Bayerisch Öd - Der Tod trägt Pelz - Felix Valentin - E-Book

Bayerisch Öd - Der Tod trägt Pelz E-Book

Felix Valentin

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Beschreibung

In Bayerisch Öd ist der Wolf los!

Die Zeit des Wolfausläutens ist gekommen und die Dorfbewohner ziehen mit Glocken bewaffnet durch das winterliche Bayerisch Öd. Doch die alte Tradition ist umstritten und immer wieder geraten die Wolf-Fans und die Wolfsgegner aneinander. Nur den Wirtshaus-Sepp freut’s, denn bei ihm treffen sich die Streithähne auf a Maß Bier. Aber dann findet Schwester Karin einen toten Wolf im Wald! Wer hat das Tier auf dem Gewissen? Karin macht sich auf die Suche nach dem Täter und hat sofort einen dorfbekannten Wolfsgegner im Verdacht. Doch dann wird der tot im Wald gefunden - von Bisswunden übersäht ... Ist das die Rache der Wölfe? Oder versucht da jemand, einen Mord als Unfall zu tarnen?

»Der Tod trägt Pelz« ist der dritte Band der Regio-Krimi-Reihe »Bayerisch Öd - Mörderische Provinz« um die mobile Krankenschwester Karin Kerschbaumer, die ein Händchen für Mordermittlungen hat.

Zur Serie: In Bayerisch Öd, dem kleinen Dorf am Rand des Bayerischen Walds, kennt Karin Kerschbaumer einfach jeden - und jeder kennt sie. Als mobile Krankenschwester kommt sie schließlich überall herum. Leider begegnet sie auf ihrer Route nicht nur Patienten, sondern findet auch das ein oder andere Mordopfer. Bei ihren Ermittlungen kann sie immer auf die Hilfe ihrer besten Freundin Moni und ihres Sohnes Bene zählen. Und auch mit Dorfpolizist Michael tauscht sie ab und zu »Ermittlungsgeheimnisse« aus. Denn scheinbar hat sie ein Talent dazu, Mordfälle aufzuklären, bei denen die Polizei im Dunkeln tappt ...


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Inhalt

Cover

Grußwort des Verlags

Über diese Folge

Bayerisch Öd – Die Serie

Titel

Prolog

Oans

Zwoa

Drei

Viere

Fümfe

Sechse

Sieme

Achte

Neine

Zehne

Älfe

Zwäilfe

Dreizehne

Vierzehne

Fuchzehne

Sechzehne

Siebzehne

Achzehne

Neinzehne

Zwanzge

Oanazwanzge

Zwoarazwanzge

Dreiazwanzge

Vierazwanzge

Fümfazwanzge

Epilog

Über den Autor

Impressum

 

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Über diese Folge

In Bayerisch Öd ist der Wolf los!

Die Zeit des Wolfausläutens ist gekommen und die Dorfbewohner ziehen mit Glocken bewaffnet durch das winterliche Bayerisch Öd. Doch die alte Tradition ist umstritten und immer wieder geraten die Wolf-Fans und die Wolfsgegner aneinander. Nur den Wirtshaus-Sepp freut’s, denn bei ihm treffen sich die Streithähne auf a Maß Bier. Aber dann findet Schwester Karin einen toten Wolf im Wald! Wer hat das Tier auf dem Gewissen? Karin macht sich auf die Suche nach dem Täter und hat sofort einen dorfbekannten Wolfsgegner im Verdacht. Doch dann wird der tot im Wald gefunden – von Bisswunden übersäht …

Ist das die Rache der Wölfe? Oder versucht da jemand, einen Mord als Unfall zu tarnen?

Bayerisch Öd – Die Serie

In Bayerisch Öd, dem kleinen Dorf am Rand des Bayerischen Walds, kennt Karin Kerschbaumer einfach jeden – und jeder kennt sie. Als mobile Krankenschwester kommt sie schließlich überall herum. Leider begegnet sie auf ihrer Route nicht nur Patienten, sondern findet auch das ein oder andere Mordopfer. Bei ihren Ermittlungen kann sie immer auf die Hilfe ihrer besten Freundin Moni und ihres Sohnes Bene zählen. Und auch mit Dorfpolizist Michael tauscht sie ab und zu »Ermittlungsgeheimnisse« aus. Denn scheinbar hat sie ein Talent dazu, Mordfälle aufzuklären, bei denen die Polizei im Dunkeln tappt …

