Bedürfnisse: Der Schlüssel zu einem gesunden Miteinander - Alice Sheldon - E-Book

Bedürfnisse: Der Schlüssel zu einem gesunden Miteinander E-Book

Alice Sheldon

0,0
24,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Alles, was wir sagen oder tun, ist ein Versuch, unsere Bedürfnisse zu erfüllen Wenn Sie an Ihre Schulzeit zurückdenken, was haben Sie da gelernt? Auch Jahre später können sich viele von uns noch an ihre Stundenpläne erinnern – an Algebra, Gedichtanalysen und perspektivisches Zeichnen. Aber wenn es darum geht, uns selbst und andere zu verstehen, sind wir häufig ratlos. Wir wurden kaum darauf vorbereitet, schwierige Entscheidungen zu treffen, unsere Gefühle auf gesunde Art zu verarbeiten oder Konflikte systematisch und friedlich zu lösen. Diese Wissenslücke schließt Alice Sheldon mit ihrem Buch, das auf der Kernvorstellung aufbaut: Alles, was wir sagen oder tun, ist ein Versuch, unsere tieferliegenden menschlichen Bedürfnisse zu erfüllen – Bedürfnisse wie Entscheidungsfreiheit oder Authentizität. Wenn wir die Welt durch die Linse der Bedürfnisse betrachten, lernen wir, eine echte Verbindung zu unserem Gegenüber zu schaffen, klar mitzuteilen, was uns wichtig ist, und Lösungen zu finden, bei denen die Bedürfnisse aller berücksichtigt werden.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 251

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Alice SheldonBedürfnisse: Der Schlüssel zu einem gesunden Miteinander

Über dieses Buch

Alles, was wir sagen oder tun, ist ein Versuch, unsere Bedürfnisse zu erfüllen 

Wenn Sie an Ihre Schulzeit zurückdenken, was haben Sie da gelernt? Auch Jahre später können sich viele von uns noch an ihre Stundenpläne erinnern – an Algebra, Gedichtanalysen und perspektivisches Zeichnen. Aber wenn es darum geht, uns selbst und andere zu verstehen, sind wir häufig ratlos. Wir wurden kaum darauf vorbereitet, schwierige Entscheidungen zu treffen, unsere Gefühle auf gesunde Art zu verarbeiten oder Konflikte systematisch und friedlich zu lösen. Diese Wissenslücke schließt Alice Sheldon mit ihrem Buch, das auf der Kernvorstellung aufbaut: Alles, was wir sagen oder tun, ist ein Versuch, unsere tieferliegenden menschlichen Bedürfnisse zu erfüllen – Bedürfnisse wie Entscheidungsfreiheit oder Authentizität. Wenn wir die Welt durch die Linse der Bedürfnisse betrachten, lernen wir, eine echte Verbindung zu unserem Gegenüber zu schaffen, klar mitzuteilen, was uns wichtig ist, und Lösungen zu finden, bei denen die Bedürfnisse aller berücksichtigt werden.

Alice Sheldon, vom CNVC zertifizierte GFK-Trainerin, studierte Psychologie und Neurophysiologie. Ihre Methode Needs Understanding ist ein neuer Ansatz für Problemlösungen und funktionierende Beziehungen.

Copyright: © Junfermann Verlag, Paderborn 2023

Copyright der Originalausgabe: © Alice Sheldon, 2021

Coverfoto: © melitas (https://www.istockphoto.com/de)

Illustrationen: © Lily Horseman

Covergestaltung / Reihenentwurf: Junfermann Druck & Service GmbH & Co. KG, Paderborn

Die Originalausgabe ist 2021 unter dem Titel Why weren’t we taught THIS at school? The surprisingly simple secret to transforming life’s challenges bei Practical Inspiration Publishing erschienen.

All Rights Reserved.

Übersetzung: Larissa Jolitzs

Satz, Layout & Digitalisierung: Junfermann Druck & Service GmbH & Co. KG, Paderborn

Alle Rechte vorbehalten.

Erscheinungsjahr dieser E-Book-Ausgabe: 2023

ISBN der Printausgabe: 978-3-7495-0413-8

ISBN dieses E-Books: 978-3-7495-0437-4 (EPUB), 978-3-7495-0438-1 (PDF).

Für Anna, das Licht meines Lebens

Einleitung: Warum haben wir das nicht in der Schule gelernt?

Wenn Sie einmal an Ihre Schulzeit zurückdenken, welche Lektionen haben Sie da gelernt? Auch Jahre später können viele von uns sich noch an ihre Stundenpläne erinnern, aber wenn es darum geht, uns selbst und andere zu verstehen, fühlen wir uns überfordert. Uns wurden Mathe und Englisch, Naturwissenschaften und Kunst beigebracht, doch die meisten von uns wurden nicht darauf vorbereitet, schwierige Entscheidungen zu treffen, unsere Gefühle zu verarbeiten oder die Art von Beziehung aufzubauen, die allen Beteiligten guttut.

