Becoming Bad Boy - Adele Mann - E-Book

Becoming Bad Boy E-Book

Adele Mann

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Beschreibung

Ein anständiger Cop, eine heißblütige Undercover-Polizistin und jede Menge Verwicklungen. Band drei der prickelnden Bad-Boy-Reihe von Adele Mann. Lexi will das Netz dreckiger Cops in Brooklyn zu Fall bringen, das ihrem Dad zum Verhängnis wurde. Dafür arbeitet die junge Frau als Undercover-Polizistin in einer zwielichtigen Bar. Als sie dort auf den frisch ausgebildeten Cop Jamie St. Clair trifft, der mit ihr auf der Highschool war, droht ihre Tarnung aufzufliegen. Notgedrungen wird Jamie eingeweiht und soll nun für die Interne Ermittlung arbeiten. Dazu muss er vorgeben, ein dreckiger Cop zu sein. Dumm nur, dass Jamie ein Pfadfinder ist. Lexi soll den guten Jungen zum Bad Boy machen und vorgeben, seine Freundin zu sein. Dabei prickelt es gewaltig zwischen der kessen Lexi und dem anständigen jungen Mann. Je näher sich Lexi und Jamie kommen, desto schwerer wird es, zwischen Tarnung und echten Gefühlen zu unterscheiden. Doch auf der Suche nach den wahren Verantwortlichen für Korruption und Erpressung geraten Lexi und Jamie in große Gefahr... »Becoming Bad Boy« von Adele Mann ist ein eBook von feelings*emotional eBooks. Mehr von uns ausgewählte erotische, romantische, prickelnde, herzbeglückende eBooks findest Du auf unserer facebook-Seite. Genieße jede Woche eine neue Geschichte - wir freuen uns auf Dich!

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Adele Mann

Becoming Bad Boy

Roman

Knaur e-books

Über dieses Buch

Ein anständiger Cop, eine heißblütige Undercover-Polizistin und jede Menge Verwicklungen.

Band drei der prickelnden Bad-Boy-Reihe von Adele Mann.

Lexi will das Netz dreckiger Cops in Brooklyn zu Fall bringen, das ihrem Dad zum Verhängnis wurde. Dafür arbeitet die junge Frau als Undercover-Polizistin in einer zwielichtigen Bar. Als sie dort auf den frisch ausgebildeten Cop Jamie St. Clair trifft, der mit ihr auf der Highschool war, droht ihre Tarnung aufzufliegen. Notgedrungen wird Jamie eingeweiht und soll nun für die Interne Ermittlung arbeiten. Dazu muss er vorgeben, ein dreckiger Cop zu sein. Dumm nur, dass Jamie ein Pfadfinder ist. Lexi soll den guten Jungen zum Bad Boy machen und vorgeben, seine Freundin zu sein. Dabei prickelt es gewaltig zwischen der kessen Lexi und dem anständigen jungen Mann. Je näher sich Lexi und Jamie kommen, desto schwerer wird es, zwischen Tarnung und echten Gefühlen zu unterscheiden. Doch auf der Suche nach den wahren Verantwortlichen für Korruption und Erpressung geraten Lexi und Jamie in große Gefahr …

Inhaltsübersicht

Kapitel 1Kapitel 2Kapitel 3Kapitel 4Kapitel 5Kapitel 6Kapitel 7Kapitel 8Kapitel 9Kapitel 10Kapitel 11Kapitel 12Kapitel 13Kapitel 14Kapitel 15Kapitel 16Kapitel 17Kapitel 18Kapitel 19Kapitel 20Kapitel 21Kapitel 22Kapitel 23Kapitel 24Kapitel 25Kapitel 26Kapitel 27Kapitel 28Kapitel 29Kapitel 30Kapitel 31Kapitel 32Kapitel 33Kapitel 34Kapitel 35Epilog
[home]

Kapitel 1

Lexi

Ich höre ihre Stimmen. Sie streiten. Schon wieder. Mom wird laut, und Dad bettelt. Ich ertrage das nicht länger und setze meine Kopfhörer auf. Selbst hinter geschlossener Tür und mit dröhnender Musik im Ohr höre ich sie noch. Dad, der bis vor Kurzem mein Held war. Groß. Stark. Unfehlbar. Und Mom. Liebevoll. Mit einem Lächeln auf den Lippen. Glücklich. Im Augenblick fällt es mir schwer, mich daran zu erinnern, wenn sie sich anschreien und Mom heult. Ich hasse Dad dafür, dass er uns das antut. Doch weil ich ihm das nicht sagen möchte, nicht sagen kann, ohne den letzten Nagel in den Sarg dieser Familie zu treiben, sage ich lieber gar nichts.

Stattdessen vergrabe ich mich in der Dunkelheit meines kleinen Zimmers und höre Rockmusik. Je lauter sie werden, desto höher drehe ich den Regler, bis zum Anschlag. Doch es nützt nichts. Die Kopfhörer sind Mist. Ich werfe sie auf den Boden und krame in meiner Nachttischschublade nach einem neuen Paar In-Ear-Hörer, die den Lärm besser fernhalten. Noch ehe ich sie in meine Ohren stecken kann, höre ich Dad sagen, dass er einen Weg finden wird, das alles wiedergutzumachen.

Ich glaube ihm nicht. Ich wünschte, es wäre wahr. Aber ich vertraue nicht darauf. Nicht nach allem, was ich erfahren habe.

Also stecke ich die Kopfhörer in meine Ohren und lasse mich vom lauten, schnellen Gitarrenriff Wolfmothers an einen Ort bringen, an dem nichts von allem existiert, was meinem Kopf und meinem Herzen zusetzt.

Ich bin müde. Die letzten Wochen haben mich ausgelaugt. Musik und Dunkelheit tun ihr Übriges. Irgendwann schlafe ich einfach ein.

Grelles Licht.

Moms panisches Gesicht schwebt über mir. Verwirrt und desorientiert starre ich sie an. Ihre Lippen bewegen sich schnell und aufgeregt, aber ich höre sie nichts sagen. Als ich das Dröhnen der Drums wieder bewusst wahrnehme, fällt mir ein, dass ich noch Kopfhörer trage, und nehme sie ab. Moms Augen sind blutunterlaufen. Sie weint immer noch.

Wie lange habe ich geschlafen?

»Mom? Mom, was ist denn?«

Sie starrt mich aus großen Augen an. Ihre Tränen versiegen. Mir wird eiskalt, und ich spüre, dass das, was sie mir gleich sagen wird, schrecklich ist. Ich schlucke. Meine Mund ist staubtrocken, als ich nochmals frage, was passiert ist.

»Dein Vater …« Sie spricht nicht weiter, presst die Lippen aufeinander, als würden ihr die Worte wie Galle hochkommen.

»Was ist mit Dad?«

Mein Herzschlag ist so hart, dass mir die Brust schmerzt. Meine Ohren dröhnen. Ich bekomme kaum Luft.

»Oh mein Schatz … er … er ist tot.«

Ich lache, obwohl nichts daran komisch ist.

»Du spinnst doch! Nein, ist er nicht. Ich habe euch streiten gehört. Das kann nicht lange her sein. Ich …«

Mir wird übel. Warum lügt mich Mom an?

Sie weint, noch bitterlicher als in den letzten Wochen. Dieses Weinen ist anders. Es ist ohne jede Hoffnung. Als ich das erkenne, wird mir klar, dass sie die Wahrheit sagt.

»Nein!«, sage ich dennoch und schüttle den Kopf. Er kann nicht tot sein. Er hat ihr gerade erst versprochen, dass er es wieder hinbiegen wird.

Ich wusste, dass er uns anlügt. So kann das alles nicht enden.

»Oh Kleines!«, flüstert Mom gebrochen. Sie will mich in den Arm nehmen, aber ich stoße sie weg.