FELIX VALENTIN

DER TOD TRÄGT PELZ

Prolog

»Mei, Bub, wenn ich auf dich nur besser aufgepasst hätt. Aber der Schutzengel hat ja auch nix geholfen, scheint es. Sonst hätt die Mutter Gottes es niemals zulassen, dass du mir mitten im Wald davongelaufen bist. Warum laufen kleine Buben auch einfach davon, wenn man sie eine Minute aus den Augen lässt? Allein dafür gehört dir eigentlich eine saftige Watschen! Aber nein, so ein dummer Bub läuft tiefer und tiefer in den Wald. Und als er dann endlich gefunden wird, ist er völlig verstört und verschreckt und zeichnet mir ein Bild von einer Bestie und redet kein Wort mehr. Stattdessen pieselt mir so ein dummer Bub jetzt jede Nacht in sein Bett, und ich darf dann jeden Tag die Bettwäsche wechseln von der hundsmiserablen Pieslerei. So schnell geh ich mit dir nimmer in den Wald! Halt! Was willst? Nein, auf keinen Fall! Ich ziag dir gleich die Ohren lang. Dahoam bleibst! Ich kann nur den Kopf schütteln über so viel Dummheit. Ja mei, o mei, o mei! Böser Bub, ganz böser.«

Oans

Der Maibaum auf dem Dorfplatz neigte sich ächzend im Wind. Das Holzschild mit der Aufschrift »Herzlich willkommen in Bayerisch Öd – Luftkurort im Bayerischen Wald« hing schief über kahlen Rosensträuchern und dem einfallslosen Primelbeet. In der Nacht hatte der Sturm noch stärker getobt. Das halbe Dutzend Schafe im Streichelzoo vor der »Metzgerei Moni« drängte sich jetzt dicht aneinander. Karin erkannte das nackte Entsetzen in den Augen der Tiere; ihr nervöses Blöken sprach Bände. Die Kälte verwandelte den Atem vor ihren Mäulern in Eiswolken. Sie sahen wie Sprachblasen aus, die ihr angstvolles Geschrei zum Besten gaben.

»Servus, Karin, das ist ein Böhmischer Wind!«, schrie der Wirtshaus-Sepp gegen das Geläut von Kuhglocken und Peitschenschnalzen an.

»Was hast du gesagt?«, schrie Karin.

Sie war den ganzen Vormittag mit dem Schrottfiesta der mobilen Hauskrankenpflege von Patient zu Patient gefahren und hatte umgestürzten Bäumen und Zweigen ausweichen müssen, was sich jetzt wie ein Schleudergang auf ihr Nervenkostüm auswirkte. Dadurch hatte sie auch noch über eine Stunde Zeit verloren, die jetzt in ihre unbezahlte Mittagspause fiel.

»Der Wind kommt aus Osten!«

Karin verstand nur »Kind« und »Pfosten«.

Dreizehn Kinder und Jugendliche droschen mit langstieligen Peitschen auf Teer und Pflaster ein oder machten Lärm mit ihren Ratschen. Die ledernen Enden an den Seilen verursachten jenes Schnalzen, das einen Ausdruck von orgiastischem Entzücken in die Gesichter zauberte. Kuhglocken in allen Größen hingen zudem um ihre Schultern und verursachten einen Höllenlärm, der die Tiere im Streichelzoo angst und bange werden ließ. Karin schätzte das kleinste der Mädchen auf maximal zwei Jahre, den größten Jungen auf dreizehn. In ihrem Lärmtreiben schien die Gruppe alles andere um sich herum vergessen zu haben.

Wütend schlug Karin die Autotür des Schrottfiestas zu und stapfte über das Kopfsteinpflaster auf Sepp und die Kinder zu.

»Was hast du gesagt?«

Er wiederholte seine Worte.

Karin verstand immer noch nichts und brüllte: »Ruhe! Herrgottsakrament! Oder muss ich erst den Zimmermann holen, damit er das Loch in der Mauer wieder zumacht?«, zitierte sie ein altes bayerisches Sprichwort.

Eingehüllt in eine selbstgestrickte Schafswollweste, Westernjeans und Stiefeletten, die Fäuste gegen die Hüften gestemmt, bäumte sich Karin vor den Kindern wie eine Westernheldin auf. Der Wind zerzauste ihr rotes Haar. Die Iriden ihrer smaragdgrünen Augen flackerten voll Zorn.

