Basisbuch Gerätturnen - Ilona E. Gerling - E-Book

Basisbuch Gerätturnen E-Book

Ilona E. Gerling

0,0
27,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Die wichtigsten Kernelemente der Pflicht- und Kürübungen sowie des Gerätturnabzeichens des Deutschen Turner-Bundes stehen im Mittelpunkt dieses Buches. Vor allem für das Schulturnen hat sich dieses Buch als Basisbuch für den Turnunterricht durchgesetzt. Die Basisfertigkeiten aus den Richtlinien und Lehrplänen der Schulen, der Bundesjugendspiele, des Schulwettbewerbes "Jugend trainiert für Olympia" sind Inhalte des Buchs. Sowohl für das turnerische Grundlagentraining verschiedenster Sportarten, für den Voltigiersport, das kreative Turnen, als auch für Zirkusprojekte ist das Basisbuch Gerätturnen ein wertvolles Nachschlagewerk. Spielerisch und als Circuittraining werden zunächst turnerische Voraussetzungen geschaffen. Es wird darauf aufbauend aufgezeigt, wie mit fünf Grundübungen und Übungsvariationen modern und spaßbetont zur Turnfertigkeit gelangt werden kann. Alle dazugehörigen Helfergriffe werden abgebildet beschrieben. Darüber hinaus helfen zahlreiche Abbildungen, Fotos und genaue Bewegungsbeschreibungen sowie die umfangreiche Erläuterung der Terminologie am Buchende, die Übungen zu verstehen. Ein Dankeschön an unsere treuen Leser: Download des Grafiken-Pakets Da wir immer wieder von Lesern dieses Basisbuchs die Rückmeldung bekommen haben, dass sie die Zeichnungen als Kopiervorlagen für die Halle und den Unterricht nutzen möchten, können Sie die Zeichnungen nun als Gesamtpaket herunterladen.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 281

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



DIE AUTORIN

ILONA E. GERLING

ist Dozentin für Turnen an der Deutschen Sporthochschule Köln. Sie war langjährige Vorsitzende des Bundesfachausschusses für Gerätturnen im Deutschen Turner-Bund (DTB) und hat maßgeblich die Bundesjugendspiele der Schulen, das Gerätturnabzeichen des DTB und die Turnbedingungen des Deutschen Sportabzeichens erarbeitet. Sie war Mitglied im Bundesausschuss „aus- und Fortbildung“ des DTB und hat an Ausbildungsplänen aller Trainer/innen-Lizenzen wie auch an den Pflichtübungen des DTB mitgearbeitet. Sie ist eine international anerkannte Referentin und Autorin mehrerer Bücher zum Thema „Moderne Turnmethodik.“

Basisbuch Gerätturnen

Danksagung: Ich bedanke mich ganz herzlich bei Tina-Nadine Hain (geb. Seifried) für die zeitaufwendige, fachliche und organisatorische Hilfe beim Erstellen dieses Buches.

Danke sage ich auch den vielen großen und kleinen Turnern und Turnerinnen, die sich für die Fotos zur Verfügung gestellt haben.

Hinweise: Das vorliegende Buch wurde sorgfältig erarbeitet. Dennoch erfolgen alle Angaben ohne Gewähr. Weder die Autorinnen noch der Verlag können für eventuelle Nachteile oder Schäden, die aus dem vorliegenden Buch resultieren, Haftung übernehmen.

Diese Veröffentlichung ist aus Gründen der besseren Lesbarkeit in der männlichen Sprachform abgefasst. Selbstverständlich sind immer sowohl Übungsleiter und Übungsleiterinnen oder Teilnehmer und Teilnehmerinnen gemeint.

WO SPORT SPASS MACHT

Ilona E. Gerling

Basisbuch Gerätturnen

Von Bewegungsgrundformen mit Spiel und Spaß zu Basisfertigkeiten

Meyer & Meyer Verlag

Basisbuch Gerätturnen

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Details sind im Internet über <http://dnb.d-nb.de> abrufbar.

Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie das Recht der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form – durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren – ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, gespeichert, vervielfältigt oder verbreitet werden.

© 1999 by Meyer & Meyer Verlag, Aachen

8. überarbeitete Auflage 2014Auckland, Beirut, Budapest, Cairo, Cape Town, Dubai, Hägendorf,Indianapolis, Maidenhead, Singapur, Sydney, Teheran, Wien

Member of the World Sport Publishers’ Association (WSPA)

ISBN: 978-3-8403-3533-4E-Mail: [email protected]