»Das kann nicht wahr sein! Das kann er uns nicht antun!«

Mom sieht mich an, und ich weiß, genau in dem Moment bricht ihr das Herz, zumindest der Teil, der noch übrig war. Aber als mein Herz dabei ist zu brechen, lasse ich es nicht zu. Ich bin zu wütend dafür.

»Was ist passiert?«

Zornig wische ich mir Tränen weg, die aus meinen Augen strömen, seit ich weiß, dass Dad nicht mehr da ist.

Mein Dad. Er ist tot! … Oh Gott!

»Ich weiß es nicht genau. Er war in irgendeinem Lagerhaus. Es ist abgebrannt, als er noch drin war.« Weiter kommt Mom nicht. Der Schmerz übermannt sie. Sie wimmert fürchterlich, bis ich glaube, dass sie keine Luft mehr bekommt.

Anstatt mich von ihr in den Arm nehmen zu lassen, bin ich es jetzt, die sie hält, als sie in meiner Umarmung zusammenbricht. Mein Dad sagte immer zu mir: Wenn du nicht mehr weiterweißt, halte dich an die Fakten. Er ist Polizist. Er war es. Und auch wenn er in letzter Zeit nicht mehr der Held war, den ich in ihm die ersten fünfzehn Jahre meines Lebens gesehen habe, halte ich mich an das, was er sagte, weil es das Einzige ist, was ich im Moment tun kann. Denn ich weiß, wenn ich den Schmerz und die Trauer erst zulasse, werde ich nie wieder dieselbe sein, und ich weiß nicht, wer dann aus mir wird.

Die Fakten. Konzentrier dich!

Ich bin fast sechzehn Jahre alt. Vor ein paar Wochen hat Mom herausgefunden, dass Dad beunruhigende Geheimnisse hat, was seine Arbeit betrifft. Mein Dad war nicht der Mann, für den Mom und ich ihn hielten. Und jetzt, vier Wochen danach, ist mein Dad tot. Kurz nachdem er ein letztes Mal versprochen hat, die Dinge wieder geradebiegen zu wollen. Das kann nie und nimmer ein Zufall sein.

Es ist noch viel schlimmer. Mein Dad ist nicht nur tot. Er wurde ermordet. Er wurde uns weggenommen, ehe er das, was er getan hat, wiedergutmachen konnte.

Ich weiß es. Ich fühle es!

Ich presse mich fest an Moms warmen, bebenden Körper und spüre unbändige Wut, neben Fassungslosigkeit und Trauer. Was auch immer passiert ist, wer immer Dad das angetan hat, wird meinen Zorn und meine Trauer zu spüren bekommen. Das ist ein Versprechen, das ich mir selbst hier und jetzt gebe und das ich halten werde, egal wie lange es dauert …

Ich blinzle und sehe mein Spiegelbild vor mir. Während ich so tue, als checke ich mein Make-up, zwinge ich mich, wieder an diesen Moment zu denken. Das hilft mir zu tun, was ich tun muss, als ich das Johlen der Männer draußen vor der Tür höre. Es ist Zeit. Ich muss an die Arbeit. Ich verstaue die kleine Handfeuerwaffe in ihrem Versteck tief unten in meiner Umkleidetasche und setze ein breites Lächeln auf, als ich mit schwingenden Hüften die Oben-ohne-Bar betrete.

Showtime!

[home]

Kapitel 2

Jamie

So hatte ich mir den Job als Cop bestimmt nicht vorgestellt. Da mache ich alles, um auf die Akademie zu kommen, schließe als Bester meiner Gruppe die Grundausbildung ab, um meinem Traumberuf näherzukommen, und wen bekomme ich als Ausbilder und Partner zugeteilt? Officer Derek Probst. Ein Polizist, der das Motto des NYPD »Höflichkeit. Professionalität. Respekt.« nicht einmal an seinem allerbesten Tag auch nur ansatzweise verkörpert. Ich weiß, ich bin ein Rookie, ein Anfänger, und sollte mir kein Urteil erlauben, aber mal ehrlich. Der Kerl ist unhöflich, schlampig und rassistisch. Mit ihm in einem Polizeiwagen eingesperrt zu sein, ist die reinste Hölle, und er behandelt mich auch noch wie einen Trottel. Ständig nennt er mich »Junge« und tut so, als hätte er mit seiner abgebrühten Art die Weisheit mit Löffeln gefressen.

Ich gebe mein Bestes, mir die Abneigung, die ich gegen ihn hege, nicht zu sehr anmerken zu lassen, und versuche, ihn mit dem nötigen Respekt zu behandeln, aber verdammt noch mal, das fällt mir alles andere als leicht. Wie heute Morgen. Wir hielten bei einem Koreaner in Brooklyn Heights. Jeder Blinde kann sehen, dass die Ladenbesitzer geradeso über die Runden kommen, und anstatt den Kaffee und das Sandwich, das er sich genommen hat, zu bezahlen, tippte er sich an die Mütze und lächelte den verschreckten Koreaner an der Kasse fies an. Ohne zu zahlen. Sein Verhalten war mir unsagbar peinlich. Ich habe schnell meinen Kaffee bezahlt und bin da raus. So verhält sich kein Beamter der Stadt New York. Und das Schlimmste ist, dass ich nichts von ihm lerne, außer wie man ohne Grund unschuldige Schwarze anhält, um zu zeigen, dass man stets am längeren Hebel sitzt.

Seit zwei Monaten geht das nun so. Ich bin total frustriert. Dieser Kerl und ich sind wie Feuer und Eis. Ich habe die Zeit, bis ich alt genug war, um an die Akademie zu gehen, genutzt, um College-Kurse in Recht und Kriminalistik zu absolvieren. Als ich Derek das irgendwann erzählt habe, hat er minutenlang gelacht.

Mein Bruder Logan, ein Feuerwehrmann beim FDNY, sagt, ich solle ihm Paroli bieten oder darum bitten, mit jemand anderem fahren zu können. Logan kennt mich und weiß von meiner Kontrollmacke und dass ich jemand bin, der stets alles sehr korrekt angeht. Er wusste sofort, dass es für mich ein Graus ist, mit einem Kerl wie Derek in einen Wagen gesteckt zu werden. Doch ich bin nun mal ein Rookie, und die können sich nicht beschweren, weil ihnen der Kerl, der ihnen als Partner zugeteilt wurde, nicht passt. So läuft das nicht. Ich stehe ganz unten in der Hackordnung und muss mir meine Sporen erst verdienen. Doch wie ich das mit Officer Scheißdrauf, wie Derek hinter vorgehaltener Hand genannt wird, hinbekommen soll, steht auf einem anderen Blatt.

»Es ist rot. Es ist rot!«

Derek sieht mal wieder nicht, dass die Ampel bereits auf Rot geschaltet wurde, weil er irgendwelche Nachrichten auf seinem Handy checkt, und tritt voll auf die Bremse. Der Kaffee, der zwischen meinen Beinen steht, fällt um. Der Fußraum füllt sich komplett mit hellbrauner Flüssigkeit.

»Ups!«, gibt er grinsend von sich. »Ich war wohl etwas zu abgelenkt. Vielleicht sollte ich mir selbst eine Verwarnung schreiben.«

Ich gebe dir gleich eine Verwarnung, denke ich, aber alles, was ich tatsächlich mache, ist ein finsteres Gesicht in seine Richtung.

»Jetzt sieh nicht so grimmig drein, Junge. Wir sind Cops. Niemanden schert es, wenn wir ab und an eine rote Ampel ignorieren.«

Ich habe bisher noch nie erlebt, dass er eine rote Ampel überhaupt wahrgenommen hat. Wie er noch im Dienst sein kann, ist mir ein Rätsel. Der Kerl begeht pro Tag mindestens zehn Dienstverfehlungen. Ich muss es wissen, denn ich habe vor nicht allzu langer Zeit die Vorschriften auswendig gelernt. Kerle wie er machen mich krank. Rookie hin, Rookie her.

