Beihilfentransparenz und Datenschutz - Benedict Kreitz - E-Book

Beihilfentransparenz und Datenschutz E-Book

Benedict Kreitz

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Beschreibung

Zur Schaffung von Transparenz sind in vielen Bereichen des europäischen Wirtschaftsrechts, insbesondere im Beihilfenrecht, Veröffentlichungspflichten durch öffentlich zugängliche Suchmaschinen angeordnet. Von besonderer Bedeutung sind aufgrund des Umfangs der Förderung mit Blick auf den immensen Anteil am Unionshaushalt die Beihilfen, welche die EU als Direktzahlungen an die europäischen Bauern zahlt. Der Autor skizziert zunächst das regulatorische Umfeld, bei dem er die Datenbank in den Kontext der DSGVO als einschlägiges Fachrecht einordnet. Im weiteren Fortgang wird das hinter der Datenbank stehende Transparenzbegehren unter Berücksichtigung der Bedeutung der Transparenz im Unionsrecht untersucht und die Effektivität und Effizienz des aktuellen Rechtsrahmens aufgezeigt. Darüber hinaus wird auch der Frage nachgegangen, inwieweit mit der Veröffentlichung auch ökologische Nachhaltigkeitszielsetzungen verfolgt werden, wobei auch Parallelen zur europäischen ESG-Regulierung gezogen werden. Des Weiteren werden die Veröffentlichungspflichten im Bereich staatlicher Beihilfen mit den Agrarbeihilfen verglichen und auf ihre Kohärenz untersucht. Schwerpunkt der Untersuchung ist die Frage der Vereinbarkeit der Veröffentlichungspflichten mit dem grundrechtlichen europäischen Datenschutz, wobei auch der Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen im Bereich nicht-personenbezogener Daten untersucht wird. Zum Schluss macht der Autor einen konkreten Vorschlag für eine grundrechtskonforme Neugestaltung des Rechtsrahmens unter Berücksichtigung datenschutzrechtlicher Grundsätze.

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Seitenzahl: 376

Veröffentlichungsjahr: 2024

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Beihilfentransparenz und Datenschutz

Open Data in der gemeinsamen Agrarpolitik imLichte des wohlgeordneten Rechts

Benedict Kreitz

  

Fachmedien Recht und Wirtschaft | dfv Mediengruppe | Frankfurt am Main

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.de abrufbar.

ISBN: 978-3-8005-1955-2

© 2025 Deutscher Fachverlag GmbH, Fachmedien Recht und Wirtschaft, Mainzer Landstr. 251, 60326 Frankfurt am Main, [email protected] www.ruw.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Druck: Beltz Grafische Betriebe GmbH, 99947 Bad Langensalza

Vorwort

Die vorliegende Arbeit wurde im Sommersemester 2024 von der juristischen Fakultät der Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder) als Dissertationsschrift unter dem Titel „Open Data in der gemeinsamen Agrarpolitik im Lichte des wohlgeordneten Rechts- Beihilfentransparenz und Datenschutz“ mit Disputation vom 14.06.2024 angenommen. Das Manuskript wurde im August 2023 zur Begutachtung eingereicht. Etwaige inhaltliche Anpassungen im Hinblick auf den Bearbeitungsstand wurden bis zum Februar 2024 graduell eingearbeitet.

Zunächst gebührt allen voran Frau Prof. Dr. Ines Härtel (Richterin des Bundesverfassungsgerichts) Dank für die Betreuung dieses Promotionsvorhabens. Die Zeit als Mitarbeiter an Ihrem Lehrstuhl war beruflich und persönlich sehr prägend. Des Weiteren danke ich Herrn Prof. Dr. Thomas Lübbig für die Übernahme und die zügige Erstellung des Zweitgutachtens. Daneben danke ich auch Prof. Dr. Jan-Erik Schirmer für die sehr angenehme Gestaltung der Disputation.

An dieser Stelle möchte ich meine langjährigen Kollegen am Lehrstuhl Härtel nicht unerwähnt lassen. Insbesondere ist dabei die Zusammenarbeit mit Jasmin Matthes, Dr. Jan Ackermann, Philipp Schöbel und Tom Heilmann in positiver Erinnerung geblieben. Darüber hinaus möchte ich mich auch besonders bei Dr. Dino Höppner-Hagen und Moritz Treutwein bedanken für die geduldige Unterstützung bei allen Fragen und Problemlagen rund um die Formatierung, welche die Anfertigung einer Dissertation in Monographieform mit sich bringt. Ferner möchte ich an dieser Stelle auch meinen Eltern Simone Kreitz-Ehrlich und Frank Ehrlich sowie meiner Mitbewohnerin Saskia Koal danken.

