Barfuß gehen - Katy Bowman - E-Book

Barfuß gehen E-Book

Katy Bowman

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  • Herausgeber: Riva
  • Kategorie: Ratgeber
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2018
Beschreibung

Eine natürliche Bewegungsweise ist die Grundlage für ein ganzkörperlich gesundes Leben. Trägt man falsche Schuhe, schränkt man nicht nur seine Bewegungsfähigkeit ein, sondern leidet häufig auch unter schmerzhaften Fußproblemen und andere Krankheiten, die darauf zurückgehen. Falsches Schuhwerk führt zu Fußfehlstellungen und ist schädlich für die Muskelbildung und die gesamte Körperhaltung. Umso wichtiger ist es, dass wir wieder lernen, barfuß zu gehen oder uns diesem Ideal mit Barfußschuhen annähern. Die Mobility-Expertin Katy Bowman zeigt in ihrem Buch, was es zu beachten gilt, wenn man von konventionellen Schuhen auf Minimalschuhwerk umstellen will. Zahlreiche Übungen helfen dabei, die Füße und Beine auf die neue Bewegungsfreiheit vorzubereiten und besonders geforderte Muskelpartien zu trainieren. Will man nämlich keine Verletzungen oder Zerrungen riskieren, sollte der Übergang schrittweise erfolgen. Barfuß ist der perfekte Guide, damit dieser Übergang ganz einfach und mühelos gelingt und man mit starken Füßen in ein gesünderes und glücklicheres Leben starten kann.

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Katy Bowman

BARFUSS GEHEN

 

Katy Bowman

BARFUSS GEHEN

Starke Füße für ein gesundes Leben

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der DeutschenNationalbibliografie. Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://d-nb.de abrufbar.

Wichtiger Hinweis

Die in Sämtliche Inhalte dieses Buchs wurden – auf Basis von Quellen, die die Autorin und der Verlag für vertrauenswürdig erachten – nach bestem Wissen und Gewissen recherchiert und sorgfältig geprüft. Trotzdem stellt dieses Buch keinen Ersatz für eine individuelle Fitnessberatung und medizinische Beratung dar. Wenn Sie medizinischen Rat einholen wollen, konsultieren Sie bitte einen qualifizierten Arzt. Der Verlag und die Autorin haften für keine nachteiligen Auswirkungen, die in einem direkten oder indirekten Zusammenhang mit den Informationen stehen, die in diesem Buch enthalten sind.

Für Fragen und Anregungen:

[email protected]

1. Auflage 2018

© 2018 by riva Verlag, ein Imprint der Münchner Verlagsgruppe GmbH

Nymphenburger Straße 86

D-80636 München

Tel.: 089 651285-0

Fax: 089 652096

Die englische Originalausgabe erschien 2015 bei Propriometics Press unter dem Titel Whole Body Barefoot. © 2015 by Katy Bowman. All rights reserved.

First published by Propriometrics Press, www.propriometricspress.com, all rights reserved. Translation rights arranged through Sylvia Hayse Literary Agency, LLC, USA.

Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme gespeichert, verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

Übersetzung: Max Limper

Redaktion: Matthias Michel

Umschlaggestaltung: Manuela Amode

Umschlagabbildungen: Soeren Kracht/Shutterstock, J. Jurgensen Photography

Satz: Digital Design, Eka Rost

Druck: GGP Media GmbH, Pößneck

eBook: ePubMATIC.com

ISBN Print 978-3-7423-0339-4

ISBN E-Book (PDF) 978-3-95971-837-0

ISBN E-Book (EPUB, Mobi) 978-3-95971-836-3

Weitere Informationen zum Verlag finden Sie unter

www.rivaverlag.de

Beachten Sie auch unsere weiteren Verlage unter www.m-vg.de

 

Meinen Füßen gewidmet, die mich buchstäblichdurch dick und dünn, über Höhen und Tiefengetragen und mich dorthin gebracht haben,wo ich heute stehe.