Ich warte meine erste Beurteilung ab, dann bitte ich um Versetzung, und wenn mich dabei jemals jemand zu Officer Derek Probsts Befähigung befragt, werde ich stundenlang damit beschäftigt sein, all den Mist aufzuzählen, den er sich geleistet hat.

»Wo fährst du eigentlich hin?«, frage ich ihn, als er in eine Straße einbiegt, die als Amüsiermeile im Viertel gilt.

»Jetzt bleib mal locker, Junge, und geh mir nicht auf den Sack. Ich muss nur kurz was abgeben. Kannst ja mitkommen und auf mich aufpassen, Partner.« Wieder dieses abfällige Lachen, das klingt, als wäre das der Witz des Jahres.

»Was willst du denn hier abgeben?« Irritiert sehe ich an meinem Partner mit der beginnenden Stirnglatze vorbei, um die schmuddeligen Läden auf der Straße vor uns zu checken.

»Was bist du? Das FBI?«

»Nein, Derek. Nur ein Officer des NYPD.«

»Du bist ein Anfänger, ein Rookie. Und als solcher stellt man keine dämlichen Fragen, und jetzt kneif mal deinen Arsch zusammen und komm mit!«

Als Derek aus dem Wagen steigt, schnalle ich mich ab und wünschte, das Schicksal hätte mich nicht mit diesem Loser gestraft. Mitten am Tag sieht die Amüsiermeile trist aus. Müll liegt auf der Straße, und in den Gassen stapeln sich Kartons. Wir gehen ein paar Schritte, bis Derek anhält, vor dem Hotty Pete’s, einer Oben-ohne-Bar bei Tag und einem Stripschuppen bei Nacht. Das neonpinke Leuchtschild über dem Eingang ist nur schwer zu übersehen. Es zeigt eine Frau, die gerade dabei ist, ihre Bluse zu öffnen, über dem Namen der Bar. Ich bin nicht gerade der Typ, der in solchen Lokalen ein und aus geht, aber selbst ich kenne das Hotty Pete’s. Es hat Zeiten gegeben, da ist mein lieber Bruder Logan hier ein gern gesehener Gast gewesen. Aber das ist schon eine Weile her. Seit er mit seiner Kollegin Mia zusammen ist, geht er nicht mehr mit den Jungs von der Wache in solche Bars.

»Das Hotty Pete’s also.«

»Du kennst das Hotty Pete’s?« Überrascht zieht Derek eine Braue nach oben. »Vielleicht hast du ja doch Eier in deiner Hose, St. Clair.«

»Ich versichere dir, ich habe Eier in meiner Hose. Direkt bei meinem Schwanz.« Und beides ist gewaschen und frei von sexuell übertragbaren Krankheiten. Ob Officer Probst das auch von sich behaupten kann? Ich hege da so meine Zweifel.

»Na, dann halt beides gut fest! Denn die Bräute da drin sind der Hammer. Da geht dir schon beim Hinsehen einer ab!«

Vielleicht sollte ich ihn nicht mehr Officer Scheißdrauf nennen, sondern lieber Officer Geilbock?

Genervt von der Schicht, in der wir wie üblich jede Art von Polizeiarbeit auf das absolute Minimum reduzieren, öffne ich ihm die Tür. »Nach dir, Ladykiller!«

Derek schnaubt und schiebt sich durch den Eingang. Er trägt heute wieder dieses süßliche Aftershave, von dem mir schlecht wird. Mir kommt es vor, als ob ich inzwischen selbst schon danach rieche. Ein grauenhafter Gedanke.

Im Foyer erwartet uns der Türsteher des Clubs und wendet sich sofort Derek zu. Wie es aussieht, kennen sich die beiden. Sie begrüßen sich mit einem Handschlag und flüstern. Der Türsteher, ein bulliger Schwarzer mit Irokesenschnitt, mustert mich, zieht die Augenbrauen hoch und blickt fragend zu Derek.

»Hey Mann. Alles im grünen Bereich«, versichert der ihm, woraufhin der Türsteher uns reinlässt. Ich nicke ihm zur Begrüßung knapp zu und betrete hinter Derek die laute Bar.

»Ist das hier so eine V-Mann-Sache?« Irgendwie will ich die Hoffnung nicht aufgeben, dass das hier mit Polizeiarbeit zu tun hat, auch wenn die Chancen dafür schlecht stehen.

»Ja, so was Ähnliches«, höhnt er und geht weiter voraus.

In der Mitte des Raums lässt er sich auf einen der Stühle fallen und sieht sich um, als wäre er hier zu Hause. Etwas unbehaglich setze ich mich neben ihn und nehme meine Mütze ab. Derek trägt seine nur selten. Meistens vergisst er sie im Wagen. Seine Uniform sieht aus, als habe er sie drei Tage in Folge getragen, während ich meine morgens bügle, um respektabel auszusehen. Für mich ist die Uniform des NYPD ein Privileg. Bei ihm wirkt sie wie eine schlechte Verkleidung. Ich komme mir fehl am Platz vor, als Derek bei einer der Kellnerinnen, die barbusig bedient, ein Bier bestellt. Als sie mich fragt, bestelle ich ein Glas Cola. Wir sind im Dienst, und es ist drei Uhr nachmittags. Eine weitere Verfehlung für meine endlose Liste über Officer Scheißdrauf.

»Jetzt sag mir ja nicht, dass du keinen Alkohol trinkst.« Genervt schüttelt er den Kopf und leert die halbe Flasche.

»Doch, ich trinke. Abends. Nach Feierabend. Aber nicht im Dienst.«

»Okay«, kommentiert er gelangweilt.

Ich weiß nicht recht, wo ich hinsehen soll. Denn überall gibt es nackte Brüste zu sehen. Die Kellnerinnen haben eine beachtliche Oberweite, und die Beleuchtung verdeckt nichts. Ich bin nicht prüde, dennoch starre ich Frauen normalerweise nicht unverhohlen in den Ausschnitt oder gar auf ihre nackten Brüste, auch dann nicht, wenn sie so offenherzig präsentiert werden wie hier.

»Sieh dir das an!«, gibt Derek von sich. Er sabbert förmlich. Probst ist eine echte Schande für unseren Berufsstand. Ich schäme mich für ihn und blicke um Ruhe bemüht auf meine kalte Cola, die richtig gut ist.

Ein schlanker Kerl mit brauner Lederjacke sieht aus dem Seitenbereich der Bühne hervor und winkt Derek zu.

»Bin gleich wieder da, Kleiner. Und dass du mir ja nichts anfasst! Die Ladys sind da etwas heikel.« Er lacht dunkel.

»Ich glaube, ich habe mich ganz gut im Griff«, erwidere ich trocken. Ich frage mich, was Derek diesem dünnen Kerl bringt. Mir gefällt die Sache nicht. Ganz und gar nicht.

Über die Lautsprecher dröhnt weiterhin Chartmusik, und ab und an ein Uralthit aus den Neunzigern, während ich meine Cola schlürfe und versuche zu ignorieren, wie mich die Gäste des Hotty Pete’s ansehen. Kein Wunder. Die Uniform ist nicht zu übersehen. Genau wie sie frage ich mich, was zur Hölle ich hier zu suchen habe. Gerade als ich aufstehen möchte, um Derek zu holen, um endlich von hier zu verschwinden, sehe ich aus dem Augenwinkel eine Kellnerin, die ich bis dahin nicht bemerkt habe. Sie ist schlank, aber athletisch, und ihre Beine sind der Wahnsinn. Alles, was sie trägt, sind Shorts und eine kurze Schürze um ihre Hüfte. Ihre helle Haut strahlt förmlich an diesem düsteren Ort. Meine Augen wandern weiter nach oben, und ich muss schlucken, als ich bei ihren perfekten Brüsten ankomme. Sie sind nicht falsch, wie die der anderen Kellnerinnen, sondern natürlich. Nicht zu groß, aber auch nicht zu klein, einfach perfekt, und ihre Nippel sind hellrosa. Die Spitzen ihres platinblonden glatten Haars, in das roséfarbene Strähnchen gemischt sind, reichen bis zu ihrem Brustansatz. Gerade als ich ins Gesicht dieser atemberaubenden Frau blicken will, dreht sie sich weg. Entsetzt stelle ich fest, dass ich enttäuscht bin. Sogar mein Puls hat sich erhöht, obwohl ich noch nicht mal weiß, wie sie aussieht. Ich bin eben auch nur ein Mann aus Fleisch und Blut. Dagegen bin ich machtlos.