Berlin, Oktober 2024

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Abkürzungsverzeichnis

A. Grundlegung

I. Erkenntnisleitende Fragestellung

II. Untersuchungsgegenstand und rechtspraktischer Zugang

1. Ursprünglicher Rechtsrahmen aus der Transparenzinitiative

2. Leitentscheidung in der Rs. Schecke

a) Verwaltungsgerichtliche Verfahren im Vorfeld

b) Teilweise Ungültigerklärung in der Rs. Schecke

3. Aktueller Rechtsrahmen

4. Aktuelle Verfahren seit der Rs. Schecke

III. Stand der juristischen Forschung (Forschungslücke)

IV. Gang der Untersuchung

V. Das Leitbild des wohlgeordneten Rechts

1. Kriterien des wohlgeordneten Rechts

a) Transparenz

b) Effektivität und Effizienz

c) Nachhaltigkeit

d) Kohärenz

e) Ziele, Werte und Rechtsprinzipien der Verfassung

2. Verhältnis der Kriterien zueinander

B. Regulatorisches Umfeld

I. Überblick über die GAP

1. Übergreifende Aspekte der GAP

2. Grundkonzeption des aktuellen Rechtsrahmens

a) Allgemeines zur Konzeption der aktuellen GAP

b) Die aktuellen Förderinstrumente

c) Fiskalische Ausgangslage und Probleme bei der GAP

d) Umweltpolitische Tragweite der GAP

3. Auswertung

II. Einordnung der Datenbank in den Kontext der DSGVO

1. Verarbeitung personenbezogener Daten

2. Datenschutzrechtliche Verantwortlichkeit

3. Erlaubnistatbestand der Datenverarbeitung

4. Datenschutz durch Technikgestaltung

5. Die Informationsveröffentlichung und Art. 86 DSGVO

6. Auswertung

C. Evaluation der Beihilfentransparenzdatenbank am Maßstab des wohlgeordneten Rechts

I. Transparenz

1. Grundlegendes zur Transparenz im Unionsrecht

a) Herleitung des unionsrechtlichen Transparenzgrundsatzes

aa) Transparenz als Aspekt des Demokratieprinzips

bb) Transparenz als Aspekt des Rechtsstaatsprinzips

b) Systematische Einordnung des Transparenzgrundsatzes

c) Zwischenfazit

2. Budgetpublizität im Unionsrecht

a) Herleitung und Einordnung der Budgetpublizität

b) Inhaltliche Reichweite der Budgetpublizität

c) Politisch-ökonomische Zielsetzung der Budgetpublizität

aa) Demokratischer Grund der Budgetpublizität

bb) Rechtsstaatlicher Grund der Budgetpublizität

cc) Zwischenfazit

d) Systematisierung der Budgetpublizität

e) Auswertung

3. Transparenz durch die Beihilfentransparenzdatenbank

a) Demokratische Zielsetzung

b) Rechtsstaatliche Zielsetzung

c) Zielkonflikt nach dem alten Recht

4. Zwischenfazit

II. Effektivität und Effizienz

1. Das Doppelkriterium und die Verhältnismäßigkeit

2. Effektivität

a) Effektivität zur allgemeinen Transparenzherstellung

b) Effektivität zur betrugspräventiven Zielsetzung

aa) Effektivität in Bezug auf den Adressatenkreis

bb) Effektivität in Bezug auf den Zeitraum

3. Effizienz

4. Auswertung

III. Nachhaltigkeit

1. Formelle Nachhaltigkeit

2. Materielle Nachhaltigkeit

a) Ökologische Zielsetzung der Transparenzdatenbank

b) Ökologische Aussagekraft der veröffentlichten Daten

c) Parallele zu privatwirtschaftlichen Transparenzpflichten

d) Auswertung

e) Rechtspolitische Überlegungen de lege ferenda

IV. Kohärenz

1. Mikrokohärenz

2. Makrokohärenz

a) Hintergrund der konkreten Vergleichsbildung

b) Veröffentlichungspflichten nach der AGVO

aa) Allgemeine Funktionsweise der AGVO

bb) Veröffentlichungspflichten gem. Art. 9 AGVO

cc) Sinn und Zweck der Veröffentlichungspflichten

dd) Modifikationen im Bereich der Landwirtschaft

c) Vergleich der Transparenzpflichten

aa) Konvergenzen zwischen den Transparenzpflichten

bb) Divergenzen zwischen den Transparenzpflichten

(i) Schwellenwerte

(ii) Löschfristen

cc) Gründe für die Divergenzen

(i) Unterschiedliche Rechtsnatur der Förderungen

(ii) Divergierender Schutzzweck

(iii) Divergierende Zielsetzung der Adressatenreaktion

dd) Auswertung

d) Zwischenfazit

V. Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht

1. Bestimmung der einschlägigen Grundrechtsordnung

a) EMRK als Prüfungsmaßstab

b) Grundrechte des Grundgesetzes als Prüfungsmaßstab

2. Schutzbereich

a) Sachlicher Schutzbereich

aa) Inhaltliche Reichweite der Gewährleistung

bb) Verhältnis von Art. 7 und 8 GRC

b) Persönlicher Schutzbereich

aa) Position des EuGH zur Grundrechtsberechtigung

bb) Reichweite des Schutzes für juristische Personen

cc) Bedeutung für den Fortgang der Untersuchung

dd) Abschließende Kritik der Rechtsprechung

ee) Ausgleich durch Art 16 GRC in Open Data Konstellationen

(i) Sachlicher Schutzbereich des Art. 16 GRC

(ii) Exkurs: Sekundärrechtlicher Geschäftsgeheimnisbegriff

(iii) Subsumtion auf die Transparenzdatenbank

(iv) Konsequenzen des Schutzbereichsausschlusses

ff) Zwischenfazit

3. Eingriff

a) Eingriffsausschluss wegen der Leistungsverwaltung

b) Einwilligung gem. Art. 8 Abs. 2 S. 1 GRC

aa) Allgemeine Anforderungen an die Einwilligung

bb) Subsumtion auf die Transparenzdatenbank

4. Rechtfertigung

a) Schranke

b) Schranken-Schranke

aa) Wahrung des Wesensgehalts

bb) Grundsatz der Verhältnismäßigkeit

(i) Legitimer Zweck

(ii) Geeignetheit

(iii) Erforderlichkeit

(iv) Angemessenheit

5. Verletzung des Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG durch das BVerwG

a) EuGH als gesetzlicher Richter iSd Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG

b) Subsumtion auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts

D. Schlussbetrachtung

I. Erkenntnissicherung

II. Reformvorschlag zur Anpassung des Rechtsrahmens

III. Ausblick und Resümee

Literaturverzeichnis

Rechtsquellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

A.A.

Andere Ansicht

AbG

Abgeordnetengesetz

ABl.

Amtsblatt

Abs.

Absatz

AEUV

Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union

aF

Alte Fassung

AGVO

Allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung

AöR

Archiv des öffentlichen Rechts

Aufl.

Auflage

AUR

Agrar– und Umweltrecht

B2B

Business–to–Business

B2C

Business–to–Customer

Bd.

Band

Beschl.

Beschluss

BGBl.

Bundesgesetzblatt

BT–Drs.

Bundestagsdrucksache

BVerfG

Bundesverfassungsgericht

BVerwG

Bundesverwaltungsgericht

BVwG

Österreichisches Bundesverwaltungsgericht

captcha

completely automated public Turing test to tell computers and humans apart

CMLR

Common Market Law Review

COM

EU–Kommission

CR

Computer und Recht

DBV

Deutscher Bauernverband

ders.

derselbe

dies.

dieselbe

Diss.

Dissertation

DÖV

Die öffentliche Verwaltung

DSGVO

Datenschutz–Grundverordnung

DuD

Datenschutz und Datensicherheit

DurchführungsVO

Durchführungsverordnung

DVBl.

Deutsches Verwaltungsblatt

ECLI

European Case Law Identifier

EDSA

Europäischer Datenschutzausschuss

EG

Europäische Gemeinschaften

EGFL

Europäischer Garantiefonds für die Landwirtschaft

EGMR

Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte

EL

Ergänzungslieferung

ELER

Europäischer Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums

EMRK

Europäische Menschenrechtskonvention

endg.

endgültig

EnergieStG

Energiesteuergesetz

ESTaL

European State Aid Law Quarterly

EU

Europäische Union

EuG

Gericht der Europäischen Union

EuGH

Europäischer Gerichtshof

EuGRZ

Europäische Grundrechte Zeitschrift

EuR

Europarecht

EUV

Vertrag über die Europäische Union

EuZW

Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht

f./ff.

folgende

Fn.

Fußnote

GA

Generalanwalt

GAB

Grundanforderungen an die Betriebsführung

GAP

Gemeinsame Agrarpolitik

GAPDZG

GAP–Direktzahlungen–Gesetz

GAPDZV

GAP–Direktzahlungen–Verordnung

GbR

Gesellschaft bürgerlichen Rechts

gem.

gemäß

GewA

GewerbeArchiv

GG

Grundgesetz

GLÖZ

Guter landwirtschaftlicher und ökologische Zustand

GmbH

Gesellschaft mit beschränkter Haftung

GRC (englisch:

Charta der Grundrechte

ECHR)

Habil.

Habilitation

HGB

Handelsgesetzbuch

HLJ

Hastings Law Journal

HO

Haushaltsordnung

Hrsg.

Herausgeber

IFG

Informationsfreiheitsgesetz

InVeKoS

Integriertes Verwaltungs– und Kontrollsystem

iSd

Im Sinne des

IStR

Internationales Steuerrecht

iVm

In Verbindung mit

JuS

Juristische Schulung

JZ

JuristenZeitung

KlimaRZ

Zeitschrift für materielles und prozessuales Klimarecht

LFGB

Lebensmittel–, Bedarfsgegenstände– und Futtermittelgesetzbuch

lit.

litera–Buchstabe

LKV

Landes– und Kommunalverwaltung

MMR

Zeitschrift für IT–Recht und Recht der Digitalisierung

MwN

Mit weiteren Nachweisen

NJOZ

Neue Juristische Online–Zeitschrift

NJW

Neue Juristische Wochenschrift

Nr.

Nummer

NuR

Natur und Recht

NVwZ

Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht

ÖJZ

Österreichische Juristenzeitung

OLAF

Europäisches Amt für Betrugsbekämpfung

OVG

Oberverwaltungsgericht

PharmR

PharmaRecht

RL

Richtlinie

Rn.

Randnummer

Rs.

Rechtssache

S.

Seite

Schlussantr.

Schlussanträge

TOM

Technische und organisatorische Maßnahmen

u.

und

u. a

Unter anderem

UAbs.

Unterabsatz

UIG

Umweltinformationsgesetz

Urt.

Urteil

v.

von/vom

verb.

verbunden

VG

Verwaltungsgericht

Vgl.

vergleiche

VO

Verordnung

WD

Wissenschaftlicher Dienst des Bundestages

WpHG

Wertpapierhandelsgesetz

WRP

Wettbewerb in Recht und Praxis

z.B.

zum Beispiel

ZaöRV

Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht

ZAR

Zeitschrift für Ausländerrecht und Ausländerpolitik

ZD

Zeitschrift für Datenschutz

ZfpW

Zeitschrift für die gesamte Privatrechtswissenschaft

ZfRV

Zeitschrift für Europarecht, internationales Privatrecht und Rechtsvergleichung

Zit.