So bleiben uns nur unzuverlässige Herangehensweisen an das Leben. Manchmal fügt sich alles: Unsere Entscheidungen treffen sich wie von selbst und wir kommen mühelos mit den Leuten um uns herum klar. In anderen Situationen sind wir frustriert oder unsicher. Wir gehen zurückliegende Gespräche wieder und wieder durch und wünschen uns, wir hätten etwas anderes gesagt. Wir schwanken ewig hin und her, wenn wir vor einer schweren Entscheidung stehen. Wir sehnen uns danach, nur eine einzige Woche zu erleben, in der niemand in der Familie oder bei der Arbeit streitet, schimpft oder schmollt. Oder es scheint uns so, als entgleite uns das Leben, ohne dass wir erreichen würden, was wir uns wünschen.

Als fehlten ein paar entscheidende Seiten in der Gebrauchsanweisung des Lebens. Eine Anleitung, mit der wir uns wirklich Wichtiges erschließen und die erwünschten Veränderungen herbeiführen können. Eine grundlegende Struktur, mit der wir Herausforderungen leichter meistern können. Und eine Art und Weise, die Welt zu verstehen, mit der sich das Leben einfacher genießen lässt.

Genau das bietet uns der Needs-Understanding-Ansatz („Verständnis für Bedürfnisse“). Damit schaffen wir Beziehungen, in denen alle aufblühen, und lösen Probleme, ohne dass jemand den Kürzeren zieht. Sie können ihn überall anwenden: zu Hause, bei der Arbeit, mit Freund*innen und Kolleg*innen. Er schafft nicht bloß völlig neue Bedingungen, sondern ist dabei auch noch grundlegend praktisch angelegt. Er ist einfach genug, damit Sie die Grundprinzipien innerhalb von ein oder zwei Stunden lernen, damit unmittelbar etwas in Ihrem Alltagsleben bewirken oder ihn als schnelle Lösung für eine aktuelle verzwickte Situation nutzen können. Gleichzeitig greift er so tief, dass Sie damit langjährige Denkmuster aufbrechen können, die Sie bisher daran hindern, das Leben voll auszuschöpfen. Darüber hinaus funktioniert er auch, wenn Sie ihn als Einzige*r kennen; Sie müssen Ihre*n Partner*in, Ihre Kolleg*innen oder Freund*innen dafür nicht unbedingt mit einweihen.

Das Ganze basiert auf folgender Kernidee: Alles, was wir sagen oder tun, ist ein Versuch, unsere tiefer liegenden menschlichen Bedürfnisse zu erfüllen – Bedürfnisse wie Entscheidungsfreiheit, Gehör zu finden, Kreativität oder Authentizität. Wenn wir die Welt durch die Linse der Bedürfnisse betrachten, entdecken wir spannende neue Lösungen für unsere Schwierigkeiten. Zuvor unerklärliches Verhalten ergibt plötzlich Sinn, das Leben erscheint simpler und die Welt wird zu einem freundlicheren Ort, an dem wir erreichen können, was immer wir möchten.

Needs Understanding basiert auf der Annahme, dass die Umsetzung von Veränderungen im persönlichen Bereich sowohl die Welt als Ganzes zu beeinflussen vermag als auch uns selbst glücklicher macht. Zugleich leugnet es nicht die Tatsache, dass in unserer Gesellschaft Macht und Ressourcen ungleichmäßig verteilt sind. Es erkennt die sozialen, politischen und wirtschaftlichen Faktoren an, die der Erfüllung unseres Potenzials im Weg stehen können. So hilft es uns bei einem gesellschaftlichen Wandel hin zu einer Welt, in der die Bedürfnisse aller Menschen berücksichtigt werden.

Needs Understanding und ich

Ich teile die Prinzipien von Needs Understanding nun schon viele Jahre lang mit Organisationen, Gruppen und Einzelpersonen. Nach meinem Masterabschluss in Psychologie und Neurophysiologie habe ich als Lehrerin und später als Anwältin gearbeitet. Im Laufe meiner Teenagerzeit und frühen Erwachsenenjahre hatte ich mehr und mehr mit Selbstzweifeln und Hoffnungslosigkeit zu kämpfen, und schließlich kam ich an einem Tiefpunkt an. Meine Beziehungen waren ein einziges Fiasko, ich sah keinen Sinn mehr und wusste nicht, wofür ich überhaupt noch weitermachte.

Von dieser schwer depressiven Person, die sich für absolut beziehungsunfähig hielt und meinte, weder Freude empfinden noch ein bedeutsames Leben führen zu können, habe ich mich nur langsam in jene verwandelt, die ich heute bin – überzeugt davon, mir selbst und anderen Lebensfreude schenken zu können. Während dieses Prozesses habe ich nie meine Neugier verloren. Wie könnten Menschen unabhängig von ihren Überzeugungen oder ihrem gesellschaftlichen Status zusammenarbeiten, um eine gerechte Welt für jeden Bewohner dieses Planeten zu schaffen – und auch für den Planeten selbst? Und welche Rolle könnte ich dabei spielen?

Zwei umwälzende Faktoren ließen mich die Möglichkeit einer anderen Lebenswirklichkeit erkennen.

Zum einen war das die Psychotherapie. Sie regte mich dazu an, meine inneren Kämpfe mit Mitgefühl zu betrachten. Sie brachte mir bei, meine Erfahrungen aus der Vergangenheit als praktischen Schlüssel zu einer anderen Zukunft zu nutzen. Ich lernte, eine Beziehung zu mir selbst und anderen aufzubauen und den Fokus auf eine authentische Verbindung zu legen. All diese Einsichten spielen eine grundlegende Rolle für Needs Understanding.