Inhalt

Widmungen

Vorwort DTB

Zum Buch

Einleitung: Gerätturnen – uralt und heute so aktuell wie nie

Teil A Didatktik und Methodik eines Gerätturnens für alle

I Didaktik

1       Was ist Gerätturnen?

2       Warum Gerätturnen?

II Methodik: Wie wird Gerätturnen durchgeführt

1       Was ist Methodik?

2       Methodischer Aufbau nach Handlungsinhalten und -schwerpunkten

3       Turnerische Bewegungsgrundformen und Basisfertigkeiten

4       Methodisches Vorgehen

4.1    Lernvoraussetzungen

4.2    Lernschritte: Methodische Prinzipien im Gerätturnen

5       Methodische Hilfen im Turnen

5.1    Geräte- und Partnerhilfen

5.2    Verbale Hilfe

5.3    Fehlerkorrektur

6       Unterrichtsgestaltung

6.1    Zeitliche und inhaltliche Gliederung der Einzelstunden

6.2    Demonstrations- und Übungslauf in einer Übungsgruppe

6.3    Stichworte zu organisatorischen Planungsprinzipien

Teil B Basisfertigkeiten an den Geräten

I Bodenturnen

1       Mit spielerischen Übungsformen Voraussetzungen schaffen

1.1    Stützen

1.2    Körperspannung und Stützen

1.2.1 Körperspannung

1.2.2 Körperspannung halten in Kombination mit Stützen

1.3    Rollen

1.4    Grundlagen – Kreistraining für das Bodenturnen

2       Rolle vorwärts und Sprungrolle

3       Rolle rückwärts

4       Aufschwingen in den Handstand

5       Handstand–Abrollen

6       Rolle rückwärts in den Handstand

7       Vom Scherhandstand zum Rad

8       Radwende/Rondat

9       Gymnastische Elemente

II Sprunggeräte

1       Absprung und Landung

2       Mit spielerischen Übungsformen Voraussetzungen schaffen

2.1    Springen (Prellfedern) und Prellabdruck

2.2    Stützspringen

2.3    Landen

2.4    Stützsprung-Kreistraining

3       Stützsprunghockwende

4       Stützsprunghocke

5       Stützsprunggrätsche

III Hang- und Stützgeräte

1       Mit spielerischen Übungsformen Voraussetzungen schaffen

1.1    Hängen, Hangeln, Pendeln und Schwingen

1.2    Stützen

1.3    Hang- und Stütz-Kreistraining

2       Reck/Stufenbarren

2.1    (Felg-)Aufschwung und Aufzug

2.2    (Hüft-)Umschwung vorlings rückwärts

2.3    (Felg-)Unterschwung/Felgabschwung

3       Parallelbarren

3.1    Schwingen im Stütz

3.2    Kehre

3.3    Wende

IV Balanciergeräte

1       Mit spielerischen Übungsformen Voraussetzungen schaffen

1.1    Balancierfähigkeit verbessern

1.2    Balancierstationsturnen

2       Gymnastische Elemente

2.1    Gehen

2.2    Federn, Hüpfen und Springen

2.3    Drehungen

2.3.1 Beidbeinige Drehungen

2.3.2 Einbeinige Drehungen

3       Ein Gleichgewichtselement – die Standwaage

V Terminologie

1       Körperachsen

2       Bewegungsarten: Translation und Rotation

3       Bewegungsrichtungen

3.1    Bezeichnungen von Bewegungsrichtungen des Körpers

3.2    Räumliche Bezeichnungen bei Bewegungen von Körperteilen

4       Zeitliche Ausdrucksmittel (Beispiele)

5       Körperhaltungen

5.1    Körperbezogene Körperhaltungen

5.2    Räumliche Arm- und Beinhaltungen/-positionen

6       Stellungen und Verhalten des Körpers zum Gerät

6.1    Körperseiten zum Gerät

6.2    Körper und Gerätgassen

6.3    Beziehung der Körperbreiten- zur Gerätlängsachse

6.4    Seit- und Querspreizen der Beine

7       Verhalten des Körpers am Gerät

7.1    Lage, Sitz, Stand, Hang und Stütz

7.2    Kombiniertes bzw. gemischtes Verhalten am Gerät/Boden

8       Beispiele für die Reihenfolge bei der Bildung der Bezeichnungen am Gerät

9       Bezeichnungen nach Strukturgruppen

9.1    Fertigkeiten mit Rotationen um feste Drehachsen an Hang- und Stützgeräten, z. T. auch Stützfertigkeiten am Boden und Balken

9.2    Kurzfristige, momentane und freie Drehachsen: Rollen, Überschläge und Sprung

9.3    Kombination aus verschiedenen Strukturgruppen

9.4    Nähere Bezeichnungen von Fertigkeiten gleicher Strukturgruppen durch Zusätze

10     Griffarten am Gerät

VI Kleine Gerätturnanatomie

VII Die Turnbibliothek

1       Literaturhinweise zu Grundlagen und Grundfertigkeiten

2       Literaturhinweise zur Turngeschichte

VIII Übersichten

Anhang I Sprung: Ausgewählte Kernelemente der Anforderungen P1-P5 aus dem Wettkampfprogramm des Deutschen Turner-Bundes 2008

Anhang II Reck/Holm des Stufenbarrens: Ausgewählte Kernelemente der Anforderungen P1-P5 aus dem Wettkampfprogramm des Deutschen Turner-Bundes 2008

Anhang III Parallelbarren: Ausgewählte Kernelemente der Anforderungen P1-P5 aus dem Wettkampfprogramm des Deutschen Turner-Bundes 2008

Anhang IV Balanciergeräte/Schwebebalken: Ausgewählte Kernelemente der Anforderungen P1-P5 aus dem Wettkampfprogramm des Deutschen Turner-Bundes 2008

Anhang V Boden: Ausgewählte Kernelemente der Anforderungen P1-P5 aus dem Wettkampfprogramm des Deutschen Turner-Bundes 2008

Anhang VI Das Gerätturnabzeichen 2008 des Deutschen Turner-Bundes

Bildnachweis

Register

Da wir immer wieder von Lesern dieses Basisbuchs die Rückmeldung bekommen haben, dass sie die Zeichnungen als Kopiervorlagen verwenden oder diese gar ausschneiden, um sie z. B. in der Turnhalle zu nutzen, haben wir uns für diese neue Auflage einen speziellen Service für alle Käufer überlegt. Sie können die Zeichnungen nun als Gesamtpaket herunterladen und dann alle Zeichnungen einzeln ganz nach Belieben abspeichern, ausdrucken oder auch auf mobilen Geräten und Speichermedien mit sich führen

Hinweis:

Gehen Sie zum Download der Zeichnungen auf die Seite:

www.dersportverlag.de/extras/geraetturnen

und laden Sie die Dateien dort herunter

Die Zugangsdaten sind: Benutzer: turnen PW: oCTV67ATb5JG

Widmungen

Meiner ersten Turnlehrerin, Annemarie von Gagern aus Flensburg, gewidmet.

Frau von Gagern verstand es, mit hoher Sachkompetenz und Liebe ehrenamtlich innerhalb kürzester Zeit in meinem ersten Verein, SV Adelby bei Flensburg, unzählig viele Menschen zum Gerätturnen zu motivieren. 1967, schon nach kürzester Zeit ihres Wirkens, konnten die von ihr initiierten Vereinsmeisterschaften im Gerätturnen mit fast 200 Teilnehmern des 600 Mitglieder umfassenden Vereins vor Hunderten von Zuschauern durchgeführt werden.