Zitiert

ZLR

Zeitschrift für das gesamte Lebensmittelrecht

zugl.

zugleich

ZUR

Zeitschrift für Umweltrecht

A. Grundlegung

Der Agrarbereich ist eines der ältesten vergemeinschafteten Politikfelder in der Europäischen Union und ihrer Vorgängerorganisationen.1 Bis heute kommt ihm eine besondere wirtschaftliche, soziale und kulturelle Bedeutung zu.2 Zum einen, da die sozialverträgliche Sicherung der Ernährung ihrer Bevölkerung ein grundlegendes Bedürfnis für jede Gesellschaft ist, zum anderen machten die Agrardirektzahlungen, also die unmittelbare finanzielle Förderung von Landwirten im Rahmen der ersten Säule der Gemeinsamen Agrarpolitik der Europäischen Union (GAP) im Jahre 2022 gemeinsam mit den Marktmaßnahmen immer noch 24 % (56,6 Mrd. €) des Haushaltes der Union aus.3 Von diesen 56,6 Mrd. € wurden 2022 69 % für die Direktzahlungen verwendet.4 Es handelt sich damit um das am stärksten bezuschusste Politikfeld der Europäischen Union.5 Ohne diese Fördervolumina könnte der Agrarsektor in seiner konkreten, ordnungspolitisch gewünschten Form nicht existieren.6 Dabei sind die Landwirte als Wirtschaftsteilnehmer jedoch keine bloßen Bittsteller. Vielmehr kommt ihnen eine aktive Rolle zur Sicherung der Ernährungssouveränität auf Unionsebene sowie der globalen Sicherung des Rechts auf Nahrung bei.7

Unabhängig von der Komplexität und den diversen Änderungen des Rechtsrahmens sind im Bereich der Agrarpolitik einige Strukturen konstant geblieben: hohe Fördervolumina, Unregelmäßigkeiten durch Betrügereien bei der Gewährung und Vergabe der Hilfen, sowie umfassende Kritik durch die Öffentlichkeit.8 Besondere Risiken bestehen insofern bei gefälschten Dokumenten, insbesondere durch die Fälschung von Rechnungen und Erklärungen zu angeblich neuen Betriebsmitteln, die jedoch eigentlich gebraucht erworben wurden.9 Des Weiteren besteht auch das Risiko, dass Betriebe künstlich aufgespalten werden, um über mehrere verbundene Unternehmen Beihilfen zu beantragen, um degressive Kappungen zu minimieren.10 Eine weitere praktizierte Form der Betrügerei ist die Nichtumsetzung ökologischer Maßnahmen, zu denen sich die Landwirte verpflichtet haben.11 Gerade mit Blick auf das immense Fördervolumen ist eine effektive Kontrolle des ordnungsgemäßen Ablaufs der Zahlungen jedoch unabdingbar. Der Umfang der Förderung weckt daher das Bedürfnis nach einer möglichst umfassenden Kontrolle durch die Unionsbürger, den demokratisch legitimierenden Souverän, und durch den Steuerzahler, der den Haushalt der EU mittelbar finanziert. Dies erschöpft sich jedoch nicht allein in der bloßen Rechenschaftspflicht. Vielmehr geht es auch um die effektive Kontrolle und die Verhinderung des Missbrauchs finanzieller Mittel, um den effektiven Schutz der fiskalischen Interessen der Union zu gewährleisten.

Ein zentrales Instrument der Kontrolle der Direktzahlungen an die Beihilfenempfänger im Rahmen der GAP ist ihre Veröffentlichung im Internet auf einer eigens dafür konzipierten Webseite, aufbereitet in einer suchmaschinenähnlichen Struktur, die für jedermann über das Internet zugänglich ist.12 Die für die Durchführung der GAP relevanten Kontrollmechanismen für Finanzierung, Verwaltung und Überwachung sind in einem zentralen Rechtsakt gebündelt.13 Es handelt sich somit um eine indirekte Form der Kontrolle, durch welche die Öffentlichkeit, flankierend zur „klassischen“ (ordnungs)behördlichen Kontrolle, z.B. durch Betretungen und Kontrollen, an der Durchführung der GAP beteilligt wird.14 Die Veröffentlichungspflicht ist nach aktueller Fassung des Rechtsrahmens in Art. 98 VO 2021/2116 geregelt. Diese über die Webseite abrufbare Datenbank und ihre Zielsetzung der Öffentlichkeitsbeteiligung sind Gegenstand der nachfolgenden Untersuchung.

1

Härtel

, in: Streinz, EUV/AEUV/GRC, Art. 38 AEUV, Rn. 4;

dies

., in: Terhechte, EU-VwR, § 37, Rn. 11.

2

Härtel

, in: Streinz, EUV/AEUV/GRC, Art. 38 AEUV, Rn. 4.

3

DBV, Situationsbericht 22/23, S. 138.

4

DBV, Situationsbericht 22/23, S. 138.

5

Jung,

Unionsbeihilfen, S. 18 mwN.

6

Belger

, Agrarbeihilfen, S. 23;

Ackermann

, Wohlgeordnetes Agrarwettbewerbsrecht, S. 25.

7

Härtel

, in: Streinz, EUV/AEUV/GRC, Art. 38 AEUV, Rn. 2;

dies

., in: NuR 2019, 577 (577, 579).

8

So schon im Jahre 2015:

List

, Reichweite des Datenschutzes, S. 23.

9

KOM (2021) 578 final, S. 38f.

10

KOM (2021) 578 final, S. 39.

11

KOM (2021) 578 final, S. 39.

12

Für Deutschland abrufbar unter: agrar-fischerei-zahlungen.de.

13

Verordnung (EU) 2021/2116 des europäischen Parlaments und des Rates vom 2. Dezember 2021 über die Finanzierung, Verwaltung und Überwachung der Gemeinsamen Agrarpolitik und zur Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013, ABl. L 435/187. (Im Folgenden als VO 2021/2116 bezeichnet.)

14

Busse

, in: Schulze/Jannsen/Kadelbach, EuR, § 26, Rn. 135.

I. Erkenntnisleitende Fragestellung

Der dargestellte Mechanismus der Transparenzdatenbank15 und die ihr zugrunde liegende Rechtsgrundlage stehen als Eingriff in einem grundlegenden Widerspruch zum Recht der Landwirte auf Schutz ihrer personenbezogenen Daten.16 Der Datenschutz selbst hat auf der Unionsebene eine hervorgehobene Bedeutung, was insbesondere daran erkennbar ist, dass datenschutzrechtliche Normen des primären Unionsrechts mit Art. 8 GRC17 und Art. 16 AEUV18 an vorderer Stelle in den Verträgen vertreten sind. Insbesondere im Bereich der Agrardirektzahlungen kommt der Veröffentlichung der Informationen aus Adressatensicht ein besonderes Gewicht zu, da diese einen beachtlichen Teil des Einkommens der Landwirte ausmachen.19 Die veröffentlichten Daten können daher einen erheblichen Aussagegehalt in Bezug auf die Einkommensstruktur sowie die Betriebsstruktur im Hinblick auf die konkreten Förderleistungen der Landwirte haben und möglicherweise besonders intim sein. Die Veröffentlichung könnte demzufolge eine Art „Prangerwirkung“ in Bezug auf die empfangenen Leistungen entfalten. Das Instrument der Internetveröffentlichung würde damit als ein Baustein auf dem Weg zum „gläsernen Landwirt“20 fungieren. Zentraler Gegenstand dieser Untersuchung ist daher die Frage, ob das vom Unionsgesetzgeber festgelegte Konzept der Transparenzpflichten21 über das Internet in Gestalt der Veröffentlichung der Daten der Agrarbeihilfenempfänger ein taugliches Regelungsregime zur Schaffung von Transparenz in einer demokratischen Gesellschaft sowie zum Schutz der finanziellen Interessen der Union ist. Dabei ist die Konfliktlage aus dem grundrechtlich verbrieften Recht auf Schutz personenbezogener Daten und dem fiskalischen Kontrollbedürfnis der öffentlichen Hand auf der anderen Seite Kerngegenstand der Untersuchung. Dieses Spannungsverhältnis von Transparenz und Datenschutz ist auch schon in der Systematik des Primärrechts erkennbar.22 Die zentrale Transparenzgewährleistung gem. Art. 15 AEUV steht direkt vor dem Art. 16 AEUV, der den Datenschutz im AEUV regelt.23 Bei der Betrachtung der Normen wird deutlich, dass ihre Regelungen und ihre systematische Stellung klar machen, dass keine dieser „Extrempositionen“ sich isoliert durchsetzen kann, sondern es immer einer praktischen Konkordanz zwischen den konfligierenden Interessen bedarf.24 Es geht daher bei der Untersuchung der Veröffentlichungspflichten übergreifend um die unionsverfassungsrechtlichen Grenzen des Open Government im Bereich der GAP unter dem Gesichtspunkt des primärrechtlichen Datenschutzes.25 Konkret könnte man daher andenken, Open Government Data als Bezugspunkt heranzuziehen. Eine feststehende Begriffsdefinition der Terminologien gibt es nicht.26 Unter dem Sammelbegriff des Open Government werden jedoch allgemein anerkannt sämtliche Ansätze in Bezug auf offene Kommunikations- und Informationsstrukturen im Verhältnis vom Bürger zum Staat zusammengefasst.27Open Government Data meint in diesem Zusammenhang vor allem offene Datenbestände, die gegenüber einer interessierten Allgemeinheit ohne weitere Einschränkungen geöffnet werden.28 Darunter fallen gebündelt sowohl technische, als auch gesellschaftspolitische Ansätze.29 Im weiteren Fortgang wird jedoch mangels einer klaren rechtlichen Abgrenzbarkeit der Oberbegriff Open Data im Zusammenhang mit der untersuchungsgegenständlichen Veröffentlichungspflicht verwendet. Open Data meint übergreifend alle Datenbestände im Interesse der Allgemeinheit, welche der Gesellschaft zur freien Nutzung, Weiterarbeitung und Weiterverwendung ohne Einschränkungen frei zugänglich gemacht werden.30 Besonderes Augenmerk soll auf die Frage der Intensität des mit der Veröffentlichung verbundenen Grundrechtseingriffes für die betroffenen Landwirte gelegt werden. In diesem Zusammenhang wird auf der Ebene der Verhältnismäßigkeit diskutiert, ob die Belastung der Landwirte durch die Veröffentlichung ein schwer wiegender Eingriff in die Grundrechtsphäre des Individuums ist oder um eine gerechtfertigte, bagatellartige Einschränkung individueller Freiheit.