Der zweite Faktor waren die Werke von Marshall Rosenberg, der seit den 1960er-Jahren das Konzept der Gewaltfreien Kommunikation (GFK) entwickelt hatte. In seinen Lehren stieß ich erstmals auf die Vorstellung, dass universelle menschliche Bedürfnisse unserem Handeln zugrunde liegen; eine Perspektive, die auch im Kern von Needs Understanding steckt. Leider habe ich es versäumt, mit Marshall zusammenzuarbeiten, bevor er sich aus der Lehre zurückzog, also bin ich ihm nie begegnet. Ich bin ihm zutiefst dankbar für sein Werk, genau wie all jenen, die mir im Laufe der Jahre GFK nähergebracht haben.

So funktioniert dieses Buch

Im nächsten Kapitel werden wir uns den Needs-Understanding-Ansatz genauer ansehen und erörtern, wie er für Sie hilfreich sein kann. Ich werde Ihnen auch seine vier Kompetenzbereiche vorstellen:

Empathisch zuhören:

Wie Sie zehn wenig hilfreiche Arten des Zuhörens erkennen, derer Sie sich vielleicht gar nicht bewusst sind, und wie Sie stattdessen so zuhören, dass Sie eine Verbindung zu Ihrem Gegenüber schaffen.

Sich selbst mitfühlend verstehen:

Wie Sie aus sich selbst und Ihren unverwechselbaren „Fingerabdruck-Bedürfnissen“ schlau werden, sodass Sie einfacher und produktiver durch schwierige Situationen hindurchsteuern können.

Sprechen und gehört werden:

Wie Sie mit anderen Menschen kommunizieren, sodass Ihre Botschaft möglichst zuverlässig ankommt.

Die Bedürfnisse aller in unserem Handeln berücksichtigen:

Wie Sie den „Problemberg“ überwinden und neue Wege finden, um Herausforderungen zu meistern und zu einer guten Lösung für alle zu gelangen.

Ich habe das Buch so gegliedert, wie es meiner Meinung nach am meisten Sinn macht, wenn Sie das Konzept von Grund auf neu lernen. Sie können aber auch gern so durch die Kapitel springen, wie es für Sie am besten passt. Zwischendurch begegnen Ihnen immer wieder „Boxenstopps“, an denen Sie innehalten und die Theorie in der Praxis ausprobieren können. Wenn Sie jemand sind, der gerne mal eine Pause einlegt, um das Gelernte sacken zu lassen, ist das vielleicht genau das Richtige für Sie. Wenn Sie lieber weiterlesen und den Flow nicht unterbrechen wollen, stehen diese Übungen Ihnen vielleicht eher im Weg. Das Buch funktioniert so oder so, ob Sie die Stopps nutzen oder nicht.

Damit man leichter versteht, was hinter dieser Denkweise steckt, erzähle ich auch eine Reihe Geschichten über Leute, die Needs Understanding im eigenen Leben umgesetzt haben. Manches an diesen Geschichten ist wahr, anderes erfunden, und ich habe Namen und Einzelheiten geändert, um die Privatsphäre dieser Leute zu schützen. Außerdem: Da wir uns hier in einem Buch und nicht in einem Video oder Film befinden, musste ich die Kommunikation zwischen den einzelnen Personen ausschließlich in Worten ausdrücken; tatsächlich übermitteln wir viele unserer Gedanken und Gefühle aber auch durch Gesten, Tonfall und Körpersprache, somit sind diese Bereiche eigentlich genauso wichtig wie Worte. In manchen Fällen habe ich den Dialog auch verkürzt, sodass es wirkt, als habe eine Veränderung innerhalb von kurzer Zeit stattgefunden, obwohl es in Wirklichkeit länger gedauert hat.

Ich freue mich darauf, Needs Understanding mit Ihnen zu teilen, und bin gespannt, ob Sie sich am Ende des Buches meiner Schlüsselfrage anschließen: Ein so simpler Ansatz mit derart weitreichenden Auswirkungen auf unser persönliches Leben und unsere gespaltene Welt – warum haben wir das nicht in der Schule gelernt?

1. Das erstaunlich einfache Geheimnis: Die Welt durch die Linse der Bedürfnisse verstehen

Im Herzen von Needs Understanding stecken zwei Grundprinzipien, die eine außerordentlich starke Hilfe in allen Bereichen des privaten und beruflichen Lebens sein können. Ob Sie sich selbst tiefergehend begreifen wollen, Ihre Beziehung zu anderen verändern oder Ihren ganz persönlichen Beitrag zu einer besseren Welt leisten möchten – diese Prinzipien sind der Schlüssel dafür. Wir fangen in diesem Kapitel damit an, sie zu erkunden, und werden im Laufe des Buches immer wieder auf sie zurückkommen.

Prinzip 1: Unser Verhalten ist stets ein Versuch, unsere Bedürfnisse zu erfüllen.

Prinzip 2: Unsere Welt funktioniert am besten, wenn wir Strategien wählen, die die Bedürfnisse aller berücksichtigen.

Was meine ich mit „Bedürfnissen“? Es gibt überlebenswichtige Bedürfnisse wie die nach Nahrung, Wasser, einem Schutz bietenden Zuhause und Wärme. Dann sind da psychische, emotionale und spirituelle Bedürfnisse, zum Beispiel nach Wissen, Freiheit, Liebe, Verbundenheit und Schönheit. Kurz gesagt sind Bedürfnisse das, was wir Menschen brauchen, um uns wohlzufühlen und zu überleben. Sie sind etwas, das wir alle gemeinsam haben.