Sie wollte über Gerätturnen in spielerischer, kindgemäßer Form fördern durch Fordern. 1968 organisierte sie mit Unterstützung des Deutschen Turner-Bundes bereits Gerätturn-Sommerfreizeiten. Sie wünschte sich auch Vergleichswettkämpfe für Kinder, weil das Sichvergleichen und Sichmessen zum Kind gehört. Als Landeskinderturnwartin von Schleswig-Holstein führte sie 1969 die ersten Landeskindermeisterschaften im Bundesgebiet ein. Ein regelmäßiges, über Jahre bestehendes „Sportballett“ mit der Verpflichtung der Ballettmeisterin Vera Mahlke wurde von Frau von Gagern für das „Leistungsgerätturnen“ eingeführt. Frau von Gagern war in vielem ihrer Zeit voraus. Als Musiklehrerin eröffnete sie mir nicht zuletzt auch den Zugang zur Musik. Sie hat mir die Grundlagen, auch durch ihr Vorleben, für meinen heutigen Beruf als Berufung gegeben.

„Die Welt lebt von den Menschen, die mehr tun als ihre Pflicht“ (Balser). Ich wünsche allen Heranwachsenden eine solche engagierte, verantwortungsbewusste und vorbildliche Lehrerin.

Annemarie von Gagern war Lehrerin an meiner ehemaligen Schule, wo sie große Schulfeste organisierte. Sie ist eine bemerkenswerte Persönlichkeit und für mich stets eine hochinteressante Gesprächspartnerin geblieben. Ich fühle mich Annemarie von Gagern sehr verbunden.

Erftstadt/Köln

Ilona E. Gerling

VORWORT DTB

Im Zuge der rasanten Entwicklung immer neuer Sportangebote haben die traditionellen Kernsportarten, wie Leichtathletik, Schwimmen, Sportspiele und auch das Gerätturnen, einen schweren Stand. Dennoch ist unverkennbar, dass gerade diesen Sportarten immer noch und – je differenzierter die Sportkultur wird, – umso mehr eine grundlegende und sportartübergreifende Bedeutung für die Ausformung eines vielseitigen und variabel einsetzbaren Bewegungsrepertoires zuerkannt wird. Sie gehören nach wie vor zu den Grundsportarten des Schulsports; sie bilden den Kern der Bundesjugendspiele und des Deutschen Sportabzeichens und sie sind Ausgangspunkt und Basis für viele Trends und Entwicklungen der Jugendkultur.

Das hier vorgelegte „Basisbuch Gerätturnen – für alle“ ist ein unverzichtbarer Baustein im Rahmen der turnerischen Ausbildung. Die wichtigsten Kernelemente der Pflicht- und Kürübungen und des Gerätturnabzeichens des Deutschen Turner-Bundes stehen im Mittelpunkt dieses Buches. Auch die Basisfertigkeiten aus den Richtlinien der Schulen und die Turnfähigkeiten des Deutschen Sportabzeichens werden behandelt; ebenso werden Hilfen gegeben für die Schulwettbewerbe Bundesjugendspiele und Jugend trainiert für Olympia. Die gesamte stoffliche Aufarbeitung wird getragen von dem didaktisch-methodischen Prinzip, dass das Erlernen der Basisfertigkeiten vor allem Spaß machen muss und nicht in ein Einpauken von Bewegungsmustern abgleiten darf.

Der Deutsche Turner-Bund wünscht sich, dass diese Schrift bei Trainern, Übungsleitern und Lehrern in gleicher Weise Verbreitung findet und damit der Zugang zum Gerätturnen erleichtert wird.

Der DTB dankt der Autorin, dass sie ihren in Forschung und Lehre an der Deutschen Sporthochschule Köln vielfach ausgewiesenen Sachverstand sowie ihre jahrelangen Erfahrungen in der nationalen und internationalen Turnverbandsarbeit in die vorgelegte Schrift eingebracht und damit wichtige Grundlagen für die weitere Entwicklung des Gerätturnens geschaffen hat.

Dr. Ulf Shiowski

Vizepräsident Sport

Deutscher Turner-Bund

Zum Buch

Ist fertigkeitsorientiertes Gerätturnen „trendy“?

Ja! Das gerätturnerische Können ist überall gefragt: In der Werbung tauchen Balkenturnerinnen und Seitpferdturner auf, ein gut angezogener, junger Mann springt eine Fechterflanke über ein Geländer, eine Bierbrauerei wirbt mit einer Handstanddame und so weiter… Zirkusprogramme werden von ehemaligen Gerätturnern gestaltet, auch die Musik-Videoclips, Actionfilme, Musicals, Le Parkours und Freerunning beinhalten turnerisches Können. Gerätturnen scheint aktuell zu sein – aber nur zum Zuschauen?

Zahlreiche Sportarten haben das Gerätturnen als Vielseitigkeitsschulung in ihr Grundlagentraining und als Ergänzungstraining integriert, wie in der Leichtathletik und im Judo. Ehemalige Turner sind auf Anhieb in für sie neuen Sportarten, wie z. B. im Sportklettern, sehr erfolgreich.

„Alles ganz toll, aber so rumturnen – das ist bestimmt nichts für mich“, denken die meisten jetzt vielleicht. Viele Lehrende glauben, dass Gerätturnen mit ihren Schülern nicht machbar ist, bei ihnen nicht ankommt…oder ist der Lehrer vielleicht nicht mehr in der Lage, es für die heutige Generation zeitgemäß – und kompetent – aufzubereiten? Die Turnvereine haben oft keine Gerätturngruppen mehr, wogegen das Kinderturnen heute wieder überlaufen ist! Das Kinderturnen hat sich in den letzten Jahren stark verändert und das Gerätturnen?

Gerätturnen für alle – gibt es das überhaupt?!

Ja, das gibt es, wenn eine Methodik im Gerätturnen sich am Menschen orientiert, an seinem Können, seinen Bedürfnissen und Wünschen. Früher hat es nicht die Konkurrenz anderer Trendsportarten gegeben. Nun müssen alle Grundsportarten den Mut haben, neue Wege zu gehen, um konkurrenzfähig zu bleiben. Die Gerätturnstunden müssen einen neuen, bedürfnisorientierten „Pepp“ bekommen.