15

Dabei handelt es sich um eine Umschreibung der Veröffentlichung nach eingesetztem Mittel und Zielrichtung. Weder das Unionsrecht noch die Website selbst verwenden eine derart klare Begriffsumschreibung, vgl. https://agrar-fischerei-zahlungen.de/index.html.

16

Dieses Spannungsverhältnis allgemein für die Leistungsverwaltung in der GAP annehmend:

List

, Reichweite des Datenschutzes, S. 51.

17

Vertrag über die Arbeitsweise der europäischen Union, ABl. 2008/C 115/47.

18

Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. 2000/C 364/01.

19

In der Literatur findet sich auch die Bezeichnung als „

Einkommensstütze

“ für die Landwirte, siehe:

Norer

, in: Pechstein/Nowak/Häde, EUV/AEUV/GRC, Art. 40 AEUV, Rn. 17.

20

Dies im Kontext des In V eKoS konstatierend:

List

, Reichweite des Datenschutzes, S. 163.

21

Die Begriffe Transparenzpflicht, Veröffentlichungspflicht und Publizitätspflicht werden im weiteren Fortgang der Bearbeitung synonym verwendet.

22

Kotzur

, in: EuGRZ 2011, 105 (105) spricht auch von der praktischen Konkordanz zwischen Öffentlichkeitsanspruch und Privatheitsschutz. Ebenso auf eine gewisse Konnexität verweisend:

Marsch

, Europäisches Datenschutzgrundrecht, S. 65.

23

Auf diese systematische Verknüpfung hinweisend:

Kotzur

, in: EuGRZ 2011, 105 (106).

24

Kotzur

, in: EuGRZ 2011, 105 (106).

25

Dies ebenso aufwerfend:

Guckelberger

, in: EuZW 2011, 126 (126).

26

Guckelberger

, Öfffentliche Verwaltung im Zeitalter der Digitalisierung, Rn. 60.

27

Reuter

, Transparenz öffentlicher Einkaufsdaten, S. 35;

Guckelberger

, Öffentliche Verwaltung im Zeitalter der Digitalisierung, Rn. 60;

Albrecht

, in: Hoeren/Sieber/Holznagel, MultimediaR, Teil 28, Rn. 12.

28

Reuter

, Transparenz öffentlicher Einkaufsdaten, S. 38.

29

Reuter

, Transparenz öffentlicher Einkaufsdaten, S. 35.

30

Hackenberg

, in: Hoeren/Sieber/Holznagel, MultimediaR, Teil 15.2, Rn. 35.

II. Untersuchungsgegenstand und rechtspraktischer Zugang

Im kommenden Teil der Bearbeitung soll zunächst der Untersuchungsgegenstand der Arbeit geklärt und erläutert werden. In diesem Zusammenhang werden seine historische Entwicklung und die Entstehungsgründe, die zur Entwicklung des aktuellen Rechtsrahmens geführt haben, skizziert.

1.Ursprünglicher Rechtsrahmen aus der Transparenzinitiative

Die Veröffentlichungspflichten als öffentliches Kontrollinstrument wurden ursprünglich im Zuge der Europäischen Transparenzinitiative31 im Jahre 2005 eingeführt. Ein zentraler Einzelaspekt des Maßnahmenpaketes waren dabei die sektorübergreifenden Offenlegungspflichten für Empfänger von EU-Haushaltsmitteln über das Internet im Rahmen der geteilten Mittelverwaltung.32 Diese ist von großer Relevanz, da der mit Abstand größte Teil des EU-Haushaltes in geteilter Mittelverwaltung verteilt wird.33 Hierunter sind auch die Agrarfonds der Union, aus denen die Agrardirektzahlungen gespeist werden, zu subsumieren. Die Finanzierung der getätigten Ausgaben erfolgt jedoch in zentraler Mittelverwaltung.34 Dies führt praktisch dazu, dass die Mitgliedstaaten die Zahlungen an die Begünstigten tätigen und die aufgewendeten Mittel von der Union zurückerstattet werden. Zu diesem Zwecke bestimmen die Mitgliedstaaten Zahl- und Koordinierungsstellen.35 Die Agrarbeihilfen beim Vollzug der GAP machen einen immensen Anteil des EU-Haushaltes aus. Primärrechtlich richtet sich die Finanzorganisation der GAP nach Art. 40 Abs. 3 AEUV. Maßgeblicher Sekundärrechtsakt zur Regelung der Finanzierung der GAP ist nach dem heute geltenden Rechtsrahmen die VO 2021/2116. Die Finanzierungsquellen sind dabei in zwei Fonds gegliedert. Gem. Art. 5 VO 2021/2116 der Europäische Garantiefonds für die Landwirtschaft (EGFL) und gem. Art. 6 VO 2021/2116 der Europäische Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER). Die Fonds haben jedoch keine eigenständige Rechtspersönlichkeit: Sie sind lediglich Teile des Gesamthaushaltsplanes, in dem die Summen und Zuordnungen fixiert sind (vgl. Art. 4 VO 2021/2116).36 Die Geldmittel zur Finanzierung der GAP speisen sich mithin aus den allgemeinen Einnahmen der Union. Die Agrarbeihilfen sind daher mit Blick auf ihren Anteil am Gesamthaushalt ein sehr wichtiger Anwendungsfall der neu gefassten Transparenzregeln. Demzufolge gelten erhöhte Rechtfertigungsanforderungen für den Mitteleinsatz in diesem so kostenintensiven Politikbereich. Die Union wirkt durch die enormen Fördersummen im Agrarsektor in beispielloser Art und Weise auf das Marktgeschehen ein.37 Ungeachtet dessen haben moralisch-politische Ansichten der Gesellschaft aus verteilungspolitischen Punkten eine eher sekundäre rechtliche Relevanz. Dabei ist jedoch zu sehen, dass es rechtspolitisch wichtig ist, zu kommunizieren, dass gesetztes Recht ordnungsgemäß vollzogen, Ziele erreicht und Missstände möglichst bekämpft werden. Bis zur Harmonisierung durch die verbindliche Einführung der Transparenzpflichten fielen die Informationen über Mittelempfänger der Begünstigten aus den Maßnahmen im Rahmen der gemeinsamen Landwirtschafts-, Fischerei und Strukturfonds in die nationale Zuständigkeit der Mitgliedstaaten.38 Zwar stellten einige Mitgliedstaaten der Europäischen Kommission bereits Informationen zur Verfügung, diese haben jedoch in Umfang und Detailschärfe stark variiert und waren aufgrund ihrer Inhomogenität nur schwer verwertbar und zur allgemeinen Transparenzherstellung in Bezug auf die Förderpraxis im Binnenmarkt kaum geeignet.39 Als Folge der Transparenzinitiative und zur Beseitigung des uneinheitlichen Datenschutzniveaus und der uneinheitlichen Datenlage in Bezug auf die Daten der Begünstigten aus den Agrarfonds wurde durch die VO (EG) 1437/200740 die sektorale Regelung des Art. 44a in die damalige VO (EG) 1290/200541 aufgenommen.

