Bannfluch des Bärenstroms (Verfemung der Sterne 2) - Jens Fitscher - E-Book

Bannfluch des Bärenstroms (Verfemung der Sterne 2) E-Book

Jens Fitscher

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Beschreibung

Commander Tarik Connar und der Rest seiner alten Crew werden in den Sternenhaufen Ursa Major verschlagen. Eine uralte Gefahr für die Völker ganzer Planetensysteme scheint wieder aktiv geworden zu sein. Connar startet mit seinem Schiff SORROW zu einem nur 160 Lichtjahre von der Erde entfernten Sonnensystem. Während Connars bester Freund Wayne-Zeno Uelisch durch eine Raum-Zeit Anomalie in ein anderes Zeitalter in ein weit entferntes Sonnensystem versetzt wird, kämpft er gegen die animalischen Krieger der Zisslies. Als ein junger Zisslies Krieger sich auf seine Seite schlägt, übernimmt Connar endlich die ihm zugedachte Verantwortung und kämpft mit ihm für die Planetenallianz HUrur gegen die Invasoren. Können Commander Connar und sein bester Freund Wayne-Zeno Uelisch das Erbe der Ellio’sh retten?

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Seitenzahl: 271

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JENS FITSCHER

BANNFLUCH

DES BÄRENSTROMS

VERFEMUNG DER STERNE

BUCH 2

© 2021 Jens Fitscher

Illustration: S. Verlag JG

Verlag: S. Verlag JG, 35767 Breitscheid

Alle Rechte vorbehalten

Neuauflage von „Commander Connar“ im Sammelband

2. Auflage

ISBN: 978-3-96674-241-2

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

INHALT:

Der Ruf

Aufbruch zum Bärenstrom

Eine Gefahr erwacht

Der Weg in die Dunkelheit

Aufstand des Schiffes

Wieder Gefangen

Überlebenskampf

Sterben

Auferstanden

Der wahre Feind

WERSTLES letzte gute Tat

Flucht

TOHIKUM Chronor

TOHIKUM EC / Die Chron-Bastion

Planetensystem Ecol

Kampf dem KORRELAT

Rettung in letzter Sekunde?

Bevollmächtigter des Lebens

Angriff der Zisslies

Das Energienetz

Freund oder Feind

Der Planet Koro

Die Planetenallianz von HUrur

Die geplante Invasion

Die SORROW greift ein

Die Naturkonstanten sind Gesetzmäßigkeiten, die ihre Daseinsberechtigung erst offenbaren, wenn es sie nicht mehr gäbe. Die Zeit ist eine davon. Die Zeit fließt nicht nach einer Richtung und sie ist auch keine Konstante. Aber sie ist eine Gesetzmäßigkeit, deren Vorhandensein außer Zweifel steht. Wird diese Gesetzmäßigkeit nun durch eine beliebige äußere Einwirkung massiv gestört, so kann die Kausalität des Lebens, so, wie wir sie kennen, ad absurdum geführt werden. Alles, was du glaubtest, erlebt zu haben, wird in Zweifel gestellt und ein neues Kapitel in der Wechselbeziehung zwischen dir und dem Universum wird entstehen.

Der Ruf

„Commander, soeben wird eine Temporaltransmission empfangen.“ Die Mitteilung des TOHIKUMs war noch nicht ganz verklungen, als ein lauter, durchdringender Heulton einsetzte.

Die Männer und Frauen zuckten wie unter einem Stromschlag zusammen. Der Ton malträtierte die Gehörnerven aller.

Bevor Connar aktiv werden konnte, kam bereits die Warnung des TOHIKUMs: „Die eingehende Temporaltransmission kann keinem der bekannten TOHIKUM Stationen zugeordnet werden. Ihre Herkunft ist unbekannt. Der Empfang wird unter Vorbehalt bestätigt und das Zeitfenster permeabel gehalten. Commander, Sie werden gebeten zu entscheiden, ob eine vollständige Entgegennahme erfolgen soll.“

„Gibt es überhaupt keinen Anhaltspunkt, woher oder aus welcher Zeit die Mitteilung kommt?“

„Negativ, das kann ich erst bestimmen, sobald die permeable Zeitblase vollständig geöffnet ist.“

Connar schaute etwas ratlos hinüber zu Zeno. Auch er schien ratlos zu sein, zumindest unterblieben seine in solchen Situationen sonst so provozierenden Sprüche.

„Was soll schon passieren? Ich denke bei einer Temporaltransmission handelt es sich lediglich um die Übersendung von geschriebenen Mitteilungen, und was sollte daran schon gefährlich sein?“ Weidenreichs Bemerkung gab den weiteren Anstoß.

„Handelt es sich nur um eine geschriebene Mitteilung?“

Connar erinnerte sich noch genau an das Dokument, das er sich selbst aus einer 25.000-jährigen Vergangenheit geschrieben hatte.

„Negativ. Es kann sich um einen beliebigen Gegenstand handeln, der aufgrund seiner Größe in eine Zeitröhre passt. Es ist aufgrund des noch aktiven Zeitfeldes nicht möglich, die genaue stoffliche Zusammensetzung zu bestimmen“

Weidenreich hatte also einen Gedankenfehler begangen. Er hatte es als selbstverständlich vorausgesetzt, dass lediglich geschrieben Mitteilungen verschickt werden konnten. Letztendlich blieb die endgültige Entscheidung an Connar hängen.

„Es kann also auch eine Bombe sein.“ Marvin hatte es erfasst.

„Die gesamte Crew verlässt sofort den Raum und begibt sich auf die SOROOW zurück. Zeno, veranlasse die Aktivierung des Intern Schutzschirms. Ich werde allein hier unten bleiben.“

Connar beobachtete den Abgang der Mannschaft doch etwas mit gemischten Gefühlen.

Als dann per Logcom die Bestätigung von Zeno eintraf, dass der Schirm stand und alle Mann sich in der Zentrale des Schiffes versammelt hatten, wandte er sich dem TOHIKUM zu.

„Aktiviere die endgültige Empfangsphase der Temporaltransmission!“

Sofort hüllte ihn ein Schutzfeld ein, das aus einem in der Decke eingelassenen Projektor geschossen kam.

