindigkeit herunter. Achtzehn Meilen über dem Grund glich das Tempo seines Shuttle noch immer dem eines Projektils aus einer Maschinenpistole, sodass ein spezielles Manöver notwendig war, welches in den NASA-Handbüchern mit HAC, Heading Alignment Cylinder, einer fast als Vollkreis geflogenen Kurve, bezeichnet wurde.

»Du bist jetzt im Endanflug. Geschwindigkeit knapp über zweihundert Meilen. Landebahn 04/22 gehört dir. Mikrowellenlandesystem aktivieren … jetzt!«

»Landesystem ist aktiviert«, bestätigte Spacy gegenüber Hunter.

»Sinkgeschwindigkeit optimal. 2,3 Meter pro Sekunde.«

»Sinkgeschwindigkeit reduziert sich auf 2,2 Meter pro Sekunde.«

»Touch Down in … vier, drei, zwei, eins …«

»Touch Down!«

»Bremsfallschirm nach eigenem Ermessen.«

»Verzichte auf Aktivierung des Bremsfallschirms.«

»Roger. Perfekte Landung!«, gratulierte Hunter, während die Independence die volle Distanz zum Ausrollen benötigte und sich der Konvoi aus Spezialfahrzeugen bereits in Bewegung setzte.

»Ich sehe schon das Begrüßungskomitee. Wie immer die üblichen Verdächtigen. Ich wäre dir dankbar, wenn wir die Checkliste heute mal im Schnelldurchgang erledigen könnten. Unser NUSA Medizinmann ist nämlich eine echte Nervensäge«, bat Spacy um eine schnelle Erledigung des De-Briefings.

»Keine Chance, Kumpel. Der Doktor soll dich mal schön auf Herz und Nieren prüfen. Schließlich bist du der älteste unserer Versuchsaffen«, flachste Hunter und übergab an einen NUSA Mitarbeiter, der sich daraufhin die Flüche des Weltraumheimkehrers anhören musste.

Dann machte sich der Chefingenieur der National Underwater & Space Agency auf den Weg an das Oberdeck, wo bereits ein Pilot in dem modifizierten zweisitzigen NUSA Senkrechtstarter wartete, um Hunter schnellstmöglich in die Mojave-Wüste zur vereinbarten Happy Hour zu fliegen. Mit seinem typischen Grinsen blickte Hunter auf die Seal Launch Odyssey hinab und winkte der Instandsetzungscrew auf der Plattform ein letztes Mal zu, während der dreißig Jahre alte Harrier mit den vollgetankten Zusatztanks in Richtung kalifornischer Küste zum Sun Downer davonflog.

KAPITEL 31

14.03., 21.58 Uhr

Ras Lanuf, libysche Küste

Steve Miller schritt barfuß über den feinen und nach der Hitze des Tages langsam auskühlenden Strand unweit der libyschen Hafenstadt Ras Lanuf. Winzige Sandkörner hafteten an seinen Zehen, und gelegentlich lugte ein vorwitziger Einsiedlerkrebs angriffslustig mit seinen aufgestellten Scheren aus einem kleinen runden Loch.

Tagsüber, wenn die Sonnenstrahlen den roten Sand unterhalb der Wasseroberfläche reflektierten, schimmerte das Meer kobaltblau, nahm an flacheren Stellen eine smaragdgrüne Färbung an und brach sich in den einstürzenden Wellen in ein helles Aquamarin. Aber zu dieser Uhrzeit war es einfach nur schwarz und spiegelte in tanzenden Mustern millionenfache orangene und rote Punkte wider, die von der nahe gelegenen Raffinerie in Form emporschießender Flammen verursacht wurden.

Die Ras Lanuf Oil and Gas Processing Company (RASCO) gehörte, wie alle Raffinerien im Lande, zur staatlichen NOC, der National Oil Corporation of Libya. In dem gewaltigen petrochemischen Komplex wurden sämtliche Produkte erzeugt, die sich aus dem Öl gewinnen ließen. In der angeschlossenen Hafenanlage ankerten Dutzende Tankschiffe, in deren stählerne Leiber in einem nie enden wollenden Fluss das schwarze Gold gepumpt wurde. Libyen war Mitgliedsstaat der Organisation erdölexportierender Länder OPEC, und die weltweiten Einnahmen aus dem Verkauf sicherten dem Land der Beduinen seine Existenz.