Artikel 44a VO (EG) 1290/2005

Veröffentlichung von Informationen über die Begünstigten

Gemäß Artikel 53b Absatz 2 Buchstabe d der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1605/2002 gewährleisten die Mitgliedstaaten jedes Jahr die nachträgliche Veröffentlichung der Informationen über die Empfänger von EGFL- und ELER-Mitteln sowie der Beträge, die jeder Begünstigte aus diesen Fonds erhalten hat.

Es sind mindestens die nachstehenden Angaben zu veröffentlichen:

a) für den EGFL der Betrag, aufgeschlüsselt nach direkten Zahlungen im Sinne von Artikel 2 Buchstabe d der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 und sonstigen Ausgaben;

b) für den ELER der Gesamtbetrag der öffentlichen Mittel je Begünstigten

Erwgg. 13 VO 1437/2007

Zur Umsetzung der Europäischen Transparenzinitiative wurden bei der Überarbeitung der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1605/2002 des Rates vom 25. Juni 2002 über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Europäischen Gemeinschaften die Bestimmungen über die jedes Jahr vorzunehmende nachträgliche Veröffentlichung von Informationen über die Empfänger von Mitteln aus dem Haushaltsplan der Europäischen Gemeinschaften eingefügt. Die Art dieser Veröffentlichung ist in den Sektorverordnungen festzulegen. Sowohl der EGFL als auch der ELER sind Teil des Gesamthaushaltsplans der Europäischen Gemeinschaften; aus ihren Mitteln werden Ausgaben finanziert, die im Rahmen der zwischen den Mitgliedstaaten und der Gemeinschaft geteilten Mittelverwaltung getätigt werden. Deshalb sollten Vorschriften für die Veröffentlichung von Informationen über die Empfänger der Mittel aus diesen Fonds erlassen werden. In diesem Zusammenhang sollten die Mitgliedstaaten jedes Jahr die nachträgliche Veröffentlichung der Begünstigten und der Beträge, die diese aus den genannten Fonds erhalten haben, gewährleisten.

Erwgg. 14 VO 1437/2007

Diese Informationen der Öffentlichkeit zugänglich zu machen erhöht die Transparenz in Bezug auf die Verwendung der Gemeinschaftsmittel in der gemeinsamen Agrarpolitik und verbessert, insbesondere durch eine stärkere öffentliche Kontrolle der verwendeten Mittel, die Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung bei diesen Fonds. Angesichts der überragenden Bedeutung der verfolgten Ziele ist es unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit und des Erfordernisses des Schutzes personenbezogener Daten gerechtfertigt, diese Informationen allgemein zu veröffentlichen, da sie nicht über das hinausgehen, was in einer demokratischen Gesellschaft und zur Verhütung von Unregelmäßigkeiten erforderlich ist. Unter Berücksichtigung der Stellungnahme des Europäischen Datenschutzbeauftragten vom 10. April 2007 ist es angebracht, die Mittelempfänger darüber zu unterrichten, dass ihre Daten der Öffentlichkeit zugänglich gemacht und von Rechnungsprüfungs- und Untersuchungseinrichtungen verarbeitet werden können.

Sinn der Veröffentlichungspflicht war es, insbesondere durch eine stärkere öffentliche Kontrolle der eingesetzten Haushaltsmittel sowie eine verbesserte Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung in den Fonds zu gewährleisten (vgl. Erwgg.42 14 VO (EG) 1437/2007). Die beispiellose Alimentation durch die Allgemeinheit macht eine effektive und transparente Kontrolle des Vollzugs der Geldflüsse an die Landwirte als beihilfeberechtigte Mittelempfänger notwendig und unabdingbar.43 Gerade um etwaige Vorurteile zu bekämpfen, dass die finanziellen Mittel, für welche die Allgemeinheit aufkommt, nur denjenigen Unternehmen zu Gute kommen würden, die nach allgemeiner gesellschaftlicher Anschauung als hinreichend vermögend angesehen werden.44 Eingeräumte Befugnisse zur Verfügung über öffentliche Finanzmittel durch Beihilfengewährungen sollen nicht zur Realisierung individueller Gewinnbestrebungen von Empfangsberechtigten missbraucht werden.45 Eine Datenlage zur Herstellung einer öffentlichen Debatte über solche Förderungen in der Zivilgesellschaft ist nur durch größtmögliche und niedrigschwellige Transparenz möglich.46 Dies ist auch vor dem agrarspezifischen Hintergrund zu sehen, dass die Verteilung der Agrarbeihilfen schon lange in der Kritik steht.47 Konkret bezieht sich die Kritik insbesondere auf das Gefälle der Förderung von Großproduzenten und kleineren Landwirten.48 Des Weiteren ist es auch von gesellschaftlicher Relevanz zu wissen, welche lebensmittelverarbeitenden, aber auch branchenfremden Unternehmen in welchem Umfang Förderung erhalten.49 Dies ist auch deshalb notwendig, da zum Teil in der Vergangenheit auch auf den ersten Blick „abwegige“ Marktakteure wie z.B. Akkordeon- oder Amateurfußballclubs Agrarbeihilfen erhalten haben.50 Kernzweck ist daher die Steigerung der fiskalischen Kontrolle beim Einsatz von Haushaltsmitteln im Bereich der Beihilfenzahlung zur Verbesserung der sog. Budgetpublizität auf Unionsebene. Es handelt sich um eine ex post Transparenz, da sie auf bereits getätigte Ausgaben Bezug nimmt.51 Die Veröffentlichung soll die konkrete Beihilfenverwendung nachvollziehbar machen und so eine öffentliche Debatte über die Verwendung von Haushalsmitteln ermöglichen und vorantreiben.52 Das Ziel war es, den Bürgern durch die gesteigerte Transparenz zu zeigen, dass die Union eine dienstleistungsorientierte Verwaltung hat, die sich ihrer Rechenschaftsbedürftigkeit gegenüber den Bürgern der Union als Basis der Legitimation bewusst ist.53 Des Weiteren soll die Verwaltung durch den öffentlichen Druck zu einer sparsameren Haushaltsführung angehalten und Betrügereien verhindert werden.54 Insgesamt wurde die Budgetpublizität in der Union durch die legislativen Anpassungen erheblich gestärkt.55 Neben dem bloßen fiskalischen Kontrollinteresse wird ebenso ein grundsätzlicher Paradigmenwechsel weg von einem geheimen Staat (Arkanstaat) hin zu einer Verwaltung, welche die Öffentlichkeit als Ideal und als Regelfall ansieht, vollzogen.56

2.Leitentscheidung in der Rs. Schecke

a)Verwaltungsgerichtliche Verfahren im Vorfeld

Bei den skizzierten Veröffentlichungspflichten haben sich jedoch früh Zweifel mit Blick auf die Vereinbarkeit mit dem grundrechtlichen Datenschutz in der Union aufgetan.57 So gab es in Deutschland einige verwaltungsgerichtliche Entscheidungen, die sich zum Teil für58 wie auch gegen59 die Rechtmäßigkeit ausgesprochen haben. Die betroffenen Personen haben typischerweise Rechtsschutz im Eilverfahren gesucht. Bei der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung, die im Zuge dieser vielen gleichgelagerten Fälle ergangen ist, gab es mehrere verschiedene Argumentationsansätze. Manche Verwaltungsgerichte haben etwa bereits die Einwilligung in die Veröffentlichung angenommen, wodurch bereits kein Eingriff vorliegen würde.60 Andere Verwaltungsgerichte haben zwar einen Eingriff angenommen, diesen aber rechtmäßig befunden.61 Wiederum andere Gerichte haben aus Gründen eines vorrangigen Interesses der Antragsteller und aus Gründen der Verhältnismäßigkeit und einer Abwägung der widerstreitenden Interessen den Anträgen stattgegeben.62

b)Teilweise Ungültigerklärung in der Rs. Schecke

Die Zweifel an der Grundrechtskonformität der Veröffentlichungspflichten fanden ihren Höhepunkt im Verfahren in der Rs. Schecke63 vor dem EuGH64 im Jahre 2010. Dem Verfahren lag nachfolgender Sachverhalt zugrunde:

Die in Hessen befindlichen landwirtschaftlichen Betriebe Volker und Markus Schecke GbR sowie Hartmut Eifert, auch Inhaber eines anderen landwirtschaftlichen Betriebes, hatten für das Jahr 2008 bei der zuständigen Behörde Anträge auf Agrarbeihilfen aus dem Europäischen Garantiefonds für die Landwirtschaft (EGFL) und dem Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) gestellt, die im Dezember 2008 positiv beschieden worden sind. Nach den Verordnungen 1290/2005/EG und 259/2008/EG besteht die Pflicht, Empfänger von Agrarbeihilfen unter Nennung der Höhe der erhaltenen Beihilfe, ihres Namens, Wohnorts und Postleitzahl im Internet zu veröffentlichen. Mit ihren Klagen vor dem VG Wiesbaden haben die Volker und Markus Schecke GbR und Hartmut Eifert beantragt, das Land Hessen zu verpflichten, die sie betreffenden Daten nicht zu veröffentlichen.65 Da das VG die Verordnung über die Pflicht zur Veröffentlichung der Daten von Beihilfenempfängern für unvereinbar mit dem Grundrecht auf Schutz personenbezogener Daten hielt, hat es das Verfahren ausgesetzt und dem EuGH im Wege des Vorabentscheidungsverfahrens gem. Art. 267 Abs. 1 lit. b AEUV vorgelegt.66

So hat der EuGH im Rahmen seiner Entscheidung in der Rs. Schecke vom 9. November 2010 die Unvereinbarkeit dieser Veröffentlichungspflichten nach dem damaligen Rechtsrahmen mit den Gewährleistungen der Charta der Grundrechte festgestellt. Zentrales Argument des EuGH in der Entscheidung für die Rechtswidrigkeit war die fehlende Abwägung der Interessen im Gesetzgebungsprozess und damit einhergehend keine Auseinandersetzung mit möglicherweise milderen Mitteln in Bezug auf die Daten natürlicher Personen.67 Der EuGH hat das mit der Datenbank verfolgte Ziel der Transparenz öffentlicher Mittel als grundsätzlich legitimen Belang eingeordnet.68 Der Schutz personenbezogener Daten überwog jedoch im hiesigen Fall.69 Dieses Ergebnis gilt jedoch lediglich für die Regelung in Bezug auf natürliche Personen. In Bezug auf juristische Personen hat der EuGH die Norm als rechtmäßig und vereinbar mit der GRC angesehen.70 Zentrales Argument des EuGH ist, dass Daten natürlicher Personen ein anderes Gewicht im Vergleich zu juristischen Personen haben und dass juristische Personen in der Rechtsordnung grundsätzlich und anerkannt erweiterten Offenlegungspflichten ausgesetzt sind.71 Der Entscheidung kommt eine besondere Bedeutung zu, da es die erste Entscheidung war, in welcher der EuGH die Charta der Grundrechte als Prüfungsmaßstab angewendet hat.72

3.Aktueller Rechtsrahmen

Als notwendige „Sanierungsmaßnahme“73 in Folge der Entscheidung wurde der Rechtsrahmen in seiner bis heute in dieser Gestalt existierenden Form jedoch nur minimal legislativ ergänzt und angepasst. Die Regelung wurde lediglich durch Ergänzung eines Schwellenwertes von 1.250 € angepasst. Der aktuelle Rechtsrahmen ist in Art. 98ff. VO 2116/2021 und Art. 57ff. DurchführungsVO 908/201474 niedergelegt. Daneben sind im deutschen Recht die Regelungen des AFIG75, darin insbesondere § 2 AFIG von Bedeutung:

Artikel 98 VO 2116/2021

Veröffentlichung von Informationen über Begünstigte

(1) Die Mitgliedstaaten gewährleisten jedes Jahr die nachträgliche Veröffentlichung der Begünstigten des EGFL und des ELER für die Zwecke von Artikel 49 Absätze 3 und 4 der Verordnung (EU) 2021/1060 und gemäß den Absätzen 2, 3 und 4 des vorliegenden Artikels, gegebenenfalls einschließlich der Informationen über Gruppen, denen die Begünstigten gemäß Artikel 59 Absatz 4 der vorliegenden Verordnung angehören, die ihnen von den genannten Begünstigten gemäß Artikel 59 Absatz 4 der vorliegenden Verordnung übermittelt wurden.

(2) Artikel 49 Absatz 3 Buchstaben a, b, d bis j und l sowie Artikel 49 Absatz 4 der Verordnung (EU) 2021/1060 gelten, soweit zutreffend, für Begünstigte des ELER und des EGFL. Die Anwendung von Artikel 49 Absatz 3 Buchstabe e dieser Verordnung gilt nur für den Zweck des Vorhabens. Artikel 49 Absatz 3 Buchstabe k dieser Verordnung gilt für den ELER.

(3) Für die Zwecke dieses Artikels bezeichnet der Ausdruck

a) „Vorhaben“ eine Maßnahme, einen Sektor oder eine Interventionskategorie;

b) „Gesamtkosten des Vorhabens“ die Beträge der Zahlungen, die der Begünstigte in dem betreffenden Agrar-Haushaltsjahr für jede(n) aus dem EGFL oder dem ELER finanzierte(n) Maßnahme, Sektor oder Interventionskategorie erhalten hat. Die zu veröffentlichenden Beträge der Zahlungen für die aus dem ELER finanzierten Interventionskategorien entsprechen dem Gesamtbetrag der öffentlichen Zahlungen, einschließlich der Beteiligung der Union und der nationalen Beteiligung;

c) „Standortindikator oder Geolokalisierung für das Vorhaben“ die Gemeinde, in der der Begünstigte wohnt oder eingetragen ist, sowie gegebenenfalls die Postleitzahl bzw. den Teil der Postleitzahl, der für die betreffende Gemeinde steht.

(4) Jeder Mitgliedstaat stellt die Informationen gemäß Artikel 49 Absätze 3 und 4 der Verordnung (EU) 2021/1060 auf einer einzigen Internetseite zur Verfügung. Diese Informationen bleiben vom Zeitpunkt ihrer ersten Veröffentlichung an zwei Jahre lang zugänglich. Die Mitgliedstaaten veröffentlichen die Informationen gemäß Artikel 49 Absatz 3 Buchstaben a und b der Verordnung (EU) (EU) 2021/1060 nicht, wenn sich der Betrag der Unterstützung, die ein Begünstigter in einem Jahr erhalten hat, auf maximal 1 250 EUR beläuft.

Erwgg. 81 VO 2116/2021

Soll das Ziel erreicht werden, dass die Verwendung der Mittel aus dem EGFL und dem ELER einer öffentlichen Kontrolle unterliegt, so müssen bestimmte Informationen über Begünstigte öffentlich bekannt gemacht werden. Zu diesen Informationen sollten Angaben über die Identität des Begünstigten, den gewährten Betrag, den Fonds, aus dem dieser gezahlt wird, sowie über das betroffene spezifische Ziel des Vorhabens gehören. Diese Informationen sollten so veröffentlicht werden, dass dabei so wenig wie möglich in die Rechte der Begünstigten auf Achtung ihres Privatlebens und auf Schutz ihrer personenbezogenen Daten eingegriffen wird. Die beiden Rechte sind in den Artikeln 7 und 8 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankert.

Erwgg. 82 VO 2116/2021

In Anbetracht des Erfordernisses von mehr Transparenz bei der Verteilung von GAP-Mitteln aus dem EGFL und dem ELER, einschließlich zu Eigentumsstrukturen in Verbindung mit GAP-Begünstigten, sollte die Liste der Begünstigten von GAP-Mitteln, die nachträglich von den Mitgliedstaaten veröffentlicht wird, auch die Identifizierung von Unternehmensgruppen ermöglichen. Dies würde erheblich zur Überwachung von Eigentumsstrukturen beitragen und die Untersuchung von möglichem Missbrauch von Unionsmitteln, möglichen Interessenkonflikten und möglicher Korruption begünstigen

Erwgg. 83 VO 2116/2021

Durch die Veröffentlichung von Einzelheiten über das Vorhaben, für die der Landwirt beihilfeberechtigt ist, sowie über den Zweck und das spezifische Ziel der Beihilfe erlangt die Öffentlichkeit konkrete Kenntnis über die geförderte Tätigkeit und den Zweck, für den die Beihilfe gewährt wurde. Eine solche öffentlich zugängliche Übersicht hätte vorbeugende und abschreckende Wirkung und würde dazu beitragen, die finanziellen Interessen der Union zu schützen.