»Na, warst du anständig, Kleiner, solange die Erwachsenen was zu regeln hatten?«

Irritiert, weil ich Derek gar nicht kommen gehört habe, blicke ich zu ihm hoch. »Hm?«

»Na los! Ein Drink noch, und dann machen wir die Fliege.«

Derek sieht die Kellnerinnen an der Bar und bedeutet der Kleinen, die mich so umgehauen hat, herzukommen.

Während sie auf uns zukommt, wiederhole ich im Geiste: Starr nicht auf ihre Möpse! Starr nicht auf ihre Möpse!

Doch als sie vor mir steht, sind alle Bemühungen umsonst. Mein Blick wird von ihrem wunderschönen Oberkörper magisch angezogen. Und ihre langen, unbekleideten Beine sorgen dafür, dass meine Augen nicht stillstehen. Heilige Scheiße!

»Na Jungs! Was kann ich euch Gutes tun?«, fragt sie, und ihr Stimme haut mich um. Sie ist ein wenig tief und weich.

»Ich nehme noch ein Bier, Schätzchen. Und welche Limo wird es dieses Mal, Partner?«

Dereks Seitenhieb prallt an mir ab, während ich langsam meinen Blick hebe und ein Gesicht betrachte, das zu diesem Körper passt. Sie sieht aus wie ein Engel, mal abgesehen von dieser Oben-ohne-Sache. Wunderschöne Augen, hellblau, und hohe Wangenknochen. Doch als ich sie anstarre und die Teile ihres Gesichts sich zu einem hübschen Ganzen formen, trifft mich der Schlag. Denn ich kenne diese junge Frau.

»Heilige Scheiße! Alexandra?«

Für den Bruchteil einer Sekunde huscht eine Art Erkennen über ihre blauen Augen. Doch es ist so schnell weg, dass ich nicht sicher sagen kann, ob es überhaupt dagewesen ist. Stattdessen verzieht sie ihr Gesicht ziemlich irritiert.

»Kennt ihr euch etwa? Und wer zum Teufel ist Alexandra?« Derek sieht zwischen der Kellnerin und mir hin und her.

»Derek, mein Lieber! Glaubst du echt, ich erinnere mich an all die Namen, die ich den Kerlen nenne, die ich im Laufe der Zeit flachgelegt habe?« Sie wirft ihm ein kesses Lächeln zu. Dennoch bin ich sicher, dass ich Alexandra Gardener vor mir habe, meinen nicht ganz geheimen Highschoolschwarm. Was zur Hölle macht die kleine Alexandra Gardener hier? In einer Oben-ohne-Bar?

»Scheiße!« Derek lacht. »Soll das heißen, du warst mit meinem Anfänger in der Kiste?«

Alexandra zuckt gleichgültig mit der Achsel und sieht mich an, als wäre ich ein Stück Zucker, das sie sich mal gegönnt hat oder vielleicht auch nicht. Was zur Hölle geht hier vor?

»Nein!«, sage ich viel zu laut. Der Schock sitzt noch zu tief. »Wir waren niemals im Bett miteinander. Glaub mir, das wüsste ich noch.« Ich sehe sie an und erkenne, dass sie von dem, was ich gerade von mir gegeben habe, überrascht ist.

»Zu schade, Junge. Fast hättest du mich echt beeindruckt.« Derek schmollt wie ein Kleinkind, während sie sich zu mir herabbeugt, um mir zuzuflüstern.

»Aber wer weiß … Was nicht ist, kann ja noch werden.« Ihre heisere Stimme und ihre hellrosa Lippen, über die ihre Worte kommen, steigen mir zu Kopf. Ich räuspere mich und halte die Polizeimütze in meiner Hand fester.

»Na ja, eigentlich bin ich zurzeit noch im Dienst, daher kann ich mich nicht mit dir unterhalten, aber ich würde mich freuen, wenn wir uns mal treffen könnten … Ehrlich gesagt.«

»Herrjeh, das klingt fast, als würdest du mir einen Antrag machen. Sprichst du immer so mit Frauen?«

»Nein.« Für jemanden, der es hasst zu lügen, klappte das gerade ganz gut.

Amüsiert verzieht sie den Mund und mustert mich von oben bis unten. Ich gebe zu, das lässt mich nicht kalt, ganz und gar nicht.

»Ich sag dir jetzt mal was, Rookie. Du gefällst mir. Einer wie du ist mir bisher noch nie untergekommen. Du bekommst eine Minute mit mir hinter der Bühne, und wenn du dich nicht völlig dumm anstellst, sehen wir, ob daraus ein Date wird.« Als ich zögere, stemmt sie ihre Hände in die Hüften. Dabei recken sich ihre Brüste keck in die Höhe. Was für ein Anblick! »Denk doch an die Highschool. An sieben Minuten im Himmel. Da haben wir das so geregelt, und es hat doch echt Spaß gemacht, oder nicht?«

Ist das ein Code? Aber warum dann diese Anspielung auf die Highschool? Schließlich kennen wir uns von da. Zumindest kenne ich sie. Ob sie mich erkannt hat, ist noch unklar.

»Ich bitte dich, Junge. So dumm bist nicht mal du!«, höhnt Derek, weil ich zögere, dabei gaffe ich sie an, als wäre sie aus purem Zucker.

»Na, komm schon, Pfadfinder!« Sie nimmt meine Hand. Als ich ihre Berührung spüre, wird mir heiß. Überall. Dabei blicke ich in ihre Augen und sehe dort ein Funkeln aufblitzen. Ich könnte schwören, dass sie das, was immer es ist, auch spürt. Völlig überrumpelt von dem, was passiert, lasse ich mich von ihr hinter die Bühne ziehen. Als sie mir den Rücken zudreht, sehe ich ihr Tattoo. Sie trägt ein asiatisches Zeichen auf der linken Schulter. Da dachte ich immer, ich stehe auf den Typ »Mädchen von nebenan«, aber wenn ich mir diese heiße Version von Alexandra ansehe, die früher mal genau der Typ Mädchen war, muss ich diese Ansicht überdenken. Denn sie ist die heißeste Frau, die ich jemals gesehen habe. Ich höre das Pfeifen und Johlen Dereks und ein paar anderer Kerle in der Bar, die für das, was mir wiederfährt, bestimmt einen Mord begehen würden.

Kaum sind wir hinter der Bühne, ändert sich ihr Verhalten. Sie tänzelt nicht mehr mit schwingenden Hüften vor mir her und zieht mich auch nicht spielerisch an der Hand weiter. Vielmehr zerrt sie mich in Richtung Seitenausgang, und ehe ich mich versehe, landen wir im Hinterhof des Hotty Pete’s.

»Mein Name ist Lexi! Nicht Alexandra!«, stellt sie mit fester Stimme klar und tippt mir dabei auf die Brust, direkt neben meinem Abzeichen. »Hast du das verstanden?«

»Ich verstehe gerade gar nichts«, sage ich ehrlich. Ich bin in einem Hinterhof, mitten im Polizeidienst und werde von einer Oben-ohne-Kellnerin zurechtgewiesen, die ich aus meiner Schulzeit kenne. Verrückter kann der Tag nicht mehr werden.

Alexandra oder Lexi, wie sie behauptet zu heißen, beißt die Lippen aufeinander und sieht mich an, als wäre ich ein Rätsel, das sie lösen muss, aber sie weiß noch nicht wie.