Miller blieb stehen und blickte auf das Meer, hinein in die große Syrte, und beobachtete die ein- und ausfahrenden Tanker. Der Salzgeruch des Meeres mischte sich in der trockenen Luft mit den herüber wehenden Dämpfen der Fabrik, in deren Kesseln und Verbrennungsöfen das Lebenselixier für die Industriestaaten dieser Welt gebraut wurde. Sein großer Feind, die Vereinigten Staaten von Amerika, profitierte weltweit am meisten von dem Öl, obwohl sie es selber in Unmengen für ihr faules und gefräßiges Volk importieren mussten. Die USA profitierten deshalb, weil der Preis des Öls weltweit in Dollar gehandelt wurde, und diese Dollars wiederum zu großen Teilen in Amerika angelegt wurden. Die USA stützten ihre Macht allein auf der Tatsache, dass sie den Dollar hatten. Dieser Gedanke verursachte Miller eine fast körperliche Übelkeit. Könnte man doch nur der Macht des amerikani­schen Dollars durch eine gemeinsame afrikanisch-arabische Währungseinheit etwas entgegen setzen. Miller bewunderte seinen Vater, den Revolutionsführer, der in den vergangenen Jahrzehnten den arroganten Staaten dieser Welt die Stirn geboten hatte.

In der Ferne waren klappernde und schnaufende Geräusche zu hören, die vom leisen Dröhnen irgendwelcher Motoren untermalt wurden. Langsam dreht sich Miller um und blinzelte in die Dunkelheit hinein. Vor der Respekt einflößenden Kulisse der Raffiniere lösten sich im Lichtkegel von vier Autoscheinwerfern die vorauseilenden Umrisse eines Reiters, der mit wehendem Gewand auf einem schneeweißen Vollblutaraber die Distanz zu Miller an der Wasserlinie des Strandes in atemberaubendem Tempo überbrückte. Schließlich stoppte der Reiter das Tier, welches sich unmittelbar vor Miller auf seinen Hinterbeinen aufbäumte und seine charakteristischen Merkmale, einen kleinen Kopf mit breiter Stirn, große und tief liegende Augen, sowie zwei große trichterförmige Nüstern, zeigte. Der hohe Schweif war stolz aufgerichtet, und der Reiter musste sein gesamtes Geschick aufbringen, um das Pferd zu bändigen. Aus den in einigem Abstand wartenden Mercedes-Limousinen löste sich die Gestalt eines bewaffneten Leibwächters, der auf seinen Anführer zu gerannt kam und die Zügel übernahm. Dann stieg der Reiter vom Pferd und ging einige Schritte auf das Meer zu. Mit einer fast unmerklichen Handbewegung schickte er den Leibwächter zusammen mit dem edlen Tier zurück zu den wartenden Fahrzeugen.

Millers Herz raste vor Aufregung, und er beobachtete die Silhouette des Mannes, die sich unbeweglich vor den auftürmenden Wellen mit dem Rücken zu ihm abzeichnete.

»Du warst lange fort«, sagte der Mann auf Arabisch, ohne sich dabei umzudrehen.

»Aber jetzt bin ich hier. Im Land meiner Ahnen«, entgegnete Miller in der Landessprache.

Der klagende Ruf einer Möwe hallte durch die Dunkelheit und verlor sich irgendwo in der Ferne des unergründlichen Ozeans.

»Das Land deiner Ahnen? Erzähl mir vom Land deiner Ahnen!«, forderte der Ältere den Jüngeren auf.

