Bayerisch Öd - Ein glamouröser Mord - Felix Valentin - E-Book

Bayerisch Öd - Ein glamouröser Mord E-Book

Felix Valentin

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Beschreibung

Folge 4: Die High Society reist nach Bayerisch Öd!

Denn hier wird ein Mantel-und-Degen-Film gedreht. Das ganze Dorf ist in heller Aufregung und Krankenschwester Karin hat sogar eine Rolle als Komparsin ergattert. Doch dann platzt der demente Hinterhuber-Bauer in eine spektakuläre Duell-Szene. Er entwaffnet einen der Duellanten - und ersticht den Hauptdarsteller Alexander Hahn! Erst feiern die Anwesenden die grandiose Sterbe-Szene, doch schnell wird Karin klar: Der Alex ist wirklich tot! Die Waffe seines Gegners stellt sich als echter Säbel heraus - obwohl es sich eigentlich um eine Attrappe handeln sollte. War das eine tragische Verwechslung oder hat jemand die Waffen absichtlich ausgetauscht? Karin glaubt nicht an solche Zufälle, sondern schnüffelt im Leben des berühmten Schauspielers. Und da stößt sie auf nicht nur ein Mordmotiv ...

»Ein glamouröser Mord« ist der vierte Band der Regio-Krimi-Reihe »Bayerisch Öd - Mörderische Provinz« um die mobile Krankenschwester Karin Kerschbaumer, die ein Händchen für Mordermittlungen hat.

Zur Serie: In Bayerisch Öd, dem kleinen Dorf am Rand des Bayerischen Walds, kennt Karin Kerschbaumer einfach jeden - und jeder kennt sie. Als mobile Krankenschwester kommt sie schließlich überall herum. Leider begegnet sie auf ihrer Route nicht nur Patienten, sondern findet auch das ein oder andere Mordopfer. Bei ihren Ermittlungen kann sie immer auf die Hilfe ihrer besten Freundin Moni und ihres Sohnes Bene zählen. Und auch mit Dorfpolizist Michael tauscht sie ab und zu »Ermittlungsgeheimnisse« aus. Denn scheinbar hat sie ein Talent dazu, Mordfälle aufzuklären, bei denen die Polizei im Dunkeln tappt ...

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Inhalt

Cover

Grußwort des Verlags

Über diese Folge

Bayerisch Öd – Die Serie

Titel

Prolog

Oans

Zwoa

Drei

Viere

Fümfe

Sechse

Sieme

Achte

Neine

Zehne

Älfe

Zwäilfe

Dreizehne

Vierzehne

Fuchzehne

Sechzehne

Siebzehne

Achzehne

Neinzehne

Zwanzge

Epilog

Über den Autor

Impressum

 

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Über diese Folge

Die High Society reist nach Bayerisch Öd!

Denn hier wird ein Mantel-und-Degen-Film gedreht. Das ganze Dorf ist in heller Aufregung und Krankenschwester Karin hat sogar eine Rolle als Komparsin ergattert. Doch dann platzt der demente Hinterhuber-Bauer in eine spektakuläre Duell-Szene. Er entwaffnet einen der Duellanten – und ersticht den Hauptdarsteller Alexander Hahn! Erst feiern die Anwesenden die grandiose Sterbe-Szene, doch schnell wird Karin klar: Der Alex ist wirklich tot! Die Waffe seines Gegners stellt sich als echter Säbel heraus – obwohl es sich eigentlich um eine Attrappe handeln sollte. War das eine tragische Verwechslung oder hat jemand die Waffen absichtlich ausgetauscht? Karin glaubt nicht an solche Zufälle, sondern schnüffelt im Leben des berühmten Schauspielers. Und da stößt sie auf nicht nur ein Mordmotiv …

Bayerisch Öd – Die Serie

In Bayerisch Öd, dem kleinen Dorf am Rand des Bayerischen Walds, kennt Karin Kerschbaumer einfach jeden – und jeder kennt sie. Als mobile Krankenschwester kommt sie schließlich überall herum. Leider begegnet sie auf ihrer Route nicht nur Patienten, sondern findet auch das ein oder andere Mordopfer. Bei ihren Ermittlungen kann sie immer auf die Hilfe ihrer besten Freundin Moni und ihres Sohnes Bene zählen. Und auch mit Dorfpolizist Michael tauscht sie ab und zu »Ermittlungsgeheimnisse« aus. Denn scheinbar hat sie ein Talent dazu, Mordfälle aufzuklären, bei denen die Polizei im Dunkeln tappt …

FELIX VALENTIN

EIN GLAMOURÖSER MORD

Prolog

Seit Menschengedenken hatte es keinen schöneren Tag gegeben, um zu sterben.