»Alexa … Lexi. Schon gut.« Ich hebe beschwichtigend die Hände. »Was soll das hier? Ich bin Cop. Okay? Ich vergesse nie ein Gesicht oder einen Namen. Ich weiß, wer du bist.«

Besorgt atmet sie durch und bedeckt ihre Brüste mit den Händen. Ich ziehe meine Jacke aus und reiche sie ihr.

»Danke.« Sie schnaubt ungläubig und sieht zu mir hoch, während sie meine Uniformjacke überstreift.

»Hey, können wir nicht vergessen, dass du mich gesehen hast, und das nächste Mal, wenn dein toller Partner herkommt, bleibst du einfach im Wagen?«

Keine Chance. Ich muss wissen, wieso das Mädchen, in das ich einst verschossen war, in so einem Laden gelandet ist. So bin ich nun mal. Wenn ich mich an etwas festbeiße, lasse ich nicht locker, ehe ich herausgefunden habe, was dahintersteckt. Das sind meine Gene. Ich bin ein St. Clair. Wir sind eine irisch-amerikanische Familie aus Dickschädeln, väterlicher- und mütterlicherseits. Deshalb schüttle ich den Kopf, was sie mit einem unzufriedenen Schnauben hinnimmt.

»Dann haben wir ein Problem, St. Clair!«

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Kapitel 3

Lexi

Dann haben wir ein Problem, St. Clair!«

Überrascht starrt Jamie mich an. Er hat nicht erwartet, dass ich seinen Namen noch weiß oder dass ich zugeben würde, dass wir uns kennen. Aber mir bleibt keine Wahl. Jamie hat klargemacht, dass er nicht so tun wird, als würde er mich nicht kennen.

»Wie meinst du das? Sucht dich jemand? Brauchst du etwa Hilfe?« Besorgt mustert er mich und drückt meinen Oberarm, der in seiner warmen Uniformjacke steckt. Immer der perfekte Gentleman. Ich vermute, es war ihm unangenehm, meine Brüste vor der Nase zu haben. Weiß der Teufel wieso. Die sind nämlich ein echter Hingucker. Es gibt Gründe, weshalb mir jeder abkauft, dass ich in eine Oben-ohne-Bar gehöre. Nur Jamie St. Clair aus der Highschool nicht. Und genau das könnte zu einem echten Problem werden. Er war schon damals gut in der Schule, sehr ehrgeizig und anständig und ja, auch ein richtig gut aussehender Bursche. Inzwischen ist er älter, Anfang zwanzig wie ich, und heißer, aber auf eine saubere und anständige Art, zumindest wenn man auf den Typ steht: tadellose Uniform, kurz geschnittenes braunes Haar mit leicht rötlichem Stich, makellose Haut und türkisfarbene Augen, die so klar sind, dass man meint, in einen Kristall zu blicken. Und mir ist auch nicht entgangen, dass er an Muskelmasse zugelegt hat, auf eine athletische Weise, die seine Uniform an den richtigen Stellen sehr gut ausfüllt. Die meisten meiner Kolleginnen, egal ob Kellnerin oder Stripperin, träumen von einem Mann wie ihm. Anständig. Gut aussehend. Mit festem Job. Für mich gilt das allerdings nicht. Ich habe keine Zeit für diese Kleinmädchenträume, denn ich habe Wichtigeres, worauf ich mich konzentrieren muss. Deshalb schüttle ich auch grinsend den Kopf, um den besorgten Jamie, der dicht vor mir steht, nicht übermütig werden zu lassen und ihn in seine Schranken zu weisen.

»Jamie St. Clair. Immer noch der perfekte Pfadfinder, hm?«

Er wirkt überrascht. Seine Augen werden groß.

»Du … du kennst noch meinen vollen Namen?«

»Du bist nicht der Einzige mit einem guten Gedächtnis. Und ich erinnere mich leider noch gut an deinen Tick, den Helden und Retter spielen zu müssen … Kein Wunder, dass du bei den Cops gelandet bist.« Wobei man im Falle von Derek Prost kaum von einem Cop sprechen kann. Ich frage mich, ob er meine kleine Anspielung versteht, die ich mir eigentlich hätte verkneifen sollen. Doch manchmal habe selbst ich mich nicht im Griff. Der Job und das Getue, dass er mit sich bringt, haben mich etwas unvorsichtig gemacht. Das ist nicht gut.

Jamie mustert mich mit seinen klaren, hellen Augen, ehe er die Arme vor der Brust verschränkt. Fast glaube ich, er möchte offizieller mir gegenüber auftreten. Wie niedlich!

»Damals im Bad auf Bobby Newmans Party hatte ich nicht das Gefühl, dass dich mein Retterkomplex gestört hätte.«

Treffer! Er weiß es noch. Eine der nicht gerade wenigen Nächte meines jungen Lebens, die ich lieber vergessen würde. Doch so läuft das nicht. Jamie war für mich da, als ich verheult und betrunken im Bad über der Kloschüssel hing, dabei kannten wir uns nicht einmal sonderlich gut. Doch ich vergesse nie jemanden, der einmal gut zu mir war, so wie ich niemanden vergesse, der mir mal Unrecht getan hat. So bin ich eben.

»Nein. Du warst damals sehr nett zu mir, Jamie. Aber so sehr du damals geholfen hast, so ungelegen kommst du jetzt.«

Irritiert, weil seine Jacke gegen meine Nippel scheuert, verziehe ich den Mund. Denn ich weiß nicht so recht, ob es bloß von der Kühle ihm Hof kommt, dass sie hart geworden sind, zum Teil liegt es wohl auch an seinem Blick, der immer wieder durch meine nackte Haut von meinem Gesicht abgelenkt wird. Doch statt wie die meisten Kerle sich in Ruhe an mir sattzusehen, scheint Jamie eher wütend auf sich zu sein, jedes Mal, wenn es ihm passiert und er mich anstarrt. Er ist schon ein merkwürdiger Kerl, dieser Jamie St. Clair.

»Ich verstehe nicht ganz … Was soll das bedeuteten, ich komme ungelegen? Du hast mich doch hierhin mitgeschleppt, Alexandra. Ich meine Lexi oder wie immer du dich jetzt nennst.«

Mit einem mulmigen Gefühl, weil ihm wieder mein richtiger Name über die Lippen gekommen ist, ziehe ich die Jacke aus und gebe sie ihm zurück.

Mit fragendem Blick nimmt er sie entgegen.

»Warte hier! Nur eine Minute, okay?« Eindringlich sehe ich ihm in die Augen und tue mein Bestes, um ihm einen flehentlichen Blick zuzuwerfen, der sagt: »Bitte! Tu, was ich sage. Ich brauche das!«

Er gibt nach und nickt ruckartig. Ihm gefällt das nicht.

Ich ziehe schnell mein Handy aus der Schürze und gehe zurück in den Laden. Im dunklen Flur vor dem Hinterausgang wähle ich eine meiner Notfallnummern und gebe durch, was ich benötige. Mit einem tiefen Atemzug gehe ich zurück zu Jamie, dessen Wangen sofort ein wenig rot werden, als er mich und meine nackten Brüste durch die Tür kommen sieht. Geradeso verkneife ich mir deshalb ein Lächeln. Seltsamerweise gefällt mir, welche Wirkung meine nackten Argumente auf ihn haben. Er ist der einzige Kerl, den ich halb nackt, wie ich nun mal arbeite, geradezu mit Gewalt mitschleppen musste.

»Okay«, sagt er laut. »Ich habe gewartet. Jetzt würde ich gerne wissen, was hier eigentlich los ist, denn das hier …«, er zeigt auf uns beide und die gesamte Umgebung, »… steht nicht mal ansatzweise in meinen Dienstvorschriften!«

Jamie fährt sich mit der Hand über Mund und Kiefer. Er hat wirklich eine starke, männliche Kieferpartie. Darauf ist ein ganz leichter Barschatten zu erkennen. Ein Dreitagebart würde ihm richtig gut stehen. Doch ich wette, er rasiert sich verdammt gründlich, jeden Morgen.