Das vorliegende Buch hat sich das „fertigkeitsorientierte Turnen an Geräten für alle“ zum Thema gemacht. Kunststücke zum Vorführen, für Schauturnen, Zirkusveranstaltungen und für die Teilnahme an schulischen Wettkämpfen (Bundesjugendspiele und Jugend trainiert für Olympia), am Sportabzeichen des Deutschen Olympischen Sportbundes, am Gerätturnabzeichen oder an den Vereinswettkämpfen des Deutschen Turner-Bundes brauchen eine solide methodische Heranführung an die Turntechniken. Diese müssen gesundheitlich förderlich und auf eine freizeit- und breitensportliche Übungsgruppe ausgerichtet sein. Gleichzeitig soll diese Turnmethodik und -technik für die sich gut entwickelnden Turner im Hinblick auf den Leistungssport im Gerätturnen eine solide Basis bilden.

Eine Turnmethodik muss Spaß bringen. Dieses Buch versucht aufzuzeigen, dass gute Turntechniken erlernt werden können, wobei beim methodischen Vorgehen und Üben die Spiel- und Spaßkomponenten, das gemeinsame Erleben von Turnen, das gegenseitige Hilfegeben, das Einsetzen von Alltagsmaterialien und das Einbringen von Musik und kreativen Anwendungsformen neue Akzente für ein modernes, fertigkeitsorientiertes Gerätturnen geben sollen.

Die moderne Turnmethodik geht von turnspezifischen, konditionell-koordinativen Voraussetzungen aus und räumt ihrer Schulung und Verbesserung einen großen Raum ein. Spielerische Aufgaben zu zweit oder in der Gruppe, mit lustigen Aufgabenstellungen und Musik, führen alle – egal, welche Könnensstufe oder welches Alter – zum Stützenkönnen, Hängenkönnen, Springenkönnen oder Balancierenkönnen. Darauf aufbauend, werden mit gegenseitiger Partner- und Gerätehilfe in fünf Basislernschritten die Basisfertigkeiten des Gerätturnens erlernt. Die Turntechniken und damit auch die Bewegungsmerkmale sind an den Voraussetzungen, dem Können und dem Wunsch nach schnellen Erfolgserlebnissen des freizeit- und breitensportlichen Gerätturners orientiert. Die Techniken können sich deshalb von denen des Kunstturnens unterscheiden, auch ist die Methodik eine andere.

Diejenigen, die in das Gerätturnen einsteigen wollen, sollten zunächst die spielerischen Übungsformen und Variationen zur Schaffung von Lernvoraussetzungen anbieten. Diejenigen, die die Turnfertigkeiten erstmalig durchführen möchten, sollten sich mit den Bewegungsmerkmalen beschäftigen und die Basislernschritte turnen lassen. Diese können oftmals alle innerhalb einer Stunde durchgeführt werden. Interessant ist, daraus eine Übungslandschaft zu bauen, wo jeder, je nach Eingangskönnen, seine Lernstufe auswählen kann. Die Lehrenden, die bereits eine Gerätturngruppe mit Basiskönnen führen, werden das Buch als Nachschlagewerk schätzen lernen, vor allem auch, um zusätzliche Übungsformen und spielerische Variationen zu finden, um die nachfolgenden Übungsstunden abwechslungsreicher und spannender zu gestalten. Die Turnterminologie am Ende des Buches soll helfen, Gerätturnübungen oder Richtlinien verstehen zu können. Studenten und Übungsleiter haben im Rahmen ihrer Ausbildung ein Basisbuch zur Didaktik und Methodik des modernen, fertigkeitsorientierten Gerätturnens vor sich.

Die Techniken und Übungen sind in Gruppen mit unterschiedlichem Könnensstand sowie mit allen Altersgruppen in den verschiedensten Institutionen jahrelang erprobt worden. Ein fertigkeitsorientiertes Gerätturnen für alle – das gibt es! Man sollte sich trauen, es anzubieten. Man sollte es für sich neu entdecken, um dann andere Gerätturnen neu erleben zu lassen, denn: Man muss es erlebt haben!

Viel Spaß beim Auf- und Umschwingen, beim Überkopfstehen und Radschlagen, viel Spaß beim Balancieren und Springen!

Ihre

Einleitung: Gerätturnen – uralt und heute so aktuell wie nie

Turnen – „sich-turnerisch-bewegen“ – begann nicht erst mit der Wortschöpfung unseres Turnvaters Fr. L. Jahn (1778-1852), der in „turn“ einen „deutschen Urlaut“ vor sich zu haben glaubte. Die Beziehungen zum lateinischen tornare, dem französischen tourner und dem englischen Wort turn – ist aber ausgesprochen passend: drehen. Sich turnerisch bewegen strebt letztlich stets ein Drehen um die Längs- oder Breitenachse an: das Drehen, um auf dem Kopf zu stehen, rückwärts in die Brücke zu drehen, abspringen zum Überschlagen, in den Knien an der Stange zu hängen, um gedreht die Welt auf dem Kopf zu sehen; springen, abheben und Salto drehen und die Möglichkeit, sich über Kopf zu hängen und um die Stange zu drehen – alles, um einen Bewegungsrausch zu erleben und zu genießen.

Genetisch in uns Menschen veranlagt, ist dieses Erlebenwollen der Antrieb für wichtige Entwicklungsreize, die sowohl koordinativ (Körpersteuerung, Orientierungs- und Gleichgewichtsfähigkeit) als auch konditionell (Entwicklung vor allem der Rumpfkraft für eine gesunde aufrechte Haltung) begründet sind. Kaum eine andere Bewegungsaktivität als die turnakrobatische kann dies leisten. Damit unterscheidet das Turnen sich deutlich von den Fußgängersportarten. Gerade heute, in einer Zeit der Bewegungsarmut, sind bei der Generation der „Sitzkinder“ und der vor dem Computer u. Ä. m. sitzenden Jugendlichen schon die Folgen des fehlenden turnerischen Bewegens zu verzeichnen, erscheint es dringlicher denn je, – vor allem in der Entwicklungszeit der Heranwachsenden – wieder forciert turnerische Bewegungsangebote zeitgemäß anzubieten.

Das im gesunden Menschen in einer „normalen, natürlichen“ Umwelt immanente „turnerische Bewegungsbedürfnis“ war in der Menschheitsgeschichte immer präsent (vgl. Lukas, 1969, 14f.).