Als Hilfestellung finden Sie im Folgenden eine Liste universeller menschlicher Bedürfnisse, unterteilt in verschiedene Gruppen; Sie finden sie auch noch einmal am Ende des Buches, also können Sie zwischendurch immer einfach noch mal einen Blick darauf werfen. Unter www.junfermann.de können Sie sich auch eine Version zum Ausdrucken und Mitnehmen herunterladen. Gehen Sie dafür auf die Artikelseite dieses Buches und scrollen Sie nach unten bis zum Bereich „Mediathek“.

Bedürfnisliste

Körperliche Bedürfnisse

Berührung

Bewegung

Gesundheit

Licht

Luft

Nahrung

Ruhe

Schutz

Wasser

Sicherheit

Emotionale Sicherheit

Körperliche Unversehrtheit

Schutz

Seelenfrieden

Stabilität

Freiheit

Autonomie

Entscheidungsfreiheit

Freiraum

Leichtigkeit

Unabhängigkeit

Verantwortung

Von Bedeutung sein

Akzeptanz

Anerkennung

Dankbarkeit

Empathie

Fürsorge

Gehört werden

Gesehen werden

Mitgefühl

Respekt

Rücksichtnahme

Verständnis

Vertrauen

Spiel / Freizeit

Entspannung

Freude

Humor

Neubelebung

Spaß

Vergnügen

Gemeinschaft

Gegenseitigkeit

Gleichheit

Inklusion

Kommunikation

Kooperation

Partnerschaft

Selbstausdruck

Teilen

Teilhabe

Toleranz

Unterstützung

Zugehörigkeit

Selbstgefühl

Authentizität

Effektivität

Ehrlichkeit

Ermächtigung

Heilung

Integrität

Kompetenz

Kraft

Selbstakzeptanz

Selbstfürsorge

Selbstverwirklichung

Sich selbst wichtig sein

Wachstum

Wissen, dass man (gut) genug ist

Würde

Verständnis

Anregung

Bewusstsein

Erkenntnis

Klarheit

Lernen

Verbundenheit

Anerkennung

Aufmerksamkeit

Gesellschaft

Harmonie

Intimität

Kontakt

Liebe

Nähe

Pflege

Sexueller Ausdruck

Wärme

Zärtlichkeit

Zuneigung

Sinn

Aufgabe

Beitrag

Bewusstsein

Einbindung

Erkundung

Herausforderung

Kreativität

Lebendigkeit

Transzendenz

Festlichkeit

Flow

Frieden

Geheimnis

Gemeinschaft

Glaube

Hoffnung

Inspiration

Präsenz

Schönheit

Trauer

Wir alle gruppieren unsere Bedürfnisse auf etwas unterschiedliche Weise. Wenn Sie ein Bedürfnis feststellen, das nicht auf meiner Liste auftaucht, oder wenn Sie mit ein paar meiner Einteilungen nichts anfangen können, ändern Sie sie ruhig. Die Absicht der Liste besteht an diesem Punkt darin, Sie dazu anzuregen, über die volle Bandbreite menschlicher Bedürfnisse nachzudenken – von denen viele im alltäglichen Leben gerne mal aus unserem Bewusstsein verschwinden. Wenn Sie sich die Liste ausdrucken wollen, können Sie sie vielleicht an den Kühlschrank oder einen anderen Ort hängen, an dem Sie sie oft im Blick haben. So machen Sie sich leichter vertraut mit den Bedürfnissen.

 Boxenstopp

(Zunächst noch einmal eine Erinnerung, dass das Buch auch funktioniert, wenn Sie die Boxenstopps überspringen oder erst später zu ihnen zurückkehren.)

Mit Bedürfnissen vertraut machen

Nehmen Sie zur Hand: die Bedürfnisliste

Dies ist eine Gelegenheit, sich mit den Bedürfnissen auf der Liste vertraut zu machen.

Lesen Sie sich die Bedürfnisliste ganz langsam durch, achten Sie darauf, welche Gefühle dabei in Ihnen aufkommen. Suchen Sie sich ein Bedürfnis aus, das Ihnen aus irgendeinem Grund ins Auge springt.

Überlegen Sie: Warum habe ich dieses Bedürfnis ausgewählt?

Vielleicht denken Sie darüber nach, wo das Bedürfnis heute in Ihrem Leben auftaucht, ob Sie es aus der Vergangenheit kennen. Ist es Ihnen besonders wichtig oder fehlt es Ihnen momentan daran? Nehmen Sie sich einige Augenblicke Zeit, die Bedeutung dieses Bedürfnisses für Sie persönlich zu erspüren.

Wie unsere Bedürfnisse unser Verhalten beeinflussen

Vergegenwärtigen wir uns ein Beispiel aus meinem eigenen Leben, mit dem ich deutlich machen werde, warum Bedürfnisse auf fundamentaler Ebene beeinflussen, wie wir denken und handeln. Ich habe dafür ein Gespräch zwischen mir und meiner Tochter Katy (den Namen habe ich geändert) ausgesucht. Obwohl ich hier im ersten Kapitel ein Elternbeispiel gewählt habe, lassen sich dieselben Prinzipien auf ganz ähnliche Weise auf alle möglichen anderen Situationen im persönlichen oder beruflichen Bereich anwenden.