„Empfang wird bestätigt. Erste Sendungsdaten werden analysiert. Der Absender wird verifiziert. Die Lokalisierung läuft.“

Connar hätte zunächst lieber gewusst, was genau da angekommen war und erst an zweiter Stelle galt sein Interesse dem Herkunftsort. Aber er wollte das TOHIKUM jetzt auch nicht unterbrechen. Anscheinend war der ankommende Gegenstand auch nicht gefährlich, denn der Schutzschirm um ihn erlosch.

„Es wird die Ursa Major Gruppe lokalisiert. Zur Information, der Sternenhaufen Ursa Major auch Bärenstrom genannt, besteht aus fast allen hellen Sternen des Sternbildes Großer Bär und enthält fast alle Sterne des Großen Wagens sowie weitere Sterne. Das Sonnensystem der Erde befindet sich im Randbereich des Stroms. Seine Ausdehnung beträgt etwa 20 Grad, bei einer mittleren Entfernung von etwa 75 Lichtjahren also etwa 30 Lichtjahre.

Die Sterne besitzen eine Eigenbewegung von etwa 14 km/s mit einem Zielpunkt beim Sternbild Schütze. Die Temporaltransmission kommt aus dem Bereich Delta Aquarii. Dies ist ein etwa 160 Lichtjahre von der Erde entfernter Hauptreihenstern im Sternbild Wassermann. Der Stern trägt den Eigennamen Skat. Seltsamerweise konnte kein Planet ermittelt werden, obwohl es außer Zweifel steht, dass der Absender eine TOHIKUM Station ist. Eine Zeiteinheit, das heißt, eine Zeitepoche der Versendung konnte ebenso wenig ermittelt werden. Der Abdruck von Zeitverwirbelungen wurde angemessen.“

Connar hörte zu und schluckte schwer. Es gab ein paar Ungereimtheiten nicht nur im Verstehen auch in der Terminologie. Das wollte er aber erst später klären. Zunächst galt es, die Temporaltransmission näher unter die Lupe zu nehmen.

Er ging durch das zweite Schott in den einzigen Nebenraum. Dort befand sich die Zeitröhre mit dem angekommenen Inhalt.

Sie stand noch genau dort, wo er sie in Erinnerung hatte. Tatsächlich war ein leinenartiges Tuchstück angekommen, auf dem undeutlich Schriftzeichen gekritzelt waren. Das Ganze sah sehr unprofessionell aus.

Connar nahm das Leinentuch in die Hand und zog es vorsichtig auseinander.

Die Schriftzeichen schienen in großer Eile und mit einer nicht zu identifizierbaren Substanz geschrieben worden zu sein.

Ganz deutlich konnte er in englischer Sprache entziffern: „Eine große Gefahr bahnt sich an, nicht nur die Allianz von HUrur ist in Gefahr, sondern auch das nahe gelegene Erdsystem. Das KORRELAT ist erwacht, hütet euch vor ihm; die wirkliche Gefahr kommt aber von einer anderen Seite. Die Zeit spielt eine Rolle, vergesst niemals die Zeit. Sucht im Bärenstrom, sucht im Netz.“

Unterschrieben war klar und deutlich mit Zeno. Was sollte das nun wieder bedeutete?

Sein Freund befand sich auf dem Schiff mit all den anderen und jetzt hielt er hier eine mehr als merkwürdige Nachricht von ihm in der Hand. Das Ganze wirkte sehr fragwürdig auf ihn, obwohl, Connar musste sich an seine eigene, aus der Zukunft verschickte Nachricht an sich selbst erinnern.

Jedenfalls waren seine damaligen Worte verständlicher gewesen. Er musste sofort mit Zeno sprechen.

Auf dem Weg zur SORROW vernahm er ein auf- und abschwellendes Summen und glaubte zuerst, es wäre auf einen beginnenden Tinnitus zurückzuführen.

„Zeno, wo steckst du? Ich muss dringend mit dir sprechen.“

„Ich bin mit Marah zusammen auf dem Holodeck. Sie findet es fantastisch.“

Wir treffen uns auf der Brücke. Ich bin in fünf Minuten dort, es ist wichtig!“

Alle Besatzungsmitglieder trugen mittlerweile das Logcom unter dem linken Ohr. Es handelte sich um eine Kombination von Mikro und Lautsprecherchip, mit dem man über eine Entfernung von bis zu einhunderttausend Kilometern relativ störungsfrei kommunizieren konnte.

Man brauchte lediglich den Namen der betreffenden Person zu nennen, mit der man sprechen wollte, andernfalls würde jeder, der über das Gerät verfügte, den Anruf erhalten.

Ein leichter Druck auf die Ohrmuschel genügte, um es zu aktivieren oder zu deaktivieren. Connar betrat die Zentrale zwei Minuten vor Zeno.

Marvin G. kam auf ihn zu. „Wie ist es gelaufen, Tarik, nun sag schon. Haben wir eine neue Aufgabe?“

Connar schaute ihn etwas irritiert an. „Marvin, wie meinst du das?“ Er ging weiter auf dem Commander Pult zu.

„SORROW, Round Table!“ Das Codewort Round Table bedeutete für das Schiff, einen Tisch inmitten der Zentrale durch Formenergie entstehen zu lassen. Connar nutzte diese Möglichkeit seit Kurzem, um wichtige Gespräche mit der Crew dort zu führen.

Marvin folgte ihm auf dem Fuße. Connar legte das Stück beschriebenes Leinentuch auf die eben erst entstandene Tischoberfläche und schaute Zeno entgegen, der durch das Schott hereinkam.

Scheuning und Temmson verließen ebenso ihr Pult wie Svenja Möhring und Samuel Rastall und kamen näher heran.

„Schaut euch diesen Text an und vergesst nicht euer Augenmerk auf die Unterschrift zu richten.“

Connar war einen Schritt vom Tisch zurückgetreten und beobachtete die Gesichter.

Besonders Zeno schien zunächst das Ganze für einen Scherz zu halten, aber er begriff dann doch relativ schnell, dass es um die blanke Wahrheit handelte.