Wie alles begann …

Der für das „Turnen“ urgeschichtliche Ausgangspunkt scheint der Tanz als Kultritual gewesen zu sein. Im Laufe der Zeit entwickelten sich die Rituale zahlreicher Naturvölker auf der ganzen Welt hin zur Darbietung vor Publikum. Der Zuschauer gewann an Bedeutung und damit auch die bewusste Zurschaustellung von „Kunststücken“. Der geschichtliche Ausgangspunkt war das Bodenturnen.

Die ältesten Zeugnisse stammen u. a. aus Ägypten und Griechenland. In Abbildungen zeigt sich das turnerische Bewegen durch die Jahrhunderte und Jahrtausende auf Vasenmalereien, Kalksteinscherben und Höhlenzeichnungen in Form von Brücken, Handständen und Überschlägen.

Im Altägyptischen hat das Wort hbj die Bedeutung von Tanz, wird aber auch für die gymnastisch-turnerische Übung der „Brücke“ benutzt. Diese „Brücke“ wird im Mittleren und Neuen Reich mehrfach, zum Teil mit Bewegungsansätzen und als Reihenbilddarstellungen, als dynamischer Überschlag dargestellt.

Abb. 1a: 3.500 Jahre alte Reliefdarstellung einer ägyptischen Akrobatin

In der Zeit der ägyptischen Königin (Pharaonin) Hatschepsut vor 3.500 Jahren (18. Dyn.) schmückte man die Tempelwände des in El-Karnak am Nil größten jemals gebauten Tempels für den ägyptischen Gott Amun u. a. mit einem Relief auf braunem Quarzit (Block der „Roten Kapelle“), auf dem junge Frauen bei akrobatischen Überschlägen im Rahmen einer Festprozession zu sehen sind. Abbildung 1a zeigt eine daraus ausgewählte Akrobatin (vgl. Decker, 1987 und Decker & Herb, 1994).

In Abbildung 1b sieht man eine Akrobatin vor ca. 3.200 Jahren (19.-20. Dyn.) beim Überschlag. Als Malerei mit schwarzer Tinte und Farbe auf einem Kalksandsteintäfelchen wurde die Scherbe („Ostrakon“, 10,4 x 16,8 cm) in Deir el-Medina, einer ägyptische Ruinenstätte am westlichen Ufer des Nils bei Theben, gefunden. Obwohl ca. 300 Jahre jünger als die der Abbildung 1a, gleichen sich die Darstellungen (vgl. Decker, 1987 und Decker & Herb, 1994).

Abb. 1b: 3.200 Jahre alte Zeichnung einer ägyptischen Akrobatin

Aber auch „Turnübungen“ an Geräten sind geschichtlich vielfältig zu finden.

Bei den verschiedensten Naturvölkern gibt es jahrhundertealte Zeugnisse von Turnübungen an Geräten. Die Eskimos drückten Bilder ihrer Kultur in Elfenbein- und Knochenschnitzereien aus. Auch eine silhouettenartige Darstellung von Boden- und Reckturnern ist dabei gefunden worden. Sie turnten an einem reckähnlichen Gerät mit Lederseilen einen Auf- oder Umschwung. Wahrscheinlich im Tanz ein Tier darstellend wird am Boden ein Kopfstand oder eine Rolle vorwärts abgebildet (Abb. 2).

Abb. 2: Eskimoabbildungen auf Knochen geschnitzt: Kopfstand oder Rolle vorwärts und Reckturnen am Lederseil

Auch von Mikronesien, einer Inselgruppe im nordwestlichen Ozean, wird vom Reckturnen berichtet. Auf einer Zeichnung einer alten persischen Gymnastik um 1800 in Zurchâna sind Handstände im Raum – als Wandhandstand am Brett, das vom Rücken eines Partners gestützt wird – abgebildet. In Japan malte Hokusai (1770-1849) eine Reckübung an einem Bambusstab (Abb. 3).

Kinder scheinen sich im freien Bewegungsleben schon immer turnerisch bewegt zu haben. Eindrucksvoll bezeugt dies ein Bild von 1556 mit dem Titel „Kinderspiele“ des niederländischen Malers P. Bruegel der Ältere (um 1530-1569), der Heranwachsende u. a. im Kopfstand, Kniehang, bei der Rolle und beim Bockspringen malte. Um die gleiche Zeit schrieb der Italiener Archange Tuccarro das erste methodische Bodenturnbuch der Welt (s. u.).

Abb. 3: Reckübungen an einer Bambusstange, nach Hokusai (1770-1849)

Die Entwicklung schwieriger akrobatischer Übungen wurde im Mittelalter allmählich zur Domäne von Leuten, die als Berufsakrobaten ihre Kunst und Geschicklichkeit auf Jahrmärkten und an Königshöfen vorführten. Auch J. W. v. Goethe (1749-1832) beschreibt in seinem um 1796 erschienenen Werk „Wilhelm Meisters Lehrjahre“ im 2. Buch/4. Kapitel mit bewundernden Worten die Künste der Seiltänzer, Springer und Tänzer. Die zunehmend anspruchsvolleren Darbietungen der akrobatischen Gaukler – der ersten Profiturner – waren nur über eine zielgerichtete turnerische Ausbildung möglich.

Das erste methodische Bodenturnbuch der Welt

Große Bedeutung für die Weiterentwicklung der Akrobatik hatte ein Werk eines italienischen Berufsakrobaten: Archange Tuccarro, ein Gaukler, geboren um 1536 in Aquila in den Abruzzen/Italien, lebte zuerst am Hofe Kaiser Maximilians II. (Regierungszeit 1564-1576), begann dann als königlicher Hofspringer – als „Saltarin du roi” – am Hofe Karls IX. (Regierungszeit 1560-1574) von Frankreich und verfasste in Paris 1599 das außergewöhnliche Buch „Trois dialogues de l’exercise de sauter et voltiger en l’air“ mit 88 Holzschnitten.