Als meine Tochter sechs Jahre alt war, war es ihre allerliebste Wochenendbeschäftigung, zu Hause mit ihren Spielzeugfiguren zu spielen. Ich machte gerne mit, weil mir die Zeit mit ihr viel Freude bereitete, doch nach einer Weile hätte ich nur zu gerne auch mal das Haus verlassen und etwas anderes unternommen. Als alleinerziehende Mutter hatte ich niemand anderen, der auf meine Tochter hätte aufpassen können, also vereinbarte ich mit ihr, für eine festgelegte Zeit zu spielen und danach ins Café zu gehen. Aber wenn es an der Zeit war aufzubrechen, passierte jedes Mal das Gleiche: Sie weigerte sich, die Spielzeuge wegzulegen, und die Situation verschärfte sich, indem ich schimpfte, sie anflehte oder mit etwas bestach, damit sie tat, was ich wollte. Entweder ging ich dann mit einer verstimmten oder sauren Katy ins Café oder blieb verärgert und fast wahnsinnig vor Frust mit ihr zu Hause.

 Boxenstopp

Erkunden, wie Verhalten mit Bedürfnissen in Verbindung steht

Nehmen Sie zur Hand: die Bedürfnisliste, Stift und Papier

Hier können Sie darüber nachdenken, wie sich unser Verhalten als Versuch verstehen lässt, unsere Bedürfnisse zu erfüllen.

Teilen Sie ein Stück Papier in zwei Hälften, jede Seite bekommt eine Überschrift: „meine Bedürfnisse“ und „Katys Bedürfnisse“. Nehmen Sie sich nun die Bedürfnisliste vor.

Denken Sie an mich. Raten Sie einmal drauflos, welche Bedürfnisse meinem Wunsch, ins Café zu gehen, zugrunde lagen, und notieren Sie sie. Anfangen könnten Sie zum Beispiel mit dem Bedürfnis nach Anregung.Denken Sie dann an Katy. Raten Sie drauflos, was vielleicht ihre Bedürfnisse waren, und notieren Sie sie. Eventuell ist hier zum Beispiel das Bedürfnis nach Spaß dabei.

Besonderes Augenmerk liegt auf dem Wort „raten“. Es gibt kein Richtig oder Falsch – wir können uns bei den Bedürfnissen anderer Menschen nie vollkommen sicher sein, weil wir alle die Welt unterschiedlich erleben.

Stellen wir uns einmal vor, da sich unser Szenario ja immer wieder aufs Neue abspielt, möchte ich es nächstes Wochenende anders machen. Was könnte ich verbessern? Zunächst einmal kann ich eine „Bedürfnisbrille“ aufsetzen und die Situation durch diese Linse betrachten. Ich kann mich fragen, was ich in diesem Szenario brauche – was ist mir hier wichtig? Wenn ich daran denke, ins Café zu gehen, springen mir folgende meiner Bedürfnisse am klarsten ins Auge:

Lebendigkeit:

die Sehnsucht danach, mich voller Energie und Möglichkeiten zu fühlen,

Verbundenheit:

der Wunsch, die Zeit mit meiner Tochter zu genießen, und

Von Bedeutung sein:

dieses Bedürfnis erklärt sich nicht so sehr von selbst, ich komme gleich noch einmal darauf zurück.

Und was ist mit Katy? Was sind ihre Bedürfnisse, und welche Rolle spielen sie bei ihrer Weigerung, das Haus zu verlassen? Hier meine wahrscheinlichsten Vermutungen:

Entscheidungsfreiheit:

Den meisten Kindern ist das ein großes Bedürfnis, da sie über so viel weniger Autonomie verfügen als Erwachsene,

Gehört werden:

Sie möchte, dass ich voll und ganz verstehe, was ihr wichtig ist; und

Spaß:

Sie liebt es, mit ihren Spielzeugfiguren zu spielen, und möchte nicht aufhören.

Wenn Sie an meiner Stelle wären: Würden sich Ihre Bedürfnisse von meinen unterscheiden oder wären es die gleichen? Die Bedürfnisse verschiedener Menschen können selbst in derselben Situation voneinander abweichen, weil wir alle individuell reagieren.

Wie hilft uns dieser Blick auf das Szenario nun weiter? Bleiben wir einmal bei dem Beispiel von Katy und mir, um die vier Kompetenzbereiche von Needs Understanding zu erforschen, denen auch die vier Teile dieses Buches entsprechen.

1.1 Die vier Kompetenzbereiche von Needs Understanding

Die vier Kompetenzbereiche sind als Werkzeuge zu verstehen, mit deren Hilfe Sie sich selbst und andere besser begreifen können. Sie eröffnen Wege für die Veränderungen, die Sie sich wünschen, damit Sie privat wie beruflich aufblühen und in der Welt um Sie herum etwas bewegen können. Die Kompetenzbereiche ergeben sich aus den zwei Grundprinzipien: Unser Verhalten ist stets ein Versuch, unsere Bedürfnisse zu erfüllen, und unsere Welt funktioniert am besten, wenn wir Strategien wählen, die die Bedürfnisse aller berücksichtigen.