INHALT

VORWORT

EINFÜHRUNG

TEIL 1: VERSTEHEN

Wie Schuhe schaden (nicht nur den Füßen)

Der Absatz

Absätze und die »neutrale Haltung« (und das Diagramm, mit dem landläufig der Sinn von Minimalschuhen erklärt wird)

Dein Körper hat mehr »Teile«, als du denkst

Abschied vom Absatz

Schlappe Schlappen

Der Schmierfuß

Mal sehen, ob deine Schuhgröße durch Schmierfuß verfälscht ist

Ist Barfußgehen »natürlich«?

Was ist denn natürlich?

Deine Mission: Füße mobilisieren durch Übung und Einsatz

TEIL 2: BEWEGEN

Haltung korrigieren

Die intrinsische Fußmuskulatur dehnen

Die extrinsische Fußmuskulatur dehnen

Die intrinsische Fußmuskulatur kräftigen

Die extrinsische Fußmuskulatur kräftigen

Kräftiger gehen

Entenfüße

SCHLUSSBEMERKUNG

DAS PROGRAMM

ANHANG

BIBLIOGRAFIE UND LESEEMPFEHLUNGEN

VORWORT

Bewegung ist die Grundlage unseres Lebens. Sie ist eine biologische Notwendigkeit und der Grundstein für ein hohes Maß an Gesundheit, Lebensenergie, Wohlbefinden und Widerstandsfähigkeit sowie an Glück und Schöpferkraft.

Meine ganze Arbeit besteht darin, Menschen eine natürliche, effiziente Bewegungsweise nahezubringen. Im Rückblick auf die Geschichte der Körperertüchtigung habe ich erkannt, dass zwischen unserer heutigen körperlichen Aktivität – oder des Mangels daran – und der Art, wie sich Menschen früher auf natürliche Weise durch ihre wilde Umgebung bewegten, eine riesige Kluft besteht. Neben unseren Urahnen erscheinen wir wie Chihuahuas neben Wölfen – wir sind körperlich weder stark noch tüchtig, und unser Mangel an körperlicher Kompetenz ist ein Zustand, der uns nicht einmal mehr peinlich ist.

Die wenigsten von uns können auf einen Baum klettern, geschickt durch schwieriges Gelände laufen, schwere Lasten über weite Strecken tragen oder über einen größeren Graben springen. Die Art, wie wir in modernen Fitnessstudios Kraft und Ausdauer trainieren, ist größtenteils einengend, zu oft von Maschinen geprägt oder auf Muskelisolation aus. Sie ist mechanistisch und repetitiv und schlichtweg praxisfern. Ich glaube, dass wir Trainingsprogramme brauchen, die auf funktionelle, praxisnahe Bewegungen bauen, also auf Bewegungen, die alltäglichen Aufgaben und Herausforderungen entsprechen. Nur so machen wir unseren Körper voll und ganz einsatzbereit und erwecken unser volles Lebenspotenzial.

Diesem Ansatz und Ziel folgend habe ich MovNat begründet, eine Lehre der körperlichen Kompetenz, die ganz auf natürliche Bewegungen setzt. Dazu gehören die Fortbewegungsfähigkeiten Gehen, Laufen, Balancieren, Krabbeln, Springen, Klettern und Schwimmen, die Handlungsfähigkeiten Heben, Tragen, Werfen und Fangen und die Verteidigungsfähigkeiten Schlagen und Ringen. Die wichtigsten Prinzipien natürlicher Bewegung sind Anwendbarkeit und Anpassbarkeit. Anwendbarkeit bedeutet, dass die Bewegungen auf direkte, fassbare Weise im Alltag nützlich sind; Anpassbarkeit heißt, dass sich natürliche Bewegungen an vielfältige Umgebungen und Umstände anpassen lassen müssen.