»Du möchtest wissen, was hier los ist?« Ich verschränke die Arme vor der Brust und sehe ihn herausfordernd an.

»Mit dem größten Vergnügen.« Entschlossen stemmt er die Beine in den Boden. Er kann also auch anders. Interessant.

»Du, Jamie St. Clair, bist ein unerwartetes Problem, um das ich mich kümmern muss.«

Endlich einmal wieder ehrlich sein zu können fühlt sich ungewohnt an. Jamies Stirn legt sich in Falten. Er hebt seinen Zeigefinger, als wolle er mir gerade eine Predigt halten, als das Funkgerät an seiner Hemdtasche krachend zum Leben erwacht. Perfektes Timing würde ich sagen.

»Officer St. Clair. Wagen 72. Bitte umgehend melden.«

Sofort wieder in seinem Element als Polizeianfänger nimmt er das Gerät fest in die Hand und drückt auf den Knopf.

»Wagen 72. Hier Officer St. Clair.«

Er starrt mich weiterhin mit seinen irritierend schönen Augen an, als die Stimme am anderen Ende des Funks sendet.

»Officer St. Clair. Officer Probst. Kehren Sie umgehend zur Wache zurück.«

Misstrauisch zieht er die Brauen zusammen und lässt mich keine Sekunde aus den Augen, als er der weiblichen Stimme aus der Zentrale antwortet: »Verstanden. Officer St. Clair Ende.«

»Scheint, als hättest du keine Zeit mehr, anständige Zivilisten wie mich zu verhören. Die Arbeit ruft!«

Ich schenke ihm ein zuckersüßes Lächeln, das er nicht erwidert. Sein Instinkt ist nicht von schlechten Eltern. Er weiß nicht, was gespielt wird, das kann er nicht, aber ich erkenne an seinem Gesichtsausdruck, dass er ahnt, dass etwas nicht stimmt. Dennoch tut er seine Pflicht, genau wie ich es von ihm erwartet habe.

»Ich muss jetzt gehen, aber das bedeutet nicht, dass ich das hier auf sich beruhen lasse, Lexi. Ich komme wieder.«

Jamie wirft mir noch einen letzten entschlossenen Blick zu, ehe er in den Laden zurückeilt. Mit geschlossenen Augen wiederhole ich laut und deutlich: »Seht ihr! Wir haben ein ernstes Problem am Hals, und sein Name ist Jamie St. Clair.«

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Kapitel 4

Jamie

Diese Sache ist seltsam, äußerst seltsam. Ich stehe vor der Police Plaza in Manhattan, dem Hauptquartier der New Yorker Polizei. Einem Ort, an dem Rookies wie ich nichts verloren haben. Und nicht nur das. Man zitierte mich unter absoluter Verschwiegenheit hierher, ohne mir den geringsten Hinweis zu geben, warum jemand von den oberen Etagen mich sehen will. Nachdem ich mir ehrfurchtsvoll die Fassade des riesigen Baus in der Nähe des Rathauses angesehen habe, betrete ich die Eingangshalle. Sie ist riesig. Ich nehme meine Mütze ab und gehe auf den Infoschalter zu, hinter dem eine ernst aussehende afroamerikanische Polizistin sitzt und mich mustert.

»Guten Tag, Ma’am! Mein Name ist Officer Jamie St. Clair. Ich soll mich hier melden und auf weitere Instruktionen warten.«

Die Kollegin zieht die Brauen zusammen und gibt flink etwas in ihren Computer ein, während sie mit mir spricht.

»Willkommen im Hauptquartier, Officer St. Clair. Bitte warten Sie einen Moment.«

»Ja, Ma’am.« Ich nicke.

Als sie aufhört zu tippen, wirft sie mir verstohlen einen seltsamen Blick zu, bevor sie sich mir direkt zuwendet, ihre Miene nun wieder völlig unter Kontrolle.

»Warten Sie bitte dort drüben. Sie werden gleich abgeholt.« Sie zeigt zu einem kleinen Aufenthaltsbereich, wo bereits andere Polzisten und Leute in Zivilkleidung warten.

»Danke.«

Ich atme kurz durch. Noch habe ich keinen Schimmer, warum ich eigentlich hier bin. Das gefällt mir nicht. Ich mag es nicht, im Dunkeln zu tappen. Der gestrige Tag war seltsam genug. Und jetzt dieser ominöse Termin. Mein Instinkt sagt mir, dass nichts Gutes auf mich zukommt. Dennoch stehe ich mit auf dem Rücken verschränkten Händen und leicht gespreizten Beinen respektvoll da und warte, wie wir es auf der Akademie gelernt haben. Eine rothaarige Frau mittlerer Größe, etwa Anfang vierzig, kommt direkt auf mich zu. Ihre Augen drücken ein vages Erkennen aus, als sie mir ins Gesicht blickt. Da ich ihr nie begegnet bin, tippe ich auf die Fotos in meiner Dienstakte. Sie bleibt vor mir stehen und streckt mir ihre Hand entgegen.

»Deborah Kinkirk. Freut mich, Sie kennenzulernen, Officer St. Clair.« Sie lächelt unverbindlich.

Ich schüttle ihre Hand und erwidere ihr Lächeln knapp.

»Gleichfalls. Darf ich Sie fragen, warum ich hier bin?«

Sie presst die Lippen aufeinander. »Tut mir leid, ich habe nicht die Befugnis zu antworten. Aber ich bringe Sie zu meinen Vorgesetzten, die werden Ihnen dann Auskunft geben.«

Bevor sie sich umdreht und mir bedeutet, ihr zu folgen, sehe ich mir ihren Ausweis genauer an. Er klemmt auf dem Umschlag ihres Blazers. Neben ihrem Namen und dem Logo des NYPD steht die Kennung IA darauf. Mrs Kinkirk gehört demnach zur »Internal Affairs«, der Abteilung für Interne Ermittlungen. Wieso nur werde ich das Gefühl nicht los, dass ich wegen meines tollen Partners Derek im Hauptquartier antanzen muss? Gerade mal im ersten Jahr Polizist, und schon muss ich zur »Internen«.

Große Klasse!

Ich könnte diesen Mistkerl an die Wand klatschen. Doch da das im Moment keine Option ist, lasse ich mir meinen Ärger nicht allzu sehr anmerken und folge stattdessen Mrs Kinkirk, Assistentin der Internen Abteilung, zum Aufzug, der uns ein paar Stockwerke nach unten bringt. Drei Abbiegungen und mehrere Gänge an zahlreichen Büros vorbei später lande ich vor einem gläsernen Besprechungsraum. Sie öffnet mir die Tür mit einem Lächeln.

»Ich bitte Sie, Platz zu nehmen, Officer. Jeden Augenblick wird jemand zu Ihnen kommen, um Ihnen alles zu erklären.«

Ich spare mir das »Danke«, da ich mich im Moment zu unwohl fühle, um Höflichkeitsfloskeln auszutauschen, auch wenn Mrs Kinkirk professionell wirkt und nur ihre Arbeit macht. Stattdessen nicke ich ihr zu. Kaum sitze ich auf einem der unbequemen Stühle an dem grauen Tisch, um den fünf weitere Stühle aus Metall und Plastik angeordnet sind, verdunkelt sie die Jalousien und verlässt danach den überheizten Raum.

Zumindest weiß ich jetzt, wie man sich als Verdächtiger in einem Verhörraum fühlt. Die professionelle Atmosphäre kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass ich aus einem ernsten Grund herbeordert wurde. Was immer gleich geschieht und wer immer diesen Raum betritt, ich werde nicht lügen, schon gar nicht für Officer Derek Probst.

Innerlich angespannt, aber äußerlich gefasst starre ich zur Tür, als sie aufgerissen wird und …

… Lexi vor mir steht. In einem verdammten Hosenanzug. Die Haare zu einem strengen Knoten zurückgebunden. Auf dem Hemd, das sie unter dem offenen Blazer anhat, trägt sie doch tatsächlich einen waschechten NYPD-Dienstausweis. Während ich noch dabei bin, diesen Schock zu verdauen, kleben meine Augen an ihrem Ausweis förmlich fest und lesen immer wieder, was dort steht, doch glauben kann ich es dennoch nicht.