Er schaute zu Connar. „Jetzt frage mich bloß nicht, was die Allianz von HUrur ist oder was ein KORRELAT sein könnte. Ich weiß es nicht!“

Als alle anfingen durcheinander zu reden, trat Connar wieder zurück an den Tisch und deutete auf das Wort Bärenstrom.

„Zumindest gibst du uns einen eindeutigen Hinweis, wo wir beginnen können. Der Bärenstrom oder auch Ursa Major ist ein Sternenhaufen, etwa 160 Lichtjahre von hier entfernt. Von dort scheint auch diese Mitteilung zu kommen.“

„Du vergisst dabei die sogenannte Zeitkorrelation. Wenn ich das wirklich geschrieben habe, dann wohl nicht in unserer jetzigen Zeit. Wenn wir dort hinfliegen, werden wir höchstwahrscheinlich nichts finden.“

Zeno hatte recht, aber nicht ganz. Connar deutete nochmals auf den Text.

„Richtig, dass hast du uns ja bereits mitgeteilt: „Die Zeit spielt eine Rolle, vergesst niemals die Zeit“, stand dort, wo sein Finger hinzeigte.

„Auf in den Kampf. Jetzt haben wir wieder ein Ziel!“ Marvin G. strahlte als Einziger über das ganze Gesicht. Er war sich der Tragweite dieser Angelegenheit wohl noch nicht so bewusst.

Aber wer an dem Tisch war das in dieser Minute schon.

„Gibt es noch weitere solch konstruktive Kommentare?“ Connar schaute in die schweigende Runde.

„Also gut, dann soll es wohl so sein. Wir können die von Zeno wann auch immer verfasste Warnung nicht einfach so ignorieren, und da wir sowieso momentan nichts Besseres zu tun haben, werden wir diese Herausforderung auch annehmen. Ich gehe davon aus, dass das auch eure Meinung ist!“

Ein allgemeines Kopfnicken war die Antwort.

Das TOHIKUM überspielte die berechneten Kursdaten an die SORROW. Connar gab die Startfreigabe.

Das Schiff verließ den Einflugschacht und schoss kerzengerade in den Himmel. Schon nach wenigen Minuten hatten sie die Mondumlaufbahn erreicht.

Abigot Temmson übermittelte der Heimatflotte den gültigen Passiercode. Es galt immer noch erhöhte Alarmbereitschaft, obwohl schon mehr als zwei Monate seit der Invasion vergangen waren. Dann hatten sie den Mond hinter sich gelassen.

Die SORROW wechselte in Überlicht. Connar schaute auf seine Armbanduhr.

Es war tatsächlich schon später Abend. Er schaute nach Zeno, um mit ihm noch einen Abstecher in die Kantine zu machen, konnte ihn aber nirgends finden.

„Auch gut, dann eben nicht.“ Connar verließ die Zentrale und nickte Temmson zu, der die Stellung hielt. Normalerweise war die SORROW voll automatisiert, das Schiffsgehirn agierte autark.

Connar hatte es sich aber angewöhnt, immer auch eine menschliche Bezugsperson für den Notfall bereitzuhalten.

So wechselte sich die Crew zu jeder Nachtruhe ab.

Als Connar im Bett lag, konnte er nicht einschlafen. Seine Gedanken wanderten zurück, bis hin zur ersten Fahrt mit der MERLIN, dem alten Raumtransporter. Es war viel geschehen, seit damals.

Allein der Kontakt zu der Hinterlassenschaft der Ellio’sh hatte seinem bisherigen Leben einen ziemlichen Stoß versetzt.

Aber auch seine besondere Fähigkeit, die anscheinend durch den damaligen Strahlenunfall ausgelöst worden war und durch die Maschinerie der Ellio’sh erst wirklich aktiviert wurde, machte ihn mit einem Mal zu schaffen.

An das Bauchgefühl hatte er sich schon gewöhnt, nur nicht an die sogenannte Alte Kraft, wie es die Ellio’sh nannten, was anscheinend nichts anders war, als Telekinese. Aber irgendwie hatte es plötzlich das Gefühl, als schlummerte noch mehr in seinen veränderten Gehirnwindungen und das machte ihm Angst.

Aufbruch zum Bärenstrom

Seitdem Marah das erste Mal das Holodeck der SORROW besucht hatte, war sie fasziniert. Selbst Zeno hatte sie mittlerweile begeistern können, und als er ihr von seiner Kindheit erzählte und vom Zelten in freier Natur, kam sie auf die Idee, dies ebenfalls hier auszuprobieren. Zeno schallte sich noch nachträglich einen Narren, hätte er doch bloß nichts gesagt. Aber es war bereits zu spät.

Endlich stand das Zelt. Zeno fluchte leise, als er sich seinen Daumen anschaute.

Anstatt auf den letzten Hering der Zeltbefestigung zu schlagen, traf er genau daneben und auf den Daumen. Es war sowieso ein dummer Einfall von Marah, seiner Freundin gewesen, für einen Tag hier auf dem Holodeck zu zelten.

Wo war sie überhaupt? Natürlich durfte er das Zelt allein aufbauen und sie vergnügte sich anderswo. Die Sonne war bereits am Horizont angekommen und es wurde zusehends dämmrig. Trotzdem war es noch erstaunlich warm. Zeno schätzte die Temperatur auf immer noch mindestens fünfundzwanzig Grad Celsius. „Alles eine Sache der richtigen Einstellung“, dachte er bei sich.

Er schaute sich um, während er an seinem Daumen lutschte. Die Wiese, auf dem das Zelt stand, war eine kleine Erhebung in der sonst sehr ebenen Landschaft.

In zwanzig Metern Entfernung gab es einen Baggersee. Zeno mochte kein Wasser, man konnte tatsächlich sagen, er war wasserscheu.

Er machte daraus auch keinen Hehl. Marah war in dieser Beziehung so ganz anders als er. Sie ging regelmäßig schwimmen.

Zeno ging einige Schritte Richtung See und tatsächlich konnte er sie jetzt fast in der Mitte des etwas über einen Kilometer großen Baggersees erkennen.