Dies sind die Kompetenzbereiche (vgl. Abbildung 1.1):

Empathisch zuhören

Sich selbst mitfühlend verstehen

Sprechen und gehört werden

Die Bedürfnisse aller in unserem Handeln berücksichtigen

Abbildung 1.1

Hier im ersten Kapitel stelle ich jeden der vier Bereiche in einer kurzen Übersicht vor, als Vorgeschmack darauf, was später folgt. Im weiteren Verlauf des Buches widmen wir uns ihnen in allen Einzelheiten.

1. Empathisch zuhören (Buchteil 1)

Wenn die Brille, durch die ich schaue, mir zeigt, dass jede Handlung meiner Tochter ein Versuch ist, ihre Bedürfnisse zu erfüllen, kann ich die Situation in einem neuen Kontext sehen, und dieser Kontext hilft mir, mich in sie einzufühlen. Ohne dieses Bewusstsein würde ich vielleicht versuchen zu argumentieren: „Wir haben doch abgemacht, nach dem Spielen rauszugehen, weißt du nicht mehr?“ Oder: „Aber du gehst doch so gern ins Café! Ich könnte dir einen dieser Lebkuchenmänner spendieren, die du so gern magst.“ Sollte das funktionieren und mir sowohl den gewünschten Ausgang verschaffen als auch das gute Verhältnis zu meiner Tochter aufrechterhalten, mache ich vielleicht auf diese Weise weiter. Doch wenn nicht, kann ich versuchen, meine Denkweise zu verändern. Wenn ich die Bedürfnisbrille trage, brauche ich nicht zu argumentieren, diskutieren oder überzeugen. Stattdessen kann ich ihr zunächst einmal sagen, dass ich ihre Welt verstehen möchte: „Es sieht so aus, als würde dir das Spielen viel Spaß machen“ oder „Es hört sich so an, als würdest du gerne entscheiden, ob wir rausgehen“.

Sich in jemanden einzufühlen kann eine tiefere Verbindung zu ihm oder ihr schaffen, warum also tun wir es nicht häufiger? Manchmal machen wir uns vielleicht Sorgen, dass wir dafür unsere eigenen Bedürfnisse aufgeben müssten. Wir haben Angst, den Wünschen der anderen Person zustimmen zu müssen und dabei einzubüßen, was uns selbst wichtig ist. In unserem Beispiel könnte ich ja zu Hause bleiben und weiterspielen. Meinen ersehnten Ausflug ins Café mit seinem verheißungsvollen Gefühl der Lebendigkeit könnte ich dann aber vergessen.

So sieht Empathie im Sinne von Needs Understanding aber nicht aus. Indem ich mich in meine Tochter einfühle, erkenne ich, dass sie lediglich versucht, ihre Bedürfnisse nach Spaß, Entscheidungsfreiheit und danach, gehört zu werden, zu erfüllen. Das Problem besteht darin, dass sie sie auf eine Weise erfüllen möchte, die für mich nicht funktioniert, da ich meine eigenen Bedürfnisse habe. Indem ich anerkenne, was sich aus ihrer Sicht abspielt, stärke ich nicht nur die Verbindung zwischen uns beiden, sondern finde auch mit größerer Wahrscheinlichkeit eine Lösung, die wir beide gut finden – die unserer beider Bedürfnisse berücksichtigt.

Im ersten Teil des Buches erforschen wir, wie Sie so zuhören können, dass Sie eine Verbindung aufbauen, statt ihr im Weg zu stehen, und wie Sie Empathie aufbringen und ausdrücken können.

2. Sich selbst mitfühlend verstehen (Buchteil 2)

Was spielt sich bei mir ab, wenn mich Katys Verhalten derart frustriert? Erstens gehen mir jede Menge urteilende Gedanken durch den Kopf. Alles ist ihre Schuld: „Du hattest den ganzen Morgen zum Spielen, aber wenn ich mal etwas unternehmen möchte, was mir Spaß macht, willst du nicht. Du machst unseren schönen Tag kaputt!“ Oder aber alles ist meine Schuld: „Sie ist doch erst sechs, natürlich kann sie sich noch nicht an Pläne halten. Ich bin eine miese Mutter, so ungeduldig, wie ich mit ihr bin. Andere Eltern würden damit viel sanfter umgehen – warum kann ich nicht mehr wie die anderen sein?“

Doch mit meiner Bedürfnisbrille auf der Nase kann ich meine Bedürfnisse neugierig erforschen, anstatt in einem zwecklosen Teufelskreis aus Schuldzuweisungen stecken zu bleiben. Indem ich mir selbst mitfühlend begegne und mein Verhalten verstehe, vermeide ich den Schuldgedanken: „Ich mache mir selbst Vorwürfe und bin frustriert von Katy, weil ich mich dringend nach etwas Lebendigkeit sehne, nachdem wir den ganzen Morgen zu Hause waren. Ich habe sie lieb und möchte leichter Zeit mit ihr verbringen können, ohne dass eine von uns schlechte Laune bekommt.“ Jetzt bin ich in einer besseren Lage, mir einen Reim auf meinen Frust zu machen, und das ist meine Grundlage dafür, die Dinge anders anzugehen.

Viele Menschen empfinden diesen zweiten Kompetenzbereich von Needs Understanding als den richtungweisendsten, finden ihn aber auch am schwersten zu lernen. In Teil 2 schauen wir ihn uns näher an.