Die Sonne wärmte die Gesichter der Offiziere und ihres Gefolges an diesem Morgen, an dem man zusammengekommen war, um ein Duell unter Ehrenmännern zu bestreiten. Eine Lerche sang im Geäst einiger Birken am Ufer. Das Zirpen der Grillen untermalte das Rauschen des Flusses. Es versprach ein herrlicher Tag zu werden. Malerisch.

Der bayerisch-kurfürstliche Offizier reichte seinen Säbel dem Adjutanten des rot gekleideten, narbengesichtigen Pandurenkriegers. Der betrachtete argwöhnisch die Klinge, hieb gegen den Stamm einer Eiche; die Klinge hielt jedoch der Erschütterung stand.

Der kurfürstlich-bayerische Dragoner trug einen blauen Waffenrock; das Gesicht war glattrasiert und hatte vom grausamen Krieg, der seit Jahren wütete, noch nicht viele Wunden davongetragen.

Der erfahrene Pandurenkrieger spuckte seinem bayerischen Gegner verächtlich vor die Stiefel.

Schließlich akzeptierte auch der Adjutant des Kurfürstlich-Bayerischen den von den Panduren dargereichten Säbel.

Widerwillig reichten die Duellanten einander die Hand, bevor sie sich jeweils auf ihre Position begaben.

Ein Schuss explodierte aus einer Pistole.

Die Lerche verstummte, das Seufzen der Grillen ging jäh im metallischen Klang der sich kreuzenden Klingen und Kraftschreie der Todfeinde unter.

Die Sonnenstrahlen spiegelten sich einstweilen im Wasser wie flüssiges Silber. Die Wärme fühlte sich wie ein Versprechen an. Der Duft der Blumenwiesen schwebte lieblich über diesen verwunschenen Ort am Ufer des Schwarzen Regens. Ein wahrlich schöner Tag zum Sterben. Eine surreale Sinneskulisse, vor der die beiden Offiziere einander ihren Todesreigen wie zwei sich einstmals Liebende tanzten.

Eine Krähe kreiste über den Köpfen.

Plötzlich vibrierte irgendwo ein Smartphone, und eine britische Rockgruppe intonierte voller Pathos ein an Werke der Romantik angelehntes Lied:

»Mamma Mia Figaro … ro … ro … ro … ro!«

Jemand fluchte, während Freddie Mercury mit Inbrunst in höchsten Tönen schwelgte.

Oans

Mark Berger ließ Karins kupferrotes Haar durch die schlanken Hände gleiten. Karin thronte wie eine Prinzessin im Frisiersessel. Die grünen Augen blickten ein wenig verquollen, fand sie. Dafür zierten Nase und Wangen jede Menge Sommersprossen, die sich bei ihr jedes Jahr mit den ersten Sonnenstrahlen im Frühling zeigten … Ach, wann würde endlich jemand eine neue Art von Spiegeln erfinden, die eine Person mit ihrem Idealgewicht, makellosem Teint und hellwachen, strahlenden Augen zeigten? Am besten auch noch mit einem Lächeln auf den Lippen, das von innen kam und jeden für sich einnahm.

Karin senkte den Blick. Ich bin siebenunddreißig und sehe nun mal aus wie siebenunddreißig, dachte sie. Und keine Sekunde jünger. Aber sie konnte damit gut leben. Schließlich machte Erfahrung jugendlichen Leichtsinnallemal wett.