Er musste mehrmals schluckte, als er sie so weit draußen sah.

„Komm jetzt endlich ans Ufer“, rief er und winkte ihr zu.

Natürlich verstand sie ihn nicht, aber sie hatte sein Winken bemerkt. Mit weit ausholenden Armbewegungen schwamm sie auf ihn zu.

Die Sonne verschwand gerade hinter dem See, als Marah aus dem Wasser watete.

„Jetzt wird es aber doch schon etwas frisch, holst du mir bitte das Badetuch?“

Sie stand vor ihm und leichte Gänsehaut überzog ihren nackten Körper. Zeno schüttelte den Kopf. „Wieso badest du überhaupt nackt?“

„Nun mach schon und rede nicht so viel. Und schau mich nicht so gierig an!“

Zeno schüttelte wieder den Kopf über diese Bemerkung, ging aber dann zurück zum Zelt, um das Tuch zu holen.

Sie stand noch immer bibbernd am Rand des Sees, als er mit dem Tuch zurückkam.

„Wieso stehst du noch hier? Wärst du einfach mitgegangen, müsstest du jetzt nicht mehr frieren.“ „Es war zu kalt, um zu laufen.“

Zeno verstand jetzt überhaupt nichts mehr. Gemeinsam gingen sie den kleinen Abhang hinauf. Vor dem Zelt angekommen, wollte er sie in den Arm nehmen.

„Komm, ich wärme dich etwas.“

„Nein, lass. Ich ziehe mich im Zelt an“, und schon war sie ins Innere verschwunden.

Im Zelt hing eine akkubetriebene Stablampe und beleuchtete Marah, wie sie sich anzog.

Die Silhouette ihres Körpers zeichnete sich an der Zeltwand ab. Sie hatte einen makellos geformten Körper, fand Zeno und umso mehr wollte er ihre Nähe spüren.

Er hatte gerade vor, die Zeltplane des Eingangs zurückzuschlagen, als bereits Marahs Stimme erklang: „Bin gleich so weit, einen Moment noch!“

„Das konnte ja noch lustig werden“, dachte Zeno und ging zu dem Brennholz, das er bereits zusammengesucht hatte, um ein kleines Feuer anzuzünden.

Als die ersten Flammen nach oben schlugen, kam Marah endlich aus dem Zelt.

„Ich habe Hunger. Was gibt es zu essen?“

Sie kam näher. „Ich denke du hast den Verzehrkorb gepackt?“ Zeno schaute ihr entgegen.

„Was ich? Nein, das solltest du alles erledigen!“

Ihre Stimme klang sehr zickig. „Dann gibt es heute eben zur Abwechslung mal nichts außer Liebe.“ Er trat näher an sie heran, legte seinen Arm um ihre Taille und zog sie an sich heran.

„Das kannst du doch nicht machen. Ich habe den ganzen Tag nichts gegessen und mich auf den heutigen Abend gefreut.“

Sie zog zuerst einen Schmollmund dann gab sie ihm schnell einen Kuss.

„Komm, geh noch schnell in die Kantine“, sie schaute auf ihre Armbanduhr.

„Sei lieb“, ihre Zunge strich zärtlich über seine Lippen, und als seine Hand sich unter ihre Bluse schob, sagte sie: „Nicht mit leerem Magen!“

Zeno blickte in ihre großen, leuchtenden Augen und ihr Blick verhieß tatsächlich noch einen schönen Abend. „Also gut, ich gehe und besorge uns das Abendbrot. Kümmere dich bitte um das Feuer.“ Er ließ sie ungern wieder los. Die Kantine lag am anderen Ende des Schiffs. Zeno benötigte jedoch keine Viertelstunde, um eine Art Picknicklunch zusammenzustellen.

Als Letztes kam noch eine Flasche Schaumwein dazu. Er hatte extra auf einen hohen Alkoholgehalt geachtet. Marah vertrug nicht viel, das wusste er. Aber so einfach abweisen ließ er sich nicht mehr. Es musste doch mit dem Teufel zugehen, wenn er sie heute nicht dazu bringen konnte, mit ihm zu schlafen. Es war wirklich überfällig. Irgendwie hatte er auf einmal den Eindruck, nur ausgenutzt zu werden.

Sie waren jetzt bereits zwei Monate zusammen. Sie war sehr lieb und ihre Art sich zu bewegen hatte ihn schon beim ersten Treffen auf der Raumstation in den Bann geschlagen.

Aber in den letzten Tagen hatte er immer mehr den Eindruck, dass sie ihm etwas vorspielte.

Konnte man sich in einem Menschen so täuschen?

„Wir werden sehen, heute Nacht ist die Nacht!“

Tatsächlich saß Marah vor dem Feuer, dessen Flammen über zwei Meter hoch brannten. Sie hatte anscheinend den halben Holzvorrat ins Feuer geworfen.

„Na endlich, da bist du ja. Ich habe mir schon Sorgen gemacht, dir könnte etwas zugestoßen sein.“ Marah war aufgestanden und kam ihm entgegen. Sie nahm ihm die beiden Tüten ab und marschierte zurück ans Feuer.

Ihr Tonfall hatte nicht so geklungen, wie der Sinn ihrer Aussage es vernuten lassen würde. Zeno ging hinter ihr her und schaute dabei in die Flammen des großen Feuers.

„Wieso hast du so viel Holz aufgelegt? Du fackelst noch das ganze Holodeck ab.“

„Mit war auf einmal kalt geworden“, erwiderte sie lapidar und leerte die Tüten, indem sie diese einfach ins Gras ausschüttete. „Du weißt schon, dass so ein großes Feuer nicht ganz ungefährlich ist!“ „Ja, ja. Jetzt komm endlich her und setz dich.“

Sie wühlte in den Lebensmitteln, die am Boden wahllos verstreut lagen.

„Holst du bitte noch eine Decke aus dem Zelt, der Boden wird unangenehm kühl.“

Zeno stellte wortlos die Flasche auf den Boden und ging zum Zelt.

Als er dann endlich neben ihr saß und die Flasche entkorkte, fiel ihm ein, dass er die Pappbecher vergessen hatte. Marah schaute sich suchend um.