Es ist faszinierend, das älteste Werk über Bodenturnen in den Händen zu halten1), darin zu blättern – und zu lesen! Überraschend modern stellt sich seine Lehrweise von Sprüngen, freien Überschlägen (Salti) am Boden, am Tisch und Sprung- und Sturmbrett dar. Sie werden ausführlich in Text und Bild beschrieben. Die Abbildungen sind lehrhaft mit Buchstaben und Pfeilen der Rotationsrichtungen versehen. Bewegungsteilphasen werden herausgestellt und methodisch über verschiedene Geräthilfen zu Kunststücken erarbeitet. Tuccarro schreibt, dass frühzeitig mit der Ausbildung begonnen werden soll. Für die Sieben- bis Achtjährigen verlangt er jedoch, zunächst Vorübungen zu machen. Interessant ist z. B. sein „Rückgratturnen“ (voltiger de l’eschine), das Beweglichmachen der Wirbelsäule (vgl. die erste Abbildung der Abb. 4). Für Tuccarro dürfen erst Jugendliche an die Salti herangeführt werden.

Archange Tuccarro starb fast 80-jährig. Genau 200 Jahre nach seinem Tode, 1816, erwähnt Jahn dieses Buch in seiner „Turnkunst“. Die einzige deutsche Übersetzung des Buchs von Tuccarro liegt nur – handgeschrieben (!) – von H. F. Maßmann von 18902) vor und ist für die heutigen Leser leider kaum zu entziffern.

Turnen für alle

Das planmäßige, erzieherische Turnen begann mit dem 18. Jh. Die Theorie einer naturgemäßen Erziehung zur Vervollkommnung des Menschen und seiner Gesellschaft, verstärkt durch Schriften von John Locke (1632-1704) („Gedanken zur Erziehung“) und des französischen Kulturphilosophen Jean-Jacques Rousseau (1712-1778) („Emile“), wurde Grundlage für die physischen Erziehungsziele undinhalte der Philantrophen (Dessauer Kreis: Basedow u. a. die Systematiker Vieth, Pestalozzi und Fröbel i. w. S.; Schnepfenthaler Kreis: Salzmann, GutsMuths).

Abb. 4: Tuccaro, A.: „Rückgratturnen“ (Brücke), Aufschwingen zum Handstand, Rad und Rolle vor über 400 Jahren

GutsMuths (1759-1839) legte mit seinen „Freizeitturnern“ im Schnepfenthal den Grundstein des Turnens an Geräten. Es wurden Balancierübungen am „Schwebebaum“ (in Kupferstichen abgebildet) sowie Kletter- und Sprungübungen durchgeführt. Mit seiner Schrift „Gymnastik für die Jugend – enthaltend eine praktische Anweisung zu Leibesübungen. Ein Beytrag zur nöthigsten Verbesserung der körperlichen Erziehung“ von 1793 gab er den Anstoß für die darauf folgenden Entwicklungen. Er kann als Großvater des Turnens bezeichnet werden.

„Turnvater“ Fr. L. Jahn (1778-1852) baute mit seinen zahlreichen Anhängern (u. a. Eiselen, Maßmann) als Kern seiner Übungsangebote zur Körpererziehung das Turnen an Geräten aus. Jahn erfand nicht nur eine Vielzahl neuer Geräte (Reck, Barren). Unzählige Übungen wurden ausprobiert, schriftlich fixiert und Jahn bezeichnete die Turnübungen. Er legte damit den Grundstein der heutigen Turnsprache. Jahn strukturierte das umfangreiche Übungsangebot der turnerischen Bewegungen, er entwickelte eine Turnmethodik zum Erlernen der Fertigkeiten: Ausgehend von Lernvoraussetzungen, ließ er vorturnen, erklären, üben und wiederholen. Die Kernübungen wurden ganzheitlich erarbeitet und mit der Zeit zur Feinform abgerundet. Schließlich zeigte er Helfergriffe auf. Jahns Turner turnten schwungvoller als bisher und es gab Haltungsvorschriften zur Erhöhung des Schwierigkeitsgrades. Jahn ließ die Hälfte der Turnzeit – als „Turnkür“ bezeichnet – frei turnen. „Während dieser freiwilligen Beschäftigung … hat der Lehrer die beste Gelegenheit, sich von dem Selbsttriebe und der Selbsttätigkeit eines jeden und von den Neigungen, Anlagen, Bestrebungen, Entwicklungen, Fortschritten und Fertigkeiten anschaulich zu überzeugen“ (Jahn, 1816, S. 223). Im „geselligen Wettstreben“ wurden unzählige neue Bewegungen gemeinsam erfunden. „Es ist nicht mehr genau auszumitteln, wer dies und wer das zuerst entdeckt, erfunden, ersonnen, versucht, erprobt und vorgemacht <hat>“ (Jahn, 1816, S. 68).

Abb. 5: Stützübung für Jungen vor 150 Jahren

Spieß (1810-1858), einer der ersten Systematiker und Methodiker des Turnens, machte das gezielte turnerische Bewegen schließlich (nach Aufhebung der Turn sperre um 1842) als Begründer des „Schulturnens“ allen Heranwachsenden zugänglich. Zwar erstarrte dessen Methodik zu einem als „Gliederpuppenturnen“ bekannt gewordenen Stil, eine Anbindung unter Staatsaufsicht war damit aber in die Wege geleitet, der Wert des Turnens auch von staatlicher Seite her anerkannt.

Um das Wirken aller angemessen darzustellen, dazu bietet dieser kleine geschichtliche Aufriss keine Möglichkeit. Unzählige waren als Lebensaufgabe damit ausgefüllt, dafür als Wegbereiter unermüdlich zu kämpfen, was wir heute als Leibes-, Körper- oder Bewegungserziehung bezeichnen, als Spiel- und Sportkultur erleben, was sich als Vereins-, Freizeit- oder Schulsport etabliert hat und schließlich, was im Kunst- und Gerätturnen heute als Selbstverständlichkeit und als wertvoll angesehen wird.

Und auch heute wird wieder dafür gearbeitet, dass das Gerätturnen weiterhin gepflegt wird und seinen Stellenwert in unserer Gesellschaft behält. Von einer Krise des Gerätturnens scheinen einige zu sprechen und nach Wiederbelebungsmaßnahmen zu rufen. Das ist nicht neu; schon vor 10, 20 Jahren gab es zahlreiche Artikel in Fachzeitschriften zu dieser Problematik. Aber sogar schon vor ca. 150 Jahren schrieb A. Spieß „In der Lehre der Turnkunst“ (3. Band) von 1843 in einem Vorwort unter der Überschrift „Die Wiederbelebung der Turnkunst“: „Die Wiederbelebungsaufrufe dauern schon 100 Jahre an, und wenn sich unter den Wiederbelebungsbemühungen weitere 100 Jahre so gut mit solchen vielfältigen Entwicklungen im Turnen erwarten lassen, können wir optimistisch in die Zukunft schauen.“ Und dass es schon damals wichtig war, am Schulturnen festzuhalten, die Kinder die turnerischen Reizsetzungen für ihre körperliche Entwicklung brauchten, zeigt anschaulich eine Abbildung aus Böttchers Buch „Der Turnunterricht für die Volksschule von 1861“ (Abb. 5).