3. Sprechen und gehört werden (Buchteil 3)

Wenn wir sprechen, wollen wir auch gehört werden. Doch in unseren wichtigsten Beziehungen oder im Gespräch mit Menschen, die uns unseren Zielen näher bringen können, fällt es uns oft schwer, unser Gegenüber wirklich zum Zuhören zu bewegen. Das bringt uns möglicherweise Frust und Verbitterung ein, und diese Gefühle lassen wir schließlich an den anderen aus. Wenn wir jedoch so sprechen können, dass wir mit hoher Wahrscheinlichkeit gehört und verstanden werden, zeigen unsere Worte große Wirkung – wir müssen nur wissen, wann und wie wir uns ausdrücken müssen, um das zu erreichen.

Was das Wann angeht: Je mehr wir der anderen Person vermitteln, dass ihre eigenen Bedürfnisse zuerst gehört worden sind, desto eher ist sie bereit, sich auch unsere Sichtweise anzuhören. Wenn wir uns in einem schwierigen Gespräch festfahren, liegt das oft daran, dass jede*r Beteiligte sich bei der anderen Person Gehör verschaffen möchte und keine*r von beiden das Gefühl hat, gehört zu werden. Wenn ich in dem Szenario mit meiner Tochter zunächst ihre Bedürfnisse nachfühlen kann, dann weiß sie, dass ich verstehe, warum sie nicht rausgehen möchte. Das steigert die Chance, dass sie auch ein offenes Ohr dafür haben wird, was mir wichtig ist.

Und wie sollte ich mich ausdrücken? Katy wird meine Sichtweise viel eher verstehen, wenn ich über meine Bedürfnisse spreche, statt reihenweise Argumente für das Rausgehen vorzubringen. Nachdem ich mich also in sie hineinversetzt habe, könnte ich sagen: „Und ich möchte gerne das machen, was ich zum Auftanken brauche, damit ich für den Rest des Tages genug Energie habe.“ Wir haben hier keinerlei Schuldzuweisungen oder Manipulation, lediglich Klarheit und Eigenverantwortlichkeit. Mein Ziel ist es, die Verbindung zu meiner Tochter durch größeres gegenseitiges Verständnis zu stärken.

Sprechen und gehört werden ist ein äußerst praktisches Werkzeug, und in Teil 3 werfen wir einen genaueren Blick darauf. Dazu gehört, über Bedürfnisse statt über Strategien zu reden, Beobachtungen zu machen statt Urteile zu fällen und zu bitten statt zu fordern.

4. Die Bedürfnisse aller in unserem Handeln berücksichtigen (Buchteil 4)

Wenn eine Meinungsverschiedenheit mit jemand anderem entsteht, neigen wir dazu, direkt vom Problem zur Lösung zu springen:

Vielleicht versuchen wir, die andere Person mit Logik und Vernunft zu überzeugen, vielleicht drohen wir ihr mit Konsequenzen, wenn wir nicht unseren Willen kriegen sollten, oder vielleicht versuchen wir, sie in unsere Sichtweise hineinzumanipulieren. Der Nachteil dieser Ansätze besteht darin, dass jede Person sich in ihrer eigenen Position verschanzt und beide in einem Gewinner-Verlierer-Muster gefangen sind, in dem die eine Person bekommt, was sie will, und die andere nachgeben muss.

Im Fall von meiner Tochter und mir sah meine ursprüngliche Lösung so aus, dass wir eine bestimmte Zeit mit Spielen verbringen und danach ins Café gehen sollten. Das schien mir eine geeignete Vorgehensweise zu sein, aber genauer betrachtet waren die Erfolgsaussichten wohl von Anfang an gering. Da Katy von vornherein nicht rausgehen wollte, hätte sie dem Ausflug im betreffenden Moment vermutlich nie zugestimmt. Das wahrscheinlichste Szenario war das, was dann auch eintrat: Sie stimmte der zusätzlichen Spielzeit zu und weigerte sich dann trotzdem, das Haus zu verlassen. Man kann verstehen, warum ich von unserem Problem sofort zu einer praktischen Lösung gesprungen bin, immerhin wollte ich meinen Ärger schnell loswerden. Doch es führte zu einem Ergebnis, das mir noch mehr Frust bescherte und die Verbindung zu Katy, nach der ich mich sehnte, schwächte.

Es steht uns aber eine andere Herangehensweise zur Verfügung, und die verspricht, produktiver auszufallen. Anstatt sofort zu einer Lösung zu springen, kann ich zunächst unter die Oberfläche schauen, um unserer beider Bedürfnisse zu verstehen:

Eine Lösung, auf die Sie über die Berücksichtigung der Bedürfnisse beider Seiten kommen, hat sehr viel bessere Aussichten auf Erfolg und Stärkung der Beziehung als eine übers Knie gebrochene Hauruckstrategie. Mit Katy suche ich nun nach etwas, das ihre Bedürfnisse nach Entscheidungsfreiheit, Spaß und danach, gehört zu werden, erfüllt, aber auch meine Bedürfnisse nach Lebendigkeit, Verbundenheit und danach, von Bedeutung zu sein. Nachdem ich mich in sie hineinversetzt und sie habe wissen lassen, dass sie gehört wurde, könnte ich vorschlagen, dass wir rausgehen, aber ihre Spielsachen mitnehmen. Wenn sie dazu Nein sagt, kann ich sie um Vorschläge bitten, die ihr Spaß und mir Lebendigkeit verschaffen würden. Bereits kleine Kinder sind bemerkenswert einfallsreich dabei, passende Strategien für alle zu finden – und indem ich ihre Ideen miteinbeziehe, erfülle ich auch ihr Bedürfnis nach Entscheidungsfreiheit.