»Du bist eine natürliche Schönheit, Karin«, meinte Mark mit schwärmerischer Stimme, »alles, was du brauchst, ist eine passende Bürgermeisterinnenfrisur. Und dann kannst du die Wahl auch gewinnen. Das ist wirklich alles, was dir zu deiner Performance noch fehlt. Hast du nicht irgendeine Idee davon, wie du immer schon aussehen wolltest?«

Karin kniff die Mundwinkel zusammen und spielte den Ball an ihn zurück. »Ich hab mir gedacht, du bist hier der Ex-Hollywood-Promifriseur von uns beiden.«

Er beugte den Kopf nach vorne und begutachtete weiterhin die kupferrote Strähne zwischen seinen Fingern. »Das ist so extrem widerspenstiges Haar wie Sandra Bullock und …«, er überlegte.

Und Karin entgegnete: »Wenn du zu Julia Roberts und Co. auch so charmant warst, ist es kein Wunder, dass du nach all den Jahren wieder hier bist. Sie haben dich aus L. A. rausgejagt. Zurück nach Bayerisch Öd.«

Beide lachten sie.

»Ich wollte sagen, das Haar hat Charakter. Genau wie seine Besitzerin.«

»Puh, gerade noch mal die Kurve gekriegt. Vielleicht sollte ich lieber später wiederkommen, wenn dir eine Bürgermeisterinnenfrisur für mich eingefallen ist.« Sie stellte ein Bein nach vorne. Bereit zum Start. Eine Geste, die dazu diente, ihn zu necken.

Er schaute mit einem Mal verträumt mit seinen schönen hellen Augen in den Spiegel. Wie ein Künstler, der in einem Rohteil bereits die fertige Skulptur sieht. Ein Tagtraum. Er griff zu einer der zahlreichen Zeitschriften und zeigte auf das Foto.

»Wie wär es damit? In dem Look hat die Ulrike Klas in einer Serie eine Anwältin gespielt und hatte total hohe Einschaltquoten in Deutschland. Du weißt ja schon, dass sich die Ulli im Moment in Ober Öd aufhält, oder?«

»Echt jetzt?«

»Mensch Karin, du bist wahrscheinlich die Einzige hier, die nicht mitbekommen hat, dass die Ulli und ihr Mann hier einige Szenen ihres neuesten Films drehen! Angeblich ein Mantel-und-Degen-Film.«

Fast hatte Karin ein schlechtes Gewissen. Aber nur fast. Sie hatte in letzter Zeit einfach so viel um die Ohren gehabt, dass sie sich für den allgemeinen Klatsch nicht interessiert hatte.

Karin betrachtete die Vorlage. »Ich finde, der Ulrike hat die Frisur überhaupt nicht gepasst.«

»Ich kenne die Ulrike übrigens auch«, sagte Mark.

Karin hob eine Augenbraue. »Aha. Jetzt machst du mich aber neugierig.«

»Ich habe sie in meiner Münchner Zeit zum ersten Mal im Club P1 getroffen. Das war Anfang des Jahrtausends. Ich habe ihr erzählt, dass ich aus Bayerisch Öd stamme, da hat sie sich nach dir erkundigt. Sie war ja auch ganz neu in München, und sie stammt aus Hinter Niederöd. Das ist ein Bauerndorf, das wegen seinem Jauchegestank sprichwörtlich auf die Rote Liste der stinkigsten Orte der Welt kommen sollte. Aber Niederbayer und Niederbayer gesellt sich eben gern.«

»Ich wüsste nicht, was die Ulli über mich gesprochen haben sollte.«

»Na hör mal, immerhin seid ihr zwei zusammen in Ober Öd auf die Krankenpflegeschule gegangen und nebeneinander gesessen. Die Ulli hat übrigens in den höchsten Tönen von dir als ihrer alten Freundin und Banknachbarin geschwärmt.«

»Seit der Abschlussfeier hat die Ulli sich aber bei niemandem mehr gemeldet. Sie wollte immer schon zum Film. Als sie siebzehn war, haben ihre Eltern ihr das natürlich nicht erlaubt, deswegen die Krankenpflegeschule. Aber ich freu mich für die Ulli, dass sie es schließlich doch noch geschafft hat. In Anatomie und Innere Medizin hat sie übrigens immer bei mir abgeschrieben.« Sie musste lächeln bei der Erinnerung. »Außerdem hat sie sich regelmäßig Spickzettel unter den Saum ihrer viel zu kurzen Röcke geklebt. Ausgerechnet beim Doktor Wahl, bei dem wir uns vor den Tests sogar die Hände waschen und desinfizieren mussten, hat sie als Einzige getrickst.«

»Eine raffinierte Frau!«, schwärmte Mark. »Also, wenn ich auf Frauen stehen würde, hätte ich ihr sofort einen Heiratsantrag gemacht. Sie hat geduftet nach ihrer eigenen Parfümlinie. Wie findest du eigentlich ihren ebenfalls berühmten Mann?«, fragte er.