Ab 1880 blühte der englische Sport in den Vereinen auf. Der Sport war gekennzeichnet durch das Leistungsstreben. Damit entwickelte sich das „Wettturnen“ einzelner Turner und folglich auch die ersten Wettkämpfe, sowohl im „Volksturnen“ (auch als „Naturturnen“ bezeichnet) als auch im „Kunstturnen“ (auch „Schönturnen“ genannt und dem heutigen Gerätturnen eher zuzuordnen). Mit der Jahrhundertwende waren die Breiten- und Spitzenturner mit ihren ersten Vergleichswettkämpfen nur noch – unter den Rahmenbedingungen der gesellschaftlichen Veränderungen – eine logische Folge.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts versuchten, parallel zum aufkommenden Leistungsstreben im Turnen, die österreichischen Turnpädagogen Gaulhofer und Streicher das Gerätturnen – auch im Kontrast zum „Gliederpuppenturnen“ von Spieß – auf natürliche Bewegungsformen zurückzuführen, sich von der Überbewertung der beabsichtigten Fertigkeit freizumachen und die jeweilige Konstitution des Übenden in den Mittelpunkt zu stellen.

In einem „Leitfaden für das Mädchenturnen an preußischen Schulen“ von 1913 wird als Aufgabe des Turnunterrichts formuliert:

„Das Turnen soll die gesamte leibliche Entwicklung fördern, insbesondere die Gesundheit stärken, den Körper an eine gute Haltung gewöhnen, sowie Kraft, Gewandtheit und Anmut entwickeln helfen. Gleichzeitig soll es dazu beitragen, den Charakter zu bilden, indem es Frische des Geistes, Selbständigkeit, Selbstvertrauen und Selbstbeherrschung, Geistesgegenwart, Umsicht, Mut und Ausdauer, Frohsinn und Verträglichkeit, Gemeinsinn und Hilfsbereitschaft fördert …“, … daß es mit frischem, fröhlichem Sinne betrieben werde und der Jugend die Lust gewähre, welche das Gefühl gesteigerter Kraft, erhöhter Sicherheit in der Beherrschung des Körpers, sowie namentlich auch das Bewußtsein jugendlicher Gemeinschaft zu edlen Zwecken mit sich führt“ (S. 13).

Abb. 6: Turnkleidung zu Beginn des 20. Jahrhunderts

Weiter wird gefordert: „1. Der Unterricht ist in fröhlichem Geiste und so anregend zu erteilen, daß die Schülerinnen auch außerhalb der Pflichtstunden und nach der Schulentlassung sich gern in gesunden Leibesübungen betätigen.

2. Die Lehrerin erwerbe und erhalte sich möglichst große Turnfertigkeit und sei auch in der Turnkleidung (vgl. hierzu Abb. 6) vorbildlich.

3. Die Schülerinnen sollen so oft und so früh als möglich die Freude am Gelingen und an der Steigerung der Leistungsfähigkeit erleben. Diesem Zwecke dienen auch, namentlich bei schwächeren Turnerinnen geeignete Hilfen, die z. B. bei den Gerätübungen von den zur Sicherheit aufgestellten Schülerinnen geleistet werden können … Die Lehrerin karge nicht mit verdientem Loben namentlich bei schwächeren Schülerinnen, sei aber sparsam mit dem Tadel. Anerkennung des guten Willens steigert die Turnfreudigkeit, das Selbstvertrauen und die Leistung“ (S.17).

An dieser Stelle soll die geschichtliche Reise beendet werden. Es gibt selbstverständlich noch vieles aus den letzten 70, 80 Jahren zu den enormen Entwicklungen der Geräte und den heute – noch vor Jahrzehnten nicht vorstellbaren – gezeigten menschlichen Höchstleistungen im Kunstturnen zu schreiben. Da sich dieses „Basisbuch Gerätturnen … für alle“ auf turnerische Grundlagen und Grundfertigkeiten für den Freizeit- und Breitensport in Schule und Verein beschränkt, wurden auch nur diesbezügliche geschichtliche Anmerkungen und Abbildungen gewählt.

Tradition ist, was als gut befunden wurde und sich bewährt hat. Tradition behält, was zeitgemäß interpretiert und stets neu entdeckt wird.

Über Jahrzehnte, ja Jahrhunderte andauernde Diskussionen hat sich das Turnen als wertvoll herauskristallisiert. Aus Spiel- und Bewegungslust, aus Lust am eigenen Können und Darstellen hat es turnerisches Bewegen in allen Jahrhunderten und in unzähligen Kulturen als Erscheinung gegeben.

Das Turnen am Boden und an den Geräten hat auch heute seine Erscheinungsformen, nicht nur an den Geräten in der Turnhalle. Turnen ist „hip“ statt „hop“: Die Skateboard- und Inlinefahrer auf den Plätzen in den Städten und in den Halfpipes trainieren tage-, oft wochenlang turnerische Kunststücke wie Handstände für ihre Darbietungen. Die Breakdancer haben unzählige Formen von Kopfständen und Überschlägen entwickelt. Parkour/Freerunning ist die aktuellste „turnerische“ Bewegungskultur. Im Internet kann jeder sehen, wie die Jugendlichen stützen, schwingen, springen und sich um ihre Achsen mit „Saltis“/Flips drehen – eben wie im Turnen! Die Karnevalsgruppen, Rock ’n’ Roll-Tänzer, die Darsteller in Musicals und Modern Dance-Theatern turnen; in Actionfilmen, Videoclips … überall ist in den letzten Jahren wieder eine Einbindung der Bodenturn- und Gerätturnfertigkeiten zu beobachten.