»Eine Ruhe ist es jetzt mit der Gaudi!«, gab der Wirtshaus-Sepp ihr recht.

Der Lärm zwischen den Häusern mit ihren schwarzen Holzbalkonen und grünen Fensterläden, die heutzutage allein der Dekoration dienten, verhallte augenblicklich. Jalousien hingen über den Fenstern. Hie und da zeigte sich eine Lüftlmalerei in Weiß und Blau; dazwischen ein Abbild König Ludwigs des II., der auf einem Apfelschimmel neben einem alten Kaugummiautomaten ritt, der bereits in Karins Kindheit außer Funktion gewesen war.

Allein die bezahnspangte Anführerin der Gruppe stellte sich Karin trotzig mit nach vorne gerecktem Kinn entgegen. »Ich bin hier die Hirtin! Und das hier ist meine Gruppe, die man im Volksmund den ›Wolf‹ nennt. Nur der Hirte hat dem Wolf zu befehlen und sonst kein anderer!«

Ungeduldig schaute Karin erst zu den Schafen, dann zum Kirchturm, Viertel nach zwei. Um drei musste sie schon wieder los, verflucht. »Aber müsst ihr diese Gaudi mitten auf dem Dorfplatz machen? Ihr macht den Tieren ja Angst!«

»Du hast uns gar nix zu sagen, Karin.«

Herrgott, warum muss ich mich ausgerechnet in meiner Pause mit einem Teenager anlegen, mit dessen Zahnspange man den schiefen Turm von Pisa fixieren könnte?

Karin legte eine Schippe drauf: »Früher haben Lehrer ihren Schülern Hausaufgaben aufgegeben, damit sie beschäftigt waren. Abgesehen davon – ist denn der Tierschutz heute gar nicht mehr wichtig?«

»Mein Papa hat gesagt, ich brauche heute meine Hausaufgaben nicht machen«, sprach die selbstbewusste Hirtin und erntete von Seiten des ›Wolf‹ genannten Rudels zustimmendes Raunen.

»Wer ist denn dein Papa?«

Dass Karin die Teenager im Dorf nicht mehr kannte, zeigte ihr, dass sie vielleicht doch langsam zum älteren Eisen zählte. Irgendwann würde sie wohl nur noch die alten Leute kennen, wurde Karin bewusst. Aber wenigstens kannte so ziemlich jeder im Dorf die »Schwester Karin«; das war ihr großer Vorteil.

»Der Göhrl Bastian ist mein Papa. Der Papa sagt, das Brauchtum geht vor den Hausaufgaben bei uns hier in Bayern. Und das ist immer schon so gewesen! Er hat mir versprochen, dass er mein Mitteilungsheft ohne zu schimpfen unterschreiben wird.«

Karin seufzte gequält und fror. Warum nur bin ich nur nie mit dem Wolfausläuten mitgegangen? Ich habe immer lieber meine Hausaufgaben gemacht. Und heute bin ich eine Frau mit einem festen Einkommen. Aber das waren wohl Argumente, die diese Hirtin wenig beeindrucken würden.

Der Sepp wickelte einige Haare seines weißen ZZ-Top-Bartes nervös um den Zeigefinger. »Das musst du schon verstehen, Karin, in der Beziehung hat die Göhrl Kathi schon recht. Wir wollen schließlich alle nicht, dass unser Brauchtum in Vergessenheit gerät und irgendwann völlig ausstirbt. Noch dazu jetzt, wo diese Naturschützer vom Bund Naturschutz den Wolf im Bayerischen Wald wieder angesiedelt haben. Da wird das Wolfausläuten wichtiger denn je.«

»Aber es gibt doch heutzutage schon lange keine echten Hirten mehr, sondern nur noch elektrische Zäune. Kann man denn diese Gaudi nicht irgendwie am Computer machen, Kinder? Man macht doch sonst auch alles virtuell heutzutage. Sogar den Unterricht!«

Sepp wandte ein: »Das Wolfausläuten ist für mein Wirtshaus ein super Geschäft. Die Leute wollen ihr Bier in echt bei mir trinken – und nicht aus virtuellen Bierkrügen. Die Papas der Kinder sind meine besten Gäste.«