»Naja. Ganz okay.«

»Findest du?«, fragte er fassungslos. »Also ich finde, der Alexander Hahn ist kein besonders guter Schauspieler. Er sieht aus wie ein Prototyp von einem Frauenarzt, und er war der schlechteste Bond-Bösewicht aller Zeiten. Außerdem ist er auch noch zwanzig Jahre älter als die Ulli. Wo sie da wohl hingeschaut hat? Übrigens habe ich letzte Woche eine Frau in Ober Öd gesehen, die hat mich an Atlanta Charleston erinnert. Du weißt schon. Die war früher mal in einer Serie mit Alexander Hahn und hat ein Auge auf ihn gehabt.«

Karin blätterte laut und deutlich um. »Themenwechsel!«, schlug sie vor. Derlei Klatsch und Tratsch langweilte sie ohnehin.

»Aber …«, protestierte er.

»Erstens gefällt mir die Frisur nicht. Zweitens war die Ulli in ihrer Art auch immer ziemlich oberflächlich. Ihre Frage am Morgen lautete jedes Mal: Wie sehe ich aus? Kein Wunder, dass sie sich einen Bühnenberuf ausgesucht hat. Ich finde sie gar nicht besonders raffiniert, sondern fand sie im Gegenteil immer sehr unsicher als Persönlichkeit, wenn du mich fragst.«

Mark stimmte ihr eingeschnappt zu. »Okay, Karin, wie du meinst. Aber die Frisur würde dir auch stehen. Das musst du zugeben. Und in zwei Tagen wird gewählt. Da läuft uns die Zeit davon.«

Karin antwortete darauf nichts. Das Bild einer mittelalterlichen Burganlage füllte den gesamten oberen Abschnitt der nächsten Seite aus. Geschichte hatte Karin schon während der Hauptschulzeit fasziniert. »Sag mal, hast du eigentlich gewusst, dass Burg Ruselstein als einzige Burg im Pandurenkrieg vor einer Zerstörung verschont geblieben ist? Und Bayerisch Öd wurde von den Panduren ebenfalls als einziges Dorf ausgelassen von Brandschatzung und Verwüstung.«

»Echt?«

»Ja, und bis heute weiß niemand den Grund, warum der Pandurenführer Trenck damals unser kleines Dorf als einziges weit und breit verschont hat.«

»Wer so viele Bücher zu Hause hat wie du, Karin, der sollte eigentlich …« Er kam nicht dazu, den Satz zu beenden. Der Klingelton von Karins Smartphone kam dazwischen; Janis Joplin sang melodramatisch zu einer todesschwangeren Melodie, und Mark nörgelte: »Deinen Klingelton könntest du auch mal ändern. Das klingt viel zu sentimental für eine Bürgermeisterin.«

»Ich bin sentimental, wann ich will, ganz egal, ob das zu einer Bürgermeisterin passt oder nicht. Die Leute müssen sich an meine Lieder gewöhnen.« Karin las den Namen des Anrufers auf dem Display. »Servus, Pauli, was gibt’s?«, meldete sie sich.

Der Hinterhuber Pauli hörte sich an, als wäre er im Wald einem Wolpertinger mit hervorstehenden Vampirzähnen und monströsen Krakenarmen begegnet. »Ich finde den Opa nicht mehr.« Er rang um Atem wie ein Apnoetaucher, der über zehn Minuten die Luft angehalten hat. »Wir haben ihn schon überall gesucht … Karin, die Itta und ich wissen schon bald nicht mehr, wo wir ihn noch suchen sollen. Ich … mach mir solche Sorgen …« Er schnappte nach Luft. »Mit seiner Demenz ist der Opa verloren … wenn er in den Wald gelaufen ist … Und wenn er einen Felsen runterfällt, dann finden wir ihn erst im nächsten Jahr. Verhungert … Und im Eis konserviert wie der Ötzi.«

Karin wandte ihren Blick endgültig vom Spiegel ab. »Wann und wo habt ihr denn den Opa zuletzt gesehen?«

»Vor einer Stunde. Er ist rausgegangen. Zum Häusel. Du weißt schon. Zum Häusel hinter dem Haus.«

»Dann hat er wohl endlich gehen können«, kombinierte Karin.