„Sag mal, ich finde überhaupt nichts Trinkbares.“

Zeno hielt ihr die noch volle Flasche Schaumwein hin.

„Ich habe die Becher vergessen, aber wir können ja aus der Flasche trinken.“

Sie blickte ihn etwas irritiert an, nahm die Flasche aber entgegen. „Was ist das? Wie soll ich das den trinken?“ Zeno beobachtete sie, wie sie ungelenk versuchte die Flasche mit beiden Händen zum Mund zu führen. „Hast du noch nie Schaumwein getrunken?“

Sie verschluckte sich und Zeno klopfte ihr auf den Rücken. Anstatt zu antworten, nahm sie einen zweiten Schluck. „Schmeckt gar nicht mal schlecht.“

Sie reichte ihm die Flasche zurück. Zeno nahm jetzt selbst einen kräftigen Schluck und schaute Marah zu, wie sie in ein Käsebaguette biss. Hunger hatte er keinen mehr.

Zeno hatte sich den Abend vor dem Feuer romantischer vorgestellt, obwohl er selbst nicht unbedingt wusste, was wirkliche Romantik war. Jedenfalls das, was gerade hier ablief, war es bestimmt nicht. Er rückte etwas näher an Marah heran, während sie sich die Flasche Schaumwein schnappte. Sie nahm einen großen Schluck, jetzt schon etwas geübter und wäre fast nach hinten umgekippt, hätte er sie nicht aufgefangen.

Sie hatte bestimmt schon einen Schwips. Zenos Hände umfassten sie zärtlich und suchten sich ihren Weg zu ihren Brüsten. Sie trug keinen BH, soviel hatte er bereits ertastet.

„Was machst du da?“ Zeno konnte ihr Nuscheln fast schon nicht mehr verstehen, als die leere Flasche aus ihrer Hand fiel und zwischen den am Boden verstreuten Essensresten rollte. Die zwei obersten Knöpfe Ihrer Bluse hatte er bereits geöffnet und seine rechte Hand strich zärtlich über die nackten Brustwarzen, als sie mit dem Kopf jetzt gänzlich zur Seite wegkippte. Zeno schaute erschrocken auf die am Boden liegende Marah. So war das nicht gedacht noch geplant gewesen.

Dass sie auch nichts vertrug. Dann erst gewahrte er die leere Flasche. Außer einem Schluck von ihm hatte sie den ganzen Schaumwein allein getrunken und noch dazu in Rekordzeit. Manch anderer hätte die Situation jetzt schamlos ausgenutzt und sich mit ihr vergnügt. Nicht so Zeno.

Er sehnte sich eigentlich nur nach wirklicher Zweisamkeit, die bereits im Geiste anfing und nicht bloß nach Sex.

Dann hatte er eine Idee. Das Feuer war mittlerweile schon stark heruntergebrannt. Er legte den Rest Holz nach und im Nu hatte es wieder an Stärke gewonnen.

„Lass mich schlafen. Ich bin so müde!“

Zeno hörte sie etwas murmeln, verstand aber nichts. Er hatte angefangen sie auszuziehen.

Als sie nur noch mit einem Slip bekleidet war, zog er sich selbst ebenfalls aus und ließ nur noch seine Boxershorts an.

„Wollen mal sehen, ob das nicht hilft.“

Er half ihr aufzustehen und trug sie mehr, als dass sie selbstständig laufen konnte, in Richtung See. Er hasste Wasser, aber in diesem Moment war ihm das egal.

Er musste Marah unbedingt wieder ausnüchtern, koste es, was es wolle.

Er lief mit ihr im Arm immer schneller auf den See zu und ließ sich dann hineinfallen. Das abgekühlte Wasser traf ihn wie ein Schlag ins Gesicht.

Zeno schnappte nach Luft und ließ Marah los. Sie schrie zunächst wie am Spieß und schluckte dabei etwas Wasser.

Dann richtete er sie auf und nahm sie in den Arm. Ihre Augen waren vor Schreck weit aufgerissen und auch sie japste nach Luft. Als sich ihre Lieder wieder zu schließen drohten, gab er ihr einen Stoß und sie fiel zum zweiten Mal in das kühle Nass.

„Du hinterhältiges Schwein“, kam es aus ihrem Mund. „Was soll das. Bist du verrückt geworden?“ Als er ihr aufhelfen wollte, stieß sie ihn von sich.

„Fass mich ja nicht mehr an!“ „Ich wollte doch nur, dass du wieder nüchtern wirst“, versuchte er sich zu rechtfertigen. Jedoch ohne Erfolg.

So schnell sie konnte, rannte sie aus dem Wasser, hinauf zum Feuer. Zeno folgte ihr in einem gewissen Abstand. „Lass mich doch erklären.“

Sie hatte sich die Decke um den nassen Körper gelegt und nestelte am Reißverschluss des Zeltes herum. „Marah, du warst betrunken. Ich hätte Gott weiß was mit dir anstellen können und du hättest er nicht bemerkt. Ich wollte doch nur…“

Weiter kam er nicht. Sie gab ihm einen zweiten Stoß vor die Brust.

„Vergiss es!“ Dann war sie im Zelt verschwunden. Er überlegte, wie er das Ganze wiedergutmachen konnte. Jetzt fing er ebenfalls an zu frieren.

„Kannst du mir bitte ein Tuch herausgeben.“

Als sie sich nicht rührte, wiederholte er seine Bitte. Zeno wagte sich jetzt nicht mehr einfach hineinzugehen. „Hohl es dir doch selbst.“

War das eine Aufforderung, zu ihr zu kommen. Sein Herz machte einen Sprung und er öffnete die Eingangsplane des Zeltes.

Marah schloss gerade den Schlafsack. Sie blickte ihm noch kurz entgegen und legte sich dann auf die von ihm abgewandte Seite.

„Also nicht, auch gut!“ Zeno hatte die Nase jetzt gestrichen voll von ihr. „Dumme Gans. Soll sie doch alleine hier übernachten!“ Er verließ das Holodeck und ging zurück zu seiner Kabine. Es war sowieso viel angenehmer, in einem großen, weichen Bett zu schlafen, als auf diesen komischen Möchtegern Luftmatratzen, die er aus den Lagerbeständen der SORROW organisiert hatte.