Jeden Tag bringen unsere zertifizierten Trainer Menschen bei, wie sie ihren Körper mit natürlichen und nutzbringenden Bewegungen und Fertigkeiten wieder in Form bringen und dadurch nicht nur die Welt körperlich stärker erleben, sondern auch ihr mentales, emotionelles und spirituelles Dasein bereichern. Denn – da darf man sich nichts vormachen – nicht nur unser Körper leidet unter unserem kulturell bedingten Bewegungsmangel. Auch unsere Seele, unser Herz, unsere ganze Lebendigkeit leidet. Echte, natürliche Bewegung ist Freiheit – und wir leben heutzutage wie Käfigtiere.

Wenn Bewegung wahrhaftig die Grundlage des Lebens ist, liegt die Grundlage dieser Grundlage dort, wo man sie vermutet: unten. Bei den Füßen. Wir sind Zweifüßer, und als solche bewegen wir uns trotz unserer vielfältigen Bewegungsmöglichkeiten meistens auf den Füßen. Daher ist ein gesundes, effizientes Funktionieren der Füße für jede gesunde, effiziente Bewegung unerlässlich.

Wie im Rest des Körpers steckt in den Füßen ein unglaubliches ungenutztes Potenzial. Meine Füße tragen mich – dank anhaltender Übung unbeschuht – über Klippen, Baumstämme hinauf, steile Uferböschungen hinab und durch Felder. Ich spüre mit den Füßen Erde, Fels, Rinde, Sand und Wasser. Morgens vor Sonnenaufgang spüre ich das kalte Gras und in der Abenddämmerung die in den Felsen ruhende Wärme des Sonnenlichts.

Die meisten von uns haben ihre Füße zusammen mit ihrem Körper eingesperrt; unsere Eltern haben uns in Schuhe eingeschnürt, sobald wir gehen konnten. Spezielle Schuhe zum Laufen, für die Schule, zum Tanzen, für praktisch jede einzelne Sportart – sogar welche für zu Hause. In unserer schuhtragenden Zivilisation haben die meisten Menschen noch nie die unglaubliche Vielfalt an Sinneseindrücken erlebt, die die Welt unbeschuhten Füßen bietet, und noch nie die wunderbare Kraft und Flexibilität kennengelernt, die ihre Füße erreichen können. Selbst wenn wir im Alltag die meiste Zeit barfuß liefen, geschähe dies auf flachen, vorhersagbaren, wenig fordernden – eben unnatürlichen – Oberflächen.

Eine effiziente, ganzkörperliche Bewegungsweise lässt sich nicht erreichen, wenn sich die Füße nicht natürlich oder zweckmäßig bewegen können. Und Füße, die von Geburt an eingesperrt waren, erfüllen ihren natürlichen Zweck nicht auf Befehl, schon gar nicht auf unebenem, natürlichem Untergrund. Genauso wenig, wie sich meine Schüler ohne Weiteres effizient bewegen können, sobald sie laufen, springen oder klettern, können wir von unseren Füßen erwarten, dass sie von einem Tag auf den anderen gesunden, nur weil wir die Schuhe ausgezogen haben. MovNat ist ein methodischer Prozess, bei dem nur die richtige Technik zu höchster Leistungsfähigkeit und Gesundheit führt, und das Gleiche gilt für Katy Bowmans Barfuß gehen. Wer sich mit Katys Programm die Grundlage für eine natürliche Bewegungsweise der Füße verschafft, kann seine Füße befreien und – Schritt für Schritt – zu der Bewegungsqualität finden, die jeder Mensch verdient.