»Ich mache mir eben Sorgen um die Wildtiere«, erwiderte Karin. »Was ist denn eigentlich mit der Schonzeit?«

»Herbst ist Jagdzeit«, klärte die Göhrl Kathi sie daraufhin auf. »Außerdem – du solltest mal sehen, Karin, wie die gerissenen Schafe von meinem Papa ausgeschaut haben, nachdem der Wolf mit ihnen fertig gewesen ist. Dann würdest du über ihn ganz anders denken. Das ist eine blutrünstige Bestie. Der hat die armen kleinen Lämmer und ihre Mamas grausam niedergemetzelt. Ich wünschte, er würde sofort wieder aussterben, der böse Wolf. Kein Mensch hat ihn hier wieder gebraucht.«

»Aber mit eurer Höllengaudi, die ihr hier macht, seid ihr auch nicht besser als der Wolf. Schau dir nur die Schafe in der Moni ihrem Streichelzoo an. Du kannst von Glück sagen, wenn sie nicht alle an einem Herzinfarkt sterben.«

»Mmh«, seufzte daraufhin die Hirtin nachdenklich.

Und auch dem Rest des Wolfes schien auf einmal ein Licht aufzugehen, las Karin in den pausbäckigen Kindergesichtern.

Die Hirtin rieb sich wie eine nordische Zeichentrickfigur mit dem Zeigefinger die Nase und teilte stolz ihre Erkenntnis mit: »Na gut, Karin, daran haben wir wirklich nicht gedacht. Ich schlag vor, wir ziehen uns hinter das Feuerwehrhaus zurück. Dann können die Schafe uns nicht mehr ganz so laut hören und beruhigen sich wieder.«

»Meinetwegen, in Herrgottsnamen!«, sagte Karin. »Aber ihr werdet schon sehen, was ihr davon habt, wenn ihr eure Hausaufgaben nicht macht.«

»Ach, ich will sowieso lieber Influencerin werden«, sagte die Göhrl Kathi und tat Karins Einwand mit einer Handbewegung ab.

Das Haus der Freiwilligen Feuerwehr von Bayerisch Öd befand sich hinter der Kirche. Die Hirtin und der Wolf zogen Leine.

Sepp klopfte sich grinsend auf die Schenkel und wandte sich an Karin: »Wie sagt eine Braut in Bayern?«

Wieder einmal hatte er Erfolg dabei, sie in Irritation zu versetzen. »Was soll die Braut schon sagen?«

»Einmal ist keinmal, Karin. Und wir zwei, Karin, gehen jetzt erst einmal zur Metzger—Moni rüber. Und ihr übt fleißig hinter dem Feuerwehrhaus weiter«, rief er den Kindern nach, »damit der Wolf es auch richtig mit der Angst zu tun kriegt.«

Karin schritt neben dem einzigen Gastwirt von Bayerisch Öd über die Straße. Immerhin hatten sich die Schafe schnell beruhigt und fraßen wieder friedlich ihr Heu.

»Das hast du gut gemacht« lobte der Sepp sie beim Anblick der Tiere.

»Findest du?« Karin tätschelte einer zahmen Zibbe die Wange.

»Irgendwie müssen Brauchtum und Tierschutz ja zusammenfinden.«

Karin trottete auf die Tür der Metzgerei zu. »Hauptsache, die Moni hat einen starken Kaffee gekocht, und von ihrem warmen Leberkäse mit süßem Senf ist noch ein Stück übrig. Darauf habe ich jetzt wirklich die größte Lust.«

»Darauf hob i jez auch an richtich gscheidn Glangerer«, stimmte der Wirtshaus-Sepp ihr in tiefstem Bayerisch zu.

»Dann sind wir uns ja einig, wir zwei«, befand Karin. »Und ein alkoholfreies Bier wäre jetzt auch irgendwie gut.«

»Bist narrisch«, protestierte der Sepp, wobei der Ausdruck tiefster Empörung in sein faltiges Gesicht trat, »ich trink doch kein Kastriertes!«

Zwoa

Normaler Leberkäse, Käse-Leberkäse, Pizza-Leberkäse, Spinat-Leberkäse, Champignon-Leberkäse, Pikanter Leberkäse, Kalbskäse, Wildschwein-Leberkäse und Monis berühmte Eigenkreation, der Mediterrane Leberkäse mit Mozzarella, Oliven und italienischen Kräutern, wurden in einem gläsernen Backofen warmgehalten. In einer kleinen Theke bot Karins beste Freundin sogar Fleischersatzprodukte an. Dazu gehörte auch ein veganer Leberkäse auf Erbsenbasis, von dem an diesem Tag offenbar noch kein einziges Stück verkauft worden war.