Sie hatten den Rand des Bärenstroms erreicht. Connar ließ die SORROW auf Unterlicht gehen und legte einen Orientierungsstopp ein. Die wenigen Abteilungen des sonst automatisierten Schiffs waren wieder besetzt, so wie in alten Zeiten.

Er schaute versonnen zu dem neu entstandenen Pult, den das Schiff aus Formenergie gestaltet hatte. Dort saß Marvin G. Nimmrat, ihr Zuwachs in der Zentrale.

Gerade stand er auf und ging hinüber zu Svenja Möhring. Sie schien seine ganze Aufmerksamkeit zu besitzen.

„Erste Daten kommen rein. Wir befinden uns fast mittig am Rande der Ursa Major Gruppe. Unser Zielstern Skat liegt waagrecht zu der jetzigen Flugrichtung und ist noch etwa 92 Lichtjahre entfernt. Ein Steinwurf entfern, wenn Sie mich fragen, Tarik.“

Abigot Temmson hatte sich mit der neuen Situation bereits wieder abgefunden.

Tatsächlich schien die Reise diesmal nicht so weit weg von der Erde zu gehen, wie noch vor einigen Monaten, als ein Schwarzes Loch sie in die Beteigeuze Region geschleudert hatte.

Connar konnte nirgends Zeno sehen.

Aufgrund der von ihm verfassten mysteriösen Botschaft hätte er gerne seine Anwesenheit auf der Brücke gehabt.

Auf den Anruf mit dem Logcom reagierte er nicht.

„SORROW, wo befindet sich Wayne-Zeno gerade? Bitte umgehend lokalisieren und auf die Brücke beordern.“

„Das Crewmitglied Wayne-Zeno befindet sich in seiner Kabine. Ihr Verlangen wurde ihm soeben übermittelt.“

„Tarik, was ist denn los. Kann man nicht für ein paar Minuten in Ruhe gelassen werden, ohne dass gleich die Welt untergeht?“

Er meldete sich über Logcom.

„Wir machen einen Orientierungsstopp und ich möchte, dass du dabei in der Zentrale anwesend bist. Vielleicht ergibt sich etwas, was mit deiner mysteriösen Nachricht zusammenhängt.“

„Was soll sich da wohl ergeben? Du vergisst, dass sie höchstwahrscheinlich aus der Zukunft stammt und wieso soll ich bitte schön hier in der Vergangenheit schon etwas darüber wissen? Mensch Tarik, denke doch nach. Lass mich bitte noch etwas schlafen, ich bin hundemüde.“

So hatte Connar ihn überhaupt noch nicht erlebt.

Natürlich hatte er recht, aber trotzdem wäre es ihm lieber gewesen, ihn jetzt hier zu haben. Seit Zeno mit Marah zusammen war, hatte er sich irgendwie verändert.

Jedenfalls erschien es ihm so und er musste sich eingestehen, er beneidete ihn deswegen sogar. Connar wendete sich Temmson zu: „Irgendwelche Besonderheiten?“

„Nein, jedenfalls keine messbaren. Wir befinden uns in einem relativ sternenfreien Raum mit einem Durchmesser von 20 Lichtjahren.“

Der Zentralschirm zeigte eine fast gänzlich schwarze Fläche. Nur vereinzelt waren kleine Lichtpunkte darauf zu erkennen.     

Eine sternenleere Zone, das hatte Connar so auch noch nicht gesehen. Sie hatten den Bereich zwischen zwei Sternenhaufen erreicht, die voneinander abdrifteten.

Connar wusste selbst nicht genau, weswegen er einen Zwischenstopp eingeplant hatte, schließlich waren lediglich etwa 160 Lichtjahre zu überbrücken. Er ließ mehrere S-Bojen aussetzen. Es handelte sich dabei um zweimal drei Meter große, quaderartige Raumbojen, die in großen Stückzahlen von den Ellio’sh verwendet wurden, um Entfernungen und Gebiete im Weltraum zu überwachen.

Nachdem die S-Bojen in einem kleinen Raumgebiet verteilt waren, ging die SORROW unverzüglich in Überlicht.

Connar hatte es auf einmal sehr eilig, obwohl sein Bauchgefühl diesmal sich nicht gemeldet hatte.

Eine Gefahr erwacht

Der Planet umkreiste die Sonne in einem mittleren Abstand von 135.800.000 Kilometer. Das System hatte noch zwei weitere Planeten, diese lagen jedoch weit außerhalb der habitablen Zone. „Das muss unser Stern sein, Skat. Tarik, versuche mit der Alpha Haube Kontakt mit dem Versteck spielenden TOHIKUM aufzunehmen.“ Connar nickte Zeno bestätigend zu. Genau das hatte er auch vor.

Über die Alpha Haube versucht Connar Kontakt herzustellen. Es kam aber kein Feedback. Nach mehrmaligen Versuchen stellte Connar seine Bemühungen wieder ein.

Die Alpha Haube löste sich in einer nebelhaften Erscheinung auf und verschwand, als er wieder ein auf- und abschwellendes Rauschen hörte. Diesmal hatte er das Gefühl, es direkt in seinem Geist zu vernehmen.

Connar blieb sitzen und konzentrierte sich auf den Ton. Sofort wurde er deutlicher. Er hatte den Eindruck, dass er sich auf ihn einpendelte.

Dann verstärkte er sich und bekam eine rhythmische Abfolge.

„Ich schlage vor, wir fliegen Skat1 an, die anderen beiden Planeten können wir zunächst außer Acht lassen.“ Zeno schaute Conner an.

Dieser winkte ab, da die Alpha Haube sich gerade wieder über seinen Kopf sengte.

Connar hatte sich überlegt, über die Haube diesen merkwürdigen Ton zu analysieren, der sich jetzt in seinem Kopf stärker bemerkbar machte. Die Haube hatte noch nicht vollständig ihren Sitz eingenommen, als sich die Tonfolge veränderte. Das bisherige auf- und ab verwandelte sich unterschwellig in ein Konglomerat von sehr leisen Worten.