ERWAN LECORRE

Entwickler von MovNat und Autor von The Natural Movement Book Santa Fe, New Mexico

EINFÜHRUNG

Gewiss erwarten einige von einem Buch über Minimalschuhwerk, das die Autorin mehrerer Bücher über natürliche Bewegung und Fußgesundheit verfasst hat, ungefähr Folgendes: »Minimalschuhe sind toll. Wir sollten sie ständig tragen, dann wären wir alle gesünder. Ende.«

Überraschung! Solche pauschalen Ratschläge wirst du hier vergeblich suchen. Tatsächlich schreibe ich dieses Buch, weil womöglich das Gegenteil wahr ist: Ein unvorsichtiger Wechsel zu minimalem Schuhwerk kann sehr leicht zu Verletzung und Verschlimmerung führen. Selbstverständlich bin ich ein großer Fan von Minimalschuhen und durchaus der Meinung, dass man herkömmliche Schuhe nach Kräften aus seinem Schuhregal verbannen sollte. Allerdings können hundert kleine Schritte (Wortspiel beabsichtigt) nötig sein, bis man Minimalschuhe tragen kann, ohne Schäden zu verursachen oder Beschwerden beizubehalten.

Unser Alltag ist völlig überfrachtet, und wir suchen immer nach simplen Lösungen. Aber der Trend, Gesundheitsförderung auf das Schema Fünf-Portionen-fünf-Übungen-fünf-Minuten-pro-Tag zu reduzieren, lässt wichtige psychologische Regeln unter den Tisch fallen, um die Verbreitung in Zeitschriften und auf Internetseiten zu erleichtern. Ich bin oft darum gebeten worden, solche Spickzettel zu erstellen – und ja, ich hab’s gemacht. Leider bietet eine kurze Liste – so hilfreich sie sein mag – nicht genug Raum für die Anstrengungen, die für nachhaltige Gesundheitsverbesserungen nötig sind. Im Falle des Trends zu Minimalschuhwerk, der viele Menschen dazu brachte, ohne vorherige Übergangsübungen hineinzuschlüpfen, ging der Schuss oft unweigerlich nach hinten los, da die Schuhe »nicht wie vorgesehen funktionierten«.

Minimalschuhe, die dem Sport treibenden Träger explizit oder implizit gesundheitliche Vorteile verschaffen können, stehen in der Diskussion. Da es keine Daten zum langjährigen Gebrauch von Schuhwerk ohne Stütze und Dämpfung gibt, sehen viele Mediziner darin eine Verletzungsgefahr. Minimalschuhhersteller und Barfußlaufbefürworter halten dagegen, dass das Barfußlaufen natürlich ist und Barfußschuhe daher gut sein müssen. Als Autorin, die Laien komplizierte wissenschaftliche Erkenntnisse nahezubringen sucht, ohne dass die Korrektheit darunter leidet, ist mir klar geworden, dass dieser Streit auf Missverständnisse und zu grobe Verallgemeinerungen zurückzuführen ist. Daher dieses Buch.

Schaut man genauer hin, gilt für diese wie für die meisten Diskussionen, dass beide Seiten richtig- und falschliegen. Forschungen zufolge sind Minimalschuhe nicht für jedermann in jeder Situation unbedenklich – Forschungen zeigen aber auch, dass herkömmliche Schuhe ganz eigene körperliche Schäden hervorrufen.

Was bei der ganzen Diskussion unterzugehen scheint, ist, dass Schuhe nicht im leeren Raum existieren. Schuhe und Füße stehen in Beziehung zum Menschen und seiner Umgebung. Wie sich Schuhe auf den Körper ihres Trägers auswirken, hängt daher vom Zustand der Füße, von der Körperhaltung, dem Gangmuster, der Bewegungshäufigkeit und der Bodenbeschaffenheit ab. Schuhe an sich können weder das Problem noch die Lösung sein. Bevor wir uns auf das optimale Schuhwerk festlegen, müssen wir in Betracht ziehen, was im Körper und im Leben des Trägers vor sich geht.