»Vater«, entgegnete Miller und versuchte zu ergründen, was den Revolutionsführer bewegte. »Du selber hast mich vor langer Zeit hinaus in die Welt geschickt, um die Denkweise der Unwissenden zu studieren. Dein Ziel war es, die Imperialisten zu schwächen. Ich sollte dein Schwert sein und auf den Tag warten, an dem die Jamahiriya, das Zeitalter der Massen, auf deinen Befehl hin beginnt. Und nun erwartest du von mir, dass ich vom Land meiner Ahnen erzähle? Es liegt eine Ewigkeit zurück, dass ich die Wüste gesehen habe. Aber tief in mir spüre ich sie, diese trockene Unschuld, die den Geist reinigt und freimacht von allen materialistischen und Besitz ergreifenden Gedanken.«

Muammar Al Gaddafi, dessen Name nicht weniger als dreiunddreißig Schreibvarianten ermöglichte, drehte sich vom Meer weg und betrachtete jenen Mann, den er angeblich vor über vier Jahrzehnten während einer kurzen Affäre mit einer indischen Diplomatentochter in London gezeugt haben sollte und dem er seitdem nicht ein einziges Mal begegnet war. Dann breitete er seine Hände aus und sprach.

»Die Wüste ist wie der Schoß einer jungen Frau. Sie nimmt dich auf, wenn es ihr passt, und sie lässt dich tief in sie eindringen, wenn du bereit bist, dich für sie aufzugeben«, offenbarte der exzentrische Mann eine Weisheit, deren Bedeutung sich Miller nur teilweise erschloss. Bevor Miller darauf etwas antworten konnte, fuhr Gaddafi fort, und seine pechschwarzen Augen, die wie todbringende Granaten aus dem zerfurchten Gesicht herausstachen, bohrten sich bis tief in seine Seele hinein.

»Wie geht es deiner Mutter?«, wollte Oberst Gaddafi, das eigentliche Staatsoberhaupt Libyens, unvermittelt wissen.

Miller stutzte und war sich angesichts der Einfachheit der gestellten Frage nicht sicher, ob sein leiblicher Vater wirklich im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte war. Doch irgendetwas an der bedächtigen und ruhigen Art des Mannes riet ihm dazu, wachsam zu bleiben und nicht die Konfrontation zu suchen.

»Sie ist vor einigen Jahren an Krebs gestorben. Es war Gebärmutterkrebs, sie muss durch die Hölle gegangen sein.«

»Warst du in ihren letzten Stunden bei ihr?«

»Nein, wir hatten keinen Kontakt mehr, seit ich mit acht Jahren England verlassen habe. Du hattest ein anderes Leben für mich vorgesehen, falls du dich erinnerst, Vater.«

Muammar Al Gaddafi rückte seinen Überwurf aus schwerer Berberwolle über seinem weißen Umhang zurecht und wartete ab, bis der Wind seine wilden, schwarzen Haare aus dem Gesicht geweht hatte.

»Es ist nicht Recht, wenn eine Frau auf diese Weise stirbt. Eine Frau, die gebärt, die stillt und die sich um die biologischen Funktionen ihrer eigenen Brut kümmert, hat einen besseren Tod verdient. Wahrscheinlich warst du es, der ihren Körper verunreinigt hat. Bei deiner Geburt ist ein Teil des Bösen in ihr geblieben.«

Miller musste unwillkürlich schlucken, und unter normalen Umständen hätte er so eine direkte Provokation nicht auf sich sitzen lassen. Doch er zog es vor zu schweigen und abzuwarten, wie sich das Gespräch entwickeln würde.

Gaddafis Gesichtsausdruck glich dem einer schwarzen Mam­ba, die jeden Moment zubeißen und ihr tödliches Gift in den zum Sterben verurteilten Gegner treiben würde. Im fahlen Schein des heraufziehenden Mondes wechselte seine Gesichtsfarbe von olivgrün nach dunkelbraun und grau. Der silberweiße bis gelbe Pupillenrand ließ die beiden stechenden Augen in diesem Moment noch unheilvoller ihre Wirkung entfalten. Doch urplötzlich entspannten sich seine intensiven Gesichtszüge und er gab sich wie der gütige und wissende Vater, den er für seinen Volksstamm repräsentierte.

»Sehe ich dich beunruhigt und angsterfüllt, angesichts meiner Worte?«

Miller versuchte seine Besorgnis zu verbergen, doch ein Schweißtropfen, der sich an seiner linken Schläfe unaufhaltsam den Weg bis an das feine und schmale Kinn suchte, verriet, was wirklich in ihm vorging.

»Du bist zu klug und zu weise, als dass ich dir etwas verheimlichen könnte, Vater«, drückte Miller sein Unbehagen vorsichtig aus.