»Wo ist die Chefin?«, fragte Karin eine der beiden Verkäuferinnen.

»Hinten, in ihrer Wohnung.«

Die beiden Steh-Imbiss-Tische waren verwaist.

Karin und Sepp gaben ihre Bestellungen auf, wobei Karin beim Getränk auf Kaffee umschwenkte; zwar verursachte das alkoholfreie Bier keinen Rausch, aber erfahrungsgemäß trotzdem eine Fahne. In einem Dorf wie Bayerisch Öd in den Ruf einer Alkoholikerin zu geraten, konnte sie sich als mobile Krankenschwester keinesfalls leisten. Außerdem war ihre Chefin, die Oberschwester Reinhilde, ein richtiger Drachen, der einem das Leben jederzeit zur Hölle machen konnte.

»Ich bringe euch den mediterranen Leberkäse nach hinten«, sagte die jüngere Verkäuferin, deren Dekolleté hinter der Fleischauslage bei Sepp jedes Mal einen gehörigen Appetit verursachte.

Sepp zwinkerte der Verkäuferin auf seine schelmische Art zu. »Den Erbsen-Leberkäse probieren wir dann beim nächsten Mal, Resi. Falls dann überhaupt noch einer da ist.«

Karin fand Sepps Balzverhalten peinlich und floh vorwärts in Monis Wohnung. Kaum dass sie die Verbindungstür geöffnet hatte, erschrak sie durch ein Kläffen. Ein kleiner Fellhaufen in der Größe eines Käselaibs wieselte direkt auf sie zu und sprang sie an. Mit feuchter Schnauze stieß das Fellknäuel gegen Karins Handrücken. Das rote Haar des Dackels wirbelte wild durch die Luft wie bei einem Headbanger auf einem Grungerockkonzert.

»Wolferl!«, schrillte eine gläserne Frauenstimme durch die Wohnzimmertür. »Komm sofort zurück! Lass gefälligst die Karin in Ruhe! Mein Wolferl, hast du mich verstanden?! Böser, böser Wolferl!«

Der Wirtshaus-Sepp knurrte: »Je kleiner, desto lauter sind diese Köter.«

Die Brauerei-Babsi trat, in hochhackigen Schuhen, die sicher ein Vermögen gekostet haben mochten, in Monis Wohnungsflur. Sie zeigte mit dem Zeigefinger vor sich auf den Boden, woraufhin Wolferl zu seiner Besitzerin zurückwieselte und brav Sitz machte.

Karin löste sich aus ihrer Schreckstarre.

»Tut mir leid«, sagte die Babsi wieder in normalem Tonfall, »mein kleiner Wolferl ist eben manchmal noch ein bisserl verspielt. Aber er tut euch ganz sicher nix, der liebe kleine Zamperl. Der kann nicht mal einer Fliege was zuleide tun.«

Sie nahm den Rothaardackel in die Arme wie einen Säugling. Die ehemalige Miss Landkreis-Öding hatte anscheinend einen neuen Liebhaber gefunden.

»Was wohl die Wölfe sagen würden, wenn sie wüssten, dass so ein Zwerg sich Wolferl nennen darf?«, sagte Karin. »Wenn man mit dem Wolf tanzt, dann sieht das doch eigentlich ganz anders aus.« Und ein Mann wie Kevin Kostner an der Seite seines vierbeinigen grauen Freundes wäre ihr bedeutend lieber gewesen als die stets nach Aufmerksamkeit heischende Ehefrau des Braumeisters von Bayerisch Öd – genannt: die Brauerei-Babsi, mit bürgerlichem Namen Barbara Wildfeuer.

Sepp und sie streichelten vorsichtig die Ursache ihres kleinen Schrecks an der Brust und hinter den Ohren.