Beide Seiten des Streits um Minimalschuhe wollen nur das ihrer Ansicht nach Beste – Gesündeste – für alle. (Ignorieren wir einfach die Diskussionsteilnehmer mit handfestem Intere$$e am Minimalschuhboom und jene, die sich bloß über das Aussehen von Minimalschuhen mokieren. Keine Ahnung, ob die auch dein Bestes wollen.) Dennoch könnten beide Seiten von einem weiter gefassten Blickwinkel und einer längeren Erörterung, als in den sozialen Medien möglich ist, nur profitieren. Wer Begriffe klärt, klärt auch Streit.

ERST GEHEN, DANN LAUFEN

Dank dem Autor Christopher McDougall (Born to Run) und anderen Barfuß-Befürwortern erhoffen sich viele Menschen vom Wechsel zu minimalen Schuhen eine Veränderung ihres Laufstils. Sollte das auf dich zutreffen, dann denk bitte daran, dass Laufen und Gehen zwei biomechanisch sehr verschiedene Dinge sind, da die Belastung des Körpers (und der Füße) ganz unterschiedlich ist. Zwar ist Laufen etwas ganz Natürliches (da es in der Natur vorkommt), aber auf natürliche Weise laufen nur Tiere (Menschen eingeschlossen), die ihr Leben lang einen großen Teil des Tages mit Gehen verbringen (und mit Hocken und allerlei Bewegungen, die nichts mit Rennen zu tun haben). Form und Kraft des Gewebes, das in der Natur zum »Barfuß«-Laufen eingesetzt wird, ist daher von reichlichem Barfußgehen geprägt – und das ist bei dir nicht der Fall. So wie du als Kleinkind viel Zeit mit dem Gehenlernen verbrachtest, bevor du reflexartige Laufversuche machtest, musst du deiner Laufpraxis eine Grundlage verschaffen, die über alleiniges Laufen hinausgeht. Aus diesem Grund behandle ich das Gehen viel eingehender als das Laufen.

Bevor ich daher beschreibe, wie der Wechsel zu Minimalschuhwerk im Detail vonstatten geht, möchte ich – im Detail – klären, wohin dieser Wechsel eigentlich führt.

MINIMALE UNTERSCHIEDE

Ein Kollege von mir ist Befürworter von Minimalschuhen und Barfußlaufen, ist aber von Beruf aus Biochemiker. Seine Definition eines Minimalschuhs mag sich von der meinen unterscheiden, weil es ihm mehr um die Wachstumsbedingungen von Bakterien und Pilzen geht und er Flipflops allein deshalb als minimal bezeichnen würde, weil sie offen sind. Die Moral von der Geschicht’ ist, dass es immer auf den Blickwinkel ankommt. Bedenke daher bei deinen eigenen Recherchen immer, was du dir einerseits von Minimalschuhen versprichst und aus welchem Blickwinkel die Anleitung, die du befolgen willst, geschrieben ist.

Der Begriff Minimalschuhwerk (gängig sind auch »minimalistisches Schuhwerk« oder einfach »Barfußschuhe«), wie ich ihn gebrauche, bezeichnet Schuhwerk, das die Veränderung der natürlichen menschlichen Bewegungsweise minimiert. Diese Definition unterscheidet sich geringfügig von dem Begriff minimal in Bezug auf die Materialmenge, aus der ein Schuh besteht. Beispielsweise werden Flipflops häufig wegen ihrer geringen Masse als Minimalschuh angesehen. Aber dass Flipflops die Art zu gehen ändern (wie in Teil 1 beschrieben), offenbart eine gründliche, ja sogar schon eine oberflächliche biomechanische Analyse (sprich: ein Blick auf die Füße beim Gehen in Flipflops). Minimale Schuhmasse ist daher nicht das beste Kriterium, um einen Schuh als »minimal« zu klassifizieren.

Schuhe werden üblicherweise in die Bauteile Boden (Sohle, Absatz) und Schaft (alles andere) unterteilt.

Minimalschuhe haben:

• eine Sohle, die so dünn und biegsam ist, dass der Fuß (und nicht nur das Fußgelenk) mit all seinen Geweben den Boden spüren und darauf mit Bewegung, Kräftigung, Anspannung, Entspannung etc. reagieren kann.