Erwgg. 84 VO 2116/2021

Die Veröffentlichung dieser Informationen in Verbindung mit den in dieser Verordnung vorgesehenen allgemeinen Informationen sorgt für mehr Transparenz, was die Verwendung von Unionsmitteln im Rahmen der GAP betrifft, und verbessert somit die Sichtbarkeit und das Verständnis für diese Politik. Dadurch gewinnen die Bürger mehr Einsicht in den Entscheidungsprozess, und es wird sichergestellt, dass die Verwaltung über größere Legitimität verfügt, wirksamer arbeitet und den Bürgern gegenüber stärker in die Verantwortung genommen wird. Zudem erhalten die Bürger Kenntnis von konkreten Beispielen für die Bereitstellung „öffentlicher Güter“ durch die Landwirtschaft, wodurch die nationale Unterstützung und Unterstützung durch die Union des Agrarsektors an Legitimität gewinnt.

Erwgg. 85 VO 2116/2021

Daraus folgt, dass eine generelle Veröffentlichung der einschlägigen Informationen nicht über das hinausgeht, was in einer demokratischen Gesellschaft erforderlich ist, um die finanziellen Interessen der Union zu schützen und das übergeordnete Ziel einer öffentlichen Einsicht in die Verwendung der Mittel aus dem EGFL und dem ELER zu erreichen.

Erwgg. 86 VO 2116/2021

Um den Datenschutzerfordernissen zu entsprechen, sollten die Begünstigten des EGFL und des ELER über die Veröffentlichung ihrer Daten informiert werden, bevor diese Veröffentlichung stattfindet. Sie sollten auch darauf hingewiesen werden, dass ihre Daten zum Schutz der finanziellen Interessen der Union von Rechnungsprüfungs und Untersuchungseinrichtungen der Union und der Mitgliedstaaten verarbeitet werden können. Darüber hinaus sollten die Begünstigten auf ihre Rechte gemäß der Verordnung (EU) 2016/679 und auf die Verfahren für die Ausübung dieser Rechte hingewiesen werden.

§ 2 AFIG

Veröffentlichung

(1) Die für das Zahlen von Mitteln aus dem Europäischen Garantiefonds für die Landwirtschaft und dem Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (Agrarfonds) zuständigen Stellen des Bundes und, soweit diese Mittel von den Ländern gezahlt werden, die hierfür zuständigen Stellen der Länder veröffentlichen die Informationen nach Artikel 98 Absatz 1 bis 3 der Verordnung (EU) 2021/2116 in Verbindung mit Artikel 49 Absatz 3 der Verordnung (EU) 2021/1060 in Verbindung mit den Artikeln 58 bis 62 der Durchführungsverordnung (EU) 2022/128 der Kommission vom 21. Dezember 2021 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EU) 2021/2116 des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich der Zahlstellen und anderen Einrichtungen, der Finanzverwaltung, des Rechnungsabschlusses, der Kontrollen, der Sicherheiten und der Transparenz (ABl. L 20 vom 31.1.2022, S. 131; L 154 vom 15.6.2023, S. 50; L 159 vom 22.6.2023, S. 152) in der jeweils geltenden Fassung im Wege der Direkteingabe auf einer gemeinsamen, von der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (Bundesanstalt) betriebenen Internetseite nach Maßgabe des Artikels 98 Absatz 4 Unterabsatz 1 der Verordnung (EU) 2021/2116 in Verbindung mit Artikel 49 Absatz 4 der Verordnung (EU) 2021/1060 in Verbindung mit Artikel 58 sowie den Anhängen VIII und IX der Durchführungsverordnung (EU) 2022/128. Satz 1 gilt im Fall einer Gemeinde oder eines Gemeindeverbandes nur, wenn der Gemeinde oder dem Gemeindeverband die Aufgaben nach diesem Gesetz durch Landesrecht übertragen worden sind.

(2) Die für das Zahlen von Mitteln aus dem Fischereifonds zuständigen Verwaltungsbehörden des Bundes und der Länder veröffentlichen die Informationen nach Artikel 49 Absatz 3 der Verordnung (EU) 2021/1060 im Wege der Direkteingabe auf einer von der Bundesanstalt betriebenen Internetseite, auf der auch die weiteren Informationen zum Fischereifonds nach Artikel 49 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2021/1060 bereitgestellt werden. Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend.

(3) Jede veröffentlichende Stelle trägt die datenschutzrechtliche Verantwortung für die von ihr veröffentlichten Informationen, insbesondere für die Rechtmäßigkeit ihrer Erhebung, die Zulässigkeit der Veröffentlichung und die Richtigkeit der Informationen. Sofern Betroffene von mehreren veröffentlichenden Stellen Zahlungen erhalten haben, können sie ihre Datenschutzrechte bei jeder dieser veröffentlichenden Stellen geltend machen. Ist die Stelle, bei der der Betroffene seine Rechte nach Satz 2 geltend macht, nicht die für diesen Fall zuständige Stelle, hat sie den Antrag nach Klärung der Verantwortlichkeiten an die insoweit zuständige Stelle weiterzuleiten.

(4) Die Bundesanstalt erstellt im Benehmen mit dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik ein Sicherheitskonzept für die Internetseiten nach den Absätzen 1 und 2, das den nach den Artikeln 24, 25 und 32 der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1; L 314 vom 22.11.2016, S. 72; L 127 vom 23.5.2018, S. 2) in der jeweils geltenden Fassung erforderlichen technischen und organisatorischen Maßnahmen entspricht. Das Sicherheitskonzept ist in regelmäßigen Abständen daraufhin zu überprüfen, ob es dem Stand der Technik entspricht.

(5) Die Einsicht in die Internetseiten nach den Absätzen 1 und 2 steht jedem verwaltungskostenfrei zu.

(6) Die nach Absatz 1 zu veröffentlichenden Informationen werden zwei Jahre nach dem ersten Tag ihrer Veröffentlichung gelöscht. Die nach Absatz 2 zu veröffentlichenden Informationen werden nach Maßgabe des Artikels 49 Absatz 3 Unterabsatz 2 der Verordnung (EU) 2021/1060 gelöscht.

Nachfolgend ein exemplarischer Auszug der deutschen Umsetzung der Beihilfentransparenzdatenbank:

Quelle: https://agrar-fischerei-zahlungen.de/Suche. Letzter Abruf: 1.2.2024

4.Aktuelle Verfahren seit der Rs. Schecke

Seit der Entscheidung in der Rs. Schecke und der nachfolgenden Reform unter Einführung eines Schwellenwertes haben die Landwirte, denen die Reformansätze noch nicht weit genug gegangen sind, gerichtliche Schritte eingeleitet. In dieser Konsequenz hatten die Bundesverwaltungsgerichte von Österreich76 und Deutschland77 bereits in der Sache zu entscheiden. Das österreichische Bundesverwaltungsgericht begründet seine Entscheidung aus dem Jahr 2015 zu Gunsten der Rechtmäßigkeit damit, dass der geschaffene De-Minimis-Schwellenwert ein plausibler Ausgleich zwischen dem Transparenzanliegen und dem Schutz personenbezogener Daten sei.78 Dabei nimmt das Gericht insbesondere Bezug auf den umfassenden Konsultationsprozess, der im Zuge des Reformprozesses eingeleitet worden ist und zu einer ordnungsgemäßen Abwägung führen soll.79 In dieser Konsequenz sind die Ausnahmen und Einschränkungen in Bezug auf Art. 7 und 8 GRC auf das absolut notwendige Maß zu beschränken.80 Das deutsche Bundesverwaltungsgericht hat in seiner Entscheidung aus dem Jahre 2019 ebenfalls zu Gunsten der Rechtmäßigkeit entschieden. In seiner Entscheidung nimmt es dabei auch Bezug auf die Entscheidung des österreichischen Bundesverwaltungsgerichts.81 Das BVerwG sieht dabei ebenfalls einen ordnungsgemäßen Abwägungsprozess seitens des Unionsgesetzgebers im hiesigen Fall. Dabei setzt sich das Gericht auch intensiv mit möglicherweise milderen Mitteln auseinander, die es alle als weniger effektiv einordnet.82 Ferner sei die Maßnahme insgesamt abgewogen, da die bestehenden Schutzinstrumente in der aktuellen Regelung einen angemessenen Ausgleich finden.83 Die abstrakte, technisch mögliche Gefahr eines Missbrauchs von Daten ist demgegenüber nicht ausreichend, um die Rechtswidrigkeit des Rechtsaktes zu begründen.84 In dieser Konsequenz haben beide Gerichte mangels Entscheidungserheblichkeit von einer Gültigkeitsvorlage an den EuGH gem. Art. 267 Abs. 1 lit. a AEUV abgesehen.85 Auf die Argumentation der Spruchkörper in den zuvor skizzierten Verfahren wird in besonderem Maße bei der Prüfung der Vereinbarkeit mit den Gewährleistungen der Charta der Grundrechte Bezug genommen.