»Danke, Karin, dass du ihm den Einlauf gestern Abend extra noch verabreicht hast. Das hat wie geschmiert gegen seine Verstopfung geholfen.«

»Gerne. Kein Problem. Ich komme. Ich bin in zehn Minuten bei dir.« Ein freier Tag in der Woche ist sowieso überbewertet, fügte sie in Gedanken hinzu. Die Schwester Reinhilde würde ihr wieder vorwerfen, sie hätte ein Problem damit, sich von ihren Patienten abzugrenzen. Aber wenn der Angehörige des Patienten dein eigener Großcousin ist, dann steht das eindeutig auf einem anderen Stern, sagte sie sich.

Mark maß sie mit neugierigen Blicken.

Karin steckte das Handy wieder weg. »Wird wohl nix mit der Bürgermeisterinnenfrisur.« Ihre Enttäuschung hielt sich in Grenzen.

»Aber …«

»Ich muss meinem Lieblingscousin suchen helfen«, erklärte sie, löste Umhang und Kragen und reichte beides Mark zurück.

Karin sprang auf und eilte zur Ladentür. Sie drehte sich ein letztes Mal um. Er sah nicht sehr glücklich aus.

»Ich komme morgen«, tröstete sie ihn, »versprochen. Und dann darfst du an den Spitzen ein klein wenig herumschnippeln, mein Lieber.«

»Aber …«

»Tut mir leid, aber ich fühle mich eigentlich ganz wohl so, wie ich bin. Und meine Haare fühlen sich wahrscheinlich auch ganz wohl, so wie sie sind. So waren wir eben immer schon. Wir wachsen und sind widerspenstig, wie es uns gefällt. In den Zeiten des Pandurenkriegs wären meine Haare und ich wahrscheinlich auf dem Scheiterhaufen gelandet.«

»Dann hast du ja noch mal Glück gehabt.« Er lächelte ihr sanftmütig zu. Das Letzte, was sie vernahm, war sein leises: »Servus.«

Ihr Blick streifte das Schild über seinem Laden mit den pinken Lettern: Hairstyling Mark Berger – Bavarian Öd.

Karin lief über den Dorfplatz. Vorbei am Maibaum, an dem ein Dutzend Schilder die Zünfte der Handwerker von Bayerisch Öd präsentierte. Maler, Schreiner, Bäcker, Schlosser. Zum ersten Mal hing dort seit dem letzten Jahr auch ein Schild, das eine Gesundheits- und Krankenpflegerin zeigte, was Karin bei den Männern der freiwilligen Feuerwehr durchgesetzt hatte. Die FFW war jedes Jahr für das Maibaumaufstellen zuständig. Und das Metzgerhandwerk wurde zum ersten Mal auch offiziell durch eine Frau repräsentiert; es zeigte ein Bild der Metzger-Moni, die einen Kranz Weißwürste hielt, im Hintergrund stand ein Kälbchen. Moni, weit und breit für den besten Leberkäse bekannt.

Karin spähte zur Eingangstür, auf der ein glückliches rosarotes Ferkel genussvoll in eine Leberkässemmel biss. Eiligen Schrittes marschierte sie weiter. Ließ Dorfbrunnen und Statue des Heiligen Florian hinter sich. Steuerte schnurstracks auf ihren neuen ferrariroten Dienstwagen zu, der sich per automatischer Schlüsselfernbedienung öffnen ließ. Karin ließ sich in dem bequemen Sportsessel fallen und startete auch den Motor per Knopfdruck. Sie fuhr los. Das Lederlenkrad glitt geschmeidig durch ihre Finger, eine Wohltat, im Vergleich zum Schrottfiesta, der sie mehr als ein Jahrzehnt begleitet hatte.