Gaddafi lachte und es klang wie der kehlige Laut einer Kreatur, die einem Albtraum entsprungen war.

Zum ersten Mal in seinem Leben hatte Miller den Eindruck, dass er es mit einem gleichwertigen Gegner zu tun hatte. Zum ersten Mal in seinem Leben verspürte Miller so etwas wie respektvolle Achtung und Angst zugleich vor einem Mann, der mit zurückliegendem Terror und geheimnisvoller Undurchschaubarkeit gleichermaßen in Verbindung gebracht wurde. Vielleicht war es ein Fehler gewesen, nach Libyen zu kommen und nach all den Jahren um dieses Treffen zu bitten. Doch es gab kein Zurück, und Miller wollte nichts anderes als diese Begegnung.

»Worüber denkst du nach?«, fragte Muammar Al Gaddafi und legte dabei seinen Kopf auf die Seite, so als wollte er seine Beute vor dem Biss noch einmal studieren.

»Über das, was die Zeit aus uns hat werden lassen«, antwortete Miller.

»Die Zeit? Oder meinst du die materielle Freiheit, die dir meine Mittelsmänner geschenkt haben?«, versetze Gaddafi bissig.

»Vielleicht beides.«

»Möchtest du reden?

»Ja, Vater.«

»Gut. Dann lass uns reden. Ich nehme an, du hast etwas Zeit mitgebracht. Machen wir einen kleinen Ausflug in die Wüste. Ich hoffe, dass dir mein Zelt gefallen wird.«

Unheilvoll warf das Mondlicht den Schatten des Revolutionsführers in den Sand, als dieser zurück auf die gepanzerten Fahrzeuge und den weißen Hengst zuschritt. Miller nahm auf dem Rücksitz eines Mercedes Platz. Aus seinem Sattel heraus schrie Gaddafi mit erhobener Hand etwas in die Nacht.

»Komm mit mir, die Wüste wartet!«

Dann wurde sein markdurchdringendes Lachen vom Wind hinaus auf das Mittelmeer getragen und der einsame Reiter und seine motorisierten Begleiter verschwanden wie ein Wüstensturm in einer Wolke am Horizont. Nur ein paar Spuren im Sand zeugten von dieser nächtlichen Begegnung, bevor die Flut sie endgültig verwischte.

KAPITEL 32

15.03., 09.00 Uhr

Washington D.C., East Potomac Golf Course

Der East Potomac Golf Course am Ohio Drive lag keine drei Meilen vom Stadtzentrum Washingtons entfernt. Mitten auf einer Landzunge, die den trüben Potomac an dieser Stelle teilte, boten die achtzehn Löcher für Golffreunde die ideale Gelegenheit, in den verlängerten Büropausen oder nach Dienstschluss unweit vor den Toren der Stadt den Schläger zu schwingen. Dass es um diese frühe Uhrzeit menschenleer auf der Anlage war, musste am Wetter liegen. Auch wenn man die ersten Vorboten des Frühlings in der Vegetation nicht übersehen konnte, war es dennoch unangenehm kalt an diesem Samstagmorgen. Dennoch hätte es dreißig Grad unter null sein können und Admiral Adamski hätte sich nicht beklagt. Als alt gedienter Seebär gab es für ihn kein schlechtes Wetter, sondern höchstens nur unpassende Kleidung. Der Grund dafür, warum bei ihm das Stimmungsbarometer auf dem Gefrierpunkt lag, war die Verabredung an genau diesem Ort. General Grant hatte eine Information loswerden wollen und dem Admiral, der am Golfspielen ungefähr so viel Spaß fand wie ein Sechsjähriger beim Aufräumen seines Kinderzimmers, ein Treffen auf dem Golfplatz abgerungen. Admiral Adamski, der sich mit Spacy aus geschäftlichen Gründen in der Stadt aufhielt, hatte zähneknirschend dem Termin zugestimmt. In seiner gelbblau karierten Hose, der blauen Navy-Kappe, den extra angeschafften weißen Golfschuhen und dem dicken roten Pullover sah er aus, als wolle er den Preis für das schrecklichste Outfit der Stadt gewinnen. Missmutig zündete er sich eine dicke Zigarre an und schaute desinteressiert zu, wie General Grant mehrmals mit dem Holz ausholte und mit einer eleganten Bewegung den kleinen weißen Ball schnurgerade über das Fairway schlug.