Aber auch im „Sportförderunterricht“, vormals Schulsonderturnen, in der Krankengymnastik, im Bewegungssicherheitstraining für Kinder, im Grundlagentraining verschiedenster Sportarten und in Talentfördergruppen wird an Geräten geturnt … weil einfach so viele wertvolle Reizsetzungen in diesem turnerischen Bewegen stecken, die kaum durch andere (kindgemäße) Bewegungsaktivitäten zu setzen sind. Für die Kinder und Jugendlichen hat das Abenteuer- und Erlebnisturnen, für die jugendlichen Turner das Gruppenturnen und die turnerischen Schauvorführungen viele Facetten. Auch das wettkampforientierte Gerätturnen hat wieder an Boden zurückgewonnen, seit für die breitensportlichen Gruppen bis ins hohe Alter auch frei gestaltete Übungen in Wettkämpfen und Qualifikationswettkämpfe für die allgemeinen Gerätturner angeboten werden.

Wir brauchen Turnvereine, die Gerätturnen für Jungen und Mädchen einführen und modern anbieten. Wir brauchen Lehrer, die es sich zutrauen, Gerätturnen durchzuführen, die sich die Mühe machen, mit ihren Schülern Geräte aufzubauen, keine Angst vor Hilfegebungen haben, auch Musik einsetzen und bereit sind, neue Kenntnisse zu erwerben. Wir benötigen die zupackenden Sportlehrer, die die Mühe nicht scheuen, eine Gruppe oder Klasse dazu zu führen, dass sie sich helfen und gemeinsam Turnübungen entdecken, üben und gestalten. Es gibt unzählige Möglichkeiten, mit viel Spaß zu turnen. Hierzu gehören jedoch Kenntnisse. Fortbildungen werden zahlreich angeboten, leider aber nicht ausreichend wahrgenommen.

Gut gemacht, ist Gerätturnen einfach ein tolles Erlebnis, alle sollten es erlebt haben.

1) In der Zentralbibliothek der Deutschen Sporthochschule Köln befindet sich im Archiv ein Exemplar von 1599.

2) In der Zentralbibliothek der Deutschen Sporthochschule Köln einsehbar.

TEIL ADIDAKTIK UND METHODIK EINES GERÄTTURNENS FÜR ALLE

IDidaktik

IIMethodik: Wie wird Gerätturnen duchgeführt?

Teil A

I DIDAKTIK

Die Basis eines Methodikbuches bildet eine Didaktik des Gegenstandbereichs. Was versteht man unter einer Didaktik des Gerätturnens?

Die Didaktik des Gerätturnens beschäftigt sich mit den Möglichkeiten an Inhalten des Gerätturnens, der Strukturierung der Inhalte und der Definition ihres Sportbereichs. Sie fragt nach den Sinn- und Bildungsgehalten des Gerätturnens, den lernprozessorientierten Gesichtspunkten, den personalen Interaktionen und den organisatorischen Notwendigkeiten. Schließlich werden Lernziele, Lehr- und Lerninhalte, Themen, Handlungs- und Vermittlungsformen erarbeitet und formuliert. Erst ganz zum Schluss werden Lehrmaßnahmen und Lernschritte festgesetzt, das, was landläufig unter dem Begriff Methodik verstanden wird.

Die Methodik ist demnach ein Teilaspekt der Didaktik, sie resultiert aus den didaktischen Vorüberlegungen. Erst wenn die Fragen nach dem „Was“ und „Warum“ beantwortet sind, kann das (Lehr- und Lern-) Ziel formuliert werden. Wenn das Ziel feststeht, kann die Frage nach dem „Wie“, dem Weg zum Ziel, beantwortet werden. Dabei schließt sich nicht aus, dass auch der Weg das Ziel sein kann.

Anders formuliert: Wenn man Gerätturnen unterrichten möchte, sollte man somit nicht nur wissen, wie ein Element erlernt wird, d. h. welche methodischen Schritte es für bestimmte Fertigkeiten gibt, sondern es ist genauso wichtig zu wissen, was man alles aus dem Füllhorn Gerätturnen anbieten kann und warum man bestimmte Inhalte für eine Gruppe ausgewählt hat. Damit gelangt man zu den didaktischen Fragestellungen.

1      Was ist Gerätturnen?

Um die methodischen Ansätze des vorliegenden Buches zu verstehen, muss eine Definition des Gerätturnens gegeben werden, die die Basis der praktischen Vorschläge dieses Buches bildet:

Gerätturnen für alle ist spielerisches Erproben und Erfinden, Variieren und Gestalten, Optimieren und Anwenden von vielfältigen Bewegungsmöglichkeiten des Körpers, ausgelöst durch den Anreiz der unterschiedlichen Turngeräte und deren Kombination.

Ausgehend von dieser Definition, löst sich das Gerätturnen von der Einengung, ausschließlich eine Individualsportart zu sein, die nur darauf abzielt, normorientierte Fertigkeiten zu erlernen und zu automatisieren, um sie an vordefinierten Geräten in Bewertungssituationen vorzuzeigen.

Das Hochleistungsturnen an Geräten, als Kunstturnen oder olympisches Gerätturnen bei uns bekannt, muss sich dagegen als Wettkampfsport an internationale Normen halten. Zum einen gibt es die internationalen Wertungsvorschriften (Code de Pointage), die vorgeben, welche Fertigkeiten zu trainieren lohnend sind. Zum anderen sind auch die Geräte in Art und technischer Beschaffenheit genauestens definiert. Die Profis unter den Gerätturnern besitzen für das Hochleistungsturnen ausgewählte Fähigkeiten und Talente. Sie trainieren fast täglich mehrere Stunden in speziell ausgestatteten Hallen, um sich über nationale auf internationalen Meisterschaften mit der Weltelite zu messen. Die ausgesuchten und speziell geförderten Talente haben ihr größtes Ziel stets vor Augen: „Einmal an den Olympischen Spielen teilnehmen!“

Das allgemeine Gerätturnen spricht alle anderen an. Um unterschiedlichen Voraussetzungen und Bedürfnissen aller entgegenzukommen, sind auch die inhaltlichen Angebote und Zielsetzungen umfangreicher und sehr viel weiter gefasst.

Zielbestimmung als didaktische Grundlage

Gerätturnen für alle