»Servus, Karin, servus, Sepp«, sagte die Metzger-Moni, die auf dem uralten Kanapee ihrer Ahnen saß, »kommt rein. Die Babsi ist auch da, wie ihr seht.« Täuschte Karin sich, oder verdrehte die zierliche Freundin mit den blonden Haaren ihre Augen? »Und sie hat jetzt eine neue Affäre namens Wolferl, den hat ihr Göttergatte, der Tschortschi, ihr höchstpersönlich geschenkt.«

Babsis Ehemann gehörte die große Brauerei auf dem Berg oberhalb von Bayerisch Öd. Babsi trug an diesem Tag ein Dirndlgewand von Armani, das wohl – genau wie ihre Schuhe – so viel kostete, wie Karin in einem Monat in der mobilen Hauskrankenpflege verdiente. Typisch Babsi, Berufs-Ehefrau. Immer das Teuerste und Feinste. Und trotzdem hätte sie mit ihr um keinen Preis der Welt gegen deren langweiliges Leben tauschen wollen. Dabei war Babsi eine gelernte Friseurin; das dunkelblonde Haar trug sie derzeit in einem Coco-Chanel-Schnitt.

Sie setzten sich zu Moni auf das Kanapee. Babsi nahm auf einem ledernen Fauteuil wie auf einem Thron Platz. Wolferl auf ihrem königlichen Schoß, schlang sie die langen Beine verführerisch übereinander. Der Welpe genoss sichtlich die Zärtlichkeiten, die sie ihm zuteilwerden ließ, und schaute Karin und Sepp jetzt mit einer Mischung aus Schüchternheit und Neugier in seinen Knopfaugen an. Er ahnte wohl, dass er ein Lebewesen, halb Hund, halb Spielzeug, vor sich hatte. Passend stülpte seine Besitzerin ihm jetzt auch noch ein weißes Schultertuch über den Dackelrücken, wodurch er wie ein Golfspieler auf vier Pfoten aussah.

»Das ist aber ein schönes Hemd«, sagte Karin. »Wie geht’s eigentlich deinem Mann?« Aus Höflichkeit gab sie sich interessiert, obwohl sie viel lieber mit Moni und Sepp unter sechs Augen gesprochen hätte. Aber niemand im Dorf war jemals sicher, dass Babsi sich zu ihm oder ihr einfach einlud. Und irgendwie tat Babsi ihr auch leid.

Babsi berichtete: »Der legt gerade letzte Hand an dem Bier für die Wolfsausläuter an. Du weißt schon, sein spezielles Wolfsausläuter-Bier, von dem er jedes Jahr nur ein einziges Fass braut.«

Der Sepp nickte. »Mein Ausschank steht für das Wolfausläuterbier jedenfalls schon bereit.«

»Ich sag es ihm. Aber wahrscheinlich ist er wirklich erst am Martinitag damit fertig. Kennst ihn ja. Muss immer alles perfekt sein. Bei seinem Bier versteht der Tschortschi keinen Spaß. Das ist für ihn eine todernste Sache. Dafür hat er jede Menge Zeit.«

Sepps offenherzig dekolletierte Lieblingsverkäuferin brachte die beiden Leberkässemmeln auf Tellern, für Sepp ein Weißbier, ein großes Haferl schwarzen Kaffee ohne Zucker für Karin. Tagsüber war Monis Imbiss in der Metzgerei weit und breit die einzige Möglichkeit, um an eine Brotzeit zu kommen. Abends dann eröffnete der Sepp seine Wirtshausküche. Das hatten sie miteinander abgesprochen.

»An Guadn«, wünschte ihnen die Moni.

»An Guadn«, erwiderten die anderen wie aus einem Mund und genossen die ersten Bissen.

»Geht doch nix über ein mit Fleischkäse belegtes Brötchen«, meinte der Sepp mampfend, wobei er das Hochdeutsche nachzuahmen versuchte. »Apropos, habt ihr heute schon was von unser aller Lieblingsfischkopf gehört?«

»Der Michael wollte auch zur Brotzeit vorbeikommen, aber irgendwas ist ihm wohl dazwischengekommen«, vermutete die Moni.

»Polizeiobermeister Michael Hansen wird wohl schon wissen, was er tut«, meinte der Sepp mit bedauernder Miene. »Aber ich hätte mich auch gefreut, mit ihm mal wieder zu plauschen über die Polizeistunde für mein Wirtshaus.«

»Ich hätte auch gern mal wieder mit ihm gesprochen«, sagte die Moni, wobei Karin der verträumte Ausdruck in den blauen Augen ihrer Freundin auffiel.

»Und ich erst«, sagte Karin mit vollem Mund und lächelte Moni verschwörerisch zu.