Natürlich besteht immer noch die Möglichkeit, dass Katy weiterhin nicht rausgehen möchte und dass ich mich zugleich regelrecht auf den Kopf stellen kann und doch keinen Weg finde, wie ich zu Hause mein Bedürfnis nach Lebendigkeit erfüllen kann. In diesem Fall kann ich beschließen, eine Grenze zu ziehen, was bei Needs Understanding auf liebevolle Art statt als Strafe passiert. „Ich weiß, du willst hierbleiben und weiterspielen, aber wenn wir den ganzen Tag nichts anderes machen, kann ich mich nicht um das kümmern, was ich brauche. Ich finde keinen Weg, der für uns beide funktioniert, also muss ich darauf bestehen, dass wir rausgehen, auch wenn ich weiß, dass du das nicht möchtest.“ Ich beschreibe, was ich tue, und lasse meine Tochter wissen, dass mir klar ist, dass meine Lösung ihr nicht passt. Ich bin auch nicht so sauer auf sie, wie ich es vielleicht wäre, wenn ich meine Bedürfnisse nicht im Blick hätte. Wir streiten uns nicht über unsere Strategie (ob wir rausgehen oder nicht), sondern sind dazu übergegangen, unsere jeweiligen Bedürfnisse zu besprechen.

Bei diesem vierten Kompetenzbereich kann uns die Analogie eines Kochtopfs helfen. Statt einer fixen Linie vom Problem direkt zu der Lösung haben wir einen Topf, in den die Bedürfnisse aller Beteiligten hineinkommen, und wir schauen uns an, was am Ende dabei herauskommt.

Mir gefällt die Vorstellung des Kochtopfs, weil sie gut veranschaulicht, was die bedürfnisbasierte Problemlösung wirkungsvoll macht.

Diese Problemlösung sieht mit jeder neuen Situation anders aus – jedes Gericht aus dem Kochtopf unterscheidet sich je nach seinen Zutaten (den Bedürfnissen) und wie sie miteinander kombiniert (erkannt und berücksichtigt) werden.

Sie ist kreativ und erkennt, dass es für jedes Problem normalerweise eine ganze Reihe möglicher Strategien gibt, nicht bloß eine.

Sie erzeugt ein nahrhaftes Ergebnis, von dem wir nachhaltig zehren – statt eines Fast-Food-Pflasters, nach dem wir uns schnell wieder leer fühlen.

Sie erfordert etwas mehr Zeit, als direkt zu einer Lösung zu springen, doch es lohnt sich, weil sie so viel besser schmeckt.

Die Bedürfnisse aller bei unseren Handlungen zu berücksichtigen ist etwas, das wir in Teil 4 weiter erkunden werden.

1.2 Strategien durch Bedürfnisse ersetzen

Um zu einer Lösung zu gelangen, die die Bedürfnisse beider Seiten berücksichtigt, braucht es ein Innehalten und Reflektieren. Vielleicht müssen Sie auch Ihre übliche Herangehensweise ändern. Entscheidend ist, dass Sie sich im vollen Ausmaß Ihrer Möglichkeiten bereit machen, Ihre bevorzugte Strategie – zu der sie vorher wahrscheinlich sofort gesprungen wären – loszulassen und stattdessen die zugrunde liegenden Bedürfnisse fest im Blick behalten. Das ist das Gegenteil von dem, was viele von uns gewohnheitsmäßig tun.

Wir hängen enorm an einigen unserer Strategien. Als zum Beispiel eine Freundin von mir von Needs Understanding erfuhr und sich daraufhin eine Situation aus ihrer Vergangenheit noch einmal ansah, erschien sie ihr plötzlich in einem völlig anderen Licht. Als ihre Firma ein paar Jahre zuvor größer wurde und sie ihr Team erweiterte, meinte sie, den perfekten Mitarbeiter gefunden zu haben. Das Problem war, er wohnte über 600 Kilometer entfernt im ländlichen Schottland, und ihr war es wichtig, alle Teammitglieder am selben Ort zu haben. Sie wollte wissen, ob ein Umzug für ihn infrage käme, doch obwohl er den Job sehr gern angenommen hätte – er hätte für ihn eine ganz neue Karrierestufe bedeutet –, lehnte er ab, weil er so sehr an seinem Wohnort hing. Seine Fixierung darauf, dort zu bleiben, war eine Strategie, die auf seinen Bedürfnissen nach Freiheit und Schönheit fußte. Im Gegenzug basierte der Wunsch meiner Freundin, er möge in die Nähe ziehen, auf ihren Bedürfnissen nach Sicherheit und Verbundenheit. Nun denkt sie an die Situation zurück und fragt sich, welche kreativen Möglichkeiten sich hätten eröffnen können, wenn sie gewusst hätte, wie sie alle Bedürfnisse miteinander in den Kochtopf steckt.