Alexandra Gardener – Special Detective. Abteilung: IA.

Ich presse fest die Augen zu, doch als ich sie öffne, steht Lexi immer noch vor mir, mehrere dicke Akten in der Hand. Mit einem undeutbaren, gefassten Ausdruck im Gesicht, der im krassen Widerspruch zu ihrem Aussehen und ihrer Jugend steht, sieht sie mich an.

Und dann tue ich etwas absolut Untypisches für mich. Ich sage: »Soll ich dich nun Lexi nennen oder nicht? Denn so langsam verliere ich den Überblick, Detective Gardener!«

Ein amüsiertes Funkeln huscht über ihr Gesicht, ehe sie sich mir ernst zuwendet. »Dabei sagt deine Akte, du besäßest tadellose Manieren und einen hohen Grad an Professionalität. Scheint, als würden die dich nicht so gut kennen, wie sie glauben. Aber wer weiß, vielleicht ist das ja ganz gut so.«

Nun vollends verwirrt starre ich sie an. Was macht sie hier? Wer zum Teufel ist sie? Und was will sie von mir?

»Was geht hier vor, Lexi? Detective Gardener. Oder wer du auch bist.« Ich verschränke die Arme, um ihr zu signalisieren, dass ich von dieser Charade genug habe.

»Ich sagte dir doch, dass du ein Problem bist, um das ich mich kümmern muss.« Sie lässt mich keine Sekunde aus den Augen, als sie sich setzt und die Akten auf den Tisch legt. »Deshalb bist du hier, Jamie.«

Sie ist gut. Ihre Körperhaltung und ihr Gesicht verraten mir nichts. Sie faltet die Hände über den Akten und blickt mir direkt in die Augen, als könne sie bis auf den Grund meiner Seele sehen. Diese Frau ist ganz anders als die Verführerin von gestern, und doch erkennt etwas in mir sie wieder, als das Mädchen von einst, das hübsche Mädchen mit dem schönsten Lächeln, das ich jemals gesehen habe, auch wenn es auf den ersten Blick unmöglich scheint. Schließlich würde ihr im Moment niemand abnehmen, dass sie überhaupt fähig ist, die Lippen zu einem Lächeln zu verziehen.

»Lass mich raten!«, bitte ich sie. Lexi nickt mir zu. »Entweder bin ich in der Internen Ermittlung gelandet, weil ich Derek Probsts Partner bin oder weil du in letzter Zeit viele unterschiedliche Namen benutzt.«

Wie sehr mich ihr Erscheinen an diesem Ort auch umhaut, das heißt nicht, dass ich auf den Kopf gefallen bin. Ein paar Dinge kann ich mir, aufgrund der wenigen Fakten, die ich habe, zusammenreimen.

»Treffer versenkt, Officer St. Clair! In der Akte steht, dass du eine schnelle Auffassungsgabe besitzt. Und du hast recht. Du bist hier, weil du einerseits meinen echten Namen kennst und andererseits, weil dein Partner dich unbedingt ins Hotty Pete’s schleifen musste.«

»Wo du anscheinend ganz nebenbei oben ohne kellnerst.« Ich schnaube abfällig und fahre mir ernüchtert übers Gesicht.

»Ich weiß, wie dir das Ganze vorkommen muss, aber ehe wir weitersprechen können, muss ich dich dringend bitten, diese Verschwiegenheitsvereinbarung zu unterzeichnen, in der du bestätigst, dass du weder etwas über deinen Besuch bei uns oder über meine Identität noch darüber, was du im Folgenden hier erfahren wirst, weitererzählst.«

Sie schiebt ein dicht beschriebenes Blatt aus einer der Akten zu mir rüber. Auf der Unterschriftenzeile stehen mein Name und das heutige Datum. Ich überfliege die Vereinbarung kurz und sehe, dass es ist, was es zu sein scheint. Von meinen paar Jurakursen her weiß ich, was sie mir da zum Unterzeichnen gibt. Ohne zu zögern unterschreibe ich das Blatt und schiebe es ihr wieder zurück.

»Sehr gut … Da du unterschrieben hast, darf ich dir nun jemanden vorstellen. Meinen Boss.« Lexi drückt auf einen Knopf in der Mitte des Tisches. Kurz darauf betritt ein schlanker, drahtiger Mann Ende vierzig mit grau melierten Haaren den Raum. Er trägt einen dunkelgrauen Anzug und eine grüne Krawatte, die nicht so eng geknotet ist, wie sie sein sollte. Er hat ein sehr sympathisches, aber nicht unbedingt gut aussehendes Gesicht. Auf mich wirkt er nicht ganz wie der typische Vorgesetzte in einer Polizeibehörde. Eher ein wenig rauer. Abgeklärter. Der Eindruck verstärkt sich noch, als er spricht. Am kratzigen Ton seiner Stimme erkenne ich, dass er Raucher ist oder zumindest früher mal viel geraucht hat.

»Officer St. Clair, mein Name ist Captain Patrick Dors, Leiter einer speziellen Abteilung für verdeckte Operationen innerhalb der Internen Ermittlung des NYPD.«

So langsam fügen sich die einzelnen Puzzleteile zusammen, auch wenn sie noch kein klares Bild ergeben. Captain Dors setzt sich direkt neben Lexi an den Tisch. Sie wechseln einen kurzen Blick, aus dem klar wird, dass sich die zwei anscheinend gut kennen.

»Captain Dors, bei allem gebührenden Respekt und nun, da ich die Vereinbarung unterschrieben habe … Sagen Sie mir, warum ich hier bin, abgesehen vom Offensichtlichen.« Ich sehe zu Lexi, um klarzumachen, was ich damit meine.

»Sie, mein Junge, haben unwissentlich in Scheiße gerührt, die Sie nichts angeht.« Ob seiner unverblümten Sprache reiße ich die Augen auf. Lexi verzieht amüsiert die Lippen.

»Auch wenn ich es nicht so ausgedrückt hätte, Sir, habe ich einen ähnlichen Verdacht bereits geäußert.«

Wieder wechselt er einen Blick mit Lexi. »Du hattest recht mit ihm. Er ist wirklich ein gottverdammter Pfadfinder.«

Aus Captain Dors Mund klingt das beinahe, als wäre es etwas richtig Übles.

»Sagte ich dir doch.« Lexi lehnt sich zurück. Sie genießt es sichtlich, recht zu haben. Ein klein wenig zu sehr. Ich werfe ihr einen säuerlichen Blick zu, den sie geflissentlich ignoriert.

»Gut, dann in Ihren Worten, Sir. In welcher Scheiße habe ich rumgerührt?«

Zufrieden grinsend konzentriert sich Dors auf mich. »Sie wissen, dass Ihr Partner Derek Probst alles andere als ein Vorzeigepolizist ist?«

Ich nicke, denn ich lüge nicht. Niemals. »Ja … Ich kann die Dienstverfehlungen an manchen Tagen nicht mal mehr an einer Hand abzählen, und ich hatte vor, bei meinem nächsten Bewertungsgespräch darüber Meldung zu machen.«

»Siehst du, ich sagte dir doch, dass er durch und durch ein guter Cop ist, auch wenn er noch nicht lange dabei ist.«

Lexi sieht mich an, und zum ersten Mal erkenne ich Wärme in ihrem Blick. Eine Wärme, dich mich kaltlassen sollte, aber so ist es nicht. Ich schiebe diesen Gedanken beiseite, da es im Moment unpassend ist, mich bei allem, was gerade vorgeht, damit zu befassen.

»Darauf setzen wir«, gibt der Captain murmelnd von sich.

»Wie war das?«

Beide ignorieren mich, ehe Lexi wieder das Wort ergreift.