Babsis Hand, die gerade noch den Dackel hinter seinem rechten Ohr gekrault hatte, erschlaffte proportional zum Aufmerksamkeitsgrad, der sich von ihr weg und hin zu dem abwesenden Dorfpolizisten bewegte.

»Habe ich eigentlich schon erwähnt, was mein kleiner schlauer Wolferl für ein saugeiles Kunststück draufhat?«

Karin stellte die Kaffeetasse ab. »Du wirst es uns sicher gleich zeigen.« Und wischte sich mit einer Serviette die Mundwinkel. Ich befürchte, wir werden es gleich wissen, fügte sie in Gedanken hinzu. Was sollte jetzt schon Großartiges kommen?

Babsi griff nach ihrer lachsrosafarbenen Designerhandtasche von Louis Vuitton und zauberte daraus zwei Filzstifte hervor.

»Kann dein Wolferl denn malen?«, fragte der Wirtshaus-Sepp. »Du musst aufpassen, Babsi, dass er nicht zu viel vom Absinth trinkt und sich im Wahn eins von seinen Schlapperohren abschneidet. Ein echter Wolferl Van Gogh!«

Babsi überhörte die Ironie des Wirtshaus-Sepp geflissentlich und erklärte mit der todersten Miene einer Zirkusdirektorin: »Das ist ein roter Filzstift und das ist ein blauer, wie ihr seht. Mein Wolferl kann nämlich sehr wohl die Farben auseinanderhalten.«

»Und ich habe immer geglaubt, dass Hunde eigentlich farbenblind sind«, warf Moni ein. »Genau wie Schweine. Irgendwie müssen sie sich ja von uns unterscheiden.«

»Mein süßer, kleiner Wolferl ist aber eben kein kleines Ferkel, sondern ein hochbegabter und ehrgeiziger kleiner Hund. Er ist der lebende Beweis dafür, dass Hunde genauso denken und sehen können wie wir Menschen. Er ist ein richtiges Wunder-Hunderl.«

Karin lehnte sich entspannt zurück. Anscheinend hatte Babsi den armen kleinen Hund auch schon dressiert, nach ihrer Pfeife zu tanzen. Warum nur hatte der schöne Tschortschi seiner Frau keinen Affen geschenkt?

»Hier, Karin«, sprach Babsi, »nimm die Stifte und verteile sie im Raum.«

Karin zögerte. »Das ist doch jetzt nicht nötig. Wir glauben dir doch auch so, dass dein Wolferl ein Wunder-Hund ist.«

»Doch! Das ist absolut nötig.« Babsi bestand schmollmündig auf ihr Vorhaben. »Ich lasse mir doch nicht nachsagen, dass mein kleiner Wolferl ein kleiner blöder Hund ist. Er hat einen IQ wie ein Einstein. Darauf bestehe ich!«

Karin presste die Lippen aufeinander, um Widerworte zu vermeiden, und erhob sich. Den blauen Stift legte sie vor der Wohnzimmertür ab, den roten unter das Fenster vor die Heizung. Dann setzte sie sich wieder zwischen Moni und Sepp, um die Vorstellung zu betrachten.

»Und jetzt?«, fragte Sepp mit schiefem Grinsen.

Babsi ließ den Rothaardackel sanft zu Boden gleiten. »So, mein kleiner Süßling, jetzt bring Frauli den blauen Stift!« Sie betonte: »Den blauen Stift sollst du dem Frauli bringen. Los! Bring den blauen Stift, mein Süßer.« Und klatschte dreimal in die Hände. Wolferl schaute zuerst unentschlossen. Dann richtete er sich mit einer Behäbigkeit auf, die Karin ihm aufgrund seines jugendlichen Alters gar nicht zugetraut hätte; vielleicht war Wolferl ja wirklich seiner Zeit voraus und verfügte über eine ungewöhnliche Reife für sein Alter. In die runden Knopfaugen trat ein Ausdruck, der tatsächlich an Fotografien von Albert Einstein erinnerte. Zweifellos verstand der Dackel mehr von der Relativitätstheorie als jeder andere hier im Raum! Wolferl trippelte am Wohnzimmertisch vorbei gelassen über das Parkett zur Tür. Gehorsam nahm er mit den Zähnen den gewünschten Gegenstand und brachte ihn in aller Seelenruhe seinem stolzen Frauli.