• einen neutralen Absatz oder fachsprachlich ausgedrückt »null Sprengung«, sodass alle Gelenke von einem neutralen Ausgangspunkt aus arbeiten und ihren gesamten Bewegungsspielraum nutzen können.

• einen Schaft, der den Schuh sicher am Fuß hält, sodass es nicht nötig ist, die Zehen oder die Vorderseite des Unterschenkels zu verkrampfen, um den Schuh beim Gehen nicht zu verlieren.

• eine geräumige Vorderkappe, die den Zehen erlaubt, sich so zu strecken und auszubreiten, wie es das Gehen, Wandern oder Klettern erfordert.

Minimalschuhe müssen nicht minimalistisch im Sinne von geringstmöglich sein, sie müssen nur den Fuß Fuß sein lassen und ihn vor Verletzungen durch den unnatürlichen Kleinmüll schützen, der in der modernen Welt herumliegt.

SCHUHKULTUR

Viele Eigenschaften moderner Schuhe, etwa der Absatz oder der enge Zehenraum, sind kulturellen Ursprungs – und der Mode unterworfen. Die Vorstellungen davon, wie Schuhe sein müssen und warum wir sie brauchen, sind ebenfalls kulturell geprägt und spiegeln die Idee der Überlegenheit bestimmter Kulturen oder Klassen wider. Oft wurden Menschen, die keine Schuhe trugen, als Wilde oder als Personen von niederem Stand angesehen – seien es Londoner Straßenkinder oder Ureinwohner der »Neuen Welt«. Unbeschuhtheit wurde mit Unzivilisiertheit gleichgesetzt und als etwas Primitives gesehen (wo wir doch alle bekanntlich Primaten sind).

In vielen Kulturen signalisierte man einst durch das Tragen von Schuhen die Distanz zwischen dem Schuhträger und den barfüßigen Klassen und Kulturen. So wurde auch blasse Haut als Zeichen des Drinnenbleibens geschätzt (gebräunte Haut verriet Arbeit unter freiem Himmel); so wurde der Einsatz von Ammen oder Milchpulver dem mütterlichen Stillen vorgezogen; so saß man lieber auf Stühlen als auf dem Lehmboden. Schuhe bedeuteten oft nicht nur Zivilisiertheit, sondern dass man zivilisierter war als andere.

Schuhe formen den Menschen, der sie trägt – und zwar nicht zum Besseren. Aus diesem Grund interessiere ich mich für Schuhe. Ich habe mit verletzten Menschen zu tun, die seit Jahren (und für Tausende von Dollars) mit wenig bis gar keinem Ergebnis an Ganzkörperbeschwerden herumdoktern. Behindert durch das, was sie sich jeden Morgen über die Füße streifen, um den ganzen Tag darin herumzutappen, suchen wohlmeinende Menschen bei Podologen, Chiropraktikern, Wirbelsäulenchirurgen und Podiatern nach Antworten auf die falsche Frage. Die Frage ist nicht: »Wie kriege ich das wieder hin?«, sondern: »Durch welche ständige Angewohnheit verursache ich das?«

Schuhe und die Art, wie man sie einsetzt, können das durch Bewegung generierte »Nährstoffspektrum« einschränken. In jedem Fuß befinden sich 33 Gelenke, und die Fußmuskulatur umfasst 25 Prozent aller Muskeln des Körpers. Die komplizierte Mechanik der Füße wirkt sich nicht nur naheliegenderweise auf Gangart und Fußgelenkstabilität aus, sondern beeinflusst auch die Balance des ganzen Körpers, die Nervenleitfähigkeit und die Durchblutung. Schuhwerk entscheidet über mehr als dein Aussehen – es grenzt deine gesundheitlichen Möglichkeiten ein. Die Schuhe, die du morgens für den Arbeitstag wählst, bilden die gläserne Decke für dein Wohlbefinden.