Schwester Reinhilde hatte auf dem Nummernschild sogar Karins Initialen und ihr Geburtsjahr verewigt: OED – KK 86. Eine Geste, die sie ihrer Chefin gar nicht zugetraut hätte.

Karin schaltete das Radio ein und drehte die Bässe bis zum Anschlag auf. Kurt Cobain sang mit rauer, depressiver Stimme. Nirvana. Warum nur starben die guten Musiker immer alle viel zu früh?, fragte sie sich in Gedanken und raste in halsbrecherischem Tempo vorbei am Ortschild mit der Aufschrift: Auf Wiedersehen. Kommen Sie bald wieder nach Bayerisch Öd zurück. Ihr Luftkurort im Bayerischen Wald.

Kurt Cobains Stimme ging ihr unter die Haut; Nirvana war ohne jeden Zweifel die beste Grungeband aller Zeiten. Ob Kurt Cobain sich wohl auch umgebracht hätte, wenn er statt in Seattle in Bayerisch Öd gelebt hätte? Ein Tag an einem Ort wie diesem, Ende März, war doch viel zu schön, um zu sterben.

Karin überholte jede Menge Traktoren, die das erste grüne Gras auf ihren Wagen nach Hause brachten. Ein Bauer und seine Frau trieben eine Rinderherde über die Kreisstraße von Öding, die Ö18. Karin bremste ab und öffnete ihr Seitenfenster. Die Luft roch nach Moos, Löwenzahn und würzigen Kuhfladen; sie mochte das derbe Aroma.

War das Leben nicht schön?

Und plötzlich legte Karin eine Vollbremsung hin und verhinderte dadurch einen tödlichen Unfall. Ein Schwein kreuzte die Straße. Die Sau hatte wirklich Glück, denn Karins ABS funktionierte reibungslos. Dann erkannte Karin den alten Hinterhuberbauern, der ebenfalls aus dem Gebüsch am Straßenrand hervorbrach. Der Greis trug eine Mistgabel und machte einen verwirrten Eindruck. Er war in einen Jogginganzug gekleidet.

Karin schaltete die Warnblinkanlage ein und stieg aus.

»Pauli«, begrüßte sie ihn, »und die kleine Piggy.« Sie rief das inzwischen einjährige Schein beim Namen, das wie ein Hund mit wedelndem Schweif heran dackelte.

»Der Pauli«, Vater und Sohn trugen denselben Namen, »und die Itta, sie suchen dich schon überall.«

»Wer sind Sie?«, fragte der Demente.

»Ich bin’s, die Karin. Was macht denn ihr beide hier?«

Karin tätschelte das Schwein. Paul Hinterhuber senior ließ die Mistgabel sinken.

»Pass auf, Karin«, sprach er mit warnender Stimme zu ihr, »ich hab da draußen ein paar von diesen Blutspanduren gesehen. Aber i ergib mich net. Net ums Verrecka! Beim Heiligen Ignatius, ich schwöre, lieber bayerisch sterb’n, als österreichisch werd’n!«

»Pauli, ich kann mir schon denken, was du gesehen hast.« Sie erzählte von dem geplanten Filmdreh. »Vielleicht irgendwelche Statisten mit Mantel und Degen.«

Pauli hob beschwörend die Faust. »Nein, Karin, ich ergeb mich net … Niemals.«

Im nächsten Moment verwandelte er sich in ein Häuflein Elend. Diese plötzlichen Stimmungsschwankungen gehörten ebenfalls zu seiner Krankheit. Miss Piggy spürte instinktiv die Verzweiflung des Dementen, der nicht wusste, wie ihm geschah, und schmiegte sich an seine Beine. Er beugte sich zu seiner kleinen Sau hinab und streichelte sie. Karin ging ebenfalls in die Knie.

»Wisst ihr was, ihr beiden, ich fahr euch jetzt erst einmal nach Hause. Dort werdet ihr schon sehnsüchtig erwartet. Und dort machen wir einen Schlachtplan, damit die Panduren uns nichts mehr anhaben können.«

Karin öffnete die Heckklappe. Piggy grunzte fröhlich und sprang sogleich voran in den Kofferraum.

Zwoa