31

KOM (2006) 194 endg.

32

Grünbuch „Europäische Transparenzinitiative“ KOM (2006) 194 endg., S. 4. Für eine Auflistung der differenzierten Regelungen siehe:

Wollenschläger

, in: AöR 2010, 364 (370).

33

Norer/Prichenfried

, in: FS Holzer, 59 (60);

Guckelberger

, in: EuZW 2011, 126 (126).

34

Bittner

, in: Schwarze, EU-Kommentar, Art. 40 AEUV, Rn. 68.

35

Bittner

, in: Schwarze, EU-Kommentar, Art. 40 AEUV, Rn. 69.

36

Jung,

Unionsbeihilfen, S. 179.

37

Jung,

Unionsbeihilfen, S. 119.

38

Norer/Prichenfried

, in: FS Holzer, 59 (60).

39

Norer/Prichenfried

, in: FS Holzer, 59 (60).

40

Verordnung (EG) Nr. 1437/2007 des Rates vom 26. November 2007 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1290/2005 über die Finanzierung der gemeinsamen Agrarpolitik, L 322/1 (Im Folgenden als VO (EG) 1437/2007 bezeichnet).

41

Verordnung (EG) Nr. 1290/2005 des Rates vom 21. Juni 2005 über die Finanzierung der Gemeinsamen Agrarpolitik, L 209/1. (Im Folgenden als VO (EG) 1290/2005 bezeichnet.)

42

Erwägungsgründe sind gem. Art. 296 Abs. 2 AEUV unabdingbarer Bestandteil von Rechtsakten. Sie sind ein zentrales Element der teleologischen Auslegung im Unionsrecht. Näher zur Bedeutung der Erwägungsgründe im Unionsrecht:

Gumpp

, in: ZfpW 2022, 446ff.

43

Belger

, Agrarbeihilfen, S. 180.

44

Belger

, Agrarbeihilfen, S. 180.

45

Guckelberger

, in: EuZW 2011, 126 (126).

46

Guckelberger

, in: EuZW 2011, 126 (126).

47

Vgl. im Überblick: WD, Transparenz von Agrarbeihilfen, 14.12.2005, WF V 201/05, S. 3.

48

Exemplarisch als frühe zeitgenössische Einschätzung bei der Einführung: WD, Transparenz von Agrarbeihilfen, 14.12.2005, WF V 201/05, S. 3.

49

Exemplarisch als zeitgenössische Einschätzung: WD, Transparenz von Agrarbeihilfen, 14.12.2005, WF V 201/05, S. 3.

50

Mit einer Auflistung ungewöhnlicher Beispiele unter Nachweis einzelner Presseberichterstattungen:

Guckelberger

, in: EuZW 2011, 126 (126).

51

Jung,

Unionsbeihilfen, S. 121.

52

Jung,

Unionsbeihilfen, S. 121.

53

Norer/Prichenfried

, in: FS Holzer, 59 (59).

54

Norer/Prichenfried

, in: FS Holzer, 59 (59).

55

Wollenschläger

, in: AöR 2010, 364 (370);

Guckelberger

, in: EuZW 2011, 126 (126).

56

Wollenschläger

, in: AöR 2010, 364 (373).

57

Exemplarisch als zeitgenössische Stimmen aus dem Schrifttum:

Norer/Prichenfried

, in: FS Holzer, 59 (73f.). Allein beim VG Wiesbaden, das letztlich vorgelegt hat, waren 70 gleichgelagerte Eilanträge anhängig:

Wagner

, in: Jaeger/Hasslinger, Jahrbuch BeihilfenR 2014, 569 (573).

58

OVG Koblenz, Beschl. v. 10.7.2009 – 10 B10607/09 –, juris; OVG Münster, Beschl. v. 24.4.2009 – 16 B 485/09 –, juris; OVG Bautzen, Beschl. v. 10.3.2010 – 3 B 366/09 –, juris.

59

OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschl. v. 4.4.2009 – 2 M 7/09 –, juris, Rn. 13ff. Bei der Einordnung der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung ist zu beachten, dass es sich um Eilanträge handelt, die Argumentation also auf einem summarischen Prüfungsmaßstab beruht.

60

Exemplarisch: OVG Koblenz, Beschl. v. 10.7.2009 – 10 B 10607/09 –, juris, Rn. 27ff.; VG Minden, Beschl. v. 14.4.2009 – 2 L 195/09 –, juris, Rn. 8

61

OVG Bautzen, Beschl. v. 10.3.2010 – 3 B 366/09 –, juris.

62

OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschl. v. 4.4.2009 – 2 M 77/09 –, juris, Rn. 13ff.

63

EuGH, verb. Rs. C-92/09 u. C-93/09 (

Schecke

), ECLI:EU:C:2010:662.

64

Gerichtshof der Europäischen Union iSd Art. 19 Abs. 1 EUV (abgekürzt als EuGH).

65

Vertieft zu den Rechtsschutzimplikationen im Fall, insbesondere in Bezug auf die Möglichkeit einer Nichtigkeitsklage gem. Art. 263 AEUV siehe:

Kühling/Klar

, JURA 2011, 771 (772).

66

Das vorlegende Gericht wollte zunächst die Vorfrage der Gültigkeit der VO klären um dann weitere Auslegungsfragen gem. Art. 267 Abs. 1 lit. a AEUV an den EuGH zu richten.

67

EuGH, verb. Rs. C-92/09 u. C-93/09 (

Schecke

), ECLI:EU:C:2010:662, Rn. 80ff.

68

EuGH, verb. Rs. C-92/09 u. C-93/09 (

Schecke

), ECLI:EU:C:2010:662, Rn. 67.

69

EuGH, verb. Rs. C-92/09 u. C-93/09 (

Schecke

), ECLI:EU:C:2010:662, Rn. 77ff.

70

EuGH, verb. Rs. C-92/09 u. C-93/09 (

Schecke

), ECLI:EU:C:2010:662, Rn. 87.

71

EuGH, verb. Rs. C-92/09 u. C-93/09 (

Schecke

), ECLI:EU:C:2010:662, Rn. 87.

72

Schild

, in: MMR-Aktuell, 2010, 310712;

Kilian

, in: NJW 2011, 1325 (1326) verwendet daher den Begriff „

Neuland

“.

73

Den Begriff in diesem Kontext verwendend:

Ennöckl

, in: ÖJZ 2011, 595 (599).

74

Durchführungsverordnung (EU) Nr. 908/2014 der Kommission vom 6. August 2014 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich der Zahlstellen und anderen Einrichtungen, der Mittelverwaltung, des Rechnungsabschlusses und der Bestimmungen für Kontrollen, Sicherheiten und Transparenz, ABl. 2014 L 255/59, ABl. 2016 L 157/1.

75

Agrar- und Fischereifonds-Informationen-Gesetz vom 26. November 2008 (BGBl. I S. 2330), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 20. Februar 2024 (BGBl. 2024 I Nr. 53) geändert worden ist

76

BVwG, Urt. v. 20.10.2015 – W224 2113499-1.

77

BVerwG, Urt. v. 24.10.2019 – C 21/17 (OVG Lüneburg) –, juris.

78

BVwG, Urt. v. 20.10.2015 – W224 2113499-1,1.5.3.2.

79

BVwG, Urt. v. 20.10.2015 – W224 2113499-1,1.5.3.2.

80

BVwG, Urt. v. 20.10.2015 – W224 2113499-1,1.5.3.2.

81

BVerwG, Urt. v. 24.10.2019 – C 21/17 (OVG Lüneburg) –, juris, Rn. 8.

82

BVerwG, Urt. v. 24.10.2019 – C 21/17 (OVG Lüneburg) –, juris, Rn. 17ff.

83

BVerwG, Urt. v. 24.10.2019 – C 21/17 (OVG Lüneburg) –, juris, Rn. 23f.

84

BVerwG, Urt. v. 24.10.2019 – C 21/17 (OVG Lüneburg) –, juris, Rn. 24f.

85

BVwG, Urt. v. 20.10.2015 – W224 2113499-1,1.5.3.2; BVerwG, Urt. v. 24.10.2019 – C 21/17 (OVG Lüneburg) –, juris, Rn. 8.

III. Stand der juristischen Forschung (Forschungslücke)