»Probst hat mehr auf dem Kerbholz als Dienstverfehlungen. Er ist ein waschechter dreckiger Cop. Das ganze Programm. Erpressung, Schmiergeld, Falschaussagen, Fälschung von Beweismaterial … Und das sind nur die Dinge, über die wir Bescheid wissen. Wir haben ihn schon eine ganze Weile auf dem Schirm. Doch seit er mit dir unterwegs ist, musste er sich zurückhalten, was schlecht für uns ist, denn Probst ist einer unserer Zugänge.«

»Zugänge wofür?«, frage ich. Trotz allem bin ich doch überrascht, wie tief Probst im Morast steckt. Ich wusste, dass er als Cop nichts taugt, aber dass er ein Verbrecher ist, ist schwer zu schlucken. Es gibt nichts Schlimmeres als einen dreckigen Cop.

»Zugang zu einem Netzwerk dreckiger Cops, die seit Jahren immer wieder aktiv sind und denen wir bisher nie wirklich etwas entgegensetzen konnten, bis Alexandra aufgetaucht ist. Sie ist der Schlüssel. Seit Alexandra als Lexi undercover im Hotty Pete’s ermittelt, haben wir mehr erfahren als all die Jahre davor.« Captain Dors sieht stolz zu ihr, fast als wäre er eine Art Onkel. Angesichts ihrer Jugend, sie ist immerhin erst einundzwanzig Jahre alt, ist das eine Leistung, die mir Respekt abringt.

»Nimm es mir nicht übel, Lexi. Aber genau das verstehe ich nicht. Ich bin mit Alexandra auf die Highschool gegangen. Sie ist genau wie ich einundzwanzig. Und ich durfte, trotz mehrerer Lehrgänge und meiner einschlägigen Collegekurse, nicht früher auf die Akademie. Und glaubt mir, ich habe es versucht … Wie kann sie bereits Detective sein und undercover für die Interne ermitteln, in einem wichtigen Fall wie diesem?«

Erneut das Blickduell zwischen Captain und Lexi, ehe Dors ihr auffordernd zunickt.

»Ich habe vor fast zwei Jahren über einen alten Freud meines Dads um einen Termin bei der Internen gebeten. Mein Dad war Polizist, und du weißt ja, dass er gestorben ist.«

Ich nicke ihr mitfühlend zu.

»Was du nicht weißt, ist, dass mein Dad auf die schiefe Bahn geraten ist und sich auf ein paar dreckige Polizisten eingelassen hat, was, wie ich glaube, zu seinem Tod geführt hat. Ich habe schon seit ein paar Jahren nach Beweisen dafür gesucht, und als ich genug zusammenhatte, bin ich zu Patrick gegangen, um ihm einen Vorschlag zu machen. Die Details führen jetzt zu weit, aber er hat sich darauf eingelassen. Ich habe am offiziellen Weg vorbei die Akademie absolviert und eine Spezialausbildung für die Undercover-Arbeit erhalten, um bei dem Fall eingesetzt werden zu können. Alles nicht über die offiziellen Kanäle. Doch ich musste warten, bis ich einundzwanzig bin, ehe der Captain mir erlaubt hat, im Hotty Pete’s oben ohne zu kellnern. Meinen ersten Vorschlag, als Stripperin dort anzufangen, hat er übrigens abgelehnt. Doch wie sich gezeigt hat, ist es als Kellnerin sogar leichter, an die Beteiligten ranzukommen und ihre Gespräche zu überwachen. Jedenfalls war es so, bis du auf der Bildfläche aufgetaucht bist und meinen echten Namen benutzt hast.«

Sofort ergibt alles, was am Tag zuvor passiert ist, Sinn. Dereks seltsame Lieferung und sein Werkeln hinter der Bühne mit diesem zwielichtigen Typen. Und Lexis Verhalten mir gegenüber. Kein Wunder, dass ich zurückbeordert worden bin, als ihr meine Anwesenheit zu lästig wurde.

»Und ich habe dir auch noch versichert, dass ich der Sache auf den Grund gehen würde.«

Seufzend nickt sie. »Du hast klargemacht, dass du nicht lockerlassen würdest. Deshalb bist du jetzt hier.«

»Na ja, ehrlich gesagt, nicht nur deshalb«, wirft Captain Dors ein, woraufhin ihn Lexi fragend ansieht.

»Was soll das, Patrick?«

»Du hast es selbst gesagt, Alexandra. Jamie St. Clair ist ein Pfadfinder, ein absolut vertrauenswürdiger, anständiger Cop.«

Patrick wirft Lexi einen beredten Blick zu, den sie mit gefurchter Stirn quittiert. Mir drängt sich gerade ein übler Verdacht auf.

»Nein«, sagt sie bitter schnaubend. »Das kann nicht dein Ernst sein.«

»Doch. Ich kann mir diese Gelegenheit nicht entgehen lassen, und das weißt du!«

»Officer St. Clair«, spricht Patrick Dors mich direkt an. Ich bereite mich auf einen herben Schlag vor. »Ja?«

»Sie haben zwei Möglichkeiten. Sie verlassen das Gebäude, vergessen, dass das passiert ist, und werden einer anderen Wache und einem anderen Partner zugeteilt. Oder Sie nehmen meinen Vorschlag an und arbeiten für mich. Undercover. Für alle anderen wären Sie weiterhin ein Rookie, der mit Derek Probst auf Streife geht, doch in Wahrheit helfen Sie uns dabei, die Schweine dranzukriegen, die den Berufsstand des Polizisten in den Dreck ziehen und schuld daran sind, dass gute Männer wie Lexis Vater auf die schiefe Bahn geraten und am Ende in der Leichenhalle landen. Es ist Ihre Entscheidung. Ich gebe Ihnen vierundzwanzig Stunden Zeit, dann brauche ich eine Antwort von Ihnen.« Ohne meine Reaktion abzuwarten oder weitere Fragen zuzulassen erhebt sich der Captain und greift nach der Türklinke. »Ich hoffe wirklich, Sie treffen die richtige Entscheidung, Junge!«

Dasselbe hat mein Dad zu mir gesagt, als ich ihm gestanden habe, dass ich doch nicht Feuerwehrmann werden will, wie er es sich erhofft hatte, sondern Polizist. Damals war ich mir so sicher, doch jetzt weiß ich nicht, was ich denken soll. Mit seinen mahnenden Worten ist der Captain auf und davon und lässt mich mit Lexi allein, die nicht gerade erfreut wirkt. Offenbar war sie nicht in seine Pläne mich betreffend eingeweiht.

»Wieso nur denke ich, dass du hoffst, dass ich ablehne.«

Sie studiert sorgfältig mein Gesicht, ehe sie antwortet.

»Weil ich weiß, was es heißt, dieses Leben zu leben, und weil ich genau weiß, warum ich das tue. Doch du hast keine Ahnung davon.« Lexi blickt mir direkt in die Augen. »Sag mir, Jamie St. Clair! Hast du jemals jemanden absichtlich belogen?«

Nur mich selbst.

»Nein«, gebe ich zu. »Aber ich habe nie auch nur im Traum damit gerechnet, solch ein Angebot zu bekommen. Oder dich zuerst in einem Stripclub wiederzusehen und kurz darauf im Polizei-Hauptquartier.«

Nachdenklich fahre ich mir über den Mund und spüre ihre Blicke auf mir.

»Mein Leben«, meint sie trocken. »Und wenn du dich dafür entscheidest, bald auch deins.«

Ihr unerwartet trauriger Blick berührt mich. Aber ich kann nicht sagen, ob er mich mehr dafür oder dagegen einnimmt.

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Kapitel 5

Lexi

Heute ist einer dieser Tage. Einfach alles nervt. Die Sache mit Jamie, der blöde Stringtanga, die kneifenden Shorts und vor allem die Tatsache, dass ich gezwungen bin, etwas zu tun, was ich nicht tun will. Und das hat mit Jamie zu tun.