Connar meinte sogar, ganze Sätze herauszuhören. Die SORROW driftete mit etwa 500 Kilometer pro Sekunde in das Skat System hinein, als er mit Hilfe der Alpha Haube versuchte, den Sinn der Worte zu deuten.

Es fühlte sich an, wie ein ständiger Strom von Gedanken, der einfach vor sich hinfloss. Er konnte es nicht greifen.

„Wer will mit mir Kontakt aufnehmen? Lasst es mich wissen, verstärkt den Kontaktfluss!“

Connars Bauchgefühl hatte sich gemeldet und ihn spontan zu dieser Äußerung veranlasst. Er hatte die Augen geschlossen, um sich besser konzentrieren zu können.

Die Alpha Haube unterstützte ihn in seinen Bemühungen und verstärkte seine Gedankenimpulse. Das ständige Hintergrundrauschen verschwand und das Konglomerat von Worten verdichtete sich, einzelne Wörter wurden mit einem Mal verständlich.

„Kontakt; Träger…; neu erwacht; Zeitindifferenz; KORRELAT.“

Das letzte Wort ließ Connar aufhorchen. Auch in Zenos Botschaft war die Rede von etwas, das als KORRELAT bezeichnet wurde.

„Kontakt...schwierig… Raumzeiteinbruch…Anwesenheit…Mond.“

Trotzdem er sich bemühte, konnte Connar den geistigen Kontakt nicht wirklich festigen.

„Wer ruft? Identifikation erforderlich!“

„TOHIKUM Chronor“, meinte er zu vernehmen. Als das Rauschen wieder stärker wurde, unterbrach er den Versuch.

„Commander, ein starker Energieausbruch ist auf dem einzigen Trabanten von Skat1 zu orten.“

Das Computerhirn der SORROW war diesmal mit seiner Meldung schneller als Temmson.

„Stimmt. Ich bekomme es jetzt ebenfalls angezeigt. Der genaue Herkunftsort der angemessenen Energie scheint tief im Inneren des Mondes zu liegen. Seltsamerweise kann ich die Daten keiner eindeutigen Energiequelle noch Energieart zuordnen. SORROW, kannst du hier genauere Daten liefern?“

„Negativ. Es scheinen sich temporäre und gravitative Verzerrungen zu spiegeln, die eine genaue Ortung behindern.“ 

Connar konnte mir dieser Aussage nichts anfangen und blickte zu Temmson hinüber. Die zuckte nur mit der Schulter.

Er schaute kurz auf sein Pult. Es kamen neue Daten herein. Sie betrafen aber den Planeten: „Die Druckverhältnisse und die atmosphärische Zusammensetzung ähneln der Erde. Große, dicht bewachsene Kontinente wechseln sich mit kleineren ab. Es gibt drei verschiedene Klimazonen. Erste Anzeichen von intelligenten Planetenbewohnern werden sichtbar. Es sind aus Steinen und Holz gefertigte Wohnhütten. Die Bewohner gleichen uns Menschen. Ihre Kultur scheint aber noch sehr urzeitlich zu sein.“

Die SORROW passierte mit sehr langsamer Geschwindigkeit gerade die Umlaufbahn des Mondes, als Temmson irritiert auf eine Anzeige schaute, die er bisher überhaupt noch nicht wahrgenommen hatte.

„Tarik, ich empfange merkwürdige Signale! Ich schalte auf Lautsprecher.“

Als die ersten lauten Pfeifgeräusche durch die Zentrale schallten, zuckte Connar zusammen und griff sich an den Kopf.

Zu dem Ton, den jetzt alle hören konnten, wurden zusätzlich Schwingungen in Connars Gehirn erzeugt, die sich langsam und schmerzhaft zu einem Satz formten: „Ein Träger der alten Kraft muss zum ‚Bevollmächtigten des Lebens’ erhoben werden, um die Völker der Galaxien vor der Vernichtung zu retten; das TOHIKUM Chronor erwartet dich allein!“

Connar blockte nach der zweiten Wiederholung den Empfang unbewusst ab. Schmerzgepeinigt schaute er zu Temmson.

„Ortung abgeschlossen. Das Signal kommt eindeutig von dem Mond, an dem wir gerade vorbeifliegen.“

Er hatte noch nicht ganz zu Ende gesprochen, als das laute Pfeifen abrupt abbrach. Connar atmete langsam durch.

„Was bedeutete das nun wieder?“

Marvin G. war von seinem Sitz aufgesprungen.

„Ich habe eine Nachricht bekommen. Das TOHIKUM, nach dem wir suchen, befindet sich anscheinend nicht auf dem Planeten, sondern auf dem Mond. Es hat mich zu sich gerufen.“

Was auch immer die weitere Nachricht bedeutete, er behielt es zunächst für sich.

„Wieso war der Kontakt über die Alpha Haube nicht möglich?“

Marvins Frage ließ Connar aufhorchen. Bevor er aber weiter drüber nachdenken konnte, traf das Schiff ein gewaltiger Schlag.

Connar und Marvin, die beiden einzigen im Raum, die standen, wurden zu Boden geschleudert. Ein zweiter, etwas leichterer Schlag folgte fast gleichzeitig mit dem Einsetzen des Alarms.

Wieder heulte ein hoher Ton durch den Raum. „Achtung, eine Raumzeitkrümmung hat sich soeben in fünfhunderttausend Kilometer Entfernung etabliert. Das Gravitationsgefüge des Sonnensystems hat sich destabilisiert. Mit weiteren Weltraumbeben ist zu rechnen.“

Die Durchsage des Schiffes beendete den Alarm.

„SORROW, wir entfernen uns um genau 0,5 Parsec von dieser Instabilität tangential zur Sonne. Ich werde mit einem Beiboot den Mond ansteuern, das ist sicherer.“

„Ich melde mich freiwillig!“ Marvins Augen leuchteten.

„Nein, das geht nicht. Das TOHIKUM hat ausdrücklich gesagt, dass ich allein zu ihm kommen soll.“ Connar überlegte kurz. „SORROW, ich nehme fünf Spinnenkampfroboter mit. Sie sollen im Beiboot warten.“

„Ist das trotzdem nicht zu gefährlich?“ Marvin ließ nicht locker.