»Nicht übel, der kommt gut«, kommentierte Spacy den Schlag des Generals am sechzehnten von achtzehn Löchern und legte sich seinerseits den Ball auf das Tee. Obwohl er unter Sport etwas anderes verstand und nur gelegentlich Golf spielte, schlug er sich tapfer gegen den General, den es aus gesellschaftlichen Gründen immer wieder hinaus auf das Green zog.

»Mein lieber Admiral, es geziemt sich nicht, auf dieser Anlage zu rauchen«, tadelte General Grant den Admiral, der hinter dem Steuer des weißen Elektromobils hockte und unablässig dicke Rauchwolken in die Luft blies.

»Wenn juckt das schon? Außer uns ist ohnehin niemand hier«, ließ der Admiral seinem Unmut freien Lauf, während Spacy zwischenzeitlich einen passablen Schlag nachlegte.

»Und jetzt rücken Sie endlich mal raus mit dieser geheimnisvollen Nachricht. Schließlich sind wir nicht zum Vergnügen hier.«

»Werfen Sie einen Blick ins Handschuhfach, da finden Sie die Informationen«, versetzte Grant.

Adamski ließ sich nicht zweimal bitten und öffnete die kleine Klappe, hinter der ein grauer Umschlag verborgen war. Er riss das Papier auf und einige Schnipsel wurden vom Wind auf den hinter ihm liegenden Rasen geweht. Dann rückte er seine altmodische Brille zurecht und studierte aufmerksam den Bericht, der von Frank Harris von der CIA persönlich verfasst worden war. Schließlich widmete er sich einer Schwarz-Weiß Aufnahme, die er mehrmals hin und her drehte, und murmelte dabei etwas Unverständliches. Die beiden Spieler waren inzwischen ein Stück zu Fuß weitergegangen und genossen anscheinend die frische Luft. Admiral Adamski betätigte das Gaspedal und der surrende Elektromotor brachte ihn wieder auf Ballhöhe.

»Das soll wohl ein schlechter Scherz sein? Ein intaktes amerikanisches U-2-Spionageflugzeug auf Kuba? Ein Überbleibsel aus der Kubakrise von `62? Harris muss betrunken gewesen sein, als er diesen Bericht verfasst hat. Hat das eigentlich ein CIA-Agent vor Ort überprüft?«, fragte der Admiral und paffte mehrmals an seiner schweren Cohiba Zigarre.

»Nein, aber die Fuerzas Armadas Revolucionardias und die kubanischen Milizionäre schirmen den geheimen Flughafen dort ziemlich gut ab. Der Präsident würde das Eindringen unserer Special Forces wahrscheinlich ohnehin nicht genehmigen. Wir müssen uns also auf die Satellitenbilder verlassen und unserer eigenen Schlüsse ziehen«, antwortete General Grant.

»Wenn ich das Datum richtig in Erinnerung habe, war es der 27. Oktober 1962, als Major Rudolph Anderson von der McCoy Air Force Base in Orlando zu seinem Aufklärungsflug Richtung Kuba startete. Dann wurde er vom russischen Abwehrradar erfasst und mit einer Flugabwehrrakete vom Himmel gepustet. Beim Aufprall dürfte nicht mehr viel von der Maschine übrig geblieben sein. Stehen nicht Teile der Maschine in einem Museum in Havanna?«, schaltete sich Spacy in die Unterhaltung ein.

»Ja, im sogenannten Revolutionsmuseum. Aber das könnten genauso gut Fälschungen sein«, knurrte der Admiral und drückte Spacy die Dokumente in die Hand.

»Major Anderson ist damals in die USA überführt und mit allen militärischen Ehren bestattet worden. Er war quasi der einzige Tote in der Kubakrise. Was ist aber, wenn er die Maschine doch noch heil gelandet hat und erst am Boden exekutiert wurde? Dann würde theoretisch die Möglichkeit bestehen, dass dieses Aufklärungsflugzeug im Laufe der Jahre instand gesetzt worden ist. Das ist schon eine verdammt merkwürdige Geschichte«, rätselte General Grant über die Bilder der U-2.