„Du warst nicht dabei, als die Roboter uns damals aus der Raumstation geholt haben. Glaube mir, die Biester haben es in sich.“ Damit war die Diskussion beendet.

Es entstand aus dem Urschlamm der Dunklen Materie, ausgestattet mit dem temporalen Imprint war es ihm möglich, seine eigene Existenz ständig zu verändern und einen Teil der unmittelbaren Umgebung mit einzubeziehen.

Am Anfang hatte es kein Aussehen, es existierte als bloßes Etwas ohne sich einer genauen Strukturform unterzuordnen.

Es erschuf ein Sonnensystem durch einen einfachen Gedanken. Aus sich heraus wurde der einzige Planet bevölkert, indem es aus seiner Substanz, die mittlerweile kräftig zugenommen hatte, durch Anwendung von Dunkler Materie die erste Intelligenzform generierte und nannte sie ‚Das animalische Volk der Zisslies’.

Es hatte nur den einzigen festen Wunsch sich auszudehnen, dabei übersah es, dass durch die Dezentralisierung auch das kollektive Wissen um seiner selbst verloren ging. Im letzten Augenblick des klaren Denkens erschuf es noch einen Feldherrn, einen Sieger, einen Anführer der Zisslies.

Mit der letzten verbleibenden Kraft manifestierten sich das wenige noch vorhandene Wissen und sein Ego in ihm.

Fortan war Zarla’cka das mächtigste Wesen im bekannten Universum der Zisslies.

Ausgestattet mit dem Imprint war es ihm ebenfalls möglich, seine Umgebung zu formen.

Nicht in dem Umfang, wie es einst sein Erschaffer konnte, aber die Materie in seiner unmittelbaren Umgebung gehorchte seinem Willen, sobald er sie berührte. Zarla’cka stand auf den Zinnen der Zeitburg und blickte weit über die Biosphäre, das war der Lebensraum des wilden, animalischen Volks der Zisslies, ein kleiner Kontinent auf dem sonst so unwirklichen Planeten Koro.

Sein Volk bestand aus 15777 Kriegern und Kämpferinnen. Es war eine heilige, eine magische Zahl.

Er konnte mit Stolz behaupten, dass in den letzten Dekaden jede Schlacht erfolgreich und ohne eigene Opfer geschlagen worden war.

Die Zisslies lagerten um die Zeitburg herum in zeltartigen Behausungen. Von hier aus zogen sie in den Kampf, der immer wieder von Neuem notwendig war, solange es im Universum Zeichen von Schwäche gab.

Und Zarla’cka hatte bei vielen Völkern und in vielen Sonnensystemen Schwäche gesehene.

Nur das Starke hatte ein Recht zu bestehen. Nachgiebigkeit anstatt Zielbewusstsein, Kooperation anstatt Durchsetzungsvermögen, Hilfsbereitschaft anstatt Kompromisslosigkeit, all dies waren Zeichen unter den Völkern dieses Universums einer Schwäche, die ausgemerzt werden musste, um den Fortbestand des wirklichen Lebens zu garantieren.

Er könnte die Liste von Zeichen endlos lange weiterführen. Sie hatten die heilige Aufgabe geerbt, den Fortbestand der Stärke voranzutreiben.

Einer ihrer stärksten Waffen war die Zeitburg und die Zeitenergienetze. Die Netze wurden von der Burg über den Zeitenergiewerfer an den jeweiligen Zielort transferiert und dienten ihnen als Transportmedium.

So konnten die Krieger der Zisslies an jedem bekannten Ort dieses Universums ohne Zeitverlust erscheinen und mit ihren „Zweimann-Vernichtern“ das Recht durchsetzen. Das Schwache wurde ausgemerzt, ganze Planetenvölker in den täglichen Überlebenskampf ihrer archaischen Zeit zurückversetzt.

Ein Spionaufklärer hatte herausgefunden, dass sich zehn Völker zusammengefunden hatten, um Ihnen entgegenzutreten, sie nannten sich die Planetenallianz von HUrur.

Dies war zwar der richtige Weg, aber er musste auch zu Ende gegangen werden. Ob die Allianz auch den Mut dazu hatte, würde sich bald zeigen. Zarla’cka rüstete zu einem der größten Kämpfe, an die er sich zurückerinnern konnte.

Er würde mehr als die Hälfte seiner Krieger in die Schlacht werfen und das bedeutete je höher die Verlustrate, desto länger würde die Regenerierungsphase dauern, die danach kam, um ihre Population wieder auf genau 15777 anwachsen zu lassen. Aber daran dachte er zunächst nicht.

Connar war bereits vor fünf Stunden aufgebrochen. Die Verbindung zu ihm war abgebrochen, nachdem das Beiboot anscheinend auf der Mondoberfläche gelandet war.

Aber das war zu erwarten gewesen. Connar hatte sich diesbezüglich ganz klar ausgedrückt. Sie sollten keine unnütze Gefahr mir der SORROW eingehen und den jetzigen Standort nicht verlassen, solange Gravitationsschwankungen anzumessen waren, und diese hielten immer noch an.

Er vertraute auf sein Bauchgefühl, hatte er sie wissen lassen. Zeno war merklich ruhig gewesen, normalerweise hätte er sofort gekontert oder sonst aufbegehrt.

„Das tatenlose Herumsitzen bekommt mir überhaupt nicht.“

Marvin schaute zu Svenja, mit der er sich etwas angefreundet hatte. Sie zuckte lediglich die Schulter. Zeno sprang unvermittelt von seinem Sitz auf.

„Marvin hat recht. Tarik hat nur von der SORROW gesprochen. Ich schlage vor, wir machen es ihm nach, nehmen uns ein Beiboot und erkunden den Planeten Skart1. Schließlich habe ich die Botschaft geschrieben, also kann ich auch entscheiden, was als Nächstes zu tun ist!“

Zeno hatte tatsächlich eine hellrote Gesichtsfarbe bekommen, während er sprach.